|a49| Erster Abschnitt.
Philologie.

55.

Philologie begreift – in dem Sinn, wie man das Wort jetzt nimmt – alle Kenntniß der Sprachen und der dabey erforderlichen Hülfsmittel. Sie lehrt also den Ausdruck in einer Sprache verstehen und anwenden, lehrt den Gebrauch des Ausdrucks, in Absicht sowohl auf die damit verbundenen Begriffe, oder den sogenannten Sprachgebrauch, als auch in Absicht auf die Veränderungen der Wörter und ihre Verbindung, oder die Sprachregeln. In so fern sie das letztere thut, nennt man sie auch Grammatik im engsten Verstande.Philologie begreift – in dem Sinn, wie man das Wort jetzt nimmt – alle Kenntniß der Sprachen und der dabey erforderlichen Hülfsmittel. Sie lehrt also den Ausdruck in einer Sprache verstehen und anwenden, lehrt den Gebrauch des Ausdrucks, in Absicht sowohl auf die damit verbundenen Begriffe, oder den sogenannten Sprachgebrauch, als auch in Absicht auf die Veränderungen der Wörter und ihre Verbindung, oder die Sprachregeln. In so fern sie das letztere thut, nennt man sie auch Grammatik im engsten Verstande.
Man weiß, daß Philologie und Grammatik bey den Alten für Litteratur galt; daß man sie nachher auf Kenntniß und Gebrauch der Sprachen einschränkte; daß endlich Philosophie und Rhetorik oder, wenn man will, auch die Aesthetik der Neuern, mit ihr theilte. S. Quinctilianus de instit. oratoria im ersten und zweyten Buch. Nach dieser Theilung hat man der Philosophie, die Untersuchung der allgemeinen Natur der Sprache und des, wenigstens deutlichen, Vortrags; der Rhetorik und noch mehr der Aesthetik, den Unterricht über den sinnlichen Vortrag, und, sofern es dabey auf Sprache ankommt, über den edlern oder auserlesenern Ausdruck, vorbehalten; der Philologie aber besondre Sprachen, und mehr das Mechani|a50|sche derselben, überlassen. So weit also jene Wissenschaften mit Sprache zu thun haben, theilt ihnen die Philologie ihre Producte mit, und erhält hinwiederum nicht nur an den Sachen, die in jenen Wissenschaften erfunden werden, neuen Stoff zum Ausdruck, sondern auch die Kunst ihre eigne Producte zu veredlen und von dem Mechanischen der Sprachen Rechenschaft zu geben, oder es in vernünftige und allgemeine Principien aufzulösen.

56.

Es würde kaum nöthig seyn, zu sagen, wie unumgänglich nothwendig die gründliche Bekanntschaft mit Sprachen sey, wenn der Ueberzeugung davon nicht weit mehr, als vielleicht irgend einer andern Wissenschaft, sehr gangbare und herrschende Vorurtheile entgegenstünden. – Weil der Anfang des Unterrichts bey der Erziehung gemeiniglich mit Sprachen gemacht wird, so mag dies die Ursach seyn, warum vielen dieses Studium bloß für Anfänger zu gehören scheint; so gar anders auch die Art ist, mit der der Verständigere und der Anfänger die nehmliche Sache behandeln kan, und so sehr auch in jener gewöhnlichen Ordnung bey dem Unterricht, das sehr richtige Geständniß liegt, daß Kenntniß der Sprachen die Grundage von allen andern Kenntnissen sey.Es würde kaum nöthig seyn, zu sagen, wie unumgänglich nothwendig die gründliche Bekanntschaft mit Sprachen sey, wenn der Ueberzeugung davon nicht weit mehr, als vielleicht irgend einer andern Wissenschaft, sehr gangbare und herrschende Vorurtheile entgegenstünden. – Weil der Anfang des Unterrichts bey der Erziehung gemeiniglich mit Sprachen gemacht wird, so mag dies die Ursach seyn, warum vielen dieses Studium bloß für Anfänger zu gehören scheint; so gar anders auch die Art ist, mit der der Verständigere und der Anfänger die nehmliche Sache behandeln kan, und so sehr auch in jener gewöhnlichen Ordnung bey dem Unterricht, das sehr richtige Geständniß liegt, daß Kenntniß der Sprachen die Grundage von allen andern Kenntnissen sey.

57.

Wer es der Beschäftigung mit Sprachen zum Vorwurf macht, daß sie so sehr bey Kleinigkeiten verweile; der überlegt nicht, daß man anders nie zur Vollkommenheit aufsteige, als durch den Fortschritt vom Kleinern zum Grössern, und daß |a51| die Vollkommenheit jeder Erkenntniß, wie jeder Kunst, von dem Fleiß abhänge, mit der man selbst die kleinsten Theile bearbeitet. – Wer sie für unfruchtbare, von allem Vergnügen entblössete Beschäftigung hält, beurtheilt die Sache zu sehr nach seinem besondern Geschmack, und verräth eine gewisse Kurzsicht, die es ihm unmöglich macht, mehr zu sehen, als was gleich vor seinen Augen liegt. Jede Beschäftigung, wäre sie auch nur Uebung unserer Kräfte, führt ihr eignes Vergnügen mit sich; wer würde sie verfolgen, wenn sie nicht ihren besondern Reiz hätte? Der grosse Nutzen der gründlichen Sprachkenntniß zeigt sich freylich erst späterhin; aber eben der später erkannte Nutzen und die Erinnerung an die Mühe, die es uns, bis dahin zu kommen, gekostet, gewährt ein so grösseres Vergnügen, je unerwarteter der Nutzen, und je mühsamer er errungen worden ist.Wer es der Beschäftigung mit Sprachen zum Vorwurf macht, daß sie so sehr bey Kleinigkeiten verweile; der überlegt nicht, daß man anders nie zur Vollkommenheit aufsteige, als durch den Fortschritt vom Kleinern zum Grössern, und daß |a51| die Vollkommenheit jeder Erkenntniß, wie jeder Kunst, von dem Fleiß abhänge, mit der man selbst die kleinsten Theile bearbeitet. – Wer sie für unfruchtbare, von allem Vergnügen entblössete Beschäftigung hält, beurtheilt die Sache zu sehr nach seinem besondern Geschmack, und verräth eine gewisse Kurzsicht, die es ihm unmöglich macht, mehr zu sehen, als was gleich vor seinen Augen liegt. Jede Beschäftigung, wäre sie auch nur Uebung unserer Kräfte, führt ihr eignes Vergnügen mit sich; wer würde sie verfolgen, wenn sie nicht ihren besondern Reiz hätte? Der grosse Nutzen der gründlichen Sprachkenntniß zeigt sich freylich erst späterhin; aber eben der später erkannte Nutzen und die Erinnerung an die Mühe, die es uns, bis dahin zu kommen, gekostet, gewährt ein so grösseres Vergnügen, je unerwarteter der Nutzen, und je mühsamer er errungen worden ist.

58.

Und gerade deswegen, weil diese Beschäftigung viele, selbst ins Kleine gehende, Mühe und Fleiß erfordert, an der sich dieser, wie an einem Wetzstein, schärfen kan; gerade darum, weil man da, auf Hoffnung erst mit der Zeit zu erreichender Vortheile, arbeiten lernen muß; und Anfänger nicht genug zum unverdroßnen Fleiß , zur ausharrenden Geduld und zur Hinsicht auf das gewöhnt werden können, was nicht gleich vor Augen ist: sollte man bey diesen Lust zu dieser Beschäftigung zu erwecken suchen, und sie selbst sollten mehr |a52| dem Rath derer folgen, die der Sache kundig sind, als ihrer eigenen Scheu für alles, was mühsam ist, oder nicht unmittelbaren Nutzen oder Vergnügen verspricht, und den Vorspiegelungen dererjenigen, die weder Geschmack daran, noch Kenntniß davon haben; zumal weil nichts mehr hinreißt, als herrschende Vorurtheile, und diese Beschäftigung um so schwerer und abschreckender wird, je länger man sie aufgeschoben hat.Und gerade deswegen, weil diese Beschäftigung viele, selbst ins Kleine gehende, Mühe und Fleiß erfordert, an der sich dieser, wie an einem Wetzstein, schärfen kan; gerade darum, weil man da, auf Hoffnung erst mit der Zeit zu erreichender Vortheile, arbeiten lernen muß; und Anfänger nicht genug zum unverdroßnen Fleiß , zur ausharrenden Geduld und zur Hinsicht auf das gewöhnt werden können, was nicht gleich vor Augen ist: sollte man bey diesen Lust zu dieser Beschäftigung zu erwecken suchen, und sie selbst sollten mehr |a52| dem Rath derer folgen, die der Sache kundig sind, als ihrer eigenen Scheu für alles, was mühsam ist, oder nicht unmittelbaren Nutzen oder Vergnügen verspricht, und den Vorspiegelungen dererjenigen, die weder Geschmack daran, noch Kenntniß davon haben; zumal weil nichts mehr hinreißt, als herrschende Vorurtheile, und diese Beschäftigung um so schwerer und abschreckender wird, je länger man sie aufgeschoben hat.

59.

Wie groß der Einfluß der Sprache auf die Bildung der menschlichen Seele, sowohl auf Verstand, als Herz, sowohl für sich, als durch gegenseitige Mittheilung der Gedanken und Gesinnungen sey, muß einem jeden einleuchten, der selbst zu denken gewohnt ist, und der es darauf anlegt, sich andern auf eine wirksame Art mitzutheilen; und noch einleuchtender macht es der auffallende Unterscheid zwischen sprachfähigen Menschen und sprachlosen Thieren, zwischen taub- oder stummgebohrnen und hörenden oder redenden Menschen, zwischen der Cultur solcher Nationen, die eine reiche, und solcher, die eine arme Sprache haben, nebst dem gleichmäßigen Fortschritt der Geistesbildung bey Kindern, mit dem schnellern oder langsamern Fortgang in der Sprache. Wer also eine Sprache genau und gründlich kennt, und sie in seiner Gewalt hat, kan in dem nehmlichen Grade ein vernünftigerer und besserer Mensch seyn, andre mehr aufklären und bessern, und mehr Nutzen von andrer Unterricht ziehen, als wem es daran fehlt; |a53| und die verabsäumete genaue Kenntniß und Fertigkeit einer Sprache, ist eine Hauptursach, warum man theils selbst zurückbleibt, und auf unrichtige Begriffe und Irrthümer fällt, theils andern nicht fort- oder ihren falschen Vorstellungen und üblen Gesinnungen nicht abhelfen kan.Wie groß der Einfluß der Sprache auf die Bildung der menschlichen Seele, sowohl auf Verstand, als Herz, sowohl für sich, als durch gegenseitige Mittheilung der Gedanken und Gesinnungen sey, muß einem jeden einleuchten, der selbst zu denken gewohnt ist, und der es darauf anlegt, sich andern auf eine wirksame Art mitzutheilen; und noch einleuchtender macht es der auffallende Unterscheid zwischen sprachfähigen Menschen und sprachlosen Thieren, zwischen taub- oder stummgebohrnen und hörenden oder redenden Menschen, zwischen der Cultur solcher Nationen, die eine reiche, und solcher, die eine arme Sprache haben, nebst dem gleichmäßigen Fortschritt der Geistesbildung bey Kindern, mit dem schnellern oder langsamern Fortgang in der Sprache. Wer also eine Sprache genau und gründlich kennt, und sie in seiner Gewalt hat, kan in dem nehmlichen Grade ein vernünftigerer und besserer Mensch seyn, andre mehr aufklären und bessern, und mehr Nutzen von andrer Unterricht ziehen, als wem es daran fehlt; |a53| und die verabsäumete genaue Kenntniß und Fertigkeit einer Sprache, ist eine Hauptursach, warum man theils selbst zurückbleibt, und auf unrichtige Begriffe und Irrthümer fällt, theils andern nicht fort- oder ihren falschen Vorstellungen und üblen Gesinnungen nicht abhelfen kan.

60.

Durch Hülfe der Sprache können wir die Begriffe festhalten, welche wir durch den Eindruck der Dinge empfangen haben, und uns dadurch nicht nur ihrer wieder erinnern, sondern auch allgemeine Begriffe bilden, verworrne auseinandersetzen, und eine stete Verbindung unsrer Vorstellungen bewirken. – Die Sprachen leiten sogar auf neue Begriffe und Entdeckungen, legen wenigstens den Grund zu allgemeinen Begriffen und Sätzen, die zu weitern Betrachtungen ermuntern, und eine fruchtbare Quelle neuer Entdeckungen werden können. – Sie befördern den leichtern Uebergang von einem Begrif zum andern, und stellen ihren Zusammenhang besser dar *) . – Und wer der Sprache mächtig ist, mehrere Begriffe in Ein Wort, oder mehrere Gedanken in wenige Worte zusammen zu drängen versteht, kan nicht nur schneller im Denken fortrücken, und mehr in der Geschwindigkeit übersehen, sondern auch selbst seine Begriffe anschauender, und ihre Wahrheit einleuchtender machen. **) Durch Hülfe der Sprache können wir die Begriffe festhalten, welche wir durch den Eindruck der Dinge empfangen haben, und uns dadurch nicht nur ihrer wieder erinnern, sondern auch allgemeine Begriffe bilden, verworrne auseinandersetzen, und eine stete Verbindung unsrer Vorstellungen bewirken. – Die Sprachen leiten sogar auf neue Begriffe und Entdeckungen, legen wenigstens den Grund zu allgemeinen Begriffen und Sätzen, die zu weitern Betrachtungen ermuntern, und eine fruchtbare Quelle neuer Entdeckungen werden können. – Sie befördern den leichtern Uebergang von einem Begrif zum andern, und stellen ihren Zusammenhang besser dar *) . – Und wer der Sprache mächtig ist, mehrere Begriffe in Ein Wort, oder mehrere Gedanken in wenige Worte zusammen zu drängen versteht, kan nicht nur schneller im Denken fortrücken, und mehr in der Geschwindigkeit übersehen, sondern auch selbst seine Begriffe anschauender, und ihre Wahrheit einleuchtender machen. **)
Anm. 1. Zur Ueberzeugung von der Wahrheit des Meisten, was hier und im Folgenden gesagt ist, auch von andern Vortheilen der Sprache, dienen vorzüglich:
  • |a54| De l'influence des opinions sur le langage et du langage sur les opinions, par Mr. Michaelis, à Breme 1762 in 8.
  • Neues Organon durch J. H. Lambert, Leipzig 1764 in 2 Bänden in gr. 8., Band 2. S. 8 fgg.
  • Joh. George Sulzers vermischte philosophische Schriften, Leipzig 1773 in gr. 8. Theil 1. S. 166 fgg.
  • Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum, von Moses Mendelssohn, Berlin 1783. 8. Abschnitt 2. S. 64 f.
Anm. 2 *). Ein Beyspiel zur Erläuterung der dritten Bemerkung in diesem §. kan die Herleitung der sämtlichen moralischen Eigenschaften Gottes aus dem Begrif seiner Güte, vermittelst der Begriffe des boni physici und moralis abgeben; so wie von der letzten Bemerkung **), die auch in der Theologie eingeführte Schulsprache, z. B. in der Lehre von dem Willen Gottes und der Mitwirkung Gottes bey der Sünde. Die Schriften des Cicero, Tacitus, des Apostels Paulus Phil. 1, 7 in χαρις vergl. mit V. 29 und K. 4, 14. Phil. 1, 21. 2 Kor. 3, 6 fgg. Kap. 4, 12. u. a. bieten mehr dergleichen Exempel dar.

61.

Auf der andern Seite sind die Sprachen, durch die wir unsere Begriffe bekommen, und sie uns geläufig machen, eine ergiebige Quelle von mangelhaften, verworrenen, irrigen Begriffen und Urtheilen. Denn wir müssen eine jede Sprache nehmen wie sie ist, und, weil diese sich nach den Begriffen dererjenigen gebildet hat, welche sie nach und nach erfanden, ihre mangelhaften, ungeläuterten, unentwickelten, und oft ganz falschen Begriffe in Wörter einkleideten, wenig von der Kunst |a55| verstanden, die Sachen durch angemessene Ausdrücke zu bezeichnen, und, um nicht die Wörter zu sehr zu vervielfältigen, sehr oft Einen Ausdruck zur Bezeichnung mehrerer Begriffe brauchten, oft auch, um gewisse Sachen mehr verständlich und anschauend, als bestimmt darzustellen, neuerfundne Ausdrücke den rohern Begriffen des grossen Haufens anschmiegen mußten: so theilten sich alle dabey zum Grunde liegende Fehler oder Unbequemlichkeiten der Sprache mit, und wurden durch sie so gangbar, daß es eben so viel Mühe kostet, diese Fehler zu entdecken, als sie durch allerley Gegenanstalten zu heben.Auf der andern Seite sind die Sprachen, durch die wir unsere Begriffe bekommen, und sie uns geläufig machen, eine ergiebige Quelle von mangelhaften, verworrenen, irrigen Begriffen und Urtheilen. Denn wir müssen eine jede Sprache nehmen wie sie ist, und, weil diese sich nach den Begriffen dererjenigen gebildet hat, welche sie nach und nach erfanden, ihre mangelhaften, ungeläuterten, unentwickelten, und oft ganz falschen Begriffe in Wörter einkleideten, wenig von der Kunst |a55| verstanden, die Sachen durch angemessene Ausdrücke zu bezeichnen, und, um nicht die Wörter zu sehr zu vervielfältigen, sehr oft Einen Ausdruck zur Bezeichnung mehrerer Begriffe brauchten, oft auch, um gewisse Sachen mehr verständlich und anschauend, als bestimmt darzustellen, neuerfundne Ausdrücke den rohern Begriffen des grossen Haufens anschmiegen mußten: so theilten sich alle dabey zum Grunde liegende Fehler oder Unbequemlichkeiten der Sprache mit, und wurden durch sie so gangbar, daß es eben so viel Mühe kostet, diese Fehler zu entdecken, als sie durch allerley Gegenanstalten zu heben.
Daher unter andern 1) die Ausdrücke, welche die Sachen, nicht nach Untersuchung ihrer wahren Natur und Ursachen, sondern nach den Vorstellungen der Sinne und der Einbildungskraft bezeichnen, wie die, welche natürliche Dinge, Eigenschaften und Handlungen Gottes, Geister und dergleichen betreffen. 2) Die, welche sogar leicht falsche Nebenbegriffe erregen, wohin sonderlich bildliche Ausdrücke gehören, vornehmlich solche, die Gott und göttliche Dinge durch ähnliche bezeichnen sollen, als der Mißverstand in den Ausdrücken: Beleidigung und Versöhnung Gottes; Gott hat alles zu seiner Ehre erschaffen, Gottesdienst, Furcht Gottes u. a. 3) Die vieldeutigen Ausdrücke, als νόμος, πνεῦμα, ὑιοὶ Θεοῦ, ἄγγελοι u. dgl.

62.

Diese Schwierigkeiten vermehren sich zuvörderst durch die Menge sehr verschiedner Sprachen, und weil bey den Ausdrücken der einen Sprache nicht gerade die Vorstellungen zum Grunde liegen, |a56| welche zu den Ausdrücken in der andern Gelegenheit gaben: so ist es oft unmöglich, oft wenigstens schwer, den Ausdrücken in der einen, vollkommen angemessene Ausdrücke in der andern unterzulegen, oder zu verhüten, daß sich der Mißverstand aus einer nicht in die andere fortpflanze.Diese Schwierigkeiten vermehren sich zuvörderst durch die Menge sehr verschiedner Sprachen, und weil bey den Ausdrücken der einen Sprache nicht gerade die Vorstellungen zum Grunde liegen, |a56| welche zu den Ausdrücken in der andern Gelegenheit gaben: so ist es oft unmöglich, oft wenigstens schwer, den Ausdrücken in der einen, vollkommen angemessene Ausdrücke in der andern unterzulegen, oder zu verhüten, daß sich der Mißverstand aus einer nicht in die andere fortpflanze.
Beyspiele, wie viel Mißverstand hieraus entstehe, können 1) schon die unrichtigen, meist nach der Etymologie eingerichteten, Uebersetzungen der Wörter ἐκλέξασθαι und ἐκλεκτοὶ Röm. 9 und anderwärts, ἀναξίως 1 Kor. 11, 27 (welches mit μὴ διακρίνων τὸ σῶμα τ. Κυρίου V. 29 und mit Matth. 3, 8 hätte verglichen und nicht unwürdig, sondern unanständig oder ungebührlich hätte gegeben werden sollen), σκανδυλίξειν 1 Kor. 8. Röm. 14 [(]nicht: jemand ärgern, welches ein Mißfallen, sondern: ihm Gelegenheit zur Versündigung geben, welches ein Wohlgefallen des andern an unserm Betragen und eine Nachahmung desselben, anzeigt), und der Redensarten der heil. Schrift seyn die Gott zum Urheber des Bösen zu machen scheinen, welche durch die ähnlichen Ausdrücke Apostelgesch. 13, 29 und K. 1, 18 mehr Licht erhalten. Noch mehr 2) die unbestimmten d. i. solche Ausdrücke, deren Umfang nicht einleuchtend oder nicht angegeben ist, und welche daher in einer Sprache oft weiter oder eingeschränkter genommen werden als sie in der andern gebraucht sind. Zum Beyspiel dienten die Wörter θεοδίδακτοι Joh. 6, 45 und θεόπνευστος 2 Tim. 3, 16, die nur zu oft auf unmittelbare Offenbarung und Einfluß eingeschränkt werden, und ἀπιστια, welches ganz wider den Sprachgebrauch der heil. Schrift auch auf die ausgedehnt wird, die keine Kenntniß von den geoffenbarten Lehren erlangt haben.

|a57| 63.

Ausserdem giebts in mehrern Sprachen wieder besondere Gattungen, die entweder durch besondre Gegenstände der Erkenntniß, welche in der gemeinen Sprache nicht bezeichnet waren, oder dadurch nothwendig worden sind, daß man das Mangel- und Fehlerhafte der gemeinen Sprache verbessern wollte. Solche Gattungen sind die Kirchen- und Gelehrten-Sprache; ja gewissermassen hat jeder in seiner Art originelle Schriftsteller seine eigene Sprache. Hiedurch wird eine Sprache noch weitläuftiger, folglich noch schwerer, und selbst der Mißverstand kan dadurch zunehmen. Denn, weil dadurch die Bedeutungen Eines Ausdrucks vervielfältigt, und die Begriffe in der besondern Sprache von denen in der gemeinen Sprache verschieden werden: so wird auch die Verwechselung leichter. Ja selbst die Bestimmung, welche man in der besondern Sprache einem Ausdruck gegeben hat, ist oft dem Sprachgebrauch in der gemeinen, oder in einer andern besondern Sprache nicht gemäß, und bringt dadurch Mißverstand aus jener in diese.Ausserdem giebts in mehrern Sprachen wieder besondere Gattungen, die entweder durch besondre Gegenstände der Erkenntniß, welche in der gemeinen Sprache nicht bezeichnet waren, oder dadurch nothwendig worden sind, daß man das Mangel- und Fehlerhafte der gemeinen Sprache verbessern wollte. Solche Gattungen sind die Kirchen- und Gelehrten-Sprache; ja gewissermassen hat jeder in seiner Art originelle Schriftsteller seine eigene Sprache. Hiedurch wird eine Sprache noch weitläuftiger, folglich noch schwerer, und selbst der Mißverstand kan dadurch zunehmen. Denn, weil dadurch die Bedeutungen Eines Ausdrucks vervielfältigt, und die Begriffe in der besondern Sprache von denen in der gemeinen Sprache verschieden werden: so wird auch die Verwechselung leichter. Ja selbst die Bestimmung, welche man in der besondern Sprache einem Ausdruck gegeben hat, ist oft dem Sprachgebrauch in der gemeinen, oder in einer andern besondern Sprache nicht gemäß, und bringt dadurch Mißverstand aus jener in diese.
So drückt Person, als Suppositum intelligens erklärt, in der Lehre von der Trinität, und Natur, dem Erlöser der Menschen beygelegt, einen ganz andern Begrif aus, als Person im gemeinen Leben und Natur in der Metaphysik. – So schließt Zurechnung, wie es Paulus Röm. 5 braucht, weder den Begrif vom Urheber einer freyen Handlung noch einmal den Begrif von Strafe in sich, welches beydes sonst an dem Worte hängt; und φυσις Ephes. 2, 3 hat einen ganz andern Sinn, als wenn man in der Theologie Natur und Gnade |a58| einander entgegensetzt. – Selbst diese zwey Beyspiele und die bekannten Arianischen, Nestorianischen und Monophysitischen Streitigkeiten über die Wörter ὁμοoύσιος, Θεοτόκος und φῦσις können eine Erläuterung der zweyten Hälfte des §. abgeben.

64.

Wenn nun die Bildung unseres eigenen Verstandes, und die Lücken, Vorurtheile und falschen Wendungen unserer Erkenntniß so sehr von unserer Sprache abhängen: so muß ungemein viel daran liegen, daß man die Sprache, worin man zu denken gewohnt ist, sorgfältig studiert habe, um dem Mißverstand, der daraus entstehen kan, auf die Spur zu kommen, und alle Vortheile zu geniessen, die eine Sprache giebt; daß man selbst, wenn man es kan, mehrere Sprachen so studiere, nicht nur um das brauchen zu können, was in solchen gesagt oder geschrieben wird, sondern auch um durch die eine die andre mehr aufzuklären, und durch Hülfe der einen das Fehlerhafte der andern zu entdecken, und daraus möglichst zu verbessern; daß man endlich den Fehlern seiner eigenthümlichen Sprache so viel abhelfe, als es ihre Natur und Verständlichkeit für die, welche sie ebenfalls brauchen, erlaubt. Daß ein solches Sprachstudium nichts weniger als blosses Geschäfte des Gedächtnisses, daß es sehr schwer sey, und daß es keine gemeine Fähigkeiten erfordre, erhellet eben daraus.Wenn nun die Bildung unseres eigenen Verstandes, und die Lücken, Vorurtheile und falschen Wendungen unserer Erkenntniß so sehr von unserer Sprache abhängen: so muß ungemein viel daran liegen, daß man die Sprache, worin man zu denken gewohnt ist, sorgfältig studiert habe, um dem Mißverstand, der daraus entstehen kan, auf die Spur zu kommen, und alle Vortheile zu geniessen, die eine Sprache giebt; daß man selbst, wenn man es kan, mehrere Sprachen so studiere, nicht nur um das brauchen zu können, was in solchen gesagt oder geschrieben wird, sondern auch um durch die eine die andre mehr aufzuklären, und durch Hülfe der einen das Fehlerhafte der andern zu entdecken, und daraus möglichst zu verbessern; daß man endlich den Fehlern seiner eigenthümlichen Sprache so viel abhelfe, als es ihre Natur und Verständlichkeit für die, welche sie ebenfalls brauchen, erlaubt. Daß ein solches Sprachstudium nichts weniger als blosses Geschäfte des Gedächtnisses, daß es sehr schwer sey, und daß es keine gemeine Fähigkeiten erfordre, erhellet eben daraus.

65.

Und weil unsre Neigungen ganz durch unsre Vorstellungen gestimmt werden, diese Vorstellun|a59|gen aber inniglich mit der Sprache verbunden sind: so muß die Sprache selbst über das Herz grosse Gewalt haben. Je edler ein Ausdruck ist, je anschauender er die Sachen darstellt, je fruchtbarer er ist, das heißt, je mehr Begriffe er erregt, die Licht, Anmuth und Interesse in die Vorstellung bringen, je passender, bestimmter und schöner er ist: desto mehr wirkt er aufs Herz; so wie hingegen unedle, verworrene, kraftlose, unschickliche Ausdrücke das Herz entweder kalt lassen, oder gar gegen die beste Sache einnehmen.Und weil unsre Neigungen ganz durch unsre Vorstellungen gestimmt werden, diese Vorstellun|a59|gen aber inniglich mit der Sprache verbunden sind: so muß die Sprache selbst über das Herz grosse Gewalt haben. Je edler ein Ausdruck ist, je anschauender er die Sachen darstellt, je fruchtbarer er ist, das heißt, je mehr Begriffe er erregt, die Licht, Anmuth und Interesse in die Vorstellung bringen, je passender, bestimmter und schöner er ist: desto mehr wirkt er aufs Herz; so wie hingegen unedle, verworrene, kraftlose, unschickliche Ausdrücke das Herz entweder kalt lassen, oder gar gegen die beste Sache einnehmen.

66.

Alle Vortheile und Unbequemlichkeiten der Sprache ergiessen sich auch in den Vortrag und die Mittheilung der Gedanken an Andere. – Wie viele Irrthümer, unnöthige und verworrne Untersuchungen, selbst wie viele Erbitterung und Argwohn, entstehen aus blossen Mißverstand? der eben sowohl durch unbequeme Ausdrücke erregt als von Andern aus ihnen geschöpft, und doch durch schicklichere Wörter oder bestimmtere Erklärungen verhütet oder gehoben werden kan. – Wie viel helfen deutliche und unzweydeutige oder von falschen Nebenbegriffen freye Wörter, bestimmte Erklärungen und Claßification der Dinge, die nur durch Wörter geschehen kan, den Begrif deutlich, und Sachen kenntlich zu machen, oder zu vergegenwärtigen? – Wie viel besser drücken sich die Sachen durch bestimmte Wörter, durch bildliche Ausdrücke, durch körnichte Sentenzen, dem Gedächtniß und der Einbildungskraft ein? – Wenn der dunkle, ver|a60|wirrte, matte und weitschweifige Vortrag, der immer mit von Armuth und Ohnmacht der Sprache herrührt, ermüdet, das Denken erschwert, und selbst die vorgetragenen Sachen verleidet: so unterhält die Deutlichkeit, die Fülle der Wörter und die gedrängte Kürze, die Aufmerksamkeit, und giebt den Sachen einen gewissen Reiz, der die Theilnehmung befördert. – Und wie sehr erweckt der klare, bestimmte, einleuchtende und gleichsam theilnehmende Ausdruck des Redenden, auch das Vertrauen, daß er seine Sache verstehe, von ihrer Wahrheit überzeugt, und von ihrem Werthe durchdrungen sey, ein Vertrauen, daß für die Wahrheit und Treflichkeit des Gesagten den Zuhörer sehr einnehmen muß. – Wenn auch kein andrer so viel Ursache hätte, darnach zu trachten, daß er seiner Sprache mächtig würde: so sollte es der, der Lehrer der Religion seyn will. Wäre auch der Schade so groß nicht, den der Lehrer sonst gegen seinen Willen stiften kan: so thut er zur Empfehlung der Religion bey weiten nicht so viel, als er könnte, wenn er mehr Kraft der Sprache in seiner Gewalt hätte.Alle Vortheile und Unbequemlichkeiten der Sprache ergiessen sich auch in den Vortrag und die Mittheilung der Gedanken an Andere. – Wie viele Irrthümer, unnöthige und verworrne Untersuchungen, selbst wie viele Erbitterung und Argwohn, entstehen aus blossen Mißverstand? der eben sowohl durch unbequeme Ausdrücke erregt als von Andern aus ihnen geschöpft, und doch durch schicklichere Wörter oder bestimmtere Erklärungen verhütet oder gehoben werden kan. – Wie viel helfen deutliche und unzweydeutige oder von falschen Nebenbegriffen freye Wörter, bestimmte Erklärungen und Claßification der Dinge, die nur durch Wörter geschehen kan, den Begrif deutlich, und Sachen kenntlich zu machen, oder zu vergegenwärtigen? – Wie viel besser drücken sich die Sachen durch bestimmte Wörter, durch bildliche Ausdrücke, durch körnichte Sentenzen, dem Gedächtniß und der Einbildungskraft ein? – Wenn der dunkle, ver|a60|wirrte, matte und weitschweifige Vortrag, der immer mit von Armuth und Ohnmacht der Sprache herrührt, ermüdet, das Denken erschwert, und selbst die vorgetragenen Sachen verleidet: so unterhält die Deutlichkeit, die Fülle der Wörter und die gedrängte Kürze, die Aufmerksamkeit, und giebt den Sachen einen gewissen Reiz, der die Theilnehmung befördert. – Und wie sehr erweckt der klare, bestimmte, einleuchtende und gleichsam theilnehmende Ausdruck des Redenden, auch das Vertrauen, daß er seine Sache verstehe, von ihrer Wahrheit überzeugt, und von ihrem Werthe durchdrungen sey, ein Vertrauen, daß für die Wahrheit und Treflichkeit des Gesagten den Zuhörer sehr einnehmen muß. – Wenn auch kein andrer so viel Ursache hätte, darnach zu trachten, daß er seiner Sprache mächtig würde: so sollte es der, der Lehrer der Religion seyn will. Wäre auch der Schade so groß nicht, den der Lehrer sonst gegen seinen Willen stiften kan: so thut er zur Empfehlung der Religion bey weiten nicht so viel, als er könnte, wenn er mehr Kraft der Sprache in seiner Gewalt hätte.

67.

Sofern endlich Sprachen der Canal sind, durch den uns alle Kenntnisse zugeführet werden, die wir von Andern empfangen, sofern theilt sich uns, |a61| je nachdem wir solche Sprachen genau oder obenhin verstehen, alles Gute und Nachtheilige mit, was diese Sprachen bey sich führen. Denn, da dasjenige, was in der mittheilenden Sprache liegt, in unsre eigene übergetragen wird, oder die Begriffe, welche der Andere mit seinen Wörtern verknüpft, in unsre eignen, immer an Sprache gebundne, Begriffe verwandelt werden müssen: so entgehet uns nicht nur, falls wir jener Sprache nicht recht kundig sind, das, was uns durch sie mitgetheilet werden könnte, und das Fehlerhafte jener Sprache schleicht sich mit in unsre Sprache, und so mit in unsre Erkenntniß, selbst oft in unser Herz; sondern wir selbst vermischen auch dieses Mitgetheilte, wenn es nicht schon vor sich trübe ist, mit so viel fremden Theilen aus unsern Vorstellungen, daß es unmöglich rein zu uns kommen kann. – Soll nun insbesondere ein Lehrer der Religion und des Christenthums seine Kenntnisse vornemlich aus der heiligen Schrift schöpfen; soll er die kirchliche Theologie und die verschiedenen Meinungen über gewisse Lehren verstehen, und selbst das, was von seinen Vorstellungen abweicht, richtig beurtheilen; soll er in der Geschichte und sonst die Quellen der Wahrheit gehörig benutzen: so muß er nothwendig theils die Sprache Andrer so studiert haben, daß er ihr Gutes und Fehlerhaftes genau kenne, theils seiner eignen Sprache so kundig seyn, daß er wisse, ob und wie weit sie mit jener übereinkomme, oder davon abgehe. Sonst ist Mißverstand durchaus unvermeidlich. Man bauet auf Ausdrücke der heiligen Schrift Meinungen und Theorien, an welche |a62| die heiligen Schriftsteller nie gedacht haben, und giebt menschliche Irrthümer für göttliche Wahrheit aus, sieht alles aus einem falschen Gesichtspunct an, verwickelt sich in Wortstreit, und bestreitet oft oder fährt zurück vor dem, was man dulden, oder mit Dank annehmen sollte. Man erdichtet Begebenheiten und Meinungen, die nie gewesen sind.Sofern endlich Sprachen der Canal sind, durch den uns alle Kenntnisse zugeführet werden, die wir von Andern empfangen, sofern theilt sich uns, |a61| je nachdem wir solche Sprachen genau oder obenhin verstehen, alles Gute und Nachtheilige mit, was diese Sprachen bey sich führen. Denn, da dasjenige, was in der mittheilenden Sprache liegt, in unsre eigene übergetragen wird, oder die Begriffe, welche der Andere mit seinen Wörtern verknüpft, in unsre eignen, immer an Sprache gebundne, Begriffe verwandelt werden müssen: so entgehet uns nicht nur, falls wir jener Sprache nicht recht kundig sind, das, was uns durch sie mitgetheilet werden könnte, und das Fehlerhafte jener Sprache schleicht sich mit in unsre Sprache, und so mit in unsre Erkenntniß, selbst oft in unser Herz; sondern wir selbst vermischen auch dieses Mitgetheilte, wenn es nicht schon vor sich trübe ist, mit so viel fremden Theilen aus unsern Vorstellungen, daß es unmöglich rein zu uns kommen kann. – Soll nun insbesondere ein Lehrer der Religion und des Christenthums seine Kenntnisse vornemlich aus der heiligen Schrift schöpfen; soll er die kirchliche Theologie und die verschiedenen Meinungen über gewisse Lehren verstehen, und selbst das, was von seinen Vorstellungen abweicht, richtig beurtheilen; soll er in der Geschichte und sonst die Quellen der Wahrheit gehörig benutzen: so muß er nothwendig theils die Sprache Andrer so studiert haben, daß er ihr Gutes und Fehlerhaftes genau kenne, theils seiner eignen Sprache so kundig seyn, daß er wisse, ob und wie weit sie mit jener übereinkomme, oder davon abgehe. Sonst ist Mißverstand durchaus unvermeidlich. Man bauet auf Ausdrücke der heiligen Schrift Meinungen und Theorien, an welche |a62| die heiligen Schriftsteller nie gedacht haben, und giebt menschliche Irrthümer für göttliche Wahrheit aus, sieht alles aus einem falschen Gesichtspunct an, verwickelt sich in Wortstreit, und bestreitet oft oder fährt zurück vor dem, was man dulden, oder mit Dank annehmen sollte. Man erdichtet Begebenheiten und Meinungen, die nie gewesen sind.

68.

Bey Erlernung der Sprachen überhaupt kommt alles an – auf genaue Sprachregeln, – auf vernünftige Lesung guter Schriften in einer solchen Sprache – und auf eigne Uebung im genauern Uebersetzen, Schreiben oder Reden. – Daß die eigne Uebung dem Lesen nachstehen müsse, versteht sich von selbst. – In Absicht auf die Sprachregeln aber scheint es weder rathsam, sich damit allein oder weitläuftig aufzuhalten, ehe man irgend einen Anfang mit Lesen guter Schriften selbst macht; noch sie ganz auszusetzen bis man erst einige Fertigkeit erlangt hat, Bücher in einer Sprache zu lesen, oder sich, wenigstens nothdürftig, darin auszudrücken, noch auch sie erst mit dem Lesen zu verbinden.Bey Erlernung der Sprachen überhaupt kommt alles an – auf genaue Sprachregeln, – auf vernünftige Lesung guter Schriften in einer solchen Sprache – und auf eigne Uebung im genauern Uebersetzen, Schreiben oder Reden. – Daß die eigne Uebung dem Lesen nachstehen müsse, versteht sich von selbst. – In Absicht auf die Sprachregeln aber scheint es weder rathsam, sich damit allein oder weitläuftig aufzuhalten, ehe man irgend einen Anfang mit Lesen guter Schriften selbst macht; noch sie ganz auszusetzen bis man erst einige Fertigkeit erlangt hat, Bücher in einer Sprache zu lesen, oder sich, wenigstens nothdürftig, darin auszudrücken, noch auch sie erst mit dem Lesen zu verbinden.

69.

Das erste würde nicht nur, wegen Trockenheit dieser Beschäftigung, die Erlernung der Sprache sehr verleiden; es würden auch die Vortheile verlohren gehn, die aus Verbindung der Regeln mit dem Lesen entspringen, wobey man gleich die Regeln in der Anwendung, folglich auch ihren |a63| Nutzen und die Art, wie sie anzuwenden sind, besser absieht. – Das zweyte ist noch schlimmer. Denn es ist unmöglich, recht sicher zu erklären oder sich recht auszudrücken, wo man keine Regeln vor sich hat, nach welchen man es thut, und wonach man wieder in ähnlichen Fällen verfahren kan; auch lassen sich angenommene Fehler viel schwerer hinterher ablegen, als gleich anfangs verhüten, und je länger man eine für die meisten wenig unterhaltende Beschäftigung aufgeschoben hat, je lästiger wird sie hinterdrein, zumahl wenn die Seele, durch fast stete Beschäftigung mit dem, was den Sinnen und der Einbildungskraft schmeichelt, verstimmt worden ist. Es ist auch nicht abzusehen, wie man bey dem Lesen um einer Sprache willen fortkommen könne, ohne das Allgemeine oder die Natur einer solchen Sprache vorläufig zu kennen, vornemlich wenn man eine Sprache vor sich selbst lernen muß. Wenigstens ists viel schwerer und unangenehmer, einzle Beobachtungen in der Sprache zu fassen, und sie zu ordnen, wenn man noch nicht weiß wohin man sie beziehen, oder an welche allgemeine Begriffe man sie anreihen soll. Viel leichter ists auch und man bekommt eher etwas Ganzes in der Sprache, wenn man Regeln, die in einer gewissen Beziehung und Zusammenhang unter einander stehen, in diesem Zusammenhang übersieht. Endlich wird selbst das Lesen weit angenehmer, wenn man aus den Sprachregeln gleich Grund anzugeben weiß, warum man die Wörter so oder so verstehen und verbinden müsse und man gewöhnt sich mehr an eine philosophische Behandlung der |a64| Sprache, die dem denkenden Kopf eine gewisse Unterhaltung giebt, welche man bey der bloß mechanischen Behandlung derselben verliert. – Selbst die dritte Art, erst bey dem Lesen die Regeln sich beyläufig bekannt zu machen, ob sie gleich weit besser ist als jene beyden, hat den Nachtheil mit der zweyten gemein, daß das Lesen aus Mangel der nöthigen grammatischen Vorerkenntnisse sehr erschwert wird, und man den Vortheil der zusammenhängenden Einsicht der Regeln entbehrt. Es zerstreut aber auch zu sehr, wenn man bey dem Lesen bald auf einzle Wörter und ihre Bedeutung in und ausser der Verbindung, bald auf ihre grammatische Bildung und Verknüpfung acht haben muß. Das erste würde nicht nur, wegen Trockenheit dieser Beschäftigung, die Erlernung der Sprache sehr verleiden; es würden auch die Vortheile verlohren gehn, die aus Verbindung der Regeln mit dem Lesen entspringen, wobey man gleich die Regeln in der Anwendung, folglich auch ihren |a63| Nutzen und die Art, wie sie anzuwenden sind, besser absieht. – Das zweyte ist noch schlimmer. Denn es ist unmöglich, recht sicher zu erklären oder sich recht auszudrücken, wo man keine Regeln vor sich hat, nach welchen man es thut, und wonach man wieder in ähnlichen Fällen verfahren kan; auch lassen sich angenommene Fehler viel schwerer hinterher ablegen, als gleich anfangs verhüten, und je länger man eine für die meisten wenig unterhaltende Beschäftigung aufgeschoben hat, je lästiger wird sie hinterdrein, zumahl wenn die Seele, durch fast stete Beschäftigung mit dem, was den Sinnen und der Einbildungskraft schmeichelt, verstimmt worden ist. Es ist auch nicht abzusehen, wie man bey dem Lesen um einer Sprache willen fortkommen könne, ohne das Allgemeine oder die Natur einer solchen Sprache vorläufig zu kennen, vornemlich wenn man eine Sprache vor sich selbst lernen muß. Wenigstens ists viel schwerer und unangenehmer, einzle Beobachtungen in der Sprache zu fassen, und sie zu ordnen, wenn man noch nicht weiß wohin man sie beziehen, oder an welche allgemeine Begriffe man sie anreihen soll. Viel leichter ists auch und man bekommt eher etwas Ganzes in der Sprache, wenn man Regeln, die in einer gewissen Beziehung und Zusammenhang unter einander stehen, in diesem Zusammenhang übersieht. Endlich wird selbst das Lesen weit angenehmer, wenn man aus den Sprachregeln gleich Grund anzugeben weiß, warum man die Wörter so oder so verstehen und verbinden müsse und man gewöhnt sich mehr an eine philosophische Behandlung der |a64| Sprache, die dem denkenden Kopf eine gewisse Unterhaltung giebt, welche man bey der bloß mechanischen Behandlung derselben verliert. – Selbst die dritte Art, erst bey dem Lesen die Regeln sich beyläufig bekannt zu machen, ob sie gleich weit besser ist als jene beyden, hat den Nachtheil mit der zweyten gemein, daß das Lesen aus Mangel der nöthigen grammatischen Vorerkenntnisse sehr erschwert wird, und man den Vortheil der zusammenhängenden Einsicht der Regeln entbehrt. Es zerstreut aber auch zu sehr, wenn man bey dem Lesen bald auf einzle Wörter und ihre Bedeutung in und ausser der Verbindung, bald auf ihre grammatische Bildung und Verknüpfung acht haben muß.
Man wird hoffentlich nicht vergessen, daß hier von der besten Art Sprachen zu lernen, nicht für Kinder, sondern für Erwachsene, nicht zur Bildung künftiger Schwätzer, sondern künftiger Gelehrten, die Rede sey, sonderlich auf den Fall, wenn letztere vor sich Sprachen lernen wollen. Bey solchen kann man ohnehin schon theils die Kenntniß der nothwendigsten Begriffe von Sprachen und Bekanntschaft mit Behandlung einer Sprache, theils eigenen Trieb und Lust zum Sprachstudium, voraussetzen; und dadurch fallen die Schwierigkeiten noch mehr weg, die man dem hier gesagten entgegen stellen möchte.

70.

Die Mittelstrasse würde also auch hier wohl die beste seyn; wenn man erst die nothwendigsten Regeln einer besondern Sprache sich bekannt machte, sich alsdenn gleich zur Lesung leichter Schriften |a65| wendete, und bey dieser theils auf die Anwendung jener Regeln sähe, theils das Uebrige von den zurückgelassenen Regeln gelegentlich nachholte. Zu diesem nothwendigsten könnte man das eigentliche Lesen und die gewöhnlichsten Beugungen und Verbindungen der Wörter, sonderlich die gewöhnlichen Abänderungen der Nenn- und Zeitwörter und die allerersten Regeln des Syntax rechnen. Nur müßte man die Regeln sich mit mehreren Beyspielen, wodurch jene anschaulich würden, eindrücken, oder vielmehr sie aus solchen Beyspielen abziehen, und, wenn man in einer solchen Sprache Anderer Unterricht geniessen könnte, sich in ähnlichen Formen nach solchen Regeln üben.Die Mittelstrasse würde also auch hier wohl die beste seyn; wenn man erst die nothwendigsten Regeln einer besondern Sprache sich bekannt machte, sich alsdenn gleich zur Lesung leichter Schriften |a65| wendete, und bey dieser theils auf die Anwendung jener Regeln sähe, theils das Uebrige von den zurückgelassenen Regeln gelegentlich nachholte. Zu diesem nothwendigsten könnte man das eigentliche Lesen und die gewöhnlichsten Beugungen und Verbindungen der Wörter, sonderlich die gewöhnlichen Abänderungen der Nenn- und Zeitwörter und die allerersten Regeln des Syntax rechnen. Nur müßte man die Regeln sich mit mehreren Beyspielen, wodurch jene anschaulich würden, eindrücken, oder vielmehr sie aus solchen Beyspielen abziehen, und, wenn man in einer solchen Sprache Anderer Unterricht geniessen könnte, sich in ähnlichen Formen nach solchen Regeln üben.

71.

Hätte man die nothwendigsten Sprachgesetze in seiner Gewalt: so wäre es Zeit, gleich zur Lesung der Schriften in einer solchen Sprache fortzuschreiten (§. 68 ), wodurch man das Meiste, auch in Absicht auf die Sprache, und es aufs beste, lernen kan. Das Meiste; weil man, ausser den Sachen, Wörter mit ihren verschiednen Bedeutungen, Einschränkungen und jedesmaligen schicklichsten Gebrauch, *) weise Mannigfaltigkeit des Ausdrucks, Regeln einer Sprache, ihre Anwendung und ihre Ausnahmen, das Eigenthümliche einer Sprache mit ihrem Unterschied von andern, und die verschiedentlichen Falten und Entwickelungen des menschlichen Geistes und Herzens, welche auf den Ausdruck wirken und durch ihn veranlasset werden, zugleich kennen lernt. Aufs beste; |a66| weil Beyspiele immer deutlicher, unterhaltender und eindrücklicher sind, und der Umgang mit verständigen, rechtschaffenen und gesitteten Menschen mehr zur Bildung beyträgt, als allgemeine Regeln und Kenntnisse; weil erst durch das fleißige Lesen Sprachkenntniß etwas Ganzes wird; und weil selbst Regeln, so wie einzle Wörter und Redensarten, erst durch die Verbindung in Schriften recht deutlich werden und die nöthige Bestimmung und Abänderung bekommen.Hätte man die nothwendigsten Sprachgesetze in seiner Gewalt: so wäre es Zeit, gleich zur Lesung der Schriften in einer solchen Sprache fortzuschreiten (§. 68 ), wodurch man das Meiste, auch in Absicht auf die Sprache, und es aufs beste, lernen kan. Das Meiste; weil man, ausser den Sachen, Wörter mit ihren verschiednen Bedeutungen, Einschränkungen und jedesmaligen schicklichsten Gebrauch, *) weise Mannigfaltigkeit des Ausdrucks, Regeln einer Sprache, ihre Anwendung und ihre Ausnahmen, das Eigenthümliche einer Sprache mit ihrem Unterschied von andern, und die verschiedentlichen Falten und Entwickelungen des menschlichen Geistes und Herzens, welche auf den Ausdruck wirken und durch ihn veranlasset werden, zugleich kennen lernt. Aufs beste; |a66| weil Beyspiele immer deutlicher, unterhaltender und eindrücklicher sind, und der Umgang mit verständigen, rechtschaffenen und gesitteten Menschen mehr zur Bildung beyträgt, als allgemeine Regeln und Kenntnisse; weil erst durch das fleißige Lesen Sprachkenntniß etwas Ganzes wird; und weil selbst Regeln, so wie einzle Wörter und Redensarten, erst durch die Verbindung in Schriften recht deutlich werden und die nöthige Bestimmung und Abänderung bekommen.
*) Gedanken vom Vocabellernen - - von Martin Ehlers, Altona 1770 in 8.

72.

Die Frage: Wie soll man Schriften aufs nutzbarste lesen? kommt hier nur so weit in Anschlag, als durch dieses Lesen unsre Sprachkenntniß gebildet, das heißt, die Geschicklichkeit erlangt werden soll, eine Sprache wohl zu verstehen und sich darin auszudrücken. In dieser Absicht muß man zuerst auf gutgeschriebene, d. i. solche Schriften sehen, worin eben so viel Fleiß auf den Ausdruck als auf die Sachen gewendet worden ist, die daher in ihrer Art musterhaft oder classisch heissen können; hernach von den leichtern zu den schwerern, d. i. zu solchen, fortgehen, die schon mehrere und reifere Kenntniß der Sprache erfordern, in der sie geschrieben sind.Die Frage: Wie soll man Schriften aufs nutzbarste lesen? kommt hier nur so weit in Anschlag, als durch dieses Lesen unsre Sprachkenntniß gebildet, das heißt, die Geschicklichkeit erlangt werden soll, eine Sprache wohl zu verstehen und sich darin auszudrücken. In dieser Absicht muß man zuerst auf gutgeschriebene, d. i. solche Schriften sehen, worin eben so viel Fleiß auf den Ausdruck als auf die Sachen gewendet worden ist, die daher in ihrer Art musterhaft oder classisch heissen können; hernach von den leichtern zu den schwerern, d. i. zu solchen, fortgehen, die schon mehrere und reifere Kenntniß der Sprache erfordern, in der sie geschrieben sind.
Anm. 1. Ob man gleich gute Schriften auch, und meistens mehr, wegen der Sachen lieset: so gehören doch Vorschläge, wie man sie in Rücksicht auf die Sachen zu lesen habe, entweder mehr in eine Anweisung zur nützlichen Lectüre überhaupt oder in |a67| den Unterricht wie Bücher zu benutzen sind, die besondre Wissenschaften betreffen.
Anm. 2. Gutgeschriebene Bücher sind hier im weitern Verstande genommen, nicht bloß schöngeschriebene, sondern eben sowohl solche, die mit Klarheit und Bestimmtheit in der Sprache abgefaßt sind. In dieser Rücksicht kan selbst das trockenste Buch classisch seyn.

73.

Wenn sich unsre Sprache nach musterhaften Schriftstellern bilden soll: so muß man nicht nur wissen, welche Schriftsteller, und wie ferne sie, in Absicht auf Sprache, diesen Namen verdienen? sondern man muß auch, falls sie dafür bekannt sind, bey dem Gebrauch ihrer Schriften zu dieser Absicht, voraussetzen können, daß diese und daß die darin gebrauchten Ausdrücke durchaus von ihnen herrühren. Hier liegt die Nothwendigkeit der Kritik (im engsten Verstande), die einen Theil der Philologie ausmacht. Kritik ist überhaupt die Geschicklichkeit zu urtheilen, oder das Aechte vom Unächten, dasjenige, was wirklich das ist wofür es gehalten oder ausgegeben wird, und was nur so scheint, zu unterscheiden; oder, als Wissenschaft betrachtet, der Inbegrif der Grundsätze und Regeln, wonach sich unser Urtheil richten muß. In diesem allgemeinen Verstande erstreckt sie sich auf alles Wahre, Gute, Schöne, Schickliche u. d. g. und bekommt besondre Namen, oder einen eingeschränkten Verstand, nach den verschiedenen Gegenständen, womit sie sich beschäftigt. Daher ensteht eine logische, morali|a68|sche, ästhetische, historische, philologische Kritik; wiewohl diese verschiedne Gattungen oft in einander fliessen, so fern die Gründe der Beurtheilung aus verschiednen Wissenschaften entlehnt werden müssen; und alsdenn bekömmt sie gemeiniglich den Nahmen von der Wissenschaft, die das meiste dabey thut.Wenn sich unsre Sprache nach musterhaften Schriftstellern bilden soll: so muß man nicht nur wissen, welche Schriftsteller, und wie ferne sie, in Absicht auf Sprache, diesen Namen verdienen? sondern man muß auch, falls sie dafür bekannt sind, bey dem Gebrauch ihrer Schriften zu dieser Absicht, voraussetzen können, daß diese und daß die darin gebrauchten Ausdrücke durchaus von ihnen herrühren. Hier liegt die Nothwendigkeit der Kritik (im engsten Verstande), die einen Theil der Philologie ausmacht. Kritik ist überhaupt die Geschicklichkeit zu urtheilen, oder das Aechte vom Unächten, dasjenige, was wirklich das ist wofür es gehalten oder ausgegeben wird, und was nur so scheint, zu unterscheiden; oder, als Wissenschaft betrachtet, der Inbegrif der Grundsätze und Regeln, wonach sich unser Urtheil richten muß. In diesem allgemeinen Verstande erstreckt sie sich auf alles Wahre, Gute, Schöne, Schickliche u. d. g. und bekommt besondre Namen, oder einen eingeschränkten Verstand, nach den verschiedenen Gegenständen, womit sie sich beschäftigt. Daher ensteht eine logische, morali|a68|sche, ästhetische, historische, philologische Kritik; wiewohl diese verschiedne Gattungen oft in einander fliessen, so fern die Gründe der Beurtheilung aus verschiednen Wissenschaften entlehnt werden müssen; und alsdenn bekömmt sie gemeiniglich den Nahmen von der Wissenschaft, die das meiste dabey thut.
So muß die Frage: ob eine angebliche Stelle oder Ausdruck einer Schrift von dem Verfasser der Schrift herrühre, zwar oft, wenigstens mit, nach philosophischen Gründen, verglichen mit dem, was uns sonst von des Verfassers Denkungsart, Gesinnung und Geschmack bekannt ist, entschieden werden, aber hauptsächlich nach seiner uns bekannten Sprache. Und eben so muß die Frage: ob eine Schrift die seinige ist, zwar auch nach Nachrichten, also nach historischer Kritik, bestimmt werden; aber, da ihn selbst die Sprache verräth, so kömmt in so fern die Entscheidung auch der Philologie zu. Dies ist die Ursach, warum man die in Anfang des §. erwehnte Kritik zur Philologie rechnet, und sie Kritik im engsten Verstande nennt.

74.

Kritik im allgemeinern Verstande ist bey unsern eignen Vorstellungen und Neigungen sowohl, als bey denenjenigen, die Andre uns mittheilen, folglich auch bey dem Gebrauch ihrer Schriften, schlechterdings nothwendig, wenn wir nicht betrogen werden, Schatten für Wahrheit ergreifen, und zu Irrthümern, Fehlern und Ausschweifungen verleitet seyn wollen. Hänget etwas vom Ansehen des Schriftstellers ab, – und dies ist der Fall, wenn wir uns müssen auf seine Einsicht und Recht|a69|schaffenheit verlassen, ihn für Kenner, Gesetzgeber und Muster annehmen können –: so müssen wir vor allen Dingen gewiß seyn, daß eine Schrift, und daß namentlich der Theil derselben, an den wir uns halten sollen, wirklich von ihm komme. Alsdenn ist auch Kritik im engsten Verstande schlechthin unentbehrlich, weil die in seiner angeblichen Schrift gebrauchten Ausdrücke eben dasjenige sind, wodurch wir von ihm lernen.Kritik im allgemeinern Verstande ist bey unsern eignen Vorstellungen und Neigungen sowohl, als bey denenjenigen, die Andre uns mittheilen, folglich auch bey dem Gebrauch ihrer Schriften, schlechterdings nothwendig, wenn wir nicht betrogen werden, Schatten für Wahrheit ergreifen, und zu Irrthümern, Fehlern und Ausschweifungen verleitet seyn wollen. Hänget etwas vom Ansehen des Schriftstellers ab, – und dies ist der Fall, wenn wir uns müssen auf seine Einsicht und Recht|a69|schaffenheit verlassen, ihn für Kenner, Gesetzgeber und Muster annehmen können –: so müssen wir vor allen Dingen gewiß seyn, daß eine Schrift, und daß namentlich der Theil derselben, an den wir uns halten sollen, wirklich von ihm komme. Alsdenn ist auch Kritik im engsten Verstande schlechthin unentbehrlich, weil die in seiner angeblichen Schrift gebrauchten Ausdrücke eben dasjenige sind, wodurch wir von ihm lernen.

75.

Aber deswegen ist es nicht nöthig gleich anfangs, bey dem Lesen einer Schrift um der Sprache willen, uns mit dieser Untersuchung zu beschäftigen. Ausserdem daß dieses die wirkliche Benutzung einer Schrift ungemein aufhalten und verzögern würde; ist es doch wahrscheinlich, daß eine Schrift und daß deren einzle Stellen und Ausdrücke ächt sind, weil der Fälle weit mehr sind wo der angegebne Verfasser es auch wirklich ist, als wo er es nicht ist, und weil eine Schrift selten so sehr unter andrer Händen leidet, als daß nicht das Meiste übrig bleiben sollte. Sehr oft beruht auch ihr Werth in Absicht auf Sprache nicht auf dem Ansehen ihres Verfassers, sondern auf ihrem Gehalt und ihrer Uebereinstimmung mit andern der besten Schriften in einer solchen Sprache. Ueberdies erfordert diese Beurtheilung schon grosse Kenntniß einer Sprache, und wird daher besser bis auf die Uebungen in derselben aufgeschoben, die erst alsdenn glücklich unternommen werden können, wenn man sich schon durch das fleißige Lesen der Schriften |a70| gebildet hat. Man setze also diese kritischen Untersuchungen lieber aus, begnüge sich mit andrer Kenner Nachrichten und mit den reinesten Ausgaben von einer Schrift, und wende sich gleich zum Lesen .Aber deswegen ist es nicht nöthig gleich anfangs, bey dem Lesen einer Schrift um der Sprache willen, uns mit dieser Untersuchung zu beschäftigen. Ausserdem daß dieses die wirkliche Benutzung einer Schrift ungemein aufhalten und verzögern würde; ist es doch wahrscheinlich, daß eine Schrift und daß deren einzle Stellen und Ausdrücke ächt sind, weil der Fälle weit mehr sind wo der angegebne Verfasser es auch wirklich ist, als wo er es nicht ist, und weil eine Schrift selten so sehr unter andrer Händen leidet, als daß nicht das Meiste übrig bleiben sollte. Sehr oft beruht auch ihr Werth in Absicht auf Sprache nicht auf dem Ansehen ihres Verfassers, sondern auf ihrem Gehalt und ihrer Uebereinstimmung mit andern der besten Schriften in einer solchen Sprache. Ueberdies erfordert diese Beurtheilung schon grosse Kenntniß einer Sprache, und wird daher besser bis auf die Uebungen in derselben aufgeschoben, die erst alsdenn glücklich unternommen werden können, wenn man sich schon durch das fleißige Lesen der Schriften |a70| gebildet hat. Man setze also diese kritischen Untersuchungen lieber aus, begnüge sich mit andrer Kenner Nachrichten und mit den reinesten Ausgaben von einer Schrift, und wende sich gleich zum Lesen .

76.

Das nächste, worauf man hiebey zu sehen hätte, wäre: den Ausdruck verstehen zu lernen. Denn ohne dieses könnte man weder zur Kenntniß der in einer Schrift enthaltenen Sachen gelangen, die uns nur durch den Ausdruck mitgetheilt werden , noch würde man durch das Lesen einer Schrift in den Stand gesetzt werden, eine andre in eben derselben Sprache verstehen zu lernen, oder jemals einer solchen Sprache mächtig zu werden. Aber der gute Schriftsteller bedient sich nicht bloß einer Sprache, er will auch das, was er darin sagt, gut, d. i. so ausdrücken, daß es sich dem Leser als wahr, als gut, als gefällig darstelle, wenigstens daß es sich ihm auf einer dieser Seiten empfehle; und, wie die Sprache Ausdruck der Seele ist, so ergießt sich seine gebildete Empfindung, Verstand und Gesinnung in den Vortrag, der davon seine ganze Farbe bekommt. Man muß daher gutgeschriebenen Schriften, selbst wenn man sie wegen der Sprache lieset, einleuchtende Vorstellung der Wahrheit, Empfehlung guter Gesinnungen, Annehmlichkeit des Vortrags, abzulernen, kurz, dadurch seinen Verstand, sein Herz und seinen Geschmack zu bilden suchen. Dies nennt man das kritische, so wie jenes, das auf den Verstand des Gelesenen |a71| abzielt, das philologische oder grammatische Lesen einer Schrift.Das nächste, worauf man hiebey zu sehen hätte, wäre: den Ausdruck verstehen zu lernen. Denn ohne dieses könnte man weder zur Kenntniß der in einer Schrift enthaltenen Sachen gelangen, die uns nur durch den Ausdruck mitgetheilt werden , noch würde man durch das Lesen einer Schrift in den Stand gesetzt werden, eine andre in eben derselben Sprache verstehen zu lernen, oder jemals einer solchen Sprache mächtig zu werden. Aber der gute Schriftsteller bedient sich nicht bloß einer Sprache, er will auch das, was er darin sagt, gut, d. i. so ausdrücken, daß es sich dem Leser als wahr, als gut, als gefällig darstelle, wenigstens daß es sich ihm auf einer dieser Seiten empfehle; und, wie die Sprache Ausdruck der Seele ist, so ergießt sich seine gebildete Empfindung, Verstand und Gesinnung in den Vortrag, der davon seine ganze Farbe bekommt. Man muß daher gutgeschriebenen Schriften, selbst wenn man sie wegen der Sprache lieset, einleuchtende Vorstellung der Wahrheit, Empfehlung guter Gesinnungen, Annehmlichkeit des Vortrags, abzulernen, kurz, dadurch seinen Verstand, sein Herz und seinen Geschmack zu bilden suchen. Dies nennt man das kritische, so wie jenes, das auf den Verstand des Gelesenen |a71| abzielt, das philologische oder grammatische Lesen einer Schrift.
Eine solche Anweisung enthalten, ob sie sich gleich nur auf ältere griechische und römische Schriftsteller einschränken:
  • Joh. Aug. Ernesti Zuschrift vor der Ausgabe der Werke des Cicero.
  • J. G. Sulzers Gedanken über die beste Art die claßischen Schriften der Alten zu lesen, Berlin 1765 in 8. und in dessen vermischten Schriften Theil 2. S. 215 f.
  • Imm. Joh. Gerh. Schellers Anleitung die alten Schriftsteller philologisch und kritisch zu erklären, zweyte Auflage, Halle 1783. gr. 8.

77.

Bey der Absicht, eine Schrift verstehen zu lernen, möchte alles auf folgende Regeln ankommen. 1) Man bemühe sich zuerst, die bestimmte Bedeutung einzler Wörter und Redensarten recht einzusehen, nach ihrem Umfang, auch Nebenbegriffen, Einschränkung und Unterschied von andern, die eben dasselbe zu bedeuten scheinen. Giebt der Schriftsteller die Bedeutung nicht selbst durch Erklärung, Gegensatz, gleichbedeutende Wörter, Beyspiele oder Verbindung an, und kennen wir keine andre ähnliche Stellen desselben, die ein Licht auf das, was wir suchen, werfen könnten: *) so müßte man entweder, zumal wenn die Sprache noch lebendig ist, sich bey denen erkundigen, die feine Kenner einer solchen Sprache sind, oder man müßte gute Wörterbücher, Claves, Wörterregister und Ausleger zu Hülfe nehmen, bey ihrer Wahl aber |a72| und um sie mit Sicherheit brauchen zu können, wohl darauf acht geben, ob sie die Bedeutung bestimmt angeben, und die Richtigkeit derselben, wo sie zweifelhaft seyn kan, mit angemessenen deutlichen Stellen oder Beweisen belegen.Bey der Absicht, eine Schrift verstehen zu lernen, möchte alles auf folgende Regeln ankommen. 1) Man bemühe sich zuerst, die bestimmte Bedeutung einzler Wörter und Redensarten recht einzusehen, nach ihrem Umfang, auch Nebenbegriffen, Einschränkung und Unterschied von andern, die eben dasselbe zu bedeuten scheinen. Giebt der Schriftsteller die Bedeutung nicht selbst durch Erklärung, Gegensatz, gleichbedeutende Wörter, Beyspiele oder Verbindung an, und kennen wir keine andre ähnliche Stellen desselben, die ein Licht auf das, was wir suchen, werfen könnten: *) so müßte man entweder, zumal wenn die Sprache noch lebendig ist, sich bey denen erkundigen, die feine Kenner einer solchen Sprache sind, oder man müßte gute Wörterbücher, Claves, Wörterregister und Ausleger zu Hülfe nehmen, bey ihrer Wahl aber |a72| und um sie mit Sicherheit brauchen zu können, wohl darauf acht geben, ob sie die Bedeutung bestimmt angeben, und die Richtigkeit derselben, wo sie zweifelhaft seyn kan, mit angemessenen deutlichen Stellen oder Beweisen belegen.
*) Beyspiele sind im N. T. von erläuternden Erklärungen, πιστις Ebr. 11, 1, μετανοια 2 Kor. 7, 10 vergl. mit V. 11. Von dergleichen Gegensatz 2 Kor. 10, 4. Röm. 9, 18. Von gleichbedeutenden Wörtern und Redensarten, 1 Kor. 10, 23 οἰκοδομεῖν und συμφέρειν, so wie 1 Petr. 5, 8 durch παθήματα V. 9 vergl. mit 1 Thess. 2, 14, erklärt wird, und Röm. 9, 1 die Betheurungs-Formel: ἀλήθειαν λέγω ἐν Χριστῶ beweiset daß ἐν Πνεύματι ἁγίω zu οὐ ψεύδομαι gezogen, und auch für eine solche Betheurung genommen werden müsse. Erklärungen durch Beyspiele sind Luc. 18, 1 vergl. mit V. 2 f. Kap. 15, 10 μετανοεῖν mit V. 11 f.; durch die Verbindung oder den Context Ephes. 2, wo νεκροὶ V. 1. V. 3 ὑιοὶ ὀργῆς heissen, ἐκλεκτοί Röm. 8, 33 eben daselbst V. 28. ἀγαπῶντες τ. Θεὸν, ὑπακοὴ πεπληρομένη 2 Kor. 10, 6 gleich nachher V. 15 πίστις αὐξανομένη. Beyspiele von Erklärungen aus ähnlichen Stellen sind bekannt genug.

78.

Man müßte 2) wohl auf die Verbindung und Ordnung der Wörter acht geben, als worauf vernehmlich das Eigenthümliche einer Sprache beruht, und sowohl die wahre Bedeutung einzler Formeln bemerken, als in wiefern eine gewisse Verbindung oder Stellung der Wörter und Redensarten, des Sinnes wegen, oder nur den Ausdruck deutlicher oder angenehmer zu machen, gebraucht ist. Gute Sprachlehren und andre Bücher, wel|a73|che die Idiotismen einer Sprache erklären, oder die Gründe der Sprachregeln untersuchen, können dabey grosse Dienste thun.Man müßte 2) wohl auf die Verbindung und Ordnung der Wörter acht geben, als worauf vernehmlich das Eigenthümliche einer Sprache beruht, und sowohl die wahre Bedeutung einzler Formeln bemerken, als in wiefern eine gewisse Verbindung oder Stellung der Wörter und Redensarten, des Sinnes wegen, oder nur den Ausdruck deutlicher oder angenehmer zu machen, gebraucht ist. Gute Sprachlehren und andre Bücher, wel|a73|che die Idiotismen einer Sprache erklären, oder die Gründe der Sprachregeln untersuchen, können dabey grosse Dienste thun.

79.

Es würde ferner 3) nöthig seyn, stets dahin zu sehen, daß man nicht bloß den Wörtern und Redensarten, die man verstehen lernen wollte, andre Wörter unterlegte, sondern sich auch wirklich Begriffe von dem machte, was jene ausdrücken. Leicht wäre dieses, wenn wir einen solchen Ausdruck in einen uns geläufigern, der ihm völlig entspräche, verwandeln, und so den uns schon gewohnten Begriff, der damit verbunden ist, erneuern könten. Wäre dies aber nicht, und bekäme ein Ausdruck eine der Sprache oder dem Schriftsteller eigne Bedeutung daher, weil er sich auf besondre Meinungen Gewohnheiten, Begebenheiten u. d. gl. bezöge: so müßte man sich vorher diese bekannt machen, oder diejenigen zu Rathe ziehen, welche dergleichen Umstände und darnach gebildete Ausdrücke aufgeklärt hätten.Es würde ferner 3) nöthig seyn, stets dahin zu sehen, daß man nicht bloß den Wörtern und Redensarten, die man verstehen lernen wollte, andre Wörter unterlegte, sondern sich auch wirklich Begriffe von dem machte, was jene ausdrücken. Leicht wäre dieses, wenn wir einen solchen Ausdruck in einen uns geläufigern, der ihm völlig entspräche, verwandeln, und so den uns schon gewohnten Begriff, der damit verbunden ist, erneuern könten. Wäre dies aber nicht, und bekäme ein Ausdruck eine der Sprache oder dem Schriftsteller eigne Bedeutung daher, weil er sich auf besondre Meinungen Gewohnheiten, Begebenheiten u. d. gl. bezöge: so müßte man sich vorher diese bekannt machen, oder diejenigen zu Rathe ziehen, welche dergleichen Umstände und darnach gebildete Ausdrücke aufgeklärt hätten.
Von dieser Art sind die Namen der öffenlichen Bedienungen Consul, Dictator etc. die calumnia religionis bey Cicero epist. ad diuers. I, 1. Die Ausdrücke in seinen philosophischen Schriften welche aus der akademischen, stoischen etc. Philosophie entlehnt sind u. dgl. Im N. Test. die Wörter πραιτώριον (anders Matth. 27, 27, anders Phil. 1, 13,) στρατοπεδάρχης, Ἀσιάρχαι, νεωκόρος von einer Stadt gebraucht, Γραμματεῖς (anders in Asien, Apostelgesch. 19, anders zu Jerusalem,) σπένδομαι, ἅδης, δαιμονιακοὶ, οἰκουμένη ἡ μέλλουσα Ebr. 2, 5, τὰ ἔθνη, κόσμος, στοιχεῖα του κόσμου u. a.

|a74| 80.

Weil man aber sehr wohl einzle Wörter verstehen kan, ohne deswegen den ganzen Satz zu verstehen, der aus ihnen zusammengesetzt ist *) ; auch viele Wörter **) , ja ganze Sätze ***) neue bestimmte Bedeutungen in einer Stelle durch die Verbindung mit andern zu einem ganzen Satz bekommen; und sehr oft Ein Wort nicht geradezu mit Einem Wort aus einer andern Sprache vertauscht werden kan, sondern nur der Sinn im Ganzen ausgedrückt werden muß †) ; so wie bisweilen – und das ist der Fall der Allegorie – anstatt einer Sache, die eigentlich ausgedrückt werden sollte, eine ihr ähnliche gesetzt wird ††) , folglich die gemeinte Aehnlichkeit aufgesucht werden muß; so muß man sich auch 4) bemühen, den Sinn des ganzen Satzes, oder mehrere in Eins verbundne Sätze im Ganzen, und das in der Allegorie liegende Eigentliche, zu denken. Gute, freye, aber genaue, Uebersetzungen und eben dergleichen Umschreibungen sind hier für den, der es noch selbst nicht vermag, die besten Hülfsmittel.Weil man aber sehr wohl einzle Wörter verstehen kan, ohne deswegen den ganzen Satz zu verstehen, der aus ihnen zusammengesetzt ist *) ; auch viele Wörter **) , ja ganze Sätze ***) neue bestimmte Bedeutungen in einer Stelle durch die Verbindung mit andern zu einem ganzen Satz bekommen; und sehr oft Ein Wort nicht geradezu mit Einem Wort aus einer andern Sprache vertauscht werden kan, sondern nur der Sinn im Ganzen ausgedrückt werden muß †) ; so wie bisweilen – und das ist der Fall der Allegorie – anstatt einer Sache, die eigentlich ausgedrückt werden sollte, eine ihr ähnliche gesetzt wird ††) , folglich die gemeinte Aehnlichkeit aufgesucht werden muß; so muß man sich auch 4) bemühen, den Sinn des ganzen Satzes, oder mehrere in Eins verbundne Sätze im Ganzen, und das in der Allegorie liegende Eigentliche, zu denken. Gute, freye, aber genaue, Uebersetzungen und eben dergleichen Umschreibungen sind hier für den, der es noch selbst nicht vermag, die besten Hülfsmittel.
Sam. Frid. Nath. Morus Programma de discrimine sensus et significationis in interpretando, Lips. 1777. 4. und Progr. quibus caussis allegoriarum interpretatio nitatur, Lips. 1781. 4.
*) Z. B. Luc. 21, 19 κτήσασθε τ. ψυχὰς ὑμῶν ἐν τῇ ὐπομονῇ, K. 12, 21 εἰς Θεὸν πλουτεῖν .
**) Als ἀποθανεῖν Röm. 6, 7.; ὡς ζῶντες ἐν Κόσμῳ, δογματίζεσθε. Kol. 2, 20. Dieses gilt besonders von den Emphasen, als 1 Kor. 9, 16. ἐυαγγελίζεσθαι, vergl. mit v. 17. u. 18.
***) Als Luc. 6, 34 .
|a73[!]| †) Z. B. 1 Kor. 10, 29. ἵνα τί ἡ ἐλευθερία μου κρινεται u. s. w. vergl. mit v. 30. zumahl wenn gewisse uneigentliche Ausdrücke in der Sprache, wohin wir sie aus einer andern übertragen müßten, ungewöhnlich sind, als Luc. 1, 69. ἤγειρε κέρας σωτηρίας ἡμῖν ; Röm. 13, 14. ἐνδυσασθε u. s. w.
††) Als Matth. 6, 22. 23. Joh. 4, 35 f.

81.

Beynahe das Schwerste würde 5) die Vergleichung der Sprache seyn; woraus, und der, worein wir übersetzen; denn bey den vorigen Beschäftigungen, eine Schrift verstehen zu lernen, wär' es allenfalls genug, den richtigen Sinn unterzulegen, oft müßte man damit auch zufrieden seyn; hier aber müßte man eine Sprache der andern aufs möglichste anschmiegen, welches bey Idiotismen selten möglich, vernehmlich aber bey Schriftstellern, die recht eigentlich in ihrer Sprache und sie rein schreiben, oder gar eine eigenthümliche Art des Ausdrucks haben, sehr schwer auszudrücken ist; ohnehin muß man der Sprache, in die man übertragen will, und aller ihrer Feinheit und Beugsamkeit, der sie fähig ist, sehr kundig und mächtig seyn. Der vornehmste Nutzen einer so genauen Uebertragung bestünde denn wohl in der Ueberzeugung, daß man das, was jene Sprache ausdrückt, genau aufgefaßt hätte, und in der Bereicherung oder Vervollkommnung unserer Sprache durch jene. Weil es uns indessen bey dem Verstehenlernen zunächst nur um den Sinn zu thun ist: so könnte dieser schwerere Versuch wohl besser über das Lesen guter Schriften hinaus verschoben werden.Beynahe das Schwerste würde 5) die Vergleichung der Sprache seyn; woraus, und der, worein wir übersetzen; denn bey den vorigen Beschäftigungen, eine Schrift verstehen zu lernen, wär' es allenfalls genug, den richtigen Sinn unterzulegen, oft müßte man damit auch zufrieden seyn; hier aber müßte man eine Sprache der andern aufs möglichste anschmiegen, welches bey Idiotismen selten möglich, vernehmlich aber bey Schriftstellern, die recht eigentlich in ihrer Sprache und sie rein schreiben, oder gar eine eigenthümliche Art des Ausdrucks haben, sehr schwer auszudrücken ist; ohnehin muß man der Sprache, in die man übertragen will, und aller ihrer Feinheit und Beugsamkeit, der sie fähig ist, sehr kundig und mächtig seyn. Der vornehmste Nutzen einer so genauen Uebertragung bestünde denn wohl in der Ueberzeugung, daß man das, was jene Sprache ausdrückt, genau aufgefaßt hätte, und in der Bereicherung oder Vervollkommnung unserer Sprache durch jene. Weil es uns indessen bey dem Verstehenlernen zunächst nur um den Sinn zu thun ist: so könnte dieser schwerere Versuch wohl besser über das Lesen guter Schriften hinaus verschoben werden.

|a76| 82.

Hätte man nun einen guten Schriftsteller verstanden: so müßte man ihm auch den guten Ausdruck und Vortrag abzulernen suchen (§. 76 ), und dies muß die Absicht seyn, wenn man wohl geschriebene Schriften zur Bildung des Verstandes, des Geschmacks und des Herzens lieset. Zur Bildung des Verstandes geschieht dieses, – wenn man die Wahrheit dessen, was er sagt, es sey bey allgemeinen Sätzen oder bey Erzählungen, prüft, und bemerkt, worin die Stärke oder die Fehler dessen, was er zur Unterstützung einer Sache sagt, bestehn; – wenn man acht giebt auf alles, was zur Kenntniß der Menschen und der Welt, zur Kenntniß des Ganges , den die göttliche Fürsehung und den die Menschen bey ihren Handlungen nehmen, um gewisse Absichten zu erreichen, dient; – wenn man, um jene Ueberzeugung von Wahrheit zu erlangen, auf Ursachen und Mittel, Folgen und Absichten der vorgefallenen Sachen studiert; wenn man alles dieses, durch Anwendung und Folgerungen, zur Aufklärung der Wahrheit, zur vernünftigen Beruhigung und zur Beförderung eines klugen Betragens gebraucht. Ohne diese Rücksichten und Uebungen kan das Lesen auch der besten Bücher wenig helfen; es unterhält allenfalls auf eine kurze Zeit, bereichert das Gedächtniß, verleitet zur blinden Nachahmung; den Verstand bildet es nicht.Hätte man nun einen guten Schriftsteller verstanden: so müßte man ihm auch den guten Ausdruck und Vortrag abzulernen suchen (§. 76 ), und dies muß die Absicht seyn, wenn man wohl geschriebene Schriften zur Bildung des Verstandes, des Geschmacks und des Herzens lieset. Zur Bildung des Verstandes geschieht dieses, – wenn man die Wahrheit dessen, was er sagt, es sey bey allgemeinen Sätzen oder bey Erzählungen, prüft, und bemerkt, worin die Stärke oder die Fehler dessen, was er zur Unterstützung einer Sache sagt, bestehn; – wenn man acht giebt auf alles, was zur Kenntniß der Menschen und der Welt, zur Kenntniß des Ganges , den die göttliche Fürsehung und den die Menschen bey ihren Handlungen nehmen, um gewisse Absichten zu erreichen, dient; – wenn man, um jene Ueberzeugung von Wahrheit zu erlangen, auf Ursachen und Mittel, Folgen und Absichten der vorgefallenen Sachen studiert; wenn man alles dieses, durch Anwendung und Folgerungen, zur Aufklärung der Wahrheit, zur vernünftigen Beruhigung und zur Beförderung eines klugen Betragens gebraucht. Ohne diese Rücksichten und Uebungen kan das Lesen auch der besten Bücher wenig helfen; es unterhält allenfalls auf eine kurze Zeit, bereichert das Gedächtniß, verleitet zur blinden Nachahmung; den Verstand bildet es nicht.

83.

Sofern indessen das Lesen zur Bildung des |a77| Ausdrucks nach guten Schriftstellern unternommen werden sollte, müßte vornehmlich darauf die Aufmerksamkeit gerichtet werden, wie ein solcher Schriftsteller das, was er gesagt, dargestellt und eingekleidet, d. i. in welches Licht er es gesetzt hätte, um den Leser zu überzeugen, wie es angelegt, um ihn dafür einzunehmen; in jener Absicht also, wie er z. B. seine Sätze bestimmt, durch Beweisgründe unterstützt, durch angegebene und hervorgezogene Umstände glaublich gemacht, in dieser aber, wie er, was er empfehlen will, eindrücklich zu machen, wovon er aber abziehen will, abschrecklich vorzustellen, oder zu verbergen, oder zu mildern gesucht habe. Alles dies kan der Schriftsteller durch deutliche oder sinnliche Vorstellung zu erreichen suchen. Das erstre gehört zum Gebiete des Verstandes, das letztre mehr zum Gebiete des Geschmacks.Sofern indessen das Lesen zur Bildung des |a77| Ausdrucks nach guten Schriftstellern unternommen werden sollte, müßte vornehmlich darauf die Aufmerksamkeit gerichtet werden, wie ein solcher Schriftsteller das, was er gesagt, dargestellt und eingekleidet, d. i. in welches Licht er es gesetzt hätte, um den Leser zu überzeugen, wie es angelegt, um ihn dafür einzunehmen; in jener Absicht also, wie er z. B. seine Sätze bestimmt, durch Beweisgründe unterstützt, durch angegebene und hervorgezogene Umstände glaublich gemacht, in dieser aber, wie er, was er empfehlen will, eindrücklich zu machen, wovon er aber abziehen will, abschrecklich vorzustellen, oder zu verbergen, oder zu mildern gesucht habe. Alles dies kan der Schriftsteller durch deutliche oder sinnliche Vorstellung zu erreichen suchen. Das erstre gehört zum Gebiete des Verstandes, das letztre mehr zum Gebiete des Geschmacks.
Beyder Gränzen laufen aber oft so in einander, daß sich die Regeln, wie man Schriften lesen soll, den Verstand und Geschmack zu bilden, nicht wohl trennen lassen. Vieles also, was noch zu jener Absicht zu bemerken wäre, ist erst in folgender Anweisung enthalten, wo man Rücksicht auf Bildung des Geschmacks genommen hat.

84.

Wer durch Lesung guter Schriftsteller seinen Geschmack bilden wollte, müßte 1) um keine Schönheit in der Darstellung zu übersehen, und sich durch das, was leichter zu übersehen ist, an das zu gewöhnen, was schon feinere Empfindung und mehrere |a78| Fassungskraft erfordert, mit dem Einfachern anfangen, und zum Zusammengesetztern fortgehen, erst einzle Stellen in dieser Rücksicht studieren, und alsdenn immer weiter schreiten, bis er das Ganze, sowohl nach der schönen Anlage der Theile, woraus es zusammengesetzt ist, als nach der Schönheit, die ein Theil dem andern mittheilt, übersehen könte. Er müßte 2) ein jedes, kleinere oder grössre Ganze, von aller Form entkleiden , um den Hauptgedanken zu finden, und zu entdecken, durch welche Einschränkungen, Erläuterungen, Beyspiele, Bilder, Gegensätze u. d. gl. und wie er dadurch einleuchtend, interessant und gefällig dargestellet worden sey. 3) Nächstdem stets darauf acht geben, wie der Schriftsteller auf die Gedanken gekommen, und woher er das geleitet habe, was er zur Ausbildung der Hauptsache gethan; wie er die gefundenen Sachen ausgedrückt; und wie er alles so gestellt habe, daß jene Absichten aufs beste erreicht werden konten. Man müßte 4) den Gründen nachspüren, warum gerade die Ausführung, der Ausdruck und die Stellung beobachtet wäre, und was dieses alles für Wirkung auf das Ganze thäte. Man müßte endlich 5) um den grossen Unterschied des Schönern und Schlechtern zu begreifen, und die Mannigfaltigkeit oder die vielerley Arten, wie man die Darstellung einer Sache abändern kan, kennen zu lernen, ähnliche Stellen oder Schriften eines solchen Verfassers oder Andrer zusammenhalten, und bemerken, was jede nach ihrer besondern Absicht Vorzügliches in der Darstellung vor der andern gleiches Hauptinhalts habe, und worin der Grund dieses Vorzüglichen liege.Wer durch Lesung guter Schriftsteller seinen Geschmack bilden wollte, müßte 1) um keine Schönheit in der Darstellung zu übersehen, und sich durch das, was leichter zu übersehen ist, an das zu gewöhnen, was schon feinere Empfindung und mehrere |a78| Fassungskraft erfordert, mit dem Einfachern anfangen, und zum Zusammengesetztern fortgehen, erst einzle Stellen in dieser Rücksicht studieren, und alsdenn immer weiter schreiten, bis er das Ganze, sowohl nach der schönen Anlage der Theile, woraus es zusammengesetzt ist, als nach der Schönheit, die ein Theil dem andern mittheilt, übersehen könte. Er müßte 2) ein jedes, kleinere oder grössre Ganze, von aller Form entkleiden , um den Hauptgedanken zu finden, und zu entdecken, durch welche Einschränkungen, Erläuterungen, Beyspiele, Bilder, Gegensätze u. d. gl. und wie er dadurch einleuchtend, interessant und gefällig dargestellet worden sey. 3) Nächstdem stets darauf acht geben, wie der Schriftsteller auf die Gedanken gekommen, und woher er das geleitet habe, was er zur Ausbildung der Hauptsache gethan; wie er die gefundenen Sachen ausgedrückt; und wie er alles so gestellt habe, daß jene Absichten aufs beste erreicht werden konten. Man müßte 4) den Gründen nachspüren, warum gerade die Ausführung, der Ausdruck und die Stellung beobachtet wäre, und was dieses alles für Wirkung auf das Ganze thäte. Man müßte endlich 5) um den grossen Unterschied des Schönern und Schlechtern zu begreifen, und die Mannigfaltigkeit oder die vielerley Arten, wie man die Darstellung einer Sache abändern kan, kennen zu lernen, ähnliche Stellen oder Schriften eines solchen Verfassers oder Andrer zusammenhalten, und bemerken, was jede nach ihrer besondern Absicht Vorzügliches in der Darstellung vor der andern gleiches Hauptinhalts habe, und worin der Grund dieses Vorzüglichen liege.

|a79| 85.

Zur Verbesserung des Herzens und unserer ganzen Gesinnung wird das Lesen guter Schriftsteller vieles beytragen, wenn man 1) nicht nur dasjenige bemerkt, was sie unmittelbar zu dieser Absicht sagen, wenn sie von Sachen reden, die Gott, Religion und Tugend betreffen, wenn sie den Werth und die guten Folgen der letztern, nebst Ehrfurcht und Liebe gegen Gott, es sey durch Gründe oder Erfahrungen oder Beyspiele, empfehlen, sondern auch 2) das, was in ihrem Vortrag liegt, und daraus gezogen werden kan, zur Kenntniß und Ueberzeugung von Gottes Fürsehung, zur Kenntniß des menschlichen Herzens und menschlicher Leidenschaften, der Mittel, diese zu lenken und jenes zu verbessern, zur Ermunterung zu allem Guten, braucht, und 3) –, welches hier bey der Sprache besonders in Anschlag kommt – wenn man auf den Ausdruck acht giebt, und den ihnen abzulernen sucht, wodurch edle und gute Empfindungen können bezeichnet, und so in uns befestigt oder erweckt oder eindrücklich gemacht, und gute Nebenbegriffe erregt werden, die das Gute, vermittelst der Einbildungskraft, auch unserm Herzen empfehlen (§. 60 und 65. ).Zur Verbesserung des Herzens und unserer ganzen Gesinnung wird das Lesen guter Schriftsteller vieles beytragen, wenn man 1) nicht nur dasjenige bemerkt, was sie unmittelbar zu dieser Absicht sagen, wenn sie von Sachen reden, die Gott, Religion und Tugend betreffen, wenn sie den Werth und die guten Folgen der letztern, nebst Ehrfurcht und Liebe gegen Gott, es sey durch Gründe oder Erfahrungen oder Beyspiele, empfehlen, sondern auch 2) das, was in ihrem Vortrag liegt, und daraus gezogen werden kan, zur Kenntniß und Ueberzeugung von Gottes Fürsehung, zur Kenntniß des menschlichen Herzens und menschlicher Leidenschaften, der Mittel, diese zu lenken und jenes zu verbessern, zur Ermunterung zu allem Guten, braucht, und 3) –, welches hier bey der Sprache besonders in Anschlag kommt – wenn man auf den Ausdruck acht giebt, und den ihnen abzulernen sucht, wodurch edle und gute Empfindungen können bezeichnet, und so in uns befestigt oder erweckt oder eindrücklich gemacht, und gute Nebenbegriffe erregt werden, die das Gute, vermittelst der Einbildungskraft, auch unserm Herzen empfehlen (§. 60 und 65. ).

86.

Freylich erfordert ein so ausführliches Lesen guter Schriften viele Zeit, die so sehr ins Kleine gehende Aufmerksamkeit wird von dem Ganzen abgezogen, und dem, der noch nicht weit in einer Sprache gekommen ist, muß es schwer, oft un|a80|möglich werden, so tief in das Schöne des Ausdrucks einzudringen. Aber, – ausserdem, daß der Schriftsteller nur wenig sind, die in Absicht auf Ausdruck und Sprache musterhaft heissen können, und daß anhaltende Uebung uns mit der Zeit in den Stand setzt, den guten Ausdruck schneller zu bemerken, auch Unterricht und Leitung von einem in solcher Lectüre Geübtern, die Aufmerksamkeit und das Fortschreiten hierin unendlich erleichtern kan: – so hilft wiederholtes sowohl als cursorisches Lesen eines guten Schriftstellers diesen Unbequemlichkeiten sehr ab, und befördert nicht nur die Uebersicht des Ganzen, sondern gewöhnt uns auch mehr an den ganzen Ton des Schriftstellers, und macht uns mit dem, was ihm eigen ist, macht uns mit Stellen desselben bekannt, die über Sachen und Wörter Licht ausbreiten können. Freylich erfordert ein so ausführliches Lesen guter Schriften viele Zeit, die so sehr ins Kleine gehende Aufmerksamkeit wird von dem Ganzen abgezogen, und dem, der noch nicht weit in einer Sprache gekommen ist, muß es schwer, oft un|a80|möglich werden, so tief in das Schöne des Ausdrucks einzudringen. Aber, – ausserdem, daß der Schriftsteller nur wenig sind, die in Absicht auf Ausdruck und Sprache musterhaft heissen können, und daß anhaltende Uebung uns mit der Zeit in den Stand setzt, den guten Ausdruck schneller zu bemerken, auch Unterricht und Leitung von einem in solcher Lectüre Geübtern, die Aufmerksamkeit und das Fortschreiten hierin unendlich erleichtern kan: – so hilft wiederholtes sowohl als cursorisches Lesen eines guten Schriftstellers diesen Unbequemlichkeiten sehr ab, und befördert nicht nur die Uebersicht des Ganzen, sondern gewöhnt uns auch mehr an den ganzen Ton des Schriftstellers, und macht uns mit dem, was ihm eigen ist, macht uns mit Stellen desselben bekannt, die über Sachen und Wörter Licht ausbreiten können.
Joh. Matth. Gesners Vorrede zum Livius nach Clerici Ausgabe, Leipz. 1735 in 8. und J. A. Ernesti zur Fischerschen Ausgabe der Werke des Ovidius, Leipz. 1758. 8.

87.

Auf das Lesen guter Schriftsteller in einer Sprache müssen die Uebungen in der Sprache folgen, wobey man immer wieder vom Leichtern zum Schwerern fortgehen müßte. Diese Uebungen bestehen im Uebersetzen, Schreiben und allenfalls Reden, womit noch die Beschäftigung mit den feinern Sprachregeln und mit der Kritik im engsten Verstande (§. 74 ) verbunden werden könte. Das Uebersetzen ist unstreitig das Leichteste, weil man |a81| durch das Lesen guter Schriften schon zubereitet, und seiner Sprache, in die man übersetzt, mächtiger ist als einer fremden, also leichter fremden Wörtern seine, als seinen die Wörter einer fremden Sprache unterlegen kan, mit der man weniger als mit der seinen bekannt ist. Bey einer solchen Uebersetzung müßte, noch mehr als bey dem Lesen, darauf gesehen werden, das, was in der fremden Sprache geschrieben ist, nicht nur aufs genaueste auszudrücken, sondern auch, so weit es die Natur unsrer Sprache erlaubt und nicht auf Unkosten ihrer Deutlichkeit oder ihrer Vorzüge vor einer fremden, unsre der fremden anzuschmiegen.Auf das Lesen guter Schriftsteller in einer Sprache müssen die Uebungen in der Sprache folgen, wobey man immer wieder vom Leichtern zum Schwerern fortgehen müßte. Diese Uebungen bestehen im Uebersetzen, Schreiben und allenfalls Reden, womit noch die Beschäftigung mit den feinern Sprachregeln und mit der Kritik im engsten Verstande (§. 74 ) verbunden werden könte. Das Uebersetzen ist unstreitig das Leichteste, weil man |a81| durch das Lesen guter Schriften schon zubereitet, und seiner Sprache, in die man übersetzt, mächtiger ist als einer fremden, also leichter fremden Wörtern seine, als seinen die Wörter einer fremden Sprache unterlegen kan, mit der man weniger als mit der seinen bekannt ist. Bey einer solchen Uebersetzung müßte, noch mehr als bey dem Lesen, darauf gesehen werden, das, was in der fremden Sprache geschrieben ist, nicht nur aufs genaueste auszudrücken, sondern auch, so weit es die Natur unsrer Sprache erlaubt und nicht auf Unkosten ihrer Deutlichkeit oder ihrer Vorzüge vor einer fremden, unsre der fremden anzuschmiegen.

88.

Viel sichrer ist es auch, sich eher im Schreiben als Reden zu üben, weil man mehr Zeit hat bey dem Schreiben bedächtig auszufeilen, und, wenn man zumal vorher übersetzt und das Uebersetzte eine Zeitlang weggelegt hat, die Wörter und Wendungen der fremden Sprache uns leichter beyfallen. Zwar ist die Uebung im Schreiben nicht bey jeder fremden Sprache nöthig, wenn wir sie nur verstehen lernen wollen. Aber nützlich kan sie doch immer seyn, theils um bey der Kritik besser beurtheilen zu können, ob ein Schriftsteller wohl so oder so könne geschrieben haben, wie man es in seinem Text findet, theils um das Eigenthümliche einer jeden Sprache und den Unterschied von der unsrigen besser einzusehen. – Findet man nöthig, auch eine Sprache sprechen zu lernen, so unter|a82|nehme man es nur nicht eher, als bis man eine Fertigkeit hat sie gut zu schreiben, weil man sich sonst zu leicht Nachläßigkeit im Ausdruck angewöhnt, und das, was unsrer Sprache eigen ist, in die fremde überträgt; wenigstens müßte man nur mit solchen sprechen, die eine genugsame feine Kenntniß der fremden Sprache besitzen, um unsre Fehler verbessern zu können. Je früher man zu sprechen anfängt, ohne durch das Lesen guter Schriftsteller genug gebildet zu seyn, je mehr werden uns die Fehler im Sprechen anhängen und je schwerer werden sie sich ausrotten lassen.Viel sichrer ist es auch, sich eher im Schreiben als Reden zu üben, weil man mehr Zeit hat bey dem Schreiben bedächtig auszufeilen, und, wenn man zumal vorher übersetzt und das Uebersetzte eine Zeitlang weggelegt hat, die Wörter und Wendungen der fremden Sprache uns leichter beyfallen. Zwar ist die Uebung im Schreiben nicht bey jeder fremden Sprache nöthig, wenn wir sie nur verstehen lernen wollen. Aber nützlich kan sie doch immer seyn, theils um bey der Kritik besser beurtheilen zu können, ob ein Schriftsteller wohl so oder so könne geschrieben haben, wie man es in seinem Text findet, theils um das Eigenthümliche einer jeden Sprache und den Unterschied von der unsrigen besser einzusehen. – Findet man nöthig, auch eine Sprache sprechen zu lernen, so unter|a82|nehme man es nur nicht eher, als bis man eine Fertigkeit hat sie gut zu schreiben, weil man sich sonst zu leicht Nachläßigkeit im Ausdruck angewöhnt, und das, was unsrer Sprache eigen ist, in die fremde überträgt; wenigstens müßte man nur mit solchen sprechen, die eine genugsame feine Kenntniß der fremden Sprache besitzen, um unsre Fehler verbessern zu können. Je früher man zu sprechen anfängt, ohne durch das Lesen guter Schriftsteller genug gebildet zu seyn, je mehr werden uns die Fehler im Sprechen anhängen und je schwerer werden sie sich ausrotten lassen.

89.

Bey allen diesen Uebungen versteht sichs, daß man immer vom Leichtern zum Schwerern fortgehen, sonach auch im Lesen, Uebersetzen, Schreiben und Reden, anfänglich nur auf das Gewöhnlichere und auf die Reinigkeit der Sprache, nach und nach erst auf ihre Feinheit und Zierlichkeit, auf die verborgnere Güte des Ausdrucks, und auf die Schönheit die sich durch das Ganze ergießt, Acht geben müsse. Sind in einer Sprache Schriften vorhanden, welche die besondere Feinheit einer Sprache entwickeln, oder feine Kritiken über das Schöne musterhafter Schriftsteller enthalten: so kan das fleißige Studiren solcher Schriften, noch mehr aber der musterhaften Schriften in einer Sprache selbst, und die sorgfältige Vergleichung solcher Stellen, wo diese oder andre die nehmlichen Gedanken verschiedentlich ausdrücken, nebst dem Nachdenken, warum und worin eine Art |a83| des Ausdrucks die andre übertreffe, uns in Entdeckung des Feinern in einer Sprache sehr weit bringen.Bey allen diesen Uebungen versteht sichs, daß man immer vom Leichtern zum Schwerern fortgehen, sonach auch im Lesen, Uebersetzen, Schreiben und Reden, anfänglich nur auf das Gewöhnlichere und auf die Reinigkeit der Sprache, nach und nach erst auf ihre Feinheit und Zierlichkeit, auf die verborgnere Güte des Ausdrucks, und auf die Schönheit die sich durch das Ganze ergießt, Acht geben müsse. Sind in einer Sprache Schriften vorhanden, welche die besondere Feinheit einer Sprache entwickeln, oder feine Kritiken über das Schöne musterhafter Schriftsteller enthalten: so kan das fleißige Studiren solcher Schriften, noch mehr aber der musterhaften Schriften in einer Sprache selbst, und die sorgfältige Vergleichung solcher Stellen, wo diese oder andre die nehmlichen Gedanken verschiedentlich ausdrücken, nebst dem Nachdenken, warum und worin eine Art |a83| des Ausdrucks die andre übertreffe, uns in Entdeckung des Feinern in einer Sprache sehr weit bringen.

90.

Und nun erst könnte man sich an die Kritik im engsten Verstande wagen, wozu, wenn sie nicht mißrathen soll, innige Bekanntschaft mit der Sprache und besonders mit einem Schriftsteller und dem was ihm eigen ist, so nothwendig erfordert wird als Kenntniß der Handschriften, ihrer Züge, der leichtern Verwechslungen die mit Buchstaben und Zügen vorgegangen sind, und überhaupt der Umstände, die Veränderungen bey Abschriften der Bücher verursacht haben.Und nun erst könnte man sich an die Kritik im engsten Verstande wagen, wozu, wenn sie nicht mißrathen soll, innige Bekanntschaft mit der Sprache und besonders mit einem Schriftsteller und dem was ihm eigen ist, so nothwendig erfordert wird als Kenntniß der Handschriften, ihrer Züge, der leichtern Verwechslungen die mit Buchstaben und Zügen vorgegangen sind, und überhaupt der Umstände, die Veränderungen bey Abschriften der Bücher verursacht haben.
Für den Anfang sind solche Bücher wie
  • Io. Clerici Ars critica, Edit. 4. Amst. 1712 in 3 Oktavbänden, im dritten Theil.
  • Christoph. Aug. Heumanni Parerga critica, Jenae 1712 8.
  • Elémens de Critique – – par l'Abbé Morel, à Paris 1766 in gr. 12.
immer gut genug. Wer weiter gehn will, muß solche Kritiker, die in ihren vorgeschlagnen Verbesserungen fürsichtig sind und die in dem §. bemerkte Erfordernisse besitzen, mit den Gründen zu versuchten Aenderungen , und, wenn er es haben kan, alte Handschriften, neben diesen aber, oder wenn er dazu keine Gelegenheit hat, solche Werke studiren, die eine Sammlung verschiedner Schriftarten und Züge enthalten, als die
  • |a84| Palaeographia graeca – – opera et studio Bern. de Montfaucon, Paris. 1708. Fol.
  • De re diplomatica libri VI. – – op. et st. Joh. Mabillon, Edit. 2. Lut. Paris. 1709. Fol. und noch mehr den
  • Nouveau traité de Diplomatique – – par deux Religieux Benedictins, (Charl. Franc. Toustain et René Prosp. Tassin.) à Paris 1750–1765. in 6 Bänden in gr. 4. (übersetzt: Neues Lehrgebäude der Diplomatik, Frankfurt 1759–69. 9 Bände in gr. 4.)
  • Joh. Christoph. Gattereri Elementa artis diplomaticae, Vol. prius, Goetting. 1765. in 4.
  • Clavis diplomatica – – st. et op. Dan. Eberh. Baringii, Hanover. 1737. 4. und
  • Lexicon diplomaticum – – stud. Io. Ludolfi Waltheri, Goetting. 1745–47 in 3 Partt.

91.

Sprachen zu lernen ist nöthig, entweder weil wir sie bey unserm eignen Denken und den Fortschritten darin nicht entbehren können, oder Andern unsre Gedanken und Gesinnungen mitzutheilen, oder vermittelst der Sprachen uns Anderer Kenntnisse und Leitungen zu Nutz zu machen (§. 59 f.). Dieser dreyfache Nutzen der Sprachen und der mehrere oder mindere Einfluß einer Sprache auf die Beförderung unsrer Haupt- oder Nebenabsichten bey dem Beruf, dem wir uns widmen, muß uns stets leiten wenn die Frage ist: welche Sprachen wir lernen, und auf welche wir uns vorzüglich legen |a85| müssen? Hiernach, und vorausgesetzt, theils daß hier eigentlich auf die Bildung zu einem künftigen Lehrer der Religion und zu einem Gelehrten zu sehen sey, theils daß die christliche Religionskenntniß aus der richtig verstandnen heiligen Schrift geschöpft werden müsse, theils daß eine Sprache um so vorzüglicher zu treiben sey, je zu mehreren der drey erwähnten Absichten sie nöthig ist: würden – die Deutsche, – die Lateinische, – die Griechische, – die Hebräische, – und um der letztern willen die mit ihr verwandten Mundarten – sonst aber die Französische – Englische – und allenfalls die Italienische, bey dem, der sich der Theologie widmet, in Anschlag kommen müssen.Sprachen zu lernen ist nöthig, entweder weil wir sie bey unserm eignen Denken und den Fortschritten darin nicht entbehren können, oder Andern unsre Gedanken und Gesinnungen mitzutheilen, oder vermittelst der Sprachen uns Anderer Kenntnisse und Leitungen zu Nutz zu machen (§. 59 f.). Dieser dreyfache Nutzen der Sprachen und der mehrere oder mindere Einfluß einer Sprache auf die Beförderung unsrer Haupt- oder Nebenabsichten bey dem Beruf, dem wir uns widmen, muß uns stets leiten wenn die Frage ist: welche Sprachen wir lernen, und auf welche wir uns vorzüglich legen |a85| müssen? Hiernach, und vorausgesetzt, theils daß hier eigentlich auf die Bildung zu einem künftigen Lehrer der Religion und zu einem Gelehrten zu sehen sey, theils daß die christliche Religionskenntniß aus der richtig verstandnen heiligen Schrift geschöpft werden müsse, theils daß eine Sprache um so vorzüglicher zu treiben sey, je zu mehreren der drey erwähnten Absichten sie nöthig ist: würden – die Deutsche, – die Lateinische, – die Griechische, – die Hebräische, – und um der letztern willen die mit ihr verwandten Mundarten – sonst aber die Französische – Englische – und allenfalls die Italienische, bey dem, der sich der Theologie widmet, in Anschlag kommen müssen.
Die vier ersten – und zwar in der Ordnung wie sie hier angegeben worden, – sind ihm unentbehrlich; die andern können, nach verschiednen weitern oder eingeschränktern Umständen und Absichten, nöthig, sonst wenigstens doch unter den übrigen Sprachen die nützlichsten seyn.

92.

Der deutschen, so wie der Muttersprache überhaupt, sollte der vorzüglichste Fleiß gewidmet werden. Es ist schon unnatürlich mit seiner Muttersprache, oder mit der, die, unsern Umständen nach, ihre Stelle vertritt, d. i. in der wir gemeiniglich denken, weniger bekannt zu seyn, und Undank gegen die göttliche Fürsehung, die uns gerade mit der Nation, wozu wir gehören, in die nächste Verbindung gesetzt, uns, vornehmlich zu ihrem Besten |a86| zu arbeiten, bestimmt hat. – Hängt die Bildung unsrer Seele von der Sprache ab: so erfordert unstreitig die Sprache unsre meiste Aufmerksamkeit, in der wir gewöhnlich und am meisten denken – und die wir auch bey denen, mit welchen wir am häufigsten umgehn oder welchen wir in der Religion weiter forthelfen müssen, am meisten brauchen. – Sind wir in dieser Sprache, die für uns die unentbehrlichste ist, zurück: wer kan sich da des Verdachts erwähren, daß wir es in minder nothwendigen Kenntnissen noch mehr seyn werden? wenigstens, daß wir die Wahl zwischen dem Nöthigern und Entbehrlichern nicht zu treffen wissen?Der deutschen, so wie der Muttersprache überhaupt, sollte der vorzüglichste Fleiß gewidmet werden. Es ist schon unnatürlich mit seiner Muttersprache, oder mit der, die, unsern Umständen nach, ihre Stelle vertritt, d. i. in der wir gemeiniglich denken, weniger bekannt zu seyn, und Undank gegen die göttliche Fürsehung, die uns gerade mit der Nation, wozu wir gehören, in die nächste Verbindung gesetzt, uns, vornehmlich zu ihrem Besten |a86| zu arbeiten, bestimmt hat. – Hängt die Bildung unsrer Seele von der Sprache ab: so erfordert unstreitig die Sprache unsre meiste Aufmerksamkeit, in der wir gewöhnlich und am meisten denken – und die wir auch bey denen, mit welchen wir am häufigsten umgehn oder welchen wir in der Religion weiter forthelfen müssen, am meisten brauchen. – Sind wir in dieser Sprache, die für uns die unentbehrlichste ist, zurück: wer kan sich da des Verdachts erwähren, daß wir es in minder nothwendigen Kenntnissen noch mehr seyn werden? wenigstens, daß wir die Wahl zwischen dem Nöthigern und Entbehrlichern nicht zu treffen wissen?
Man kan sich von dieser vorzüglichen Nothwendigkeit noch mehr überzeugen, wenn man die deutsche Sprache gegen fremde überhaupt und besonders gegen alte und ausgestorbene Sprache hält.Man kan sich von dieser vorzüglichen Nothwendigkeit noch mehr überzeugen, wenn man die deutsche Sprache gegen fremde überhaupt und besonders gegen alte und ausgestorbene Sprache hält.
1. Durch die Muttersprache erhalten wir unsre ersten Begriffe, welche dadurch und durch den häufigen Gebrauch sich nicht nur am geschwindesten in der Seele darstellen und die Schnelligkeit im Denken befördern, sondern auch anschaulicher und lebendiger werden, als durch Wörter einer fremden Sprache, die erst, vermittelst der Wörter in der Muttersprache, Begriffe erregen können. Und immer können wir Aufklärung und was davon abhängt, allgemeiner machen, wenn wir uns der Muttersprache bedienen, die allgemeiner verständlich ist. (Eberhards Vorlesung über die Zeichen der Aufklärung einer Nation, Halle 1783. 8. S. 24 f.) 1. Durch die Muttersprache erhalten wir unsre ersten Begriffe, welche dadurch und durch den häufigen Gebrauch sich nicht nur am geschwindesten in der Seele darstellen und die Schnelligkeit im Denken befördern, sondern auch anschaulicher und lebendiger werden, als durch Wörter einer fremden Sprache, die erst, vermittelst der Wörter in der Muttersprache, Begriffe erregen können. Und immer können wir Aufklärung und was davon abhängt, allgemeiner machen, wenn wir uns der Muttersprache bedienen, die allgemeiner verständlich ist. (Eberhards Vorlesung über die Zeichen der Aufklärung einer Nation, Halle 1783. 8. S. 24 f.)
2. In ausgestorbnen Sprachen (die lateinische ausgenommen, welche, als gelehrte Sprache betrachtet, noch lebt) denkt und spricht man fast gar nicht; es gehen ihnen also zwey Vortheile ab, um derer willen |a87| die Erlernung einer Sprache nöthig ist. Ueberdies ists überhaupt oder doch ohne Weitschweifigkeit oder ohne Gefahr eine alte Sprache zu verstellen, unmöglich, die so häufigen neuen Begriffe darin auszudrücken. Und lebendige Sprachen, vorzüglich die deutsche, können vieles, sonderlich die Begriffe selbst, viel deutlicher darstellen als es die alten, bey mehr dunkeln Begriffen, konnten. (Adelung Magazin für die deutsche Sprache, erster Jahrgang, zweytes Stück S. 3 f.) Auch in sofern gewinnt unsre eigne und Andrer Cultur durch den auf unsre Muttersprache gewendeten Fleiß.2. In ausgestorbnen Sprachen (die lateinische ausgenommen, welche, als gelehrte Sprache betrachtet, noch lebt) denkt und spricht man fast gar nicht; es gehen ihnen also zwey Vortheile ab, um derer willen |a87| die Erlernung einer Sprache nöthig ist. Ueberdies ists überhaupt oder doch ohne Weitschweifigkeit oder ohne Gefahr eine alte Sprache zu verstellen, unmöglich, die so häufigen neuen Begriffe darin auszudrücken. Und lebendige Sprachen, vorzüglich die deutsche, können vieles, sonderlich die Begriffe selbst, viel deutlicher darstellen als es die alten, bey mehr dunkeln Begriffen, konnten. (Adelung Magazin für die deutsche Sprache, erster Jahrgang, zweytes Stück S. 3 f.) Auch in sofern gewinnt unsre eigne und Andrer Cultur durch den auf unsre Muttersprache gewendeten Fleiß.

93.

Es ist auch nicht genug, daß wir unsre Muttersprache durch Uebung nothdürftig lernen, sie verdient selbst studirt zu werden. Schon deswegen, weil sie, wie oben gezeigt worden ist, einen so grossen Einfluß, selbst durch Kleinigkeiten, auf unsre Erkenntniß und Gesinnung, auf unsern Vortrag und auf die Benutzung Andrer hat. Und was man bloß durch Uebung lernt, das lernt man auch mit seinen Fehlern, und gewöhnt sich eine Nachläßigkeit an, die um so schwerer abgelegt, selbst um so weniger nur bemerkt werden kan, je mehr sie durch den steten Gebrauch zur andern Natur worden ist.Es ist auch nicht genug, daß wir unsre Muttersprache durch Uebung nothdürftig lernen, sie verdient selbst studirt zu werden. Schon deswegen, weil sie, wie oben gezeigt worden ist, einen so grossen Einfluß, selbst durch Kleinigkeiten, auf unsre Erkenntniß und Gesinnung, auf unsern Vortrag und auf die Benutzung Andrer hat. Und was man bloß durch Uebung lernt, das lernt man auch mit seinen Fehlern, und gewöhnt sich eine Nachläßigkeit an, die um so schwerer abgelegt, selbst um so weniger nur bemerkt werden kan, je mehr sie durch den steten Gebrauch zur andern Natur worden ist.

94.

Dieses Studiren der deutschen Sprache müßte sich vornehmlich auf die Mundart erstrecken, die gewöhnlich in Schriften, im gesittetern Umgang und im Vortrag gebraucht wird, d. i. auf das Hochdeutsche. Man müßte sich 1) befleißigen gut |a88| aussprechen zu lernen, d. i. nicht nur verständlich und richtig, sondern auch genau den Sachen und ihrem Ausdruck gemäß, 2) einer richtigen Rechtschreibung zu folgen, wovon man die besten Grundsätze in
  • Pütters Bemerkungen über die Richtigkeit und Rechtschreibung der deutschen Sprache, Göttingen 1780 in 8. und
  • Adelungs Magazin für die d. Spr. Jahrg. 1. St. 1. S. 59 f. St. 3. S. 3 f. auch in desselben Grundsätzen der deutschen Orthographie, Leipz. 1782. gr. 8.
findet. Da das Hochdeutsche die jetzige allgemein angenommne deutsche Schriftsprache ist: so giebt der feinere Sprachgebrauch in den Gegenden, wo man Hochdeutsch spricht, billig die Regel im richtigen Sprechen und Schreiben.Dieses Studiren der deutschen Sprache müßte sich vornehmlich auf die Mundart erstrecken, die gewöhnlich in Schriften, im gesittetern Umgang und im Vortrag gebraucht wird, d. i. auf das Hochdeutsche. Man müßte sich 1) befleißigen gut |a88| aussprechen zu lernen, d. i. nicht nur verständlich und richtig, sondern auch genau den Sachen und ihrem Ausdruck gemäß, 2) einer richtigen Rechtschreibung zu folgen, wovon man die besten Grundsätze in
  • Pütters Bemerkungen über die Richtigkeit und Rechtschreibung der deutschen Sprache, Göttingen 1780 in 8. und
  • Adelungs Magazin für die d. Spr. Jahrg. 1. St. 1. S. 59 f. St. 3. S. 3 f. auch in desselben Grundsätzen der deutschen Orthographie, Leipz. 1782. gr. 8.
findet. Da das Hochdeutsche die jetzige allgemein angenommne deutsche Schriftsprache ist: so giebt der feinere Sprachgebrauch in den Gegenden, wo man Hochdeutsch spricht, billig die Regel im richtigen Sprechen und Schreiben.
Hieher gehört auch die richtige Abtheilung der Rede, die sich stets nach dem Verstande des Gesagten oder Geschriebnen richten muß. S. die Lehre von der Interpunction – – von Joh. Friedr. Heynatz, verbesserte Ausgabe, Berlin 1782 in 8.

95.

Man müßte sich 3) rein ausdrücken lernen, d. i. so deutsch und frey von ausländischen oder nur einer besondern Mundart eignen Wörtern, Redensarten oder ihren Verbindungen, als es immer die Deutlichkeit und die Nothwendigkeit leidet, das, was man sagen will, vollständig und genau darzu|a89|stellen ; auch in Wörtern und Redensarten, ihren Bedeutungen, Beugungen und Verbindungen, dem gemäß , was der Sprachgebrauch der obern Classen in den, auch in Absicht auf deutsche Sprache, ausgebildetsten Provinzien mit sich bringt.Man müßte sich 3) rein ausdrücken lernen, d. i. so deutsch und frey von ausländischen oder nur einer besondern Mundart eignen Wörtern, Redensarten oder ihren Verbindungen, als es immer die Deutlichkeit und die Nothwendigkeit leidet, das, was man sagen will, vollständig und genau darzu|a89|stellen ; auch in Wörtern und Redensarten, ihren Bedeutungen, Beugungen und Verbindungen, dem gemäß , was der Sprachgebrauch der obern Classen in den, auch in Absicht auf deutsche Sprache, ausgebildetsten Provinzien mit sich bringt.
Adelungs Magazin für die d. Spr. Jahrg. 1. St. 1. Aufsatz 1 und 2, vergl. mit Stück 2. Aufsatz 7. und Stück 4. Aufsatz 4. 5 und 7, betreffend die Gegenden, deren Sprachgebrauch billig die Regel für die Reinigkeit des Ausdrucks angiebt; und von dem Vorzug des Sprachgebrauchs vor bloßer Analogie und Regeln, ebendaselbst Stück 2. Aufs. 6.

96.

Hierzu sind gute Sprachlehren, Wörterbücher und feinere Beobachtungen über deutsche Sprache von grossem Nutzen; – schon deswegen, weil es nirgends nöthiger ist erinnert und auf unerkannte Fehler aufmerksam gemacht zu werden, als in einer bloß durch Uebung erlernten Sprache, wo man so unvermerkt Fehler annimmt und beybehält, zumal wenn sie Ansehen für sich haben, und durch Provinzial-Eigensinn verstärkt werden. Noch mehr aber, weil dazu, sonderlich wenn man mehr als rein, wenn man auch gut, im ganzen Umfang des Wortes, sich ausdrücken will, nicht nur viel feine Empfindung desjenigen, was Schicklich und Gut überhaupt ist, sondern auch Bekanntschaft mit dem erfordert wird, was dergleichen nach den conventionellen Begriffen der Nation und derjenigen Provinz ist, deren Ausdruck in die Schriftsprache übergegangen ist. Selbst dazu ist genaue Bekanntschaft |a90| mit claßischen Schriftstellern der Nation oder vielmehr kritisches Studium ihrer Schriften, Kenntniß der Abkunft der Wörter und Redensarten, und der Geschichte des Sprachgebrauchs, vornehmlich des veredelten, und Philosophie über Sprache überhaupt und besonders über das Eigne der deutschen Sprache, nöthig. Wäre das nicht mit Dank anzunehmen, was hierin von Männern, die dieses in ihrer Gewalt hatten, wenigstens theilweise geleistet worden ist?Hierzu sind gute Sprachlehren, Wörterbücher und feinere Beobachtungen über deutsche Sprache von grossem Nutzen; – schon deswegen, weil es nirgends nöthiger ist erinnert und auf unerkannte Fehler aufmerksam gemacht zu werden, als in einer bloß durch Uebung erlernten Sprache, wo man so unvermerkt Fehler annimmt und beybehält, zumal wenn sie Ansehen für sich haben, und durch Provinzial-Eigensinn verstärkt werden. Noch mehr aber, weil dazu, sonderlich wenn man mehr als rein, wenn man auch gut, im ganzen Umfang des Wortes, sich ausdrücken will, nicht nur viel feine Empfindung desjenigen, was Schicklich und Gut überhaupt ist, sondern auch Bekanntschaft mit dem erfordert wird, was dergleichen nach den conventionellen Begriffen der Nation und derjenigen Provinz ist, deren Ausdruck in die Schriftsprache übergegangen ist. Selbst dazu ist genaue Bekanntschaft |a90| mit claßischen Schriftstellern der Nation oder vielmehr kritisches Studium ihrer Schriften, Kenntniß der Abkunft der Wörter und Redensarten, und der Geschichte des Sprachgebrauchs, vornehmlich des veredelten, und Philosophie über Sprache überhaupt und besonders über das Eigne der deutschen Sprache, nöthig. Wäre das nicht mit Dank anzunehmen, was hierin von Männern, die dieses in ihrer Gewalt hatten, wenigstens theilweise geleistet worden ist?

97.

Wie fern man sich jemandes Leitung hierin anvertrauen könne, dies muß die Prüfung lehren, ob und in welchem Maaß er die erwähnten Eigenschaften besitze. Denn, weil es vielen, die sich dieses Verdienst zu erwerben gesucht haben, mehr oder weniger, an dieser oder jener Eigenschaft fehlt, ihre Grundsätze oft sehr verschieden sind, manche zu früh und zu allgemein entschieden, andre zu viel bloß vorgeschlagen, und zu wenig nach Gründen festgesetzt haben, auch bey vielen der Hang zum Sonderbaren viel Gutes verderbet oder unverständlich gemacht hat: so ist fürsichtige Auswahl sehr nöthig.Wie fern man sich jemandes Leitung hierin anvertrauen könne, dies muß die Prüfung lehren, ob und in welchem Maaß er die erwähnten Eigenschaften besitze. Denn, weil es vielen, die sich dieses Verdienst zu erwerben gesucht haben, mehr oder weniger, an dieser oder jener Eigenschaft fehlt, ihre Grundsätze oft sehr verschieden sind, manche zu früh und zu allgemein entschieden, andre zu viel bloß vorgeschlagen, und zu wenig nach Gründen festgesetzt haben, auch bey vielen der Hang zum Sonderbaren viel Gutes verderbet oder unverständlich gemacht hat: so ist fürsichtige Auswahl sehr nöthig.

98.

Unter den bisherigen Versuchen einer deutschen Sprachlehre, behaupten die dahin gehörigen Adelungischen Bücher,
  • Deutsche Sprachlehre, zum Gebrauch der Schulen in den Königl. Preußischen Landen, Berlin 1781 in 8.
  • |a91| Auszug aus der deutsch. Spr. L. für Schüler, eben das. 1782. in 8. und
  • Umständliches Lehrgebäude der deutschen Sprache etc. Leipzig 1781 und 1782, in 2 Bänden in gr. 8.
in Hinsicht auf alle §. 96 erwähnte Eigenschaften, den vornehmsten Rang.Unter den bisherigen Versuchen einer deutschen Sprachlehre, behaupten die dahin gehörigen Adelungischen Bücher,
  • Deutsche Sprachlehre, zum Gebrauch der Schulen in den Königl. Preußischen Landen, Berlin 1781 in 8.
  • |a91| Auszug aus der deutsch. Spr. L. für Schüler, eben das. 1782. in 8. und
  • Umständliches Lehrgebäude der deutschen Sprache etc. Leipzig 1781 und 1782, in 2 Bänden in gr. 8.
in Hinsicht auf alle §. 96 erwähnte Eigenschaften, den vornehmsten Rang.

99.

Brauchbare Wörterbücher in Absicht auf die jetzige schon gebildete deutsche Sprache haben wir nur zwey:
  • Johann Leonhard Frisch teutsch-lateinisches Wörterbuch, Berlin 1741. in gr. 4., als ein allgemeineres doch mehr zur Geschichte der Sprache dienliches, und den weit vollkommnern
  • Versuch eines grammatischkritischen Wörterbuchs der hochdeutschen Mundart (von Joh. Christoph Adelung) Leipzig 1773–1780, bis jetzt in 4 Theilen in gr. 4.
Brauchbare Wörterbücher in Absicht auf die jetzige schon gebildete deutsche Sprache haben wir nur zwey:
  • Johann Leonhard Frisch teutsch-lateinisches Wörterbuch, Berlin 1741. in gr. 4., als ein allgemeineres doch mehr zur Geschichte der Sprache dienliches, und den weit vollkommnern
  • Versuch eines grammatischkritischen Wörterbuchs der hochdeutschen Mundart (von Joh. Christoph Adelung) Leipzig 1773–1780, bis jetzt in 4 Theilen in gr. 4.

100.

Unter der ziemlichen Menge solcher Bücher, die Beobachtungen über die deutsche Sprache und über einzle Theile derselben, enthalten, sind, in verschiedner Absicht, wenige mit
  • S. J. E. Stosch Versuch in richtiger Bestimmung einiger gleichbedeutenden Wörter der deutschen Sprache, erster Theil, neue Aufl. Frankfurt an der Oder 1777, zweyter das. 1772 und dritter 1773. in gr. 8.
  • Ebendesselben Kleinen Beyträgen zur nähern Kenntniß der deutschen Sprache, Berlin 1778. in 8.
  • |a92| dem Magazin für die deutsche Sprache von J. C. Adelung, bis jetzt erster Jahrgang in 4 Stücken, Leipz. 1782 und 83 in 8, und der
  • Deutschen Sprachlehre für Damen, in Briefen, von Carl Philipp Moritz, Berlin 1782. in 8.
zu vergleichen.Unter der ziemlichen Menge solcher Bücher, die Beobachtungen über die deutsche Sprache und über einzle Theile derselben, enthalten, sind, in verschiedner Absicht, wenige mit
  • S. J. E. Stosch Versuch in richtiger Bestimmung einiger gleichbedeutenden Wörter der deutschen Sprache, erster Theil, neue Aufl. Frankfurt an der Oder 1777, zweyter das. 1772 und dritter 1773. in gr. 8.
  • Ebendesselben Kleinen Beyträgen zur nähern Kenntniß der deutschen Sprache, Berlin 1778. in 8.
  • |a92| dem Magazin für die deutsche Sprache von J. C. Adelung, bis jetzt erster Jahrgang in 4 Stücken, Leipz. 1782 und 83 in 8, und der
  • Deutschen Sprachlehre für Damen, in Briefen, von Carl Philipp Moritz, Berlin 1782. in 8.
zu vergleichen.
Mehrere, auch in Absicht auf die Abkunft der Wörter und die Geschichte dieser Sprache, anzuführen, ist der hiesigen Absicht nicht gemäß und um so weniger nöthig, da sie in den angeführten Werken meistens benutzt worden sind. Das erwähnte Adelungische Magazin und J. C. C. Rüdigers Neuester Zuwachs der deutschen- und allgemeinen Sprachkunde, Leipzig 1782 und 83, bis jetzt in 2 Stücken in 8, geben, zumahl von den neuesten, nähere Nachricht.

101.

Ausser dem reinen Ausdruck müßte man sich auch 4) gut ausdrücken lernen, d. i. – mit unterhaltender Klarheit, die sich von unverständlicher Kürze und ermüdender oder doch entbehrlicher Weitläufigkeit gleich weit entfernt hielte – in einer natürlichen und dem Eindruck, den man machen will, angemessensten Ordnung – mit möglichster Bestimmtheit, die eben so sehr der ganzen Fülle der Gedanken entspreche als die Gelegenheit zum Mißverstande abschneide – in steter Hinsicht auf das was schicklich und sowohl der Sache, über die man sich ausdrückt, als dem Zweck, worauf man arbeitet, angemessen ist – und, soweit es diese Sache und dieser Zweck erlaubt, so einleuchtend für den Verstand, so gefällig für den Geschmack, |a93| und so eindrücklich für das Herz, als es unserer gebildeten Denkungsart natürlich ist.Ausser dem reinen Ausdruck müßte man sich auch 4) gut ausdrücken lernen, d. i. – mit unterhaltender Klarheit, die sich von unverständlicher Kürze und ermüdender oder doch entbehrlicher Weitläufigkeit gleich weit entfernt hielte – in einer natürlichen und dem Eindruck, den man machen will, angemessensten Ordnung – mit möglichster Bestimmtheit, die eben so sehr der ganzen Fülle der Gedanken entspreche als die Gelegenheit zum Mißverstande abschneide – in steter Hinsicht auf das was schicklich und sowohl der Sache, über die man sich ausdrückt, als dem Zweck, worauf man arbeitet, angemessen ist – und, soweit es diese Sache und dieser Zweck erlaubt, so einleuchtend für den Verstand, so gefällig für den Geschmack, |a93| und so eindrücklich für das Herz, als es unserer gebildeten Denkungsart natürlich ist.

102.

Sehr viel und das meiste trägt hiezu der Umgang mit solchen Personen und das Lesen oder vielmehr das, auch in Absicht auf Ausdruck, sorgfältige Studiren solcher deutschen Schriftsteller bey, welche die vorhin (§. 94 101 ) erwähnte Tugenden in Absicht auf guten deutschen Ausdruck vorzüglich in ihrer Gewalt haben. Denn eben durch sie lernt man die ausgebildetste Mundart; sie läutern die Sprache, heben das Bewährteste aus und bringen es am meisten in Umlauf; sie theilen auch der Sprache etwas von ihrem Genie, wär es auch nur durch neue Wendungen, mit, das, wenn es auch nicht üblich wäre, doch werth seyn kan üblich zu werden und es durch ihr Ansehen auch wird; sie bilden also in so fern die Sprache allerdings aus *) . Nur haben sie kein Recht, es willkührlich zu thun, und, um ihnen nicht blindlings oder übereilt zu folgen, ist wohl zu untersuchen, ob die, welche Neuerungen wagen, genugsame Sprachkenntniß und geläuterten Geschmack haben? ob ihre Versuche den Regeln und der Analogie der guten deutschen Sprache gemäß sind? ob sie nicht, besonders aus Nachahmung der Ausländer, den Geist der deutschen Sprache umschaffen, und ihr Kraft, Deutlichkeit und Bestimmtheit entziehen? ob sie gute Neuerungen am rechten Ort angebracht und z. B. nicht Prose und Poesie, komische und ernsthafte |a94| Schreibart, verwechselt haben. Eben diesen Unterschied müßte man bey der Nachahmung wohl vor Augen behalten.Sehr viel und das meiste trägt hiezu der Umgang mit solchen Personen und das Lesen oder vielmehr das, auch in Absicht auf Ausdruck, sorgfältige Studiren solcher deutschen Schriftsteller bey, welche die vorhin (§. 94 101 ) erwähnte Tugenden in Absicht auf guten deutschen Ausdruck vorzüglich in ihrer Gewalt haben. Denn eben durch sie lernt man die ausgebildetste Mundart; sie läutern die Sprache, heben das Bewährteste aus und bringen es am meisten in Umlauf; sie theilen auch der Sprache etwas von ihrem Genie, wär es auch nur durch neue Wendungen, mit, das, wenn es auch nicht üblich wäre, doch werth seyn kan üblich zu werden und es durch ihr Ansehen auch wird; sie bilden also in so fern die Sprache allerdings aus *) . Nur haben sie kein Recht, es willkührlich zu thun, und, um ihnen nicht blindlings oder übereilt zu folgen, ist wohl zu untersuchen, ob die, welche Neuerungen wagen, genugsame Sprachkenntniß und geläuterten Geschmack haben? ob ihre Versuche den Regeln und der Analogie der guten deutschen Sprache gemäß sind? ob sie nicht, besonders aus Nachahmung der Ausländer, den Geist der deutschen Sprache umschaffen, und ihr Kraft, Deutlichkeit und Bestimmtheit entziehen? ob sie gute Neuerungen am rechten Ort angebracht und z. B. nicht Prose und Poesie, komische und ernsthafte |a94| Schreibart, verwechselt haben. Eben diesen Unterschied müßte man bey der Nachahmung wohl vor Augen behalten.
*) Hiernach möchte das zu beurtheilen seyn, was in dem Adelungschen Magazin Jahrgang 1. Stück 3. Aufsatz 4 behauptet wird.

103.

Daß man sich auch, um des guten Ausdrucks in seiner Muttersprache mächtig zu werden, in schriftlichen Aufsätzen üben, dabey auf alles bisher gesagte mit sorgfältigem Fleiß, selbst in Kleinigkeiten, sehen, ja nicht eher an das Schönschreiben denken müsse, ehe man nicht Reinigkeit und die übrigen wesentlichen Tugenden einer guten Schreibart in seiner Gewalt hat; – daß man eben so sorgfältig sich im Sprechen den guten Ausdruck angewöhnen; – sich von Kennern und strengen Beobachtern des guten deutschen Ausdrucks beurtheilen, zurechtweisen lassen und ihnen mehr als dem Kitzel eines aufwallenden Genies, regellosen Beyspielen oder der bloßen Mode, folgen müsse; – dieses sollte kaum einer Erinnerung bedürfen.Daß man sich auch, um des guten Ausdrucks in seiner Muttersprache mächtig zu werden, in schriftlichen Aufsätzen üben, dabey auf alles bisher gesagte mit sorgfältigem Fleiß, selbst in Kleinigkeiten, sehen, ja nicht eher an das Schönschreiben denken müsse, ehe man nicht Reinigkeit und die übrigen wesentlichen Tugenden einer guten Schreibart in seiner Gewalt hat; – daß man eben so sorgfältig sich im Sprechen den guten Ausdruck angewöhnen; – sich von Kennern und strengen Beobachtern des guten deutschen Ausdrucks beurtheilen, zurechtweisen lassen und ihnen mehr als dem Kitzel eines aufwallenden Genies, regellosen Beyspielen oder der bloßen Mode, folgen müsse; – dieses sollte kaum einer Erinnerung bedürfen.

104.

Unter den übrigen lebendigen Sprachen ist die französische, englische und allenfalls die italienische dem, der sich der Theologie widmet, am nützlichsten. Denn – diese Nationen sind unstreitig, neben der Deutschen, auch in Absicht auf |a95| Sprache, am meisten gebildet; – ihre Sprache ist die Sprache der feinern Welt geworden und bekommt dadurch selbst den meisten, guten und nachtheiligen, Einfluß auf feinere deutsche Sprache und Sitten; die Französische insbesondre hat sich auch in Deutschland unter allen die gebildet heissen wollen, so sehr ausgebreitet, daß es fast Schande ist, es wenigstens nicht zu verstehen; – auch sind diese Sprachen, vor andern ausländischen, die, in welchen die besten Schriften, zur Theologie selbst, vorhanden sind. – Daß nur weder der deutsche Geist, noch das Gute der deutschen Sprache, darunter leide!Unter den übrigen lebendigen Sprachen ist die französische, englische und allenfalls die italienische dem, der sich der Theologie widmet, am nützlichsten. Denn – diese Nationen sind unstreitig, neben der Deutschen, auch in Absicht auf |a95| Sprache, am meisten gebildet; – ihre Sprache ist die Sprache der feinern Welt geworden und bekommt dadurch selbst den meisten, guten und nachtheiligen, Einfluß auf feinere deutsche Sprache und Sitten; die Französische insbesondre hat sich auch in Deutschland unter allen die gebildet heissen wollen, so sehr ausgebreitet, daß es fast Schande ist, es wenigstens nicht zu verstehen; – auch sind diese Sprachen, vor andern ausländischen, die, in welchen die besten Schriften, zur Theologie selbst, vorhanden sind. – Daß nur weder der deutsche Geist, noch das Gute der deutschen Sprache, darunter leide!

105.

Man kan gewissermaßen zu den lebenden Sprachen, noch die lateinische rechnen, weil doch noch lateinisch gesprochen und geschrieben wird, und so fern ist es um vieles nothwendiger, sie, als andre alte und ausgestorbne Sprachen, zu verstehen. Unter diesen behaupten die griechische, und die nach ihr gebildete lateinische, große Vorzüge, welche verursacht haben, daß man beyden und allen, aus Lesung der alten Schriftsteller in beyden Sprachen geschöpften, Kenntnissen vorzüglich den Nahmen der (alten) Literatur und Humanität gegeben hat.Man kan gewissermaßen zu den lebenden Sprachen, noch die lateinische rechnen, weil doch noch lateinisch gesprochen und geschrieben wird, und so fern ist es um vieles nothwendiger, sie, als andre alte und ausgestorbne Sprachen, zu verstehen. Unter diesen behaupten die griechische, und die nach ihr gebildete lateinische, große Vorzüge, welche verursacht haben, daß man beyden und allen, aus Lesung der alten Schriftsteller in beyden Sprachen geschöpften, Kenntnissen vorzüglich den Nahmen der (alten) Literatur und Humanität gegeben hat.
Humanität hat zwar bey den alten römischen Schriftstellern einen viel weitern Umfang und begreift alle Arten von Wissenschaften, die zur Bildung des Menschen dienen. S. die Stelle in Gellii noct. Att. XIII, 15 und J. A. Ernesti prolus. de finibus humaniorum |a96| studiorum regendis, Lips. 1738 in 4. Weil aber ihre Kenntniß bey den Römern aus und durch die Lesung guter griechischen und römischen Schriftsteller eigentlich erlangt, auch in neuern Zeiten eben dadurch die gesammte Gelehrsamkeit wiederhergestellt und in Gang gebracht wurde: so ist dadurch der engre Bergif entstanden, in welchem man jetzt Humanität und Humaniora (studia) nimmt.

106.

Freylich wird derjenige schwerlich diesen Nahmen gerecht finden, der in der Einbildung steht, – daß sie höchstens eine Beschäftigung künftiger Schullehrer seyn müsse, und seit der neuesten versuchten Reformation der Schulen, selbst diesem ziemlich entbehrlich sey – daß ihre Kenntniß allenfalls dem Gelehrten zur Zierde gereiche – daß man, weil griechische und römische Werke einmüthig für die besten Quellen des guten Geschmacks gehalten werden, Schande halber mit ihnen nicht ganz unbekannt seyn dürfe – daß wir alles jetzt weit besser wüßten, als es die Alten konnten. Wer so denkt, den wird man so wenig von den Vorzügen dieser alten Literatur überzeugen können, als, von dem Werth der Gelehrsamkeit und der Bildung des Geistes, den, dessen erste Frage immer ist: ob eine Sache etwas, und ob sie vieles einbringe? Wer sie aber auf die Art studirt, die oben (§. 76 85 ) angegeben wurde: der wird bald gewahr werden, daß sie die hohe Achtung, wonach man sie besonders in Schulen zur Bildung künftiger Gelehrten braucht, mit grossem Recht verdiene.Freylich wird derjenige schwerlich diesen Nahmen gerecht finden, der in der Einbildung steht, – daß sie höchstens eine Beschäftigung künftiger Schullehrer seyn müsse, und seit der neuesten versuchten Reformation der Schulen, selbst diesem ziemlich entbehrlich sey – daß ihre Kenntniß allenfalls dem Gelehrten zur Zierde gereiche – daß man, weil griechische und römische Werke einmüthig für die besten Quellen des guten Geschmacks gehalten werden, Schande halber mit ihnen nicht ganz unbekannt seyn dürfe – daß wir alles jetzt weit besser wüßten, als es die Alten konnten. Wer so denkt, den wird man so wenig von den Vorzügen dieser alten Literatur überzeugen können, als, von dem Werth der Gelehrsamkeit und der Bildung des Geistes, den, dessen erste Frage immer ist: ob eine Sache etwas, und ob sie vieles einbringe? Wer sie aber auf die Art studirt, die oben (§. 76 85 ) angegeben wurde: der wird bald gewahr werden, daß sie die hohe Achtung, wonach man sie besonders in Schulen zur Bildung künftiger Gelehrten braucht, mit grossem Recht verdiene.

|a97| 107.

Denn – nicht zu gedenken, daß der künftige Gelehrte, sie, zumal die lateinische Sprache, nach der jetzigen Verfassung der Gelehrsamkeit, nicht entbehren kan; und daß durch Unkunde dieser Sprachen ein grosser Schatz von Begriffen, der in unsre Wissenschaften durch die aus beyden Sprachen entlehnten Kunstwörter übergegangen ist, verlohren geht oder doch unbrauchbarer wird – so ist schon die Kenntniß dieser Sprachen, als Sprachen betrachtet, ein ungemein grosser Gewinn , wenn man das voraussetzt, was oben (§. 59 f.) von dem grossen Einfluß der Sprachen auf die Bildung der Seele gesagt worden ist, und dazu nimmt, daß beyde hier in Untersuchung kommende Sprachen unter die vorzüglich ausgebildeten gehören. Daher ist der Wahn, als wenn man griechische und lateinsche Schriftsteller vornehmlich oder nur um der Sachen willen lesen müsse, und dazu eine nothdürftige Kenntniß dieser Sprachen zureichend sey, ein sichrer Beweis, daß man entweder jenen Einfluß oder die Natur beyder Sprachen nicht genugsam kenne.Denn – nicht zu gedenken, daß der künftige Gelehrte, sie, zumal die lateinische Sprache, nach der jetzigen Verfassung der Gelehrsamkeit, nicht entbehren kan; und daß durch Unkunde dieser Sprachen ein grosser Schatz von Begriffen, der in unsre Wissenschaften durch die aus beyden Sprachen entlehnten Kunstwörter übergegangen ist, verlohren geht oder doch unbrauchbarer wird – so ist schon die Kenntniß dieser Sprachen, als Sprachen betrachtet, ein ungemein grosser Gewinn , wenn man das voraussetzt, was oben (§. 59 f.) von dem grossen Einfluß der Sprachen auf die Bildung der Seele gesagt worden ist, und dazu nimmt, daß beyde hier in Untersuchung kommende Sprachen unter die vorzüglich ausgebildeten gehören. Daher ist der Wahn, als wenn man griechische und lateinsche Schriftsteller vornehmlich oder nur um der Sachen willen lesen müsse, und dazu eine nothdürftige Kenntniß dieser Sprachen zureichend sey, ein sichrer Beweis, daß man entweder jenen Einfluß oder die Natur beyder Sprachen nicht genugsam kenne.

108.

Dieser grosse Vortheil wird bey weiten nicht durch Uebersetzungen der alten classischen Schriftsteller erhalten. Denn – ausserdem daß es überaus wenige Uebersetzungen giebt, die recht eigentlich genau und mit solchem Fleiß ausgefeilt wären, daß sie das Original wirklich nachgezeichnet dar|a98|stellten, und, in Absicht auf den Ausdruck wenigstens, vielleicht gar keine die man für das Original nehmen könnte – bleibt das Eigenthümliche dieser Schriftsteller, zumal im Ausdruck, immer unübersetzbar; bey alten Schriftstellern, die auf den Ausdruck Fleiß gewendet haben, z. B. bey den Briefen des Cicero, kan man sich leicht durch Proben überzeugen. Ist die Uebersetzung eines solchen Schriftstellers auch im Ausdruck, auch in den Wendungen, recht genau: so ist sie gewiß jedem, der einigen Geschmack hat, wegen des Undeutschen und der so ganz fremden Gestalt, unerträglich. Läßt sie sich aber wie ein deutsch Original lesen, oder folgt man der ungereimten Regel, die Alten so reden zu lassen, wie sie geschrieben haben würden, wenn sie Deutsche gewesen wären: so müssen nothwendig gerade die eigenthümlichen Züge des Originals verwischt seyn. An Beybehaltung des Reitzes, der sich durch das Ganze ergießt, der vielsagenden Kürze, des harmonischen Baues der Rede, des Numerus u. dgl. das so sehr gefällt und unsre Seele zum Gefühl einer gewissen Schönheit stimmt, die sich in unsrer Sprache nicht gerade eben so ausdrücken läßt, aber doch die Seele zu ähnlichen Ergiessungen gewöhnt, ist bey Uebersetzungen gar nicht zu gedenken.Dieser grosse Vortheil wird bey weiten nicht durch Uebersetzungen der alten classischen Schriftsteller erhalten. Denn – ausserdem daß es überaus wenige Uebersetzungen giebt, die recht eigentlich genau und mit solchem Fleiß ausgefeilt wären, daß sie das Original wirklich nachgezeichnet dar|a98|stellten, und, in Absicht auf den Ausdruck wenigstens, vielleicht gar keine die man für das Original nehmen könnte – bleibt das Eigenthümliche dieser Schriftsteller, zumal im Ausdruck, immer unübersetzbar; bey alten Schriftstellern, die auf den Ausdruck Fleiß gewendet haben, z. B. bey den Briefen des Cicero, kan man sich leicht durch Proben überzeugen. Ist die Uebersetzung eines solchen Schriftstellers auch im Ausdruck, auch in den Wendungen, recht genau: so ist sie gewiß jedem, der einigen Geschmack hat, wegen des Undeutschen und der so ganz fremden Gestalt, unerträglich. Läßt sie sich aber wie ein deutsch Original lesen, oder folgt man der ungereimten Regel, die Alten so reden zu lassen, wie sie geschrieben haben würden, wenn sie Deutsche gewesen wären: so müssen nothwendig gerade die eigenthümlichen Züge des Originals verwischt seyn. An Beybehaltung des Reitzes, der sich durch das Ganze ergießt, der vielsagenden Kürze, des harmonischen Baues der Rede, des Numerus u. dgl. das so sehr gefällt und unsre Seele zum Gefühl einer gewissen Schönheit stimmt, die sich in unsrer Sprache nicht gerade eben so ausdrücken läßt, aber doch die Seele zu ähnlichen Ergiessungen gewöhnt, ist bey Uebersetzungen gar nicht zu gedenken.

109.

„Es ist aber doch schon vieles aus diesen alten Sprachen in manche neuere übergetragen, es haben auch diese neuere viel eigenthümliche Vollkommenheit, darin sie die Alten übertreffen, und |a99| dadurch scheint das Studium der Alten entbehrlich gemacht zu werden.“ – Entbehrlich nun wohl nicht, wenn auch an dem Gesagten mehr wäre als nicht ist. – Man ist schon weniger aufmerksam auf das was uns bekannter, unsrer Denkungsart, Sitten und Ausdruck gleichförmiger, als was fremd oder ungewohnter ist; schwerlich sind wir geneigt, jenes so, bis auf die feinsten Züge der Schönheit, zu studiren, als dieses. – Neuere Sprachen haben, eben deswegen weil sie im Gange sind und immer an ihrer Bildung gearbeitet wird, weniger bestimmte Schönheit, als die nun keiner schönen Veränderung mehr unterworfnen alten Sprachen . – Je mehr die Schriftsteller, wie dieses der Fall bey den alten ist, in ganz andern Umständen waren, empfanden, dachten, handelten und redeten, als die Unsrigen; je mehr lernen wir, durch den Umgang mit ihnen, die so schwere Kunst, uns in fremde Umstände versetzen, welches unentbehrlich ist um sie recht zu verstehen, zu beurtheilen und williger von ihnen zu lernen; eine Geschmeidigkeit, die zumal für einen Lehrer des Christenthums, sehr vortheilhaft ist, der seine Weisheit aus den alten Büchern der heiligen Schrift schöpfen, unverwandt nach Wahrheit und Liebe trachten, und allen Alles werden soll.„Es ist aber doch schon vieles aus diesen alten Sprachen in manche neuere übergetragen, es haben auch diese neuere viel eigenthümliche Vollkommenheit, darin sie die Alten übertreffen, und |a99| dadurch scheint das Studium der Alten entbehrlich gemacht zu werden.“ – Entbehrlich nun wohl nicht, wenn auch an dem Gesagten mehr wäre als nicht ist. – Man ist schon weniger aufmerksam auf das was uns bekannter, unsrer Denkungsart, Sitten und Ausdruck gleichförmiger, als was fremd oder ungewohnter ist; schwerlich sind wir geneigt, jenes so, bis auf die feinsten Züge der Schönheit, zu studiren, als dieses. – Neuere Sprachen haben, eben deswegen weil sie im Gange sind und immer an ihrer Bildung gearbeitet wird, weniger bestimmte Schönheit, als die nun keiner schönen Veränderung mehr unterworfnen alten Sprachen . – Je mehr die Schriftsteller, wie dieses der Fall bey den alten ist, in ganz andern Umständen waren, empfanden, dachten, handelten und redeten, als die Unsrigen; je mehr lernen wir, durch den Umgang mit ihnen, die so schwere Kunst, uns in fremde Umstände versetzen, welches unentbehrlich ist um sie recht zu verstehen, zu beurtheilen und williger von ihnen zu lernen; eine Geschmeidigkeit, die zumal für einen Lehrer des Christenthums, sehr vortheilhaft ist, der seine Weisheit aus den alten Büchern der heiligen Schrift schöpfen, unverwandt nach Wahrheit und Liebe trachten, und allen Alles werden soll.
Aus diesem letzten Umstand läßt sich zum Theil die Wirkung des Didicisse fideliter artes auf die Sitten und der schwerlich abzuläugnende Umstand erklären, daß Lehrer der Religion, welche die Alten fleißiger studiret haben, weniger unbillig und streitsüchtig zu seyn pflegen, als die, so sich dadurch nicht gebildet haben.

|a100| 110.

Ist denn aber auch schon so viel aus den alten griechischen und lateinischen Schriftstellern auf die Neuern übergetragen worden? Lassen sie sich, bey so vielerley Rücksichten, in welchen man sie studiren kan, wirklich ausstudiren? Und sinds nur einzle Schönheiten, ists nicht eben ihr ganzer Geist, den wir uns aufs möglichste zu eigen machen sollten, und der eben noch so wenig auf uns ruht und so wenig ins Allgemeine wirkt?Ist denn aber auch schon so viel aus den alten griechischen und lateinischen Schriftstellern auf die Neuern übergetragen worden? Lassen sie sich, bey so vielerley Rücksichten, in welchen man sie studiren kan, wirklich ausstudiren? Und sinds nur einzle Schönheiten, ists nicht eben ihr ganzer Geist, den wir uns aufs möglichste zu eigen machen sollten, und der eben noch so wenig auf uns ruht und so wenig ins Allgemeine wirkt?

111.

Wenn wir auch bloß auf die Sachen sehen, wie viel ist die alte Geschichte werth, die wir beynahe bloß aus ihnen schöpfen können? so viele feine Philosophie? wenigstens die Kenntniß des Fortgangs und der Entwickelung der Seelenkräfte unter den gebildetsten Völkern des Alterthums? so viel Menschen- und Weltkenntniß? so viel trefliche Sittenlehre und Klugheit? Mögen wir es in manchen Künsten, in Kenntniß der körperlichen Natur und ihrer Kräfte, in dem was zum äusserlichen Fortkommen und Nahrung gehört, und in guten bürgerlichen Verfassungen, weiter gebracht haben als sie; in dem Uebrigen, in dem, was den Geist bildet – abgezogen was wir von Ihnen mittel- oder unmittelbar gelernt haben – wie weit übertreffen wir sie denn? und wie viel haben wir ihnen noch lange nicht abgelernt?Wenn wir auch bloß auf die Sachen sehen, wie viel ist die alte Geschichte werth, die wir beynahe bloß aus ihnen schöpfen können? so viele feine Philosophie? wenigstens die Kenntniß des Fortgangs und der Entwickelung der Seelenkräfte unter den gebildetsten Völkern des Alterthums? so viel Menschen- und Weltkenntniß? so viel trefliche Sittenlehre und Klugheit? Mögen wir es in manchen Künsten, in Kenntniß der körperlichen Natur und ihrer Kräfte, in dem was zum äusserlichen Fortkommen und Nahrung gehört, und in guten bürgerlichen Verfassungen, weiter gebracht haben als sie; in dem Uebrigen, in dem, was den Geist bildet – abgezogen was wir von Ihnen mittel- oder unmittelbar gelernt haben – wie weit übertreffen wir sie denn? und wie viel haben wir ihnen noch lange nicht abgelernt?

|a101| 112.

Am meisten kommt es hiebey, nicht so sehr auf die Sachen selbst, als auf die Art an, wie sie sie dachten und ausdruckten. In Absicht auf den Geschmack, sind sie von allen Kennern allgemein als Muster anerkannt; und sie sind es wirklich, in der weitesten Bedeutung die man dem Wort Geschmack geben kan. – Sie schöpften ihre Kenntnisse aus der ersten Quelle, aus der zwar noch nicht so entwickelten aber auch noch nicht so verstellten Natur, und bildeten sich durch Beobachtung. Bey uns gießt man den Geist von Kindheit an in Formen, überall regiert die Mode, wir bilden uns durch Bücher, und verderben uns frühzeitig durch die Schwelgerey der Lectüre. – Sie, als gleich theilnehmende Glieder Einer zu einerley Absicht arbeitenden Gesellschaft, lernten durch Handeln, und durch Umgang mit allerley Arten von Menschen; dies schärfte den Wahrheitssinn, leitete aufs Gemeinnützige, machte ihre Erkenntniß praktisch; ihre Philosophie war Philosophie des Lebens, ihre Geschichte eigentlich pragmatisch, d. i. auf Bildung zu Geschäften und zu der dazu nöthigen Klugheit angelegt. Bey uns ist diese enge Verbindung der bürgerlichen Gesellschaft beynahe verschwunden; wir haben Staaten, aber wir haben, im bürgerlichen Verstande, kaum Vaterland; wir handeln nach eingeflößten Grundsätzen; unsre Erziehung ist meist in den Händen solcher Leute die durch nichts weniger als durch gereifte Erfahrung gebildet sind; unsre Gelehrte, die fast einzigen die noch an der wahren |a102| Bildung des Geistes arbeiten, sind, zu sehr ausgeschlossen von der Welt und dem Umgang mit Geschäftleuten, auch zu wenig für die Welt, wenigstens mehr auf Speculation als auf das praktische Leben bedacht; unter ihren Händen gewinnt Philosophie und Geschichte an Wahrheit und Gewißheit, selten wird sie Schule der Weisheit, gemeiniglich zieht sie, weil es ihr an Geschmack und Weltkenntniß fehlt, nicht einmal die Ungelehrten zum Lesen an. – In unsrer Welt ist Bildung des Geistes oft kaum etwas anders als ausgeartete Cultur, die nach Ueberfluß und Vergnügungen hascht; Höfe und glänzende Gesellschaften geben den Ton an, theilen die Begierde zu glänzen, den nach Convention geformten Geschmack, Weichlichkeit und Frivolität, allen denen mit, die den Schimpf nicht haben wollen daß sie nicht zu leben wüßten; Schriftsteller, die nichts mehr wünschen als von der feinen Welt gelesen zu werden, stimmen ihre Schriften nach diesem Ton und machen die Seuche allgemeiner. Diese Abgeneigtheit von ernsthaftern nützlichen Beschäftigungen, der Eckel an nüchternen Untersuchungen und die leidige Geniesucht vertilgt vollends die wahre Bildung des Geistes zur Weisheit und Tugend. So entsteht eine Philosophie, die von einiger Weltkenntniß obenabgeschöpft aber durch genaue Untersuchung nicht geläutert ist, bey welcher Witz für Beweis gilt, die sich entweder dadurch empfiehlt daß sie den Leidenschaften der Menschen schmeichelt, oder dadurch daß sie natürlich scheint, weil sie alles was moralisch ist, nicht nach der Natur, sondern nach ihren Ausartungen |a103| in der wirklichen Welt, vorstellt; und die Geschichte hört in sofern auf, die Stelle der Erfahrung zu vertreten und wahre Weisheit zu lehren, als darin nicht Wahrheit, sondern nur Unterhaltung und Belustigung gesucht wird. Wären nicht selbst deswegen die classischen Schriften der Griechen und Römer, – die sich so sehr durch männlichen Geschmack und bewährte Weltkenntniß auszeichnen, deren Geschichtschreiber insbesondre nicht bloß für den Gelehrten, den Staatsmann, den bloß Neugierigen und Zeitvertreib suchenden Leser, sondern Weise und Rechtschaffne zu bilden, geschrieben haben – wären die nicht werth fleißig studiert zu werden, um unserm Geschmack wieder Festigkeit, unsrer Menschen- und Weltkenntniß gesunde Nahrung, und der Weisheit und Tugend wieder Kraft und Ermunterung zu geben?Am meisten kommt es hiebey, nicht so sehr auf die Sachen selbst, als auf die Art an, wie sie sie dachten und ausdruckten. In Absicht auf den Geschmack, sind sie von allen Kennern allgemein als Muster anerkannt; und sie sind es wirklich, in der weitesten Bedeutung die man dem Wort Geschmack geben kan. – Sie schöpften ihre Kenntnisse aus der ersten Quelle, aus der zwar noch nicht so entwickelten aber auch noch nicht so verstellten Natur, und bildeten sich durch Beobachtung. Bey uns gießt man den Geist von Kindheit an in Formen, überall regiert die Mode, wir bilden uns durch Bücher, und verderben uns frühzeitig durch die Schwelgerey der Lectüre. – Sie, als gleich theilnehmende Glieder Einer zu einerley Absicht arbeitenden Gesellschaft, lernten durch Handeln, und durch Umgang mit allerley Arten von Menschen; dies schärfte den Wahrheitssinn, leitete aufs Gemeinnützige, machte ihre Erkenntniß praktisch; ihre Philosophie war Philosophie des Lebens, ihre Geschichte eigentlich pragmatisch, d. i. auf Bildung zu Geschäften und zu der dazu nöthigen Klugheit angelegt. Bey uns ist diese enge Verbindung der bürgerlichen Gesellschaft beynahe verschwunden; wir haben Staaten, aber wir haben, im bürgerlichen Verstande, kaum Vaterland; wir handeln nach eingeflößten Grundsätzen; unsre Erziehung ist meist in den Händen solcher Leute die durch nichts weniger als durch gereifte Erfahrung gebildet sind; unsre Gelehrte, die fast einzigen die noch an der wahren |a102| Bildung des Geistes arbeiten, sind, zu sehr ausgeschlossen von der Welt und dem Umgang mit Geschäftleuten, auch zu wenig für die Welt, wenigstens mehr auf Speculation als auf das praktische Leben bedacht; unter ihren Händen gewinnt Philosophie und Geschichte an Wahrheit und Gewißheit, selten wird sie Schule der Weisheit, gemeiniglich zieht sie, weil es ihr an Geschmack und Weltkenntniß fehlt, nicht einmal die Ungelehrten zum Lesen an. – In unsrer Welt ist Bildung des Geistes oft kaum etwas anders als ausgeartete Cultur, die nach Ueberfluß und Vergnügungen hascht; Höfe und glänzende Gesellschaften geben den Ton an, theilen die Begierde zu glänzen, den nach Convention geformten Geschmack, Weichlichkeit und Frivolität, allen denen mit, die den Schimpf nicht haben wollen daß sie nicht zu leben wüßten; Schriftsteller, die nichts mehr wünschen als von der feinen Welt gelesen zu werden, stimmen ihre Schriften nach diesem Ton und machen die Seuche allgemeiner. Diese Abgeneigtheit von ernsthaftern nützlichen Beschäftigungen, der Eckel an nüchternen Untersuchungen und die leidige Geniesucht vertilgt vollends die wahre Bildung des Geistes zur Weisheit und Tugend. So entsteht eine Philosophie, die von einiger Weltkenntniß obenabgeschöpft aber durch genaue Untersuchung nicht geläutert ist, bey welcher Witz für Beweis gilt, die sich entweder dadurch empfiehlt daß sie den Leidenschaften der Menschen schmeichelt, oder dadurch daß sie natürlich scheint, weil sie alles was moralisch ist, nicht nach der Natur, sondern nach ihren Ausartungen |a103| in der wirklichen Welt, vorstellt; und die Geschichte hört in sofern auf, die Stelle der Erfahrung zu vertreten und wahre Weisheit zu lehren, als darin nicht Wahrheit, sondern nur Unterhaltung und Belustigung gesucht wird. Wären nicht selbst deswegen die classischen Schriften der Griechen und Römer, – die sich so sehr durch männlichen Geschmack und bewährte Weltkenntniß auszeichnen, deren Geschichtschreiber insbesondre nicht bloß für den Gelehrten, den Staatsmann, den bloß Neugierigen und Zeitvertreib suchenden Leser, sondern Weise und Rechtschaffne zu bilden, geschrieben haben – wären die nicht werth fleißig studiert zu werden, um unserm Geschmack wieder Festigkeit, unsrer Menschen- und Weltkenntniß gesunde Nahrung, und der Weisheit und Tugend wieder Kraft und Ermunterung zu geben?
S. ausser den §. 76 erwähnten Schriften:
  • Is. Casauboni Zuschrift seines Polybius an K. Heinrich 4. (in dritten Theil der von Ernesti besorgten Wiener Ausgabe 1763 in 8.)
  • Ernesti Opuscula Oratoria pag. 3. 20. 184. 197 seq.
  • Vermischte Beyträge zur Philosophie und den schönen Wissenschaften Band 2, Stück 2, Aufs. 1. über die Wissenschaft der Literatur.
S. ausser den §. 76 erwähnten Schriften:
  • Is. Casauboni Zuschrift seines Polybius an K. Heinrich 4. (in dritten Theil der von Ernesti besorgten Wiener Ausgabe 1763 in 8.)
  • Ernesti Opuscula Oratoria pag. 3. 20. 184. 197 seq.
  • Vermischte Beyträge zur Philosophie und den schönen Wissenschaften Band 2, Stück 2, Aufs. 1. über die Wissenschaft der Literatur.

113.

Dem, der sich der Theologie widmet, wird, ausser den bisher erwähnten grossen Vortheilen welche ihm die fleißige Lesung der alten griechischen und lateinschen Schriftsteller gewährt, die Kenntniß |a104| beyder Sprachen auch dadurch unentbehrlich, daß ohne sie weder der Verstand der heiligen Schrift noch andre Theile der Theologie überzeugend erkannt werden können. – Es ist eitler und schädlicher Wahn, daß man, um die heilige Schrift zu verstehen, beyde Sprachen deswegen nicht genau zu verstehen brauche, weil eine grosse Menge guter Ausleger uns schon genug vorgearbeitet habe. – Die guten Ausleger lassen sich wohl zählen; und wie mag der, welcher sich durch jene Sprachen selbst nicht zum Ausleger gebildet hat, es wagen, über den Werth des einen vor dem andern zu entscheiden, oder sich der Empfehlung von andern blindlings anzuvertrauen? – wie alsdenn zu entscheiden, wenn auch gute Ausleger in ihren Erklärungen uneins sind? – wie, ohne grosse Gefahr zu irren, wenn sie gerade den Sinn für den richtigen ausgeben, der unsern Wünschen und Erwartungen gemäß ist? – und ist schon alles erschöpft, der wahre Sinn nirgends mehr verborgen, nichts mehr zu läutern, nichts Neues mehr zur Bestätigung des wahren Verstandes zu sagen? soll man überall, nur bey der heiligen Schrift nicht, mit eignen Augen sehen?Dem, der sich der Theologie widmet, wird, ausser den bisher erwähnten grossen Vortheilen welche ihm die fleißige Lesung der alten griechischen und lateinschen Schriftsteller gewährt, die Kenntniß |a104| beyder Sprachen auch dadurch unentbehrlich, daß ohne sie weder der Verstand der heiligen Schrift noch andre Theile der Theologie überzeugend erkannt werden können. – Es ist eitler und schädlicher Wahn, daß man, um die heilige Schrift zu verstehen, beyde Sprachen deswegen nicht genau zu verstehen brauche, weil eine grosse Menge guter Ausleger uns schon genug vorgearbeitet habe. – Die guten Ausleger lassen sich wohl zählen; und wie mag der, welcher sich durch jene Sprachen selbst nicht zum Ausleger gebildet hat, es wagen, über den Werth des einen vor dem andern zu entscheiden, oder sich der Empfehlung von andern blindlings anzuvertrauen? – wie alsdenn zu entscheiden, wenn auch gute Ausleger in ihren Erklärungen uneins sind? – wie, ohne grosse Gefahr zu irren, wenn sie gerade den Sinn für den richtigen ausgeben, der unsern Wünschen und Erwartungen gemäß ist? – und ist schon alles erschöpft, der wahre Sinn nirgends mehr verborgen, nichts mehr zu läutern, nichts Neues mehr zur Bestätigung des wahren Verstandes zu sagen? soll man überall, nur bey der heiligen Schrift nicht, mit eignen Augen sehen?

114.

Wie soll denn sonst eine gewissenhafte Ueberzeugung entstehen, daß die heilige Schrift wirklich etwas gesagt habe, und wie verhütet werden, daß man nicht auf schwärmerische Einbildungen von dem Verstande einzler Aussprüche der heil. Schrift ver|a105|falle, oder ihr seine eigne Gedanken unterschiebe, oder auf blosses Gerathewohl einen Sinn annehme, als dadurch, daß wir gewiß wissen, der Sprachgebrauch bringe diesen und keinen andern Sinn mit sich? welches ohne genaue Kenntniß solcher Sprachen schlechterdings unmöglich ist.Wie soll denn sonst eine gewissenhafte Ueberzeugung entstehen, daß die heilige Schrift wirklich etwas gesagt habe, und wie verhütet werden, daß man nicht auf schwärmerische Einbildungen von dem Verstande einzler Aussprüche der heil. Schrift ver|a105|falle, oder ihr seine eigne Gedanken unterschiebe, oder auf blosses Gerathewohl einen Sinn annehme, als dadurch, daß wir gewiß wissen, der Sprachgebrauch bringe diesen und keinen andern Sinn mit sich? welches ohne genaue Kenntniß solcher Sprachen schlechterdings unmöglich ist.

115.

Diese erlangt man so wenig durch flüchtiges Lesen der in solchen Sprachen geschriebnen Bücher als durch Wörterbücher allein. – Jenes mag uns zur nothdürftigen Kenntniß einer Sprache verhelfen; zur genauern, zumal bey schwerern Stellen, hilft es gewiß nicht, wie man leicht begreifen wird, wenn man das oben (§. 77. f.) gesagte, versteht und in genauere Erwägung ziehen will. – Unter den Wörterbüchern sind die meisten ohne genugsame Kenntniß der Sprachen und ohne bestimmte Genauigkeit zusammen getragen; – auch die bessern bedürfen noch so mancher Berichtigung, so häufiger Ergänzung von Wörtern oder Redensarten und deren Bedeutungen, sonderlich in einem bestimmten Zusammenhang, so vieler Erklärung der Begriffe selbst die an einem Worte hängen, daß man sich geradezu nicht auf sie verlassen kan. Haben sie auch, – wie dieses zur Ueberzeugung daß sie alles richtig angäben, nöthig wäre, – ihre Angabe mit Beweisen belegt: wie will man die prüfen, wenn es uns noch an genauer Kenntniß einer Sprache fehlt und man sich durch sorgfältiges Studiren guter Schriftsteller |a106| noch nicht die Fertigkeit erworben hat, selbst den Sinn in einer fremden Sprache zu finden?Diese erlangt man so wenig durch flüchtiges Lesen der in solchen Sprachen geschriebnen Bücher als durch Wörterbücher allein. – Jenes mag uns zur nothdürftigen Kenntniß einer Sprache verhelfen; zur genauern, zumal bey schwerern Stellen, hilft es gewiß nicht, wie man leicht begreifen wird, wenn man das oben (§. 77. f.) gesagte, versteht und in genauere Erwägung ziehen will. – Unter den Wörterbüchern sind die meisten ohne genugsame Kenntniß der Sprachen und ohne bestimmte Genauigkeit zusammen getragen; – auch die bessern bedürfen noch so mancher Berichtigung, so häufiger Ergänzung von Wörtern oder Redensarten und deren Bedeutungen, sonderlich in einem bestimmten Zusammenhang, so vieler Erklärung der Begriffe selbst die an einem Worte hängen, daß man sich geradezu nicht auf sie verlassen kan. Haben sie auch, – wie dieses zur Ueberzeugung daß sie alles richtig angäben, nöthig wäre, – ihre Angabe mit Beweisen belegt: wie will man die prüfen, wenn es uns noch an genauer Kenntniß einer Sprache fehlt und man sich durch sorgfältiges Studiren guter Schriftsteller |a106| noch nicht die Fertigkeit erworben hat, selbst den Sinn in einer fremden Sprache zu finden?
Wenn dieses auch nicht das allgemeine Geständniß aller eigentlichen Kenner alter Sprachen wäre: so läßt es sich schon an einem kleinen Beyspiel, an den Wörterbüchern über das N. Testament, zeigen. Wie manche Wörter fehlen da, weil sie nicht in unsern gedruckten griechischen Text stehen, deren Kenntniß doch zur Beurtheilung und Erklärung verschiedner Lesearten nöthig ist? Ausser vielen sprachwidrigen Erklärungen in den meisten Wörterbüchern dieser Art; wie viele fehlen, sonderlich hebräische Bedeutungen der Wörter z. B. von ἀγαλλιαν, εὐχαριστια, καυχασθαι, κενουν, λογιζεσθαι το κακον, τρεμειν τινα u. a. und wie wenig sind die Begriffe von οικοδομη, παντοκρατωρ, πνευμα, σημειον ἀντιλεγομενον, ἑαυτω ἀρεσκειν u. dgl. vornehmlich wie wenig sind diejenigen bestimmt die man Religionsbegriffe nennen könnte, obgleich die Wörter, durch die sie ausgedruckt werden, in den Wörterbüchern übersetzt sind? Dies sey bloß hingeworfen, um die aus ihrer gleichgültigen Ruhe zu wecken, die, mit dem Wörterbuch in der Hand, der Auslegung des N. T. gewachsen zu seyn glauben.

116.

Ueberhaupt wird der sehr gewinnen, der sich nicht eher an Erklärung der heiligen Schriften wagt, bis er vorher durch Lesung alter griechischer und lateinischer Schriftsteller wohl geübt ist. – Denn 1) wie es der Anfang aller exegetischen Weisheit ist, nur erst zu fühlen ob man etwas verstehe oder nicht? so ist schon dies sehr schwer für den, der nicht aus jener Schule zur heiligen Schrift kommt, weil uns die Stellen heiliger Schrift, die wir in |a107| der Jugend gemeiniglich ohne Verstand gelesen haben, den Wörtern nach geläufig, ihre Lehren, oder was man dafür zu halten gelernt hat, bekannt sind, und man gemeiniglich mit einem Sinn zufrieden ist der keinen offenbaren Unverstand enthält, zumahl wenn er sich durch Erbaulichkeit empfiehlt. Alles dieses hindert daß es uns oft nicht einmahl in den Sinn kommt nur zu zweifeln, ob wir auf dem rechten Wege sind. Hingegen bey andern Schriftstellern sind wir weder schon so mit ihren Begriffen bekannt, noch dafür schon so eingenommen, fürchten auch weniger Vorwürfe von uns oder andern, wenn wir von hergebrachten Erklärungen abgehen oder gestehen daß wir etwas nicht verstünden.Ueberhaupt wird der sehr gewinnen, der sich nicht eher an Erklärung der heiligen Schriften wagt, bis er vorher durch Lesung alter griechischer und lateinischer Schriftsteller wohl geübt ist. – Denn 1) wie es der Anfang aller exegetischen Weisheit ist, nur erst zu fühlen ob man etwas verstehe oder nicht? so ist schon dies sehr schwer für den, der nicht aus jener Schule zur heiligen Schrift kommt, weil uns die Stellen heiliger Schrift, die wir in |a107| der Jugend gemeiniglich ohne Verstand gelesen haben, den Wörtern nach geläufig, ihre Lehren, oder was man dafür zu halten gelernt hat, bekannt sind, und man gemeiniglich mit einem Sinn zufrieden ist der keinen offenbaren Unverstand enthält, zumahl wenn er sich durch Erbaulichkeit empfiehlt. Alles dieses hindert daß es uns oft nicht einmahl in den Sinn kommt nur zu zweifeln, ob wir auf dem rechten Wege sind. Hingegen bey andern Schriftstellern sind wir weder schon so mit ihren Begriffen bekannt, noch dafür schon so eingenommen, fürchten auch weniger Vorwürfe von uns oder andern, wenn wir von hergebrachten Erklärungen abgehen oder gestehen daß wir etwas nicht verstünden.

117.

Ist man 2) nur mit den Umständen, Sitten und dem Sprachgebrauch neuerer Zeiten und Sprachen bekannt: so findet man in alten Schriften Schwierigkeiten wo keine sind, man sucht sie zu heben, verwickelt sich eben durch diese Bemühung in noch mehrere Schwierigkeiten, fällt auf harte und gekünstelte Erklärungen, wodurch man auf einer Seite den Gegnern der heiligen Schrift Blößen giebt, auf der andern sich gegen natürlichere Erklärungen abhärtet, theils weil man das für das natürlichste hält, was unsrer Art zu denken, zu reden und zu handeln am gemäßesten ist, theils weil man das ungern aufopfert was uns Mühe gekostet hat, zumahl wenn man durch einen vermeintlich gefundnen Sinn der heiligen Schrift neue Bestätigung seines |a108| Lehrbegrifs gefunden oder mehr Zusammenhang in seine Vorstellungen gebracht zu haben glaubt. Wer hingegen schon mit andern alten Schriften ausser der Bibel vertraute Bekanntschaft und gelernt hat sich in die Lage alter Schriftsteller zu versetzen, fällt entweder auf solche eingebildete Schwierigkeiten gar nicht oder er weiß sie leichter aus den Meinungen und Redearten der Alten zu erklären, schiebt der heiligen Schrift weniger neuere Begriffe unter, und ist demnach fähiger von ihr zu lernen.Ist man 2) nur mit den Umständen, Sitten und dem Sprachgebrauch neuerer Zeiten und Sprachen bekannt: so findet man in alten Schriften Schwierigkeiten wo keine sind, man sucht sie zu heben, verwickelt sich eben durch diese Bemühung in noch mehrere Schwierigkeiten, fällt auf harte und gekünstelte Erklärungen, wodurch man auf einer Seite den Gegnern der heiligen Schrift Blößen giebt, auf der andern sich gegen natürlichere Erklärungen abhärtet, theils weil man das für das natürlichste hält, was unsrer Art zu denken, zu reden und zu handeln am gemäßesten ist, theils weil man das ungern aufopfert was uns Mühe gekostet hat, zumahl wenn man durch einen vermeintlich gefundnen Sinn der heiligen Schrift neue Bestätigung seines |a108| Lehrbegrifs gefunden oder mehr Zusammenhang in seine Vorstellungen gebracht zu haben glaubt. Wer hingegen schon mit andern alten Schriften ausser der Bibel vertraute Bekanntschaft und gelernt hat sich in die Lage alter Schriftsteller zu versetzen, fällt entweder auf solche eingebildete Schwierigkeiten gar nicht oder er weiß sie leichter aus den Meinungen und Redearten der Alten zu erklären, schiebt der heiligen Schrift weniger neuere Begriffe unter, und ist demnach fähiger von ihr zu lernen.

118.

3) Den Sprachgebrauch in todten Sprachen kann man anders nicht zuverläßig lernen als aus den Schriften, die in einer solchen Sprache abgefaßt sind, und, wo es dergleichen nicht giebt oder wo sie nicht zureichen, aus der Analogie andrer mit ihr verwandten Sprachen, oder aus den Erklärungen die der Schriftsteller selbst in einer Stelle oder in ähnlichen Stellen giebt. – Selten ist dieses letzte möglich, weil es seyn kann, daß er nur einmahl von einer Sache redet oder nur einmahl ein Wort und eine Redensart braucht. So ein trefliches Hülfsmittel also zur Einsicht des Verstandes ähnliche Stellen sind, so helfen sie doch nicht überall; sicherlich wird auch der die in der heiligen Schrift den meisten unmerkbare feinere Aehnlichkeit leichter empfinden, der dergleichen zu bemerken durch achtsames Lesen alter Schriftsteller sich gewöhnt hat; und überall folgt ein Schriftsteller, wo er nicht sehr dringende Ursachen hat, dem Sprach|a109|gebrauch der in der Sprache, worin er schreibt, herrscht, wenigstens bildet er, auch da, wo er eigne Ausdrücke wählt, seinen besondern Sprachgebrauch aufs möglichste nach dem allgemeinen. Und dieser, woraus ist der anders zu erkennen als aus den andern Schriften in eben der Sprache? bey dem neuen Testament also, woher anders, als aus andern alten griechischen Schriftstellern und zum Theil aus den griechischen Uebersetzern des alten Testaments?3) Den Sprachgebrauch in todten Sprachen kann man anders nicht zuverläßig lernen als aus den Schriften, die in einer solchen Sprache abgefaßt sind, und, wo es dergleichen nicht giebt oder wo sie nicht zureichen, aus der Analogie andrer mit ihr verwandten Sprachen, oder aus den Erklärungen die der Schriftsteller selbst in einer Stelle oder in ähnlichen Stellen giebt. – Selten ist dieses letzte möglich, weil es seyn kann, daß er nur einmahl von einer Sache redet oder nur einmahl ein Wort und eine Redensart braucht. So ein trefliches Hülfsmittel also zur Einsicht des Verstandes ähnliche Stellen sind, so helfen sie doch nicht überall; sicherlich wird auch der die in der heiligen Schrift den meisten unmerkbare feinere Aehnlichkeit leichter empfinden, der dergleichen zu bemerken durch achtsames Lesen alter Schriftsteller sich gewöhnt hat; und überall folgt ein Schriftsteller, wo er nicht sehr dringende Ursachen hat, dem Sprach|a109|gebrauch der in der Sprache, worin er schreibt, herrscht, wenigstens bildet er, auch da, wo er eigne Ausdrücke wählt, seinen besondern Sprachgebrauch aufs möglichste nach dem allgemeinen. Und dieser, woraus ist der anders zu erkennen als aus den andern Schriften in eben der Sprache? bey dem neuen Testament also, woher anders, als aus andern alten griechischen Schriftstellern und zum Theil aus den griechischen Uebersetzern des alten Testaments?
Anm. 1. Je ähnlicher ein Schriftsteller in seiner besondern Art des Ausdrucks, in der Kürze, in den Wendungen, in der Zusammenziehung mehrerer Begriffe in Ein Wort oder Redensart u. d. gl. einem andern ist, wie z. B. schon von andern in Absicht auf den Apostel Paulus und den Thucydides bemerkt worden (S. Car. Lud. Baueri exercitat. de lectione Thucydidis, optima interpretandi disciplina, Lips. 1753. und desselben Philologia Thucydideo-Paulina, Halae 1773 8): je nützlicher ist es den letztern zu studiren um den erstern besser zu verstehen.
Anm. 2. Bey der Analogie andrer Sprachen (S. Ge. Godofr. Zemisch disp. de analogia linguarum interpretationis subsidio, Lips. 1758.), kommt es hier, wo vom Griechischen die Rede ist, zunächst auf das Lateinische an, das bey dem N. T. noch viele unerkannte Erläuterungen darreicht z. B. 1 Kor. 7, 29 καιρος συνεσταλμενος traurige Zeit, vergl. mit dem diffundi und contrahi bey Cicero Lael. c. 13; Luc. 11, 13 πονηροι für Karge vergl. mit maligni in eben dem Sinn beym Plautus Bacch. III, 2. 17. Luc. 8, 18 vergl. mit ex astris decidere bey Cicero ad Att. II. ep. 21; Matth. 24, 29 mit dem Lat. cadere oder occidere, von Gestirnen gebraucht; 1 Kor. 4, 9 θεατρον |a110| ἐγενηθ. τω κοσμῳ κ. ἀγγελοις κ. ἀνθρωποις, überhaupt für: der allgemeinen Verachtung bloß gestellt worden seyn, vergl. mit Cicero's Stellen die Manutius bey ad divers. lib. I. ep. 9. gesammlet hat; Χρισμα 1 Joh. 2, 20 vergl. mit dem lat. imbui statt doceri u. dgl.

119.

Und wie 4) falsche und nach Schulformen gekünstelte Zergliederungen der Bücher h. Schrift sehr oft den wahren Gesichtspunct verrücken, woraus man die Absichten eines Schriftstellers ansehen sollte, und selbst zu erdichteten Erklärungen seiner Ausdrücke Gelegenheit geben: so ist kein besseres Mittel sich gegen diese willkürliche Spielwerke zu verwahren, als wenn man aus Lesung alter Schriftsteller die gar nicht schulgerechte sondern natürliche Stellung ihrer Gedanken, ihre oft unscheinbare Verbindungen durch Partikeln, Participial-Constructionen u. d. gl. und die ganze Einkleidung , die von unserer oft sehr abgeht, bemerkt.Und wie 4) falsche und nach Schulformen gekünstelte Zergliederungen der Bücher h. Schrift sehr oft den wahren Gesichtspunct verrücken, woraus man die Absichten eines Schriftstellers ansehen sollte, und selbst zu erdichteten Erklärungen seiner Ausdrücke Gelegenheit geben: so ist kein besseres Mittel sich gegen diese willkürliche Spielwerke zu verwahren, als wenn man aus Lesung alter Schriftsteller die gar nicht schulgerechte sondern natürliche Stellung ihrer Gedanken, ihre oft unscheinbare Verbindungen durch Partikeln, Participial-Constructionen u. d. gl. und die ganze Einkleidung , die von unserer oft sehr abgeht, bemerkt.

120.

Auch ist 5) diese sorgfältige Beschäftigung mit alten Schriftstellern ein gutes Verwahrungsmittel gegen die Verbesserungssucht des Textes der heiligen Schrift, sowohl als gegen die unzeitige Aengstlichkeit bey verschiednen Lesearten. Wer jene auch kritisch studirt hat, wird sich durch noch so viele Lesearten, mit welchen gleichwohl die unverfälschte Aechtheit des Textes bestehen kann, nicht nur nicht irre machen lassen, er wird auch allein im Stande |a111| seyn den Werth derselben abzuwägen. Hat man sich bey jenen Alten an die Beobachtung des feinern Parallelismus gewöhnt; Versuche gesehen und selbst gemacht dunkle Stellen zu erklären und solche, die einander oder andern Schriftstellern zu widersprechen scheinen, mit einander zu vereinigen; und hat nach und nach das Ungegründete und Gezwungne mancher gewagten Veränderungen des Textes, wie die Quellen dieses Fehlers und die verschiedne Arten eingesehen wie verschiedne Lesearten entstehen können: so wird gewiß dadurch Bescheidenheit so sehr als geschickte Beurtheilung befördert werden. Wenigstens ist es immer sicherer sich erst in jener Kritik zu üben, wo der Schade bey Fehltritten so beträchtlich nicht ist, als bey der heiligen Schrift, wo ohnehin die Vorstellung von ihrer Göttlichkeit leichter verleitet vor genauerer Untersuchung Parthey zu nehmen.Auch ist 5) diese sorgfältige Beschäftigung mit alten Schriftstellern ein gutes Verwahrungsmittel gegen die Verbesserungssucht des Textes der heiligen Schrift, sowohl als gegen die unzeitige Aengstlichkeit bey verschiednen Lesearten. Wer jene auch kritisch studirt hat, wird sich durch noch so viele Lesearten, mit welchen gleichwohl die unverfälschte Aechtheit des Textes bestehen kann, nicht nur nicht irre machen lassen, er wird auch allein im Stande |a111| seyn den Werth derselben abzuwägen. Hat man sich bey jenen Alten an die Beobachtung des feinern Parallelismus gewöhnt; Versuche gesehen und selbst gemacht dunkle Stellen zu erklären und solche, die einander oder andern Schriftstellern zu widersprechen scheinen, mit einander zu vereinigen; und hat nach und nach das Ungegründete und Gezwungne mancher gewagten Veränderungen des Textes, wie die Quellen dieses Fehlers und die verschiedne Arten eingesehen wie verschiedne Lesearten entstehen können: so wird gewiß dadurch Bescheidenheit so sehr als geschickte Beurtheilung befördert werden. Wenigstens ist es immer sicherer sich erst in jener Kritik zu üben, wo der Schade bey Fehltritten so beträchtlich nicht ist, als bey der heiligen Schrift, wo ohnehin die Vorstellung von ihrer Göttlichkeit leichter verleitet vor genauerer Untersuchung Parthey zu nehmen.
  • J. A. Ernesti Opusc. Orator. p. 41 sqq.
Aus dem, was bisher §. 115 f. bemerkt worden ist, ergiebt sich augenscheinlich, wie verkehrt und selbst für die Einsicht des rechten Verstandes der heiligen Schrift nachtheilig es sey, die Erlernung des Griechischen mit dem Lesen des neuen Testaments anzufangen. Die Schwierigkeiten, welche bey dem Griechischen des N. T. weit grösser sind als bey den meisten sogenannten Profan-Schriftstellern. (S. Ernesti's Abhandlungen in den Opuscul. philol. crit. pag.) setzen es noch mehr ausser Zweifel, wie nothwendig es sey sich nicht daran zu wagen, ehe man sich nicht schon vorher durch fleißiges Studiren alter Schriftsteller dazu vorbereitet hat.

|a112| 121.

Zur gründlichen Einsicht in andre Theile der Theologie ist die genaue Kenntniß der griechischen und lateinischen Sprache eben so nothwendig. – Die allermeisten Quellen der Kirchengeschichte sind in einer von beyden Sprachen abgefaßt und, da selbst der Sprachgebrauch zu verschiednen Zeiten und in verschiednen Gegenden so vieler Verschiedenheit und Veränderung unterworfen war: so ist um so begreiflicher, wie unzuverläßig die Kirchengeschichte seyn müsse, wenn sich ihre Kenntniß nicht auf die Kenntniß dieser Sprachen gründet. – Alles, was in der Theologie auf Geschichte beruht; die Kenntniß der Kirchentheologie oder der verschiednen Vorstellungen von den Lehren der Religion, und der Ursachen dieser Verschiedenheit; der Kunstwörter, die aus beyden Sprachen genommen oder doch darnach gebildet worden sind, und selbst ein symbolisches Ansehen erlangt haben; des Ursprungs der Irrthümer aus unbequemen Ausdrücken oder des Mißverstandes derselben, wodurch man ihrer Unrichtigkeit auf die Spur kommen kan; der Folgen die daraus für die Theologie entstanden sind – vornehmlich wenn man die Richtigkeit dieser Kirchentheologie gehörig beurtheilen will, – kan dieser Sprachkenntniß nicht entbehren.Zur gründlichen Einsicht in andre Theile der Theologie ist die genaue Kenntniß der griechischen und lateinischen Sprache eben so nothwendig. – Die allermeisten Quellen der Kirchengeschichte sind in einer von beyden Sprachen abgefaßt und, da selbst der Sprachgebrauch zu verschiednen Zeiten und in verschiednen Gegenden so vieler Verschiedenheit und Veränderung unterworfen war: so ist um so begreiflicher, wie unzuverläßig die Kirchengeschichte seyn müsse, wenn sich ihre Kenntniß nicht auf die Kenntniß dieser Sprachen gründet. – Alles, was in der Theologie auf Geschichte beruht; die Kenntniß der Kirchentheologie oder der verschiednen Vorstellungen von den Lehren der Religion, und der Ursachen dieser Verschiedenheit; der Kunstwörter, die aus beyden Sprachen genommen oder doch darnach gebildet worden sind, und selbst ein symbolisches Ansehen erlangt haben; des Ursprungs der Irrthümer aus unbequemen Ausdrücken oder des Mißverstandes derselben, wodurch man ihrer Unrichtigkeit auf die Spur kommen kan; der Folgen die daraus für die Theologie entstanden sind – vornehmlich wenn man die Richtigkeit dieser Kirchentheologie gehörig beurtheilen will, – kan dieser Sprachkenntniß nicht entbehren.

122.

Würde nicht auch unsre Katechetik und Homiletik eine bessre Gestalt bekommen, und würde man |a113| sich nicht besser zum Unterricht in der Religion bilden, wenn man den Alten, sonderlich der Sokratischen Schule und ihren guten Nachfolgern, ihre Methode in Gesprächen, und den griechischen und römischen Rednern die Kunst Eindruck zu machen und, was man vorstellen oder empfehlen will, von der wirksamsten Seite zu zeigen, so weit ablernte, als es die Natur der Sachen, die Absicht bleibende Eindrücke hervorzubringen, und unsere Umstände erlaubten.Würde nicht auch unsre Katechetik und Homiletik eine bessre Gestalt bekommen, und würde man |a113| sich nicht besser zum Unterricht in der Religion bilden, wenn man den Alten, sonderlich der Sokratischen Schule und ihren guten Nachfolgern, ihre Methode in Gesprächen, und den griechischen und römischen Rednern die Kunst Eindruck zu machen und, was man vorstellen oder empfehlen will, von der wirksamsten Seite zu zeigen, so weit ablernte, als es die Natur der Sachen, die Absicht bleibende Eindrücke hervorzubringen, und unsere Umstände erlaubten.

123.

Was oben (§. 68 f.) von der besten Erlernung der Sprachen überhaupt gesagt worden ist, gilt bey der lateinischen und griechischen Sprache insbesondre, und von ihnen vorzüglich, weil sie unter allen alten Sprachen am meisten gebildet sind. Nur scheinen hier noch einige besondre Anmerkungen darüber nicht unnöthig zu seyn. – Die lateinische Sprache hat das eigne Glück gehabt, die allgemeine Sprache der Gelehrten (in Europa) zu werden; daher sind die meisten gelehrten Schriften in ihr geschrieben, ihre Kenntniß ist für den Gelehrten, nächst der Kenntniß der Muttersprache, die unentbehrlichste, und sie verdient, als allgemeine Gelehrten-Sprache erhalten zu werden.Was oben (§. 68 f.) von der besten Erlernung der Sprachen überhaupt gesagt worden ist, gilt bey der lateinischen und griechischen Sprache insbesondre, und von ihnen vorzüglich, weil sie unter allen alten Sprachen am meisten gebildet sind. Nur scheinen hier noch einige besondre Anmerkungen darüber nicht unnöthig zu seyn. – Die lateinische Sprache hat das eigne Glück gehabt, die allgemeine Sprache der Gelehrten (in Europa) zu werden; daher sind die meisten gelehrten Schriften in ihr geschrieben, ihre Kenntniß ist für den Gelehrten, nächst der Kenntniß der Muttersprache, die unentbehrlichste, und sie verdient, als allgemeine Gelehrten-Sprache erhalten zu werden.

124.

Zuerst eben deswegen, weil die meisten gelehrten Schriften lateinisch abgefaßt sind. Je |a114| mehr also der Eifer diese Sprache zu erlernen und ihrer mächtig zu werden, erkaltet, und je mehr sie daher ausser Gang kommt: je mehr verlieren wir die oben erwähnte Vortheile, die aus dem fleissigen Gebrauch der alten klaßischen lateinischen Schriftsteller entstehen, verlieren den Zugang zu den meisten Quellen der Geschichte, und, weil uns nichts anzieht was wir nicht verstehen, sogar die Lust daraus zu schöpfen, verlieren einen unschätzbaren Vorrath von Kenntnissen und Vorarbeiten in Untersuchungen .Zuerst eben deswegen, weil die meisten gelehrten Schriften lateinisch abgefaßt sind. Je |a114| mehr also der Eifer diese Sprache zu erlernen und ihrer mächtig zu werden, erkaltet, und je mehr sie daher ausser Gang kommt: je mehr verlieren wir die oben erwähnte Vortheile, die aus dem fleissigen Gebrauch der alten klaßischen lateinischen Schriftsteller entstehen, verlieren den Zugang zu den meisten Quellen der Geschichte, und, weil uns nichts anzieht was wir nicht verstehen, sogar die Lust daraus zu schöpfen, verlieren einen unschätzbaren Vorrath von Kenntnissen und Vorarbeiten in Untersuchungen .
Anm. 1. Aber man hat ja schon das Gegründetere und Nutzbarere aus lateinischen Schriften in deutsche und andere übergetragen? – – Gewiß kaum mehr als das Nothdürftigste und was man für das Gemeinnützigste hielt, welches gegen die Menge des übrigen für Nichts zu rechnen ist. – Am meisten ists noch in der Geschichte geschehen; wie weiß man aber, daß es vollständig, richtig und aufrichtig genug geschehen sey, wenn man nicht zu den Quellen zurückgehen kan, ohne welche noch weniger Sicherheit ist, als bey allen scharfsinnigen Untersuchungen, die nicht auf die ersten Grundsätze der menschlichen Erkenntniß zurückgeführt werden. Eben die gelehrtern und genauern Untersuchungen, wodurch man neuerlich, selbst in deutschen Schriften, die Geschichte ungemein berichtigt, vervollständigt und ihr eine ganz andere Gestalt gegeben hat, beweisen, wie viel noch Gelegenheit in den Quellen zu sehr schätzbaren Entdeckungen übrig sey. – Je mehr das Ansehen der lateinischen Sprache sinkt und je für entbehrlicher man ihre Kenntniß hält; je weniger wird sie, höchstens nur als Nebensache, getrieben werden. Aber eine seichte Kenntniß derselben ist gewiß dem Gebrauch der |a115| Quellen und der daraus zu schöpfenden Wahrheit noch nachtheiliger, als wenn man gar nicht daraus schöpft, weil man doch in dem letztern Fall weiß, daß man nur mit fremden Augen, in jenem Fall aber glaubt, daß man mit eignen Augen gesehen habe.
Anm. 2. Wenn also von verständigen Männern auf die Beybehaltung der lateinischen Sprache gedrungen und vorhergesagt wird, daß mit ihrem Fall gewiß Barbarey einreissen werde: so geschieht dieses nicht aus pedantischer Hochachtung gegen diese Sprache, oder aus der falschen Einbildung, daß sie kräftiger und vollkommner wie andre Sprachen sey. Sondern weil man vorhersieht, wie viele Kenntnisse mit dieser Sprache verlohren gehen, oder wenigstens aus dem Gang kommen werden; wie sehr seichte Kenntniß statt der gründlichen und zuverläßigen überhand nehmen, wie allgemeiner der unwissende Dünkel, der bey verschloßnen Quellen nicht einmal mehr einer bessern Belehrung fähig ist, anstatt wahrer Ueberzeugung um sich greifen werde. Ohne in ältre ähnliche Zeiten zurückzugehn, mag die Erfahrung unsrer Zeit entscheiden, ob durch die Verächter dieser Sprache des Nachsprechens und Ausschreibens, oder der neuern und genauern Untersuchung mehr worden sey, die Masse der gelehrten Erkenntniß und die Achtung der Gelehrsamkeit mehr ab- oder zugenommen habe?

125.

Zweytens: Die Gelehrsamkeit verliert viel, und die Entdeckungen und Verbesserungen in derselben gehen oft gänzlich verloren; breiten sich wenigstens viel langsamer und nicht allgemein genug aus, wenn man unter den Gelehrten nicht |a116| eine allgemeine Sprache hat, wodurch man sich das Neue und Bessere mittheilen kan. – Wenn man sagt: „so dürften die Gelehrten nur mehrere Sprachen lernen, und allenfalls ersetzte auch dieses die Dienstfertigkeit der Uebersetzer:“ so hat man wohl nicht genug bedacht: daß beydes ein mühsamer Umweg ist, der völlig ersparet werden könte, wenn eine allgemeine Gelehrten-Sprache gebraucht würde; ein Umstand, den die, welche die Nothwendigkeit einer solchen, namentlich der lateinischen, Sprache bestreiten, vornehmlich beherzigen sollten, da sie eben Zeit und Mühe gespart und auf nützlichere Dinge verwendet wissen wollen. Man hat nicht bedacht: daß Uebersetzungen grossentheils unzuverläßig sind, und daß sie ungemein viel weniger die Vorstellungen eines Schriftstellers anschaulich darstellen, als er selbst, auch sogar in einer fremden Sprache, wenn er sie nur in seiner Gewalt hat, und in der fremden Sprache nicht bloß schreibt, sondern auch denkt. Man nimmt gegen alle Erfahrung an, daß Ausländer, um unsre Entdeckungen zu benutzen, unsre Werke, in ihre Sprache übersetzt, begierig lesen oder gar deutsch lernen würden. Zweytens: Die Gelehrsamkeit verliert viel, und die Entdeckungen und Verbesserungen in derselben gehen oft gänzlich verloren; breiten sich wenigstens viel langsamer und nicht allgemein genug aus, wenn man unter den Gelehrten nicht |a116| eine allgemeine Sprache hat, wodurch man sich das Neue und Bessere mittheilen kan. – Wenn man sagt: „so dürften die Gelehrten nur mehrere Sprachen lernen, und allenfalls ersetzte auch dieses die Dienstfertigkeit der Uebersetzer:“ so hat man wohl nicht genug bedacht: daß beydes ein mühsamer Umweg ist, der völlig ersparet werden könte, wenn eine allgemeine Gelehrten-Sprache gebraucht würde; ein Umstand, den die, welche die Nothwendigkeit einer solchen, namentlich der lateinischen, Sprache bestreiten, vornehmlich beherzigen sollten, da sie eben Zeit und Mühe gespart und auf nützlichere Dinge verwendet wissen wollen. Man hat nicht bedacht: daß Uebersetzungen grossentheils unzuverläßig sind, und daß sie ungemein viel weniger die Vorstellungen eines Schriftstellers anschaulich darstellen, als er selbst, auch sogar in einer fremden Sprache, wenn er sie nur in seiner Gewalt hat, und in der fremden Sprache nicht bloß schreibt, sondern auch denkt. Man nimmt gegen alle Erfahrung an, daß Ausländer, um unsre Entdeckungen zu benutzen, unsre Werke, in ihre Sprache übersetzt, begierig lesen oder gar deutsch lernen würden.
Aeusserst selten sind die Beyspiele von Ausländern, die, unsre Schriften zu verstehen, Deutsch, und vollends die es gut gelernt haben. Sehr selten sind auch Uebersetzer aus dem Deutschen bey solchen Nationen, unter welchen selbst viele denken und schreiben; und daraus, daß unter ihnen Bücher aus dem Deutschen übersetzt vorhanden sind, folgt noch lange nicht, daß sie auch Geschmack daran finden. Lesen ja noch auswärtige |a117| Gelehrte Schriften der Deutschen, so sind es lateinisch geschriebene, und selbst diese haben itzt darum weniger Vertrieb, weil bey Ausländern, fast alles in ihrer Muttersprache zu schreiben, eben so gewöhnlich wird als bey uns, die Kenntniß des Lateinischen immer mehr abnimmt, und sie daher auch unsre lateinische Schriften gar nicht oder viel seltner als sonst lesen. Weit häufiger unterhielten sich sonst Gelehrte verschiedner Nationen unter einander, als die lateinische Sprache noch geläufiger war als jetzt, und wo jenes noch jetzt geschieht, da geschiehts meistens in lateinischer Sprache.

126.

Ist nun aber eine allgemeine Sprache für die Gelehrsamkeit, deren Erhaltung und weitre oder allgemeinere Ausbreitung, sehr nöthig: so müßte man entweder die, welche es bisher gewesen, nehmlich die lateinische, beybehalten, oder eine der neuern Sprachen dazu wählen, oder eine ganz neue zu diesem Zweck erfinden. – Dieses letzte würde, wie so viele verunglückte Versuche beweisen, grosse Schwierigkeiten haben; schwerlich würde man ihr, zumahl allgemeinen Eingang verschaffen können; und wozu eine neue erfinden, da wir schon eine unter den Gelehrten überall angenommne haben? – Diese lateinische ist nicht nur einmahl im Besitz, und, wenn es eben sowohl Pflicht ist, gute Gelehrte als gute Bürger zu ziehen, wenn es uns wahrer Ernst ist, Aufklärung, mithin auch Gelehrsamkeit, weit möglichst auszubreiten, so müssen wir diese Sprache zu erhalten und ihre Kenntniß bey allen, die Gelehrte seyn wollen, |a118| zu befördern suchen, weil sie gerade die bekannteste bey allen Nationen ist, wo eigentliche Gelehrsamkeit blüht. Sie ist auch, eben durch den langen Gebrauch, den bereits erfolgten Erweiterungen und Aufklärungen in den Wissenschaften, mehr als eine andre, wenigstens ältere Sprache, und, umgekehrt, es sind diese aufgeklärtern Begriffe dieser Sprache so angeschmieget worden, sie hat auch so sehr alle eigentliche Wissenschaften, namentlich die gelehrten Vorstellungen in der Religion, so durchdrungen und in allen Wissenschaften ist der Sprachgebrauch so an sie gebunden, daß wir ihre Kenntniß, ohne eine gänzliche Umschmelzung der Wissenschaften, nicht einbüssen können. – Sollte sie auch, wie nicht zu leugnen ist, von manchen neuern Sprachen übertroffen werden: so würde es nicht nur schwer, ja, nach der jetzigen Verfassung der Welt, unmöglich seyn, einer neuern Sprache eben die ausgebreitete Herrschaft zu verschaffen; es würde sogar eben darum nicht rathsam seyn, weil und so lange sie eine lebende Sprache ist. Denn eine solche ist beständigen Veränderungen unterworfen, und nach einiger Zeit, wo nicht den meisten unverständlich, doch wenigstens nicht mehr so reitzend; es gehen zu viele Mängel, einer auch vom Volk gebrauchten Sprache, Nebenbegriffe, die den Wörtern anhängen u. d. gl. in die Wissenschaften über, daß diese darüber ihre Bestimmtheit verlieren; oder man muß diesem Schaden immer so durch neue Bestimmungen entgegenarbeiten, daß die gelehrte Sprache bald wieder eine von der Volkssprache ganz verschiedne wird. |a119| Eine todte Sprache hingegen, die noch dazu schon für unsre Wissenschaften bearbeitet ist, hat ihre völlig festgesetzte Gestalt, und es bedarf, bey neuentstandnen Begriffen, weiter nichts, als diese, auf eine der Natur dieser Sprache gemässe Art, zu bezeichnen, wie man das Beyspiel davon an der Naturlehre, der Botanick u. s. f. hat.Ist nun aber eine allgemeine Sprache für die Gelehrsamkeit, deren Erhaltung und weitre oder allgemeinere Ausbreitung, sehr nöthig: so müßte man entweder die, welche es bisher gewesen, nehmlich die lateinische, beybehalten, oder eine der neuern Sprachen dazu wählen, oder eine ganz neue zu diesem Zweck erfinden. – Dieses letzte würde, wie so viele verunglückte Versuche beweisen, grosse Schwierigkeiten haben; schwerlich würde man ihr, zumahl allgemeinen Eingang verschaffen können; und wozu eine neue erfinden, da wir schon eine unter den Gelehrten überall angenommne haben? – Diese lateinische ist nicht nur einmahl im Besitz, und, wenn es eben sowohl Pflicht ist, gute Gelehrte als gute Bürger zu ziehen, wenn es uns wahrer Ernst ist, Aufklärung, mithin auch Gelehrsamkeit, weit möglichst auszubreiten, so müssen wir diese Sprache zu erhalten und ihre Kenntniß bey allen, die Gelehrte seyn wollen, |a118| zu befördern suchen, weil sie gerade die bekannteste bey allen Nationen ist, wo eigentliche Gelehrsamkeit blüht. Sie ist auch, eben durch den langen Gebrauch, den bereits erfolgten Erweiterungen und Aufklärungen in den Wissenschaften, mehr als eine andre, wenigstens ältere Sprache, und, umgekehrt, es sind diese aufgeklärtern Begriffe dieser Sprache so angeschmieget worden, sie hat auch so sehr alle eigentliche Wissenschaften, namentlich die gelehrten Vorstellungen in der Religion, so durchdrungen und in allen Wissenschaften ist der Sprachgebrauch so an sie gebunden, daß wir ihre Kenntniß, ohne eine gänzliche Umschmelzung der Wissenschaften, nicht einbüssen können. – Sollte sie auch, wie nicht zu leugnen ist, von manchen neuern Sprachen übertroffen werden: so würde es nicht nur schwer, ja, nach der jetzigen Verfassung der Welt, unmöglich seyn, einer neuern Sprache eben die ausgebreitete Herrschaft zu verschaffen; es würde sogar eben darum nicht rathsam seyn, weil und so lange sie eine lebende Sprache ist. Denn eine solche ist beständigen Veränderungen unterworfen, und nach einiger Zeit, wo nicht den meisten unverständlich, doch wenigstens nicht mehr so reitzend; es gehen zu viele Mängel, einer auch vom Volk gebrauchten Sprache, Nebenbegriffe, die den Wörtern anhängen u. d. gl. in die Wissenschaften über, daß diese darüber ihre Bestimmtheit verlieren; oder man muß diesem Schaden immer so durch neue Bestimmungen entgegenarbeiten, daß die gelehrte Sprache bald wieder eine von der Volkssprache ganz verschiedne wird. |a119| Eine todte Sprache hingegen, die noch dazu schon für unsre Wissenschaften bearbeitet ist, hat ihre völlig festgesetzte Gestalt, und es bedarf, bey neuentstandnen Begriffen, weiter nichts, als diese, auf eine der Natur dieser Sprache gemässe Art, zu bezeichnen, wie man das Beyspiel davon an der Naturlehre, der Botanick u. s. f. hat.
Man wird einwenden: „es liesse sich vieles nicht lateinisch, wenigstens nicht mit Einem Wort, ausdrücken, da der neuen Entdeckungen, Bestimmungen und Einrichtungen immer mehr würden, für welche die lateinische Sprache noch keine Ausdrücke habe. Diesen Mangel kann man dadurch abhelfen, daß man entweder Wörter, die man nicht entbehren kan, in die zu unserm Gebrauch bestimmte lateinische Sprache aufnimmt, oder den schon vorhandenen lateinischen Ausdruck jenem neuen Begriff anschmiegt. – –“ „Aber so wird das Latein barbarisch werden, wie man an dem Beyspiel der Scholastiker und ihres gleichen sieht.“ – Diese Besorgniß wird sehr übertrieben; denn die Scholastiker drückten sich auch da schlecht lateinisch aus, wo man sich weit besser ausdrücken konnte; sie verderbten also das Latein, weil es ihnen theils an Geschmack, theils an Kenntniß des Reichthums und der Schönheit dieser Sprache fehlte, und sie des guten Lateins nicht mächtig waren. Wie viel sich hier, ohne besorgliche Barbarey, thun liesse, zeigt Cicero's und einiger andern treflichen lateinischen Schriftsteller Beyspiele. – Auch ist noch erst die Frage: was den Namen des Barbarischen, als eines Fehlers in einer Sprache, verdiene? Gewiß das nicht, wofür sonst gar kein Ausdruck in einer beniemten Sprache vorhanden ist, und was durch den öftern Gebrauch ohnehin seine fremde Gestalt verliert. – Endlich sollte |a120| man nicht vergessen, daß hier von einer gemeinsamen Sprache der Gelehrten die Rede sey; die man also immerhin da nicht brauchen möchte, wo man sich nicht über gelehrte Sachen oder nicht bloß für Gelehrte erklären wollte.

127.

Drittens (§. 125 ) wäre es allerdings für die Wissenschaften und für die Menschen selbst sehr heilsam, wenn für eigentlich gelehrte Sachen eine den Gelehrten eigenthümliche Sprache, dergleichen die bisher in dieser Absicht aufgenommne lateinische ist, gebraucht würde. – Für die Wissenschaften; zuerst schon deswegen, weil in einer der Gelehrsamkeit besonders gewidmeten Sprache die Wörter bestimmter, folglich zur genauern Kenntniß brauchbarer sind als in einer solchen, die eben sowohl vom Volk gebraucht wird, wo daher Mißverstand und Uebergang schwankender Begriffe in die Sprache viel leichter ist. Noch mehr aber, weil für die eigentlichen Wissenschaften nichts nachtheiliger ist, als die Verwirrung, die durch Halbkenner angerichtet wird, welche auch mitsprechen wollen, ohne die dazu unentbehrlichen Vorerkenntnisse, die nöthige Einsicht in die Beschaffenheit und den Werth scharfsinniger Bestimmungen oder Einschränkungen, und die erforderliche Uebung in gelehrten und ihnen nicht geläufigen Untersuchungen zu haben; wozu sie um so eher versucht werden, je mehr sie sich einbilden die Sache zu verstehen, weil ihnen die Sprache bekannt ist, in der diese ausgedrückt sind.Drittens (§. 125 ) wäre es allerdings für die Wissenschaften und für die Menschen selbst sehr heilsam, wenn für eigentlich gelehrte Sachen eine den Gelehrten eigenthümliche Sprache, dergleichen die bisher in dieser Absicht aufgenommne lateinische ist, gebraucht würde. – Für die Wissenschaften; zuerst schon deswegen, weil in einer der Gelehrsamkeit besonders gewidmeten Sprache die Wörter bestimmter, folglich zur genauern Kenntniß brauchbarer sind als in einer solchen, die eben sowohl vom Volk gebraucht wird, wo daher Mißverstand und Uebergang schwankender Begriffe in die Sprache viel leichter ist. Noch mehr aber, weil für die eigentlichen Wissenschaften nichts nachtheiliger ist, als die Verwirrung, die durch Halbkenner angerichtet wird, welche auch mitsprechen wollen, ohne die dazu unentbehrlichen Vorerkenntnisse, die nöthige Einsicht in die Beschaffenheit und den Werth scharfsinniger Bestimmungen oder Einschränkungen, und die erforderliche Uebung in gelehrten und ihnen nicht geläufigen Untersuchungen zu haben; wozu sie um so eher versucht werden, je mehr sie sich einbilden die Sache zu verstehen, weil ihnen die Sprache bekannt ist, in der diese ausgedrückt sind.

|a121| 128.

Eben so nützlich wäre es für solche Menschen selbst, welche gelehrte Untersuchungen nichts angehen, wenn ihnen der Zugang dazu durch den Gebrauch einer gelehrten Sprache erschwert würde. So erführen sie vieles nicht einmal, was ihre Neugier reitzt, sie zu unnöthigen Speculationen verleitet, von nützlichern Untersuchungen oder Beschäftigungen abzieht, und sie in schädliche Zweifel oder Irrthürmer stürzt, welchen sie aus den vorhin genannten Ursachen nicht gewachsen sind. Wie viel Zeitverderb und Verwirrung des Volks würde verhütet werden, wenn Gelehrte gleichsam hinter dem Vorhang einer nur ihnen verständlichen Sprache, ohne vom Volk gehört oder gelesen zu werden, erst unter sich, nach reifer Untersuchung ausmachen könnten, was wahr und was gemein zu machen heilsam wäre, und alsdenn nur das Ausgesuchte, Sichere und Gemeinnützige zur Kenntniß der Ungelehrten brächten!Eben so nützlich wäre es für solche Menschen selbst, welche gelehrte Untersuchungen nichts angehen, wenn ihnen der Zugang dazu durch den Gebrauch einer gelehrten Sprache erschwert würde. So erführen sie vieles nicht einmal, was ihre Neugier reitzt, sie zu unnöthigen Speculationen verleitet, von nützlichern Untersuchungen oder Beschäftigungen abzieht, und sie in schädliche Zweifel oder Irrthürmer stürzt, welchen sie aus den vorhin genannten Ursachen nicht gewachsen sind. Wie viel Zeitverderb und Verwirrung des Volks würde verhütet werden, wenn Gelehrte gleichsam hinter dem Vorhang einer nur ihnen verständlichen Sprache, ohne vom Volk gehört oder gelesen zu werden, erst unter sich, nach reifer Untersuchung ausmachen könnten, was wahr und was gemein zu machen heilsam wäre, und alsdenn nur das Ausgesuchte, Sichere und Gemeinnützige zur Kenntniß der Ungelehrten brächten!
Anm. 1. Der grosse Schaden, den nicht nur höhere Wissenschaften, wozu viele gar nicht gemeine Kenntniß und, das dahin gehörige genau zu beurtheilen, etwas mehr als schlichter Menschenverstand erfordert wird, sondern auch gemeinverständlichere und gemeinnützigere , selbst Religion und Moral, selbst Gewissen und Gemüthsruhe, öffentliche und Privatglückseligkeit, dadurch leiden, daß alles, worüber sich nur reden und schreiben läßt, dem verständigen und unverständigen Publicum in der Muttersprache oder in einer sehr gemeinbekannten vorgelegt wird – dieser Schade ist jedem unbefangenen Beobach|a122|ter so unverkennbar, daß der Vorwurf von Mißgunst, der bisweilen dem Gebrauch einer nur den Gelehrten bekannten Sprache, bey gelehrten Sachen oder einer scharfsinnigern Behandlung auch sonst gemeinnütziger Sachen, gemacht worden, eben so ungereimt ist, als wenn man den Pädagogen Mißgunst vorwerfen wollte, wenn sie Kinder verhindern nicht alles durch einander zu lesen, und es bedauren, daß Kinder Gelegenheit haben allerley zu hören und zu lesen, wodurch sie Zweifel, Leichtsinn und Laster frühzeitiger kennen lernen, als sie dagegen bewafnet sind und überkluge Schwätzer werden, an welchen man seine Schande zieht. Aufklärung ist unschätzbar und kann nicht genug befördert werden, aber doch nur denn und bey dem, wo sie nicht ein Scheermesser in der Hand eines Kindes ist.
Anm. 2. Wo sie dieses sey? dieses erfordert allerdings eine weit bedächtigere und reifere Ueberlegung, als der grosse Haufe der Eiferer für oder wider Aufklärung anzustellen oder nur zu begreifen fähig ist. Es bloß im Allgemeinen zu bestimmen, kan wenig Nutzen haben; die Umstände derer, die aufklären wollen, müssen dabey eben so sehr in Anschlag genommen werden, als die Umstände dererjenigen, die aufgeklärt werden sollen. Und eben um so nöthiger wäre bey einzelen wichtigen oder für wichtiggehaltenen Gegenständen, daß die, so am meisten aufzuklären fähig sind, vorher, ungehört von denen, die der Aufklärung zu bedürfen scheinen, unter sich ausmachen möchten, ob und wie weit, den Umständen nach, eine gewisse Aufklärung nöthig und nützlich sey. – Hier liegt die weitere Entwickelung dieser Sache zu sehr ausser dem Wege.

129.

Wer eine gründliche Kenntniß der lateinischen |a123| und griechischen Sprache erlangen wollte, zumahl wenn er sie vor sich und durch eignen Fleiß lernen müßte: würde das stets, mit allen Einschränkungen und Bestimmungen, vor Augen behalten müssen, was oben (§. 68 90 ) von Erlernung der Sprachen überhaupt gesagt worden ist. – In Absicht auf Sprachlehre würde man wohl thun, wenn man sich an eine, die beste welche man finden könnte, gewöhnte; – im Lateinischen z. B. vorzüglich an J. J. G. Schellers ausführliche lateinische Sprachlehre, zweyte vermehrte Auflage, Leipz. 1782 in gr. 8. oder, noch mehr vor dem Anfang, an desselben kurzgefaßte lateinische Sprachlehre, Leipz. 1780 gr. 8. – im Griechischen etwa an die griechische Sprachlehre - - aufgesetzt von Lebr. Heinr. Sam. Jehne, Hamburg 1782 in 8. Wer eine gründliche Kenntniß der lateinischen |a123| und griechischen Sprache erlangen wollte, zumahl wenn er sie vor sich und durch eignen Fleiß lernen müßte: würde das stets, mit allen Einschränkungen und Bestimmungen, vor Augen behalten müssen, was oben (§. 68 90 ) von Erlernung der Sprachen überhaupt gesagt worden ist. – In Absicht auf Sprachlehre würde man wohl thun, wenn man sich an eine, die beste welche man finden könnte, gewöhnte; – im Lateinischen z. B. vorzüglich an J. J. G. Schellers ausführliche lateinische Sprachlehre, zweyte vermehrte Auflage, Leipz. 1782 in gr. 8. oder, noch mehr vor dem Anfang, an desselben kurzgefaßte lateinische Sprachlehre, Leipz. 1780 gr. 8. – im Griechischen etwa an die griechische Sprachlehre - - aufgesetzt von Lebr. Heinr. Sam. Jehne, Hamburg 1782 in 8.

130.

Die feinere Kenntniß der lateinischen Sprache, ihres innern Baues und der Gründe, worauf er beruht, könnte man sich hernach durch die sorgfältige Beobachtung bey Lesung der lateinischen Schriftsteller, und durch solche Bücher bekannt machen, welche das Eigne dieser Sprache, oft auch dessen Gründe, erklären, oder auf gewöhnliche Fehler aufmerksam machen. Hieher gehören Christoph Cellarii Orthographia latina - - obss. Longolii, Heumanni, Heusingeri, Schurtzfleischii suisque auxit et Cortii disputationes de usu orthographiae cum orthographia Norisiana typis repetendas curavit Theoph. Christoph Harles, Tom. I. |a124| et II. Altenburgi 1768 8. Laurentii Vallensis libri elegantiarum sex, öfters aufgelegt z. B. Colon. 1522 4. und in seinen Operibus. Thom. Linacri de emendata structura latini sermonis libri VI. oft aufgelegt z. B. Lips. 1556 in 8. Horat. Tursellini de particulis lat. orationis libellus post curas Jac. Thomasii et Jo. Conr. Schwartzii denuo recognitus et auctus, Lips. 1769. 8. Abhandlung über die lateinischen Ellipsen von Joh. Gottlieb Lindnern, Frankfurt 1780 in 8. – Franc. Sanctii Minerua s. de caussis lat. linguae liber, cui inserta sunt – quae addidit Gasp. Scioppius et subjectae notae Jac[.] Perizonii, Edit. 4. Amstel. 1714 in gr. 8. – und Jo. Frid. Noltenii Lexicon latinae linguae antibarbarum, der vermehrten Ausgabe Helmst. 1744 in gr. 8., Tomus poster. Lips. 1768; wiewohl man die meisten zuerst angegebnen entbehren kann, wenn man entweder ein so vollständiges Buch hat, wie die vorhin erwähnte Schellerische ausführliche lateinische Sprachlehre ist, oder wenn man sich nicht vorzüglich auf das Lateinische legen will.Die feinere Kenntniß der lateinischen Sprache, ihres innern Baues und der Gründe, worauf er beruht, könnte man sich hernach durch die sorgfältige Beobachtung bey Lesung der lateinischen Schriftsteller, und durch solche Bücher bekannt machen, welche das Eigne dieser Sprache, oft auch dessen Gründe, erklären, oder auf gewöhnliche Fehler aufmerksam machen. Hieher gehören Christoph Cellarii Orthographia latina - - obss. Longolii, Heumanni, Heusingeri, Schurtzfleischii suisque auxit et Cortii disputationes de usu orthographiae cum orthographia Norisiana typis repetendas curavit Theoph. Christoph Harles, Tom. I. |a124| et II. Altenburgi 1768 8. Laurentii Vallensis libri elegantiarum sex, öfters aufgelegt z. B. Colon. 1522 4. und in seinen Operibus. Thom. Linacri de emendata structura latini sermonis libri VI. oft aufgelegt z. B. Lips. 1556 in 8. Horat. Tursellini de particulis lat. orationis libellus post curas Jac. Thomasii et Jo. Conr. Schwartzii denuo recognitus et auctus, Lips. 1769. 8. Abhandlung über die lateinischen Ellipsen von Joh. Gottlieb Lindnern, Frankfurt 1780 in 8. – Franc. Sanctii Minerua s. de caussis lat. linguae liber, cui inserta sunt – quae addidit Gasp. Scioppius et subjectae notae Jac[.] Perizonii, Edit. 4. Amstel. 1714 in gr. 8. – und Jo. Frid. Noltenii Lexicon latinae linguae antibarbarum, der vermehrten Ausgabe Helmst. 1744 in gr. 8., Tomus poster. Lips. 1768; wiewohl man die meisten zuerst angegebnen entbehren kann, wenn man entweder ein so vollständiges Buch hat, wie die vorhin erwähnte Schellerische ausführliche lateinische Sprachlehre ist, oder wenn man sich nicht vorzüglich auf das Lateinische legen will.

131.

Eben so wird bey der griechischen Sprache der Libellus animaduersionum quibus Jac. Velleri Grammatica graeca emendatur, suppletur, illustratur, auctore Joh. Frider. Fischero, Lips. 1750–52 in 3 Abtheilungen in 8.; Franc. Vigeri de praecipuis graecae dictionis idiotismis liber, cum animaduerss. Henr. Hoogeveeni, qui|a125|bus adiunxit et suas Jo. Carol. Zeunius, Lips. 1777. in 8. – Henr. Hoogeveen doctrina particularum graecarum recens. breuiauit et auxit Christ. Godofr. Schütz, Dessav. 1782 in gr. 8. – Lamb. Bos Ellipses graecae, öfters aufgelegt, sonderlich mit mehrerer Gelehrten Anmerkungen in Jo. Nic[.] Schwebelii Ausgabe Norib. 1763 gr. 8. – Graecae linguae dialecti - - recognitae opera Mich. Maittaire, nach Jo. Frider. Reitzii Ausgabe Hag. Com. 1738 in gr. 8. oder in dessen Ermanglung das Compendium dialectorum graecarum, concinnauit J. J. Facius, Norib. 1782. 8. von grossen Nutzen seyn.Eben so wird bey der griechischen Sprache der Libellus animaduersionum quibus Jac. Velleri Grammatica graeca emendatur, suppletur, illustratur, auctore Joh. Frider. Fischero, Lips. 1750–52 in 3 Abtheilungen in 8.; Franc. Vigeri de praecipuis graecae dictionis idiotismis liber, cum animaduerss. Henr. Hoogeveeni, qui|a125|bus adiunxit et suas Jo. Carol. Zeunius, Lips. 1777. in 8. – Henr. Hoogeveen doctrina particularum graecarum recens. breuiauit et auxit Christ. Godofr. Schütz, Dessav. 1782 in gr. 8. – Lamb. Bos Ellipses graecae, öfters aufgelegt, sonderlich mit mehrerer Gelehrten Anmerkungen in Jo. Nic[.] Schwebelii Ausgabe Norib. 1763 gr. 8. – Graecae linguae dialecti - - recognitae opera Mich. Maittaire, nach Jo. Frider. Reitzii Ausgabe Hag. Com. 1738 in gr. 8. oder in dessen Ermanglung das Compendium dialectorum graecarum, concinnauit J. J. Facius, Norib. 1782. 8. von grossen Nutzen seyn.

132.

Zur Kenntniß des lateinischen Sprachgebrauchs übertrift unter den grössern Wörterbüchern der Nouus linguae et eruditionis Romanae thesaurus post Ro. Stephani et aliorum curas - - locupletatus a Jo. Matthia Gesnero. Lips. 1749 in 4 Tomis in fol. und unter den kleinern Schellers ausführliches lateinisches Lexicon, lateinisch-teutscher Theil, Leipz. 1783 in gr. 8., die übrigen bey weiten; womit Ausonii Popmae de differentiis verborum itemque de vsu antiquae lectionis libri retractati ab Jo. Christ. Messerschmid, Dresdae 1769 in 8. und Jo. Frid. Reitzius de ambiguis, mediis et contrariis, Traj. ad Rhen. 1736 in 8. nützlich verbunden werden könten. Ueber die Latinität der mitlern Zeiten ist für dem, der Dufresne und Carpentier grosse Glossarien |a126| nicht brauchen kan oder mag, (Jo. Christoph Adelungs) Glossarium manuale ad scriptores mediae et infimae latinitatis, Halae 1772–84 in 6 Tomis in gr. 8. hinlänglich. Zur Kenntniß des lateinischen Sprachgebrauchs übertrift unter den grössern Wörterbüchern der Nouus linguae et eruditionis Romanae thesaurus post Ro. Stephani et aliorum curas - - locupletatus a Jo. Matthia Gesnero. Lips. 1749 in 4 Tomis in fol. und unter den kleinern Schellers ausführliches lateinisches Lexicon, lateinisch-teutscher Theil, Leipz. 1783 in gr. 8., die übrigen bey weiten; womit Ausonii Popmae de differentiis verborum itemque de vsu antiquae lectionis libri retractati ab Jo. Christ. Messerschmid, Dresdae 1769 in 8. und Jo. Frid. Reitzius de ambiguis, mediis et contrariis, Traj. ad Rhen. 1736 in 8. nützlich verbunden werden könten. Ueber die Latinität der mitlern Zeiten ist für dem, der Dufresne und Carpentier grosse Glossarien |a126| nicht brauchen kan oder mag, (Jo. Christoph Adelungs) Glossarium manuale ad scriptores mediae et infimae latinitatis, Halae 1772–84 in 6 Tomis in gr. 8. hinlänglich.

133.

Unter den grössern Wörterbüchern über die griechische Sprache ist der Thesaurus graecae linguae ab Henr. Stephano constructus, 1572 in 4 Tomis fol. nebst einem besondern Band, der den Appendix enthält, noch immer das Hauptwerk, so wie unter den kleinern das Graecum Lexicon manuale - - a Beni. Hederico institutum - - locupletatum et - emendatum cura Jo. Aug. Ernesti, Lips. 1767 in gr. 8. bis jetzt das einzige recht brauchbare ist.Unter den grössern Wörterbüchern über die griechische Sprache ist der Thesaurus graecae linguae ab Henr. Stephano constructus, 1572 in 4 Tomis fol. nebst einem besondern Band, der den Appendix enthält, noch immer das Hauptwerk, so wie unter den kleinern das Graecum Lexicon manuale - - a Beni. Hederico institutum - - locupletatum et - emendatum cura Jo. Aug. Ernesti, Lips. 1767 in gr. 8. bis jetzt das einzige recht brauchbare ist.

134.

Was diesen abgeht, kan man ergänzen und überhaupt die Kenntniß des griechischen und lateinischen Sprachgebrauchs sehr erweitern – entweder aus denen, die das besondern Dialekten eigne erläutert haben, dergleichen das schätzbare Dictionarium Doricum und das Dictionarium Jonicum , beyde von Aemil. Porto, Francf. 1603 in gr. 8. gedruckt, und Ebendesselben Lexicon Pindaricum, Hanoviae 1606 in 8. ist – oder aus den sogenannten Auctoribus linguae latinae und den verschiedenen lateinischen und griechischen Scholiasten, Glossariis und Lexicis, – oder aus den Anmerkungen gelehrter Männer zu gedachten äl|a127|tern Wörterbüchern, den Hesychius, Pollux, Ammonius, Harpokration, Timäus, Thomas Magister, Moeris und andern, oder ihren Anmerkungen und erklärenden Indicibus, die den besten Hand- und andern Ausgaben angehängt sind – oder aus den gelehrten Erläuterungen einzler Stellen alter Schriftsteller, wovon unter andern der Catalogus bibliothecae Bunavianae Tom. I. p. 1873 sq. ein zahlreiches obgleich noch vieler Ergänzungen bedürftiges Verzeichniß enthält. – Carol. du Fresne Glossarium ad Scriptores med. et infimae Graecitatis, Lugd. 1688 in 2 Folianten, ist zur Kenntniß des spätern Griechischen unentbehrlich.Was diesen abgeht, kan man ergänzen und überhaupt die Kenntniß des griechischen und lateinischen Sprachgebrauchs sehr erweitern – entweder aus denen, die das besondern Dialekten eigne erläutert haben, dergleichen das schätzbare Dictionarium Doricum und das Dictionarium Jonicum , beyde von Aemil. Porto, Francf. 1603 in gr. 8. gedruckt, und Ebendesselben Lexicon Pindaricum, Hanoviae 1606 in 8. ist – oder aus den sogenannten Auctoribus linguae latinae und den verschiedenen lateinischen und griechischen Scholiasten, Glossariis und Lexicis, – oder aus den Anmerkungen gelehrter Männer zu gedachten äl|a127|tern Wörterbüchern, den Hesychius, Pollux, Ammonius, Harpokration, Timäus, Thomas Magister, Moeris und andern, oder ihren Anmerkungen und erklärenden Indicibus, die den besten Hand- und andern Ausgaben angehängt sind – oder aus den gelehrten Erläuterungen einzler Stellen alter Schriftsteller, wovon unter andern der Catalogus bibliothecae Bunavianae Tom. I. p. 1873 sq. ein zahlreiches obgleich noch vieler Ergänzungen bedürftiges Verzeichniß enthält. – Carol. du Fresne Glossarium ad Scriptores med. et infimae Graecitatis, Lugd. 1688 in 2 Folianten, ist zur Kenntniß des spätern Griechischen unentbehrlich.

135.

Wie die alten Schriftsteller, und mit welcher Rücksicht, sie gelesen werden müssen? dies kan schon aus den obigen allgemeinen Erinnerungen (§. 72 86 ) abgenommen werden. Hier noch einige allgemeine Vorschläge, die diese griechische und lateinische Schriftsteller insbesondre angehen. – – Zuerst müßte man sich eine vorläufige Kenntniß von ihnen und ihren Schriften, von den brauchbarsten Ausgaben, und von den Sachen erwerben, auf die sie sich beziehen, ohne welche man wenigstens bey ihrer Lesung gar nicht fortkommen kan. – Ueber diese Schriftsteller selbst, ihre Umstände und Schriften hat man bis jetzt noch kein ausführlicheres Werk als Jo. Alb. Fabricii bibliothecam latinam, Edit. 5. Hamburgi 1721 und 22 in drey Octavbänden und, zwar etwas |a128| verkürzt, aber besser geordnet und vermehrt von Joh. Aug. Ernesti, Leipz. 1773 und 74 in drey Tomm. gr. 8., nebst Fabricii bibliotheca graeca, Hamb. 1705–28 in 14 Quartbänden. Doch ist Theoph. Christoph Harles (noch nicht vollendete) introductio in notitiam litteraturae Romanae inprimis Scriptorum latinorum, Noriberg. 1781 in zwey Theilen in gr. 8. und Desselben introductio in historiam linguae graecae, Altenburg. 1778. 8., besser angelegt, mit besserer Wahl gemacht, zweckmäßig vollständiger und überhaupt das beste doppelte Handbuch, das wir darüber haben.Wie die alten Schriftsteller, und mit welcher Rücksicht, sie gelesen werden müssen? dies kan schon aus den obigen allgemeinen Erinnerungen (§. 72 86 ) abgenommen werden. Hier noch einige allgemeine Vorschläge, die diese griechische und lateinische Schriftsteller insbesondre angehen. – – Zuerst müßte man sich eine vorläufige Kenntniß von ihnen und ihren Schriften, von den brauchbarsten Ausgaben, und von den Sachen erwerben, auf die sie sich beziehen, ohne welche man wenigstens bey ihrer Lesung gar nicht fortkommen kan. – Ueber diese Schriftsteller selbst, ihre Umstände und Schriften hat man bis jetzt noch kein ausführlicheres Werk als Jo. Alb. Fabricii bibliothecam latinam, Edit. 5. Hamburgi 1721 und 22 in drey Octavbänden und, zwar etwas |a128| verkürzt, aber besser geordnet und vermehrt von Joh. Aug. Ernesti, Leipz. 1773 und 74 in drey Tomm. gr. 8., nebst Fabricii bibliotheca graeca, Hamb. 1705–28 in 14 Quartbänden. Doch ist Theoph. Christoph Harles (noch nicht vollendete) introductio in notitiam litteraturae Romanae inprimis Scriptorum latinorum, Noriberg. 1781 in zwey Theilen in gr. 8. und Desselben introductio in historiam linguae graecae, Altenburg. 1778. 8., besser angelegt, mit besserer Wahl gemacht, zweckmäßig vollständiger und überhaupt das beste doppelte Handbuch, das wir darüber haben.

136.

Aus diesen Büchern kan man auch einigermassen die besten Ausgaben solcher alten Schriften kennen lernen. Der wahre Werth dieser Ausgaben hängt, entweder von der Lauterkeit und Richtigkeit des Textes, oder von der Zweckmäßigkeit der Anmerkungen, d. i. davon ab, ob sie gerade so viel enthalten, als nöthig ist, den Autor durchaus zu verstehen. Denn, wer die Absicht hat einen alten Schriftsteller zu lesen: der muß ihn, und er muß ihn verstehen lernen wollen; er muß also wünschen durch den, der ihn dabey leiten will, zur Erreichung seiner Absicht, unterhalten und nicht zerstreuet zu werden; er wird selbst deswegen wünschen, so viel selbst zu thun, als er ohne Anderer Hülfe thun kan. Folglich sind, zu seiner Absicht, alle Erläuterungen von Wörtern und Sachen unnütz, unzulänglich oder gar hinderlich, die seinen |a129| Schriftsteller oder die Stellen, die er lieset, nicht angehen; die Zwecke der Herausgeber sind, so wie der alte Schriftsteller nur Mittel jene gelegentlich und mit mehrern Anstand unter die Leute zu bringen; die wenigstens die Aufmerksamkeit zu lange auf andere Sachen, als auf den Sinn des Schriftstellers, ziehen; die gemeinbekannte Sachen enthalten, welche der, wer einen gewissen Autor lieset, schon weiß oder billig wissen muß; die nur einige Schwierigkeiten ergründen, welche gerade der Commentator wegzuräumen vermochte; und die, anstatt bloß Winke zu geben, um dem Leser auf die Spur zu helfen, durch Anmerkungen zu Bildung des Verstandes, des Geschmacks und Herzens, den Autor selbst dem Leser aus dem Gesicht rücken. Mögen alle solche Commentare in andrer Absicht noch so nützlich seyn: so scheinen zu dieser diejenigen Handausgaben die besten, welche einen genau geläuterten Text und so viele, auch nur so weit ausgeführte, Anmerkungen enthalten, als die Aufklärung des Sinnes, in Absicht auf Wörter und Sachen, nothwendig erfordert, ohngefähr so wie wir sie, mehr oder minder, von einigen neuern Deutschen, einem Gesner, Ernesti, Fischer, Heyne, Morus und einigen wenigen Andern haben.Aus diesen Büchern kan man auch einigermassen die besten Ausgaben solcher alten Schriften kennen lernen. Der wahre Werth dieser Ausgaben hängt, entweder von der Lauterkeit und Richtigkeit des Textes, oder von der Zweckmäßigkeit der Anmerkungen, d. i. davon ab, ob sie gerade so viel enthalten, als nöthig ist, den Autor durchaus zu verstehen. Denn, wer die Absicht hat einen alten Schriftsteller zu lesen: der muß ihn, und er muß ihn verstehen lernen wollen; er muß also wünschen durch den, der ihn dabey leiten will, zur Erreichung seiner Absicht, unterhalten und nicht zerstreuet zu werden; er wird selbst deswegen wünschen, so viel selbst zu thun, als er ohne Anderer Hülfe thun kan. Folglich sind, zu seiner Absicht, alle Erläuterungen von Wörtern und Sachen unnütz, unzulänglich oder gar hinderlich, die seinen |a129| Schriftsteller oder die Stellen, die er lieset, nicht angehen; die Zwecke der Herausgeber sind, so wie der alte Schriftsteller nur Mittel jene gelegentlich und mit mehrern Anstand unter die Leute zu bringen; die wenigstens die Aufmerksamkeit zu lange auf andere Sachen, als auf den Sinn des Schriftstellers, ziehen; die gemeinbekannte Sachen enthalten, welche der, wer einen gewissen Autor lieset, schon weiß oder billig wissen muß; die nur einige Schwierigkeiten ergründen, welche gerade der Commentator wegzuräumen vermochte; und die, anstatt bloß Winke zu geben, um dem Leser auf die Spur zu helfen, durch Anmerkungen zu Bildung des Verstandes, des Geschmacks und Herzens, den Autor selbst dem Leser aus dem Gesicht rücken. Mögen alle solche Commentare in andrer Absicht noch so nützlich seyn: so scheinen zu dieser diejenigen Handausgaben die besten, welche einen genau geläuterten Text und so viele, auch nur so weit ausgeführte, Anmerkungen enthalten, als die Aufklärung des Sinnes, in Absicht auf Wörter und Sachen, nothwendig erfordert, ohngefähr so wie wir sie, mehr oder minder, von einigen neuern Deutschen, einem Gesner, Ernesti, Fischer, Heyne, Morus und einigen wenigen Andern haben.

137.

Die Sachen, auf welche sich die alten griechischen und römischen Schriftsteller beziehen und von welchen man wenigstens einige vorläufige Kenntniß haben muß, wenn man nicht alle Augenblicke an|a130|stossen oder jene Schriftsteller nur halb verstehen oder sich zur Unzeit bey ihrer Lesung selbst zerstreuen will, sind in der Geschichte, der alten Erdbeschreibung, der Mythologie, den griechischen und römischen Alterthümern zu suchen. Zur ersten Grundlage für einen Theil dieser Kenntnisse ist das – Handbuch der klaßischen Literatur, enthaltend Archäologie, Notiz der Klaßiker, Mythologie, griechische Alterthümer, römische Alterthümer, von Joh. Joach. Eschenburg, Berlin 1783 in gr. 8. – überaus brauchbar.Die Sachen, auf welche sich die alten griechischen und römischen Schriftsteller beziehen und von welchen man wenigstens einige vorläufige Kenntniß haben muß, wenn man nicht alle Augenblicke an|a130|stossen oder jene Schriftsteller nur halb verstehen oder sich zur Unzeit bey ihrer Lesung selbst zerstreuen will, sind in der Geschichte, der alten Erdbeschreibung, der Mythologie, den griechischen und römischen Alterthümern zu suchen. Zur ersten Grundlage für einen Theil dieser Kenntnisse ist das – Handbuch der klaßischen Literatur, enthaltend Archäologie, Notiz der Klaßiker, Mythologie, griechische Alterthümer, römische Alterthümer, von Joh. Joach. Eschenburg, Berlin 1783 in gr. 8. – überaus brauchbar.

138.

Die eigentlich hieher gehörige Geschichte betrift entweder die bürgerlichen Veränderungen in den alten griechischen und römischen Staaten, oder den Zustand und die Schicksale ihrer Literatur und Künste, besonders der Philosophie unter Griechen und Römern. So sehr es uns noch an Büchern fehlt, welche, mit Absonderung aller in andrer Absicht sehr nützlichen Kenntnisse und Untersuchungen, recht eigentlich dazu eingerichtet wären, die, welche diese alten Schriftsteller in ihren Beziehungen und Anspielungen auf gedachte Gegenstände verstehen wollen, dazu, mit Zusammenfassung der erwähnten Kenntnisse, vorzubereiten: so kann man sich doch schon vor der Hand – mit Stanyans, unter dem Titel Historie de Grece traduite de l'Anglois de Mr. Temple Stanyan, Amst. 1744 in 8. in 3 Tomes nachgedruckten und aus den Quellen selbst geschöpften, Geschichte Griechenlandes bis auf |a131| den Tod K. Philipp in Macedonien; mit Goldsmith's Geschichte der Griechen von den frühesten Zeiten bis auf den Tod Alexanders des Grossen, aus dem Engl. übersetzt, Leipzig 1777 in zwey Octavbänden; Wilh. Robertsons Geschichte von Altgriechenland (die noch weiter, bis auf die Verwandlung Griechenlandes in eine römische Provinz geht, und selbst die ältere Geschichte von Großgriechenland, auch etwas von der Erdbeschreibung, der bürgerlichen Verfassung und der Geschichte der Wissenschaften mitnimmt,) aus dem Engl. übersetzt Leipzig 1779 in gr. 8. – und mit Goldsmith's Geschichte der Römer - - bis auf den Untergang des abendländischen Kaiserthums, aus dem Engl. Leipz. 1774 in zwey Octavbänden – behelfen, oder Karl Denina Staats- und Gelehrtengeschichte Griechenlands zu Hülfe nehmen, wovon der erste Theil aus dem Ital. übersetzt, Flensburg 1783 in gr. 8. herausgekommen ist.Die eigentlich hieher gehörige Geschichte betrift entweder die bürgerlichen Veränderungen in den alten griechischen und römischen Staaten, oder den Zustand und die Schicksale ihrer Literatur und Künste, besonders der Philosophie unter Griechen und Römern. So sehr es uns noch an Büchern fehlt, welche, mit Absonderung aller in andrer Absicht sehr nützlichen Kenntnisse und Untersuchungen, recht eigentlich dazu eingerichtet wären, die, welche diese alten Schriftsteller in ihren Beziehungen und Anspielungen auf gedachte Gegenstände verstehen wollen, dazu, mit Zusammenfassung der erwähnten Kenntnisse, vorzubereiten: so kann man sich doch schon vor der Hand – mit Stanyans, unter dem Titel Historie de Grece traduite de l'Anglois de Mr. Temple Stanyan, Amst. 1744 in 8. in 3 Tomes nachgedruckten und aus den Quellen selbst geschöpften, Geschichte Griechenlandes bis auf |a131| den Tod K. Philipp in Macedonien; mit Goldsmith's Geschichte der Griechen von den frühesten Zeiten bis auf den Tod Alexanders des Grossen, aus dem Engl. übersetzt, Leipzig 1777 in zwey Octavbänden; Wilh. Robertsons Geschichte von Altgriechenland (die noch weiter, bis auf die Verwandlung Griechenlandes in eine römische Provinz geht, und selbst die ältere Geschichte von Großgriechenland, auch etwas von der Erdbeschreibung, der bürgerlichen Verfassung und der Geschichte der Wissenschaften mitnimmt,) aus dem Engl. übersetzt Leipzig 1779 in gr. 8. – und mit Goldsmith's Geschichte der Römer - - bis auf den Untergang des abendländischen Kaiserthums, aus dem Engl. Leipz. 1774 in zwey Octavbänden – behelfen, oder Karl Denina Staats- und Gelehrtengeschichte Griechenlands zu Hülfe nehmen, wovon der erste Theil aus dem Ital. übersetzt, Flensburg 1783 in gr. 8. herausgekommen ist.
Beziehen sich die Werke eines alten Schriftstellers, z. B. Cicero's Briefe, sehr auf die Geschichte ihrer Zeit: so sollte man eher solche Schriften nicht lesen, bis man sich diese besondere Geschichte, z. B. die in Cicero's Schriften zum Grunde liegende, aus Seb. Corradi Quaestura, wieder aufgelegt Lips. 1752 in 8; The history of the life of M. T. Cicero, by Conyer Middleton, öfters aufgelegt, als London 1767 in 3 Voll. gr. 8. (auch ins Französ. und ins Deutsche übersetzt) oder aus Ciceronis vita (quam) ex ipsius scriptis excerpsit et ad Consulum seriem digessit J. C. L. Meierotto, Berol. 1783. 8. bekannt gemacht hätte.

|a132| 139.

Woran es uns noch unter den zur griechischen und römischen Geschichte gehörigen Schriften fehlt, eben dieses vermißt man auch bey Schriften, welche den Zustand der Künste und Wissenschaften, namentlich der Philosophie, bey beyden Völkern betreffen. M. Tullii Ciceronis historia philosophiae antiquae, collecta, illustrata et amplificata a F. Gedike, Berol. 1781 in gr. 8. ist die einzige, die hier empfohlen werden könnte. Die fast unübertreffbare Geschichte des Ursprungs, Fortgangs und Verfalls der Wissenschaften in Griechenland und Rom, von C. Meiners, wovon zu Lemgo 1781 und 82 erst zwey Bände in gr. 8. erschienen sind, gehört schon für Leser einer höhern Classe.Woran es uns noch unter den zur griechischen und römischen Geschichte gehörigen Schriften fehlt, eben dieses vermißt man auch bey Schriften, welche den Zustand der Künste und Wissenschaften, namentlich der Philosophie, bey beyden Völkern betreffen. M. Tullii Ciceronis historia philosophiae antiquae, collecta, illustrata et amplificata a F. Gedike, Berol. 1781 in gr. 8. ist die einzige, die hier empfohlen werden könnte. Die fast unübertreffbare Geschichte des Ursprungs, Fortgangs und Verfalls der Wissenschaften in Griechenland und Rom, von C. Meiners, wovon zu Lemgo 1781 und 82 erst zwey Bände in gr. 8. erschienen sind, gehört schon für Leser einer höhern Classe.

140.

Auch bey der alten Erdbeschreibung wird man vermuthlich noch lange auf ein Buch warten müssen, das, bey der möglichsten Vollständigkeit, nach eigner sorgfältigen Untersuchung und mit Benutzung der wirklich sichern und brauchbaren Entdeckungen einiger wenigen eigentlichen Kenner, auch mit möglichster Vergleichung der ältern und neuern Topographie, zwischen der weitläufigern fast einzig brauchbaren Notitia orbis antiqui von Christoph. Cellario mit Jo. Conr. Schwartzii Anmerkungen, Leipz. 1731 und 32 in zwey Quartbänden, und zwischen der zu magern Geographie ancienne abregée par Mr. d'Anville, à Paris 1768 in drey Bänden gr. 12, oder den beyden |a133| kleinern: Orbis antiqui monumentis suis illustrati primae lineae, duxit Jer. Jac. Oberlinus, Argent. 1776. 8. und dem noch nicht vollendeten Handbuch der alten Erdbeschreibung nach Anleitung der d'Anvillischen Landcharten, Nürnberg 1781 in 8. (auch lat. Compendium Geographiae antiquae etc.) das Mittel hielte. Die einzig guten Charten zur alten Geographie von d'Anville, welche seit letztgedachtem Jahre zu Nürnberg nachgestochen werden, sind wenigstens unentbehrlich, sonst muß man sich bloß mit den noch sehr unvollkommenen Charten in Cellarii Werk oder Jo. Dav. Koeleri Descriptione orbis antiqui in XLIV tabulis von Weigel in Nürnberg gestochen, begnügen.Auch bey der alten Erdbeschreibung wird man vermuthlich noch lange auf ein Buch warten müssen, das, bey der möglichsten Vollständigkeit, nach eigner sorgfältigen Untersuchung und mit Benutzung der wirklich sichern und brauchbaren Entdeckungen einiger wenigen eigentlichen Kenner, auch mit möglichster Vergleichung der ältern und neuern Topographie, zwischen der weitläufigern fast einzig brauchbaren Notitia orbis antiqui von Christoph. Cellario mit Jo. Conr. Schwartzii Anmerkungen, Leipz. 1731 und 32 in zwey Quartbänden, und zwischen der zu magern Geographie ancienne abregée par Mr. d'Anville, à Paris 1768 in drey Bänden gr. 12, oder den beyden |a133| kleinern: Orbis antiqui monumentis suis illustrati primae lineae, duxit Jer. Jac. Oberlinus, Argent. 1776. 8. und dem noch nicht vollendeten Handbuch der alten Erdbeschreibung nach Anleitung der d'Anvillischen Landcharten, Nürnberg 1781 in 8. (auch lat. Compendium Geographiae antiquae etc.) das Mittel hielte. Die einzig guten Charten zur alten Geographie von d'Anville, welche seit letztgedachtem Jahre zu Nürnberg nachgestochen werden, sind wenigstens unentbehrlich, sonst muß man sich bloß mit den noch sehr unvollkommenen Charten in Cellarii Werk oder Jo. Dav. Koeleri Descriptione orbis antiqui in XLIV tabulis von Weigel in Nürnberg gestochen, begnügen.

141.

Zu der bey Lesung der Alten so nothwendigen Kenntniß der Mythologie könnte man die Einleitung in die Götter- und Fabel-Geschichte der ältesten griechischen und römischen Welt, durch Christ. Tob. Damm, 4te Aufl. Berlin 1775 in 8., oder Dav. Christoph Seybolds Einleitung in die griechische und römische Mythologie der alten Schriftsteller, 2te Aufl. Leipz. 1784. 8. zum Grunde legen, und, wenn man, doch nur im Allgemeinen, mehr davon wissen wollte, Anton Banier's Erläuterung der Götterlehre und Fabeln aus der Geschichte, mit Joh. Adolf und Joh. Aug. Schlegels auch Joh. Matthias Schröckh's Anmerkungen, Leipz. 1754–66 in fünf groß Octavbänden, und Benj. Hede|a134|richs mythologisches Lexicon, verbessert von Joh. Joach. Schwaben, Leipz. 1770 in gr. 8. zu Hülfe nehmen. Hernach würde man, wenn man zumahl die alten Dichter recht anschaulich verstehen lernen wollte, die Dactyliothek von Phil. Dan. Lippert, Erstes und Zweytes Tausend, Leipz. 1767 in zwey Bänden in 4. und das Supplement dazu 1776 in 4. nebst den dazu gehörigen Abdrücken geschnittener Steine, mit ungemeinen Nutzen zu Rathe ziehen, oder, weil dieser Schatz wegen seiner Kostbarkeit nicht überall zu haben ist, an dessen Stelle den Versuch einer mythologischen Dactyliothek für Schulen - - von Anton Ernst Klausing, Leipz. 1781 in gr. 8. (wovon noch ein zweyter Theil erwartet wird) ebenfalls mit den Abdrücken, brauchen können. Zu der bey Lesung der Alten so nothwendigen Kenntniß der Mythologie könnte man die Einleitung in die Götter- und Fabel-Geschichte der ältesten griechischen und römischen Welt, durch Christ. Tob. Damm, 4te Aufl. Berlin 1775 in 8., oder Dav. Christoph Seybolds Einleitung in die griechische und römische Mythologie der alten Schriftsteller, 2te Aufl. Leipz. 1784. 8. zum Grunde legen, und, wenn man, doch nur im Allgemeinen, mehr davon wissen wollte, Anton Banier's Erläuterung der Götterlehre und Fabeln aus der Geschichte, mit Joh. Adolf und Joh. Aug. Schlegels auch Joh. Matthias Schröckh's Anmerkungen, Leipz. 1754–66 in fünf groß Octavbänden, und Benj. Hede|a134|richs mythologisches Lexicon, verbessert von Joh. Joach. Schwaben, Leipz. 1770 in gr. 8. zu Hülfe nehmen. Hernach würde man, wenn man zumahl die alten Dichter recht anschaulich verstehen lernen wollte, die Dactyliothek von Phil. Dan. Lippert, Erstes und Zweytes Tausend, Leipz. 1767 in zwey Bänden in 4. und das Supplement dazu 1776 in 4. nebst den dazu gehörigen Abdrücken geschnittener Steine, mit ungemeinen Nutzen zu Rathe ziehen, oder, weil dieser Schatz wegen seiner Kostbarkeit nicht überall zu haben ist, an dessen Stelle den Versuch einer mythologischen Dactyliothek für Schulen - - von Anton Ernst Klausing, Leipz. 1781 in gr. 8. (wovon noch ein zweyter Theil erwartet wird) ebenfalls mit den Abdrücken, brauchen können.

142.

Diese Schriften und Werke enthalten selbst einiges, das zur bessern Kenntniß der, wenigstens gottesdienstlichen, griechischen und römischen Alterthümer dient. In Absicht der griechischen macht, unter den mehr systematischen Büchern, Johann Potters griechische Archäologie oder Alterthümer Griechenlandes mit Anmerkungen und Zusätzen von Joh. Jac. Rambach, Halle 1775–1778 in drey Theilen in gr. 8. die übrigen sehr entbehrlich, und kan in seiner Art einzig heissen. Wenn man sich bey den römischen Alterthümern erst ein kürzeres Lehrbuch bekannt gemacht hat, unter welchen Christoph Cellarii Compendium antiquitatum ro|a135|manarum c. adnott. J. E. J. Walchii Edit. 3. Halae 1774. 8. Ge. Henr. Nieupoort, rituum, qui olim apud Romanos obtinuerunt, succincta explicatio, Edit. 13. Berol. 1767 in gr. 8. auch Edit. 6. (Vltrajectina) curant. Guil. Ottone et Jo. Freder. Reitzio 1774 gr. 8., und Jo. Frid. Gruneri introductio in antiquitates Romanas, Jenae 1748. 8. die besten sind: so kan man Georg Christian Maternus von Cilano ausführliche Abhandlung der römischen Alterthümer, in Ordnung gebracht von Georg Christ. Adler, Altona 1775 und 76 in vier Theilen in 8. (die ein Commentar über den Nieupoort, aber von viel weiterm Umfange ist) zu Hülfe nehmen und damit G. C. Adler ausführliche Beschreibung der Stadt Rom, Altona 1781 in 4. Ueber Sitten und Lebensart der Römer in verschiedenen Zeiten der Republik, von J. H. L. Meierotto, Berlin 1776 in zwey Theilen in 8. und C. Meiners Geschichte des Verfalls der Sitten und der Staatsverfassung der Römer, Leipz. 1782. 8. verbinden. Diese Schriften und Werke enthalten selbst einiges, das zur bessern Kenntniß der, wenigstens gottesdienstlichen, griechischen und römischen Alterthümer dient. In Absicht der griechischen macht, unter den mehr systematischen Büchern, Johann Potters griechische Archäologie oder Alterthümer Griechenlandes mit Anmerkungen und Zusätzen von Joh. Jac. Rambach, Halle 1775–1778 in drey Theilen in gr. 8. die übrigen sehr entbehrlich, und kan in seiner Art einzig heissen. Wenn man sich bey den römischen Alterthümern erst ein kürzeres Lehrbuch bekannt gemacht hat, unter welchen Christoph Cellarii Compendium antiquitatum ro|a135|manarum c. adnott. J. E. J. Walchii Edit. 3. Halae 1774. 8. Ge. Henr. Nieupoort, rituum, qui olim apud Romanos obtinuerunt, succincta explicatio, Edit. 13. Berol. 1767 in gr. 8. auch Edit. 6. (Vltrajectina) curant. Guil. Ottone et Jo. Freder. Reitzio 1774 gr. 8., und Jo. Frid. Gruneri introductio in antiquitates Romanas, Jenae 1748. 8. die besten sind: so kan man Georg Christian Maternus von Cilano ausführliche Abhandlung der römischen Alterthümer, in Ordnung gebracht von Georg Christ. Adler, Altona 1775 und 76 in vier Theilen in 8. (die ein Commentar über den Nieupoort, aber von viel weiterm Umfange ist) zu Hülfe nehmen und damit G. C. Adler ausführliche Beschreibung der Stadt Rom, Altona 1781 in 4. Ueber Sitten und Lebensart der Römer in verschiedenen Zeiten der Republik, von J. H. L. Meierotto, Berlin 1776 in zwey Theilen in 8. und C. Meiners Geschichte des Verfalls der Sitten und der Staatsverfassung der Römer, Leipz. 1782. 8. verbinden.
Wegen des grossen Einflusses der Kenntniß des römischen Kriegswesens auf die rechte Einsicht des Verstandes vieler Stellen bey römischen Schriftstellern sind die römischen Kriegsalterthümer (von Rösch und Nast) Halle 1782 in gr. 8. sehr zu empfehlen.

143.

Hätte man sich durch die bisher (§. 135 f.) erwähnte Kenntnisse zum Lesen griechischer und |a136| lateinischer Schriftsteller vorbereitet: so möchten ferner folgende Vorschläge bey dem Lesen nicht undienlich seyn. 1) Weil der, welcher diese Schriftsteller vor sich lesen will, gemeiniglich schon vorher einen Unterricht in alten Sprachen und, nach unsern Einrichtungen, weit mehr in der lateinischen als in der griechischen, in letzterer oft so viel als gar nicht, bekommen hat; und weil man bey Lesung der römischen Schriftsteller gemeiniglich auch mit die Absicht hat, sich eine Fertigkeit im lateinischen Ausdruck zu erwerben; ja, weil selbst die Hülfsmittel zur Erlernung des Griechischen und die erklärende Anmerkungen in den Ausgaben griechischer Schriftsteller fast durchgehends in lateinischer Sprache abgefaßt sind: so ist es rathsam, lateinische Schriftsteller eher als griechische zu lesen. Wäre man nicht in diesen Fällen: so wäre es viel nützlicher und vernünftiger, mit den griechischen anzufangen. Denn die römischen Schriftsteller haben die griechischen nachgeahmt und copirt, können also weit besser verstanden werden, wenn man diese schon voraus kennt; und man würde auf diese Art die fortschreitende Cultur des menschlichen Verstandes und Herzens, auch der davon abhängenden Begriffe, Grundsätze und Sitten, weit besser wahrnehmen.Hätte man sich durch die bisher (§. 135 f.) erwähnte Kenntnisse zum Lesen griechischer und |a136| lateinischer Schriftsteller vorbereitet: so möchten ferner folgende Vorschläge bey dem Lesen nicht undienlich seyn. 1) Weil der, welcher diese Schriftsteller vor sich lesen will, gemeiniglich schon vorher einen Unterricht in alten Sprachen und, nach unsern Einrichtungen, weit mehr in der lateinischen als in der griechischen, in letzterer oft so viel als gar nicht, bekommen hat; und weil man bey Lesung der römischen Schriftsteller gemeiniglich auch mit die Absicht hat, sich eine Fertigkeit im lateinischen Ausdruck zu erwerben; ja, weil selbst die Hülfsmittel zur Erlernung des Griechischen und die erklärende Anmerkungen in den Ausgaben griechischer Schriftsteller fast durchgehends in lateinischer Sprache abgefaßt sind: so ist es rathsam, lateinische Schriftsteller eher als griechische zu lesen. Wäre man nicht in diesen Fällen: so wäre es viel nützlicher und vernünftiger, mit den griechischen anzufangen. Denn die römischen Schriftsteller haben die griechischen nachgeahmt und copirt, können also weit besser verstanden werden, wenn man diese schon voraus kennt; und man würde auf diese Art die fortschreitende Cultur des menschlichen Verstandes und Herzens, auch der davon abhängenden Begriffe, Grundsätze und Sitten, weit besser wahrnehmen.

144.

So nützlich 2) Chrestomathien oder Excerpte aus mehrern alten Schriftstellern, für den seyn mögen, der keine ganze Schriftsteller haben kan, |a137| oder für den Anfänger, der vorerst den nothdürftigsten Sprachgebrauch lernen oder einen allgemeinen Vorschmack von mehrern Schriftstellern und ihren Unterschied erlangen will: so viel besser ist es doch, ganze Schriftsteller in eins fort zu lesen, ehe man zu andern fortschreitet. Denn – ausserdem daß es unnatürlich ist und zur Unbeständigkeit gewöhnt, etwas aufzugeben was man angefangen und was uns gefallen hat – wird man durch das anhaltende Lesen eines guten Schriftstellers besser mit seinen Sachen, so wie mit seiner eigenthümlichen Denk- und Schreibart, bekannt, lernt ihn daher und wenn man einmal im Gange ist, besser verstehen, und gewöhnt sich leichter, wenn man gar die Absicht hat seinen Ausdruck nach einen solchen Schriftsteller zu bilden, an eine gewisse Gleichheit und Reinigkeit des Ausdrucks.So nützlich 2) Chrestomathien oder Excerpte aus mehrern alten Schriftstellern, für den seyn mögen, der keine ganze Schriftsteller haben kan, |a137| oder für den Anfänger, der vorerst den nothdürftigsten Sprachgebrauch lernen oder einen allgemeinen Vorschmack von mehrern Schriftstellern und ihren Unterschied erlangen will: so viel besser ist es doch, ganze Schriftsteller in eins fort zu lesen, ehe man zu andern fortschreitet. Denn – ausserdem daß es unnatürlich ist und zur Unbeständigkeit gewöhnt, etwas aufzugeben was man angefangen und was uns gefallen hat – wird man durch das anhaltende Lesen eines guten Schriftstellers besser mit seinen Sachen, so wie mit seiner eigenthümlichen Denk- und Schreibart, bekannt, lernt ihn daher und wenn man einmal im Gange ist, besser verstehen, und gewöhnt sich leichter, wenn man gar die Absicht hat seinen Ausdruck nach einen solchen Schriftsteller zu bilden, an eine gewisse Gleichheit und Reinigkeit des Ausdrucks.

145.

Wollte man – wie hier immer vorausgesetzt wird – alle Schriftsteller vor sich lesen und wäre im Griechischen oder Lateinischen noch sehr zurück: so wäre 3) zu rathen, daß man – da ein Anfänger zunächst erst des Sprachgebrauchs mächtig werden muß – ganz leichte Schriftsteller läse und sich dabey solcher Ausgaben bediente, wo in Anmerkungen oder Registern die Bedeutungen der Wörter und Redensarten, auch wohl schwerere Formen, erklärt werden, z. B. die Fabulas Aesopicas nach Joh. Mich. Heusingers Ausgabe, vermehrt Eisenach 1771. 8.; Paeanii Metaphras. |a138| in Eutropium, nach F. S. Kaltwassers, Gotha 1780. 8.; Palaephatum de incredibilibus, nach Joh. Frid. Fischers Ausgabe, Leipzig 1761. 8. Ist man etwas weiter: so sind solche Glossarien, wo nur das schwere und dem Schriftsteller eigenthümliche mit wenig Worten erkläret wird, wie die Ernestischen bey Xenophons memorabil. Socratis und bey dem Polybius, zu dieser Absicht, vollkommen zureichend.Wollte man – wie hier immer vorausgesetzt wird – alle Schriftsteller vor sich lesen und wäre im Griechischen oder Lateinischen noch sehr zurück: so wäre 3) zu rathen, daß man – da ein Anfänger zunächst erst des Sprachgebrauchs mächtig werden muß – ganz leichte Schriftsteller läse und sich dabey solcher Ausgaben bediente, wo in Anmerkungen oder Registern die Bedeutungen der Wörter und Redensarten, auch wohl schwerere Formen, erklärt werden, z. B. die Fabulas Aesopicas nach Joh. Mich. Heusingers Ausgabe, vermehrt Eisenach 1771. 8.; Paeanii Metaphras. |a138| in Eutropium, nach F. S. Kaltwassers, Gotha 1780. 8.; Palaephatum de incredibilibus, nach Joh. Frid. Fischers Ausgabe, Leipzig 1761. 8. Ist man etwas weiter: so sind solche Glossarien, wo nur das schwere und dem Schriftsteller eigenthümliche mit wenig Worten erkläret wird, wie die Ernestischen bey Xenophons memorabil. Socratis und bey dem Polybius, zu dieser Absicht, vollkommen zureichend.

146.

Und weil es vernünftig ist, vom Leichtern zum Schwerern fort zu gehen: so ist es 4) auch rathsamer, eher prosaische Schriftsteller, wenigstens leichtere, als Dichter zu lesen; selbst deswegen, weil der Geschmack leichter durch die Lesung der letztern verwöhnt und zu sehr an das Hervorstechende gewöhnt wird; zumahl wenn man durch Lesung der Alten selbst seine Denk- und Schreibart bilden will. – Aus eben diesem Hauptgrunde würde man auf Schriften, welche gemeinbekannte Sachen enthalten, erst Geschichtschreiber, und auf diese erst philosophische Werke folgen lassen müssen; wenn nicht der schwerere Vortrag eines Schriftstellers in jenen erfordert, sie bis nach diesen zu verschieben; im Griechischen würde man auch wohl thun, Schriftsteller von einerley Dialekt zusammen zu nehmen, wenn hier jene angegebene Ursachen nicht wieder eine Ausnahme erforderten.Und weil es vernünftig ist, vom Leichtern zum Schwerern fort zu gehen: so ist es 4) auch rathsamer, eher prosaische Schriftsteller, wenigstens leichtere, als Dichter zu lesen; selbst deswegen, weil der Geschmack leichter durch die Lesung der letztern verwöhnt und zu sehr an das Hervorstechende gewöhnt wird; zumahl wenn man durch Lesung der Alten selbst seine Denk- und Schreibart bilden will. – Aus eben diesem Hauptgrunde würde man auf Schriften, welche gemeinbekannte Sachen enthalten, erst Geschichtschreiber, und auf diese erst philosophische Werke folgen lassen müssen; wenn nicht der schwerere Vortrag eines Schriftstellers in jenen erfordert, sie bis nach diesen zu verschieben; im Griechischen würde man auch wohl thun, Schriftsteller von einerley Dialekt zusammen zu nehmen, wenn hier jene angegebene Ursachen nicht wieder eine Ausnahme erforderten.
Anm. 1. Besondere Vorschläge von der bequemsten Ordnung, in der man alle Schriftsteller nach ein|a139|ander lesen möchte, lassen sich nicht allgemein geben, da die Absichten, warum man diese Schriftsteller lieset, sehr verschieden sind, und die gemeldeten Regeln oft einander in den Weg kommen. – Im Lateinischen würde man sehr wohl den Phäder, Nepos und Terenz – den Cäsar und Sallust – Cicero's Lälius und Cato, seine Briefe, seine philosophischen, seine rhetorischen Werke und seine Reden, mit Quinctilians Instit. orat. – den Livius, Suetonius und Tacitus – den Plautus und so die übrigen nach Befinden, auf einander folgen lassen können. Nach den leichtesten unter diesen Prosaikern könnten schon Ovid und Virgil, sodenn, nach den etwas schwerern, Horaz und andere gelesen werden.
Anm. 2. Im Griechischen könnte man, nach der §. 145 angegebenen Vorbereitung, mit Aelians vermischten Geschichten und mit Epiktets Enchiridion sowohl als Arrians Commentarien den Anfang machen – hernach vorzöglich den Xenophon, und überhaupt die besten Attischen Prosaisten, sowohl Philosophen, vornehmlich Platon's und Aeschines Dialogen, und Theophrasts Charaktere, sodenn, nach Aristoteles Rhetorik, den Isokrates nebst den in der Reiskischen Sammlung enthaltnen Rednern lesen. Nun könnten, und, wenn man gerade nicht Attische Schriftsteller gleich zusammen nehmen wollte, auch schon gleich nach dem Xenophon, die Geschichtschreiber, hauptsächlich Herodot, Thukydides, Polybius, Plutarch, auch Josephus, und von spätern Arrian, Appian und Herodian, eintreten. Die Dichter könnten sehr wohl mit den andern abwechseln. Homer müßte billig allen vorgehen, und Hesiod könnte ihm folgen. Vom Anakreon, Theokrit, Moschus und Bion könnte man zu den Attischen Tragikern und Komikern fortschreiten, und alsdenn den Pindar und Kallimachus hinzufügen. Gut |a140| wäre es doch, Aristoteles Poetik mit diesen Dichtern zu verbinden. Andere, sonderlich spätere oder unbeträchtlichere Schriftsteller zu erwähnen, erlaubt die hier nöthige Kürze und eingeschränckte Absicht nicht, die eigentlich auf die Muster des griechischen und lateinischen Vortrages geht.

147.

Bey einer solchen Menge von griechischen und römischen Schriftstellern versteht sichs von selbst, 5) daß viele, zumahl wenn man sich nicht ganz eigen diesem Studium widmet, nur cursorisch gelesen werden müssen. Je leichter ein Schriftsteller und vornehmlich je weniger er claßisch ist (§. 72 ), je weniger braucht man sich bey ihm aufzuhalten. – Endlich müßte man sich 6) hüten, daß der Aufhalt nicht durch Vergleichung gelehrter Commentatoren noch verlängert würde. Billig sollte man sie nur da befragen, wo man nicht selbst fortkommen könnte. Verlieren sie sich zumahl in weitläufige und gelehrte Erläuterungen, die nicht bloß den zu erläuternden Autor angehen: so ist es weit besser, eine andre Zeit auszusetzen, um diese zu studiren, als sich zu sehr von dem Autor selbst ablenken zu lassen.Bey einer solchen Menge von griechischen und römischen Schriftstellern versteht sichs von selbst, 5) daß viele, zumahl wenn man sich nicht ganz eigen diesem Studium widmet, nur cursorisch gelesen werden müssen. Je leichter ein Schriftsteller und vornehmlich je weniger er claßisch ist (§. 72 ), je weniger braucht man sich bey ihm aufzuhalten. – Endlich müßte man sich 6) hüten, daß der Aufhalt nicht durch Vergleichung gelehrter Commentatoren noch verlängert würde. Billig sollte man sie nur da befragen, wo man nicht selbst fortkommen könnte. Verlieren sie sich zumahl in weitläufige und gelehrte Erläuterungen, die nicht bloß den zu erläuternden Autor angehen: so ist es weit besser, eine andre Zeit auszusetzen, um diese zu studiren, als sich zu sehr von dem Autor selbst ablenken zu lassen.

148.

Uebungen im guten Ausdruck brauchen sich bey den bisher erwähnten zwey Sprachen eigentlich nur auf die lateinische einzuschränken. – Wenn das Studium der alten Griechen und Römer einen |a141| grossen Werth hat (§. 107 f.) und der sie weit besser versteht, wer sogar seinen Ausdruck in ihrer Sprache mit Fleiß nach ihnen gebildet hat; wenn, nach den oben (§. 123 f.) angeführten Gründen die lateinische Sprache, als allgemeine gelehrte Sprache, unter den Gelehrten erhalten zu werden verdient *) ; wenn dieses vornehmlich durch Beyspiele dererjenigen geschehen muß, die junge Gelehrte bilden oder sie prüfen sollen, und die durch ihr Beyspiel und Ansehen hauptsächlich dem Strom einreissender der Gelehrsamkeit nachtheiligen Gewohnheiten entgegen arbeiten müssen: so sollten wenigstens alle, die gelehrte Schriftsteller seyn, d. i. über Sachen, die zur eigentlichen Gelehrsamkeit gehören, schreiben wollten, und es sollten vorzüglich Lehrer auf Schulen und Universitäten nebst solchen die auch Schullehrer zu prüfen und zu leiten haben, eine Fertigkeit besitzen, sich, wo nicht eigentlich schön, doch wenigstens rein und verständlich in der lateinischen Sprache, es sey im Reden oder Schreiben, ausdrücken zu können, und diese Fertigkeit nicht immer mehr aussterben zu lassen.Uebungen im guten Ausdruck brauchen sich bey den bisher erwähnten zwey Sprachen eigentlich nur auf die lateinische einzuschränken. – Wenn das Studium der alten Griechen und Römer einen |a141| grossen Werth hat (§. 107 f.) und der sie weit besser versteht, wer sogar seinen Ausdruck in ihrer Sprache mit Fleiß nach ihnen gebildet hat; wenn, nach den oben (§. 123 f.) angeführten Gründen die lateinische Sprache, als allgemeine gelehrte Sprache, unter den Gelehrten erhalten zu werden verdient *) ; wenn dieses vornehmlich durch Beyspiele dererjenigen geschehen muß, die junge Gelehrte bilden oder sie prüfen sollen, und die durch ihr Beyspiel und Ansehen hauptsächlich dem Strom einreissender der Gelehrsamkeit nachtheiligen Gewohnheiten entgegen arbeiten müssen: so sollten wenigstens alle, die gelehrte Schriftsteller seyn, d. i. über Sachen, die zur eigentlichen Gelehrsamkeit gehören, schreiben wollten, und es sollten vorzüglich Lehrer auf Schulen und Universitäten nebst solchen die auch Schullehrer zu prüfen und zu leiten haben, eine Fertigkeit besitzen, sich, wo nicht eigentlich schön, doch wenigstens rein und verständlich in der lateinischen Sprache, es sey im Reden oder Schreiben, ausdrücken zu können, und diese Fertigkeit nicht immer mehr aussterben zu lassen.
*) Vertheidigung des Lateinschreibens - - von Friedr. Gedike, Berlin 1783, gr. 8. auch im Berlinischen Magazin der Wissenschaften und Künste 1783, 41tes Stück, verglichen mit den Einwendungen dagegen in der Berlinischen Monatsschrift von Gedike und Biester, 1783, October S. 346 f., auf welche oben (§. 124 f.) Rücksicht genommen worden ist.

|a142| 149.

Wer nach einer solchen Fertigkeit sich lateinisch auszudrücken trachtete, würde ausser den §. 76 und 129 angeführten Schellerischen Büchern, J. J. G. Schelleri praecepta stili bene latini, Lips. 1779, in 2 Theilen in gr. 8. mit grossem Nutzen brauchen können, um feste Regeln zu haben woran er sich zu halten hätte, und seine Aufmerksamkeit bey wirklicher Lesung der Alten auch in dieser Absicht zu leiten. Denn dieses Lesen und die genaue Aufmerksamkeit auf ihren Ausdruck ist freylich die beste und sicherste Uebung. Ausserdem würde es sehr vortheilhaft seyn, solche neuere Schriftsteller fleißig zu lesen, die den guten lateinischen Ausdruck in ihrer Gewalt haben, und zum Theil Muster seyn können, als, unter theologischen Schriftstellern, Erasmus, Phil. Melanchthon, Joach. Camerarius, Joh. Calvin, Joh. Sturm, Melch. Canus, Hier. Osorius, Jak. Sadoletus, Andr. Hyperius, Joh. Aug. Ernesti, S. F. N. Morus und einige wenige Andre; weil man sich dadurch mehr gewöhnt den guten lateinischen Ausdruck unserer Art zu denken, unsern Kenntnissen und Bedürfnissen anzuschmiegen.Wer nach einer solchen Fertigkeit sich lateinisch auszudrücken trachtete, würde ausser den §. 76 und 129 angeführten Schellerischen Büchern, J. J. G. Schelleri praecepta stili bene latini, Lips. 1779, in 2 Theilen in gr. 8. mit grossem Nutzen brauchen können, um feste Regeln zu haben woran er sich zu halten hätte, und seine Aufmerksamkeit bey wirklicher Lesung der Alten auch in dieser Absicht zu leiten. Denn dieses Lesen und die genaue Aufmerksamkeit auf ihren Ausdruck ist freylich die beste und sicherste Uebung. Ausserdem würde es sehr vortheilhaft seyn, solche neuere Schriftsteller fleißig zu lesen, die den guten lateinischen Ausdruck in ihrer Gewalt haben, und zum Theil Muster seyn können, als, unter theologischen Schriftstellern, Erasmus, Phil. Melanchthon, Joach. Camerarius, Joh. Calvin, Joh. Sturm, Melch. Canus, Hier. Osorius, Jak. Sadoletus, Andr. Hyperius, Joh. Aug. Ernesti, S. F. N. Morus und einige wenige Andre; weil man sich dadurch mehr gewöhnt den guten lateinischen Ausdruck unserer Art zu denken, unsern Kenntnissen und Bedürfnissen anzuschmiegen.
Andere Vorschläge und Regeln sind schon oben §. 87 89 berührt worden.

150.

Ausser den bisher erwähnten Sprachen ist für den, der sich der Theologie widmet, die Kenntniß |a143| der hebräischen Sprache am nothwendigsten, nicht nur wegen der Bücher des alten Testaments, die meistens in dieser Sprache abgefaßt sind, sondern weil auch in den Büchern des neuen der Vortrag fast durchaus nach der hebräischen Denk- und Sprachart gebildet ist, und sie nicht richtig verstanden werden können, wenn man jene nicht aus dem alten Testament kennen gelernt hat.Ausser den bisher erwähnten Sprachen ist für den, der sich der Theologie widmet, die Kenntniß |a143| der hebräischen Sprache am nothwendigsten, nicht nur wegen der Bücher des alten Testaments, die meistens in dieser Sprache abgefaßt sind, sondern weil auch in den Büchern des neuen der Vortrag fast durchaus nach der hebräischen Denk- und Sprachart gebildet ist, und sie nicht richtig verstanden werden können, wenn man jene nicht aus dem alten Testament kennen gelernt hat.

151.

So leicht die hebräische Sprache zu seyn scheint, weil nur Ein Werk in ihr geschrieben ist, und so viele Erleichterungsmittel es auch giebt, wodurch man sie dem bald beybringen kan, der sich unter den morgenländischen Sprachen nur auf sie einschränken will und mit der nothdürftigsten Kenntniß derselben zufrieden ist: so grosse Schwierigkeiten hat sie, wenn man sie wirklich verstehen, und eine sichere und gründliche Kenntniß derselben erlangen will, man mag auf die Sprachregeln oder auf den noch weit schwerer zu bestimmenden Sprachgebrauch sehen. Ein Beweis davon sind schon die ehemaligen ungereimten Methoden, die Richtigkeit von jenen und diesem zu entdecken, und es bleibt bey dieser ausgestorbnen Sprache, die noch dazu nur in Einem Werke übrig ist, kein andres sichres Mittel übrig, sie gründlich und mit eigner Ueberzeugung zu lernen, als die Kenntniß der mit ihr zunächst verwandten Sprachen, besonders der chaldäischen, syrischen und arabischen.So leicht die hebräische Sprache zu seyn scheint, weil nur Ein Werk in ihr geschrieben ist, und so viele Erleichterungsmittel es auch giebt, wodurch man sie dem bald beybringen kan, der sich unter den morgenländischen Sprachen nur auf sie einschränken will und mit der nothdürftigsten Kenntniß derselben zufrieden ist: so grosse Schwierigkeiten hat sie, wenn man sie wirklich verstehen, und eine sichere und gründliche Kenntniß derselben erlangen will, man mag auf die Sprachregeln oder auf den noch weit schwerer zu bestimmenden Sprachgebrauch sehen. Ein Beweis davon sind schon die ehemaligen ungereimten Methoden, die Richtigkeit von jenen und diesem zu entdecken, und es bleibt bey dieser ausgestorbnen Sprache, die noch dazu nur in Einem Werke übrig ist, kein andres sichres Mittel übrig, sie gründlich und mit eigner Ueberzeugung zu lernen, als die Kenntniß der mit ihr zunächst verwandten Sprachen, besonders der chaldäischen, syrischen und arabischen.
  • |a144| Origines hebraeae s. hebr. linguae antiquissima natura et indoles ex Arabiae penetralibus reuocata ab Alb. Schultens. Ed. altera, cui adiectum opusculum de defectibus hodiernis ling. hebr. Lugd. Bat. 1761. gr. 4.
  • Joh. Dav. Michaelis Beurtheilung der Mittel, welche man anwendet, die ausgestorbene hebr. Sprache zu verstehen, Göttingen 1757. in 8.

152.

Es wäre daher allerdings rathsam, eher das in Absicht auf Grammatik und Sprachgebrauch leichtere Syrische als das Hebräische zu lernen, alsdenn sich das Chaldäische bekannt zu machen, welches mit dem Syrischen fast einerley Sprache, und in wenigeren, auch nicht einmal orginellen, Schriften vorhanden ist, hierauf das Hebräische folgen zu lassen, und zuletzt das wegen seiner Weitläufigkeit und seines Reichthums schwerere Arabische zu treiben[.] So würde die Beschäftigung mit der einen die mit der andern erleichtern und unterstützen. Lernte man hiebey auf den Unterschied und die Uebereinstimmung dieser Sprachen unter einander, in Sprachregeln und Bedeutungen der Wörter, merken: so würde der Mißbrauch der Erläuterung einer aus der andern auch leicht verhütet werden können.Es wäre daher allerdings rathsam, eher das in Absicht auf Grammatik und Sprachgebrauch leichtere Syrische als das Hebräische zu lernen, alsdenn sich das Chaldäische bekannt zu machen, welches mit dem Syrischen fast einerley Sprache, und in wenigeren, auch nicht einmal orginellen, Schriften vorhanden ist, hierauf das Hebräische folgen zu lassen, und zuletzt das wegen seiner Weitläufigkeit und seines Reichthums schwerere Arabische zu treiben[.] So würde die Beschäftigung mit der einen die mit der andern erleichtern und unterstützen. Lernte man hiebey auf den Unterschied und die Uebereinstimmung dieser Sprachen unter einander, in Sprachregeln und Bedeutungen der Wörter, merken: so würde der Mißbrauch der Erläuterung einer aus der andern auch leicht verhütet werden können.
  • J. D. Michaelis Abhandlung von der syrischen Sprache und ihrem Gebrauch, Göttingen 1772. 8.
  • Jos. Friedr. Schellings Abhandlung von dem Gebrauch der arabischen Sprache zu einer gründlichern Einsicht in die hebräische, Stuttgard 1771. 8.
  • |a145| Alb. Schultens Clavis dialectorum bey Erpenii Rudimentis linguae Arabicae, Edit. altera, Lugd. Bat. 1770. 4.

153.

Hätte man keine Gelegenheit gehabt diesen Weg in Erlernung des Ebräischen zu betreten, und dieses letztere schon nothdürftig gelernt: so wäre doch, wenn man anders im Ebräischen selbst sehen lernen wollte, rathsam, jene Sprachen, in der angegebenen Ordnung, nachzuholen, oder sie mit jenem zu verbinden. Wem es aber dazu an Neigung, Fähigkeit, Muße oder Hülfsmitteln fehlen sollte: dem bleibt weiter nichts übrig, als bloß Andern zu folgen und sich mit dem zu behelfen, was Andre entweder in den auf gedachte verwandte Sprachen gebaueten Sprachlehren, oder in Erläuterungen des Alten Testaments mit Hülfe dieser morgenländischen Sprachen, vorgearbeitet haben.Hätte man keine Gelegenheit gehabt diesen Weg in Erlernung des Ebräischen zu betreten, und dieses letztere schon nothdürftig gelernt: so wäre doch, wenn man anders im Ebräischen selbst sehen lernen wollte, rathsam, jene Sprachen, in der angegebenen Ordnung, nachzuholen, oder sie mit jenem zu verbinden. Wem es aber dazu an Neigung, Fähigkeit, Muße oder Hülfsmitteln fehlen sollte: dem bleibt weiter nichts übrig, als bloß Andern zu folgen und sich mit dem zu behelfen, was Andre entweder in den auf gedachte verwandte Sprachen gebaueten Sprachlehren, oder in Erläuterungen des Alten Testaments mit Hülfe dieser morgenländischen Sprachen, vorgearbeitet haben.

154.

Wer jenen sichern Weg zur Erlernung des Ebräischen folgen könnte und wollte, würde am besten bey dem Syrischen sich erst die den Syriasmus i. e. Grammatica linguae syriacae, auctore Christ. Bened. Michaelis, Halae 1741 4.zum Grunde legen; wenn er sich das Nothwendigste daraus bekannt gemacht hätte, gleich zur Lesung der syrischen Chrestomathie fortgehen, die der Michaelischen Abhandlung (§. 152. Anmerk.) angehängt ist, wofern er der Anweisung von einem Andern dabey geniessen könnte; müßte er aber vor sich diese Sprache |a146| lernen, das Psalterium syriacum nach der Dathischen Ausgabe (latine vertit Thomas Erpenius, notas - - addidit Jo. Aug. Dathe, Halae 1768. 8.) gebrauchen, alsdenn die Syrischen Stücke in Jos. Sim. Assemani Bibliotheca Orientali nebst der doppelten Syrischen Uebersetzung des N. T. sowohl der älteren, welche zuletzt Carl Schaaf Lugd. Bat. 1709 in gr. 4. mit einem Syrischen Wörterbuch, als der neueren Philoxenianischen, die Joseph White Oxonii 1778 in 2 Tomm. in 4. über die Evangelien herausgegeben hat, und, wenn er weiter gekommen wäre, die Acta sanctorum martyrum Orientalium et Occidentalium - - Steph. Evod. Assemanus recensuit etc. Romae 1748 in 2 Tomm. Fol. und die drey Syrischen Theile von Ephraemi Syri Werken Romae 1737–43 Fol. lesen. Das beste Syrische Wörterbuch ist das von Edmundo Castello in seinem Lexico hebtaglotto, Londini 1669, so zur Londonschen Polyglotte gehört.Wer jenen sichern Weg zur Erlernung des Ebräischen folgen könnte und wollte, würde am besten bey dem Syrischen sich erst die den Syriasmus i. e. Grammatica linguae syriacae, auctore Christ. Bened. Michaelis, Halae 1741 4.zum Grunde legen; wenn er sich das Nothwendigste daraus bekannt gemacht hätte, gleich zur Lesung der syrischen Chrestomathie fortgehen, die der Michaelischen Abhandlung (§. 152. Anmerk.) angehängt ist, wofern er der Anweisung von einem Andern dabey geniessen könnte; müßte er aber vor sich diese Sprache |a146| lernen, das Psalterium syriacum nach der Dathischen Ausgabe (latine vertit Thomas Erpenius, notas - - addidit Jo. Aug. Dathe, Halae 1768. 8.) gebrauchen, alsdenn die Syrischen Stücke in Jos. Sim. Assemani Bibliotheca Orientali nebst der doppelten Syrischen Uebersetzung des N. T. sowohl der älteren, welche zuletzt Carl Schaaf Lugd. Bat. 1709 in gr. 4. mit einem Syrischen Wörterbuch, als der neueren Philoxenianischen, die Joseph White Oxonii 1778 in 2 Tomm. in 4. über die Evangelien herausgegeben hat, und, wenn er weiter gekommen wäre, die Acta sanctorum martyrum Orientalium et Occidentalium - - Steph. Evod. Assemanus recensuit etc. Romae 1748 in 2 Tomm. Fol. und die drey Syrischen Theile von Ephraemi Syri Werken Romae 1737–43 Fol. lesen. Das beste Syrische Wörterbuch ist das von Edmundo Castello in seinem Lexico hebtaglotto, Londini 1669, so zur Londonschen Polyglotte gehört.

155.

Auf diese Art müßte hernach die Erlernung des Chaldäischen sehr leicht werden, wenn man sich zuvörderst aus Jac. Altingii Synopsi Institutionum Chaldaearum et Aramaearum (Tom. V. s. Opp. Amst. 1687) und noch mehr aus J. D. Michaelis Grammatica chaldaica, Götting. 1771. 8. die Uebereinstimmung und den Unterschied des Chaldäischen und Syrischen bekannt machte, und darauf mit Hülfe mancher ebräischen Wörterbücher, die auch auf das Chaldäische gehen oder Joh. Buxtorfii Lexici Chaldaici etc. Basil. 1640 fol. die Chaldäischen |a147| Paraphrasen läse, die in der Anweisung zur Kenntniß der besten allgemeinen Bücher in der Theologie §. 49 genennt worden sind.Auf diese Art müßte hernach die Erlernung des Chaldäischen sehr leicht werden, wenn man sich zuvörderst aus Jac. Altingii Synopsi Institutionum Chaldaearum et Aramaearum (Tom. V. s. Opp. Amst. 1687) und noch mehr aus J. D. Michaelis Grammatica chaldaica, Götting. 1771. 8. die Uebereinstimmung und den Unterschied des Chaldäischen und Syrischen bekannt machte, und darauf mit Hülfe mancher ebräischen Wörterbücher, die auch auf das Chaldäische gehen oder Joh. Buxtorfii Lexici Chaldaici etc. Basil. 1640 fol. die Chaldäischen |a147| Paraphrasen läse, die in der Anweisung zur Kenntniß der besten allgemeinen Bücher in der Theologie §. 49 genennt worden sind.

156.

Bey Erlernung des Arabischen hat man weit mehrere Hülfsmittel. Thomae Erpenii Grammatica Arabica, die schon Jac. Golius, unter dem Titel: Arabicae linguae tyrocinium mit einigen angehängten arabischen Stücken Lugd. Bat. 1656 in 4. wieder herausgegeben hatte, Alb. Schultens aber, ausser den schon vorhin dabey befindlichen Lokmannischen Fabeln, mit Weglassung der andern Stücke, vermehrt durch Auszüge aus der Hamasa des Abi Temmam, ebendaselbst 1748. 4, ist ein Muster in ihrer Art, die Quelle aller folgenden guten arabischen Grammatiken, und selbst durch diese noch nicht entbehrlich gemacht. Nebst den §. 152 Anm. erwähnten Rudimentis Erpenii sind unter denjenigen, die aus ihr geflossen sind, die besten: Jo. Frid. Hirtii Institutiones Arabicae linguae, Jenae 1770. 8; Erpenii arabische Grammatik, abgekürzt, vollständiger und leichter gemacht von Joh. Dav. Michaelis, Göttingen 1771 in 8. verändert 1783. 8. und W. F. Hetzels erleichterte arabische Grammatik, Jena 1776. 8, wovon jede ihre Vorzüge hat.Bey Erlernung des Arabischen hat man weit mehrere Hülfsmittel. Thomae Erpenii Grammatica Arabica, die schon Jac. Golius, unter dem Titel: Arabicae linguae tyrocinium mit einigen angehängten arabischen Stücken Lugd. Bat. 1656 in 4. wieder herausgegeben hatte, Alb. Schultens aber, ausser den schon vorhin dabey befindlichen Lokmannischen Fabeln, mit Weglassung der andern Stücke, vermehrt durch Auszüge aus der Hamasa des Abi Temmam, ebendaselbst 1748. 4, ist ein Muster in ihrer Art, die Quelle aller folgenden guten arabischen Grammatiken, und selbst durch diese noch nicht entbehrlich gemacht. Nebst den §. 152 Anm. erwähnten Rudimentis Erpenii sind unter denjenigen, die aus ihr geflossen sind, die besten: Jo. Frid. Hirtii Institutiones Arabicae linguae, Jenae 1770. 8; Erpenii arabische Grammatik, abgekürzt, vollständiger und leichter gemacht von Joh. Dav. Michaelis, Göttingen 1771 in 8. verändert 1783. 8. und W. F. Hetzels erleichterte arabische Grammatik, Jena 1776. 8, wovon jede ihre Vorzüge hat.

157.

Bey allen diesen finden sich theils prosaische, theils poetische arabische Anthologien, die, und vornehmlich J. F. Hirtii Anthologia arabica, Jenae |a148| 1774. 8. so lange zur Uebung im Lesen arabischer Schriften dienen können, bis man Gelegenheit und Fertigkeit genug bekommt, den Koran, die arabischen Uebersetzungen des A. und N. Test. und andre, ganz oder stückweise von Erpenius, Edw. Pocock, Joh. Gagnier, Albert und Heinr. Alb. Schultens, Joh. Jac. Reiske, J. D. Michaelis, Eberh. Scheid, Joh. Bernh. Köhler und andern herausgegebne arabische Schriftsteller zu lesen.Bey allen diesen finden sich theils prosaische, theils poetische arabische Anthologien, die, und vornehmlich J. F. Hirtii Anthologia arabica, Jenae |a148| 1774. 8. so lange zur Uebung im Lesen arabischer Schriften dienen können, bis man Gelegenheit und Fertigkeit genug bekommt, den Koran, die arabischen Uebersetzungen des A. und N. Test. und andre, ganz oder stückweise von Erpenius, Edw. Pocock, Joh. Gagnier, Albert und Heinr. Alb. Schultens, Joh. Jac. Reiske, J. D. Michaelis, Eberh. Scheid, Joh. Bernh. Köhler und andern herausgegebne arabische Schriftsteller zu lesen.

158.

Von gedruckten Wörterbüchern hat man zwar Antonii Giggei thesaurum linguae arabicae, Mediolani 1632, in 4 Folianten, Jac. Golii lexicon arabico-latinum, Lugd. Bat. 1653 Fol. und seit 1780 hat man auch in Wien angefangen Francisci a Mesgnien Meninsky Lexicon arabico-persico-turcicum sehr verbessert und vermehrt wieder herauszugeben. Aber alle diese Werke, das mittelste doch am wenigsten, sind sehr selten und kostbar, so wie das von Castello in dem Lexico-heptaglotto (§. 154 ) zu eingeschränkt ist. Für den ersten Anfang und zum Verstande der vorhin erwähnten Anthologien ist doch Jac. Scheidii Glossarium arabico-latinum manuale, Lugd. Bat. 1769 in gr. 4. eine gute Hülfe.Von gedruckten Wörterbüchern hat man zwar Antonii Giggei thesaurum linguae arabicae, Mediolani 1632, in 4 Folianten, Jac. Golii lexicon arabico-latinum, Lugd. Bat. 1653 Fol. und seit 1780 hat man auch in Wien angefangen Francisci a Mesgnien Meninsky Lexicon arabico-persico-turcicum sehr verbessert und vermehrt wieder herauszugeben. Aber alle diese Werke, das mittelste doch am wenigsten, sind sehr selten und kostbar, so wie das von Castello in dem Lexico-heptaglotto (§. 154 ) zu eingeschränkt ist. Für den ersten Anfang und zum Verstande der vorhin erwähnten Anthologien ist doch Jac. Scheidii Glossarium arabico-latinum manuale, Lugd. Bat. 1769 in gr. 4. eine gute Hülfe.
Da hier nur die Frage von dem Nutzen oder vielmehr von der Nothwendigkeit ist, die mit dem Ebräischen zunächst verwandte Sprachen oder Dialecte zu brauchen, um das Ebräische sicher aufzuklären; und andre morgenländische Sprachen ausser den genannten, entweder nur in einer sehr entfernten Verwandtschaft mit der |a149| hebräischen stehen, oder der Hülfsmittel noch gar zu wenig vorhanden sind, die uns, sie zuverläßig zu lernen, in den Stand setzten, oder der Schluß von dem was in ihnen üblich ist auf das, was man im Ebräischen annehmen könne, sehr unsicher ist: so sind sie hier nicht mit berührt worden, ohne daß deswegen ihr anderweitiger Nutzen verkennt oder geleugnet wird.

159.

Bey Erlernung des Ebräischen selbst, – man mag unmittelbar dazu kommen oder sich auf jene mühsamere aber viel sicherere Art, durch den auf das Syrische und Chaldäische gewendeten Fleiß dazu vorbereitet haben, – ist zuerst, wie bey allen Sprachen, nöthig, sich einen allgemeinen Begriff von der Natur und dem Eignen der ebräische Sprache in Absicht auf Bestandtheile und Veränderung der Wörter zu erwerben, und deswegen eine Grammatik zum Grunde zu legen, die, frey, nicht nur von willkührlichen Beweisen der Regeln, sondern auch von angeblichen Ausnahmen und unregelmäßigen Formen der Wörter, bloß das wirklich Gegründete in der größten Kürze enthält, und auf die Uebereinstimmung mit den verwandten Dialekten gebaut ist; dergleichen z. B. die ebräische Grammatik von J. C. W. Diederichs, Lemgo 1778. 8. und noch mehr die Anfangsgründe der hebräischen Sprache von H. E. Güte, Halle 1782 gr. 8. sind. Wenn man hernach weiter im Lesen und Verstehen leichterer Bücher der Bibel gekommen ist, so kan man das übrige Seltnere und Ungewöhnlichere, das besonders zur nähern Kenntniß |a150| des Syntaxes Gehörige, und die auf dem wahren noch in den verwandten Sprachen vorhandnen Sprachgebrauch beruhende Gründe der Regeln, noch immer nachholen, wozu, ausser Georg Joh. Lud. Vogels Anfangsgründen der hebräischen Sprache, Halle 1769. gr. 8, vornehmlich die Institutiones ad fundamenta linguae hebraeae von Nic. Guil. Schroeder, Groening. 1766 in gr. 8. nachgedruckt Frf. et Lips. 1778 gr. 8. die Institutiones ad fundamenta linguae hebraeae von A. Schultens Lugd. Bat. 1756. 4. und in ihrer Art (s. Hallische gel. Zeitungen 1778. S. 282 f.) W. F. Hezels ausführliche hebräische Sprachlehre, Halle 1778 in gr. 8. empfohlen zu werden verdienen. Zu dieser Absicht und selbst zur bessern Kenntniß des Ebräischen Sprachgebrauchs sind auch Joh. Simonis Arcanum formarum nominum hebraeae linguae, Halae 1735 in 4. und vorzüglich Gottlob Christ. Storr Obseruationes ad analogiam et syntaxin hebraicam pertinentes, Tubingae 1779 in gr. 8. sehr brauchbar.Bey Erlernung des Ebräischen selbst, – man mag unmittelbar dazu kommen oder sich auf jene mühsamere aber viel sicherere Art, durch den auf das Syrische und Chaldäische gewendeten Fleiß dazu vorbereitet haben, – ist zuerst, wie bey allen Sprachen, nöthig, sich einen allgemeinen Begriff von der Natur und dem Eignen der ebräische Sprache in Absicht auf Bestandtheile und Veränderung der Wörter zu erwerben, und deswegen eine Grammatik zum Grunde zu legen, die, frey, nicht nur von willkührlichen Beweisen der Regeln, sondern auch von angeblichen Ausnahmen und unregelmäßigen Formen der Wörter, bloß das wirklich Gegründete in der größten Kürze enthält, und auf die Uebereinstimmung mit den verwandten Dialekten gebaut ist; dergleichen z. B. die ebräische Grammatik von J. C. W. Diederichs, Lemgo 1778. 8. und noch mehr die Anfangsgründe der hebräischen Sprache von H. E. Güte, Halle 1782 gr. 8. sind. Wenn man hernach weiter im Lesen und Verstehen leichterer Bücher der Bibel gekommen ist, so kan man das übrige Seltnere und Ungewöhnlichere, das besonders zur nähern Kenntniß |a150| des Syntaxes Gehörige, und die auf dem wahren noch in den verwandten Sprachen vorhandnen Sprachgebrauch beruhende Gründe der Regeln, noch immer nachholen, wozu, ausser Georg Joh. Lud. Vogels Anfangsgründen der hebräischen Sprache, Halle 1769. gr. 8, vornehmlich die Institutiones ad fundamenta linguae hebraeae von Nic. Guil. Schroeder, Groening. 1766 in gr. 8. nachgedruckt Frf. et Lips. 1778 gr. 8. die Institutiones ad fundamenta linguae hebraeae von A. Schultens Lugd. Bat. 1756. 4. und in ihrer Art (s. Hallische gel. Zeitungen 1778. S. 282 f.) W. F. Hezels ausführliche hebräische Sprachlehre, Halle 1778 in gr. 8. empfohlen zu werden verdienen. Zu dieser Absicht und selbst zur bessern Kenntniß des Ebräischen Sprachgebrauchs sind auch Joh. Simonis Arcanum formarum nominum hebraeae linguae, Halae 1735 in 4. und vorzüglich Gottlob Christ. Storr Obseruationes ad analogiam et syntaxin hebraicam pertinentes, Tubingae 1779 in gr. 8. sehr brauchbar.
Schon bey der bessern Einrichtung erwähnter Sprachlehren, und hauptsächlich bey der Kenntniß der verwandten Dialekte, fallen die meisten Schwierigkeiten weg, die sich in einigen Formen der Wörter finden; und dieses, nebst fleißiger Uebung in Analyse der Wörter, macht solche Bücher, wie J. F. Hirtii Biblia hebraea analytica, die vermehrter Jena 1769. 8. gedruckt sind, und wovon desselben Bibliorum analyt. pars Chaldaica, Jenae 1757. 8. eine Fortsetzung ist, entbehrlich, die übrigens dem Anfänger nützlich seyn können, wenn er sie nur da, wo er sich |a151| gar nicht selbst zu helfen weiß, nachschlägt, und zumal an die Danzischen Grundsätze gewöhnt ist[.]

160.

So bald man fertig Ebräisch lesen kan, die Bestandtheile der Wörter kennt, und die Paradigmata in seiner Gewalt hat, thut man wohl, wenn man sich gleich zum Lesen der Bücher, von leichtern historischen zu den übrigen, wendet, ohne sich im Anfang, wo es nur bloß um Sprache zu thun seyn muß, bey solchen Stellen aufzuhalten, die mehr wegen der Sachen, als wegen der Wörter dunkel sind. Für den Anfänger ist ein Buch, wie Christ. Reineccii Janua hebr. linguae - - emendauit, auxit Jo. Frid. Rehkopf, Lips. 1769. 8. selbst um das Nachschlagen zu ersparen, immer gut genug; sonst aber sind die besten Hand-Wörterbucher Joh. Simonis Lexicon manuale hebraicum et chaldaicum, Halae 1756 in gr. 8. und Lexicon et commertarius sermonis hebraici et chaldaici, post Joh. Cocceium et Joh. Henr. Maium - - correctius et emendatius edidit Jo. Christ. Frid. Schulz, Lips. 1777 in 2 Bänden in gr. 8. so wie unter den grössern, wenn man dieses eben zuletzt genannte nicht haben kan, das ältere von Cocceius und das von Castellus in dem Lexico heptaglotto. So bald man fertig Ebräisch lesen kan, die Bestandtheile der Wörter kennt, und die Paradigmata in seiner Gewalt hat, thut man wohl, wenn man sich gleich zum Lesen der Bücher, von leichtern historischen zu den übrigen, wendet, ohne sich im Anfang, wo es nur bloß um Sprache zu thun seyn muß, bey solchen Stellen aufzuhalten, die mehr wegen der Sachen, als wegen der Wörter dunkel sind. Für den Anfänger ist ein Buch, wie Christ. Reineccii Janua hebr. linguae - - emendauit, auxit Jo. Frid. Rehkopf, Lips. 1769. 8. selbst um das Nachschlagen zu ersparen, immer gut genug; sonst aber sind die besten Hand-Wörterbucher Joh. Simonis Lexicon manuale hebraicum et chaldaicum, Halae 1756 in gr. 8. und Lexicon et commertarius sermonis hebraici et chaldaici, post Joh. Cocceium et Joh. Henr. Maium - - correctius et emendatius edidit Jo. Christ. Frid. Schulz, Lips. 1777 in 2 Bänden in gr. 8. so wie unter den grössern, wenn man dieses eben zuletzt genannte nicht haben kan, das ältere von Cocceius und das von Castellus in dem Lexico heptaglotto.

161.

Da es indessen bey der Kenntniß des Ebräischen Sprachgebrauchs nicht bloß auf die Bedeutungen einzler Wörter, sondern eben so sehr auf |a152| den Verstand ganzer Redearten und Formeln ankommt, und es noch an einem Wörterbuch fehlt, welches diese zuverläßig genug, d. i. aus den verwandten Dialekten und den alten Uebersetzungen, erklärte: so kan man zur Noth Matthiae Flacii Clavem scripturae sacrae, Hafniae 1695 Fol. noch mehr Franc. Vatabli Anmerkungen über das alte Testament, die am Ende des §. 159 berührten Bücher, nebst Glassii Philologia sacra nach der Dathischen Ausgabe, Lips. 1776 in gr. 8. und einige von den in der Anweisung zur Kenntniß theologischer Bücher §. 95 erwähnten über die Ebraismen, am meisten aber diejenigen neuern Ausleger des alten Testaments zu Rathe ziehn, welche aus den eben genannten zwey Quellen dieses Eigne der hebräischen Sprache erklärt haben, und aus welchen z. B. Jo. Christ. Frid. Schulzii neulich angefangne Scholia in V. Test. Norimb. 1783. gr. 8. manches auszugsweise enthalten.Da es indessen bey der Kenntniß des Ebräischen Sprachgebrauchs nicht bloß auf die Bedeutungen einzler Wörter, sondern eben so sehr auf |a152| den Verstand ganzer Redearten und Formeln ankommt, und es noch an einem Wörterbuch fehlt, welches diese zuverläßig genug, d. i. aus den verwandten Dialekten und den alten Uebersetzungen, erklärte: so kan man zur Noth Matthiae Flacii Clavem scripturae sacrae, Hafniae 1695 Fol. noch mehr Franc. Vatabli Anmerkungen über das alte Testament, die am Ende des §. 159 berührten Bücher, nebst Glassii Philologia sacra nach der Dathischen Ausgabe, Lips. 1776 in gr. 8. und einige von den in der Anweisung zur Kenntniß theologischer Bücher §. 95 erwähnten über die Ebraismen, am meisten aber diejenigen neuern Ausleger des alten Testaments zu Rathe ziehn, welche aus den eben genannten zwey Quellen dieses Eigne der hebräischen Sprache erklärt haben, und aus welchen z. B. Jo. Christ. Frid. Schulzii neulich angefangne Scholia in V. Test. Norimb. 1783. gr. 8. manches auszugsweise enthalten.

162.

Freylich hängt man hierbey nur von den Kenntnissen und Sagen Andrer ab, und wer recht gewiß seyn will, ob und wie fern sie den Sprachgebrauch richtig angeben, noch mehr, wer selbst die Gränzen dieser Kenntnisse erweitern helfen will, der muß nothwendig aus jenen Quellen selbst, muß aus den verwandten Sprachen und den alten Uebersetzungen des alten Testaments schöpfen und sie daher genau kennen gelernt haben. Diese letztern, sonderlich die griechischen in den Hexaplen des |a153| Origenes, und namentlich die Alexandrinische, nebst den darnach gemachten, sind nicht nur für die Kritik des Textes, sondern auch für die Entdeckung des wahren Ebräischen Sprachgebrauchs, folglich nicht bloß zum Verstande des alten Testaments, sondern auch selbst des neuen, dessen Griechisches durchaus ebräischartig ist, ungemein wichtig *) , und dieser Nutzen wird durch die Concordanzen oder Wörterbücher über diese griechische Uebersetzungen keinesweges entbehrlich gemacht, weil sie alle voll Fehler sind, so sehr sonst dergleichen Werke auch den Gebrauch derselben, und ihre Anwendung auf den Verstand des A. und N. Testaments erleichtern.Freylich hängt man hierbey nur von den Kenntnissen und Sagen Andrer ab, und wer recht gewiß seyn will, ob und wie fern sie den Sprachgebrauch richtig angeben, noch mehr, wer selbst die Gränzen dieser Kenntnisse erweitern helfen will, der muß nothwendig aus jenen Quellen selbst, muß aus den verwandten Sprachen und den alten Uebersetzungen des alten Testaments schöpfen und sie daher genau kennen gelernt haben. Diese letztern, sonderlich die griechischen in den Hexaplen des |a153| Origenes, und namentlich die Alexandrinische, nebst den darnach gemachten, sind nicht nur für die Kritik des Textes, sondern auch für die Entdeckung des wahren Ebräischen Sprachgebrauchs, folglich nicht bloß zum Verstande des alten Testaments, sondern auch selbst des neuen, dessen Griechisches durchaus ebräischartig ist, ungemein wichtig *) , und dieser Nutzen wird durch die Concordanzen oder Wörterbücher über diese griechische Uebersetzungen keinesweges entbehrlich gemacht, weil sie alle voll Fehler sind, so sehr sonst dergleichen Werke auch den Gebrauch derselben, und ihre Anwendung auf den Verstand des A. und N. Testaments erleichtern.
*) S. die in der Anweisung zur Kenntniß der besten Bücher in der Theologie §. 46 angeführten Schriften.

163.

Wegen des zuletzt berührten Nutzens wäre so gar aus den §. 116 f. angegebnen ähnlichen Ursachen, zu rathen, daß man erst die alten griechischen Uebersetzungen des A. Test., wenigstens die Alexandrinische, selbst die sogenannten apokryphischen Bücher des A. T. studierte, ehe man das neue Testament verstehen lernen wollte. – Aber diese Uebersetzungen wirklich zu den gemeldeten Absichten sicher zu benutzen, muß man sie gehörig zu studieren und anzuwenden wissen. Man muß die Geschichte und Beschaffenheit ihres sehr verdorbnen Textes, – den verschiednen Werth einzler Uebersetzungen, – selbst von einzlen Büchern, – und die besondre |a154| Uebersetzungsart, der sie folgen, genau kennen; – man muß sie nicht hie und da bloß nachschlagen, sondern sie im Zusammenhang lesen, auf die Art, wie sie einzle Wörter und Redensarten geben, merken, und sich diese aus oder bey den Concordanzen und Wörterbüchern über diese Uebersetzungen zum künftigen Gebrauch beyzeichnen; – man muß sie nicht aus den oft schlechten neuern Uebersetzungen verstehen lernen wollen, sondern vorher schon der griechischen Sprache und der verwandten morgenländischen kundig seyn, um zu wissen wie sie zu mancher sonderbar scheinenden Uebersetzung gekommen sind, und ob man sich auf die Richtigkeit des griechischen Textes verlassen könne.Wegen des zuletzt berührten Nutzens wäre so gar aus den §. 116 f. angegebnen ähnlichen Ursachen, zu rathen, daß man erst die alten griechischen Uebersetzungen des A. Test., wenigstens die Alexandrinische, selbst die sogenannten apokryphischen Bücher des A. T. studierte, ehe man das neue Testament verstehen lernen wollte. – Aber diese Uebersetzungen wirklich zu den gemeldeten Absichten sicher zu benutzen, muß man sie gehörig zu studieren und anzuwenden wissen. Man muß die Geschichte und Beschaffenheit ihres sehr verdorbnen Textes, – den verschiednen Werth einzler Uebersetzungen, – selbst von einzlen Büchern, – und die besondre |a154| Uebersetzungsart, der sie folgen, genau kennen; – man muß sie nicht hie und da bloß nachschlagen, sondern sie im Zusammenhang lesen, auf die Art, wie sie einzle Wörter und Redensarten geben, merken, und sich diese aus oder bey den Concordanzen und Wörterbüchern über diese Uebersetzungen zum künftigen Gebrauch beyzeichnen; – man muß sie nicht aus den oft schlechten neuern Uebersetzungen verstehen lernen wollen, sondern vorher schon der griechischen Sprache und der verwandten morgenländischen kundig seyn, um zu wissen wie sie zu mancher sonderbar scheinenden Uebersetzung gekommen sind, und ob man sich auf die Richtigkeit des griechischen Textes verlassen könne.
Dieses lernt man, wenigstens wird man auf das, was hiebey in Betrachtung kommt, aufmerksam gemacht durch die in der Anweisung zur theologischen Bücherkenntniß §. 46 f. und §. 31 erwähnten Bücher, womit man J. D. Michaelis critisches Collegium über die drey wichtigsten Psalmen von Christo, Frankfurt 1759 in gr. 8. verbinden kan.

164.

Zwar beweisen diese Erfordernisse, daß ein solch nützliches Studium dieser Uebersetzungen nicht die Sache des Anfängers sey; aber sie beweisen doch auch nur, daß man für den Anfang, seinen Absichten dabey, nicht diesen ganzen Umfang geben, sondern sie auf das Leichtere einschränken müsse. Vorausgesetzt also, daß jemand die Alexandrinische Uebersetzung vor sich lesen wollte oder müßte: so |a155| müßte er es 1) nicht eher thun, als bis er sich aus den so eben angezeigten Büchern die Beschaffenheit und Uebersetzungsart dieser alten Uebersetzungen im Allgemeinen bekannt gemacht, und 2) wenigstens leichtere, griechische Schriftsteller, im Ebräischen aber diejenigen Bücher schon fleißig gelesen und gut verstehen gelernt hätte, die er nun in der Uebersetzung lesen will. 3) Er müßte mit solchen Büchern anfangen, die als vorzüglich treu und gut übersetzt bekannt sind, vornehmlich mit dem Pentatevchus. 4) Wo ihm irgend etwas, das ihm nicht ganz leicht wäre, in Wörtern aufstiesse, müßte er gleich im ebräischen Text nachsehen, worauf es sich bezöge, ob und was es für eine ebräische Bedeutung hätte; und 5) wüßte er es damit nicht zu reimen, so könten ihm vielleicht Jo. Christ. Biel novus thesaurus philologicus, Hag. Com. 1779 und 1780 in drey gr. Octavbänden, oder die Kircherschen und Trommischen Concordanzen Auskunft geben, für welches ebräische Wort oder Redensart sonst dieses nehmliche griechische gebraucht oder welches ebräische anstatt des nehmlichen griechischen gebraucht würde, und er könte daraus entweder auf eine falsche Lesart oder darauf schliessen, daß das Griechische hier nur am unrechten Ort gebraucht wäre. Zeigte sich dieses nicht bald: so müßte dieses Schwierige überschlagen und auf zukünftige weitere Untersuchung ausgesetzt werden. – Eben so könnte man hernach die Hexapla durchgehen; wenn man vorher, so bald man an das ebräisch-griechische gewöhnt wäre, die apokryphischen Bücher des A. T. gelesen hätte. – Wäre |a156| man indessen mit dem N. Test. näher bekannt worden: so würde man sich bald an manche bey Lesung jener Bücher und Uebersetzungen gelernte Ebraismen erinnern, und bey einer zweyten fleißigern Durchsicht würde man Gelegenheit genug finden sich noch mehrere auszuheben.Zwar beweisen diese Erfordernisse, daß ein solch nützliches Studium dieser Uebersetzungen nicht die Sache des Anfängers sey; aber sie beweisen doch auch nur, daß man für den Anfang, seinen Absichten dabey, nicht diesen ganzen Umfang geben, sondern sie auf das Leichtere einschränken müsse. Vorausgesetzt also, daß jemand die Alexandrinische Uebersetzung vor sich lesen wollte oder müßte: so |a155| müßte er es 1) nicht eher thun, als bis er sich aus den so eben angezeigten Büchern die Beschaffenheit und Uebersetzungsart dieser alten Uebersetzungen im Allgemeinen bekannt gemacht, und 2) wenigstens leichtere, griechische Schriftsteller, im Ebräischen aber diejenigen Bücher schon fleißig gelesen und gut verstehen gelernt hätte, die er nun in der Uebersetzung lesen will. 3) Er müßte mit solchen Büchern anfangen, die als vorzüglich treu und gut übersetzt bekannt sind, vornehmlich mit dem Pentatevchus. 4) Wo ihm irgend etwas, das ihm nicht ganz leicht wäre, in Wörtern aufstiesse, müßte er gleich im ebräischen Text nachsehen, worauf es sich bezöge, ob und was es für eine ebräische Bedeutung hätte; und 5) wüßte er es damit nicht zu reimen, so könten ihm vielleicht Jo. Christ. Biel novus thesaurus philologicus, Hag. Com. 1779 und 1780 in drey gr. Octavbänden, oder die Kircherschen und Trommischen Concordanzen Auskunft geben, für welches ebräische Wort oder Redensart sonst dieses nehmliche griechische gebraucht oder welches ebräische anstatt des nehmlichen griechischen gebraucht würde, und er könte daraus entweder auf eine falsche Lesart oder darauf schliessen, daß das Griechische hier nur am unrechten Ort gebraucht wäre. Zeigte sich dieses nicht bald: so müßte dieses Schwierige überschlagen und auf zukünftige weitere Untersuchung ausgesetzt werden. – Eben so könnte man hernach die Hexapla durchgehen; wenn man vorher, so bald man an das ebräisch-griechische gewöhnt wäre, die apokryphischen Bücher des A. T. gelesen hätte. – Wäre |a156| man indessen mit dem N. Test. näher bekannt worden: so würde man sich bald an manche bey Lesung jener Bücher und Uebersetzungen gelernte Ebraismen erinnern, und bey einer zweyten fleißigern Durchsicht würde man Gelegenheit genug finden sich noch mehrere auszuheben.

165.

Mit der Accentuation der ebräischen Bibel braucht man sich nicht lange aufzuhalten, da es ein erweislich späteres Kunststück ist, das bey dem Verstande der Bibel nur wenige Vortheile gewährt, und oft der richtigen Auslegung hinderlich fällt. Joh. Dav. Michaelis Anfangsgründe der hebräischen Accentuation, Halle 1741. 8. und eine kleine Uebung, können in sehr kurzer Zeit alles Brauchbare lehren, was man davon zu wissen nöthig hat.Mit der Accentuation der ebräischen Bibel braucht man sich nicht lange aufzuhalten, da es ein erweislich späteres Kunststück ist, das bey dem Verstande der Bibel nur wenige Vortheile gewährt, und oft der richtigen Auslegung hinderlich fällt. Joh. Dav. Michaelis Anfangsgründe der hebräischen Accentuation, Halle 1741. 8. und eine kleine Uebung, können in sehr kurzer Zeit alles Brauchbare lehren, was man davon zu wissen nöthig hat.