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Haben: Marci4, 25. und Luc. 19, 26. ist daswer da hatetc. vermuthlich ein damals im gemeinen Leben sehr bekanntes Sprüchwort gewesen; gleich dem beym Marcus vorhergehenden, mitebendem Maaßetc. und dem anderweitigen, wer sich selbst erhöhetetc. Man hat aber eine Sache, wenn man sie so besitzt, wie mansoll.
Handel,1. Thess. 4, 6. Auch hier hat man die einzige richtige Erklärung beynahe verloren gehen lassen. Der Apostel will vor wollüstigen Ausschweifungen warnen, wie der gantze Context deutlich macht. Mitten inne stehen diese Worte, und es läßt sich also schon deswegen nicht vermuthen, daß hier von der Gewerbtreue die Rede sey. Aber auch die beyden Zeitwörter sowohl als das Nennwort, welches eigentlich jede Sache, jedes Unternehmen, und so nicht selten vermöge einer gewissen Züchtigkeit im Ausdruck den ehelichen Beyschlaf bedeutet, verstatten es hier das Laster des Ehebruchs zu verstehen. Und diese Erklärung haben schon Theodoret und Theophylact angenommen. Man könnte also übersetzen:
Daß niemand ausschweife, und beleidige durch vertrauten Umgang mit einer Fremden seinen Bruder.
Handreichung, bedeutet auch die Almosenaustheilung,Apostg. 6, 1. oder eine Bey|z67|hülfe, das Almosen selbst, 11, 29.12, 25.2. Cor. 8, 4.9, 12.1. Tim. 5, 10.
Harren:Röm. 8, 19. ist der Zusatz ängstlichunnöthig und liegt wenigstens nicht in dem Begriff des griechischen Worts, wie denn Paulus selbst gleich nachher schlechtweg Hofnung, warten, sagt und eben so Phil. 1, 20.jenes Wort mit diesen verwechselt.
Haus:S. 224. sollte Z. 20. 21. es genauer heißen:
Das irdische Haus dieser Hütten – – das leimerne Gezelt, das wir bewohnen.
Haushalter;s. noch Gnade .
Heiland.Zu den Stellen des neuen Testaments, in welchen Gott selbst so genannt wird, sind noch zu rechnen Tit. 1, 3.2, 10.3, 4.
Heiligen:Ebr. 10, 10.14.29.13, 12.ist dies Wort auch noch von der Einweihung zum Christenthum, oder, wenn dieser Ausdruck dunkel scheinen könnte, von der Bestimmung, Aussonderung, zur bessern Religion, zum geistlichen Priesterthum, zu verstehen. Der Ausdruck wie ich schon kurz bemerkt habe ist ganz alttestamentisch und auf die Sachen des Christenthums angewendet: Das Volck war Gott geheiliget, d. i. er hatte es zu einem besondern Volck ausersehen; die Priester waren ihm geheiliget, d. i. zum Dienst im Tempel bestimmt; das Land war geheiliget, d. i. von andern durch ganz eigne Gesetze abgesondert u. s. w. Wenn also die, |z68| so ehemals Juden und Heyden gewesen waren, zum Christenthum übergiengen, so hießen sie Geheiligte; Jesuswar der, der sie heiligte, u. s. w. Rein deutsch würde ich also z. E.Hebr. 10, 14.übersetzen.s.vollenden .
HerodisDiener, Matth. 22, 16.Marc. 3, 6.12, 13. oder nach dem Grundtext Herodianer, waren Hofleute, die beym Herodes den nächsten Zutritt hatten, wie es auch der Syrer übersetzt.
Herr,Herrscher. Noch erinnere ich, daß auch Hieronymus in seinem Namens-Register 2. Band der Martianaeischen Ausgabe S. 154. und 170. das griechische Wort in der Bedeutung Herr mit dem hebräischen von derselben Bedeutung verwechselt.
Wie ferner der Apostel Judas, Gott den einzigen Beherrscher und Jesum den Herrn, nennt, so nennt ihn PetrusBr. 2. Kap. 2, 1. verg.V. 20. und 3, 2. gleichfalls also und Paulus verbindet beydes mit einander 1. Tim. 6, 14. 15. nur daß er für, der einzige Beherrscher, der allein Gewaltige, der einzige Dynast, Souverain, sagt. Es sind also im neuen Testament gleichgeltende Ausdrücke: Der allein wahre Gott; der allein Gewaltige; der einzige Beherrscher; der Herr aller Herren und König aller Könige.
|z69| Endlich ist zu merken, daß Herr oder Meister, die Titel waren, die die Juden auch in Anreden ihren Lehrern gaben, Joh. 13, 13. 14. und daher beydes mit einander verwechselt wird, Joh. 20, 13. 16.
Herrlichkeit:Joh. 17, 22. ist das Lehramt zu verstehen, welches Jesus den Aposteln nach V. 18. übertragen hatte.
Herrschen, 1.Cor. 4, 8. ist der Sinn: Ihr seyd nach eurer Meinung schon genug unterrichtet, ihr braucht keine apostolische Weisung mehr (seyd schon satt, schon reichworden), ihr könnet eure eignenLehrer seyn (herrschet ohneuns): Wollte Gott, daß es so wäre, daß wir denn nicht mehr für euch zu sorgen hätten.
Himmel; Himmel und Erde;himmlisch. Wegen dessen, was ich S. 237. ff. über die Redart Himmel und Erde , als eine Benennung der Juden und Heyden bemerkt habe, verweise ich gelehrte Leser auf des Herrn D.Ernestiopuscula theologicaS. 439. ff.Schöttgen ist schon um diese Erklärung herumgegangen, aber er hat doch nicht den eigentlichen Punct getroffen. Wer die Redart anders erklärt, verliert als Lehrer der Religion den besondern Vortheil, aus so vielen Aussprüchen mehr, die Vereinigung der Völker zu einer Religion, als einen Hauptzweck des Christenthums beweisen zu können. Und wem sollte dies nicht das erfreulichste Geschäft seyn, Menschen, die sich so leicht und so ruhig |z70| über Religionsmeynungen trennen, an diese so wohlthätige Absicht recht oft erinnern zu können.
Daß himmlischer Vater S. 242. soviel als Allerhöchster sey, ist die eigne Erklärung des Lucas 6, 35. wo für, Kinder des Vaters im Himmel, Matth. 5, 45. Kinder des Allerhöchsten gesagt wird.
Hofnung. Wenn ich sage, daß dieses Wort vorzugsweise auch, wo es, wie in der Apostelgeschichte, schlechtweg steht, die Erwartung der zukünftigen Auferstehung bedeute, so verstehe ich unter schlechtweg, ohne die Beywörter, lebendige, gute, die sonst damit verbunden werden.
2. Thess. 2, 16. unterscheidet der Apostel ewiger Trost von der guten Hofnung: Ich denke also, daß er auch hier jene Erwartung verstanden habe, da es seinem Sprachgebrauch in der Apostelgeschichte gemäß ist, und ich ihn nicht einerley wollte sagen lassen.
Col. 1, 5. erkläre ich gleichfalls davon, theils in Rücksicht auf den unstreitigen Paulinischen Sprachgebrauch, theils weil sie zu den Anfangsgründen des evangelischen Unterrichts gehörte, auf welche sie der Apostel zurückwies (von welcher ihr zuvor gehört habtetc.)
Tit. 3, 7. gilt derselbe Sprachgebrauch für mich und die apostolische Theorie, die Auferstehung zu dem Grund der Hofnung eines zukünftigen Lebens zu machen. Hoffen wir |z71|allein in diesem Leben aufChristum; und ist keine Auferstehung, sind ihm 1. Cor. 15. gleichgeltende Sätze.
Hurerey: Es ist wohl das Wahrscheinlichste hierunter Apostg. 15, 29.21, 25.die Verheyrathung mit einer heydnischen Person zu verstehen. So wird in denmosaischen Recht diese Art der Verheyrathung mit der Theilnehmung an den Götzenopfern gleichfalls in einer Verbindung untersagt, 2.B.M. 34, 15. 16. und sie eineHurerey genannt, 4.B. 25, 1. 2. So wird Esau ein
Hurer gescholten, Ebr. 12, 16. weil er gegen desAbrahams ausdrückliches Verlangen in Ansehung der Verheyrathung seines Sohns Isaac, und diesem zum Trotz, sich mit Töchtern der Cananiter verheyrathete: S. 1.B.M. 26, 34. 35.28, 8. 9.
Hure,Ebr. 11, 31. behält seine eigentliche Bedeutung. So wirdRahab zweymal in der Geschichte genannt , Jos. 2, 1.6, 22. es ist unerweislich, daß das hebräische Wort eine Gastwirthin bedeutet habe;Gasthäuser gab es damals überhaupt gar nicht: Dagegen war es sehr natürlich, daß Kundschafter, die verborgen bleiben wollten, bey einer solchen liederlichen Weibsperson einkehrten; ihre Wohnung an der Stadtmauer läßt auch nichts anders von ihr vermuthen und die vorsichtigen Maasregeln, die man hernach mit ihr nahm, daß man sie ausser dem Lager ließ, Jos. 6, |z72| 23.dient zum neuen Beweise, wie zu einer zureichenden Rechtfertigung der Weisheit und Frömmigkeit des damaligen Heerführers. Es ist überhaupt eine übel angewendete Delicatesse der Ausleger, oder Besorgniß, oder wie man es nennen will, wenn sie den Spöttlingen auszuweichen in dergleichen Erzählungen lieber die fremdesten Bedeutungen aufsuchen. Wozu doch so viele Umwege? Man lasse sie aus dem ganz natürlichen Vorgang auf die Wahrheit der Geschichte schließen, und frage übrigens herzhaft, was es nun weiter sey, und ob nicht selbst ein König, wenn er sein eigner Kundschafter seyn müßte, ohne alle Schändung seiner Majestät in einem berüchtigten Hause sich verbergen könnte?