|a[I]| Wilhelm Abraham Tellers
Wörterbuch
des
Neuen Testaments
zur
Erklärung der christlichen Lehre.

Berlin,
bey August Mylius.
1772.
|a[II]|

|a[III]| Seiner
Hochfreyherrlichen Excellenz
dem
Hochgebornen und Hochwürdigen
Herrn
Ernst Friedemann
Freyherrn
von Münchhausen
Königl. würklichen Geheimen Etats- und Justizminister, Präsidenten des Tribunals, Chef des Lehnwesens, der hohen Stiftskirche zu Magdeburg Domherrn etc.
Erbherrn auf Gosserstedt etc.
Meinem gnädigen Herrn
|a[IV]|
|a[V]| Eurer Hochfreyherrlichen Excellenz gnädigen Gesinnung, bin ich einen großen Theil meines gegenwärtigen Glücks schuldig: Und schon das allein würde mir der lebhafteste Antrieb gewesen seyn, mich zu der dankbarsten Verehrung, zu der ich dadurch verpflichtet worden, bey dieser ersten Gelegenheit öffentlich zu bekennen.
Aber Eure Excellenz durchsehen auch, zur ausnehmendsten Bewunderung, alles, was in dem weiten Felde |a[VI]| der Litteratur vorgeht, mit so großem Scharfsinn, daß ich es für das schätzenswertheste Glück halten würde, wenn gegenwärtige Bogen von Ihnen gelesen und nicht ganz gemißbilligt werden sollten.
Ich verharre ehrfurchtsvoll
Eurer Hochfreyherrlichen
Excellenz
Berlin,
den 15. May
1772.
eifrigster Verehrer
Wilhelm Abraham Teller.

|a[VII]| Vorrede .

Es kömmt zum richtigen Verständniß eines jeden Schriftstellers ungemein viel darauf an, ihm seine Sprache in ihren Hauptwörtern und vornehmsten Wendungen abzulernen: Ein jeder hat seinen eignen Ausdruck, wie seine eignen Sitten; und je denkender der Mann ist, der seine Einsichten allgemein macht, je neuer der Gegenstand ist, den er behandelt; desto häufiger findet er die Sprache, in der er schreibt, für sich zu enge, und er sieht sich also genöthiget, die in derselben schon vorhandnen Wörter auf die bequemste Weise zu Zeichen seiner Gedanken zu machen. Dies ist so allgemein zugestanden, daß man auch schon längst |aVIII| die Nothwendigkeit erkannt hat, in besondern Büchern den eigenthümlichen Sprachgebrauch der besten Schriftsteller unter den Griechen und Römern zu erklären: Und nicht uneben hat man sie den Schlüssel zu ihren Werken benannt, weil sie gleichsam den Zugang zu ihrer ganzen gelehrten Denkungsart öfnen.
Dieselbe Nothwendigkeit kann ich nun wohl bey den Schriften des neuen Testaments voraussetzen, ohne mich lange bey ihrer Beweisung aufzuhalten. Gleichwol ist mir noch zur Zeit kein solches Wortregister desselben bekannt, dessen Verfasser es recht eigentlich zur Absicht gehabt hätte, die Ausdrücke und Redarten unsrer christlichen Religionsbücher in Einem Verzeichniß zu erklären, von denen die richtige Einsicht in das ganze Christenthum abhängt, und aus welchem |aIX| man den Kern der Religion herausnehmen muß. Ich kann bey diesem Urtheil es um so weniger zur Absicht haben, den Werth dessen, was man schon lange durch sogenannte Concordanzen geleistet hat, zu verringern, oder diesen ihre ungemeine Brauchbarkeit abzusprechen, da sie mir selbst bey dem gegenwärtigen Unternehmen ein so großes Erleichterungsmittel gewesen sind. Allein die Verfasser derselben wollten mehr den Mängeln des Gedächtnisses durch Sammlung aller Schriftstellen, in denen ein Wort vorkömmt, abhelfen, als Urtheile über den Inhalt der Religion selbst veranlassen, und schon das ist eine sehr dankwerthe Mühe gewesen; oder ihr Plan war zu groß und zu weitläuftig, als daß sie den Wörtern, die ich hier meyne, eigne Zeit zur Untersuchung und Aufklärung hätten widmen können. – |aX| Nur ganz neuerlich haben einige Männer von Einsicht und bekannten Verdiensten angefangen, die Bahn, die ich betreten habe, selbst mit zu brechen; ich meyne Herr D. Crusius, in Leipzig, in den Erläuterungen des Briefs an die Römer, und besonders der Bedeutungen des Worts Gesetz; Herr D. Zachariä, in Göttingen, in seinen Paraphrasen über die Briefe Pauli, und Herr Schrader, Prediger in der Grafschaft Ravensberg, in der Erklärung des Briefs an die Römer; die beyde ihren Auslegungen eine kurze Erklärung der in jedem Brief vorkommenden classischen Wörter vorgesetzt haben. Diese Wahrnehmung hat auch wirklich den Vorsatz, den ich bereits auf der Universität Helmstedt gefaßt hatte, eine solche Erklärung der Hauptwörter des neuen Testaments her|aXI|auszugeben, in mir von neuem so lebhaft gemacht, daß nun daraus das Wörterbuch entstanden ist, welches ich hiermit bekannt mache.
Ich liefere also keine eigentliche Concordanz, kein vollständiges Spruch- Namen- und Wortregister, und verweise deswegen auf diejenigen, die man bereits hat. Das alles lag viel zu entfernt von meinem Erklärungskreys, der nach meiner Hauptabsicht nur so weit gehet, so weit ein jeder des Originals unkundiger Leser geführt werden muß, um es aus eigner deutlicher Einsicht zu erkennen, was er als Christ zu glauben und zu thun hat. Man wird also keinen Ausdruck, der zu dieser Absicht erklärt werden muß, vermissen, auch wohl finden, daß ich zuweilen andre, die eben nicht dazu gehörten, beyläufig mitge|aXII|nommen habe, um unsre deutsche Uebersetzung auch in solchen, nach meinen Einsichten, zu berichtigen; ohne mich doch hierinn zu etwas gewissem anheischig zu machen. Da auch die eignen Reden Jesu, und die Schriften der Apostel die unmittelbare Erkenntnißquelle des Christen sind, so habe ich mich zur Zeit nur auf diese eingeschränkt; durchaus aber mich der Kürze beflissen, die man, um nicht unbillig, oder gar unverschämt zu seyn, Lesern und Käufern schuldig ist; niemand von noch itztlebenden Gelehrten für mich genannt, um die nicht zu beleidigen, die ich nicht nennen konnte; die Sprachbeweise jedem zur eignen Prüfung so faßlich als möglich zu machen gesucht; und alles mit der Offenherzigkeit geschrieben, durch die ich in allen Gott und Menschen gefällig zu werden |aXIII| trachte. Doch hat jene Kürze hin und wieder einige Dunkelheit im Ausdruck verursacht, die ich zu spät bemerkt habe, so wie diese Offenherzigkeit mich manchen harten Beurtheilungen aussetzen wird. Aber, gottlob, daß ich den Einschränkungen des menschlichen Verstandes nicht unterworfen bin, die man sich nach hergebrachten Landesverfassungen gefallen lassen muß, oder zu denen sich ein mehr für seine Finanzen, als für die Wahrheit besorgter Gelehrter, erniedriget. – –
Ich mag es daher auch noch itzt gar nicht verheelen, daß ich mit dem Vorsatz zu Werke gegangen bin, selbst in meinen gegenwärtigen Verbindungen als Schriftsteller das Meinige dazu beyzutragen, mehr Klarheit und Reinigkeit in den Lehrbegriff zu bringen, die Reli|aXIV|gion Jesu von Menschensatzungen, die es mir nach langer gesetzter Prüfung sind, zu scheiden, und uneingenommenen Gemüthern im Lehrstande es immer wichtiger zu machen, die Religion nicht als eine gelehrte Wissenschaft, sondern als die beste Weisheit zu behandeln, und ihr Studium derselben nicht auf Spitzfündigkeiten des Verstandes, oder Spiele der Einbildungskraft, sondern auf ihre heilsame Anwendung bey ihren Gemeinen zu richten. Hierzu steht nun aber kein andrer Weg offen, als daß man selbst die Schrift verstehe, nach der man andere zur Glückseligkeit anweisen soll. Chronologische, geographische, historische Untersuchungen mögen immer die Beschäftigung einiger wenigen Gelehrten bleiben. Es würde so gar dem Besten der Religion sehr zuträglich gewesen seyn, wenn man es von |aXV| je her mit diesen so gehalten hätte, statt daß es Zeiten gegeben hat, da alle Auslegungsbücher, academische Streitschriften und Sammlungen verschiedener einzelnen Erklärungen davon wimmelten, und niemand sichs auch nur einfallen ließ, Wörter und Redarten zu berühren, die geradezu zum Erkenntniß der Wahrheit führen. Mit dem allen ist dem Lehrer der Religion so wenig, als dem Schüler geholfen; aber beyden ganz gewiß durch eine genaue Auflösung der Sprache, in welcher die Religion zuerst vorgetragen wurde, in die einfachsten Vorstellungen, die dabey zum Grunde liegen, die jener für diesen in der Stille anstellt, und dann ihm öffentlich in seiner Muttersprache wiederholt. „Man muß nicht“ dieß sind die eignen Worte des seligen Luthers im Brief vom Dollmetschen, „die Buchstaben in der |aXVI| lateinischen (und so auch in der griechischen und ebräischen) Sprache fragen, wie man soll deutsch reden, sondern man muß die Mutter im Hause, die Kinder auf den Gassen, den gemeinen Mann auf dem Markt fragen, wie sie reden, und darnach dollmetschen, so verstehen sie denn und merken, daß man deutsch mit ihnen redet,“ – [„]das habe ich mich geflissen, aber leider allewege nicht erreicht noch troffen.“ So sollten wir uns, die wir das Lehramt verwalten, nur als berufne Dollmetscher der Reden Jesu und der Vorträge seiner Apostel betrachten, die in dem zu jeder Zeit gültigen Deutsch ihren Zuhörern sagen sollen, was der damaligen Welt in ihrer Sprache zuerst verkündiget worden, und sie darauf aufmerksam machen. Das würde durch die eben gedachte Wortanalyse geschehen; man würde bald da|aXVII|bey finden, was Redarten sind, die die Apostel selbst nach den verschiedenen Fähigkeiten und übrigen Umständen ihrer Gemeinen verändern, an die sie sich selbst nicht binden, ohne daß die Hauptsache dadurch verändert wird, und was dagegen stets wesentlich zu dieser gehört; was eigentlich die unveränderliche Lehre des Evangeliums selbst, und was im Gegentheil die bey den ersten Boten desselben nach ihren verschiedenen Gaben verschiedene Lehrart ist; wie wahr es endlich sey, daß nach allen und noch so vielen Erklärungen schwerer Schriftstellen die Summe der Lehren der Religion immer dieselbe bleibt, die der ungelehrte Christ schon in den zehn, zwanzig, klaren und körnigten Sprüchelgen zusammengezogen findet, die sein Schatz im Leben, und sein Trost im Tode sind. – Und wie weit angenehmer und nützlicher wür|aXVIII|de ihm die Lesung der Schrift werden, wenn man ihm aller Orten das wiederfinden lehrte, was dieses sein kleines Spruchregister enthält! – Dies alles ist wenigstens bey mir der Erfolg gewesen, da ich diesen Gang genommen; ich wünschte also auch, daß niemand, der künftig die Religion lehren soll, sich die Mühe verdrießen ließe, eben so beym Buchstabiren anzufangen, um die Schrift mit der Zeit ungehinderter lesen zu können, und gebe nun dazu in diesem Wörterbuch einige Anleitung. Die Sache betrift die richtige vollständige Sammlung und Erkenntniß der Lehren des allgemeinen Christenthums, die genaue Erklärung der Schrift, die dabey zum Grunde liegen muß, und die Deutlichkeit der Uebersetzungen. Dies veranlasset mich also von dem einen wie von dem andern noch einige Erinnerungen beyzufügen.
|aXIX| Ich bin zuerst gar nicht dafür, daß die Uebersetzung des seligen Luthers jemals ihr kirchliches Ansehen unter uns verliere. Aber von Zeit zu Zeit sie in einzeln Wörtern und Redverbindungen zu berichtigen, das sollte, dünkt mich, geschehen, hätte schon längst geschehen sollen, und hätte man so fortgefahren, wie man anfing, so wäre nun die Sache vollendet. Wenigstens kann es keinem Gelehrten unbekannt seyn, wie viel man in den ersten Ausgaben von Zeit zu Zeit darinn verändert hat. Luther selbst hat auch, nur nach der vorher angeführten Stelle, seine Uebersetzung nie für unverbesserlich ausgegeben; er hat gewarnt und gebeten, sie stets nach den Grundtexten zu prüfen, und viele Stellen in der ersten Ausgabe wirklich so übersetzt, wie es ihr eigentlicher Sinn erfodert, oder auch die beßre Verdeutschung eines |aXX| Worts und einer Redart in den später übersetzten Büchern noch gefunden. Mehrere Beyspiele der letzten Art habe ich schon im Buche selbst S. 114. 115. 117. 119. 136. 153. 207. 221. 242. 274. gegeben, und ich bitte, besonders S. 72. hiermit zu vergleichen. Hier hat Luther die ganze ebräische Redform, in Christo Jesu, richtig deutsch, mit dem Beywort, christlichGemeine in Christo Jesu, christliche Gemeine – übersetzt: Was hindert es also, die von mir angeführten Sprachbeweise dazu genommen, unsre Uebersetzung in ähnlichen Stellen dieser Uebersetzung gleichförmig zu machen, daß z. E. es nun auch Eph. 3, 21. für, dem sey Ehre in der Gemeine, die in Christo Jesu ist, hieße, dem sey Ehre in der christlichen Gemeine? – Aber er hat auch nicht selten in der ersten Ausgabe richtiger übersetzt; ganz, wie es seyn |aXXI| sollte. Ich habe z. E. S. 68. gezeigt, wie man den Ausdruck, thut Buße, für deutsche Leser sogleich in den verständlichern, bessert euch, verwandeln solle, und (welches zwar minder wichtig ist, aber doch zur Genauigkeit einer guten Uebersetzung gehört,) S. 7. das Amt zu führen in dienen; S. 386. Wort, in christliche Lehre, Evangelium. Eins wie das andre hat nun in der ersten Ausgabe von 1522. schon gestanden; Matth. 3, 2. 4, 17. Marc. 1, 15. bessert euch; 6, 12. man soll sich bessern – Apostg. 8, 4. und predigte das Evangelion – 2 Cor. 3, 6. welcher uns – gemacht hat, Diener zu seyn des Neuen Testaments: Und eben so hatte er, wie ich S. 251. anrathe, Eph. 3, 15. anfänglich, über alles, was Vater heißt, übersetzt. – Es verdiente überhaupt noch eine genauere Untersuchung, durch welche |aXXII| Veranlassungen die spätern Ausgaben der Lutherschen Uebersetzung in einzelnen Stellen, die gar keiner Verbesserung bedurften, dem ungeachtet verändert worden. Von wirklichen Verbesserungen lassen sich die Ursachen leicht angeben, wenn man bedenkt, daß auch Luther und seine Freunde, wie Melanchthon, in der richtigen Schrifterklärung immer mehr Einsicht und Stärke gewannen. Sie ists, die dem Uebersetzer stets neue Kraft giebt, wie ohne sie sich niemand das Recht anmaßen sollte, über Lehren der Religion zu urtheilen.
Aber nun auch hiervon etwas zu sagen; so ist zuerst das Auslegungsgesetz, Schrift aus Schrift zu erklären, zwar längst gemacht und angenommen, aber ich denke immer, daß man sich noch nie recht darüber vereiniget hat, was man |aXXIII| darunter verstehen wolle. Denn es recht verstanden und angewendet, wüste ich kein allgemein kräftigers Hülfsmittel der Auslegung der Schrift. Ich denke mir nemlich dabey eine solche Erklärung, wobey man entweder auf die ausdrücklichen Zeugnisse Jesu und der Apostel von der Bedeutung, in der sie gewisse Wörter genommen, das meiste Gewicht legt, und sie also vor allen Dingen aufsucht; oder den jüdischen Gebrauch einer Redart, eines Ausdrucks, den sie bey ihren Anweisungen zum Grunde legen, den sie als damals allgemein bekannt nicht weiter erklären, sich aus den Sitten dieses Volks nach den Beschreibungen des Alten Testaments erst verständlich zu machen sucht; oder endlich Wörter und Ausdrücke, mit denen sie im Vortrag derselben Sache abwechseln, so lang gegen einander vergleicht, bis man den all|aXXIV|gemeinen Begriff aus allen zusammen genommen völlig ausgezogen hat. Immer wird hier Schrift aus Schrift erklärt, und wenn die mittelste Gattung mehr Sprachgelehrsamkeit und Bekanntschaft mit den Alterthümern erfodert; so ist die Anwendung der ersten und letzten eine um so leichtere Sache, für jeden, dem sie selbst wichtig genug ist. Um kurz zu seyn, will ich die Erläuterung dessen aus meinem Wörterbuch selbst hernehmen. Ich erkläre Fülle, in den Briefen an die Epheser und Colosser, von der Kirche: Der Sprachgebrauch läßt so etwas vermuthen; aber das eigne Zeugniß des Apostels, daß er so verstanden seyn wolle, Eph. 1, 23. und die ganze Vergleichung seiner Phraseologie in beyden Briefen, wie ich sie angestellt habe, entscheidet: Und so gehen mir zu meinem Verständniß der Redart, an Jesum glau|aXXV|ben, seine eignen Aussagen, dies heiße, sein Wort halten, sein Freund seyn, und thun, was er gebiete, über alles – So erkläre ich Schrift aus Schrift in der zweyten Bedeutung, wenn ich bey der Wahrnehmung, daß Jesus Hoherpriester und Prophet genannt wird, die ursprüngliche Bedeutung beyder Benennungen aufzufinden bis aufs Entstehen des Israelitischen Hohenpriesterthums und der Prophetenwürde unter diesem Volk zurückgehe. Ich erwarte also von einem jeden, der mir seine Erinnerungen über dieses Wörterbuch mittheilen will, mir vor allen Dingen kurz und gut zu sagen, ob er in diesem Verstande Schrift aus Schrift mit mir erklären wolle: Sonst gehen wir, der eine zur Rechten, der andre zur Linken, und können unmöglich an einem Orte zusammentreffen.
|aXXVI| Hiernächst gestehe ich, daß mir viele Stellen des Neuen Testaments gar keiner Erklärung zu bedürfen scheinen; durch eine jede, die man versucht, nur mehr verdunkelt werden ; und man also auch darinn sich mehr vereinigen sollte, was man als aufs deutlichste gesagt, nun auch geradeweg so annehmen sollte. Es ist mir die unbegreiflichste Sache, wie man oft andern den Vorwurf machen könne, daß sie der Schrift entgegen erklärten, die ihr offenbar die meiste Ehre anthun, und das mit willigstem Beyfall annehmen, was in derselben mit dürren Worten gesagt wird. Sie beharret z. E. immer auf der Versicherung, daß Jesus der Herr sey; sie nennt ihn durchaus den Herrn; sie erklärt sich darüber an so vielen Orten, wie ich das alles bey diesem Artikel kurz angezeigt habe: Warum sucht man noch eine gezwungne |aXXVII| Erklärung, daß dies so viel als Jehova sey? Josephus sagt ausdrücklich das Gegentheil (s. die Zusätze), und wenn die griechischen Uebersetzer für diesen Namen ihr κυριος brauchen, so kam es eben daher, weil sie den Namen Jehova als Juden nie aussprachen, und also auch so übersetzten, als ob Adonai stünde. – Was ist unbedingter gesagt, als 1 Cor. 15, 27. daß der Sohn dereinst das Reich übergeben und selbst unterthan seyn werde – der ganze Sohn – daß ich so reden mag; warum ehrt man die Schrift nicht, und läßt es dabey bewenden, statt daß man nun eine voraus gefaßte Theorie hinein zu zwingen sucht?
Wie viel nun bey solchen Uebersetzungen und Erklärungen der Schrift die Erkenntniß und der heilsame Unterricht der Religion gewinnen würde, ist unnö|aXXVIII|thig weitläuftig zu sagen. Nur die einzige Erklärung, die ich von dem Schriftgebrauch des Ausdrucks, Furcht Gottes, gegeben habe, angenommen, und recht durchdacht, müste wahrhaftig auch die Kraft und Würde des Christenthums ganz anders geschätzt und im täglichen Wandel verherrlichet werden – Und dies ist es, was ich mit aller Aufrichtigkeit des Herzens als den edelsten Zweck des christlichen Lehramts auch durch diese Arbeit zu befördern gesucht habe.