Johann August Ernesti
Institvtio interpretis Novi Testamenti
11761–51809

Der in Leipzig wirkende Johann August Ernesti (1707–1781) zählt zu den führenden biblischen Exegeten der Aufklärungszeit und war an der Ausbildung der historisch-kritischen Methode maßgeblich beteiligt. Neben seinem theologischen Lehramt hatte er Professuren für klassische Literatur sowie für Beredsamkeit inne. Als bedeutender Latinist erwarb er sich den Ehrennamen „Germanorum Cicero“. Unter den zahlreichen akademischen Schülern des interdisziplinär ausstrahlenden Gelehrten finden sich nicht allein namhafte Theologen, sondern auch bedeutende Philologen, Juristen und Pädagogen.

Die in der „Institvtio“ von Ernesti präsentierte biblische Hermeneutik brachte erstmals den Grundsatz, die Auslegung der Bibel sei denselben Methoden verpflichtet wie die Exegese anderer Schriften, zu konsequenter Anwendung. Dabei entwickelte Ernesti das innovative, weithin rezipierte dreigliedrige Interpretationsverfahren, das durch die Freilegung des „sensus grammaticus“ und des „usus loquendi“ sowie der geschichtlichen Einflüsse, die den Text prägen, die Aussageabsicht des biblischen wie nichtbiblischen Verfassers klar zu ermitteln versprach. Für die Geschichte der biblischen, aber ebenso der philosophischen und philologischen Hermeneutik ist dieses Werk von grundlegender Bedeutung.