Die populäre /aDogmatik ista\ ∥a1 der Inbegriff derjenigen theoretischen Religionswahrheiten oder Glaubenslehren, /abvon welchen auch solche Christen, die keine Theologen werden wollen, unterrichtet werden sollen und können. Dahin gehören aber alle Dogmen,ab\ welche auf die durch die Religion Jesu zu bewirkende moralische /abBesserung undab\ Beglückung der Menschen einen nähern Einfluß haben, und /abdabey einer auch den Nichttheologen verständlichen Behandlung fähig sind. Vonab\ ∥ab2 der Schuldogmatik /abunterscheidet sich demnach die populäreab\ durch /aihrenb4 Zweck, ihrenb5 Inhalt /boder die Auswahl der abzuhandelnden Lehrsätzeb\, und ihreb6 Behandlungsart. /bDer Zweck der populären Dogmatik ist, die Bildung einsichtsvoller Christen zu befördern; dahingegenb\ ∥b7 durch den Vortrag der Schuldogmatik ∥b8 Schulgerechte /bTheologen zubereitet werden sollen. In Absicht des Inhalts muß zwar auch die populäre Dogmatik in ihrer Art und zu ihrem Zweck vollständig seyn, und darf nicht auf die |c2| |d2| ersten Anfangsgründe der Christenlehre eingeschränkt werden, weil sie sonst für fähigere und im Nachdenken geübte Christen nicht zureichend wäre, und selbst die gründliche Einsicht in die vorgetragenen Lehrsätzeb\ ∥b9 durch die /bgelassenen Lücken erschwehret werden würde. /dGleichwohl aber bleibtd\
II. /abBillig sollte jeder, zumal nach Aufklärung strebender, Laie eine so richtige, vollständige und gründliche Kenntniß der populären Dogmen der Christen sich zu verschaffen suchen, als es ihm nach seinen Fähigkeiten und Umständen möglich ist. Allein dem Prediger, derab\ ∥ab1 nicht /abloßa\ ∥a2 ∥b3 Christ ∥ab4, sondern auchb5 ∥a6 Lehrer /b/avon Christen ist, und andere in diesen Dogmen unterrichten soll, ist docha\ ∥a7 eineb\ ∥b8 /a/bvorzügliche Kenntniß derselben, und folglichb\ ∥b9 ein eigenes Studium der popu|d4|lären Dogmatik nöthig. Die hierdurch erlangte /bEinsicht in die Glaubenslehrenb\ ∥b10 ist nicht geradehin mita\ ∥a11 derjenigen /aeinerley, wodurch der Schulgerechte Dogmatikera\ ∥a12 sich /aauszeichnet; sie unterscheidet sich aber auch von der Kenntniß /beines, obgleich wohlunterrichteten, Laienb\ ∥b13 a\ ∥a14 durch mehrere Vollständigkeit, strengere Ordnung, größerea15 |a4| Deutlichkeit und Bestimmtheit, und vornehmlich durch die |b3| Geschicklichkeit, die Lehrsätze /abnicht nurab\ bündig aus der Bibel /abund Vernunftab\ zu beweisen, und /dsied\ gegen Einwürfe, die auser der Schule ersonnen |c4| sind, zu vertheidigen/ab, sondern auch nach verschiedenen Absichten verschiedentlich, jedoch immer deutlich, praktisch und so sie vorzutragen, wie es den Fähigkeiten und Bedürfnissen der jedesmaligen Zuhörer angemessen ist. Hierzu aber gehöret gewiß eine tiefe Einsicht in den ganzen Umfang der populären Dogmen, in ihren Zusammenhang untereinander, in ihre Gründe, und in die mannigfaltigend16 Arten ihrer möglichen praktischen Anwendung; welches alles ein sehr ernstliches Studium derselben voraussetztab\.
III. /aDie hier zu ertheilende Anleitung zum Studium der populären Dogmatik solla\ ∥a1 weder mit einer in denb2 gewöhnlichen Homilienton eingekleideten Schuldogmatik, an welcher nichts als vielleicht die Form populär ist, noch mit einem auf /abErbauung d. i.ab\ Ver|d5|mehrung moralischera3 Vollkommenheiten der Christen unmittelbar abzielenden Vortrageb4 der Dogmatikd5, noch mit der Anweisung, /awas überhaupt bey dem Vortrageb6 a\ ∥a7 der Religionslehren für das Volk, in Katechesationena8 oder zusammenhängenden Reden, /aum ihn faßlich und eindringlich zu machen, zu beobachtena\ ∥a9 sey, noch mit der katechetischen Theologie, welche /abnur bey den Anfangsgründen stehen bleibt, und auser den Dogmen auch die Moral begreifen sollteab\ ∥ab10, noch auch mit der biblischen Theologie, welche in einer schicklichen Ordnung die |c5| mit biblischen Wörtern ausgedrückten Begriffe und Sätze entwickelt, und bey der populären Dogmatik zum Grunde liegen muß, einerley /aseyna\. Am nächsten mit /ader populären Dogmatika\ ∥a12 verwandt, und auf sie gebauet, ist die praktische Dogmatik, welche sich mit Darlegung des Einflußes der theoretischen Religionswahrheiten auf Tugend und Glückseligkeit beschäftigt. Beidea13 können füglich mit einander verbunden werden, – wenn es die /azum Vortrageb14 bestimmtea\ Zeit erlaubt. /aDoch kann es auch hinreichen, wenn an einzelnen Beispielen die /dwirkliched\ praktische Anwendung der populär behandelten Dogmen gezeigt wird.a\ ∥a15
IV. Die wichtigsten Hülfsmittel sind, Studium der Bibel, eine von den bloßa1 in der Schu|b4|le brauchbaren Subtilitäten entladene Philosophie, und Kenntnißab2 des Menschen. An |d6| Büchern, welche zu unserm Zweck mehr oder /aminder genutzta\ ∥a3 werden können, fehlt es seit einiger Zeit /aweniger als ehedema\ ∥a4.
V. Jeder Prediger soll zugleich, wenigstens in gewissem Grade, Theolog seyn. Daher muß era1 auch die Schuldogmatik kennen. Diese /adient ihm zu einer auf seine Bestimmung näheren Bezug habenden Uebung im schärfern zusammenhängenden Nachdenken, unda\ wird ihm selbst zur geschickten Führung seines Amts wichtige Dienste lei|a5|sten; zwar nicht unmittelbar auf der Kanzel, oder bey dem kate|c6|chetischen Unterricht/d, oder vor dem Krankenbette, oder im Beichtstuhld\; denn an /dalled\ diese Orte gehört sie nicht hin: wohl aber zur Erlangung einer desto tiefern und zusammenhängendern Einsicht in die Theorie der Religion, zur Befestigung seiner eignen Ueberzeugung, zur Hebung beträchtlicher Zweifel bey sich und andern, zur Beurtheilung mancher von Schuldogmatikern seiner eignen oder andrer Religionspartheyen gemachten Einwürfe, zur /abunpartheyischen Prüfung der verschiedenen Systeme der Theologen, zurab\ Widerlegung gefährlicher Irrthümer, (im Fall ihn Pflicht hierzu auffordernab2 sollte,) zum Verstand theologischer Bücher, zumal der ältern, unda3 der symbolischen, u. s. w.
VI. Da es, wie die Erfarung auch bezeugt, bedenklicha1 ist, dem künftigen Prediger allein es zu überlassen, aus der Schuldogmatik /a(ob ihr |d7| gleich in neuerer Zeit viele unnütze Auswüchse abgeschnitten worden, und sie daher der populären näher ge|b5|bracht ist,)a\ sich selbst eine populäre zu abstrahiren, so ist eine /abbesondereab\ Anweisung zur letzterna2 nicht überflüßig. /aDoch überlassen wir es billig dem Volkslehrer, ∥b3 aus den Sätzen, welche einer populären Behandlung fähig sind, diejenigen, welche gerade für seine Zuhörer und zu jeder Art der Vorträge schicklich sind, jedesmal auszuwählen, und die, welche nur bey Privatun|c7|terredungen mit aufgeklärterend4 Personen zu benutzen sind, von solchen, die in öffentliche Belehrungen des Volks gehören, zu /bunterscheiden. Denn es wäre gewiß eben so unnütz als weitläuftig, und zeugte von sehr wenigemd5 Zutrauen zu den Fähigkeiten derer, die Volkslehrer sind oder werden wollen, wenn man über jeden besondern Fall besondere Vorschriften geben wollte. Die allgemeine populäre Dogmatik, welche allen Arten von Religionslehrern zu nützen bestimmt ist, fasset daherb\ ∥b6 alles in sich, was Lehrer der Religion (im Gegensatz gegen Lehrer der Theologie) unter allerley Umständen, auf mannichfaltige Weise, bald der Jugend, bald dem Volk, bald kultivirterenb7 Personen, nach ihren verschiedenen Bedürfnissen, öffentlich oder privatim, von theoretischen Religionswahrheiten populär vorzutragen haben, und enthält also freilich manches, was weder in Katechesationenb8 noch in Predigten gehöret. /bEben so bleibt es auch |d8| dem Volkslehrer überlassen, den Materialien, welche ihm die populäre Dogmatik darbietet, die eigentliche populäre Form zu geben. Wenigstens wäre es ganz unzweckmäßig,b\ ∥b9 eine akademische Anleitung /bzum Studium der populären Dogmatik selbst populär einzukleiden, und sie in so fern zum Muster eines populären Vortrags aufzustellen. Auch gehörte es nicht zur Absicht dieses Buchs, (§. III.) eine nähere An|c8|weisung zu geben, wie die Lehren der populären Dogmatik in Absicht auf den Vortrag auf eine wahrhaft populäre Art vor dem Volk zu behandeln seyen. Doch soll in einigen Anmerkungen auf manche der wichtigsten Rücksichten, welche der Volkslehrer zu nehmen hat, hingedeutet werdenb\ ∥b10.a\