|a[497]| Evangelium am Sontage Septuagesima.
Matthäi 19, 30 – Kapitel 20, 16
Der Nahme
Septuagesima, oder
Septuagesimä
(der siebzigste Tag) beziehet sich auf den Sontag nach Ostern. Er war im christlichen Alterthum ein sehr feierlicher Tag, weil man da die Catechumenen taufte. Von diesem Sontage, ist der, den man
Septuagesima nante, gerade der siebzigste Tag.
Der Nahme
Septuagesima, oder
Septuagesimä
(der siebzigste Tag) beziehet sich auf den Sontag nach Ostern. Er war im christlichen Alterthum ein sehr feierlicher Tag, weil man da die Catechumenen taufte. Von diesem Sontage, ist der, den man
Septuagesima nante, gerade der siebzigste Tag.
{vergleiche oben S. 13 f.} Das Christenthum wird den Heiden geprediget werden, und dies wird die Juden aufbringen: das ist der Inhalt dieser Gleichnis Rede, worin Jesus die Schicksahle seiner Religion weissaget.
{vergleiche oben S. 13 f.} Das Christenthum wird den Heiden geprediget werden, und dies wird die Juden aufbringen: das ist der Inhalt dieser Gleichnis Rede, worin Jesus die Schicksahle seiner Religion weissaget.
{Kap. 19, 30.} Viele der Ersten, (der Juden, denn diesen ward die Religion Jesu zuerst geprediget) werden die Lezten seyn. Und die Lezten, (die Heiden, denen das Christenthum zulezt geprediget ward) die Ersten. Mit andern Worten. „Viele Juden werden meine Religion und alle ihre Vortheile verwerfen. Die Heiden hingegen werden sie begierig annehmen.“ Denn das himmlische Reich (meine Religion; diese geistige Herrschaft, die Herrschaft über die Seelen der Menschen, die Herrschaft durch Wahrheit und Tugend) ist gleich einem Hausherrn. „In meiner Kirche wird es hergehen, wie wenn ein Hausherr u. s. f.[“]{Kap. 19, 30.} Viele der Ersten, (der Juden, denn diesen ward die Religion Jesu zuerst geprediget) werden die Lezten seyn. Und die Lezten, (die Heiden, denen das Christenthum zulezt geprediget ward) die Ersten. Mit andern Worten. „Viele Juden werden meine Religion und alle ihre Vortheile verwerfen. Die Heiden hingegen werden sie begierig annehmen.“ Denn das himmlische Reich (meine Religion; diese geistige Herrschaft, die Herrschaft über die Seelen der Menschen, die Herrschaft durch Wahrheit und Tugend) ist gleich einem Hausherrn. „In meiner Kirche wird es hergehen, wie wenn ein Hausherr u. s. f.[“]
|a498| {Kapitel 20, 1–7} Gleich einem Hausherrn, welcher frühe (Morgens um sechs) ausgieng Arbeiter in seinen Weinberg zu miethen. Da er nun mit den Arbeitern um einen Denarium (eine Münze, drey gute Groschen werth) für den Tag eins geworden, schickte er sie in seinen Weinberg. – Um die dritte Stunde (um 9 Uhr Morgens) gieng er aus und sahe andere, am Markte müssig stehen, und sprach zu ihnen, Gehet auch ihr in den Weinberg, ich werde euch geben was recht ist. Sie giengen hin. – Abermahls gieng er um die sechste und neunte Stunde aus (zwölf Uhr Mittags, und drey Uhr Nachmittags) und that eben so. – Zur elften Stunde aber (um fünf Uhr Abends, wo nur noch Eine Stunde vom Tage übrig war. Denn die Juden theilten den Tag in 12 Stunden, die sie mit Sonnen Aufgang zu zälen anfiengen) gieng er aus und fand andre müssig stehen; und sprach zu ihnen, Was stehet ihr hier den ganzen Tag müssig? Sie antworteten, Es hat uns niemand gemiethet. Da sprach er, Gehet auch ihr in den Weinberg, ihr sollt haben, was recht ist.|a498| {Kapitel 20, 1–7} Gleich einem Hausherrn, welcher frühe (Morgens um sechs) ausgieng Arbeiter in seinen Weinberg zu miethen. Da er nun mit den Arbeitern um einen Denarium (eine Münze, drey gute Groschen werth) für den Tag eins geworden, schickte er sie in seinen Weinberg. – Um die dritte Stunde (um 9 Uhr Morgens) gieng er aus und sahe andere, am Markte müssig stehen, und sprach zu ihnen, Gehet auch ihr in den Weinberg, ich werde euch geben was recht ist. Sie giengen hin. – Abermahls gieng er um die sechste und neunte Stunde aus (zwölf Uhr Mittags, und drey Uhr Nachmittags) und that eben so. – Zur elften Stunde aber (um fünf Uhr Abends, wo nur noch Eine Stunde vom Tage übrig war. Denn die Juden theilten den Tag in 12 Stunden, die sie mit Sonnen Aufgang zu zälen anfiengen) gieng er aus und fand andre müssig stehen; und sprach zu ihnen, Was stehet ihr hier den ganzen Tag müssig? Sie antworteten, Es hat uns niemand gemiethet. Da sprach er, Gehet auch ihr in den Weinberg, ihr sollt haben, was recht ist.
{vers 8–16} Als es nun Abend ward, befahl der Herr seinem Hausverwalter, Rufe die Arbeiter und gieb ihnen den Lohn; vom Lezten an, bis zu dem Ersten hinauf. Da kamen die um die Elfte Stunde gemiethete, und empfiengen jeder einen Denarium. Als nun die Ersten kamen, glaubten sie, sie würden mehr bekommen. Aber auch sie empfiengen, jeder einen Denarium. Da murreten |a499| sie gegen den Hausherren. Diese Lezten, sagten sie, haben nur Eine Stunde gearbeitet; und du machest sie uns gleich, die wir des Tages Last und Hize getragen haben. Er antwortete aber Einem von ihnen. Freund! ich thue dir kein Unrecht. Bist du nicht mit mir um einen Denarium eins geworden? Nim was dir gehört und gehe. Ich will aber diesen Lezten eben so viel als dir geben: denn stehet es mir nicht frei mit dem Meinigen zu thun was ich will? Was siehest du finster darüber daß ich Gütig bin? – Dergestalt werden die Lezten, die Ersten seyn; und die Ersten, die Lezten. Denn viele sind berufen, wenige aber ausgewälet.{vers 8–16} Als es nun Abend ward, befahl der Herr seinem Hausverwalter, Rufe die Arbeiter und gieb ihnen den Lohn; vom Lezten an, bis zu dem Ersten hinauf. Da kamen die um die Elfte Stunde gemiethete, und empfiengen jeder einen Denarium. Als nun die Ersten kamen, glaubten sie, sie würden mehr bekommen. Aber auch sie empfiengen, jeder einen Denarium. Da murreten |a499| sie gegen den Hausherren. Diese Lezten, sagten sie, haben nur Eine Stunde gearbeitet; und du machest sie uns gleich, die wir des Tages Last und Hize getragen haben. Er antwortete aber Einem von ihnen. Freund! ich thue dir kein Unrecht. Bist du nicht mit mir um einen Denarium eins geworden? Nim was dir gehört und gehe. Ich will aber diesen Lezten eben so viel als dir geben: denn stehet es mir nicht frei mit dem Meinigen zu thun was ich will? Was siehest du finster darüber daß ich Gütig bin? – Dergestalt werden die Lezten, die Ersten seyn; und die Ersten, die Lezten. Denn viele sind berufen, wenige aber ausgewälet.
Jesus redet hier, wie der Augenschein lehret, nicht von
jenem Leben nach dem Tode, (dem
Reiche der
Herrlichkeit) sondern von dem jezigen. (dem Reiche der Gnaden) Denn es werden Arbeiter
gemiethet. Der Sinn des Ausspruchs,
viele sind berufen, aber wenig sind ausgewälet, kan also nicht seyn, daß die Zahl der Seeligen nur klein seyn werde. – Der Himmel leer? Und die Hölle
angefüllt mit Menschen? Traurig! Höchst traurig! Weg aber mit dem Gedanken! –
{Matthäi 25, 14–30} Gott wird einen jeden nur nach seinem Talente richten. Der Redliche Jude, Türke und Heide der sein Maaß von Kentniß treulich gebraucht, wird demnach eben so wohl ein Bewohner des Himmels seyn, als der Redliche Christ. –
Die Zahl der Frommen, der Freunde Gottes in der Welt, ist weit grösser als wir es beim ersten An
|a500|blick glauben. Wo wir nur Einen, vielleicht gar keinen sehen, da sind derer, wie dort zu
{Römer 11, 1–5} Eliä Zeiten, sieben tausend. –
Zudem stirbt mehr als die Hälfte der Menschen vor dem völligen Gebrauch des Verstandes. Diese also, sind alle Seelig. – Rechnet das zusammen, und ihr findet zu eurer grossen Freude, daß –
die Summe der Seeligen weit, weit grösser ist, als die Zahl der Verdamten. Der Himmel ist nicht eine öde, wüste Gegend. Sondern die blühendste Stadt, wo Menschen, Gedrängt beisammen wohnen; und der tägliche Anblick vieler hundert und tausend froher Gesichter, unaufhörlich theilnehmende Freude verbreitet! – Vergleiche auch oben
Seite 107 –
109 .
Jesus redet hier, wie der Augenschein lehret, nicht von
jenem Leben nach dem Tode, (dem
Reiche der
Herrlichkeit) sondern von dem jezigen. (dem Reiche der Gnaden) Denn es werden Arbeiter
gemiethet. Der Sinn des Ausspruchs,
viele sind berufen, aber wenig sind ausgewälet, kan also nicht seyn, daß die Zahl der Seeligen nur klein seyn werde. – Der Himmel leer? Und die Hölle
angefüllt mit Menschen? Traurig! Höchst traurig! Weg aber mit dem Gedanken! –
{Matthäi 25, 14–30} Gott wird einen jeden nur nach seinem Talente richten. Der Redliche Jude, Türke und Heide der sein Maaß von Kentniß treulich gebraucht, wird demnach eben so wohl ein Bewohner des Himmels seyn, als der Redliche Christ. –
Die Zahl der Frommen, der Freunde Gottes in der Welt, ist weit grösser als wir es beim ersten An
|a500|blick glauben. Wo wir nur Einen, vielleicht gar keinen sehen, da sind derer, wie dort zu
{Römer 11, 1–5} Eliä Zeiten, sieben tausend. –
Zudem stirbt mehr als die Hälfte der Menschen vor dem völligen Gebrauch des Verstandes. Diese also, sind alle Seelig. – Rechnet das zusammen, und ihr findet zu eurer grossen Freude, daß –
die Summe der Seeligen weit, weit grösser ist, als die Zahl der Verdamten. Der Himmel ist nicht eine öde, wüste Gegend. Sondern die blühendste Stadt, wo Menschen, Gedrängt beisammen wohnen; und der tägliche Anblick vieler hundert und tausend froher Gesichter, unaufhörlich theilnehmende Freude verbreitet! – Vergleiche auch oben
Seite 107 –
109 .
Jesus redet hier nicht, von dem Leben nach dem Tode, dem Stande der Vergeltung; sondern von dem Jezigen Leben, dem Stande der Vorbereitung, wo man in Gottes Weinberge arbeiten muß. Wenn daher diejenigen die nur Eine Stunde gearbeitet, so viel Lohn empfangen als die, welche Zwölfe gearbeitet: so kan man daraus nicht schliessen, daß der Gnaden Lohn im Himmel, bei allen Seeligen gleich groß seyn werde. Die Seeligkeit wird zwar bei den Tugendhaften gleich Ewig, aber nicht gleich Groß seyn. Dies ist die Lehre der Bibel. Gott sagt sie, wird jeglichem geben, nach seinen Thaten Römer 2, 6. Je mehrere, und edlere Tugendthaten du also hier verrichtet, desto grösser wird deine Seeligkeit dort seyn. – Sie ermahnet uns, in der Tugend immer mehr zu wachsen: weil unsre Arbeit nicht vergebens sey. 1 Corinther 15, 58. – Und unser Heiland versichert uns, daß unsre Tugendthaten im Him|a501|mel aufbewahret werden; Matthäi 6, 20. und daß eine jede davon, dereinst ihren Lohn empfangen soll. Matthäi 6, 1–4. vers 5. 6 Kapitel 10, 40–42.Jesus redet hier nicht, von dem Leben nach dem Tode, dem Stande der Vergeltung; sondern von dem Jezigen Leben, dem Stande der Vorbereitung, wo man in Gottes Weinberge arbeiten muß. Wenn daher diejenigen die nur Eine Stunde gearbeitet, so viel Lohn empfangen als die, welche Zwölfe gearbeitet: so kan man daraus nicht schliessen, daß der Gnaden Lohn im Himmel, bei allen Seeligen gleich groß seyn werde. Die Seeligkeit wird zwar bei den Tugendhaften gleich Ewig, aber nicht gleich Groß seyn. Dies ist die Lehre der Bibel. Gott sagt sie, wird jeglichem geben, nach seinen Thaten Römer 2, 6. Je mehrere, und edlere Tugendthaten du also hier verrichtet, desto grösser wird deine Seeligkeit dort seyn. – Sie ermahnet uns, in der Tugend immer mehr zu wachsen: weil unsre Arbeit nicht vergebens sey. 1 Corinther 15, 58. – Und unser Heiland versichert uns, daß unsre Tugendthaten im Him|a501|mel aufbewahret werden; Matthäi 6, 20. und daß eine jede davon, dereinst ihren Lohn empfangen soll. Matthäi 6, 1–4. vers 5. 6 Kapitel 10, 40–42.
Eben so wenig wird hier der
Bekehrung auf dem Sterbebette, eine gnädige Aufnahme bei Gott versprochen. Es ist so Grundlos, als Gottlos, sich in dem unglücklichen Entschluß, die Bekehrung bis zum Tode zu verschieben, mit dieser Gleichnis Rede zu stärken; weil auch die um die Elfte Stunde den Lohn empfiengen.
Aber sie giengen nicht früher in den Weinberg,
{vers 7} weil sie niemand gedungen. Und wo ist ein Christ, der nicht seit seinem reiferen Alter mehr als einmahl zur Busse eingeladen worden!
Auch arbeiteten sie wirklich, noch eine Stunde. Ganz anders ist es mit dem der in den lezten Augenblicken seines Lebens seine Besserung anfängt.
Endlich ist in diesem Gleichnisse, gar nicht von der Bekehrung die Rede, sondern von der Aufnahme des Christenthums unter den Heiden, und Juden. – – Wie schlecht sorgen wir doch für uns, wenn wir uns allenthalben nach Ausflüchten und Behelfen umsehen, uns der Bekehrung zu entziehen! Sündigen in der Hofnung, daß wir künftig Busse thun werden, das heißt etwas thun in Hofnung, daß es uns einmahl peinigen werde. Unsre Bekehrung aufschieben, das heißt unser Elend verlängern und unser Glück aufschieben. Denn sich bekehren, das ist nicht ein Freudenloses trauriges Leben füren. Sondern Herz und Leben mit Liebe zu Gott, Seinem Gesez und Seinen Menschen anfüllen; und dadurch eine Quelle von Ruhe und Freude in uns
|a502| eröfnen, welche durch unser ganzes irrdisches Leben und alle Ewigkeit fortfließt. – Wir wollen uns
morgen bekehren? Aber wissen wir denn, daß der morgende Tag in unsrer Gewalt seyn wird. Nichts als der gegenwärtige Augenblick ist
unser. Wir wollen uns
auf dem Krankenbette bekehren? Aber wir können ja, plözlich ohne Krankheit sterben. Und wenn auch eine Krankheit uns den Todt ankündiget; so kan sie uns zugleich alles Besinnen rauben. Und behalten wir auch dieses, so finden sich da, tausend Hindernisse von aussen und innen, welche es wo nicht unmöglich, so doch äusserst schwer machen, ein Geschäfte zu verrichten das so viel Munterkeit und Stärke des Geistes fordert. Und angenommen endlich, daß wir uns alsdenn wirklich bekehren: so können wir doch
nie zur festen Versicherung davon gelangen. Gott hat nirgends versprochen, daß er Seufzer, Klagen und Thränen,
{Matthäi 3, 8} ohne die Früchte der Busse annehmen will.
{2 Corinth. 7, 1} Reinigen sollen wir uns von aller Befleckung des Leibes und der Seele;
{Philipper 1, 11 } mit Früchten der Tugend angefüllet seyn;
{2 Petri 1, 5–11} nebst unserm Glauben Keuschheit, Mässigkeit, Gerechtigkeit, Demuth, Menschenliebe darreichen, wenn wir in die seelige Ewigkeit eingehen wollen. Dazu fehlet es aber auf dem Sterbebette mehrentheils, an Zeit und Gelegenheit. Und so müssen wir denn, ohne Trost, mit der schrecklichen, folternden Furcht, von unserm Richter das Urtheil der Verdammung zu hören; aus der Welt gehen.
Eben so wenig wird hier der
Bekehrung auf dem Sterbebette, eine gnädige Aufnahme bei Gott versprochen. Es ist so Grundlos, als Gottlos, sich in dem unglücklichen Entschluß, die Bekehrung bis zum Tode zu verschieben, mit dieser Gleichnis Rede zu stärken; weil auch die um die Elfte Stunde den Lohn empfiengen.
Aber sie giengen nicht früher in den Weinberg,
{vers 7} weil sie niemand gedungen. Und wo ist ein Christ, der nicht seit seinem reiferen Alter mehr als einmahl zur Busse eingeladen worden!
Auch arbeiteten sie wirklich, noch eine Stunde. Ganz anders ist es mit dem der in den lezten Augenblicken seines Lebens seine Besserung anfängt.
Endlich ist in diesem Gleichnisse, gar nicht von der Bekehrung die Rede, sondern von der Aufnahme des Christenthums unter den Heiden, und Juden. – – Wie schlecht sorgen wir doch für uns, wenn wir uns allenthalben nach Ausflüchten und Behelfen umsehen, uns der Bekehrung zu entziehen! Sündigen in der Hofnung, daß wir künftig Busse thun werden, das heißt etwas thun in Hofnung, daß es uns einmahl peinigen werde. Unsre Bekehrung aufschieben, das heißt unser Elend verlängern und unser Glück aufschieben. Denn sich bekehren, das ist nicht ein Freudenloses trauriges Leben füren. Sondern Herz und Leben mit Liebe zu Gott, Seinem Gesez und Seinen Menschen anfüllen; und dadurch eine Quelle von Ruhe und Freude in uns
|a502| eröfnen, welche durch unser ganzes irrdisches Leben und alle Ewigkeit fortfließt. – Wir wollen uns
morgen bekehren? Aber wissen wir denn, daß der morgende Tag in unsrer Gewalt seyn wird. Nichts als der gegenwärtige Augenblick ist
unser. Wir wollen uns
auf dem Krankenbette bekehren? Aber wir können ja, plözlich ohne Krankheit sterben. Und wenn auch eine Krankheit uns den Todt ankündiget; so kan sie uns zugleich alles Besinnen rauben. Und behalten wir auch dieses, so finden sich da, tausend Hindernisse von aussen und innen, welche es wo nicht unmöglich, so doch äusserst schwer machen, ein Geschäfte zu verrichten das so viel Munterkeit und Stärke des Geistes fordert. Und angenommen endlich, daß wir uns alsdenn wirklich bekehren: so können wir doch
nie zur festen Versicherung davon gelangen. Gott hat nirgends versprochen, daß er Seufzer, Klagen und Thränen,
{Matthäi 3, 8} ohne die Früchte der Busse annehmen will.
{2 Corinth. 7, 1} Reinigen sollen wir uns von aller Befleckung des Leibes und der Seele;
{Philipper 1, 11 } mit Früchten der Tugend angefüllet seyn;
{2 Petri 1, 5–11} nebst unserm Glauben Keuschheit, Mässigkeit, Gerechtigkeit, Demuth, Menschenliebe darreichen, wenn wir in die seelige Ewigkeit eingehen wollen. Dazu fehlet es aber auf dem Sterbebette mehrentheils, an Zeit und Gelegenheit. Und so müssen wir denn, ohne Trost, mit der schrecklichen, folternden Furcht, von unserm Richter das Urtheil der Verdammung zu hören; aus der Welt gehen.
{vers 16} Die Lezten werden die Ersten seyn, (gleich den Ersten; sie werden gleichen Lohn empfangen Siehe vers 12) das heißt „Die Heiden werden, |a503| wie die Juden, zu allen Vortheilen der Religion gelangen.“ Und die Ersten werden die Lezten seyn. „Hingegen viele Juden werden dieser Vortheile verlustig gehen.“ Denn viele sind berufen, aber wenig sind ausgewälet. „Vielen Juden wird die Religion geprediget werden: aber nur wenige werden sie annehmen.“ Berufen heissen im N. T. diejenigen denen das Christenthum geprediget wird, und ausgewälet, alle die welche es wirklich annehmen, sich dazu bekennen. Titum 1, 1. 1 Petri 1, 1 – Dies ist die Lehre der Parabel. Alles andre, so wahr und wichtig es auch seyn mag, gehöret nicht zu dem Sinn dieser Stelle.{vers 16} Die Lezten werden die Ersten seyn, (gleich den Ersten; sie werden gleichen Lohn empfangen Siehe vers 12) das heißt „Die Heiden werden, |a503| wie die Juden, zu allen Vortheilen der Religion gelangen.“ Und die Ersten werden die Lezten seyn. „Hingegen viele Juden werden dieser Vortheile verlustig gehen.“ Denn viele sind berufen, aber wenig sind ausgewälet. „Vielen Juden wird die Religion geprediget werden: aber nur wenige werden sie annehmen.“ Berufen heissen im N. T. diejenigen denen das Christenthum geprediget wird, und ausgewälet, alle die welche es wirklich annehmen, sich dazu bekennen. Titum 1, 1. 1 Petri 1, 1 – Dies ist die Lehre der Parabel. Alles andre, so wahr und wichtig es auch seyn mag, gehöret nicht zu dem Sinn dieser Stelle.
Wenig Juden, aber viel Heiden werden die christliche Religion annehmen. Selbst diese Predigt der Religion, und ihre günstige Aufnahme unter den Heiden, wird die Juden zum Neid und Bosheit reizen. Diese traurige und fröliche Schicksahle seiner Religion, sagt hier
Jesus unter dem angenehmen Bilde eines Hausvaters vorher. Und der Erfolg stimmte damit pünktlich überein.
{Apostelgeschicht Kap. 2} Den Juden ward
zuerst das Evangelium geprediget; zu Jerusalem und in Palästina wurden die ersten christlichen Gemeinden gepflanzt. Der gröste Theil der Nation verwarf es.
{Apostelgeschicht 10} Petrus prediget hierauf den
Gottesfürchtigen Heiden, denen, welche den einigen wahren Gott anbeteten, ohne die jüdische Religion anzunehmen. Schon dieses brachte die Juden auf.
{Apostelgesch. 11 Apostelgesch. 13 folg.} Paulus und
Barnabas predigen endlich den Gözendienern, den abgöttischen Heiden, welche schaarenweise Christen werden. Und dieses
|a504| sezt die Juden gar in Wuth, welche die ersten und heftigsten Verfolger des Christenthums waren.
Wenig Juden, aber viel Heiden werden die christliche Religion annehmen. Selbst diese Predigt der Religion, und ihre günstige Aufnahme unter den Heiden, wird die Juden zum Neid und Bosheit reizen. Diese traurige und fröliche Schicksahle seiner Religion, sagt hier
Jesus unter dem angenehmen Bilde eines Hausvaters vorher. Und der Erfolg stimmte damit pünktlich überein.
{Apostelgeschicht Kap. 2} Den Juden ward
zuerst das Evangelium geprediget; zu Jerusalem und in Palästina wurden die ersten christlichen Gemeinden gepflanzt. Der gröste Theil der Nation verwarf es.
{Apostelgeschicht 10} Petrus prediget hierauf den
Gottesfürchtigen Heiden, denen, welche den einigen wahren Gott anbeteten, ohne die jüdische Religion anzunehmen. Schon dieses brachte die Juden auf.
{Apostelgesch. 11 Apostelgesch. 13 folg.} Paulus und
Barnabas predigen endlich den Gözendienern, den abgöttischen Heiden, welche schaarenweise Christen werden. Und dieses
|a504| sezt die Juden gar in Wuth, welche die ersten und heftigsten Verfolger des Christenthums waren.
So muß uns denn diese Erzälung; in Jesu, den Gesandten Gottes zeigen, vor dem die Zukunft offen da lag. – Sie muß uns zum herzlichen Dank gegen Gott anfeuren. Uns Heiden hat er aus der unseeligen Finsterniß der Unwissenheit und Aberglaubens, zu dem Licht der Wahrheit gefüret; uns hat er aus den Abgründen des Lasters gerissen, und auf die frohe seelige Bahn der Tugend geleitet.So muß uns denn diese Erzälung; in Jesu, den Gesandten Gottes zeigen, vor dem die Zukunft offen da lag. – Sie muß uns zum herzlichen Dank gegen Gott anfeuren. Uns Heiden hat er aus der unseeligen Finsterniß der Unwissenheit und Aberglaubens, zu dem Licht der Wahrheit gefüret; uns hat er aus den Abgründen des Lasters gerissen, und auf die frohe seelige Bahn der Tugend geleitet.
Sie kan uns aber auch, Anlaß zu noch andern wichtigen Betrachtungen geben. – {vers 6} Was stehet ihr hier den ganzen Tag müssig! Das beschäme diejenigen, welche ohne alle gemeinnüzige Arbeiten in der Welt leben. Diejenigen Menschen, welche weder in einem nüzlichen Amte und Gewerbe; noch durch gute Auferziehung der ihrigen, oder gemeinnüzige Verwaltung ihrer Güter; oder nüzliche Schriften, noch auf irgend eine andre Weise der Welt dienen! Die Menschen welche bloß ihre Renten verzehren, aus dem Bette auf das Ruhe Polster, von der Tafel in Gesellschaften und Lustbahrkeiten, und von Lustbahrkeiten zur Tafel gehen! Diese sind Ungehorsam gegen Gott: denn sie vergraben ihr Talent, an statt damit zu wuchern. Matthäi 25, 14 f. Sie sind Ungerecht und Treulos gegen die menschliche Gesellschaft; welcher sie ihre Zeit und Kräfte schuldig sind. 1 Petri 4, 10. 11. Römer 12, 4–6. Sie sind Undankbahr gegen ihre Nebenmenschen; deren Hände für sie täglich geschäftig sind. Sie sind – ein häslicher, schädlicher Auswuchs an dem Körper der menschlichen Gesell|a505|schaft! Eine unnüze Last des Erdbodens! – O daß diese Frage unsers Hausherren, Was stehet ihr hier den ganzen Tag müssig! sie jezo heilsam beschäme: damit sie nicht dereinst, bei dem ewig entscheidenden Gericht, für sie ein Verdammungs-Urtheil werde!Sie kan uns aber auch, Anlaß zu noch andern wichtigen Betrachtungen geben. – {vers 6} Was stehet ihr hier den ganzen Tag müssig! Das beschäme diejenigen, welche ohne alle gemeinnüzige Arbeiten in der Welt leben. Diejenigen Menschen, welche weder in einem nüzlichen Amte und Gewerbe; noch durch gute Auferziehung der ihrigen, oder gemeinnüzige Verwaltung ihrer Güter; oder nüzliche Schriften, noch auf irgend eine andre Weise der Welt dienen! Die Menschen welche bloß ihre Renten verzehren, aus dem Bette auf das Ruhe Polster, von der Tafel in Gesellschaften und Lustbahrkeiten, und von Lustbahrkeiten zur Tafel gehen! Diese sind Ungehorsam gegen Gott: denn sie vergraben ihr Talent, an statt damit zu wuchern. Matthäi 25, 14 f. Sie sind Ungerecht und Treulos gegen die menschliche Gesellschaft; welcher sie ihre Zeit und Kräfte schuldig sind. 1 Petri 4, 10. 11. Römer 12, 4–6. Sie sind Undankbahr gegen ihre Nebenmenschen; deren Hände für sie täglich geschäftig sind. Sie sind – ein häslicher, schädlicher Auswuchs an dem Körper der menschlichen Gesell|a505|schaft! Eine unnüze Last des Erdbodens! – O daß diese Frage unsers Hausherren, Was stehet ihr hier den ganzen Tag müssig! sie jezo heilsam beschäme: damit sie nicht dereinst, bei dem ewig entscheidenden Gericht, für sie ein Verdammungs-Urtheil werde!
{vers 10 f.} Insbesondre ermuntere uns der lezte Auftritt in der Geschichte unsers Textes, zu der theilnehmenden Freude: dieser grossen Absicht des Christenthums, und sichersten Kenzeichen des wahren Christen!{vers 10 f.} Insbesondre ermuntere uns der lezte Auftritt in der Geschichte unsers Textes, zu der theilnehmenden Freude: dieser grossen Absicht des Christenthums, und sichersten Kenzeichen des wahren Christen!
Täglich, und stündlich ergiesset sich ein Meer von Wohlthaten Gottes über unsre Nebenmenschen. Der eine geniesset die blühendste Gesundheit. Dort freuet sich ein andrer in dem Ueberfluß des irrdischen Vermögens. Einem dritten gelinget alles was er nur unternimt. Seine Arbeiten und Geschäfte gehen ihm leicht von Statten, finden allenthalben Beifall, haben den glücklichsten Erfolg. So können wir täglich, wenn wir nur wollen, viele unsrer Nebenmenschen die Güte Gottes frölich schmecken; oder in dem Bilde unsers Textes zu reden, ihren Groschen von Gott empfangen sehen.Täglich, und stündlich ergiesset sich ein Meer von Wohlthaten Gottes über unsre Nebenmenschen. Der eine geniesset die blühendste Gesundheit. Dort freuet sich ein andrer in dem Ueberfluß des irrdischen Vermögens. Einem dritten gelinget alles was er nur unternimt. Seine Arbeiten und Geschäfte gehen ihm leicht von Statten, finden allenthalben Beifall, haben den glücklichsten Erfolg. So können wir täglich, wenn wir nur wollen, viele unsrer Nebenmenschen die Güte Gottes frölich schmecken; oder in dem Bilde unsers Textes zu reden, ihren Groschen von Gott empfangen sehen.
Da nun sollen wir, wie unsre Religion will, an diesen Vergnügungen unserer Nebenmenschen einen herzlichen Antheil nehmen, oder nach Römer 12, 15 uns mit den Frölichen freuen und mit den Weinenden weinen. – Christen! Wir sollen die frohen Schicksahle unsrer Nebenmenschen nicht kalt und gleichgültig ansehen. Nicht sagen, was gehet mich das an? Ich habe genug mit mir und |a506| den Meinigen zu thun. Noch weniger sie deswegen gar beneiden; darüber verdrüslich, aufgebracht werden, daß es unsern Nebenmenschen besser gehet als uns. – Am allerwenigsten aber, ihnen ihre Freude misgönnen. Darüber unwillig seyn, obgleich uns nicht einmahl etwas dadurch abgehet. – Da Christen, sollen wir, jede solche rechtmässige Freude unsrer Nebenmenschen, als die Unsrige, uns zueignen! Sie gern sehen! Uns darüber innig freuen! Sie ihnen durch aufrichtige Versicherung unsrer Mitfreude, durch liebreiche Warnung für allem Schaden, durch Vereitelung böser Anschläge gegen sie, durch rümliche Urtheile, Empfehlungen; und kurz durch jedes uns mögliche Mittel welches Wahrheit und Gewissen billiget, unsern Nebenmenschen, ihre Freude zu sichern, und zu vermehren trachten. Das ist die Gemüts-Art und Betragen, welche uns unsre Religion, und unser Text anbefiehlet! – Ja! Welche selbst unser inneres Gefül, {Röm. 7, 22.} unser inwendige Mensch, uns als sehr reizend und liebenswürdig darstellet.Da nun sollen wir, wie unsre Religion will, an diesen Vergnügungen unserer Nebenmenschen einen herzlichen Antheil nehmen, oder nach Römer 12, 15 uns mit den Frölichen freuen und mit den Weinenden weinen. – Christen! Wir sollen die frohen Schicksahle unsrer Nebenmenschen nicht kalt und gleichgültig ansehen. Nicht sagen, was gehet mich das an? Ich habe genug mit mir und |a506| den Meinigen zu thun. Noch weniger sie deswegen gar beneiden; darüber verdrüslich, aufgebracht werden, daß es unsern Nebenmenschen besser gehet als uns. – Am allerwenigsten aber, ihnen ihre Freude misgönnen. Darüber unwillig seyn, obgleich uns nicht einmahl etwas dadurch abgehet. – Da Christen, sollen wir, jede solche rechtmässige Freude unsrer Nebenmenschen, als die Unsrige, uns zueignen! Sie gern sehen! Uns darüber innig freuen! Sie ihnen durch aufrichtige Versicherung unsrer Mitfreude, durch liebreiche Warnung für allem Schaden, durch Vereitelung böser Anschläge gegen sie, durch rümliche Urtheile, Empfehlungen; und kurz durch jedes uns mögliche Mittel welches Wahrheit und Gewissen billiget, unsern Nebenmenschen, ihre Freude zu sichern, und zu vermehren trachten. Das ist die Gemüts-Art und Betragen, welche uns unsre Religion, und unser Text anbefiehlet! – Ja! Welche selbst unser inneres Gefül, {Röm. 7, 22.} unser inwendige Mensch, uns als sehr reizend und liebenswürdig darstellet.
Selbst unser inneres Gefül empfiehlet sie uns! Denn diese christliche Mitfreude, ist eine von denen Tugenden, die in der Betrachtung, ganz ausserordentlich Reizend, Einnehmend und Anziehend sind. Die selbst dem Bösewicht, Achtung, Bewunderung, Lob abdringen. – Aber, o gütiger Gott, wie tief, tief sind wir verfallen! Wie schwer wird uns diese reizende Tugend in der Ausübung! Desto nötiger ist es, daß wir uns mit jeder Vorstellung, jedem Mittel bewafnen, welches uns jener schändlichen Gemüts-Art entreissen, und diese reizende Tugend sichern und erleichtern kan.Selbst unser inneres Gefül empfiehlet sie uns! Denn diese christliche Mitfreude, ist eine von denen Tugenden, die in der Betrachtung, ganz ausserordentlich Reizend, Einnehmend und Anziehend sind. Die selbst dem Bösewicht, Achtung, Bewunderung, Lob abdringen. – Aber, o gütiger Gott, wie tief, tief sind wir verfallen! Wie schwer wird uns diese reizende Tugend in der Ausübung! Desto nötiger ist es, daß wir uns mit jeder Vorstellung, jedem Mittel bewafnen, welches uns jener schändlichen Gemüts-Art entreissen, und diese reizende Tugend sichern und erleichtern kan.
|a507| Zunächst also lasset es uns, tief der Seele eindrücken, was unser Text lehret. Neid und Misgunst sind für sich selbst schon, Etwas sehr Häsliches, Schimpfliches, und Schändliches.|a507| Zunächst also lasset es uns, tief der Seele eindrücken, was unser Text lehret. Neid und Misgunst sind für sich selbst schon, Etwas sehr Häsliches, Schimpfliches, und Schändliches.
{v. 9–12.} Da kamen, sagt unser Text die um die elfte Stunde gemiethet waren, und empfieng ein jeglicher seinen Groschen. Da aber die ersten kamen, meineten sie, sie würden mehr empfahen; und sie empfiengen auch ein jeglicher seinen Groschen. Und da sie den empfiengen, murreten sie wider den Hausvater. Und sprachen: Diese lezten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du machst sie uns gleich, die wir des Tages Last und Hize getragen haben! – – Und was war es denn, du Misgünstiger! das dich dergestalt aufwiegelte? Hatten etwa diese deine Mitarbeiter, einen Theil von dem Deinigen genommen? Oder deine Ehre verlezet? Oder dich sonst beleidiget? Ward denn die Last und Hize des Tages, die du schon getragen hattest, dadurch vermindert, wenn deine Mitarbeiter weniger als einen Groschen empfiengen? Konte deine Beschwerde, und Mühe, durch nichts versüsset werden, als durch taurige Gesichter deiner Nebenmenschen? – – – Wer kan einen solchen Menschenhaß! Einen so Ungereizten Menschenhaß, ohne innigen Abscheu betrachten!{v. 9–12.} Da kamen, sagt unser Text die um die elfte Stunde gemiethet waren, und empfieng ein jeglicher seinen Groschen. Da aber die ersten kamen, meineten sie, sie würden mehr empfahen; und sie empfiengen auch ein jeglicher seinen Groschen. Und da sie den empfiengen, murreten sie wider den Hausvater. Und sprachen: Diese lezten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du machst sie uns gleich, die wir des Tages Last und Hize getragen haben! – – Und was war es denn, du Misgünstiger! das dich dergestalt aufwiegelte? Hatten etwa diese deine Mitarbeiter, einen Theil von dem Deinigen genommen? Oder deine Ehre verlezet? Oder dich sonst beleidiget? Ward denn die Last und Hize des Tages, die du schon getragen hattest, dadurch vermindert, wenn deine Mitarbeiter weniger als einen Groschen empfiengen? Konte deine Beschwerde, und Mühe, durch nichts versüsset werden, als durch taurige Gesichter deiner Nebenmenschen? – – – Wer kan einen solchen Menschenhaß! Einen so Ungereizten Menschenhaß, ohne innigen Abscheu betrachten!
Aber, unser Herz betrüge uns hiebei nur nicht! Gerade so Abscheulich, ist auch bei uns der Neid! – Was thun wir, wenn wir unsern Nebenmenschen ihre Einnahme, ihre Nahrung, ihren Beifall, ihren Ruhm, ihre Beförderung, ihre Reich|a508|tümer und jedes andre rechtmässige Vergnügen beneiden oder gar misgönnen? – – Wir sind verdrüslich und aufgebracht. Und worüber? Daß ein Mensch sich freuet! – Wir wünschen und suchen das Vergnügen in der Welt zu verringern. Wir suchen gar, an dessen Stelle Kummer, Traurigkeit und Elend zu sezen. – Und so hegen, und üben wir denn wahren Menschenhaß. – Und noch dazu; so Ungereizt, gegen einen Menschen, der uns durch nichts beleidiget, als daß er froh ist! Der vielleicht bereit ist, uns Liebes-Dienste zu leisten! Der vielleicht uns herzlich liebet! Kan wohl der Teufel, dieser Menschen-Mörder von Anfang, schändlicher, und schwärzer denken und handeln?Aber, unser Herz betrüge uns hiebei nur nicht! Gerade so Abscheulich, ist auch bei uns der Neid! – Was thun wir, wenn wir unsern Nebenmenschen ihre Einnahme, ihre Nahrung, ihren Beifall, ihren Ruhm, ihre Beförderung, ihre Reich|a508|tümer und jedes andre rechtmässige Vergnügen beneiden oder gar misgönnen? – – Wir sind verdrüslich und aufgebracht. Und worüber? Daß ein Mensch sich freuet! – Wir wünschen und suchen das Vergnügen in der Welt zu verringern. Wir suchen gar, an dessen Stelle Kummer, Traurigkeit und Elend zu sezen. – Und so hegen, und üben wir denn wahren Menschenhaß. – Und noch dazu; so Ungereizt, gegen einen Menschen, der uns durch nichts beleidiget, als daß er froh ist! Der vielleicht bereit ist, uns Liebes-Dienste zu leisten! Der vielleicht uns herzlich liebet! Kan wohl der Teufel, dieser Menschen-Mörder von Anfang, schändlicher, und schwärzer denken und handeln?
Kein Wunder demnach, daß Neid und Misgunst, uns auch ferner, zu den schwärzesten Lastern füret: und von je her, die Eigenschaft der schlechtesten Menschen gewesen.Kein Wunder demnach, daß Neid und Misgunst, uns auch ferner, zu den schwärzesten Lastern füret: und von je her, die Eigenschaft der schlechtesten Menschen gewesen.
Was war die Wirkung jener Misgunst der Juden zu Christi und seiner Apostel Zeiten? Sie empörten sich wider Gott. Als, sagt der Text Vers 10, die ersten, kamen, meineten sie, sie würden mehr empfahen; und sie empfiengen auch ein jeglicher seinen Groschen. Da murreten sie gegen den Hausherren. – {Siehe Apostelgeschicht 13, 45} Sie verwarfen gar die ganze Religion, mit allen ihren Vortheilen; und wolten nicht glücklich seyn, bloß darum, weil andre es auch seyn solten! – – Ja sie wurden endlich bei wachsendem Neide, die Schändlichsten, Verworfensten Menschen von der Welt. – Die Juden, so beschreibet uns Paulus ihren Character zu seiner Zeit, {1 Thessalonicher 2, 15. 16} sind Feinde Gottes und der Menschen. Sie |a509| wehren uns den Heiden zu predigen damit sie glücklich werden.Was war die Wirkung jener Misgunst der Juden zu Christi und seiner Apostel Zeiten? Sie empörten sich wider Gott. Als, sagt der Text Vers 10, die ersten, kamen, meineten sie, sie würden mehr empfahen; und sie empfiengen auch ein jeglicher seinen Groschen. Da murreten sie gegen den Hausherren. – {Siehe Apostelgeschicht 13, 45} Sie verwarfen gar die ganze Religion, mit allen ihren Vortheilen; und wolten nicht glücklich seyn, bloß darum, weil andre es auch seyn solten! – – Ja sie wurden endlich bei wachsendem Neide, die Schändlichsten, Verworfensten Menschen von der Welt. – Die Juden, so beschreibet uns Paulus ihren Character zu seiner Zeit, {1 Thessalonicher 2, 15. 16} sind Feinde Gottes und der Menschen. Sie |a509| wehren uns den Heiden zu predigen damit sie glücklich werden.
So ist es zu allen Zeiten gewesen! – Neid war es, der den Cain, zum ersten Bruder-Mörder machte. – – Neid war es, welcher den israelitischen König Saul; sein ganzes Leben hindurch, mehr folterte als ein Henker; in eine Reihe von Niederträchtigkeiten, treuloosen Thaten, und mörderischen Handlungen gegen den David stürzte; und endlich gar antrieb, aus Verzweifelung sich selbst zu ermorden. – – Neid war es, welcher jene entsäzliche Blutbäder des Königes Herodis verursachte; vor denen die Menschheit zurückebebt. Er versteinerte das Herz dieses Wüterichs in dem Grade, daß er seine eigene Gemahlin, und zwei seiner besten Söhne, aus der Welt schafte; und den Müttern zu Bethlehem, ihre zarten, unschuldigen, einjärigen Kinder, von der Brust, und aus den Armen wegreissen, und vor ihren Augen, in Stücken zerhauen ließ. – Und in welche Schand-Thaten stürzte nicht der Neid, die Brüder Josephs; die sich dadurch, bei der Nachwelt auf ewig gebrandmahlet! Die vorzügliche Gunst, welche dieser Unschuldige, Liebenswürdige Jüngling, seinem Vater gleichsahm abzwang; machet ihren Neid rege! Und nun ist keine Bosheit mehr für sie zu groß. Sie hassen und verfolgen den tugendhaften Joseph! Sie wollen ihn selbst mit eignen Händen ermorden; lassen sich aber, doch mit Mühe, noch bereden, ihn in eine Grube zu werfen daß er da umkomme. Doch auch dies Opfer war noch zu klein für den Neid. Sie reissen ihn auf immer aus dem Schoosse seines Vaters und seiner |a510| Familie; geben ihn allem Elende eines jämmerlichen Lebens Preiß, und welches einem freigebohrnen Menschen mehr Quaal verursachen mußte als der Todt, sie verkaufen ihn vorbeireisenden Fremden, zum Sclaven! Und dies alles, – – so zum Felß verhärten, kan der Neid das menschliche Herz! – sie thaten dies alles, ganz unbeweglich gegen die Bitten, Seufzer, und Thränen des jungen, unschuldigen, liebenswürdigen Josephs! Lasset uns hierbei bedenken; wir sind gerade auch nur Menschen, wie Cain, Saul, Herodes und die Brüder Joseph. Und ehe sie diese schrecklichen Laster verübet hatten, glaubten sie ohne Zweifel, ihrer nimmermehr fähig zu seyn!So ist es zu allen Zeiten gewesen! – Neid war es, der den Cain, zum ersten Bruder-Mörder machte. – – Neid war es, welcher den israelitischen König Saul; sein ganzes Leben hindurch, mehr folterte als ein Henker; in eine Reihe von Niederträchtigkeiten, treuloosen Thaten, und mörderischen Handlungen gegen den David stürzte; und endlich gar antrieb, aus Verzweifelung sich selbst zu ermorden. – – Neid war es, welcher jene entsäzliche Blutbäder des Königes Herodis verursachte; vor denen die Menschheit zurückebebt. Er versteinerte das Herz dieses Wüterichs in dem Grade, daß er seine eigene Gemahlin, und zwei seiner besten Söhne, aus der Welt schafte; und den Müttern zu Bethlehem, ihre zarten, unschuldigen, einjärigen Kinder, von der Brust, und aus den Armen wegreissen, und vor ihren Augen, in Stücken zerhauen ließ. – Und in welche Schand-Thaten stürzte nicht der Neid, die Brüder Josephs; die sich dadurch, bei der Nachwelt auf ewig gebrandmahlet! Die vorzügliche Gunst, welche dieser Unschuldige, Liebenswürdige Jüngling, seinem Vater gleichsahm abzwang; machet ihren Neid rege! Und nun ist keine Bosheit mehr für sie zu groß. Sie hassen und verfolgen den tugendhaften Joseph! Sie wollen ihn selbst mit eignen Händen ermorden; lassen sich aber, doch mit Mühe, noch bereden, ihn in eine Grube zu werfen daß er da umkomme. Doch auch dies Opfer war noch zu klein für den Neid. Sie reissen ihn auf immer aus dem Schoosse seines Vaters und seiner |a510| Familie; geben ihn allem Elende eines jämmerlichen Lebens Preiß, und welches einem freigebohrnen Menschen mehr Quaal verursachen mußte als der Todt, sie verkaufen ihn vorbeireisenden Fremden, zum Sclaven! Und dies alles, – – so zum Felß verhärten, kan der Neid das menschliche Herz! – sie thaten dies alles, ganz unbeweglich gegen die Bitten, Seufzer, und Thränen des jungen, unschuldigen, liebenswürdigen Josephs! Lasset uns hierbei bedenken; wir sind gerade auch nur Menschen, wie Cain, Saul, Herodes und die Brüder Joseph. Und ehe sie diese schrecklichen Laster verübet hatten, glaubten sie ohne Zweifel, ihrer nimmermehr fähig zu seyn!
Mit noch einer Betrachtung bewafnet uns unser Text – – {vers 13–15.} Jede rechtmässige Freude unserer Nebenmenschen ist – ein Geschenk Gottes! Der Neidische siehet darum scheel, weil Gott gütig ist. – Neid und Misgunst ist also, eine Friedens-Störung in Gottes Reich, eine wirkliche Empörung gegen Gott. Denn dieser Zuwachs von Gewinn und Ruhm, diese Freude unsrer Nebenmenschen ist kein Zufall oder blindes Schicksahl. Sondern ein Werk der Alles regierenden Vorsehung Gottes! Der Neidische lebet also in einem beständigen Aufruhr gegen Gott. Jede Gütigkeit Gottes beleidiget ihn. Bei jedem Geschenk Seiner Huld siehet er scheel. Jeder Beweiß Seiner unpartheiischen unermeslichen Liebe wiegelt ihn auf. – Der Neidische lebet auch, in einem unaufhörlichen Kriege gegen seine Mitunterthanen in Gottes Reich. Ihr Vergnügen machet ihm Verdruß; und sezet |a511| ihn zur Störung desselben in Geschäftigkeit. Liebloose Urtheile, bittere Spöttereien, Zank, Zwietracht, offenbahre Gewalttätigkeiten, sind die täglichen unseeligen Geburthen seines Neides! Und so bleibet denn, für den Neidischen, da ihn die Freude seiner Nebenmenschen quälet, und nur ihre Traurigkeit erfreuet, nichts weiter übrig, als entweder aus der Zahl der Geschöpfe Gottes gänzlich vertilget; {Jacobi 3, 13–16} oder in jenen dunkeln schwarzen Aufenthalt der neidischen Geister verwiesen zu werden, woraus alle Heiterkeit und Freude für ewig verbannt ist!Mit noch einer Betrachtung bewafnet uns unser Text – – {vers 13–15.} Jede rechtmässige Freude unserer Nebenmenschen ist – ein Geschenk Gottes! Der Neidische siehet darum scheel, weil Gott gütig ist. – Neid und Misgunst ist also, eine Friedens-Störung in Gottes Reich, eine wirkliche Empörung gegen Gott. Denn dieser Zuwachs von Gewinn und Ruhm, diese Freude unsrer Nebenmenschen ist kein Zufall oder blindes Schicksahl. Sondern ein Werk der Alles regierenden Vorsehung Gottes! Der Neidische lebet also in einem beständigen Aufruhr gegen Gott. Jede Gütigkeit Gottes beleidiget ihn. Bei jedem Geschenk Seiner Huld siehet er scheel. Jeder Beweiß Seiner unpartheiischen unermeslichen Liebe wiegelt ihn auf. – Der Neidische lebet auch, in einem unaufhörlichen Kriege gegen seine Mitunterthanen in Gottes Reich. Ihr Vergnügen machet ihm Verdruß; und sezet |a511| ihn zur Störung desselben in Geschäftigkeit. Liebloose Urtheile, bittere Spöttereien, Zank, Zwietracht, offenbahre Gewalttätigkeiten, sind die täglichen unseeligen Geburthen seines Neides! Und so bleibet denn, für den Neidischen, da ihn die Freude seiner Nebenmenschen quälet, und nur ihre Traurigkeit erfreuet, nichts weiter übrig, als entweder aus der Zahl der Geschöpfe Gottes gänzlich vertilget; {Jacobi 3, 13–16} oder in jenen dunkeln schwarzen Aufenthalt der neidischen Geister verwiesen zu werden, woraus alle Heiterkeit und Freude für ewig verbannt ist!
Doch! Lasset uns edlern Gründen Plaz geben. – Jede rechtmässige Freude unsrer Nebenmenschen ist ein Geschenk Gottes. – Des Gottes, dem auch wir, jede Kraft des Leibes und der Seele, und alles was uns Freude macht, zu danken haben. Soll denn das nicht unser Herz erweichen? Wie wohl wie unaussprechlich wohl thut es uns, daß Gott so gütig ist! Nun! So müssen auch wir; nur im Vergnügen und Wohlthun unsre Freude suchen. Jede Freude unsrer Nebenmenschen ist ein neuer Beweiß, daß unser Gott die Liebe selbst, der Vater Seiner Menschen ist. Ey! So muß sie uns auch, in dem innersten unsrer Seele erfreuen!Doch! Lasset uns edlern Gründen Plaz geben. – Jede rechtmässige Freude unsrer Nebenmenschen ist ein Geschenk Gottes. – Des Gottes, dem auch wir, jede Kraft des Leibes und der Seele, und alles was uns Freude macht, zu danken haben. Soll denn das nicht unser Herz erweichen? Wie wohl wie unaussprechlich wohl thut es uns, daß Gott so gütig ist! Nun! So müssen auch wir; nur im Vergnügen und Wohlthun unsre Freude suchen. Jede Freude unsrer Nebenmenschen ist ein neuer Beweiß, daß unser Gott die Liebe selbst, der Vater Seiner Menschen ist. Ey! So muß sie uns auch, in dem innersten unsrer Seele erfreuen!
Diese Betrachtungen lasset uns denn, in unsrer täglichen geheimen Andacht ofte anstellen! Uns ofte daran erinnern; daß Neid und Misgunst etwas so überaus schändliches ist; zu den schwärzesten Lastern füret; und daß jede rechtmässige Freude unsrer Nebenmenschen ein Geschenk Gottes ist. – Jede Regung des Neides lasset uns, so |a512| gleich in ihrer Geburth ersticken. Zwar über diese unwillkürliche Regungen uns nicht ängstigen, sondern sie mit Verachtung bekämpfen. Aber ihnen nicht einen Augenblick in unsrer Seele Plaz gestatten. – Jede Uebereilung wozu uns der Neid hinreisset, lasset uns mit unerbittlicher Strenge an uns bestrafen, und sie Gott mit Ausdrücken des innigsten Abscheus bekennen! – Lasset uns für den Beneideten beten! Und besonders, uns die Empfindung der Liebe Gottes und der Ewigkeit, recht tief einprägen. Lasset uns da, ofte zu uns sprechen: „Mit welchem Abscheu muß mich Gott, der die Liebe selbst ist, betrachten, wenn ich Neid bei mir hege? Was werden mir alle diese Güter, worüber ich den und den beneide, beim Tode; was in der Ewigkeit helfen? – Quälen werden sie mich, wenn ich sie mit Neid beflecket. Wie beglückend dagegen, ewig-beglückend wird es für mich seyn; wenn ich mich hier befliessen, über jedes Vergnügen meiner Nebenmenschen, auch da mich zu freuen, wo es meinen eigenen zeitlichen Ruhm verdunkelt, und meinen eigenen irrdischen Vortheil verringert!“Diese Betrachtungen lasset uns denn, in unsrer täglichen geheimen Andacht ofte anstellen! Uns ofte daran erinnern; daß Neid und Misgunst etwas so überaus schändliches ist; zu den schwärzesten Lastern füret; und daß jede rechtmässige Freude unsrer Nebenmenschen ein Geschenk Gottes ist. – Jede Regung des Neides lasset uns, so |a512| gleich in ihrer Geburth ersticken. Zwar über diese unwillkürliche Regungen uns nicht ängstigen, sondern sie mit Verachtung bekämpfen. Aber ihnen nicht einen Augenblick in unsrer Seele Plaz gestatten. – Jede Uebereilung wozu uns der Neid hinreisset, lasset uns mit unerbittlicher Strenge an uns bestrafen, und sie Gott mit Ausdrücken des innigsten Abscheus bekennen! – Lasset uns für den Beneideten beten! Und besonders, uns die Empfindung der Liebe Gottes und der Ewigkeit, recht tief einprägen. Lasset uns da, ofte zu uns sprechen: „Mit welchem Abscheu muß mich Gott, der die Liebe selbst ist, betrachten, wenn ich Neid bei mir hege? Was werden mir alle diese Güter, worüber ich den und den beneide, beim Tode; was in der Ewigkeit helfen? – Quälen werden sie mich, wenn ich sie mit Neid beflecket. Wie beglückend dagegen, ewig-beglückend wird es für mich seyn; wenn ich mich hier befliessen, über jedes Vergnügen meiner Nebenmenschen, auch da mich zu freuen, wo es meinen eigenen zeitlichen Ruhm verdunkelt, und meinen eigenen irrdischen Vortheil verringert!“
Diese Uebungen anhaltend fortgesezt, werden uns sicherlich immer mehr, von dieser Gott so sehr abscheulichen Gemüts-Art befreien. Und uns wie es Christen gebüret, mit allen unsern Nebenmenschen
{Ephes. 4, 1 f.} zu Einem Herzen und Einer Seele machen.
Diese Uebungen anhaltend fortgesezt, werden uns sicherlich immer mehr, von dieser Gott so sehr abscheulichen Gemüts-Art befreien. Und uns wie es Christen gebüret, mit allen unsern Nebenmenschen
{Ephes. 4, 1 f.} zu Einem Herzen und Einer Seele machen.