Zustand des Menschen vor und nach seinem Verfalle.

112. Als die ersten Menschen von Gott erschaffen waren, befanden sie sich anfänglich in einem Zustande, der bey keinem einzigen ihrer natürlichen Nachkommen jemals wieder angetroffen worden ist. Sie traten mit dem vollen Gebrauche aller ihrer Kräfte, und doch mit der vollkommensten Unschuld, in die Welt, und ihre sämtlichen Kräfte stunden in demjenigen Verhältniße gegen einander, welches damals zur Erreichung ihrer Bestimmung erforderlich war. 112. Als die ersten Menschen von Gott erschaffen waren, befanden sie sich anfänglich in einem Zustande, der bey keinem einzigen ihrer natürlichen Nachkommen jemals wieder angetroffen worden ist. Sie traten mit dem vollen Gebrauche aller ihrer Kräfte, und doch mit der vollkommensten Unschuld, in die Welt, und ihre sämtlichen Kräfte stunden in demjenigen Verhältniße gegen einander, welches damals zur Erreichung ihrer Bestimmung erforderlich war.
113. Zwar waren ihre Verstandeskräfte in dem ersten Momente ihres Daseyns noch nicht geübt; aber die Kräfte selbst waren doch in hohem Maase da, nebst der Fähigkeit und dem Streben sie sogleich anzuwenden; und Gott lies es auch an Veranlaßungen hierzu nicht fehlen. Gleich in der ersten Viertelstunde ihres Daseyns strömten von allen Seiten her Kenntniße in ihre offnen Seelen. So eingeschränckt anfangs ihre Kenntniße gewesen seyn mögen, in Vergleichung mit den Kenntnißen späterer Zeiten, so waren sie doch vollkommen hinreichend für sie, und würden sich in kurzer Zeit, bey Abwesenheit aller Hinderniße, bis zum Erstaunen vermehret haben; zumal da Gott selbst sie anfänglich einer ihren Bedürfnißen angemessenen Unterweisung würdigte. Ihre Begriffe waren anfangs freilich noch sehr sinnlich; aber anderer bedurften sie in ihrer Lage |a71| nicht; und die Fähigkeit zu allgemeinen Begriffen lag doch in ihnen, und wartete nur auf Veranlaßungen zur Entwickelung. Auch von Gott, der sein Daseyn, seine Güte und Macht, seine Fürsorge für sie, ihre Abhängigkeit von ihm, und ihre Bestimmung, ihnen auf eine solche Art, wie es ihrem Zustande gemäs war, geoffenbaret hatte, machten sie sich noch sinnliche Vorstellungen; aber diese waren hinlänglich, sie in dem Gefühle ihrer Abhängigkeit von ihm zu erhalten, und ihr Herz mit den religiösesten Empfindungen der Ehrfurcht, der Dankbarkeit, des Vertrauens, der Liebe und des Gehorsams zu erfüllen. Ihre Begierden waren ihren Bedürfnißen, und diese der Natur angemessen, und daher regelmäsig, ohne zu unerlaubten Gegenständen hingerißen, oder von wilden Leidenschaften erhitzt zu werden, und schuldlos. Ihr Körper war kraftvoll, gesund, und von solcher Dauer, daß er, ob er gleich an sich zerstörbar war, dennoch immer fort würde haben dauern können, bey dem Gebrauche gewisser Stärkungsmittel und bey Abwendung äuserer Gefahren, ohne einem solchen Tode, wie der unsrige jetzt , nothwendig unterworfen zu seyn. Röm. 5, 12 ff. Auch ihre äusern Umstände waren höchst glücklich, indem sie unter dem mildesten Klima lebten, und bey leichter mäßiger Arbeit einen Ueberfluß an allem, was ihnen Bedürfnis war, hatten. – Dieß ist die Beschreibung, welche uns Moses von ihnen macht. 1 Mos. 1, 26. ff. 2, 2. ff. 3, 1. ff. . Und hätten sie ihre ursprüngliche Unschuld nicht verscherzt, so würden sie mit jedem Tage ihres Lebens an Weisheit und Heiligkeit, (Tugend) welche mit der ersten Stunde ihres Daseyns angefangen hatte, aufs neue zugenommen haben.113. Zwar waren ihre Verstandeskräfte in dem ersten Momente ihres Daseyns noch nicht geübt; aber die Kräfte selbst waren doch in hohem Maase da, nebst der Fähigkeit und dem Streben sie sogleich anzuwenden; und Gott lies es auch an Veranlaßungen hierzu nicht fehlen. Gleich in der ersten Viertelstunde ihres Daseyns strömten von allen Seiten her Kenntniße in ihre offnen Seelen. So eingeschränckt anfangs ihre Kenntniße gewesen seyn mögen, in Vergleichung mit den Kenntnißen späterer Zeiten, so waren sie doch vollkommen hinreichend für sie, und würden sich in kurzer Zeit, bey Abwesenheit aller Hinderniße, bis zum Erstaunen vermehret haben; zumal da Gott selbst sie anfänglich einer ihren Bedürfnißen angemessenen Unterweisung würdigte. Ihre Begriffe waren anfangs freilich noch sehr sinnlich; aber anderer bedurften sie in ihrer Lage |a71| nicht; und die Fähigkeit zu allgemeinen Begriffen lag doch in ihnen, und wartete nur auf Veranlaßungen zur Entwickelung. Auch von Gott, der sein Daseyn, seine Güte und Macht, seine Fürsorge für sie, ihre Abhängigkeit von ihm, und ihre Bestimmung, ihnen auf eine solche Art, wie es ihrem Zustande gemäs war, geoffenbaret hatte, machten sie sich noch sinnliche Vorstellungen; aber diese waren hinlänglich, sie in dem Gefühle ihrer Abhängigkeit von ihm zu erhalten, und ihr Herz mit den religiösesten Empfindungen der Ehrfurcht, der Dankbarkeit, des Vertrauens, der Liebe und des Gehorsams zu erfüllen. Ihre Begierden waren ihren Bedürfnißen, und diese der Natur angemessen, und daher regelmäsig, ohne zu unerlaubten Gegenständen hingerißen, oder von wilden Leidenschaften erhitzt zu werden, und schuldlos. Ihr Körper war kraftvoll, gesund, und von solcher Dauer, daß er, ob er gleich an sich zerstörbar war, dennoch immer fort würde haben dauern können, bey dem Gebrauche gewisser Stärkungsmittel und bey Abwendung äuserer Gefahren, ohne einem solchen Tode, wie der unsrige jetzt , nothwendig unterworfen zu seyn. Röm. 5, 12 ff. Auch ihre äusern Umstände waren höchst glücklich, indem sie unter dem mildesten Klima lebten, und bey leichter mäßiger Arbeit einen Ueberfluß an allem, was ihnen Bedürfnis war, hatten. – Dieß ist die Beschreibung, welche uns Moses von ihnen macht. 1 Mos. 1, 26. ff. 2, 2. ff. 3, 1. ff. . Und hätten sie ihre ursprüngliche Unschuld nicht verscherzt, so würden sie mit jedem Tage ihres Lebens an Weisheit und Heiligkeit, (Tugend) welche mit der ersten Stunde ihres Daseyns angefangen hatte, aufs neue zugenommen haben.
114. Sehr verschieden von diesem anfänglichen Zustande der ersten Menschen, ist der Zustand aller Menschen, die jetzt leben, oder die uns die Geschichte aller Zeiten kennen lehrt. Indeßen ist es doch |a72| auch einem Lehrer nüzlich und nöthig, die mannichfaltigen guten Anlagenzu kennen, welche noch jezt in der Natur des Menschen angetroffen werden. Dahin gehöret die unsrer Natur unauslöschlich eingedruckte Selbstliebe, nebst den Trieben zur Selbsterhaltung und zur Vervollkommung unsrer selbst; die Sympathie, mit der Geselligkeit; das natürliche Wohlgefallen an Wahrheit, an Zweckmäsigkeit, und an Gesinnungen und Handlungen, die recht, gemeinnützig, und edel sind, nebst dem Misfallen an den entgegen gesetzten, auch ohne nähere Rücksicht auf die daraus für uns entspringende oder zu hoffende Vortheile oder Nachtheile; die Schaam, wenn wir unrecht, niederträchtig, treulos, undanckbar etc. gehandelt haben, u. s. w. Selbst der Trieb zur Thätigkeit, der Ehrtrieb, der Nachahmungstrieb etc. sind gute Anlagen, wenn sie in Verbindung mit den übrigen Trieben genommen werden. 114. Sehr verschieden von diesem anfänglichen Zustande der ersten Menschen, ist der Zustand aller Menschen, die jetzt leben, oder die uns die Geschichte aller Zeiten kennen lehrt. Indeßen ist es doch |a72| auch einem Lehrer nüzlich und nöthig, die mannichfaltigen guten Anlagenzu kennen, welche noch jezt in der Natur des Menschen angetroffen werden. Dahin gehöret die unsrer Natur unauslöschlich eingedruckte Selbstliebe, nebst den Trieben zur Selbsterhaltung und zur Vervollkommung unsrer selbst; die Sympathie, mit der Geselligkeit; das natürliche Wohlgefallen an Wahrheit, an Zweckmäsigkeit, und an Gesinnungen und Handlungen, die recht, gemeinnützig, und edel sind, nebst dem Misfallen an den entgegen gesetzten, auch ohne nähere Rücksicht auf die daraus für uns entspringende oder zu hoffende Vortheile oder Nachtheile; die Schaam, wenn wir unrecht, niederträchtig, treulos, undanckbar etc. gehandelt haben, u. s. w. Selbst der Trieb zur Thätigkeit, der Ehrtrieb, der Nachahmungstrieb etc. sind gute Anlagen, wenn sie in Verbindung mit den übrigen Trieben genommen werden.
115. Dem allem ohnerachtet bestätigt selbst die Erfarung dasjenige, was die Bibel von der unter den Menschen herrschenden moralischen Verdorbenheit sagt, sowohl in Absicht der Allgemeinheit, 1 Joh. 1, 8. 10. Rom. 3, 9 ff. 23. 5, 12. 14. 19. 11, 32. Sprüchw. 20, 9. Pred. 7, 21. und des Anfanges derselben mit der frühesten Jugend Ps. 51, 7. 1 Mos. 8, 21. als auch in Absicht der Gröse derselben, Ps. 19, 3. Rom. 7, 8. 11. 13. 8, 7. und der daher entstehenden grosen Schwierigkeit der Besserung, Rom. 7, 11. 13. 14. 15. 18. 21. 23. 24. ja der Unmöglichkeit in diesem Leben eine vollkommene Tugend zu erreichen. Nämlich die Menschen wenden die besten von Gott gemachten Einrichtungen ihrer Natur unrecht an, und befriedigen einzelne Naturtriebe ohne gebührende Rücksicht auf die übrigen. Ihre Kräfte stehen nicht in der gehörigen Proportion gegen einander. Diese Zerrüttung und Unordnung in ihren Kräften zeigt sich insbesondere darin, daß alles was den Sinnen angenehm ist, einen so |a73| mächtigen und schnellen Eindruck auf die Menschen macht, daß sie unzählich oft Scheingüter, oder kleinere und vergängliche, zumal wenn sie gegenwärtig sind, den wahren grösern und bleibenden Gütern, vornehmlich den unsichtbaren und zukünftigen, vorziehen, und also den Reizungen der sinnlichen Lust unterliegen; Jac. 1, 14. 15. daß ganz zügellose Begierden und unbändige Leidenschaften entstehen; Rom. 1, 26. daß die Sinnlichkeit die Vernunft entweder gar nicht zur Rede kommen läßt, oder doch auf ihren Widerspruch nicht achtet, Rom. 7, 8. ff. und daß der Wille ein Sklave sinnlicher Begierden wird. Rom. 7, 19–23. Gal. 5, 17. Joh. 8, 34. Ja die Vernunft selbst ist schwehr zu einer lebendigen Erkenntnis solcher Wahrheiten zu bringen , welche die Sinnlichkeit, die noch überdieß durch gewisse habituelle Bewegungen und Beschaffenheiten des Körpers unterstüzt wird, Röm. 6, 11. 12. 8, 23. im Zaume zu halten im Stande wären; Röm. 1, 18. da sich ihr im Gegentheile Irrthümer und Zweifel und Vorurtheile, die der Sinnlichkeit schmeicheln, eher und tiefer einprägen. Eph. 4, 18. Böse Fertigkeiten werden daher viel geschwinder und leichter erlangt, hingegen auch weit schwehrer abgelegt , als Gute. 115. Dem allem ohnerachtet bestätigt selbst die Erfarung dasjenige, was die Bibel von der unter den Menschen herrschenden moralischen Verdorbenheit sagt, sowohl in Absicht der Allgemeinheit, 1 Joh. 1, 8. 10. Rom. 3, 9 ff. 23. 5, 12. 14. 19. 11, 32. Sprüchw. 20, 9. Pred. 7, 21. und des Anfanges derselben mit der frühesten Jugend Ps. 51, 7. 1 Mos. 8, 21. als auch in Absicht der Gröse derselben, Ps. 19, 3. Rom. 7, 8. 11. 13. 8, 7. und der daher entstehenden grosen Schwierigkeit der Besserung, Rom. 7, 11. 13. 14. 15. 18. 21. 23. 24. ja der Unmöglichkeit in diesem Leben eine vollkommene Tugend zu erreichen. Nämlich die Menschen wenden die besten von Gott gemachten Einrichtungen ihrer Natur unrecht an, und befriedigen einzelne Naturtriebe ohne gebührende Rücksicht auf die übrigen. Ihre Kräfte stehen nicht in der gehörigen Proportion gegen einander. Diese Zerrüttung und Unordnung in ihren Kräften zeigt sich insbesondere darin, daß alles was den Sinnen angenehm ist, einen so |a73| mächtigen und schnellen Eindruck auf die Menschen macht, daß sie unzählich oft Scheingüter, oder kleinere und vergängliche, zumal wenn sie gegenwärtig sind, den wahren grösern und bleibenden Gütern, vornehmlich den unsichtbaren und zukünftigen, vorziehen, und also den Reizungen der sinnlichen Lust unterliegen; Jac. 1, 14. 15. daß ganz zügellose Begierden und unbändige Leidenschaften entstehen; Rom. 1, 26. daß die Sinnlichkeit die Vernunft entweder gar nicht zur Rede kommen läßt, oder doch auf ihren Widerspruch nicht achtet, Rom. 7, 8. ff. und daß der Wille ein Sklave sinnlicher Begierden wird. Rom. 7, 19–23. Gal. 5, 17. Joh. 8, 34. Ja die Vernunft selbst ist schwehr zu einer lebendigen Erkenntnis solcher Wahrheiten zu bringen , welche die Sinnlichkeit, die noch überdieß durch gewisse habituelle Bewegungen und Beschaffenheiten des Körpers unterstüzt wird, Röm. 6, 11. 12. 8, 23. im Zaume zu halten im Stande wären; Röm. 1, 18. da sich ihr im Gegentheile Irrthümer und Zweifel und Vorurtheile, die der Sinnlichkeit schmeicheln, eher und tiefer einprägen. Eph. 4, 18. Böse Fertigkeiten werden daher viel geschwinder und leichter erlangt, hingegen auch weit schwehrer abgelegt , als Gute.
116. Es kan zwar der Mensch immer noch viele Ausbrüche der Sünden hindern, und mancherley gute und nüzliche Handlungen nach vernünftigen Gründen vornehmen, Röm. 2, 14. 26. 27. und es ist kein Mensch, welcher den wirklichen Gebrauch seiner Vernunft hat, der nicht dergleichen, und zum theil in ziemlicher Anzahl, verrichte. Auch kan der Mensch die Nothwendigkeit einer Besserung einsehen, Rom. 1, 32. 2, 15. und die von Gott dazu veranstalteten Mittel gebrauchen. Rom. 1, 19. 20. Der Trieb zur Danckbarkeit und das natürliche Wohlgefallen an Vollkommenheit können sogar als entfernte Anlagen zur Liebe gegen Gott angesehen werden, wenn ein zweckmäsiger Unter|a74|richt von Gott, als dem vollkommensten Wesen und dem gütigsten Wohlthäter, hinzukommt. Ja es kan durch solchen Unterricht ein Mensch, in welchem lasterhafte Gesinnungen herrschend sind, dahin gebracht werden, zu manchen einzelnen guten Handlungen die Bewegungsgründe von Gott herzunehmen. Gleichwohl ist der Mensch zu nichts schwehrer zu bringen, als zu einer habituellen Liebe und einem Vertrauen gegen Gott, welche rechter Art wären, und zu Erfüllung seiner gesamten Pflichten aus Gehorsam gegen Gott und aus Verlangen ihm wohlzugefallen. Und dieß gilt selbst von denen, welchen Gott in den Wahrheiten der geoffenbarten Religion die kräftigsten Mittel zu ihrer Besserung anbietet. (Denn in Untersuchungen über die Beschaffenheit solcher Menschen, welchen der Gebrauch dieser Mittel versagt ist, nämlich der Nichtchristen, haben wir nicht nöthig uns hier einzulassen; obgleich in so fern auf sie Rücksicht zu nehmen ist, daß man dem Menschen überhaupt nicht schlechterdings etwas abspreche, was man doch bey vernünftigen Heiden, auch ohne die höhere Hülfe einer geoffenbarten Religion, antrift. Rom. 2, 14.)116. Es kan zwar der Mensch immer noch viele Ausbrüche der Sünden hindern, und mancherley gute und nüzliche Handlungen nach vernünftigen Gründen vornehmen, Röm. 2, 14. 26. 27. und es ist kein Mensch, welcher den wirklichen Gebrauch seiner Vernunft hat, der nicht dergleichen, und zum theil in ziemlicher Anzahl, verrichte. Auch kan der Mensch die Nothwendigkeit einer Besserung einsehen, Rom. 1, 32. 2, 15. und die von Gott dazu veranstalteten Mittel gebrauchen. Rom. 1, 19. 20. Der Trieb zur Danckbarkeit und das natürliche Wohlgefallen an Vollkommenheit können sogar als entfernte Anlagen zur Liebe gegen Gott angesehen werden, wenn ein zweckmäsiger Unter|a74|richt von Gott, als dem vollkommensten Wesen und dem gütigsten Wohlthäter, hinzukommt. Ja es kan durch solchen Unterricht ein Mensch, in welchem lasterhafte Gesinnungen herrschend sind, dahin gebracht werden, zu manchen einzelnen guten Handlungen die Bewegungsgründe von Gott herzunehmen. Gleichwohl ist der Mensch zu nichts schwehrer zu bringen, als zu einer habituellen Liebe und einem Vertrauen gegen Gott, welche rechter Art wären, und zu Erfüllung seiner gesamten Pflichten aus Gehorsam gegen Gott und aus Verlangen ihm wohlzugefallen. Und dieß gilt selbst von denen, welchen Gott in den Wahrheiten der geoffenbarten Religion die kräftigsten Mittel zu ihrer Besserung anbietet. (Denn in Untersuchungen über die Beschaffenheit solcher Menschen, welchen der Gebrauch dieser Mittel versagt ist, nämlich der Nichtchristen, haben wir nicht nöthig uns hier einzulassen; obgleich in so fern auf sie Rücksicht zu nehmen ist, daß man dem Menschen überhaupt nicht schlechterdings etwas abspreche, was man doch bey vernünftigen Heiden, auch ohne die höhere Hülfe einer geoffenbarten Religion, antrift. Rom. 2, 14.)
117. Die moralische Verderbtheit findet sich zwar bey allen Menschen; jedoch mit einigem Unterschiede. Betrachtet man den Menschen überhaupt, so ist jenes moralische Uebel noch nicht näher bestimmt, sondern bestehet nur überhaupt in der unordentlichen Gewalt der Sinnlichkeit, und in dem Unvermögen der Vernunft, die Herrschaft über sie zu behaupten. Der Mensch liebt sich selbst auf eine so verkehrte Art, daß er das was den Sinnen angenehm ist, für sein höchstes Gut hält, und daher die uneingeschränckte Befriedigung seiner sinnlichen Begierden zum Hauptzwecke seines Thuns und Lassens macht, Eph. 2, 3. woraus ein Hang entstehet zum Sündigen überhaupt, d. i. zu Handlungen, welche dem göttlichen Willen und der Bestim|a75|mung des Menschen zuwider laufen. Bey einzelnen Menschen aber erhält dieses moralische Uebel seine besondere Bestimmung , theils durch die individuelle Beschaffenheit ihrer Seelen und ihrer Körper, theils durch äusere Umstände; daher jeder Mensch zu gewissen Arten des Bösen geneigter ist, als zu den übrigen; Jac. 2, 11. so wie auch diese Neigung bey einem stärcker ist, als bey dem andern. 117. Die moralische Verderbtheit findet sich zwar bey allen Menschen; jedoch mit einigem Unterschiede. Betrachtet man den Menschen überhaupt, so ist jenes moralische Uebel noch nicht näher bestimmt, sondern bestehet nur überhaupt in der unordentlichen Gewalt der Sinnlichkeit, und in dem Unvermögen der Vernunft, die Herrschaft über sie zu behaupten. Der Mensch liebt sich selbst auf eine so verkehrte Art, daß er das was den Sinnen angenehm ist, für sein höchstes Gut hält, und daher die uneingeschränckte Befriedigung seiner sinnlichen Begierden zum Hauptzwecke seines Thuns und Lassens macht, Eph. 2, 3. woraus ein Hang entstehet zum Sündigen überhaupt, d. i. zu Handlungen, welche dem göttlichen Willen und der Bestim|a75|mung des Menschen zuwider laufen. Bey einzelnen Menschen aber erhält dieses moralische Uebel seine besondere Bestimmung , theils durch die individuelle Beschaffenheit ihrer Seelen und ihrer Körper, theils durch äusere Umstände; daher jeder Mensch zu gewissen Arten des Bösen geneigter ist, als zu den übrigen; Jac. 2, 11. so wie auch diese Neigung bey einem stärcker ist, als bey dem andern.
118. Aus der beschriebenen verderbten Beschaffenheit des Menschen, (welche in der Bibel Fleisch, Rom. 8, 4. ff. Gal. 5, 16. ff. die in uns wohnende Sünde, Rom. 7, 8. 17. 20. 6, 12. der Alte Mensch, Eph. 4, 22. Col. 3, 9. und die böse Lust Jac. 1, 14. genennet wird,) und aus den in einzelnen Menschen herrschenden lasterhaften Gesinnungen, (die unter der Benennung des alten Menschen, und der bösen Lust 1 Petr. 1, 14. mit begriffen werden,) entspringen die einzelnen den göttlichen Gesetzen zuwider laufende Handlungen, 1 Joh. 3, 4. oder wirckliche Sünden . Diese theilen sich in Begehungs und Unterlassungs Sünden, Matth. 25, 42 ff. Luc. 12, 47. Jac. 4, 17. in innere und äusere, Matth. 5, 22. 28. 2 Cor. 7, 1. in solche, bey welchen blos das formelle, und solche, bey denen auch das materielle der Handlung sündlich ist, 1 Cor. 4, 5. 13, 3. in vorsätzliche, welche gegen besser Wissen und Gewissen begangen werden, und in solche, die aus Unwissenheit, 1 Tim. 1, 13 (welche jedoch entweder verschuldet oder unverschuldet ist) oder aus Ubereilung geschehen; Gal. 6, 1. ingleichem in selbstbegangene und in fremde, an welchen man durch Veranlassung, verschafte Gelegenheit, dargebotene Bewegungsgründe, unterlassene Verhinderung etc. oder auch durch gegebenen Beifall Röm. 1, 32. Antheil nimt. Auch in Absicht des Grades der Strafbarkeit sind die Sünden verschieden. Joh. 19, 11. Luc. 12, 47. 48. Die Sünde aber wider den heiligen Geist, Matth. 12, 31. 32. findet gegenwärtig nicht mehr statt.118. Aus der beschriebenen verderbten Beschaffenheit des Menschen, (welche in der Bibel Fleisch, Rom. 8, 4. ff. Gal. 5, 16. ff. die in uns wohnende Sünde, Rom. 7, 8. 17. 20. 6, 12. der Alte Mensch, Eph. 4, 22. Col. 3, 9. und die böse Lust Jac. 1, 14. genennet wird,) und aus den in einzelnen Menschen herrschenden lasterhaften Gesinnungen, (die unter der Benennung des alten Menschen, und der bösen Lust 1 Petr. 1, 14. mit begriffen werden,) entspringen die einzelnen den göttlichen Gesetzen zuwider laufende Handlungen, 1 Joh. 3, 4. oder wirckliche Sünden . Diese theilen sich in Begehungs und Unterlassungs Sünden, Matth. 25, 42 ff. Luc. 12, 47. Jac. 4, 17. in innere und äusere, Matth. 5, 22. 28. 2 Cor. 7, 1. in solche, bey welchen blos das formelle, und solche, bey denen auch das materielle der Handlung sündlich ist, 1 Cor. 4, 5. 13, 3. in vorsätzliche, welche gegen besser Wissen und Gewissen begangen werden, und in solche, die aus Unwissenheit, 1 Tim. 1, 13 (welche jedoch entweder verschuldet oder unverschuldet ist) oder aus Ubereilung geschehen; Gal. 6, 1. ingleichem in selbstbegangene und in fremde, an welchen man durch Veranlassung, verschafte Gelegenheit, dargebotene Bewegungsgründe, unterlassene Verhinderung etc. oder auch durch gegebenen Beifall Röm. 1, 32. Antheil nimt. Auch in Absicht des Grades der Strafbarkeit sind die Sünden verschieden. Joh. 19, 11. Luc. 12, 47. 48. Die Sünde aber wider den heiligen Geist, Matth. 12, 31. 32. findet gegenwärtig nicht mehr statt.
|a76| 119. Die Ursachen dieses moralischen Verderbens sind mannichfaltig, und braucht man nicht bey dem entferntesten Grunde stehen zu bleiben, daß jedes eingeschräncktes Geschöpf fehlen könne. Es ist vielmehr dem Lehrer nützlich und nöthig, alle mitwirkende Ursachen kennen zu lernen. Die Vernunft und das Nachdenken über unsre tägliche Erfarung geben uns folgende Dinge als Quellen derjenigen Zerrüttung an, welche wir bey allen Menschen im natürlichen Zustande antreffen: a) Unsere Empfindungen haben eine viel grösere Stärke, als unsre übrige Vorstellungen, zumal als die Vorhersehungen der Folgen einer Sache oder Handlung. b) Der Hang zu allem, was uns angenehme Empfindungen gewähret, wird um so viel stärker, da wir im Anfange unsers Lebens, ehe noch die Vernunft erwacht, keine andere Regel, was wir begehren oder verabscheuen sollen, haben, als die Empfindungen. Daher gewöhnen wir uns, immer das zu begehren, was uns angenehme Empfindungen gewähret, die uns schon bekannt sind, und die uns die Einbildungskraft lebhaft vormahlet; dagegen fassen wir einen allgemeinen Widerwillen gegen alles, was diese störet oder einschränckt[.] c) Am frühesten aber wird der Mensch mit denjenigen angenehmen Empfindungen bekannt, welche aus Befriedigung sinnlicher Begierden, und aus dem Genusse der kleineren und vergänglichen Güter dieses Lebens entspringen. Von diesen erlangt er natürlich und ungesucht eine anschauende Erkenntnis. Erst später lernt er diejenigen angenehmen Empfindungen kennen, deren Quelle die Tugend ist. Und daß die Tugend allemal und ohne Ausnahme wahrhaftig glücklich mache, davon würden, ohne fremde Beihülfe, die mehresten Menschen nie, und die übrigen erst spät überzeugt werden; dahingegen jeder bald und ganz von selbst gewahr wird, daß die Gesetze der Tugend ihm nicht selten den Genuß mancher gewohnten angenehmen Empfindungen untersagen, oder ihn wenigstens, zusamt dem natürlichen Freiheitstriebe, |a77| einschräncken. d) Der Hang nach blos sinnlicher Erkenntnis zu handeln, ohne die Vernunft zu fragen oder zu hören, wird begreiflich, wenn man bedenkt, theils, daß wir im Anfange unsers Lebens weder eine andre als blos sinnliche Erkenntnis haben, noch die Folgen unsrer Handlungen zu übersehen vermögen, und uns daher frühzeitig gewöhnen, geradehin jener Erkenntnis und den ersten Eindrücken, welche die Dinge auf uns machen, zu folgen; theils, daß noch nach erlangtem Gebrauche der Vernunft, stete Aufmerksamkeit auf uns selbst und sehr viele Ubung nöthig ist, um die Fertigkeit in uns hervorzubringen, jedesmal, ehe wir uns nach den schneller und von selbst entstehenden sinnlichen Begierden entschließen, vorher vernünftig zu überlegen, ob es auch gut und recht gethan seyn würde. e) Daß der Unterricht von Gott, und die Bewegungsgründe ihn (den Unsichtbaren 1 Joh. 4, 20) zu lieben, und aus Liebe gegen ihn gut zu handeln, so wenig über den Menschen vermögen, könnte man daraus erklären, theils, daß der Mensch hiermit erst zu einer Zeit bekannt gemacht werden kan, da er schon zu einer Fertigkeit gelangt ist, nach blos sinnlichen Trieben sich zu bestimmen; theils, daß die Reitze der Sinnlichkeit und böse Gewohnheiten nicht ohne Anstrengung und Mühe, welche der Mensch, so wie überhaupt die Anstrengung der höhern Seelenkräfte, scheuet, besieget werden können; theils, daß dem Unterrichte, man müsse gleichwohl nach diesem Siege ringen, allerley praktische Vorurtheile entgegen gesetzt werden. |a76| 119. Die Ursachen dieses moralischen Verderbens sind mannichfaltig, und braucht man nicht bey dem entferntesten Grunde stehen zu bleiben, daß jedes eingeschräncktes Geschöpf fehlen könne. Es ist vielmehr dem Lehrer nützlich und nöthig, alle mitwirkende Ursachen kennen zu lernen. Die Vernunft und das Nachdenken über unsre tägliche Erfarung geben uns folgende Dinge als Quellen derjenigen Zerrüttung an, welche wir bey allen Menschen im natürlichen Zustande antreffen: a) Unsere Empfindungen haben eine viel grösere Stärke, als unsre übrige Vorstellungen, zumal als die Vorhersehungen der Folgen einer Sache oder Handlung. b) Der Hang zu allem, was uns angenehme Empfindungen gewähret, wird um so viel stärker, da wir im Anfange unsers Lebens, ehe noch die Vernunft erwacht, keine andere Regel, was wir begehren oder verabscheuen sollen, haben, als die Empfindungen. Daher gewöhnen wir uns, immer das zu begehren, was uns angenehme Empfindungen gewähret, die uns schon bekannt sind, und die uns die Einbildungskraft lebhaft vormahlet; dagegen fassen wir einen allgemeinen Widerwillen gegen alles, was diese störet oder einschränckt[.] c) Am frühesten aber wird der Mensch mit denjenigen angenehmen Empfindungen bekannt, welche aus Befriedigung sinnlicher Begierden, und aus dem Genusse der kleineren und vergänglichen Güter dieses Lebens entspringen. Von diesen erlangt er natürlich und ungesucht eine anschauende Erkenntnis. Erst später lernt er diejenigen angenehmen Empfindungen kennen, deren Quelle die Tugend ist. Und daß die Tugend allemal und ohne Ausnahme wahrhaftig glücklich mache, davon würden, ohne fremde Beihülfe, die mehresten Menschen nie, und die übrigen erst spät überzeugt werden; dahingegen jeder bald und ganz von selbst gewahr wird, daß die Gesetze der Tugend ihm nicht selten den Genuß mancher gewohnten angenehmen Empfindungen untersagen, oder ihn wenigstens, zusamt dem natürlichen Freiheitstriebe, |a77| einschräncken. d) Der Hang nach blos sinnlicher Erkenntnis zu handeln, ohne die Vernunft zu fragen oder zu hören, wird begreiflich, wenn man bedenkt, theils, daß wir im Anfange unsers Lebens weder eine andre als blos sinnliche Erkenntnis haben, noch die Folgen unsrer Handlungen zu übersehen vermögen, und uns daher frühzeitig gewöhnen, geradehin jener Erkenntnis und den ersten Eindrücken, welche die Dinge auf uns machen, zu folgen; theils, daß noch nach erlangtem Gebrauche der Vernunft, stete Aufmerksamkeit auf uns selbst und sehr viele Ubung nöthig ist, um die Fertigkeit in uns hervorzubringen, jedesmal, ehe wir uns nach den schneller und von selbst entstehenden sinnlichen Begierden entschließen, vorher vernünftig zu überlegen, ob es auch gut und recht gethan seyn würde. e) Daß der Unterricht von Gott, und die Bewegungsgründe ihn (den Unsichtbaren 1 Joh. 4, 20) zu lieben, und aus Liebe gegen ihn gut zu handeln, so wenig über den Menschen vermögen, könnte man daraus erklären, theils, daß der Mensch hiermit erst zu einer Zeit bekannt gemacht werden kan, da er schon zu einer Fertigkeit gelangt ist, nach blos sinnlichen Trieben sich zu bestimmen; theils, daß die Reitze der Sinnlichkeit und böse Gewohnheiten nicht ohne Anstrengung und Mühe, welche der Mensch, so wie überhaupt die Anstrengung der höhern Seelenkräfte, scheuet, besieget werden können; theils, daß dem Unterrichte, man müsse gleichwohl nach diesem Siege ringen, allerley praktische Vorurtheile entgegen gesetzt werden.
120. Hierzu kommt noch f) daß der Unterricht von Gott bey den mehresten Menschen, zumal in ihrer Jugend, so beschaffen ist, daß Liebe zu Gott nicht leicht dadurch erweckt werden kan. Er ist den Fähigkeiten nicht genug angemessen, ist meist Gedächtniswerk, wird oft zwangsweise mitgetheilet, zeigt zu wenig die Liebenswürdigkeit Gottes und der Tugend, nimt die |a78| den Kindern begreifliche natürliche guten Folgen der Frömmigkeit zu wenig zu Hülfe, giebt der Gottesfurcht wohl gar ein mürrisches Ansehen, kommt aus einem kalten Herzen, u. s. w. g) Daß die sittliche Erziehung fast durchgehends so sehr mangelhaft ist. Ist sie nicht ganz verkehrt, so wird doch wenigstens nicht Sorgfalt genug auf sie gewendet; man glaubt es sey genug, Tugend und Frömmigkeit zu predigen, und vergißt die so nöthige Gewöhnung zur wirklichen Ausübung derselben; ja es scheinet unmöglich, die Sorgfalt so weit zu erstrecken, daß dem ersten Anfange des Verderbens hinlänglich vorgebeugt werde. h) Daß böse Exempel das Ubel unaussprechlich vermehren. Die meisten Menschen werden früher mit dem Laster als mit der Tugend bekannt, und saugen, durch den Umgang mit andern, schon in der frühesten Jugend verderbliche Grundsätze ein. i) Daß durch das gesellschaftliche Leben die Zahl der Bedürfniße unendlich vermehrt wird, und diese grosentheils der Natur nicht mehr angemessen sind. Hierdurch werden die Reitze und Nahrungen der sinnlichen Begierden vervielfältiget, die Begierden immer mehr von unsichtbaren und künftigen Gegenständen abgezogen, und die Leidenschaften heftiger erhitzt. Und dieses Ubel nimt zu, und wird gefährlicher mit der steigenden Kultur und Verfeinerung der Lebensart und der Künste, wofern ihm nicht die kräftigsten Mittel entgegen gesezt werden.120. Hierzu kommt noch f) daß der Unterricht von Gott bey den mehresten Menschen, zumal in ihrer Jugend, so beschaffen ist, daß Liebe zu Gott nicht leicht dadurch erweckt werden kan. Er ist den Fähigkeiten nicht genug angemessen, ist meist Gedächtniswerk, wird oft zwangsweise mitgetheilet, zeigt zu wenig die Liebenswürdigkeit Gottes und der Tugend, nimt die |a78| den Kindern begreifliche natürliche guten Folgen der Frömmigkeit zu wenig zu Hülfe, giebt der Gottesfurcht wohl gar ein mürrisches Ansehen, kommt aus einem kalten Herzen, u. s. w. g) Daß die sittliche Erziehung fast durchgehends so sehr mangelhaft ist. Ist sie nicht ganz verkehrt, so wird doch wenigstens nicht Sorgfalt genug auf sie gewendet; man glaubt es sey genug, Tugend und Frömmigkeit zu predigen, und vergißt die so nöthige Gewöhnung zur wirklichen Ausübung derselben; ja es scheinet unmöglich, die Sorgfalt so weit zu erstrecken, daß dem ersten Anfange des Verderbens hinlänglich vorgebeugt werde. h) Daß böse Exempel das Ubel unaussprechlich vermehren. Die meisten Menschen werden früher mit dem Laster als mit der Tugend bekannt, und saugen, durch den Umgang mit andern, schon in der frühesten Jugend verderbliche Grundsätze ein. i) Daß durch das gesellschaftliche Leben die Zahl der Bedürfniße unendlich vermehrt wird, und diese grosentheils der Natur nicht mehr angemessen sind. Hierdurch werden die Reitze und Nahrungen der sinnlichen Begierden vervielfältiget, die Begierden immer mehr von unsichtbaren und künftigen Gegenständen abgezogen, und die Leidenschaften heftiger erhitzt. Und dieses Ubel nimt zu, und wird gefährlicher mit der steigenden Kultur und Verfeinerung der Lebensart und der Künste, wofern ihm nicht die kräftigsten Mittel entgegen gesezt werden.
121. Diese Ursachen ‒ die zu unsrer Natur gehörige Stärke der Empfindungen, die Art wie sich die Seelenkräfte natürlich jetzt entwickeln, und die Umstände unter welchen dieses geschiehet ‒ würden zur Erklärung des traurigen Phänomens, daß gegenwärtig das moralische Böse in allen Menschen von Kindheit an angetroffen wird, hinlänglich scheinen können, wenn uns nicht die Bibel über diese Thatsache, wie das Menschen Geschlecht zuerst so sehr verschlimmert |a79| worden sey, einen weitern Unterricht gäbe. Die Bibel leitet nämlich den Anfang und ersten Ursprung der moralischen Verderbtheit der Menschen von dem freien Verhalten der Stammeltern des ganzen Geschlechts her. Röm. 5, 12. 19. Schon diese verscherzten ihre ursprüngliche Unschuld, und übertraten, verführt durch Reize von ausen, welche der sinnlichen Lust das Uebergewicht gaben, ein von Gott ihnen gegebenes Gesetz; sie sündigten also, und wurden dadurch strafwürdig. Dieß lehret die 1 Mos. 3. vorkommende Erzälung deutlich, man mag sie auch erklären wie man will. Und eben dieß bestätigen andere Schriftstellen. Röm. 5, 12. ff. 1 Tim. 2, 14. 121. Diese Ursachen ‒ die zu unsrer Natur gehörige Stärke der Empfindungen, die Art wie sich die Seelenkräfte natürlich jetzt entwickeln, und die Umstände unter welchen dieses geschiehet ‒ würden zur Erklärung des traurigen Phänomens, daß gegenwärtig das moralische Böse in allen Menschen von Kindheit an angetroffen wird, hinlänglich scheinen können, wenn uns nicht die Bibel über diese Thatsache, wie das Menschen Geschlecht zuerst so sehr verschlimmert |a79| worden sey, einen weitern Unterricht gäbe. Die Bibel leitet nämlich den Anfang und ersten Ursprung der moralischen Verderbtheit der Menschen von dem freien Verhalten der Stammeltern des ganzen Geschlechts her. Röm. 5, 12. 19. Schon diese verscherzten ihre ursprüngliche Unschuld, und übertraten, verführt durch Reize von ausen, welche der sinnlichen Lust das Uebergewicht gaben, ein von Gott ihnen gegebenes Gesetz; sie sündigten also, und wurden dadurch strafwürdig. Dieß lehret die 1 Mos. 3. vorkommende Erzälung deutlich, man mag sie auch erklären wie man will. Und eben dieß bestätigen andere Schriftstellen. Röm. 5, 12. ff. 1 Tim. 2, 14.
122. Hierdurch geschah es, daß die Stammeltern zuförderst sich selbst die schlimmsten Folgen zuzogen. Unregelmäsige Begierden waren nun erregt, und hatten den Weg zu ihrer Befriedigung gefunden. Die sinnlichen Triebe wurden unordentlich heftig, und erregten, von unregelmäsigen Bewegungen im Körper verstärkt, (welche vielleicht zum Theil aus den Wirkungen der Frucht, die nicht für sie zum Genusse bestimmt war, und vor welcher sie waren gewarnt worden, herrührten,) einen Tumult der Leidenschaften. 1 Mos. 3, 7. Das ihrer Lage angemessene Gleichgewicht war aufgehoben. Heiterkeit des Gemüths und Ruhe des Gewissens waren verlohren, und dafür Bewustseyn der Schuld gekommen. In die Stelle der kindlichen Liebe gegen Gott trat knechtische Furcht. V. 10. Daraus entstund Abneigung von Gott und Verstellung. V. 8–13. Auch der Körper muste die Folgen der Versündigung fühlen, ward zerrüttet und geschwächt, und ganz unvermeidlich dem Tode, so wie jezt jeder Mensch ihn erfaren muß, unterworfen. V. 19. 22. Und aus weiser Güte Gottes gieng auch in den äusern glücklichen Umständen der Menschen eine Veränderung vor, die ihnen nicht anders als höchstempfindlich seyn konte. |a80| v. 16. 17. 23. 24. So folgte physisches Uebel dem moralischen auf dem Fuse nach. 122. Hierdurch geschah es, daß die Stammeltern zuförderst sich selbst die schlimmsten Folgen zuzogen. Unregelmäsige Begierden waren nun erregt, und hatten den Weg zu ihrer Befriedigung gefunden. Die sinnlichen Triebe wurden unordentlich heftig, und erregten, von unregelmäsigen Bewegungen im Körper verstärkt, (welche vielleicht zum Theil aus den Wirkungen der Frucht, die nicht für sie zum Genusse bestimmt war, und vor welcher sie waren gewarnt worden, herrührten,) einen Tumult der Leidenschaften. 1 Mos. 3, 7. Das ihrer Lage angemessene Gleichgewicht war aufgehoben. Heiterkeit des Gemüths und Ruhe des Gewissens waren verlohren, und dafür Bewustseyn der Schuld gekommen. In die Stelle der kindlichen Liebe gegen Gott trat knechtische Furcht. V. 10. Daraus entstund Abneigung von Gott und Verstellung. V. 8–13. Auch der Körper muste die Folgen der Versündigung fühlen, ward zerrüttet und geschwächt, und ganz unvermeidlich dem Tode, so wie jezt jeder Mensch ihn erfaren muß, unterworfen. V. 19. 22. Und aus weiser Güte Gottes gieng auch in den äusern glücklichen Umständen der Menschen eine Veränderung vor, die ihnen nicht anders als höchstempfindlich seyn konte. |a80| v. 16. 17. 23. 24. So folgte physisches Uebel dem moralischen auf dem Fuse nach.
123. Hiernächst aber verbreiteten sich auch der Versündigung der Stammeltern üble Folgen über ihre ganze Nachkommenschaft, auf welche nunmehr, vermittelst der natürlichen Zeugung, eine dem Tode nothwendig unterworfene Rom. 5, 12. 15. 17. 1 Cor. 15, 22. Röm. 6. 23. und zerrüttete Natur, die zwar nicht mit sündlichen Fertigkeiten, wohl aber mit sündhaften Beschaffenheiten behaftet ist, fortgepflanzt wird. Hätte Adam nicht gesündigt, so würden die von ihm entsprossene Menschen nicht mit eben diesen Beschaffenheiten und Dispositionen zur Welt gekommen seyn; und sie würden, so lange sie gleichfalls schuldlos geblieben wären, zwar immer fehlbar gewesen seyn, aber doch in einem ganz andern Zustande, als jetzt, sich befunden haben, den wir aber genauer zu beschreiben unvermögend sind. Wir wissen freilich nicht anzugeben, wie sich die Seelenkräfte auf eine völlig andere Art, als jetzt geschiehet, hätten entwickeln sollen; und eben so wenig können wir behaupten, daß unsre Empfindungen minder starke Eindrücke auf uns gemacht haben würden. Aber es ist doch gewis, theils, daß die Entwickelung unsrer Kräfte unter ganz andern Umständen vorgegangen seyn, und also auch einen ganz andern Gang genommen haben würde; theils, daß statt aller §. 120. angezeigten Beförderungsmittel der moralischen Verderbtheit, eben so viele Beförderungsmittel der Frömmigkeit würden statt gefunden haben. Daher, so natürlich es jezt ist, daß die Vernunft in die Sklaverey der Sinnlichkeit geräth, eben so natürlich würde es alsdann gewesen seyn , daß sie die ihr gebührende Herrschaft über diese behauptet hätte. 123. Hiernächst aber verbreiteten sich auch der Versündigung der Stammeltern üble Folgen über ihre ganze Nachkommenschaft, auf welche nunmehr, vermittelst der natürlichen Zeugung, eine dem Tode nothwendig unterworfene Rom. 5, 12. 15. 17. 1 Cor. 15, 22. Röm. 6. 23. und zerrüttete Natur, die zwar nicht mit sündlichen Fertigkeiten, wohl aber mit sündhaften Beschaffenheiten behaftet ist, fortgepflanzt wird. Hätte Adam nicht gesündigt, so würden die von ihm entsprossene Menschen nicht mit eben diesen Beschaffenheiten und Dispositionen zur Welt gekommen seyn; und sie würden, so lange sie gleichfalls schuldlos geblieben wären, zwar immer fehlbar gewesen seyn, aber doch in einem ganz andern Zustande, als jetzt, sich befunden haben, den wir aber genauer zu beschreiben unvermögend sind. Wir wissen freilich nicht anzugeben, wie sich die Seelenkräfte auf eine völlig andere Art, als jetzt geschiehet, hätten entwickeln sollen; und eben so wenig können wir behaupten, daß unsre Empfindungen minder starke Eindrücke auf uns gemacht haben würden. Aber es ist doch gewis, theils, daß die Entwickelung unsrer Kräfte unter ganz andern Umständen vorgegangen seyn, und also auch einen ganz andern Gang genommen haben würde; theils, daß statt aller §. 120. angezeigten Beförderungsmittel der moralischen Verderbtheit, eben so viele Beförderungsmittel der Frömmigkeit würden statt gefunden haben. Daher, so natürlich es jezt ist, daß die Vernunft in die Sklaverey der Sinnlichkeit geräth, eben so natürlich würde es alsdann gewesen seyn , daß sie die ihr gebührende Herrschaft über diese behauptet hätte.
124. Daß aber, über dieses alles, eine angebohrne und von unsern Voreltern ererbte Zerrüttung der Natur zum Grunde liege bey der jetzigen Disposition |a81| unsrer Seele, nach welcher die sinnlichen Begierden von dem Augenblicke an, da die Vernunft wirksam zu werden beginnet, über diese ein unregelmäsiges Ubergewicht hat; und daß mithin nicht alles einzig und allein aus den §. 119. bemerkten Ursachen herzuleiten sey: wird um so weniger unglaublich scheinen, wenn man bedenckt, daß Zerrüttung der Seele nicht habe seyn können, ohne Zerrüttung des Körpers; daß zerrüttete Körper natürlich keine andere als gleichfalls zerrüttete Körper erzeugen können; daß die Zerrüttung des Körpers unausbleiblich sich der Seele mittheile; und daß man nicht sehe, warum es unmöglich seyn sollte, sondern vielmehr es an sich schon für glaublich halten müße, daß verkehrte Dispositionen des Gemüths und unordentliche Neigungen, welche in der ganzen Reihe der Voreltern ohne Ausnahme angetroffen werden, auf die Disposition der Seele und die Neigungen der Kinder einen Einfluß haben.124. Daß aber, über dieses alles, eine angebohrne und von unsern Voreltern ererbte Zerrüttung der Natur zum Grunde liege bey der jetzigen Disposition |a81| unsrer Seele, nach welcher die sinnlichen Begierden von dem Augenblicke an, da die Vernunft wirksam zu werden beginnet, über diese ein unregelmäsiges Ubergewicht hat; und daß mithin nicht alles einzig und allein aus den §. 119. bemerkten Ursachen herzuleiten sey: wird um so weniger unglaublich scheinen, wenn man bedenckt, daß Zerrüttung der Seele nicht habe seyn können, ohne Zerrüttung des Körpers; daß zerrüttete Körper natürlich keine andere als gleichfalls zerrüttete Körper erzeugen können; daß die Zerrüttung des Körpers unausbleiblich sich der Seele mittheile; und daß man nicht sehe, warum es unmöglich seyn sollte, sondern vielmehr es an sich schon für glaublich halten müße, daß verkehrte Dispositionen des Gemüths und unordentliche Neigungen, welche in der ganzen Reihe der Voreltern ohne Ausnahme angetroffen werden, auf die Disposition der Seele und die Neigungen der Kinder einen Einfluß haben.
125. Diese der hohen Bestimmung des Menschen entgegen laufende Disposition, mit welcher jezt alle gebohren werden, kan Gott nicht anders als misfällig seyn. Es ist auch kein Mensch, der zum Gebrauche seiner Vernunft gelangt ist, welcher vor Gott nicht strafwürdig wäre. Eph. 2, 3. Doch ist gewis, a) daß allein um des angebohrnen Verderbens willen niemand verdammt werde; vergl. Röm. 5, 15. 18. daher wir wegen des künftigen Schicksals der Kinder, welche vor erlangtem Gebrauche der Vernunft versterben (auch der ungetauften) unbekümmert seyn dürfen; b) daß die Zerrüttung der Natur des Menschen die Moralität seiner freien Handlungen keineswegs aufhebe, noch deren Strafbarkeit, wenn sie böse sind, wegnehme, oder dem Menschen zur Entschuldigung diene. Röm. 1, 20. Denn hat gleich der Mensch natürlich einen Hang zur Sünde, so muß er doch nicht sündigen, sondern er kan, vermöge seiner natürlichen Kräfte Gott erkennen, Röm. |a82| 1, 20. hat ein Gesetz von Gott ins Herz geschrieben, Röm. 2, 15. ist mit sehr mannichfaltigen natürlichen Anlagen, das was dieses Gesetz fordert, zu thun, versehen, (§. 114. ) kan daher Gutes thun und Böses meiden, (§. 116. ) und Gott verschafft jedem Menschen so viele Hülfen, als nöthig sind, die unordentliche Sinnlichkeit zu bändigen, und urtheilt über jeden nach dem Gebrauche, den er von den ihm dargebotenen Mitteln gemacht hat. Röm. 2, 12.125. Diese der hohen Bestimmung des Menschen entgegen laufende Disposition, mit welcher jezt alle gebohren werden, kan Gott nicht anders als misfällig seyn. Es ist auch kein Mensch, der zum Gebrauche seiner Vernunft gelangt ist, welcher vor Gott nicht strafwürdig wäre. Eph. 2, 3. Doch ist gewis, a) daß allein um des angebohrnen Verderbens willen niemand verdammt werde; vergl. Röm. 5, 15. 18. daher wir wegen des künftigen Schicksals der Kinder, welche vor erlangtem Gebrauche der Vernunft versterben (auch der ungetauften) unbekümmert seyn dürfen; b) daß die Zerrüttung der Natur des Menschen die Moralität seiner freien Handlungen keineswegs aufhebe, noch deren Strafbarkeit, wenn sie böse sind, wegnehme, oder dem Menschen zur Entschuldigung diene. Röm. 1, 20. Denn hat gleich der Mensch natürlich einen Hang zur Sünde, so muß er doch nicht sündigen, sondern er kan, vermöge seiner natürlichen Kräfte Gott erkennen, Röm. |a82| 1, 20. hat ein Gesetz von Gott ins Herz geschrieben, Röm. 2, 15. ist mit sehr mannichfaltigen natürlichen Anlagen, das was dieses Gesetz fordert, zu thun, versehen, (§. 114. ) kan daher Gutes thun und Böses meiden, (§. 116. ) und Gott verschafft jedem Menschen so viele Hülfen, als nöthig sind, die unordentliche Sinnlichkeit zu bändigen, und urtheilt über jeden nach dem Gebrauche, den er von den ihm dargebotenen Mitteln gemacht hat. Röm. 2, 12.
126. Man muß sich nicht einbilden, daß durch Adams Sünde der von Gott gemachte Plan zernichtet worden sey. Vielmehr hat der Allwissende jene Sünde mit allen ihren Folgen vorhergesehen, (§. 42 .) und der Allweise und Allgütige Vater der Menschen hat von Ewigkeit her beschloßen dieß alles zuzulaßen. (§. 67. 75. ) Es muß also der unendliche Verstand des Allerheiligsten erkannt haben, daß durch diese wirklich gewordene Reihe von Veränderungen, am Ende und im Ganzen genommen, die gröste mögliche Summe des Guten für das menschliche Geschlecht und das Geisterreich erhalten werden würde, daß hingegen dieß nicht zu erreichen gewesen wäre, wenn Gott den ersten Menschen noch vollkommener erschaffen, oder alle Gelegenheit zu fehlen von ihm entfernt, oder ein anderes menschliches Individuum an Adams Stelle gesetzt, oder diesen in jenem kritischen Zeitpunkte durch übernatürliche Einwirkungen vor dem sündigen gesichert, oder die Folgen seines Falles auf seine Nachkommen übernatürlicher Weise gehindert hätte. Ja, es ist so schwehr nicht einzusehen, wie es zugehe, daß selbst die Sünde zur Vermehrung des Guten und zur Veredlung des Menschen mitwirken müsse, und daß der Mensch ohne Fehlbarkeit unfähig seyn würde, alle ihm mögliche Stufen der Vollkommenheit durchzulaufen, und eben hierdurch von einer Stufe der Glückseligkeit zur andern, auf eine moralische Art, sich hinaufzuschwingen. Und so ist bey |a83| dem Menschen, so wie in der ganzen Welt, alles in steter successiver Entwickelung, und stetem Emporstreben nach höherer Vollkommenheit. Und Gott weiß das Böse (das ihm immer misfällig, und das an sich immer strafbar bleibt,) zu gröserem Guten anzuwenden. – So kannte dann auch Gott schon von Ewigkeit her die Mittel, wodurch die Wiederherstellung des Menschengeschlechts bewirkt werden würde, übersahe den ganzen Erfolg derselben, und beschloß, mit der Zulassung des Falles, zugleich auch ihre wirkliche Anwendung.126. Man muß sich nicht einbilden, daß durch Adams Sünde der von Gott gemachte Plan zernichtet worden sey. Vielmehr hat der Allwissende jene Sünde mit allen ihren Folgen vorhergesehen, (§. 42 .) und der Allweise und Allgütige Vater der Menschen hat von Ewigkeit her beschloßen dieß alles zuzulaßen. (§. 67. 75. ) Es muß also der unendliche Verstand des Allerheiligsten erkannt haben, daß durch diese wirklich gewordene Reihe von Veränderungen, am Ende und im Ganzen genommen, die gröste mögliche Summe des Guten für das menschliche Geschlecht und das Geisterreich erhalten werden würde, daß hingegen dieß nicht zu erreichen gewesen wäre, wenn Gott den ersten Menschen noch vollkommener erschaffen, oder alle Gelegenheit zu fehlen von ihm entfernt, oder ein anderes menschliches Individuum an Adams Stelle gesetzt, oder diesen in jenem kritischen Zeitpunkte durch übernatürliche Einwirkungen vor dem sündigen gesichert, oder die Folgen seines Falles auf seine Nachkommen übernatürlicher Weise gehindert hätte. Ja, es ist so schwehr nicht einzusehen, wie es zugehe, daß selbst die Sünde zur Vermehrung des Guten und zur Veredlung des Menschen mitwirken müsse, und daß der Mensch ohne Fehlbarkeit unfähig seyn würde, alle ihm mögliche Stufen der Vollkommenheit durchzulaufen, und eben hierdurch von einer Stufe der Glückseligkeit zur andern, auf eine moralische Art, sich hinaufzuschwingen. Und so ist bey |a83| dem Menschen, so wie in der ganzen Welt, alles in steter successiver Entwickelung, und stetem Emporstreben nach höherer Vollkommenheit. Und Gott weiß das Böse (das ihm immer misfällig, und das an sich immer strafbar bleibt,) zu gröserem Guten anzuwenden. – So kannte dann auch Gott schon von Ewigkeit her die Mittel, wodurch die Wiederherstellung des Menschengeschlechts bewirkt werden würde, übersahe den ganzen Erfolg derselben, und beschloß, mit der Zulassung des Falles, zugleich auch ihre wirkliche Anwendung.
127. Sollte dem so sehr in Verfall gerathenen Menschengeschlecht geholfen werden, so musten Mittel geschaft werden, die hinreichten a) den Verstand der Menschen über ihre Bestimmung und Pflichten aufzuklären; b) sie von der Liebe Gottes, und dessen Fürsorge für sie und ihre ewige Wohlfarth, zu versichern; c) einen festen Grund zu legen, auf welchen sich ihre Zuversicht stützen könnte, daß die verdienten Strafen ihnen erlassen werden, und sie des göttlichen Wohlgefallens wieder fähig seyen; d) zur Liebe und Vertrauen zu Gott sie kräftig zu reizen; e) die unregelmäsige Gewalt der unordentlichen Begierden so zu vermindern, daß die Vernunft wieder die Herrschaft über sie führen könnte; f) sie dahin zu bringen, daß eine Fertigkeit in einem aus Liebe und Gehorsam gegen Gott entspringenden Bestreben nach allgemeiner moralischer Vollkommenheit in ihnen entstünde. 127. Sollte dem so sehr in Verfall gerathenen Menschengeschlecht geholfen werden, so musten Mittel geschaft werden, die hinreichten a) den Verstand der Menschen über ihre Bestimmung und Pflichten aufzuklären; b) sie von der Liebe Gottes, und dessen Fürsorge für sie und ihre ewige Wohlfarth, zu versichern; c) einen festen Grund zu legen, auf welchen sich ihre Zuversicht stützen könnte, daß die verdienten Strafen ihnen erlassen werden, und sie des göttlichen Wohlgefallens wieder fähig seyen; d) zur Liebe und Vertrauen zu Gott sie kräftig zu reizen; e) die unregelmäsige Gewalt der unordentlichen Begierden so zu vermindern, daß die Vernunft wieder die Herrschaft über sie führen könnte; f) sie dahin zu bringen, daß eine Fertigkeit in einem aus Liebe und Gehorsam gegen Gott entspringenden Bestreben nach allgemeiner moralischer Vollkommenheit in ihnen entstünde.
128. Die hiezu dienlichen Mittel hat der allweise Gott nach einem ganz freien Rathschlusse festgesetzt, 1 Cor. 1, 21. 23. Col. 1, 19. 20. Luc. 22, 22. Act. 4, 27. 28. und aus unendlicher Liebe und Erbarmung gegen das gefallene Menschengeschlecht veranstaltet. Joh. 3, 16. Röm. 5, 8. Eph. 1, 7. 2, 4. Tit. 3, 4–7. 1 Joh. 4, 9. 10. 19. Der |a84| Mittelpunkt aber von allen auf die Wiederherstellung der Menschen abzielenden Anstalten, ist die durch Christum geschehene Erlösung derselben. 1 Cor. 1, 17. 18. 23. 24. 2, 2. 3, 11. 1 Tim. 1, 15. Röm. 5, 21. Durch sie wird alles vollständig bewirkt, was nur (nach §. 127. ) dazu gehört, die in Verfall gerathene Menschen zu Erreichung ihrer grosen Bestimmung wieder geschickt zu machen, 1 Cor. 1, 23. 24. 30. indem durch sie die Menschen von den Strafübeln befreiet, und der höchsten Beweise der Gnade Gottes empfänglich gemacht werden. Joh. 3, 16. Eph. 1, 7. Col. 1, 14. Tit. 2, 14. Röm. 8, 3. 4. Und auf diese Erlösung hatten schon die frühern Anstalten Gottes ihre Beziehung; vornehmlich die in der Familie und unter den Nachkommen Abrahams gemachten, jedoch zum Theil auch die unter andern Völkern getroffenen. Sie waren Vorbereitungen, welche die Weisheit Gottes für nöthig fand, Gal. 3, 19. 23 – 4, 5. auf die von Gott bestimmte Zeit, in welcher der ewige Rathschluß Gottes ausgeführt werden sollte. Gal. 4, 4. Eph. 1, 10.128. Die hiezu dienlichen Mittel hat der allweise Gott nach einem ganz freien Rathschlusse festgesetzt, 1 Cor. 1, 21. 23. Col. 1, 19. 20. Luc. 22, 22. Act. 4, 27. 28. und aus unendlicher Liebe und Erbarmung gegen das gefallene Menschengeschlecht veranstaltet. Joh. 3, 16. Röm. 5, 8. Eph. 1, 7. 2, 4. Tit. 3, 4–7. 1 Joh. 4, 9. 10. 19. Der |a84| Mittelpunkt aber von allen auf die Wiederherstellung der Menschen abzielenden Anstalten, ist die durch Christum geschehene Erlösung derselben. 1 Cor. 1, 17. 18. 23. 24. 2, 2. 3, 11. 1 Tim. 1, 15. Röm. 5, 21. Durch sie wird alles vollständig bewirkt, was nur (nach §. 127. ) dazu gehört, die in Verfall gerathene Menschen zu Erreichung ihrer grosen Bestimmung wieder geschickt zu machen, 1 Cor. 1, 23. 24. 30. indem durch sie die Menschen von den Strafübeln befreiet, und der höchsten Beweise der Gnade Gottes empfänglich gemacht werden. Joh. 3, 16. Eph. 1, 7. Col. 1, 14. Tit. 2, 14. Röm. 8, 3. 4. Und auf diese Erlösung hatten schon die frühern Anstalten Gottes ihre Beziehung; vornehmlich die in der Familie und unter den Nachkommen Abrahams gemachten, jedoch zum Theil auch die unter andern Völkern getroffenen. Sie waren Vorbereitungen, welche die Weisheit Gottes für nöthig fand, Gal. 3, 19. 23 – 4, 5. auf die von Gott bestimmte Zeit, in welcher der ewige Rathschluß Gottes ausgeführt werden sollte. Gal. 4, 4. Eph. 1, 10.
129. Gleichwie die Liebe Gottes über alle Menschen sich erstreckt, Joh. 3, 16. Röm. 2, 11. 11, 32. 1 Tim. 2, 4. so verordnete er auch Christum zum Erlöser aller Menschen. Joh. 3, 16. Röm. 5, 15. 18. 2 Cor. 5, 14. 15. 1 Tim. 2, 6. Tit. 2, 11. Weil aber die Natur der Sache mit sich bringet, daß zur wirklichen Theilnehmung an den Früchten der Erlösung die freie Einwilligung der Menschen und die Befolgung einer ihnen vorgeschriebenen Ordnung erfordert werde; Marc. 16, 16. Joh. 3, 15–18. Röm. 1, 16. 1 Cor. 1, 18. welches ohne Kenntnis von derselben nicht möglich war; Joh. 17, 3. so war nöthig, daß Gott die geschehene Erlösung, und die Bedingungen, unter welchen man an ihr Antheil bekommt, bekannt machte. Röm. 10, 13–17. Allein Geschichte |a85| und Erfarung bezeugen, daß diese Bekanntmachung nicht unter allen Völkern aller Zeiten und bey allen Menschen geschehen sey; (§. 7. nr. 6.) und die Bibel lehret, daß dieser Unterschied auf einem freien Rathschlusse , welcher sich auf das untrüglich eingesehene Beste des Ganzen gründet, Röm. 11, 11–32. eben so beruhe in Absicht der Personen und der Zeit, Röm. 8, 30. 9, 11–21. 11, 5. 6. Eph. 1, 4–6. 9. 11. Col. 1, 26. 27. 2 Tim. 1, 9. 1 Cor. 1, 30. 2, 7. Röm. 16, 25. 26. Eph. 3, 10. 11. wie ehemals die den Nachkommen Abrahams vor andern Völkern verliehenen Vorzüge Röm. 3, 1. 2. 9, 4. 5. 11, 1. 2. 28. Eph. 2, 11. 12. einen freien Rathschluß Gottes, nicht aber ein vorhergegangenes vorzügliches Verdienst, zum Grunde hatten. Röm. 9, 11. 12. 129. Gleichwie die Liebe Gottes über alle Menschen sich erstreckt, Joh. 3, 16. Röm. 2, 11. 11, 32. 1 Tim. 2, 4. so verordnete er auch Christum zum Erlöser aller Menschen. Joh. 3, 16. Röm. 5, 15. 18. 2 Cor. 5, 14. 15. 1 Tim. 2, 6. Tit. 2, 11. Weil aber die Natur der Sache mit sich bringet, daß zur wirklichen Theilnehmung an den Früchten der Erlösung die freie Einwilligung der Menschen und die Befolgung einer ihnen vorgeschriebenen Ordnung erfordert werde; Marc. 16, 16. Joh. 3, 15–18. Röm. 1, 16. 1 Cor. 1, 18. welches ohne Kenntnis von derselben nicht möglich war; Joh. 17, 3. so war nöthig, daß Gott die geschehene Erlösung, und die Bedingungen, unter welchen man an ihr Antheil bekommt, bekannt machte. Röm. 10, 13–17. Allein Geschichte |a85| und Erfarung bezeugen, daß diese Bekanntmachung nicht unter allen Völkern aller Zeiten und bey allen Menschen geschehen sey; (§. 7. nr. 6.) und die Bibel lehret, daß dieser Unterschied auf einem freien Rathschlusse , welcher sich auf das untrüglich eingesehene Beste des Ganzen gründet, Röm. 11, 11–32. eben so beruhe in Absicht der Personen und der Zeit, Röm. 8, 30. 9, 11–21. 11, 5. 6. Eph. 1, 4–6. 9. 11. Col. 1, 26. 27. 2 Tim. 1, 9. 1 Cor. 1, 30. 2, 7. Röm. 16, 25. 26. Eph. 3, 10. 11. wie ehemals die den Nachkommen Abrahams vor andern Völkern verliehenen Vorzüge Röm. 3, 1. 2. 9, 4. 5. 11, 1. 2. 28. Eph. 2, 11. 12. einen freien Rathschluß Gottes, nicht aber ein vorhergegangenes vorzügliches Verdienst, zum Grunde hatten. Röm. 9, 11. 12.
130. Durch was für Mittel nun Gott diejenige Menschen zu ihrer grosen Bestimmung führe, welchen die Kenntnis der geschehenen Erlösung, und der Ordnung in welcher man an ihr theilnimmt, mangelt, darüber können wir unbekümmert seyn. Genug, daß es der unendlichen Weisheit nicht an Mitteln hiezu fehlen kan; daß auch sie vernünftige, und mit Fähigkeiten und Anlagen zu höherer Glückseligkeit begnadigte Geschöpfe Gottes sind; daß er der allgütige Vater aller Menschen ohne Unterschied ist, Röm. 10, 12. 1 Tim. 2, 5. Tit. 3, 4. der aller Menschen wahres Wohl ernstlich will; Röm. 11, 32. 1 Tim. 2, 4. 2 Petr. 3, 9. Ezech. 33, 11. Matth. 23, 37. und daß Christus zum Besten aller Menschen gestorben ist. (§. 129. ) Uns kommt nur zu, diejenige Anweisung zur Seligkeit zu wissen und zu befolgen, welche uns Christen in der Bibel gegeben ist; nicht aber andere zu richten und zu verdammen. 130. Durch was für Mittel nun Gott diejenige Menschen zu ihrer grosen Bestimmung führe, welchen die Kenntnis der geschehenen Erlösung, und der Ordnung in welcher man an ihr theilnimmt, mangelt, darüber können wir unbekümmert seyn. Genug, daß es der unendlichen Weisheit nicht an Mitteln hiezu fehlen kan; daß auch sie vernünftige, und mit Fähigkeiten und Anlagen zu höherer Glückseligkeit begnadigte Geschöpfe Gottes sind; daß er der allgütige Vater aller Menschen ohne Unterschied ist, Röm. 10, 12. 1 Tim. 2, 5. Tit. 3, 4. der aller Menschen wahres Wohl ernstlich will; Röm. 11, 32. 1 Tim. 2, 4. 2 Petr. 3, 9. Ezech. 33, 11. Matth. 23, 37. und daß Christus zum Besten aller Menschen gestorben ist. (§. 129. ) Uns kommt nur zu, diejenige Anweisung zur Seligkeit zu wissen und zu befolgen, welche uns Christen in der Bibel gegeben ist; nicht aber andere zu richten und zu verdammen.
131. Von Ewigkeit her ist es der Wille Gottes, daß alle Menschen so vieler Glückseligkeit theilhaftig werden sollen, als nur ihre Empfänglichkeit verstattet; (§. 48. 43. ) folglich ist es auch sein Wille, daß alle |a86| Menschen zur Seligkeit des künftigen Lebens gelangen sollen, die nicht durch unterlassenen Gebrauch der ihnen möglichen Mittel, und durch Widerspenstigkeit gegen die von Gott festgesetzte und ihnen bekannt gemachte Ordnung, sich selbst von derselben ausschließen. Marc. 16, 16. Da nun Gott das freie Verhalten eines jeden einzelnen Menschen in Absicht auf die Ordnung, welche man befolgen muß um selig werden zu können, von Ewigkeit vorhergesehen hat; so weiß er auch von jedem einzelnen Menschen untrüglich voraus, ob auch er werde selig werden, oder nicht. Und da der Rathschluß Gottes über die Welt, alle Dinge und alle Veränderungen derselben, die jemals wirklich werden, umfasset; (§. 67. b.) so sind auch die Schicksale jedes Menschen unmittelbar nach seinem Tode, in diesem ewigen Rathschluße Gottes mit begriffen. Es wird daher auch dieser Theil des göttl. Rathschlußes eben so gewis vollzogen, und ist eben so unveränderlich, als alle andere Theile desselben, weil er auf einer untrüglichen Vorhersehung beruhet, und die einem jeden Menschen vorgeschriebene Ordnung eben so unveränderlich ist, als es der Wille Gottes ist, jeden der sie befolgt, aber auch nur diesen, selig zu machen.131. Von Ewigkeit her ist es der Wille Gottes, daß alle Menschen so vieler Glückseligkeit theilhaftig werden sollen, als nur ihre Empfänglichkeit verstattet; (§. 48. 43. ) folglich ist es auch sein Wille, daß alle |a86| Menschen zur Seligkeit des künftigen Lebens gelangen sollen, die nicht durch unterlassenen Gebrauch der ihnen möglichen Mittel, und durch Widerspenstigkeit gegen die von Gott festgesetzte und ihnen bekannt gemachte Ordnung, sich selbst von derselben ausschließen. Marc. 16, 16. Da nun Gott das freie Verhalten eines jeden einzelnen Menschen in Absicht auf die Ordnung, welche man befolgen muß um selig werden zu können, von Ewigkeit vorhergesehen hat; so weiß er auch von jedem einzelnen Menschen untrüglich voraus, ob auch er werde selig werden, oder nicht. Und da der Rathschluß Gottes über die Welt, alle Dinge und alle Veränderungen derselben, die jemals wirklich werden, umfasset; (§. 67. b.) so sind auch die Schicksale jedes Menschen unmittelbar nach seinem Tode, in diesem ewigen Rathschluße Gottes mit begriffen. Es wird daher auch dieser Theil des göttl. Rathschlußes eben so gewis vollzogen, und ist eben so unveränderlich, als alle andere Theile desselben, weil er auf einer untrüglichen Vorhersehung beruhet, und die einem jeden Menschen vorgeschriebene Ordnung eben so unveränderlich ist, als es der Wille Gottes ist, jeden der sie befolgt, aber auch nur diesen, selig zu machen.