<div type="section-group" id="less_4_SonTr">
  <app>
    <lem><div type="section" id="less_section_4">
        <head type="main"><pb edRef="#a" n="45" type="sp"/>
          <pb edRef="#b" n="42"/>
          <pb edRef="#c" n="42"/>
          <ptr target="#sontr4_erl_2" type="editorial-commentary"/><choice>
            <orig>Evangelium am 4 Sontage nach Trinitatis.</orig>
            <supplied reason="toc-title">4. Sonntag nach Trinitatis (Lk
										6,32–42)</supplied>
            <supplied reason="column-title">4. Sonntag nach Trinitatis (Lk
										6,32–42)</supplied>
          </choice></head>
        <head type="sub"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Lk:6:32" to="Lk:6:42"><hi>Lucä</hi> 6, <choice>
                <abbr>v.</abbr>
                <expan>Vers</expan>
              </choice> 32−42.</citedRange></bibl></head>
        <p><index indexName="subjects-index">
            <term>Menschenliebe</term>
          </index><hi><hi rend="spaced-out">Menschen-Liebe</hi></hi> ist
								unsrer Seele vom Schöpfer so nachdrücklich empfohlen; wir empfinden
								alle das Edle, Schöne dieser Tugend so <app>
            <lem>stark;</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">stark,</rdg>
          </app> wir <index indexName="subjects-index">
            <term>fühlen</term>
          </index>fülen alle so sehr, wie unentbehrlich diese <app>
            <lem>Gemüts Art</lem>
            <rdg type="pp" wit="#b #c">Gemüts-Art</rdg>
          </app> zur Ruhe und Wohlfarth der Menschen <app>
            <lem>ist:</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">ist,</rdg>
          </app> daß daher alle Welt, Christen und Nicht-Christen, selbst die
								Lieblosesten und grösten <index indexName="subjects-index">
            <term>Menschenfeind</term>
          </index>Menschen-Feinde sich zum Lobe dieser Tugend vereinigen; und
								ein jeder sich gerne und leicht einbildet, er besize diese rümliche,
								edle, grosse Eigenschaft, − die <hi>Menschen-Liebe</hi>.</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Eben</hi></hi> darum ist denn auch keine <app>
            <lem>Tugend</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Tugend,</rdg>
          </app> die so gemishandelt wird als diese. Man <app>
            <lem><hi>zerstümmelt</hi>;</lem>
            <rdg type="v" wit="#b"><hi>zerstümmelt</hi>,</rdg>
          </app> man <hi>verfälschet</hi> sie; man <hi>verwandelt sie in</hi>
          <app>
            <lem><hi>Laster</hi>,</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Laster</hi>;</rdg>
          </app> man machet <hi>sie gar zu einem <index indexName="subjects-index">
              <term>Freiheitsbrief</term>
            </index>Freiheits-Briefe der schändlichsten Thaten</hi>. Nur gar
								zu viele Menschen zeiget uns die Erfahrung, welche einige Fruchtlose
								Empfindungen und Reden mit diesem ehrwürdigen Nahmen belegen; die
								gar Partheien-Geist, Unbarmherzigkeit, und Grausamkeit gegen das
								gemeine Beste, Menschen-Liebe nennen; und bei einer solchen
								zerstümmelten Tugend, ihren Stolz, Müssiggang, Betrug, <app>
            <lem>Unzucht</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Unzucht,</rdg>
          </app> und andre Laster für völlig entschuldiget halten.</p>
        <p><pb edRef="#b" n="43"/>
          <pb edRef="#c" n="43"/>
          <hi><hi rend="spaced-out">Es</hi></hi> ist daher eine sehr
								erhebliche Angelegenheit für uns, sicher zu wissen, ob wir diese
								Tugend in der That besizen. Eine äusserst wichtige Frage für einen <app>
            <lem>jeden,</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">jeden:</rdg>
          </app>
          <hi>bin ich ein wahrer Freund</hi>
          <pb edRef="#a" n="46"/>
          <hi>der Menschen?</hi> „habe ich <hi>Die</hi>
          <app>
            <lem>Menschen Liebe</lem>
            <rdg type="pp" wit="#b #c">Menschen-Liebe</rdg>
          </app>, welcher <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> einen so hohen Werth beilegt, daß er sie für das sicherste <app>
            <lem>Kenzeichen</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Kennzeichen</rdg>
          </app> des wahren <index indexName="subjects-index">
            <term>Glaube</term>
          </index>Glaubens an <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesum</hi></persName>, und des
								Antheils an seinem Verdienst erkläret?“</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Zu</hi></hi> dieser Untersuchung giebt uns
									<index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> hier, eine
								ausfürliche Anleitung; <app>
            <lem>eine</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>eine</hi></rdg>
          </app>
          <hi>Anweisung unsre</hi>
          <app>
            <lem><hi>Menschen Liebe</hi></lem>
            <rdg type="pp" wit="#b #c"><hi>Menschen-Liebe</hi></rdg>
          </app>
          <hi>zu prüfen</hi>. Um gewiß zu werden, ob wir wahre <app>
            <lem>Menschen Liebe</lem>
            <rdg type="pp" wit="#b #c">Menschen-Liebe</rdg>
          </app> haben? <app>
            <lem>Ob <app>
                <lem>das</lem>
                <rdg type="v" wit="#b">das,</rdg>
              </app></lem>
            <rdg type="pp" wit="#c">ob das,</rdg>
          </app> was wir bei uns mit diesem Nahmen belegen, diese erhabene
								Tugend, oder eine blosse <index indexName="subjects-index">
            <term>Larve</term>
          </index>Larve und <index indexName="subjects-index">
            <term>Nachäffung</term>
          </index>Nachäffung derselben sey? müssen wir folgende
								Fragen an uns thun: <list>
            <item>1) <hi><hi rend="spaced-out">Bin</hi> ich <index indexName="subjects-index">
                  <term>liebesvoll</term>
                </index>Liebesvoll gegen diejenigen die mir zuwider
											sind?</hi></item>
            <item>2) <hi><hi rend="spaced-out">Fliesset</hi> meine Güte
											gegen einzelne Personen, aus reiner Liebe zu Gott und
											Seinen Menschen?</hi></item>
            <item>3) <hi><hi rend="spaced-out">Entsage</hi> ich jeder
											Begierde und Handlung die mir Gottes Gesez
											verbiethet?</hi></item>
            <item>und 4) <hi><hi rend="spaced-out">Näre</hi> und übe ich
											meine</hi>
              <app>
                <lem><hi>Menschen Liebe</hi></lem>
                <rdg type="pp" wit="#b #c"><hi>Menschen-Liebe</hi></rdg>
              </app>
              <hi>mit Demuth?</hi></item>
          </list></p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Jede</hi></hi> dieser <index indexName="subjects-index">
            <term>Regel</term>
          </index>Regeln ist zugleich auch ein kräftiges <hi>Mittel</hi>,
								unsre <app>
            <lem>Menschenliebe</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Menschen-Liebe</rdg>
          </app> zu befestigen und zu stärken.</p>
        <p><pb edRef="#b" n="44"/>
          <pb edRef="#c" n="44"/>
          <seg type="margin">Erste Regel</seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Auch</hi></hi> der gröste Bösewicht, – so
								tief hat <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> den Trieb der <app>
            <lem>Menschenliebe</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Menschen-Liebe</rdg>
          </app> in unsre Seele gelegt! – hat immer noch einige Menschen,
								denen er wohl will; gegen die er Mitleiden, Theilnehmung an ihrem
								Schicksahl, Güte und Wohlwollen fület; deren Vergnügen und Glück er
								auch wohl mit Aufopferung mancher eigenen Vortheile befördert. Dies
								nun ist eine Quelle des scheinbahrsten und gefärlichsten <index indexName="subjects-index">
            <term>Selbstbetrug</term>
          </index>Selbst-Betruges. – <app>
            <lem>Wie? „Dort</lem>
            <rdg type="pp" wit="#c">„Wie? Dort,</rdg>
          </app> als ich einen Menschen leiden sahe, ward <pb n="47" edRef="#a" id="less_47"/> ich bis zu Thränen gerürt! Da, gab
								ich so reiche <index indexName="subjects-index">
            <term>Almosen</term>
          </index>Allmosen, unterstüzte den Nothleidenden so kräftig, freuete
								mich über diese Liebreiche <app>
            <lem>That</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">That,</rdg>
          </app> und die Aufheiterung des Leidenden so herzlich! So manchem
								Menschen leiste ich recht beschwerliche Dienste. Ich weine mit ihm
								in seiner Noth, bringe bei ihm ganze Nächte <app>
            <lem>zu</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">zu,</rdg>
          </app> ihn in seiner <index indexName="subjects-index">
            <term>Krankheit</term>
          </index>Krankheit zu pflegen! Soll ich nun nicht Ursache haben von
								meinem Seelen-Zustande gut zu denken? Soll ich denn das <app>
            <lem>nicht</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">nicht,</rdg>
          </app> für <hi>Menschen-Liebe halten</hi>?“</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Nein</hi>!</hi> Christ! – Weil du, als
								Christ, eine <hi>vorzügliche</hi> Kentniß hast, oder doch haben
								kanst, darum solst du nicht, <hi>bloß</hi>
          <app>
            <lem><hi>deswegen</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>deßwegen</hi></rdg>
          </app> von dir gut denken; solst du das <app>
            <lem>alles</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">alles,</rdg>
          </app> noch nicht so gleich für <app>
            <lem>Menschenliebe</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Menschen-Liebe</rdg>
          </app> halten! Einem Menschen, der von der <index indexName="subjects-index">
            <term>Bibel</term>
          </index>Bibel nichts weiß, dem Heiden, <index indexName="subjects-index">
            <term>Türke</term>
          </index>Türken, mag dieses vielleicht, auch bei <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> genug seyn, weil er nichts besseres wissen kan. Von uns
								Christen aber, wird bei unsrer <hi>vorzüglichen</hi> Kentniß, auch
								eine <hi>vorzügliche</hi> Tugend gefordert. Denn, so lehret uns
								unser <pb edRef="#b" n="45"/>
          <pb edRef="#c" n="45"/> Heiland: <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:6:32"><app>
                  <lem>vers 32</lem>
                  <rdg type="pp" wit="#b #c">v. 32.</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <hi>So ihr liebet die euch lieben,</hi> oder wie er es, nach <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:5:46"><hi>Matth.</hi> 5, <app>
                <lem><choice>
                    <sic>47</sic>
                    <corr type="editorial">46</corr>
                  </choice></lem>
                <rdg type="v" wit="#b #c"><choice>
                    <sic>47.</sic>
                    <corr type="editorial">46.</corr>
                  </choice></rdg>
              </app></citedRange></bibl> ausgedruckt, wenn ihr
									<hi>nur</hi> den liebet der euch liebet, <hi>was Danks habt ihr
									davon?</hi>
          <app>
            <lem>Das</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">„Das</rdg>
          </app> kan euch keinen Ruhm und Lohn bei <app>
            <lem>Gott <app>
                <lem>verschaffen.</lem>
                <rdg type="v" wit="#b">verschaffen</rdg>
              </app></lem>
            <rdg type="pp" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi>
										verschaffen</rdg>
          </app> (siehe <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:6:35"><hi>vers</hi>
              <app>
                <lem>35,</lem>
                <rdg type="v" wit="#b #c">35.</rdg>
              </app></citedRange></bibl> und <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:5:45"><hi>Matth.</hi> 5, <app>
                <lem>45</lem>
                <rdg type="v" wit="#b #c">45.</rdg>
              </app></citedRange></bibl> verglichen mit <bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Mt:5:46" to="Mt:5:48">vers <app>
                <lem>46−48)</lem>
                <rdg type="v" wit="#b">46−48.).</rdg>
                <rdg type="v" wit="#c">46−48.“).</rdg>
              </app></citedRange></bibl>
          <hi>Denn, die Sünder</hi> (oder, <ptr target="#sontr4_erl_3" type="editorial-commentary"/>nach <bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Mt:5:46" to="Mt:5:47"><hi>Matth.</hi> 5, 46. <app>
                <lem>47</lem>
                <rdg type="v" wit="#b #c">47.</rdg>
              </app></citedRange></bibl>, die <hi>Zöllner</hi>, Menschen
								die solche verworfene Bösewichter sind, als die Zolleinnehmer in den
								Augen der Juden waren) <hi>lieben auch ihre Liebhaber.</hi> „Auch
								die Bösewichter lieben diejenigen, von denen sie geliebet
								werden.“</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Diejenigen</hi></hi> lieben, denen
								wohlwollen, die uns lieben; die uns schüzen; die mit uns durch Bande
									<pb n="48" edRef="#a"/> des Bluts oder der Freundschaft
								verknüpft sind; wenigstens uns nie <app>
            <lem>beleidiget</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">beleidiget,</rdg>
          </app> und zuwider gewesen: hiezu treibet uns schon die blosse
								Natur, so wie sie uns zum Essen, <app>
            <lem>Trinken,</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Trinken</rdg>
          </app> und Schlafen treibt. Auch kan dieses mit den gröbsten
								Lastern, den ärgsten Feindseligkeiten gegen die Welt bestehen.
								Selbst der <index indexName="subjects-index">
            <term>fühlloser Barbar</term>
          </index>fülloseste Barbar, welcher zwanzig, hundert Menschen mit
								kaltem Blut peiniget, zu Tode <app>
            <lem>martert,</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">martert;</rdg>
          </app> liebet seine Kinder, seine Verwandten, seine Freunde. Wenn
								wir demnach, <hi>bloß</hi> die lieben die uns zugethan, oder
								wenigstens nicht zuwider sind: so ist das sicherlich nichts anders,
								als <hi>blinder Trieb</hi>; nicht <app>
            <lem><hi>Menschen-</hi>,</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>Menschen-</hi></rdg>
          </app> sondern <hi>Eigen-Liebe</hi>.</p>
        <p><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:6:33"><hi>Vers</hi>
										33.</citedRange></bibl>
          <hi>Und wenn ihr nur euren</hi>
          <app>
            <lem><hi>Wohlthätern</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b"><hi>Wohltätern</hi></rdg>
          </app>
          <hi>wohl thut, was Danks habt ihr</hi>
          <pb edRef="#b" n="46"/>
          <pb edRef="#c" n="46"/>
          <hi>davon? Denn die Sünder thun dasselbige auch.</hi> „Dies kan euch
								keinen Ruhm und Lohn bei <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> bringen. Denn, auch die Bösewichter thun dasselbe.“ – Die
								Dankbahrkeit lieget so tief in jeder menschlichen Seele, daß auch
								das verruchteste Herz durch anhaltende Wohlthaten kan erweichet
								werden. Nicht selten sind auch solche Gefälligkeiten und
								Liebes-Proben gegen unsre <app>
            <lem>Wohlthäter</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">Wohltäter</rdg>
          </app>, der Preiß womit wir neue Wohlthaten von ihnen erkaufen
								wollen. Wenn wir daher <app>
            <lem>bloß</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>bloß</hi></rdg>
          </app> unsre <app>
            <lem>Wohlthäter</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">Wohltäter</rdg>
          </app>, nicht aber unsre Beleidiger lieben: so ist <app>
            <lem>das</lem>
            <rdg type="om" wit="#b"/>
          </app> abermahls nichts anders, als ein blinder Natur-Trieb, oder
								gar ein feiner und niedriger Eigennuz.</p>
        <p><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:6:34"><hi>Vers</hi>
										34.</citedRange></bibl>
          <hi>Und wenn ihr nur denen leihet, von denen ihr hoffet zu nehmen:
									was Danks habt ihr davon? Denn die Sünder leihen den Sündern
									auch, auf daß sie gleiches wieder nehmen.</hi> – Der Geldgeizige
								leihet häufig <pb n="49" edRef="#a"/> aus, um mit seinem Gelde zu
								wuchern. Der Ehrsüchtige hilft einer sinkenden <app>
            <lem><choice>
                <sic>Familiemit</sic>
                <corr type="editorial">Familie mit</corr>
              </choice></lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#b #c">Familie mit</rdg>
          </app> einem <index indexName="subjects-index">
            <term>Kapital</term>
          </index><app>
            <lem>Capital</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Kapital</rdg>
          </app>, auch ohne <index indexName="subjects-index">
            <term>Zinsen</term>
          </index>Zinsen: denn schon im Geist belustiget ihn das <app>
            <lem>Lob</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Lob,</rdg>
          </app> womit man seine <app>
            <lem>Grosmuth</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Großmuth</rdg>
          </app> preisen wird. Der gewissenlose Hofmann hat sich hundert
								Familien durch Darleihen ohne Interessen <app>
            <lem>verbunden,</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">verbunden;</rdg>
          </app> um ihre Stimmen und Hände desto sicherer zu seiner
								Ungerechtigkeit bereit zu haben. – So ist denn ja das blosse Leihen,
								das blosse Wohlthun noch kein sicheres Zeichen unsrer <app>
            <lem>Menschen Liebe.</lem>
            <rdg type="pp" wit="#b">Menschen-Liebe.</rdg>
            <rdg type="pp" wit="#c">Menschen-Liebe!</rdg>
          </app> Zuweilen kan es gar eine nichtswürdige, schlechte,
								niederträchtige; eine schändliche und strafbahre That bei uns
								seyn.</p>
        <p><pb edRef="#b" n="47"/>
          <pb edRef="#c" n="47"/>
          <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:6:35"><hi>Vers</hi> 35.</citedRange></bibl>
          <hi>Aber liebet eure Feinde; thut wohl und leihet, daß ihr nichts
									dafür hoffet:</hi> Oder, nach <ptr target="#sontr4_erl_4" type="editorial-commentary"/><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:5:44 Mt:5:45"><hi>Matthäi</hi> 5, 44.
										45.</citedRange></bibl>
          <hi>Liebet eure Feinde, wünschet Gutes denen die euch fluchen, thut
									wohl denen die euch hassen, betet für die so euch schmähen und
									verfolgen. So werdet ihr Kinder des Allerhöchsten seyn; denn er
									ist gütig über die</hi>
          <app>
            <lem><hi>Undankbaren</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>Undankbahren</hi></rdg>
          </app>
          <hi>und Boshaftigen.</hi> – Auch die sollen wir also lieben, auch
								denen wohlthun, <hi>die uns nichts vergelten können</hi>: da wo wir
								keinen Ruhm, keinen Lohn, gar keinen Vortheil von unsrer Liebe und
								Wohlthun zu erwarten haben. Noch mehr! Auch unsre <hi>Beleidiger und
									Feinde</hi>. Auch die <hi>ärgsten und boshaftesten Feinde</hi>;
								die uns fluchen; uns schmähen; uns an der empfindlichsten Seite, an
								unsrer <app>
            <lem>Ehre</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Ehre</hi></rdg>
          </app> und <app>
            <lem>guten Nahmen</lem>
            <rdg type="pp" wit="#c"><hi>gutem Nahmen</hi></rdg>
          </app> angreifen; welche gar darauf ausgehen unser ganzes Glück zu
								Grunde zu richten. Auch diese sollen wir Christen lieben, von ganzem
								Herzen lieben.</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">So</hi></hi> wie nur das, ächtes Gold ist,
								was die <ptr target="#sontr4_erl_5" type="editorial-commentary"/>Probe des Feuers aushält: so ist auch nur <app>
            <lem>das</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">das,</rdg>
          </app> ächte <pb n="50" edRef="#a"/>
          <app>
            <lem>Menschenliebe</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Menschen-Liebe</rdg>
          </app>, welche bei den Beleidigungen und Feindseligkeiten anderer
								die Probe aussteht. Ist es uns also darum zu thun, uns nicht in
								einen <app>
            <lem>Selbst Betrug</lem>
            <rdg type="pp" wit="#b #c">Selbst-Betrug</rdg>
          </app> zu stürzen, der über kurz oder lang sich in Schande und Elend
								endiget: so müssen wir nicht bloß auf unser Betragen gegen <app>
            <lem>Freunde</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Freunde,</rdg>
          </app> oder solche die uns nicht <app>
            <lem>beleidigen,</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">beleidigen;</rdg>
          </app> sondern vornehmlich auf unser Verfahren gegen die Feinde
								sehen, und unserm Gewissen die Frage <pb edRef="#b" n="48"/>
          <pb edRef="#c" n="48"/> ernstlich vorlegen: <hi>bin ich liebesvoll
									auch gegen diejenigen die mir zuwider sind?</hi> „Wie bin ich
								gegen die gesinnet, die anders denken als ich, mir widersprechen,
								mich tadeln? Dulde ich ihre verschiedene Meinung gern? Höre ich
								Widersprüche und Tadel, wenn sie auch von Unwissenden kommen und auf <app>
            <lem>eine</lem>
            <rdg type="om" wit="#b #c"/>
          </app> unbescheidene Art gemacht werden, gelassen an, um sie ruhig
								zu überlegen, und wenn ich sie gegründet finde, zur Besserung meiner
								Einsichten und Handlungen zu brauchen? <hi>Befleissige</hi> ich mich
								wenigstens redlich, so zu handeln? Oder kan ich dagegen, keinen
								Widerspruch leiden? Gerathe ich bei dem Tadel anderer sogleich in
								Flamme, und erlaube mir <app>
            <lem>alles</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">alles,</rdg>
          </app> um sie verächtlich und lächerlich zu machen, ihre Meinung zu
								unterdrücken, und die Ueberlegenheit meiner Einsichten zu zeigen? –
								Wie bin ich gegen die gesinnet, deren <hi>Ruhm den meinigen
									verdunkelt, deren Gewinn den meinigen verringert</hi>? Gegen den
								Amts-Gehülfen, denjenigen der mit mir auf einem Posten stehet,
								einerlei Handlung, Gewerbe, Profession treibet, gleiche Vortheile
								mit mir suchet? <app>
            <lem>Sehe</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">sehe</rdg>
          </app> ich den glücklichen Fortgang seiner Arbeit und Bemühung, den
								Wachsthum seines Beifalls, Einnahme, Gewinns gerne? Bemühe ich mich,
								ihm diese Freude so viel an mir ist und mit Wahrheit geschehen kan,
								durch <pb n="51" edRef="#a"/> gute Urtheile und Empfehlungen zu
								sichern und zu befördern? <app>
            <lem><hi>Befleissige</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b"><hi>Befleißige</hi></rdg>
          </app> ich mich wenigstens redlich, dergestalt gegen ihn gesinnet zu
								seyn und zu handeln? Oder werde ich hingegen, durch jeden Vorzug
								dieser meiner <index indexName="subjects-index">
            <term>Nebenmensch</term>
          </index>Neben-Menschen <app>
            <lem>aufgebracht,</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">aufgebracht;</rdg>
          </app> unruhig verdrüslich <app>
            <lem>gemacht,</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">gemacht;</rdg>
          </app> zum <pb edRef="#b" n="49"/>
          <pb edRef="#c" n="49"/>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>Neid und Missgunst</term>
          </index>Neid, Misgunst und Schaden-Freude, auch wohl <app>
            <lem/>
            <rdg type="pt" wit="#c">zu</rdg>
          </app> hämischen Urtheilen und Handlungen gegen sie verleitet? – Wie
								bin ich gegen <app>
            <lem>diejenigen</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">die</rdg>
          </app> gesint, <hi>die sich gar wider mich erklären, gegen meine
									Beleidiger</hi> und Feinde? Trage ich ihre Beleidigungen?
								Vergebe ich ihnen so gleich und von ganzem Herzen? Bete ich für ihr
								Wohl zu <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app>? <hi>Bemühe</hi> ich mich wenigstens redlich, dis alles zu
								thun? Oder erlaube ich mir Haß, Feindschaft, beleidigende Reden, und
								rachsüchtige Handlungen gegen meine Feinde?“</p>
        <p><seg type="margin">Zweite Regel.</seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Jedoch</hi>!</hi> auch hiebei sind wir
								noch nicht <app>
            <lem>für</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">vor</rdg>
          </app> allem Selbst-Betruge gesichert! Das alles kan die Wirkung
								einer natürlichen Kaltblütigkeit und Schläfrigkeit; einer Einfalt;
								der Eitelkeit; der Heuchelei; oder gar einer ausstudirten Bosheit
								seyn. <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> giebt uns
								daher noch die zweite Regel zur Selbst-Prüfung. <hi>Fliesset meine
									Güte gegen einzelne Personen, aus reiner Liebe zu Gott und
									seinen Menschen?</hi></p>
        <p><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:6:36"><hi>Vers</hi>
										36.</citedRange></bibl>
          <hi><hi rend="spaced-out">Seyd</hi> barmherzig, so wie auch euer
									Vater barmherzig ist.</hi> Oder nach <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:5:48"><hi>Matth.</hi> 5, 48.</citedRange></bibl>
          <hi>Seyd vollkommen,</hi> (aufrichtig in eurer Menschen-Liebe)
									<hi>wie auch euer Vater im Himmel vollkommen ist.</hi> „Seyd
								aufrichtige Freunde aller Menschen, so wie <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi>,</rdg>
          </app> euer <app>
            <lem>Vater</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Vater,</rdg>
          </app> es ist.“ – Also, <hi>Gott änlich und dankbahr zu werden</hi>: <app>
            <lem>dis</lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#c"><choice>
                <sic>die</sic>
                <corr type="editorial">dis</corr>
              </choice></rdg>
          </app> muß die Quelle, die Absicht unsers gütigen Sinnes und
								Betragens gegen andre seyn. <hi>Darum</hi> müssen wir gegen alles
								was Mensch ist, <pb n="52" edRef="#a"/> gütig seyn, <hi>weil Gott es
									ist</hi>, und wir nichts höher schäzen als nach <app>
            <lem>Seinem</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Seinem</hi></hi></rdg>
          </app>
          <pb edRef="#b" n="50"/>
          <pb edRef="#c" n="50"/> Muster uns zu bilden: <hi>darum, weil Gott
									gütig gegen uns ist</hi>; weil wir durch die unaussprechliche
								Liebe, womit <app>
            <lem>Er</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Er</hi></hi></rdg>
          </app> uns jeden Augenblick behandelt, inniglich beschämt und
								gerürt, herzlich wünschen, <app>
            <lem>Ihm</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Ihm</hi></hi></rdg>
          </app> dafür uns recht dankbahr zu bezeigen. <hi>Barmherzig,
									Gütig</hi> müssen wir Christen seyn, <hi>um Kinder des
									Allerhöchsten zu werden, welcher auch gegen die Undankbahren und
									Bösen gütig ist</hi>.</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Fehlet</hi></hi> es uns an dieser Gesinnung
								und Gemüts-Art: so sind wir zu allem, was Schön, Edel und Groß ist,
								schlechterdings ungeschickt. Denn ein Undankbahrer, ein im höchsten
								Grade Undankbahrer, der sich des schändlichsten, allerschwärzesten
								Undanks, des Undanks gegen <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app>, schuldig <app>
            <lem>macht,</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">macht;</rdg>
          </app> kan nicht anders als schlecht, niederträchtig und schändlich
								handeln. Fehlet es uns an dieser Gemüts-Art: so sind alle, auch noch
								so glänzende Handlungen nichts werth; nichts als Betrug der Welt und
								unsrer selbst. Denn man kan die glänzendsten Thaten aus so
								schändlichen Absichten verrichten, daß sie recht grobe Schandthaten
								werden. Man kan Beleidigungen vergeben, um den Feind desto
								empfindlicher zu ärgern. Man kan seine Untergebene freundschaftlich <app>
            <lem>behandeln</lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#b"><choice>
                <sic>behandln</sic>
                <corr type="editorial">behandeln</corr>
              </choice></rdg>
          </app>, um sie zu Werkzeugen seiner Laster zu machen. Nur eine im
								Herzen gegründete, die ganze Seele beherrschende Liebe zu <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> und <app>
            <lem>Seinen</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Seinen</hi></hi></rdg>
          </app> Menschen, giebt wie allen unsern Handlungen, also auch dem
								gütigen Betragen gegen andre allererst einen <app>
            <lem>Werth,</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Werth;</rdg>
          </app> machet es zu edler That, ächter Tugend, zu wahrer
								Menschen-Liebe. <pb edRef="#b" n="51"/>
          <pb edRef="#c" n="51"/>
          <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="1Kor:13:1" to="1Kor:13:3">1 <app>
                  <lem>Corinth.</lem>
                  <rdg type="v" wit="#b">Cor.</rdg>
                  <rdg type="v" wit="#c">Kor.</rdg>
                </app> 13, <app>
                  <lem>1−3</lem>
                  <rdg type="v" wit="#b">1−3.</rdg>
                  <rdg type="v" wit="#c"><choice>
                      <sic>1−13.</sic>
                      <corr type="editorial">1−3.</corr>
                    </choice></rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <hi>Wenn ich mit Menschen- und <index indexName="subjects-index">
              <term>Engelzungen</term>
            </index>Engel-Zungen redete, und hätte die Menschen-Liebe nicht:
									so wäre ich ein tö</hi><pb n="53" edRef="#a"/><hi>nend Erz, oder
									eine klingende Schelle. Und wenn ich weissagen könte, und wüste
									alle Geheimnisse <ptr target="#sontr4_erl_6" type="editorial-commentary"/><app>
              <lem>, und alle Erkentniß</lem>
              <rdg type="om" wit="#b #c"/>
            </app>; und hätte allen Glauben, also, daß ich Berge
									versetzte;</hi>
          <app>
            <lem><hi>und</hi></lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#b"><choice>
                <sic><hi>nnd</hi></sic>
                <corr type="editorial"><hi>und</hi></corr>
              </choice></rdg>
          </app>
          <hi>hätte der Liebe nicht: so wäre ich nichts. Und wenn ich alle
									meine Habe den Armen gäbe, und liesse meinen Leib brennen, und
									hätte der Liebe nicht: so wäre mirs nichts <app>
              <lem>nütze</lem>
              <rdg type="v" wit="#c">nüze</rdg>
            </app>.</hi></p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Um</hi></hi> demnach den verfürerischen
									<index indexName="subjects-index">
            <term>Eigenliebe, Blendwerke der</term>
          </index>Blendwerken der Eigenliebe zu entgehen, müssen wir unsre
								Menschen-Liebe auch nach dieser Regel probiren; <app>
            <lem/>
            <rdg type="pt" wit="#c">und</rdg>
          </app> unserm Gewissen die Frage vorlegen: <hi>Entspringet meine
									Güte gegen einzelne Personen, aus reiner Liebe zu Gott und
									Seinen Menschen?</hi>
          <app>
            <lem>„Warum</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Warum</hi></hi></rdg>
          </app> thue ich den Armen Gutes? <app>
            <lem>Warum</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Warum</hi></rdg>
          </app> vergebe ich die Beleidigungen? Was ist die <app>
            <lem>Ursache</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Ursache</hi></rdg>
          </app> meiner Herablassung, Gesprächigkeit, Gefälligkeit,
								Nachgebens, Dienstbeflissenheit? <app>
            <lem>Warum</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Warum</hi></rdg>
          </app> behandle ich die Irrende und Lasterhafte, so nachsichtlich
								und schonend? Geschiehet es <app>
            <lem>darum</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>darum</hi></rdg>
          </app>, weil mir jeder Mensch als ein Geschöpf, Erlöseter, und
								bestimter Freund <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gottes</hi></hi></rdg>
          </app> theuer und lieb ist? <app>
            <lem>Darum</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Darum</hi></rdg>
          </app>, weil ich so gerne <app>
            <lem>dem Gott</lem>
            <rdg type="pp" wit="#c">Dem <hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> recht dankbahr und änlich werden möchte, der mir durch <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><app>
              <lem>Christum</lem>
              <rdg type="v" wit="#c"><hi>Christum</hi></rdg>
            </app></persName> so unermesliche Liebe erwiesen, und mich
								täglich mit solcher unaussprechlichen Herablassung, Nachsicht,
								Langmuth, <app>
            <lem>Wohltätigkeit,</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">Wohltätigkeit</rdg>
            <rdg type="v" wit="#c">Wohlthätigkeit</rdg>
          </app> und Freundlichkeit behandelt?“ Wohl uns! wenn unser Gewissen
								uns dieses Zeugniß giebt! Sodenn, aber <pb edRef="#b" n="52"/>
          <pb edRef="#c" n="52"/> auch nur allein alsdenn, ist, nach <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>
								Versicherung, unser Lohn groß; und wir sind – <hi>Kinder des
									Allerhöchsten</hi>.</p>
        <p><seg type="margin">Dritte Regel.</seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Eben</hi></hi> die Liebe zu <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> und <app>
            <lem>Seinen</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Seinen</hi></hi></rdg>
          </app> Menschen, welche uns antreibet, das <app>
            <lem>eine</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Eine</rdg>
          </app> Böse zu lassen, in dem <app>
            <lem>einen</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Einen</rdg>
          </app> Stück liebreich zu seyn, wird uns auch <pb n="54" edRef="#a" id="less_54"/> sicherlich antreiben, alles andre Böse zu
								lassen, und in jedem andern Stück liebreich zu seyn. Dies leitet uns
								zur dritten Regel, der dritten Frage unsre <app>
            <lem>Menschenliebe</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Menschen-Liebe</rdg>
          </app> zu prüfen: <hi>Entsage ich jeder Begierde und Handlung, die
									mir Gottes Gesez</hi>
          <app>
            <lem><hi>verbiethet?</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b"><hi>verbiethet.</hi></rdg>
          </app></p>
        <p><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:6:37 Lk:6:38"><hi>Vers</hi> 37. 38.</citedRange></bibl>
          <hi><hi rend="spaced-out">Richtet</hi></hi>
          <app>
            <lem><hi>nicht</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>nicht,</hi></rdg>
          </app>
          <hi>so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammet</hi>
          <app>
            <lem><hi>nicht</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>nicht,</hi></rdg>
          </app>
          <hi>so werdet ihr auch nicht verdammet.</hi> Durch <hi>Richten</hi>
								verstehet hier <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> nicht,
								jedes nachtheilige Urtheil das man von andern fället. Dies ist ofte,
								eine obgleich dem Christen traurige, <app>
            <lem/>
            <rdg type="pt" wit="#c">doch nothwendige</rdg>
          </app> Pflicht. Sondern, ein Verdammungs-Urtheil über den Nächsten
								fällen; <hi>ihm Gottes Gnade und die ewige Seligkeit
								absprechen</hi>. Die damahligen Juden, (wolte <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">Gott,</rdg>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi>,</rdg>
          </app> daß mit ihnen diese Bosheit ausgestorben wäre!) giengen in
								ihrem Stolz und <index indexName="subjects-index">
            <term>Menschenhass</term>
          </index>Menschen-Haß so weit, alle <app>
            <lem>Nationen</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Nationen,</rdg>
          </app> ausser der ihrigen, jeden <index indexName="subjects-index">
            <term>Samariter, s. Samaritaner</term>
            <term>Samaritaner</term>
          </index>Samariter und Heiden, als <app>
            <lem>Gott-abscheuliche</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi>-abscheuliche</rdg>
          </app> Menschen, als <index indexName="subjects-index">
            <term>Teufels, Kinder des</term>
          </index>Kinder des Satans und <index indexName="subjects-index">
            <term>Hölle, Kinder der</term>
          </index>der Hölle anzusehen. Diesem <index indexName="subjects-index">
            <term>höllischer Religionshass</term>
          </index>höllischen Religions-Hasse und Verdammungs-Sucht sezet sich
									<index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> so ofte
								entgegen. <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:3:17"><app>
                  <lem>Johann</lem>
                  <rdg type="v" wit="#b #c">Joh.</rdg>
                </app> 3, 17.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>Des Menschen Sohn,</hi> sagt <app>
            <lem>er</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">er,</rdg>
          </app>
          <hi>ist nicht</hi>
          <app>
            <lem><hi>gekommen</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>gekommen,</hi></rdg>
          </app>
          <hi>daß er die Welt richte,</hi> (verdamme) <pb edRef="#b" n="53"/>
          <pb edRef="#c" n="53"/>
          <hi>sondern daß die Welt durch ihn selig werde.</hi> Und so
								verbiethet er hier, auch allen seinen Anhängern, <hi>das
									Richten</hi>, oder wie er es gleich erkläret, das
									<hi>Verdammen</hi> ihrer Neben-Menschen. Er <app>
            <lem>will</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">will,</rdg>
          </app> daß wir, als Anhänger einer <index indexName="subjects-index">
            <term>Religion</term>
          </index><app>
            <lem>Religion</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Religion,</rdg>
          </app> die jeden Menschen zum Erlöseten des Sohnes <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gottes</hi></hi></rdg>
          </app> macht, weit entfernt von aller <hi>Verdammungs-Sucht</hi>,
								jedem unsrer Neben-Menschen, auch dem bösesten, auch dem gröbsten
								Feinde der Religion, die ewige Seligkeit von ganzem Herzen
								anwünschen; ihm dazu aus allen Kräf<pb n="55" edRef="#a" id="less_55"/>ten behülflich seyn; sie liebreich hoffen; und
								das entscheidende Urtheil <app>
            <lem>darüber,</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">darüber</rdg>
          </app> lediglich dem <app>
            <lem>Allwissenden</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Allwissenden</hi></hi></rdg>
          </app> überlassen <app>
            <lem>sollen.</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">sollen,</rdg>
          </app><hi>Richtet nicht so werdet ihr auch nicht gerichtet.
									Verdammet nicht, so werdet ihr auch nicht verdammet. Vergebet,
									so wird euch vergeben. Gebet, so wird euch gegeben. Ein voll,
									gedruckt, gerüttelt,</hi>
          <app>
            <lem><hi>überflüssig</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>überflüßig</hi></rdg>
          </app>
          <hi>Maaß wird man in euren Schooß geben. Denn eben mit dem</hi>
          <app>
            <lem><hi>Masse</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>Maasse</hi></rdg>
          </app>
          <hi>da ihr mit</hi>
          <app>
            <lem><hi>messet</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>messet,</hi></rdg>
          </app>
          <hi>wird man euch wieder messen.</hi> Mit andern Worten: „<hi><hi rend="spaced-out">Alles</hi></hi> was irgend einem Menschen,
								ohne Noth und Recht, auch nur einen misvergnügten Augenblick macht,
								sey euch abscheulich und verhaßt. <hi>Vergnügen und Wohlthun</hi>
								sey hingegen der grosse Zweck aller eurer Ueberlegungen, Reden und
								Handlungen. So werdet ihr auch an <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app>, einen so gütigen <app>
            <lem>Richter,</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Richter</rdg>
          </app> und <app>
            <lem><app>
                <lem>freygebigen</lem>
                <rdg type="v" wit="#c">freigebigen</rdg>
              </app> Wohlthäter</lem>
            <rdg type="pp" wit="#b">freigebigen Wohltäter</rdg>
          </app> finden, als ihr es gegen eure Neben-Menschen zu seyn euch
								bemühet.“</p>
        <p><pb edRef="#b" n="54"/>
          <pb edRef="#c" n="54"/>
          <hi><hi rend="spaced-out">Ein</hi></hi> solcher Sinn aber kan
								schlechterdings nicht Statt finden, ohne die redliche Bestrebung
									<hi>allem dem zu</hi>
          <app>
            <lem><hi>entsagen</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>entsagen,</hi></rdg>
          </app>
          <hi>was uns irgend ein Gesez Gottes verbiethet, und alles das zu
									thun, was uns irgend ein Gesez Gottes gebeut</hi>. Denn <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gottes</hi></hi></rdg>
          </app> Gesez ist durch und durch <hi>Wohltätig</hi> und
									<hi>Gemeinnüzig</hi>. <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> verbiethet uns <app>
            <lem>nichts</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">nichts,</rdg>
          </app> als was der <index indexName="subjects-index">
            <term>menschliche Gesellschaft</term>
          </index>menschlichen <app>
            <lem>Geselschaft</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Gesellschaft</rdg>
          </app> schädlich, und befiehlet <app>
            <lem>nichts</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">nichts,</rdg>
          </app> als was ihr heilsahm ist. <app>
            <lem>Müssiggang</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Müßiggang</rdg>
          </app>, <index indexName="subjects-index">
            <term>Schwelgerei</term>
          </index>Schwelgerei, Verschwendung, Unzucht aller <app>
            <lem>Art Vernachlässigung</lem>
            <rdg type="pp" wit="#b #c">Art, Vernachläßigung</rdg>
          </app> des öffentlichen Gottesdienstes, <index indexName="subjects-index">
            <term>Kälte gegen Gott</term>
          </index>Kälte gegen <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> und Religion, und was es auch immer seyn mag, das uns <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gottes</hi></hi></rdg>
          </app> Gesez untersaget; das alles vermindert die Summe des
								Vergnügens und Wohls unsrer <app>
            <lem>Neben-Menschen,</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Neben-Menschen;</rdg>
          </app> stürzet sie dagegen in Unruhe, Kummer, Traurigkeit, <pb n="56" edRef="#a" id="less_56"/> Schmerz, <app>
            <lem>Elend</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Elend,</rdg>
          </app> und <index indexName="subjects-index">
            <term>Jammer</term>
          </index>Jammer. Hingegen <index indexName="subjects-index">
            <term>Arbeitsamkeit</term>
          </index>Arbeitsamkeit, Sparsamkeit, <app>
            <lem>Mässigkeit</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Mäßigkeit</rdg>
          </app>, Keuschheit, äussere Ehrerbietung gegen <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> und die <app>
            <lem>Religion</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Religion,</rdg>
          </app> und jede <app>
            <lem>andre Tugend</lem>
            <rdg type="pp" wit="#b #c">andere Tugend,</rdg>
          </app> die uns <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gottes</hi></hi></rdg>
          </app> Gesez befiehlet, hindert Schmerz und <app>
            <lem>Elend</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">Elend,</rdg>
            <rdg type="v" wit="#c">Elend;</rdg>
          </app> und leitet im Gegentheil Freude, Wohlstand und Glück unter
								die Menschen. <hi>Menschen-Liebe ist die Erfüllung des ganzen
									Gesezes Gottes. Alle Geseze Gottes sind in dem Einzigen, als
									ihrer Summe</hi>
          <app>
            <lem><hi>enthalten;</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>enthalten:</hi></rdg>
          </app>
          <hi>liebe deinen</hi>
          <app>
            <lem><hi>Nebenmenschen</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>Neben-Menschen</hi></rdg>
          </app>
          <hi>eben so wohl als dich selbst.</hi>
          <bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Röm:13:8" to="Röm:13:10">Röm. 13, 8−10.</citedRange></bibl>
          <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Gal:5:14">Gal. 5,
										14.</citedRange></bibl></p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Um</hi></hi> also unsre Menschen-Liebe
								sicher zu prüfen, müssen wir diese Frage an uns <app>
            <lem>thun,</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">thun:</rdg>
          </app>
          <hi>entsage ich jeder Begierde und Handlung</hi>
          <pb edRef="#b" n="55"/>
          <pb edRef="#c" n="55"/>
          <hi>die mir Gottes Gesez verbiethet?</hi> „Bändige ich meine
								Spottsucht? Unterdrücke ich die Rachbegierde? <app>
            <lem>Mässige</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Mäßige</rdg>
          </app> ich meinen <index indexName="subjects-index">
            <term>Zorn</term>
          </index>Zorn? Schränke ich meine Begierde nach Ergözung ein? Bin ich
								sorgfältig in Besuchung des öffentlichen Gottesdienstes, <index indexName="subjects-index">
            <term>Genuss</term>
          </index>Genuß des <app>
            <lem>h.</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">heiligen</rdg>
          </app>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>Abendmahl</term>
          </index>Abendmahls, und jeder andern <app>
            <lem>Sache</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Sache,</rdg>
          </app> die zur Empfehlung der Religion dienet? <app>
            <lem>Insbesondere,</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">Insbesondere</rdg>
          </app> hasse ich die Unzucht aller Art: nicht allein den <index indexName="subjects-index">
            <term>Ehebruch</term>
          </index>Ehebruch, sondern auch die <index indexName="subjects-index">
            <term>Hurerei</term>
          </index>Hurerei und <index indexName="subjects-index">
            <term>Selbstbefleckung</term>
          </index>Selbst-Befleckung; nicht allein Unzucht in äussern Thaten,
								sondern auch in Reden, Gedanken, und <app>
            <lem>bloß-innern</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">bloß innern</rdg>
          </app> Begierden? <app>
            <lem>Befleissige</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Befleißige</rdg>
          </app> ich mich dagegen aus allen Kräften der unbefleckten
								Keuschheit in Werken, Reden und Gedanken? da diese Sünde besonders,
								eine Pest der menschlichen Gesellschaft, und die christliche
								Keuschheit zum Flor derselben so unentbehrlich ist! Ueberhaupt, <seg type="margin">
            <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Röm:12:2"><app>
                  <lem>Römer</lem>
                  <rdg type="v" wit="#b #c">Röm.</rdg>
                </app> 12, 2.</citedRange></bibl></seg> strebe ich
								ernstlich <app>
            <lem>darnach</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">darnach,</rdg>
          </app> jeden Theil des göttlichen Willens immer besser zu lernen,
								und immer glücklicher auszurichten? da <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gottes</hi></hi></rdg>
          </app> Wille, durch und durch ein <app>
            <lem>wohltätiger</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">wohlthätiger</rdg>
          </app> und angenehmer Wille <pb n="57" edRef="#a"/> ist.“ – <app>
            <lem>Finden</lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#b"><choice>
                <sic>Findeu</sic>
                <corr type="editorial">Finden</corr>
              </choice></rdg>
          </app> wir dieses nicht bei uns, <app>
            <lem>herrschet</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">herrschet,</rdg>
          </app> auch nur <app>
            <lem>eine einzige <app>
                <lem>Sünde</lem>
                <rdg type="v" wit="#b">Sünde,</rdg>
              </app></lem>
            <rdg type="pp" wit="#c"><hi>eine einzige</hi> Sünde,</rdg>
          </app> sie sey welche sie wolle, mit unserm Wissen und Willen über
								uns: so ist es <app>
            <lem>unmöglich</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">unmöglich,</rdg>
          </app> daß wir Freunde der Menschen sind. So ist <app>
            <lem>alles</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">alles,</rdg>
          </app> was wir Menschen-Liebe bei uns nennen, sicherlich nichts als
								blinder Trieb, oder Wirkung des Ehrgeizes und Eigennuzes.</p>
        <p><seg type="margin">Vierte Regel.</seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Noch</hi></hi> eine <app>
            <lem>Regel</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Regel,</rdg>
          </app> unsre Menschen-Liebe zu prüfen und zugleich zu stärken, giebt
								uns <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>
          <pb edRef="#b" n="56"/>
          <pb edRef="#c" n="56"/> in unserm Text. <hi>Aechte Menschen-Liebe
									muß mit Demuth genärt und ausgeübet werden.</hi></p>
        <p><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Lk:6:39" to="Lk:6:42"><hi>Vers</hi> 39−42.</citedRange></bibl>
          <hi>Und er sagte ihnen</hi>
          <app>
            <lem><hi>dis</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>dies</hi></rdg>
          </app>
          <hi>Gleichniß. Mag auch ein Blinder einem Blinden den Weg weisen?
									Werden sie nicht alle</hi>
          <app>
            <lem><hi>beyde</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>beide</hi></rdg>
          </app>
          <hi>in die Grube fallen? Der Jünger ist nicht über seinen Meister:
									wenn der Jünger ist wie sein Meister, so ist er vollkommen.</hi>
								(Wenn der <index indexName="subjects-index">
            <term>Lehrling</term>
          </index>Lehrling so geschickt ist als sein Meister: so bleibt er
								nicht länger Lehrling.) Der Sinn dieses Gleichnisses ist, wie der
									<hi>Zusammenhang</hi>
          <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:6:37 Lk:6:38">Vers
										37. <app>
                <lem>38,</lem>
                <rdg type="v" wit="#b #c">38.</rdg>
              </app></citedRange></bibl> lehret, folgender: „Alle Strenge
								der Untersuchung und des Tadels richte auf dich selbst. Suche vor
								allen Dingen, <hi>dich</hi> zu bessern, deine eigene Blindheit zu
								heilen. Und bedenke stets, daß du von sündlichen Eltern gebohren,
								nichts besser als sie, ein Sünder, zu allen Lastern aufgelegt bist,
								wie es alle deine Vorfahren waren.“ – <hi>Was siehest du aber, einen
									Splitter in deines Bruders Auge, und des Balken in deinem Auge
									wirst du nicht gewahr? Oder wie kanst du sagen zu deinem</hi>
          <app>
            <lem><hi>Bruder;</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>Bruder,</hi></rdg>
          </app>
          <hi>halt stille, Bruder, ich will den Splitter aus deinem Auge</hi>
          <app>
            <lem><hi>ziehen:</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>ziehen?</hi></rdg>
          </app>
          <hi>und du siehest selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du
									Heuchler, zeuch zuvor den Balken aus deinem</hi>
          <app>
            <lem><hi>Auge:</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>Auge;</hi></rdg>
          </app>
          <hi>und be</hi><pb n="58" edRef="#a"/><hi>siehe</hi>
          <app>
            <lem><hi>denn</hi></lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>dann</hi></rdg>
          </app><hi>, daß du den Splitter aus deines Bruders Auge
									ziehest.</hi> Mit andern Worten: „verächtlich, stolz deinen
								irrenden und sündigenden Neben-Menschen behandeln, ist äusserst
								thöricht. So thöricht, als wenn ein <app>
            <lem>blinder</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Blin<pb edRef="#b" n="57"/><pb edRef="#c" n="57"/>der</rdg>
          </app> den andern leiten; der Lehrling klüger als der Meister seyn;
								oder jemand mit einem <app>
            <lem>unbemerkten</lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#c"><choice>
                <sic>nnbemerkten</sic>
                <corr type="editorial">unbemerkten</corr>
              </choice></rdg>
          </app> Balken in seinem Auge, den Splitter aus dem Auge seines <app>
            <lem>Nebenmenschen</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Neben-Menschen</rdg>
          </app> ziehen wolte.“</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">So</hi></hi> müssen wir <app>
            <lem>denn</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">denn,</rdg>
          </app> um wahre <index indexName="subjects-index">
            <term>Menschenfreund</term>
          </index>Menschen-Freunde zu seyn, <ptr target="#sontr4_erl_1" type="editorial-commentary"/><hi>uns selbst recht kennen</hi>.
								Uns selbst, das heißt, <hi>unsre</hi>
          <app>
            <lem><app>
                <lem><hi>vielfache</hi></lem>
                <rdg type="v" wit="#b"><hi>vielfältige</hi></rdg>
              </app>
              <hi>grosse</hi></lem>
            <rdg type="pp" wit="#c"><hi>vielfältigen grossen</hi></rdg>
          </app>
          <hi>Mängel und Schwachheiten</hi> kennen. <app>
            <lem>Denn</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Denn,</rdg>
          </app> ist auch der beste Mensch nicht ganz frei davon: wie
								zahlreich werden sie denn bei dem Schwächern, bei dem Anfänger in
								der Tugend seyn? Uns selbst kennen, das heißt, den <hi>Ursprung
									aller unsrer Gaben kennen</hi>: wissen, und lebhaft, mit
								Empfindung wissen, <ptr target="#sontr4_erl_7" type="editorial-commentary"/>daß alles unser Gute lediglich von <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> komt; jede gute Gesinnung, Handlung, Empfindung,
								Entschliessung nur ein Werk <app>
            <lem>seiner</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Seiner</hi></hi></rdg>
          </app> Kraft ist. Uns selbst kennen, das heißt auch, <hi>unsre
									gänzliche Unwürdigkeit und grosse Strafbarkeit vor Gott</hi>
								kennen: wissen, daß aller unser Werth, aller der Ruhm und <app>
            <lem>Lohn</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Lohn,</rdg>
          </app> womit unser Gutes <app>
            <lem>gekrönet</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">gekrönt</rdg>
          </app> wird, lediglich <ptr target="#sontr4_erl_8" type="editorial-commentary"/>ein unverdientes Geschenk der Gnade <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gottes</hi></hi></rdg>
          </app> durch <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesum Christum</hi></persName>
								ist.</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Auch</hi></hi> in dieser Absicht hänget
								also die wahre Menschen-Liebe mit dem Verdienst <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName> genau
								zusammen. <hi>Näre ich</hi>, so muß ein jeder, der sich nicht mit
								leeren Träumen täuschen will, sich hier fragen, <hi>und übe ich
									meine Menschen-Liebe mit Demuth?</hi> „Stehe ich in der
								reuvollen Kentniß und Empfindung meiner grossen Mängel und Fehler
								auch in diesem Stück? <pb edRef="#b" n="58"/>
          <pb edRef="#c" n="58"/> Fliehe ich deshalb <pb n="59" edRef="#a"/>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>gläubig</term>
          </index>gläubig und Besserungs-begierig, zu <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName> Verdienst?
								Flehe ich oft und herzlich zu <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app>, daß er mich immer mehr und mehr von dem mir noch anklebenden
								Neide, Stolz, Heftigkeit, Lieblosigkeit säubern, und <app>
            <lem>Seinen</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Seinen</hi></hi></rdg>
          </app> Geist der Menschen-Liebe immer mehr in meine Seele ergiessen
								wolle? Oder brüste ich mich hingegen mit meinen <index indexName="subjects-index">
            <term>menschenfreundliche Taten</term>
          </index>menschenfreundlichen Thaten? Voll von küner Zufriedenheit
								mit mir selbst; und leer von Empfindung der Barmherzigkeit <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gottes</hi></hi></rdg>
          </app>, die so viele Fehler an mir trägt und alles Gute in mir
								wirket!“</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">In</hi></hi> diesem Spiegel lasset uns ofte
								unsre Gestalt betrachten. Auf diese Probe lasset uns das bringen,
								was wir bei uns Menschen-Liebe nennen! Selbst offenbahre <index indexName="subjects-index">
            <term>Sklave des Lasters</term>
          </index><app>
            <lem>Sclaven</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Sklaven</rdg>
          </app> des Lasters, Diener der Wollust und Unzucht, Feinde der <app>
            <lem>Religion</lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#b"><choice>
                <sic>Relion</sic>
                <corr type="editorial">Religion</corr>
              </choice></rdg>
          </app> sprechen von Menschen-Liebe, sprechen mit Begeisterung davon,
								rümen sie als den Inbegrif aller wahren Würde, alles gottgefälligen
								Dienstes. Auch für diesen Rest von Achtung der Tugend sey <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> gepriesen! Aber wolten diese Menschen nur sich die Mühe
								geben, ihre Ansprüche auf diese Tugend genauer zu prüfen: so würden
								sie bald entdecken, daß es ein blosser matter guter Wille; oder eine
								romanhafte Schwärmerei; oder ein <app>
            <lem>freygebiger</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">freigebiger</rdg>
          </app> Gebrauch des Geld-Kastens; oder flüchtige Anfälle von <app>
            <lem>Wohltätigkeit</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Wohlthätigkeit</rdg>
          </app>; oder Partheien-Liebe; oder nichts mehr als ein
								natürlich-gutes, weiches Herz; folglich nicht Menschen-Liebe,
								sondern eine blosse Larve, eine blosse Nachäffung derselben ist, was
								sie unter diesem Nahmen an sich schäzen.</p>
        <p><pb edRef="#b" n="59"/>
          <pb edRef="#c" n="59"/>
          <hi><hi rend="spaced-out">Allerdings</hi></hi> ist <app>
            <lem><hi>Menschen-Liebe</hi>,</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c"><hi>Menschen-Liebe</hi></rdg>
          </app> bei <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> der würdigste Nahme. <seg type="margin">Röm. 13, <app>
              <lem><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Röm:13:8" to="Röm:13:10"><app>
                      <lem>8−10</lem>
                      <rdg type="v" wit="#b">8−10.</rdg>
                    </app></citedRange></bibl> Jacobi</lem>
              <rdg type="pp" wit="#c"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Röm:13:8" to="Röm:13:10">8−10.</citedRange></bibl> Jakobi</rdg>
            </app>
            <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Jak:1:26 Jak:1:27">1, 26. <app>
                  <lem>27</lem>
                  <rdg type="v" wit="#b #c">27.</rdg>
                </app></citedRange></bibl>
            <bibl type="biblical-reference"><citedRange from="1Kor:13:1" to="1Kor:13:7">1 <app>
                  <lem>Corinth.</lem>
                  <rdg type="v" wit="#b">Cor.</rdg>
                  <rdg type="v" wit="#c">Kor.</rdg>
                </app> 13, 1−7.</citedRange></bibl>
            <bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Mt:25:31" to="Mt:25:46"><app>
                  <lem>Matth.</lem>
                  <rdg type="v" wit="#b">Math<supplied>.</supplied></rdg>
                  <rdg type="v" wit="#c">Math.</rdg>
                </app> 25, 31−Ende</citedRange></bibl>
            <bibl type="biblical-reference"><citedRange from="1Joh:4:11" to="1Joh:4:21">1 <app>
                  <lem>Johan</lem>
                  <rdg type="v" wit="#b #c">Joh.</rdg>
                </app> 4, 11−Ende.</citedRange></bibl></seg> Ist die
								Summe des göttlichen Gesezes, des wahren Gottesdienstes; die höchste
								Würde eines Menschen vor <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app>; die Re<pb n="60" edRef="#a"/>gel <app>
            <lem>Seines</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Seines</hi></hi></rdg>
          </app> künftigen Gerichts; das sicherste Zeichen <app>
            <lem>Seines</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Seines</hi></hi></rdg>
          </app> göttlichen Wohlgefallens. Aber eine <hi>solche</hi>
								Menschen-Liebe <hi>wie sie uns Gottes</hi> Gesez vorschreibt. <ptr target="#sontr4_erl_9" type="editorial-commentary"/>„Eine
									<hi>allgemeine</hi>
          <app>
            <lem><hi>Güte</hi></lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#c"><choice>
                <sic><hi>Gute</hi></sic>
                <corr type="editorial"><hi>Güte</hi></corr>
              </choice></rdg>
          </app> des Herzens, die uns antreibt, lauter liebreiche <app>
            <lem>wohltätige</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">wohlthätige</rdg>
          </app> Gesinnungen und Handlungen zu hegen und zu üben: <app>
            <lem>sie</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>sie</hi></rdg>
          </app>
          <hi>unermüdet, bis an den <index indexName="subjects-index">
              <term>Tod</term>
            </index>Todt</hi>, zu hegen und zu üben.“ Da müssen wir auch
								denen mit Liebe zugethan seyn, die uns zuwider sind. Da muß unser
								gütiges <app>
            <lem>Betragen</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Betragen,</rdg>
          </app> aus reiner Liebe zu <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi></rdg>
          </app> und <app>
            <lem><choice>
                <sic>Seine</sic>
                <corr type="editorial">Seinen</corr>
              </choice></lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#b">Seinen</rdg>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Seinen</hi></hi></rdg>
          </app> Menschen fliessen. Da müssen wir jede <app>
            <lem>Sache</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">Sache,</rdg>
          </app> die uns <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi><hi rend="spaced-out">Gottes</hi></hi></rdg>
          </app> Gesez verbiethet, aus allen Kräften meiden; und uns jeder
								Tugend des göttlichen Gesezes <app>
            <lem>befleissigen</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">befleißigen</rdg>
          </app>. Da müssen wir unsre Menschen-Liebe mit Demuth nären und
								ausüben.</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Wohl</hi></hi>
          <app>
            <lem>uns</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">uns,</rdg>
          </app> wenn wir eine <hi>solche</hi> Menschen-Liebe zu unserm
								täglichen Geschäfte machen! <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Tim:1:5">1 <app>
                  <lem>Timoth.</lem>
                  <rdg type="v" wit="#b #c">Tim.</rdg>
                </app> 1, 5.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>Eine Liebe aus reinem Herzen, verbunden mit durchgängig-gutem
									Gewissen und ungeheucheltem Glauben.</hi> Sodenn tragen wir das
								Siegel der Wahrheit unsers Glaubens, das Unterpfand des göttlichen
								Wohlgefallens, den <index indexName="subjects-index">
            <term>Vorschmack des ewigen Lebens</term>
          </index>Vorschmack des ewigen Lebens in uns! Sodenn wird unser
									<hi>Lohn groß</hi>; und unsre Würde die allererhabenste seyn.
									<hi>Kinder des Allmächtigen, und Seine ewige Gesellschafter im
									Himmel!</hi></p>
      </div></lem>
    <rdg type="om" wit="#z"/>
  </app>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr4_erl_1"><label>uns
						selbst recht kennen</label>
    <p>Das berühmte <foreign lang="grc">γνῶθι σεαυτόν</foreign> bzw. <foreign lang="lat"><hi>nosce te ipsum</hi></foreign> klingt an. Leß weiß
						jedoch um die Schwierigkeiten, die mit dieser in den
							<hi>Sontags-Evangelia</hi> wiederkehrenden Forderung (vgl. z.B. <ref target="textgrid:259rv.5#less_176">a176</ref>; vgl. <ref target="textgrid:259sk.5#less_354">a354</ref>) verbunden sind: „Nichts
						halten wir für leichter als uns selbst zu kennen. Und nichts ist gleichwohl
						seltener als dieses“ (<ref target="textgrid:259rt.5#less_161">a161</ref>)
						(vgl. auch G. Leß, Christliche Moral, 1777, 172f. [= § 117]; dazu ders., Die
						christliche Lehre vom Gebet und der Bekehrung, <hi rend="superscript">2</hi>1776, 341–351).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr4_erl_2"><label>Evangelium am 4 Sontage nach Trinitatis</label>
    <p>Dieses Sonntagsevangelium weist die Besonderheit auf, dass die einzelnen
						Verse des zugrunde liegenden Evangelientextes nicht wie sonst üblich in Form
						einer Marginalie dargeboten werden, sondern am Beginn der jeweiligen Absätze
						in den Text integriert sind. Die einzige Ausnahme bildet Lk 6,32 (vgl. <ref target="#less_47">a47</ref>).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr4_erl_3"><label>nach
						Matth. 5, 46. 47, die Zöllner</label>
    <p>Gemeint ist wohl nur Mt 5,46.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr4_erl_4"><label>Matthäi
						5, 44. 45. Liebet eure Feinde [...] Undankbaren und Boshaftigen.</label>
    <p>Mt 5,44 wird nach der griechischen Gestalt des 18. Jh.s, d.h., mit in der
						späteren Überlieferung dazugekommenen Texterweiterungen, wiedergegeben
						(„Liebet eure Feinde [...] schmähen und verfolgen.“). Im Anschluss wird dann
						der in diesem Absatz behandelte Vers Lk 6,35 beendet, der sinngemäß jedoch
						mit Mt 5,45 übereinstimmt.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr4_erl_5"><label>Probe des
						Feuers</label>
    <p>Zur „Feuerprobe“ vgl. z.B. 1Kor 3,12–15; 1Petr 1,7; Hiob 23,10; Spr 17,3;
						Sach 13,9; Mal 3,2f.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr4_erl_6"><label>und alle
						Erkentniß</label>
    <p>Bei der Auslassung in der zweiten und dritten Auflage dürfte es sich um einen
						Fehler handeln (vgl. <ref target="textgrid:259s9.5#less_239_b">b239</ref>
						bzw. <ref target="textgrid:259s9.5#less_254_c">c254</ref>). Auch die
						griechische Textgestalt des 18. Jh.s liest <foreign lang="grc">καὶ πᾶσαν
							τὴν γνῶσιν</foreign>.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr4_erl_7"><label>daß alles
						unser Gute lediglich von Gott komt</label>
    <p>Vgl. Jak 1,17; dazu Mt 7,11.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr4_erl_8"><label>ein
						unverdientes Geschenk der Gnade Gottes durch Jesum Christum</label>
    <p>Damit benennt Leß das <foreign lang="lat"><hi>sola gratia</hi></foreign>
						(vgl. z.B. Eph 2,8) bzw. das <foreign lang="lat"><hi>solus
							Christus</hi></foreign> (vgl. 1Tim 2,5), zwei Säulen der
						reformatorischen Rechtfertigungslehre.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr4_erl_9"><label>„Eine
						allgemeine Güte des Herzens [...] zu hegen und zu üben.“</label>
    <p>Ebenfalls zum Begriff der Menschenliebe findet sich die gleiche Formulierung
						auch in G. Leß, Christliche Lehre von den gesellschaftlichen Tugenden. In
						Predigten, 1777, 185, die, wenn sie auf Leß zurückgeht, auch im katholischen
						Kontext (vgl. dazu die <hi>Einleitung</hi>, XXVIIIf.
						<!-- Seitenzahl prüfen! --> ) aufgegriffen wurde (vgl. J. B. Deppisch, Über
						die Pflichten der Geistlichen und Seelsorger in Beziehung auf die zeitliche
						Wohlfahrt ihrer Untergebenen überhaupt, und der Armen insbesondere, 1790,
						13).</p></note>
</div>