|a53| Bestimmung und moralische Natur des Menschen.

89. Unter allen Geschöpfen auf dem Erdbodenab1 ist der Mensch das edelste und Gott änlichste,a2 Act. 17, 28. /aund hat unter allen die erhabenste Bestimmung /b*)b\. Schon in |c110| |d110| diesem Leben auf Erden kann man a)a\a3 ihm mit Grunde eine Herrschaft über die übrigen Kreaturen beilegen, 1 Mos. 1, 26. so fern /aballein erab\ab4 ein Recht, und |b82| die zu Ausübung desselben nöthige Geschicklichkeit hat, alle und jede ihm vorkommende Geschöpfe (vergl. §. 76.a5) zu seinem wahren Nutzen zu gebrauchen. b) Er allein kanna6 und soll Ordnung und Glück rings um sich her unter seinen Mitgeschöpfen /aund besonders unter seinen Brüdern, den Menschen,a\ mit Bewustseyn verbreiten, und dadurch die Absichten Gottes befördern; c) insbesondere derjenigen Gesellschaft, deren Glied er ist, nach seinem von der Vorsehung bestimmten Verhältnisseab7 gegen dieselbe, /a(§. 77. d.)a\ sich nüzlichb8 machen; d) die ihm mitgetheiltend9 Kräfte durch immer fortdauernde Entwickelung und stete Uebung erhöhen und vermehren; e) unzähligesab10 Gute, |d111| dessen kein andres Geschöpf /aauf Erdena\ in gleichem Um|c111|fange fähig ist, vornemlichab11 aber f) jene höhere Glückseligkeit, die auf Erkenntnis der Wahrheit und sittliche Güte, und vorzüglich auf Religion sich gründet, (§. 1. 2. 3.) genießen, und daher g) unablässigab12 nach mehrerer Erkenntnis und moralischer Aenlichkeit mit Gott streben.

/ab*) Bey den Belehrungen über die Bestimmung und |d110*| Würde des Menschen, muß dahin gesehen wer|c110*| den, daß dem Menschen Achtung gegen sich selbst, gegen jeden, auch den geringsten, seiner Mitmenschen, und gegen die Menschheit überhaupt eingeprägt, daß manchen gangbaren aber schädlichen Vorurtheilen über unsre Bestimmung entgegen gearbeitet, daß der Ungrund des Vorwurfs, als bilde die christliche Religion nur Menschen für den Himmel und nicht für die Erde, einleuchtend gemacht, und daß das Verhältniß dieses Lebens zum künftigen ins Licht gesetzt werde.ab\
ab1: Erdboden, a2: änlichste. a3: a) Man kan ab4: er allein a5: 76 a6: kan ab7: Verhältniße b8: nützlich d9: mitgetheilte ab10: unzähliches ab11: vornehmlich ab12: unabläßig

90. Doch ist die großea1 Bestimmung des Menschen /anicht bloß auf dieses irrdischeb2 Leben eingeschränkta\a3, sondern reichtab4 bis in die Ewigkeit hinaus. 2 Cor. 4, 18. 1 Joh. 3, 2. Zwar /aa)a\ ist der Mensch nicht bloßa5 um der Zukunft willen da/a, und er lebt seiner Bestimmung entgegen, wenn er über dem Himmel der Erde vergißt, oder sich zu jenem auf eine solche Art geschickt machen will, daß er darüber auf dieser unbrauchbar wirda\. Das gegenwärtige Leben ist nicht blosbd6 Mittel, sondern auch Zwecka7; und daher soll der |b83| Mensch nicht alle seine Gedanken lediglich nur darauf richten, um dereinst glücklich erst zu werdena8, eben als wenn nicht itzta9 schon seine Bestimmung wäre, es zu seyna10; sondern er soll vielmehr jeden gegenwärtigen Augenblick schon genießen, und in jeder Periode seines |a54| Daseyns möglichst glücklich seyn; wie denn auch das jetzige Leben, wenn nur die Menschen ihre jetzige Bestimmung zu erreichen sich mehr angelegen seyn ließen, |d112| schon für sich, und ohne |c112| Rücksicht auf das, was jenseits des Grabes unser wartet, des Daseyns immer werth wäre. Allein /ab)a\ noch unendlich höhere, und alle Ewigkeitena11 hindurch steigende Seligkeiten sind von Gott uns nach dem Tode zugedacht, wenn wir das gegenwärtige Leben unsrer jetzigen Bestimmung gemäs anwenden;a12 Phil. 3, 20. Col. 3, 1–4. /aund es ist die weiseste und wohlthätigste Einrichtung Gottes, daß rechter Genuß dieses Lebens zugleich die beste Vorbereitung zur Glückseligkeit des künftigen ist, und daß umgekehrt das rechte Bestreben dereinst glücklich zu werden, ein wirksames Mittel ist, es itzt schon zu seyn.a\

a1: grose b2: irdische a3: nicht blos auf dieses irdische Leben eingeschränkt ab4: reichet a5: blos bd6: bloß a7: Zwek a8: werden a9: jezt a10: seyn a11: Ewigkeiten a12: anwenden.

91. /aa) Im Tode /b*)b\ stirbt nur unser Leib, Röm. 8, 10. dessen aufgelösete Theile |c113| |d113| jedoch nicht umkommen, sondern nur in andere Körper übergehenb1 (§. 72.).b2 b) Unsrea\a3 Seele /aabera\ ist, wie wir nach Gründen der Vernunft schon hoffen dürfen, und aus der Bibel gewißa4 wissen, unsterblich. Matth. 10, 28. Joh. 11, 24–26. a5 2 Tim. 1, 10. /a1 Thess. 4, 13. ff.a\ Luc. 20, 27. 37. /aMeinb7 a\a6 Ich a8 dauert ununterbrochen fort, Luc. 20, 37. 38. 2 Cor. 5, 1. Hebr. 9, 27. und behält das Bewust|b84|seyn seiner selbst, und die deutliche Erinnerung an die vorhergegangenen Zustände, und an dasd9 was ichab10 hier empfunden, gedacht und gethan habeab11. Luc. 16, 23.a12 ff. Ja unsre Seele wird, von diesem groben Körper getrennt, ihre Thätigkeit desto freier äusern, und ihren Wirkungskreis desto mehr erweitern können; 1 Cor. 13, 9–12. 1 Joh. 3, 2. so wie wir auch, durch die Schei|d114|dung von |c114| diesem Leibe, von unzähligenab13 dringenden Bedürfnissenab14, körperlichen Schmerzen, und d15 Reizungenab16 zur Sünde befreiet werden. Röm. 8, 23. 7, 5. 18. 23. 24. /ac)a\ Es hatd17 daher der Tod, an sich betrachtet, nichts /dschreckliches an sich, sondern ist vielmehr als eine Wohlthat, alsd\

dschreckliches, vielmehr wäre ein immerwährendes, wenn gleich noch so glückliches, Leben auf Erden doch immer für uns Verlust einer höhern Glückseligkeit, zu der wir Fähigkeit haben. Der Tod hingegen ist der stärkste Schritt, den der Mensch thun kann, sich der Erreichung seiner großen Bestimmung zu nähern,d
ein Uebergang zu einem vollkommnern Leben, /danzusehend\d18; 2 Cor. 5, 6–8. Phil. 1, 21. 23. gleichwie auch der Verlust des /abGenusses irrdischerab\ab19 Güter durch die Fähigkeit zu weit edlerem Genusseab20 reichlich ersetzt wird. Doch
dist eine längere Fristung unsers irrdischen Lebens, so fern wir dadurch Gelegenheit bekommen, schon hier eine höhere Stufe moralischer Vollkommenheit zu erreichen und mehr Gutes zu wirken, gleichfalls eine schätzbare Wohlthat von Gott. Phil. 1, 22. 24. Der Christ wünschet sich den Tod zwar nicht, um nur zeitlichen Leiden, die er als Mittel zu seiner Vervollkommung betrachtet, zu entgehen; aber heiter und getrost sieht er ihm entgegen. Allein nur demd
kanna21 der Tod /deigentlich nur demd\ |a55| wahrhaftig erfreulich seyn, der hier auf dieser Welt schon seiner hohend22 Bestimmung gemäs gelebt hat, und mit Gesinnungen, welche den göttlichen änlich sind, stirbt. |d115| Joh. 5, 29. a23 1 Cor. 9, 24. 25. 2 Cor. 5,a24 9. /a10.a\ Hebr. 11, 35. 1 Petr. 1, 4. 5. 1 Joh. 3, 2. /a3.a\a25

/ab*) Hier, wo wir eben von der Bestimmung des Menschen in diesem und jenem Leben geredet haben, und nun im Begriff stehen, zur Betrachtung der moralischen Natur des Menschen überzugehen und dabey die Lehre von Belohnungen und Stafen vor und nach dem Tode abzuhandeln, scheint der bequemste Ort zu seyn, das, was von dem Leben nach dem Tode zu wissen nöthig ist, einzuschalten. Hiebey ist aber das, was die Bibel deutlich lehret, sorgfältig von bloßen Vermuthungen und Hypothesen abzusondern. Die letztern überläßt man gern ihren Liebhabern, aber dem Volk müs|c113*||d113*| sen sie nicht als Religionslehren vorgetragen werden. Und selbst bey den Erläuterungen des bedächtlich kurzen und meist bildlichen Unterrichts der Bibel muß man sich an richtige und feste Erklärungsregeln binden, damit das Volk bey den Bildern, die freilich nicht wohl ganz vermieden werden und sogar bey dem sinnlichen Haufen eine gute Wirkung thun können, Etwas, und etwas Wahres, denken lerne, und von kindischen und schwärmerischen Erwartungen zurückgehalten werde. Vergl. die Anmerk. /dc.d\ zu §. 95.d26 ab\
b1: übergehen. b2: 72.) a3: Denn unsre a4: gewis a5: 1 Thess. 4, 13. ff. ab6: Im Tode stirbt nur unser Leib, Röm. 8, 10. dessen aufgelösete Theile jedoch nicht umkommen, sondern nur in andere Körper übergehen. (§. 72.) Unser (a); Unser (b) a8: aber d9: das, ab10: wir ab11: haben a12: 23 ab13: unzählichen ab14: Bedürfnißen d15: manchen ab16: Reitzungen d17: ist d18: und also wahrer Gewinn ab19: Genußes irdischer ab20: Genuße a21: kan d22: jetzigen a23: 11, 25, 26. a24: 5. a25: Luc. 16, 22 ff. d26: 89.

92. Denn /aa)a\ das Leben nach dem Tode ist nichts anders als eine unmittelbare und eigentliche Fortsetzung des jetzigen; wir nehmen unsere Denkungsart,a1 Gesinnungen und Fertigkeiten in jene Welt mit, und dort dauern alle Folgen unsrer jetzigen Gesinnungen und Handlungen fort. Röm.a2 2, /a5–12.a\a3 16. 1 Cor. 15, 58. |b85| 2 Cor. 4, 17. 5, 10. Gal. 6, 7–10. Eph. 6, 8. 1 Tim. 6, 18. 19. /ab)a\a4 Es wird daher sogleich nach dem Tode Luc. 20, 37. 38. 23, 43. 16, 22. /a27.a\ Phil. 1, |c115| 23. der Tugendhafte a5 glücklich, und der Lasterhafte a6 unglücklich, jeder genau nach der Proportion seines Verhaltens, seyn. Luc. 16, 23–25. Und /ac)a\ in diesem Zustande werden beide bleiben, bis es dereinst, zu einer Zeit,ab7 welche kein Mensch vorher wissen kanna8, 1 Thess.d9 5, 1. 2. 2d10 Petr. 3, 10.d11 Gott gefallen wird, die jetzige Einrichtung desjenigen Theils der Weltd12 den wir bewohnen, aufzuheben und zu zerstören, und dessen letztena13 oder jüngsten Tag kommen zu lassen. 2d14 Petr. 3, 7–13.d15

a1: Denkungsart a2: Röm[.] a3: 5–10. 12. a4: Hebr. 9, 27. a5: höchst a6: höchst ab7: Zeit a8: kan d9: Tess. d10: (2 d11: 10.) d12: Welt, a13: lezten d14: (2 d15: 7–13.)

93. An diesem letztena1 Tage unsrer Welt /aa)a\ werden alle Menschen, welche seit der Schöpfung verstorben sind, mit ihren aus dem Gra|d116|be wieder erweckten Leibern, 1 Cor. 15, 12.a2 ff. 35. ff. 52. 2 Cor. 4, 14. 1 Thess. 4,a3 16. die alsdann Lebenden aber mit verwandelten oder umgebildeten Körperna4, 1 Cor. 15, 51. 52. a5 1 Thess. 4, 17. wieder dargestellt werden. Joh. 5, 25. 28. 29. Act. 24, 15. /ab)a\ Diese neuen Körper

awerden aus dem Grundstoffe unsrer jetzigen entwickelt werden, und zu diesen sich verhalten, wie die Aehre zu dem ehemaligen, nun in Fäulnis übergegangenen, Saatkorn.a
|a56| 1 Cor. 15, 36–42. 50. 53. /awerdena\a6 d7 die jetzigen an Vollkommenheiten a8 /dweitd\ übertreffen, a9 1 Cor. 15, 42–50. 2 Cor. 5, 1. ff. Phil. 3, 21. undab10 d11 zu höherer Vervollkommung der Seelen, zum Genusseab12 reinerer Freuden, und zu einer ausgebreitetern /dWirksamkeitd\d13 geschickt eingerichteta14/d, und der Vergänglichkeit und Zerstörung nicht unterworfend\ /aseyn.a\a15 /d1 Cor. 15, 26. 54. Luc. 20, |c116| 36.d\ /aAuch giebt die Schrifta\a16 zu erkennena17, daß /dalsdannd\d18 manche körperliche Handlungen, wel|b86|che /djetzta19 d\ zu unsrer d20 Bestimmung und zur Erhaltung und Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts mitgehören, aufhören sollen. Luc. 20, 35. 36. 1 Cor. 6, 13. Mehr aber können wir hiervon nicht wissen/a, und brauchen es auch nichta\.

a1: lezten a2: 12 a3: 4. a4: Leibern a5: 53. a6: 54. Daß sie d7: der Vergänglichkeit und Zerstörung nicht unterworfen seyn, 1 Cor. 15, 26. 54. Luc. 20, 36. mithin a8: sehr a9: Luc. 20, 36. ab10: mithin d11: ohne Zweifel ab12: Genuße d13: Wirksamkeit, wie es unsre Bestimmung alsdann erfordern wird, a14: seyn a15: seyn werden, a16: lehrt die Schrift; welche auch a17: giebt d18: in jenem Leben a19: jezt d20: irrdischen

94. /aa)a\ An eben diesem letztena1 Tage unsrer Welt wird Jesus Christus das allgemeine Gericht über die Menschen halten, Matth. 25, 31. ff. Joh. 5, 22. 27. Act. 17, 31. 2 Cor. 5, 10. da dann alle ihre Handlungen, auch die geheimsten oder unrecht beurtheilten, die verkann|d117|te Tugend und das glänzende Laster, in ihrem wahren Lichte aufgestelltd2, Röm. 2, 12. 16. 1 Cor. 4, 5. Matth. 25, 35. 40. 42. 45. 7, 21–23. Marc. 9, 41. 42. und nebst dem Schicksale, das jeder durch seine Handlungen sich zugezogen hat, /aboffenbarab\ab3 werden sollen. Matth. 25, 34. 41. Und /ab)a\ dann erst wird, wie es scheint, (denn die Bibel unterscheidet nicht immer genau, was gleich nach dem Tode, und was erst am Ende der Welt geschehen wird),ab4 ein jeder das ganze volle Maas der /a(positiven §. 102. C.d5 109. bbd6)a\ Belohnungen und Strafen, (vergl. §. 99.a7 ff.)d8 seinem Verhalten in dem gegenwärtigen Leben gemäs, zugetheilt bekommen. |c117| Matth. 25, 46. Die Frommen werden zum Ziele der erhabnen Bestimmung des Menschen, zum gemeinschaftlichen und ewig daurenden Genusseab9 unaussprechlicher Seligkeiten gelangen;ab10 2 Cor. 4, 17. 1 Thess. 4, 17. 2 Tim. 4, 8. Hebr. 12, 22. 23. dieab11 Lasterhaf|a57|ten aber alle Ewigkeiten hindurch d12 es empfinden müssen, daß man sich äusserstab13 elend macheab14, wenn man die wohlthätigen |b87| Gesetze Gottes übertrittab15, und seiner erkannten Bestimmung entgegen handelt. Matth. 25, 46. Marc. 9, 47. 48.

a1: lezten d2: erscheinen ab3: allgemein bekannt gemacht ab4: wird,) d5: c. bd6: b. a7: 99 d8: ff.), ab9: Genuße ab10: gelangen, ab11: Die d12: (§. 111.) ab13: äuserst ab14: macht ab15: übertrit

|d118| 95. /a*)a\ Gott hat den Menschen mit den Mitteln seine hohe Bestimmung zu er|c118||d119|reichen, hinlänglich versehen. /aa)a\ Selbst das Vorstellungs- und Begehrungs-Vermö|c119|gen ist an solche /aphysische Gesetzea\a1 gebunden, welche den |b88| Menschen allmälich zu ver|c120|vollkommen geschickt sind, und die er nicht überschreiten kanna2. Weil aber eine durch /abloße unwillkührlichea\a3 Befolgung der physischen Gesetze allein erlangte Vollkommenheit, dem Menschen noch keinen moralischen Werth geben könnte, welcher ohne /ab) Freiheita\a4 sich nicht denken läßt; so ist das Begehrungsvermögen durch diese Gesetze nicht dergestalt bestimmt, daß alle vernünftige Willkühr dabey wegfiele. Denn /aα) die Begierden des Menschen sind nicht von blinden, oder (wie bey den Thieren dießd5 der Fall ist) auf gewisse |b89| Gegenstände und auf ein bestimmtes Maas eingeschränkten Trieben abhängig, sondern gehen auf alles, was |d120| gut und zur Erweiterung seiner Kräfte fördersam ist. Und diesen in seiner Natur liegenden, an sich unbestimmten,a\

awenn gleich die Erfarung lehrt, daß die Instinkte von Zeit zu Zeit auch ohne Willkühr des Menschen sich thätig erweisen; so hängt doch die grösere oder kleinere Gewalt derselben nicht nur grosentheils von dem vorhergegangenen willkührlichen Verhalten des Menschen ab, sondern es ist auch gewis, daß er durch vernünftige Vorstellungen sich selbst bestimmen und den ihm anerschaffenena
stets regen Trieb nach Glückseligkeit /akann era\ durch die Vernunft /aregieren. β) Ist auch zuweilen ein |c121| blinder Trieb ohne Willkühr des Menschen wirksam, so geschieht diesb6 doch bey solchen, die die Kultur ihres Geistes nicht vernachlässigtb7 haben, selten, und auch dann hat die größere oder kleinere Gewalt solcher Triebe großen|b90|theils in dem vorhergegangenen willkührlichen Verhalten des Menschen ihren Grund. Ferner γ) hängen zwar die Begierden zum Theil, wie bey den Thieren, von sinnlichen Empfindungen ab; aber der Mensch kann theils solchen Empfindungen, die ihn zu unrechtmäßigem Verhalten reizen möchten, häufig ausweichen, theils kann er, wenn er will, den Eindruck äusserer Dinge schwächen oder verstärken, theils sind die Empfindungen nicht die einzige Triebfeder der Begierden, sondern δ) der Mensch kann sich, weil er Vernunft hat, auch nach Vorstellungend8 die nicht zunächst vom Körper abhängen, ja durch Vorstellungen künftiger niemals empfundener Dinge, durch den Gedanken an Gott, an das Gesetz, an die Schicklichkeit oder Unschick|b91|lichkeit, Gemeinnützigkeit oder Gemeinschädlichkeitd9 einer Handlung, an noch so entfernte Folgen derselben u. s. w. bestimmen. c) Der auf sich selbst aufmerksame Mensch ist sich daher sehr oft innigst bewußt, nicht nur, daß er anders handeln sollte, |d121| sondern auch, daß er anders handeln könnte, als er handelt, und daß, wenn er dießmald10 nicht anders konn|c122|te, es seine eigne Schuld war. d) Und deshalb kann es ihm zur Pflicht gemacht werden, so zu handeln, wie er selbst gesteht nicht nur handeln zu sollen, sondern auch, wenn er es nur darnach anfängt, zu können. Und wenn er es nicht thut, kann es ihm zugerechnet und er dafür bestraft werden, so wie im entgegengesetzten Fall ihm ein moralischer Werth und Belohnung zuerkannt werden kann. e)a\a11 Und hierin besteht seinea12 moralische /aNatur, durcha\a13 welche er /azu Erreichung seiner erhabenen Bestimmung geschickt und moralischera\a14 Glückseligkeit fähig ista15.

/a*)
bBey den Belehrungen a) über die Bestimmung und Würde des Menschen, muß dahin gesehen werden, daß dem Menschen Achtung gegen sich selbst, gegen jeden, auch den geringsten, seiner Mitmenschen, und gegen die Menschheit überhaupt eingeprägt, daß manchen gangbaren aber schädlichen Vorurtheilen über unsre Bestimmung entgegen gearbeitet, daß der Ungrund des Vorwurfs, als bilde die christliche Religion nur Menschen für den Himmel und nicht für die Erde, einleuchtend gemacht, und daß das Verhältniß dieses Lebens zum künftigen ins Licht gesetzt werde. Es scheint auch hier b) der bequemste Ort zu seyn, von dem Leben nach dem Tode zu handeln, wobey aber das, was die Bibel deutlich lehret, sorgfältig von bloßen Vermuthungen und Hypothesen abzusondern ist. Die letztern überläßt man gern ihren Liebhabern, aber dem Volk müssen sie nicht als Religionslehren vorgetragen werden. Und selbst bey den Erläuterungen des bedächtlich kurzen und meist bildlichen Unterrichts der Bibel muß man sich an richtige und feste Erklärungsregeln binden. c)b
Den Menschen /ba)b\ mit seiner moralischen Natur näher bekannt zu machen, ist allerdings Pflicht des Religions|b88*| lehrers, weil gänzliche Unwissenheit hierin leicht Irrthümer, die der Religiosität und Moralität nachtheilig sind, und Unterlassung wichtiger Pflichten erzeuget. Wie weit er aber hierin zu gehen habe, muß die Fähigkeit und das Bedürfniß der Lehrlinge entscheiden. Schon erwachsenen Jünglingen, zumal aus den kultivirteren Ständen, wird inzwischen der Inhalt dieses ganzen Abschnittes /bvon einem geschickten Lehrerb\ verständlich gemacht werden können; und es scheint |c118*| dießd16 um so nöthiger, da /dmand\ von diesen Materien ind17 mancherley Büchernd18 Sätze /dausbreitetd\d19, die in ihrer Anwendung /dnur allzuleichtd\d20 schädlich werden. /bb)b\ Und da selbst achtungswerthe Philosophen über einige Punkte, z. B. über die Lehre von der Freiheit, in einem Streit befangen sind, welcher sobaldb21 wohl nicht entschieden werden möchte, /bund wenigstens beweiset, daß es hier noch Dunkelheiten gebe und keine völlige Evidenz da sey,b\ so wird man die Billigkeit haben, es dem Religionslehrer nicht für Schwäche oder blinde Anhänglichkeit an irgend ein System anzurechnen, wenn er bey der Wahl unter den streitigen Vorstellungsarten mit darauf Rücksicht nimmt, welche sich, seiner Einsicht nach, am besten mit den ihm deutlichen Lehren der Bibel, die er als einen von Gott kommenden Unterricht verehret, vereinigen lassed22, und zugleich mit den wenigsten Bedenk|b89*| lichkeiten dem Volk vorgetragen werden könne. Uebrigens ist die Sache des Religionslehrers nicht sowohl, die menschliche Freiheit zu erklären, als vielmehr so davon zu handeln, daß die Menschen einsehen, was sie thun und lassen müssen, um immer freier zu werden, und daß sie sich überzeugen, daß dießd23 möglich sey. c)b24 /dGenaue Untersuchungen über göttliche Gesetze, Belohnungen und Bestrafungen sind nicht nur an sich nützlich, da krasse Vorstellungen z. B. von Himmel und Hölle einen höchst schädlichen Einfluß auf Re|c119*| ligion und Moralität haben, sondern in unsern Zeiten haben sie auch dadurch noch mehr Wichtigkeit bekommen, daß in Schriften, welche von Jedermann gelesen werden, viel darüber gesagt und zum Theil eine Theorie davon aufgestelltb25 worden ist, welche mit dem Unterricht den die Bibel davon giebt und mit der erweislichen Schriftlehre von der Erlösung Christi u. s. w. schwerlichb26 zu vereinigen seyn möchte. Es ist daher nöthig, diese Materien, besonders die von positiven Strafen, so abzuhandeln, daß den sehr häufigen Misverständnissen und den /beben hieraus vornehmlichb\b27 entstehenden Einwürfen vorgebeugt werde, und hingegen in die Augen falle, daß unsre Lehre/b, wenn sie richtig gefaßt wird,b\ nichts Vernunftwidriges |b90*| oder Gott unanständiges enthalte. Diesen Zweck leichter zu erreichen, machen wir den Anfang von den Untersuchungen über die Belohnungen, bey welchen man gemeiniglich weniger Schwierigkeiten zu finden glaubt, auch nicht so ängstliche Blicke auf das übrige System wirft, als bey der Lehre von positiven Strafen. /bHat man, was von den Belohnungen gesagt wird, richtig gefaßt, so wird es leicht seyn, eben das auch auf die Strafen anzuwenden, und sich hierdurch von den letztern richtigere Begriffe zu bilden.b\ Was aber die natürlichen guten und schlimmen Folgen der Handlungen anlangt, so hat der Religionslehrer gute Ursachen, sie aus dem Gesichtspunkt der Be|c120*| lohnungen und Strafen zu betrachten. Der Philosoph mag sie, wenn er will, aus einem andern ansehen; ein wahrer Widerspruch scheint doch nicht statt zu haben. Es gilt gewissermaaßen auch hier, was in der Anmerk. zu §. 35. gesagt worden ist. d)b28 d\ Den bildlichen Ausdruck: Ebenbild Gottes, zu einem ganzen Artickeld29 auszuspinnen, scheint nicht rathsam. Was man dahin zu rechnen pflegte und Grund hat, kann füglich in diesem und dem folgenden Abschnitte gelegentlich mitgenommen werden.a\
a1: physische Gesetze a2: kan a3: blose a4: Freiheit d5: dies b6: dieß b7: vernachläßigt d8: Vorstellungen, d9: Schädlichkeit d10: diesmal a11: regieren kan. a12: die a13: Natur des Menschen, ohne a14: keiner moralischen a15: wäre d16: dies d17: durch d18: Bücher d19: in Umlauf kommen d20: leicht b21: so bald d22: las|d119*| sen d23: dies b24: d) b25: aufgestellet b26: schwehrlich b27: daraus b28: e) d29: Artikel

96. /aFreilich a) ist der Mensch nicht so frey, daß er auch etwas anders wollen könnte, als was er sich in dem Augenblick, da er wählen soll, als gut vorstellt. Und b) diese gegenwärtige Vorstellung, von welcher sein Wollen oder Nichtwollen abhängt, wird theils entweder unmittelbar durch eine Empfindung erweckt, oder ist ein Glied einer vielleicht weit rückwärts reichenden Ideenkette, welche sich itzt nicht mehr abändern läßt und zuletzt in einer Empfindung sich verliehrt; /dwie denn überhaupt die Empfindungen es sind, welche dem Menschen den Stoff zu seinen Vorstellungen zuführen;d\ theils hat |b92| jene Vorstellung, nach welcher der Willeb1 sich bestimmt, ihren Grund in der individuellen Fähigkeit, |c123| Richtung und Uebung des Verstandes, der Einbildungskraft, des Gedächtnisses etc. des Menschen, |d122| in der Beschaffenheit seiner gesammten Kenntnisse, in den äusern Umständen, unter welchen er sich entschließen und wählen soll, in seiner jetzigen Gemüthsstimmung, in der Erziehung, (die darum so äusserstb2 wichtig ist),bd3 in der Gewohnheit u. s. w. Allein c)a\

a{Nämlich die Begierden des Menschen sind nicht von blinden, oder (wie bey den Thieren dieß der Fall ist) auf gewisse Gegenstände und auf ein bestimmtes Maas eingeschränckten Trieben abhängig, sondern gehen auf alles, was gut und zur Erweiterung seiner Kräfte fördersam ist. Zwar hängen sie zum Theil, wie |a58| bey den Thieren, von sinnlichen Empfindungen ab, welche dem Menschen überhaupt den Stoff aller seiner Vorstellungen zuführen; aber er kan theils den Eindruck äuserer Dinge schwächen oder verstärken, theils die durch Empfindung erlangte Vorstellungen verschiedentlich bearbeiten, theils sind die Empfindungen nicht die einzige Triebfeder der Begierden, sondern der Mensch hat Vernunft und kan sich auch nach Vorstellungen, die nicht zunächst vom Körper abhängen, ja durch Vorstellungen künftiger, niemals empfundener, Dinge bestimmen. Vermöge der Einrichtung seiner Natur, kan er zwar nichts anders wollen, als was er sich in dem Augenblicke, da er wählen soll, als gut vorstellt; und seine jetzige Vorstellung, welche den Grund seines Wollens enthält, hängt an einer Ideenkette, welche sich zulezt in etwas auserhalb des Menschen verliehrt. Abera
der Mensch hat doch eine /abgewisse Gewalt über seine eigene Ideenab\ab4; er /akann, α)a\a6 vermöge der eigenthümlichen Thätigkeit seiner Seele, /adie durch die Empfindung erlangten Vorstellungen verschiedentlich bearbeiten,a\ den vorräthigen Stoff zu Ideen auf mannichfaltige Weise verbinden, trennen, und abändern; neue Beziehungen derselben auf einander entdecken, und solchergestalt der Form nach neue Ideen in sich hervorbringen, und die Reihe seiner Vorstellungen selbst anordnen. Auch /akann er sich die Fertigkeit erwerbena\a7, den ersten Eindrücken von demd8 was ihm als gut oder böse erscheint, zu widerstehen, und seine Entschließungenad9 zurückzuhalten, bis er die Gründe derselben vernünftig abgewogen hat. Hierzu kommt noch die Fähigkeit zu wissen, warum er einen Gegenstand /dso sichd\d11 vorstelle, daß gewisse Entschliessungenabd12 daraus erfolgen, und /abdas Vermögen,ab\ durch eigne Thätigkeit in eine anderea14 Lage des Körpers und des Gemüths sich zu setzen, in welcher |c124| seine Denkkraft eine andere Richtung /abekommt. Und was β) die übrigen Punkte betrift, welche auf die jedesmalige Entschließung einen Einfluß haben, so ist es nur allzuoft eigne |d123| Schuld des Menschen, daß seine Seelenkräfte, besonders sein Verstand, so |b93| wenig kultivirt, seine Einbildungskraft verwildert und mit Bildern, die seiner Tugend nachmals gefährlich werden, angefüllt ist etc. daß seine Kenntnisseb15 so klein oder schlecht oder tod sind, daß er in Umständen, welche es ihm erschwehren das wahre Gute zu wählen, sich itzt befindet, daß sein Gemüth für das Gute verstimmt ist, von allzuheftigen Leidenschaften bestürmt wird etc. daß böse Gewohnheiten überhand genommen haben, daß ferner das Gewissen übertäubt ist, das Andenken an Gott und Pflicht so selten und unvollkommen erwacht, solche Ideen, die bey der Wahl ihn richtig leiten könnten, ihm nicht geläufig sind u. s. w. Seine Lage würde itzt im kritischen Augenblick anders seyn, wenn er vormals in Zeitpunkten, da die Umstände nicht so dringend waren, böse Gewohnheiten noch nicht so tiefe Wurzel geschlagen hatten, die Leidenschaften nicht brauseten, und die Stimme des Gewissens sich lauter hören ließ, auf diese geachtet, den sich ihm anbietenden Unterricht mit weniger Leichtsinn angenommen und benutzt, über seine Pflicht und den wahren |c125| Werth der Dinge nachgedacht, alles von mehrern Seiten anzusehen sich gewöhnt, gute Vorsätze oft erneuert, in richtigen Grundsätzen sich befestigt, schlimme Gewohnheiten geschwächt, in Mäßigung seiner Begierden und Enthaltsamkeit und Selbstbeherrschung sich geübt, |d124| auf künftige Gefahren sich bereitet hätte u. d. gl. Denn durch diese und änliche Mittel kann der Mensch seine moralische Freiheit nicht nur erhalten, sondern auch immer weiter ausdehnen. Sind also gleich d) Menschen in dem Augenblick der Wahl oft wirklich unvermögend, dasjeniged16 was sie selbst in ruhigen |b94| Stunden deutlich und mit Ueberzeugung für das Beste erkennen, zu wählen, und ist also ihre Freiheit oft sehr eigeschränkt, so ist dießd17 doch meistens mehr Fehler der Menschen, als der Einrichtung der menschlichen Natur. Vergl. jedoch §. 115–117.a\a18

b1: Willen b2: äuserst bd3: ist,) ab4: gewisse Gewalt über seine eigne Ideen (a); gewisse Gewalt über seine eigene Ideen (b) a6: kan, a7: hat er das Vermögen d8: dem, ad9: Entschliesungen (a); Entschliessungen (d) d11: sich so abd12: Entschliesungen (a); Entschließungen (bd) a14: andre b15: Kenntniße d16: dasjenige, d17: dies a18: bekommt.}

97. Es hat auch Gott an mannichfaltigen Mitteln es nicht fehlen lassena1, die Menschen von dem,a2 was ihnen gut ist,a3 zu unterrichten, und ihren Willen zu Be|a59|folgung desselben moralisch zu lenken. Als der Schöpfer, Erhalter und größteab4 Wohlthäter der Menschen, der alle ihre Schicksale in seiner Gewalt hat, a5 vermöge seines Wesens nichts anders als ihr untrüglich eingesehenes Beste wollend6 /aund daher nie als Tirann, sondern nur |c126| als Vater sie behandeln kanna\a7, ist er ihr höchster unumschränkter Oberherr, a8 dem sie unbedingten Gehorsam, /anicht nura\a9 ihrer Abhängigkeit /asondern aucha\a10 ihrer eignen Glückseligkeit wegen, zu leisten verbunden sind/a, weil sein Wille mit der ewigen höchsten Regel des Besten nothwendig einerley ista\. Daher ab11 er ihr freies Verhalten durch Gesetze be|d125|stimmt, d12 welche d13 wegen der Allgenugsamkeit Gottes (§. 41.a14) auf nichts anders als das Beste der Menschen selbst /aund der Welta\ abzwecken /dkönnen. (§. 50.).a15 d\

dkönnen, Röm. 12, 2. Jes. 48, 17. 18. und schon deswegen nicht ohne unausbleiblichen Nachtheil übertreten werden können.d

a1: laßen a2: dem a3: ist ab4: gröste a5: und d6: wollen, a7: kan a8: dessen Rechte nicht durch die Rechte eines andern eingeschränkt werden können, und a9: sowohl a10: als ab11: hat d12: (§. 50.) d13: die untrüglichste Erkenntnisquelle von dem, was wahrhaft gut ist, sind, Ps. 19, 8–12. a14: 41 a15: 50.)

98. Sie sind entweder natürliche oder positive. Natürliche heißen diejenige, welche in der Natur des Menschen, in seiner wesentlichen Abhängigkeit von Gott, und in der allgemeinen Verbindung, in welche jeder Mensch mit andern Geschöpfen gesetzta1 ist, ihren Grund haben: die daher |b95| durch Aufmerksamkeit auf diese Stücke, ohne nähere /aBekanntmachungb2 (obgleich auch diese dazu kommen kann)a\a3 erkannt werden können, und allgemein und unveränderlich sind. Positive hingegen (§. 9.) sind diejenige, welche /ader Gesetzgeber um besondre Zwecke, welche nicht aus dera\a4 Natur der Dinge /aselbst bekannt sind, zu erreichen, oder auch um die Art und Weise, wie einem natürlichen Gesetz Genüge geleistet werden soll, nach seinem freien aber |c127| weisen Willen, näher zu bestimmen, gegeben hat, und welchea\a5 eben darum weder nothwendig allgemein, noch unveränderlich sind, und von Menschen nicht sicher ohne vorgängige Bekanntmachung erkannt werden können, mithin aber auch niemanden ver|d126|pflichten, dem sie ohne seine Schuld unbekannt bleiben. Sofern sie /aeinen objectivena\a6 Grund haben, und nicht anders als nach der Regel der höchsten Weisheit und Güte abgefasseta7 seyn können, (§. 45.) sind sie nicht ganz willkührlich, noch so beschaffen, daß sie eben so gut anders seyn könnten; ob es gleich kurzsichtigen Menschen bisweilen so scheinet, und sie von Gottes freiem Willen allerdings abhängen. Daß Gott dergleichen Ge|a60|setze geben könne, kanna8 nicht geleugnet werden; und daß er wirklich solche gegeben habe, lehrt die Bibel A. und N. T. Allemal aber haben sie, eben so wie die natürlichen, den Vortheil dessend9 der sie befolgtd10 zur Absicht, Act. 17, /a25. sollte es auch nur seyn, den Menschen Gelegenheit zu geben, ihre Religiosität auf eine nicht gefährliche Art zu beweisen,b11 und durch Uebung ihre frommen Gesinnungen und ihre Fertigkeit in frommen Handlungen zu stärken. Gewöhnlich aber entdeckt sich dem for|b96|schenden Blick, wenigstens durch die Folgen, auch ihre anderweitigeb12 Zweckmäßigkeit und Wohlthätigkeit (§. 9.).a\

a24. ohne daß sie ihn jemals nöthigen, wie menschliche Gesetze oft thun, sein wahres Wohl dem Vortheil andrer, oder des Ganzen, aufzuopfern.a

a1: gesezt b2: Bekanntmachung, a3: Bekanntmachung, a4: in gewissen, nicht in der allgemeinen a5: gegründeten, sondern zufälligen, Verknüpfungen ihren Grund haben, a6: in gewissen daseyenden Dingen ihren a7: abgefaßet a8: kan d9: dessen, d10: befolgt, b11: beweisen b12: anderweite

|c128| 99. Zum Gehorsam gegen die göttlichen Gesetze könnten uns /aschon diea\a1 Schönheit/a, Schicklichkeit und Gemeinnützigkeita\ der von dem Heiligsten/a, Allgütigena\ und Allweisen vorgeschriebenen Handlungen, die Hoffnung einer durch sie zu erlangenden /agrößern Aehnlichkeitbd2 a\a3 mit /adem Allervollkommenstena\a4, die Ehrfurcht vor dem Un|d127|endlichen a5, und die Liebe gegen unsern größtenab6 Wohlthäter, /aauch ohne Rücksicht auf unsern eignen Nutzen,a\ bewegen. Um aber diese Motive/a, welche auf den sinnlichen Menschen nicht stark genug wirken,a\ noch mehr zu verstärken, und solchergestalt desto kräftiger uns anzutreiben an unsrer eignen Vervollkommung /aund an dem Wohl des Ganzena\ zu arbeiten, hat Gott mit den durch die Gesetze bestimmten Handlungen Belohnungen und Strafen d7 verknüpft, a8 wel|d128|che auf die den sämmtlichena9 moralischen Eigenschaften Gottes gemäseste Art eingerichtet /asind (§. 50.)b10 a\

asind. (Ebendas.) Und da das Strafrecht Gottes nicht auf einerley Gründen mit dem Strafrechte menschlicher Regenten beruhet, und alle Unvollkommenheiten, welche den menschlichen Belohnungen und Strafen unzertrennlich ankleben, bey den göttlichen nothwendig wegfallen müssen, so kan die Beschaffenheit menschlicher Belohnungen und Strafen bey der Beurtheilung der göttlichen um so weniger zum Maasstabe sicher angenommen werden, je nachtheiliger eine verkehrte Vorstellung davon den religiösen Gesinnungen ist.a

d*) Genaue Untersuchungen über göttliche Gesetze, Belohnungen und Bestrafungen sind nicht nur an sich nützlich, da krasse Vorstellungen z. B. von Himmel und Hölle, einen höchst schädlichen Einfluß auf Religion und Moralität haben, sondern in unsern Zeiten haben sie auch dadurch noch mehr Wichtigkeit bekommen, daß in Schriften, welche von Jedermann gelesen werden, viel darüber gesagt und zum Theil eine Theorie davon aufgestellt worden ist, welche mit dem Unterricht, den die Bibel davon giebt, und mit der erweislichen Schriftlehre von der Erlösung Christi u. s. w. schwerlich zu vereinigen seyn möchte. Es ist daher nöthig, diese Materien, besonders die von positiven Strafen, so abzuhandeln, daß den sehr häufigen Misverständnissen und den eben hieraus vornehmlich entstehenden Einwürfen vorgebeugt werde, und hingegen in die Augen falle, daß unsre Lehre, wenn sie richtig gefaßt wird, nichts Vernunftwidriges oder Gott unanständiges enthalte. Diesen |d128*| Zweck leichter zu erreichen, machen wir den Anfang von den Untersuchungen über die Belohnungen, bey welchen man gemeiniglich weniger Schwierigkeiten zu finden glaubt, auch nicht so ängstliche Blicke auf das übrige System wirft, als bey der Lehre von positiven Strafen. Hat man, was von den Belohnungen gesagt wird, richtig gefaßt, so wird es leicht seyn, eben das auch auf die Strafen anzuwenden, und sich hierdurch von den letztern richtigere Begriffe zu bilden. Was aber die natürlichen guten und schlimmen Folgen der Handlungen anlangt, so hat der Religionslehrer gute Ursachen, sie aus dem Gesichtspunkt der Belohnungen und Strafen zu betrachten[.] Der Philosoph mag sie, wenn er will, aus einem andern ansehen; ein wahrer Widerspruch scheint doch nicht statt zu haben. Es gilt gewissermaaßen auch hier, was in der Anmerk. zu §. 35. gesagt worden ist.d
a1: schon, auser der bd2: Aenlichkeit a3: grösern Aenlichkeit a4: Gott a5: und Allervollkommensten ab6: grösten d7: *) a8: (§. 50.) a9: sämtlichen b10: 50.).

100. Der Zweck der Belohnungen ist, theilsa1 des physischen Guten und der Glückseligkeit unter den vernünftigen Geschöpfen mehr zu machen, und also Gottes Güte desto preiswürdiger darzustellen; theilsa2 hierdurch unsre Liebe und Dankbarkeit gegen Gott, und |a61| mithin auch unser Bestreben ihm zu gefallen, anzufeuern; theilsa3 von der Hei|c129|ligkeit Gottes, dem alles |d129| Gute, aber auch nur das Gute gefällt, und von der untadelhaften Beschaffenheit seiner Regierung uns zu /aüberzeugen: theilsa\a4 das physische und das moralische Gute so genau mit einander zu verknüpfen, daß dieses ein Mittel zu jenem seyn, und daß folglich, vermittelst des in |b97| unsre Natur gelegten Verlangens nach dem ersten, unsere Selbstliebe für das /aletztere interessirtb5 a\a6 werden möchte, und uns also die Ausübung unsrer Pflichten erleichtert würde. Denn es kanna7 und soll jede verheisene Belohnung uns zum Streben nach moralischer Güte anreizenab8; jede wirklich erhaltene aber, nicht nur bey dem, welcher sie empfängt,a9 dießd10 Bestreben erhalten und verstärken, sondern auch andere zur Nacheiferung antreiben.

a1: theils a2: theils a3: theils a4: überzeugen; theils b5: intereßirt a6: leztere intereßirt a7: kan ab8: anreitzen a9: empfängt d10: dieses

101. Auf gute Handlungen folgen theils natürliche, theils positive Belohnungena1. Die natürlichen /dsind, nach der einmal von Gott gemachten Einrichtung der Natur, unausbleiblich mit jeder guten Handlung verbunden, undd\

dsind solche gute und erfreuliche Folgen moralisch guter Handlungen, welche aus der Natur der letztern, verglichen mit der Natur des Menschen und derjenigen Dinge, welche eine natürliche Beziehung auf ihn haben, von selbst und unausbleiblich entspringen. Und wenn gleich keine besondere Veranstaltung des Gesetzgebers und Richters nöthig ist, um sie in jedem einzelnen Falle hervorzubringen, so können wir sie doch, da Gott es ist, der der Natur diese Einrichtung, nach welcher solche Handlungen solche |d130| Folgen erzeugen, gegeben hat, mit Recht als von ihm kommende Belohnungen unsers pflichtmäsigen Verhaltens ansehen. Sied
fangen schon in diesem Leben /d/aban (§. 2.).ab\ab2 Sied\d3 erstrecken sich theilsa4 auf unsere Lage in dem gesellschaftlichen Leben, auf die äuseren Glücksumstände, auf die Konstitution des Körpers, und auf den d5 Genuß d6 sinnlicher Vergnügungen; theilsa7 und vornemlichab8 auf /dunser Gemüthd\d9, indem nicht nur die |c130| Fähigkeiten d10 desselben /abdurch gute Handlungenab\ erhöhet, d11 und gute Fertigkeiten vergrößerta12 werden, sondern auch Gemüthsruhe und Zufriedenheit, nebst andern sehr mannichfaltigen höchst angenehmen Empfindungen, durch das Bewußtseyn, recht, unsrer Bestimmung gemäs, und Gott wohlgefällig gehandelt zu haben, erzeuget, erhalten, und vermehret werden. Die natürlichen Belohnungen der zweiten Art dauern in dem künftigen Leben und in alle Ewigkeit fort, und /dbreiten sich immer weiter und weiter ausd\d13.

a1: Belohnungen ab2: an. (§. 2.) d3: an, (§. 2.) und a4: theils d5: ungestörteren d6: unschädlicher a7: theils ab8: vornehmlich d9: unsern Geist d10: und Kräfte d11: das Vermögen moralisch frey zu handeln gestärkt, (§. 98. c.) a12: vergrösert d13: ziehen selbst wieder neue glückliche Folgen nach sich

|a62| 102. Positive Belohnungen /aa)a\ nennen wir diejenige, welche nicht von selbst aus der |b98| Natur der guten Handlungd1, verglichen mit der Natur des Menschen und andrer Dinge in der Welt, fließen, sondern nach dem freien Willen des Gesezgebersab2 erfolgen. /aRöm. 4, 4.a\ |d131| Ob dergleichen von Gott /ab)a\ schon /ain diesem Lebena\a3 ertheilt werden, läßt sich so leicht nicht entscheiden. Denn die Vernunft und die Erfarung lehrend4 hierüber nichts sicheres, und die Schriftstellen, welche diese Frage zu bejahen scheinen, können entweder ganz füglich auf die natürlichen guten Folgen der Tugend und Frömmigkeit gedeutet werden, 1 Tim. 4, 8. (Kap. 6, 6.) Marc[.]abd5 10, 29. 30. Sprüchw. 3, 2. ff. oder beziehen sich auf die in ihrer Art einzige Anordnung der Schicksale des jü|c131|dischen Volksa6. 5 Mos. 28. 5, 29. /a(im Hebr. 26.)a\ Jes. 1, 19. 2 Mos. /a10, 22.a\a7 Eph. 6, 2. Daß aber /ac)a\ in jener Welt zu den natürlichen Belohnungen noch positive hinzukommenab8 werden, geben die in der Bibel von dem künftigen Leben vorkommendenab9 Beschreibungen deutlich zu erkennen. Ihre eigentliche Beschaffenheit aber näher anzugeben, sind wir auser Stande. Nur so viel kanna10 man mit einiger Zuverlässigkeitab11 behaupten: α)a12 durch die Umbildung unsers jetzigen groben Körpers in einen /dweitd\ vollkommenern/ab, d13 welche man für keine natürliche Folge unsrer Gesinnungen und Handlungen halten kann,ab\ fällt die Ursache unzähligenab14 physischen Uebelsa15 weg, /ad(§. 93.)ad\ und entsteht eine Empfänglichkeit zu mehrerem physischen Guten, und /dzum reinerend\d16 Genusseab17 der natürlichen guten Folgen guter Handlungen. Ein Vortheil, von dem zwar auch der Lasterhafte nicht ganz ausgeschlossenab18 seyn wird, der aber ihn, aus an|d132|dern Ursachen, wenig oder nichts glücklicher machen /akann. β) Da wir doch in jenem Leben in irgend eine Verbindung mit andern Dingen unstreitig wieder ver|b99|setzt werden, die sich zur Beschaffenheit unsrer Gesinnungen und Handlungen nicht wie eine Wirkung zu ihrer Ursache verhält, sondern von dem freien Willen des Allgerechtend19 abhängt, d20 so wird der /dFrommed\d21 von Gott ohne Zweifela\a22 in eine solche, uns übrigens unbekannte, Ver|c132|bindung der Dinge gesetzt werden, in welcher theils die auser seinem Wesen befindlichen Hindernisseab23, seine sämmtlichena24 Kräfte zu erweitern, an Erkenntnis und moralischer Güte zuzunehmen, und die /anatürlicha\ daraus entspringende neue Glückseligkeit möglichst rein zu genießena25, wegfallen, theils nie versiegende Quellen ihm zuströmen werden, /ddurch deren ununter|a63|brochenen Gebrauch erd\d26 alle seine Kräfte ohne Ende erhöhen, Gott an Kenntnissenab27 und Gesinnungen immer änlicher werden, und daher in einem immer fortdauernden Gefühle des unaufhörlichen Zuwachses der möglichst reinen Seeligkeitab28 stehen wird. /ad)a\ Dießd29, mit den natürlichen Belohnungen in jener Welt zusammengenommen, ist es, was die Bibel ewiges Leben,a30 Joh. 3, 16. 36. Matth. 25, 46. /aRöm. 6,a\a31 23. 1 Tim. 6, 19. Seligkeit,a32 1 Petr. |d133| 1, 9. Hebr. 2,b33 10. Herrlichkeit,a34 2 Cor. 4, 17. 2 Tim. 2, 10. 1 Petr. 5, 4. Himmelreich,a35 2 Tim. 4, 1. 18. u. s. w. nennet, und unter mancherley reizendenab36 Bildern beschreibt, die aber nothwendig der Fassungskrafta37 der damaligen Menschen gemäs gewählt werden musten, und an denen man also auch nicht hangen bleiben darf.d38 z. E. Matth. 8, 11. Luc. 16, 22. 23, 43. 2 Tim. 4, 8. 1 Petr. 1, 4. u. s. w.

d1: Handlungen ab2: Gesetzgebers a3: in diesem Leben d4: lehrten abd5: Marc. a6: Volcks a7: 20, 12. ab8: hinzu kommen ab9: vorkommende a10: kan ab11: Zuverläßigkeit a12: a) d13: (§. 93. b.) ab14: unzählichen a15: Ubels d16: zu reinerem ab17: Genuße ab18: ausgeschloßen d19: Gottes d20: der schon hier unsre Schicksale anordnete, und auch dort sie mit weiser Güte bestimmen wird: d21: Fromme, wann die Zeit der Vergeltung (§. 94. b.) gekommen seyn wird, a22: kan. b) Der Fromme wird ab23: Hinderniße a24: sämtlichen a25: geniesen d26: aus denen er ununterbrochen schöpfen, und dadurch ab27: Kenntnißen ab28: Seligkeit d29: Dies a30: Leben a31: Rom. 7, a32: Seligkeit b33: 2. a34: Herrlichkeit a35: Himmelreich ab36: reitzenden a37: Faßungskraft d38: darf,

[1]03.abd1 Daß die Belohnungen in jenem Leben dem Grade unsrer moralischen Güte ge|c133|nau propor|b100|tionirtd2 seyn werden, ist gewißa3. (§. 50.) Ob aber das Mehrere oderab4 Wenigere durch ein verschiedenes Maas der positiven Belohnungen, oder allein durch den verschiedenen Grad der natürlichen, werde bewirkta5 werden, wissen wir /anicht gewiß, obgleich bey der §. 102. gegebenen Vorstellung von dem Positiven in den Belohnungen, das letztere glaublicher scheinen könnte. Aber das ist wohl sichera\a6, daß auch bey den Seligen, da doch kein Mensch ganz gut ist, /aein Theil (§. 106.) dera\a7 natürlichen Folgen ihrer nicht gesetzmäsigen Handlungen (indem die durch Christum geschehene Erlösung auf die natürlichen Folgen sich nicht geradehin beziehet /a§. 143.a\) fortdauern, und ihre Glückseligkeit, nach der gerechtesten Proportion, vermindertab8 werdend9.

abd1: 103. d2: proportionirt a3: gewis ab4: und a5: bewürkt a6: nicht; wohl aber dieß a7: die ab8: vermindern d9: werde

/a103. b. Da /ddas Strafrecht Gottes nicht auf einerley Gründen mit dem Strafrechte menschlicher Regenten beruhet, und alle Unvollkommenheiten, welche menschlichen Strafen ankleben, bey den göttlichen nothwendig wegfallen müssen,d\

dmenschliche Regenten ihr Strafrecht aus Gründen herleiten, die auf Gott nicht |d134| angewendet werden können, und da menschlichen Strafen mannichfaltige Mängel ankleben, die theils von der Unvollkommenheit aller menschlichen Dinge und Verfassungen, theils von Lokalumständen, theils von den persönlichen Eigenschaften des Regenten und Richters herrühren:d
so kann die /dBeschaffenheit menschlicher Strafend\d1 bey der Beurtheilung der göttlichen um so weniger zum Maasstabe sicher angenommen werden, je nachtheiliger eine verkehrte Vorstellung davon den religiösen Gesinnungen ist.a\

d1: Beschaffenheit menschlicher Strafen

|c134| 104. Daß Gott bey seinen Strafen /aA)a\a1 so viele Zwecke sich wirklich vorsetze, als nur dadurch zugleich erhalten werden können, dafür ist uns seine Weisheit Bürge; so wie die höchste Güte seines Willens, dafür, daß er Strafen nicht um ihrer selbst willen, noch um seinen entbrannten Zorn gleichsam abzukühlen, /anoch nach blinder Willkühr, |b101| (§. 44.)a\ beschließe, sondern sie allemal als Mittel zu |a64| Abwendung eines /agrößernd2 Uebelsa\a3 und zu Erlangung eines größerna4 Guts verhänge; also zur Vermehrung der Glückseligkeit in dem Reiche der vernünftigen Geister, durch Beförderung ihrer moralischen Güte und des Gehorsams gegen die göttlichen Gesetze, durch Aufrechthaltung des Ansehens dieser /abloß wohlthätigena\ Gesetze, d5 und durch Offenbarung der sämmtlichena6 moralischen Eigen|d135|schaften /dGottesd\d7. /aB)a\ Bey ad8 Bürgern des Staats Gottes /a1 Cor. 10, 11.a\ sollen die an einem ihrer Mitbürger, der gesündigt hat, vollzogene Strafen, bewirkena10 a) eine lebhafte Vorstellung von dem höchsten Misfallen Gottes an allem moralischen Bösen; /aRöm. 1, 18.a\ mithin tiefeab11 Verehrung des Heiligsten, und Liebe gegen das allervollkommenste Wesen; wodurch dann weiter der Eifer, ihm /absichab\ wohlgefällig ab12 zu machen, vermehrt wird. b) Einea13 lebendige Ueberzeugunga14 von der untadelhaften Regierung Gottes, der, ohne eignen Nachtheil des Thä|c135|ters, seine auf das Wohl des Ganzen abzielende Gesetzeab15 nie übertreten, noch irgend einer seiner Kreaturen einen Schaden zufügen läßt; (und jede Sünde ist, wenigstens mittelbarab16 mit Schaden für unsre Mitgeschöpfe /abverbunden). Diesab\ab17 aber soll uns zum Danka18 für die väterliche Fürsorge Gottes für unser ungestörtes Wohl ermuntern. c) Einea19 auf Induktion sich gründende Ueberzeugunga20, daß das moralische Böse jederzeit physisches Uebela21 zur Folge /dhabed\d22; durch welche Ueberzeugunga23 die so mächtige Selbstliebe erregt werden soll, dem moralischen Bösen,d24 als ein starker Damm,d25 sich entgegen /azu setzena\a26. Strafexempel sollen den der Sünde noch ergebenen |b102| schrecken, den auf der Rückkehr zum |d136| Guten begriffenen in seinem Vorsatze stärkena27, den wirklich gebesserten standhaft machen, und ganz schuldlose Geister warnen. – Bey allem dem aber muß vorausgesetzt werden, daß die Strafe als eine solche, und als von Gott verhänget, erkannt werde.

dC) Der Gestrafte selbst soll von dem höchsten Misfallen Gottes an der Sünde nachdrücklich überführet, von fernern Versündigungen zurückgehalten, und wo möglich gebessert werden.d

a1: (§. 99.) d2: grössern a3: grösern Ubels a4: grösern d5: Ps. 50, 21. a6: sämtlichen d7: Gottes, seiner weisen heiligen Güte, Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit, welche jederzeit aus seinen Strafen hervorleuchten ad8: den übrigen (a); den (d) a10: bewircken ab11: tiefste ab12: sich a13: eine a14: Uberzeugung ab15: Gesetze, ab16: mittelbar, ab17: verbunden.) Dieß a18: Danck a19: eine a20: Uberzeugung a21: Ubel d22: habe, und daß Sünde immer den Sünder unglücklich mache a23: Uberzeugung d24: Bösen d25: Damm a26: zusetzen a27: stärcken

105. /dDer Gestrafte selbst /aa)a\ soll von dem höchsten Misfallen Gottes an der Sünde nachdrücklich überfüh|a65|ret, von fernern Versündigungen zurückgehalten, und wo möglich gebessert werden. /ab)a\d\ Oba1 aber durch Strafen die zuletzta2 erwähnte /dAbsicht allemald\d3 und ohne Ausnahme wirklich erreichtd4 werde, /a(wel|c136|ches ohnehind5 eine den Christen entbehrliche *) /bSpekulation ist),b\b6 a\ |d137| entscheidet die Bibel nicht deutlich; und /awenn man auch eine endlosea\a7 Dauer der Strafen /a(§. 111.) annimmt, so kann doch auch daraus auf die verfehlte Absicht derselben und d8 unterbliebene Besserung des Gestraften nicht ganz /bzuverlässig geschlossenb\b9 a\a10 werden. /abEs scheinetd11 daher der Vermuthung, daß die Gestraften sich wirklich bessern werden, nichts sonderlich im Wege zu stehen. Gesetzt aber die Strafe bessere nichtab\ab12 allemala14, so würde es doch übereilt seyn, davon /aα)a\ einen Einwurf gegen die göttliche Weisheit /ain An|c137|ordnung der Strafenb15 a\ herzunehmen. Denn so oft wegen des freien Verhaltens der Geschöpfe die nächste Absicht Gottes nicht erfüllt /azu werden scheinta\a16, sind wir berechtiget zu schließena17, daß Gott, der dießad18 vorhergesehen und |b103| zugelassena19 hat, selbst hierdurch anderea20 höhere Zwecke zu erreichen beschlossena21 habe. Und überdießd22 ist die Besserung des Gestraften wenigstens nicht der einzige nächste Zweck der Strafe/ab, und können also, im Falle unterbleibender Besserungd23 noch auser jenen höheren Zwecken mehrere andere nähere und nächste /dZwecked\ durch die Strafe erreicht werdenab\. Eben so würde es für schwache Sterbliche zu kühn seyn, aus dem angenommenen Falle /aβ)a\ einen Einwurf gegen die göttliche Gü|d138|te zu machen, als wenn diese nicht damit bestehen könnea24, daß Gott ein vernünftiges Geschöpf zu einer Strafe verdammet, die nicht für dieses Geschöpf selbst, sondern nur für andere einen Nutzen hat. /aNur dann wäre dieser Einwurf gegründet, wenn die Strafe (welches aber unmöglich ist) unverdient und unproportionirt wäre; oder wenn Gott den Sünder zu bessern keine andre Mittel anwendete, als nur Strafen, welche ihres Zwecks verfehlen; oder wenn die von Gott verhängten Strafen, statt die Besserung zu befördern, sie hindertend25 und unmöglich machten, welches aber bey göttlichen Strafen nicht angenommen, sondern gewiß |c138| behauptet werden kann, daß die Schuld der unterbliebenen Besserung auf den Gestraften selbst zurückfalle. Ueberdießd26 kann doch der Schuldige deswegen, weil er sich durch Strafe nicht bessern lassen will, von dieser nicht freigesprochen werden; und endlich wäre es, unter den vorausgesetzten Umständen, wenn sie ja statt finden, der göttlichen Güte gemäß, das durch die Fortdauer der Strafe zu erhaltende Wohl des Ganzen, dem Wohl des einzelnen d27 Geschöpfs vorzuziehen. Wollte man aber sagen, daß Gott einem solchen Elenden, der sich nie bessert und also ewig gestraft werden muß, das Daseyn nicht hätte geben sollen, so nimtbd28 man ohne allen Beweis an, daß neben der Empfindung |b104| ewigdauernder Strafen (deren |d139| eigentliche Beschaffenheit man ohnehin nicht weiß) nicht zugleich auch der Genuß so vieles andern Guten statt haben könne, daß die Existenz für einen solchen Unglücklichen doch noch eine Wohlthat sey.a\

aDenn theils giebt Gott dem Menschen, noch auser der Strafe, viele andere Motive zur Besserung; theils kan man nicht sagen, daß von Gott verhängte Strafen die Besserung hindern oder unmöglich machen sollten, sondern die Schuld daß der Mensch nicht gebessert wird, fällt gewis allemal auf ihn selbst zurück; theils straft Gott gewis nie unproportionirt; theils kan der Sünder doch nicht ganz ungestraft bleiben; theils muß, unter diesen Umständen, das Wohl des einzelnen Geschöpfs dem Wohl des Ganzen nachstehen.}a

/a*) Sie wird hier nur deswegen erwähnt, weil solche, die ewigdauernde Strafen, nach den Ausdrücken der Bibel, behaupten zu müssen glauben, leicht durch die Frage: ob denn die Gestraften sich bessern werden, oder nicht? entweder in ihrem Glauben an die Bibel, /bwelche nach ihrer Einsicht ewige Strafen lehret,b\ oder an den göttlichen Eigenschaften/b, denen es zu widersprechen scheint, daß Gott ewig, ohne doch seinen Zweck zu erreichen, strafe,b\ irre gemacht werden können. /bBekommt der Religionslehrer mit solchen Personen zu thun, so kann er die im Paragraph enthaltened29 Bemerkungen nützen. Der ganzen Schwierigkeit aber entgehen diejenigen, welche entweder keine ewig|d137*| dauernde positive Strafen annehmen, oder sich dieselben so, wie §. 109. und 111. gelehret werden wird, vorstellen.b\a\
a1: {Ob a2: zulezt d3: Absicht allemal d4: erreicht d5: ohne b6: Speculation ist,) a7: aus einer endlosen d8: auf b9: zuverläßig geschloßen a10: kan auch nichts ganz zuverläßiges geschloßen d11: scheint ab12: Sollte aber auch die Strafe nicht (a); Gesetzt aber die Strafe besserte nicht (b) a14: bessern b15: Strafe a16: wird a17: schliessen ad18: dies a19: zugelaßen a20: andre a21: beschloßen d22: überdies d23: Besserung, a24: könnte d25: verhinderten d26: Ueberdies d27: durch seine eigene Schuld unverbesserlichen bd28: nimmt d29: enthaltenen

106. Natürliche Strafen /aa) nennt mana\a1 d2 solche physische Uebel, welche ohne weitere Veranstaltung des Gesetzgebers, aus der Natur jeder bösen Handlung, verglichen mit der Natur des Menschen und derer Dinged3 die na|a66|türlich eine Beziehung auf ihn haben, von selbst und unausbleiblich für den Thäter entspringen. /ab)a\ Schon in diesem Leben äu|c139|sern sie sich, theilsa4 in Absicht unsrer Lage in dem gesellschaftlichen Leben, der äusern Glücksumstände, des Körpers, und des Genussesab5 sinnlicher Vergnügungen; theilsa6 und vornemlichab7 in Absicht auf /dunser Gemüthd\d8. Denn, nicht zu gedenken, daß sündliche Handlungen nicht selten die physische Verstärkung unsrer Geisteskräfte hindern, so vermehren sie die Gewalt unordentlicher sinnlicher Triebe und /dNeigungen;a9 d\d10 verstärken böse Fertigkeiten, berauben uns der Gemüthsruhe und Zufriedenheit, stören d11 unsre intellektuelle Vergnügungen, und verursachen, erhalten und vermehrena12 durch das Bewußtseyna13 unrecht, unserera14 Bestimmung entgegen, und Gott unserm /aSchöpfer, Wohlthäter unda\ Oberherrn |d140| misfällig gehandelt zu haben, sehr mannichfaltige höchst unangenehme Empfindungen, z. B. der Schaam, der Furcht u. s. w. /ac)a\ Die natürlichen Strafen der zweiten Art daurend15 in dem künftigen Leben ab16 in alle Ewigkeit, sogar in /dgewissem Maased\d17 auch nach erfolgter Besse|b105|rung, fort, und /dbreiten sichd\d18, wenn nichts dazwischen kommt, /dimmer weiter ausd\d19.

a1: sind d2: (vergl. §. 101) d3: Dinge, a4: theils ab5: Genußes a6: theils ab7: vornehmlich d8: unsern Geist ad9: Neigungen, (a); Neigungen, vermindern unsre moralische Freiheit (§. 96. c. β.) (d) d11: selbst a12: vermehren, a13: Bewustseyn a14: unsrer d15: dauern ab16: und d17: gewissen Maaße d18: haben selbst wieder d19: neue traurige Folgen für den Menschen

107. Positive Strafen /aa)a\ sind d1 solche physische Uebel, welche nicht anders als durch eine /dbesondere Veranstaltungd\d2 des Gesetzgebers und /dRichters,a3 d\d4 zu den natürlichen bösen Folgen einer unrechtmäßigena5 Handlung /dhinzukom|c140|men.d\

dhinzukommen, und daher, weil sie nicht in der Natur der Dinge selbst gegründet sind, nach Befinden erlaßen werden können.d
/ab)a\ Wenn dergleichen von Gott verhängetd6 werden, so sind sie gewißa7 allemal nach den Regeln der höchsten Weisheit und Güte, nicht nach einer blinden Willkühr bestimmt, und haben alle Eigenschaftend8 göttlicher Strafen überhaupt (§. 99. 104.) an sich; /ac)a\ können aber entweder nach dem unter Gottes Regierung stehenden natürlichen Laufe der Dinge bewirkt werden: in welchem Falle jedoch eine vorgängige oder mit der Vollziehung verbundene Erklärung geschehen muß, daß es wirk|a67|liche Strafen seyend9; oder sie erfolgen durch irgend eine unmittelbare Wirkung Gottes.

d1: (vergl. §. 102.) d2: besondere, von der freien Entschließung ad3: Richters (a); Richters abhängende Veranstaltung (d) a5: unrechtmäsigen d6: verhängt a7: gewis d8: Vollkommenheiten d9: seyn

|d141| 108. Daß es /aa)a\ überhaupt positive Strafen gebe, wird theils durch mancherley Betrachtungen über die Natur /aund d1 Wirksamkeita\ der andern Art von /dStrafen wahrscheinlich,d\

dStrafen, und durch den Umstand, daß der Sünder die natürlichen Strafen desto weniger, als solche, empfindet, je ruchloser, abgehärteter und Gottesvergessener er ist, wahrscheinlich;d
theils durch manche in der Bibel erzählte Beispiele bestätiget,ad2 1 Mos. 6, 13. 2 Sam. 12, 10. 11. 14. Act. 5, 5. 9. 1 Cor. 5, 3. 4. 5. theils durch
ddie Lehre der Schrift, daß das Leben nach dem Tode ein Stand der Vergeltung seyn solle, noch glaublicher gemacht, indem der natürlichen Strafen dort sogar weniger seyn werden, als hier; theils durchd
die so oft wiederhohlte und deutliche Versicherung der Bibel gewißa4, daß Gott Sünden vergebe, welchesb5 nicht bloßa6 von Verwandlung der natürlichen Strafen in heilsame Züchtigungen, oder von Aufhebung einiger natürlichen, aber zugleich moralisch bösen Folgen der Sünde, (der d7 geistlichen Strafen) z. B. |b106| der Furcht vor Gott etc. sondern hauptsächlich von Erlassung positiver |c141| /dStrafend\d8 verstanden werden muß; wozu man noch die biblischen Stellen setzen kanna9, in welchen es heißt, d10 Christus, der Unschuldigste, /dhabe für uns Strafe erlittend\d11. Daß aber /ab)a\ schon in diesem Leben |d142| auf Sünden positive Strafen folgen, /aα) kanna\a12 man mit nicht mehrerer Gewißheit, und nur unter änlichen /aEinschränkungen bejahenb13a\a14, als bey den Belohnungen, (§. 102.a15) und das aus eben denselben Gründen. /aβ)a\ Sehr übereilt aber ist es, wofern keine besondere göttliche Erklärung darüber da ist, gewisse Unglücksfälle /d(sogenannte Strafgerichte)d\d16 welche aus natürlichen Ursachen einzelne Personen oder ganze d17 Länder treffen, für solche Strafen auszugeben; ob sie gleich unter Gottes Regierung allerdings zu Vermehrung des moralisch Guten und Verminderung des moralisch Bösen mitwirken können und sollen. /aγ) Besondersa\a18 muß man sich /ahiebey, wenn man nicht den Begriff von Strafen ganz verwirren und die ungegründete Meinung von Strafgerichten unterhalten will,a\ hüten, die übeln Folgen des Physischen /a(Materiellen)a\ einer unrechtmäsigen Handlung, welche bald natürlich, bald auch bloßa19 zufällig sind, /aund daher wohl /boftb\ für positiv gehalten werden,a\ mit den Folgen des Moralischen /a(Formellen)a\ derselben zu verwechseln. Nur die /aletzten könnena\a20 als Strafen /abetrachtet werdena\a21; die ersten nicht/a, wenn sie gleich noch so auffallend und |c142| ungewöhnlich seyn, und daher von vielen für göttliche Strafen angesehen werden solltena\. Denn nur moralische Handlungen, und zwar so ferne sie moralisch sind, können bestraft oder belohnt werden.

d1: geringe ad2: bestätigt, (a); bestätiget; (d) a4: gewis b5: welche a6: blos d7: sogenannten d8: Strafen, als welche eigentlich allein erlassen werden können, a9: kan d10: die Leiden, welche d11: erduldet habe, seyen als eine Strafe, die er für unsre Sünde erlidten, anzusehen a12: kan b13: behaupten a14: Einschränckungen behaupten a15: 102 d16: sogenannte Strafgerichte, d17: Gegenden und a18: Eben so a19: blos a20: lezten sind a21: zu betrachten

|a68| |b107| |d143| 109. Von der eigentlichen Beschaffenheit der positiven Strafen in jenem Leben, /ahat uns Gott, nach seiner Weisheit,a\a1 nur einiges wenige /aAllgemeine wissen lassena\a2 (vergl. §. /d102.).d\d3 Wir haben nämlich /aA)a\ guten Grund zu glauben, a) daß durch den Tod und die mit dem Körper /adurch Gottes Veranstaltunga\ vorgehende großea4 Veränderung, dem Lasterhaften die Quelle entzogen wird, aus welcher er in diesem Leben fast alle seine angenehmed5 Empfindungen schöpfted6, wodurch er sich gegen die Gewissensbisse, und gegen andre aus der Sünde entspringende böse Folgen, fühllos machte. b) Die Verdammten/ab, welche gewisd7 in jenem Leben eben so wie in diesem mit tausenderley Dingen umgeben seyn werden, die auf sie wirken,ab\ werden in eine solche, uns übrigens unbekannte, Verbindung der Dinge /a/bdurch Gottes Veranstaltungb\b8 gesetzta\a9 werden, /a(§. /d103.d\d10)a\ welche verursachet, daß sie sowohl die Grausen erregende Abscheulichkeit ihrer den wohlthätigsten Gesetzen Gottes, ihres höchsten Oberherrn und größtena11 Wohlthäters, zuwiderlaufenden Handlungen, auf das lebhaf|c143|testea12 sich vorstellen und empfinden, als auch die höchst unangenehmen natürlichen Folgen, die sie sich dadurchd13 theils negativ theils positivd14 zugezogen haben, in ihrem ganzen Umfange fühlen müssen. c) Das Bewustseyn alle diese leicht vermeidlichen /aund durch jene positiven Veranstaltungen /b(ad15 und b)b\ erst recht fühlbar gewordenena\ Uebel sich |d144| selbst zugezogen zu haben, aller dagegen in Händen gehabten Mittel ungeachteta16, wird sie höchst unglücklich machen; gewißa17 unendlich unglücklicher, als in diesem Leben der heftigste d18 körperliche Schmerz jemand machen /akann /b*)b\a\a19. Ob aber /aB)a\ zu allem diesem noch etwas mehreres, z. B. der Natur ihrer Leiber angemessene körperliche Schmerzen etc. hinzukommen werden, darüber |b108| läßt sich nichtsa20 sagen. Doch hat man /aauf alle Fällea\ keine unendliche Intension der peinigenden Empfindungen anzunehmen, welche vielmehr in ihrem Grade nach dem Grade der Moralität der begangenen Sünden sich genau richten wird. Luc. 12, 47. 48. d21 Auch ist kein Grund da zu leugnen, daß die natürlichen guten Folgen guter Handlungen, (weil doch kein Mensch ganz böse ist) auch selbst bey den Verdammten fortdauern werden. /dvergl. §. 103.d\

/ab*) Sollten nicht bey dieser Vorstellungsart von positiven Strafen, welcher die Bibel keinesweges entgegen ist, die Schwierigkeiten, die man sonst bey der Sache findet, so ziemlich von selbst wegfallen?ab\
a1: wissen wir a2: Allgemeine. d3: 102. c) a4: grose d5: angenehmen d6: schöpfen d7: gewiß b8: von Gott a9: gesezt d10: 102. c. β. a11: grösten a12: allerlebhafteste d13: dadurch, d14: positiv, d15: a) a16: ohnerachtet a17: gewis d18: bloß a19: kan a20: wenig d21: Vergl. §. 103.

|a69| |c144| 110. Den gesammtena1 unglückseligen Zustand der Bestraften in jenem Leben, fasseta2 die Bibel zusammen, wenn sie von der Hölle (γεεννα nicht ᾁδης) Matth. 10, 28. 18, 9. 23, 33. Marc. 9, 47. 48. der ewigen Strafe, Matth. 25, 46. dem ewigen Verderben, 2 Thess. 1, 9. |d145| und der Quaal oder Pein, Luc. 16, 23. 24. 25. redet, und unter dem Bilde eines ewigen Feuers, Matth. 18, 8. Marc. 9, 48. Luc. 16, 24. Matth. 13, 42. und andern änlichen, Entsetzen erregenden, Bildern /a(die also auch für nichts anders als Bilder zu nehmen sind)a\ ihn beschreibet. Marc. 9, 48. Apocal. 21, 8.

a1: gesamten a2: faßet

111. Die Strafen der Verdammten werden endlos seyn, oder ewig dauern. Matth. 25, 41. 46. 2 Thess. 1, 9. Marc. 9, 48. Denn so viel ist doch /aa)a\ ganz unleugbar, /abund muß dem Volke fleißig eingeschärfet werden,ab\ daß ein großera1 Theil der natürlichen Strafen so beschaffen ist, daß weder der Tod, noch Besserung, noch irgend etwas anders, auser der Vernichtung des Sünders, oder einer unmittelbaren Wirkung der Allmacht, ihnen ein Ende machen kann. Eben so kanna2 man auch nicht füglich anders denken, als daß, |b109| selbst /ain dem nicht unwahrscheinlichen (§.d3 105.)a\a4 Falle der Besserung, der Zustand des Gebesserten, vergleichungsweise, zu dem Zustande |c145| des sogleich zur Seligkeit gelangten immer fort ungefähra5 eben so sich verhalten werde, wie sich Anfangs bey ihrem Eintritte in die Ewigkeit jener gegen diesen verhielt. /ab)a\ Ob aber, und in /dwie fernd\d6, auch das Positive der göttlichen Strafen von unendlicher Dauer seyn werde, kanna7 man wohl unentschieden lassen, ohne den angeführten Schriftstellen, oder irgend ei|d146|ner Glaubenswahrheitd8 zu nahe zu treten. Doch würde es zu kühn seyn, wenn man behaupten wollte /ab*)ab\, daß endlose positive Strafen durchaus den göttlichen Eigenschaften widersprächenb9 /a(§. 105.).b10 a\ Denn α)a11 wir kennen die Natur und eigentliche Beschaffenheit der künftigen /apositivena\ Strafen viel zu wenig, um hierüber sicher urtheilen zu /akönnen, und nach der §. 109. gegebenen Vorstellung von denselben, ist ihre ewige Fortdauer gar nichts widersprechendes oder unwahrscheinliches; β) gesetzt, daß im Falle |c146| der Besserung die positiven Strafen aufhören sollten, so folgt doch noch nicht, daß die in jener Welt erst Gebesserten an denjenigenb12 positiven Belohnungen Antheil bekommen werden, die denen verheisen sind, welche noch in diesem Leben sich bessern; die Ausschließung aber von positiven Belohnungen kann als eine fortdauernde positive Strafe angesehen werden; γ) vorausgesetzt, daß der Gestrafte sich bessere, so führt seine Besserung unausbleiblich ihre natürliche Belohnung |d147| mit sich, und schon hierdurch wird eine gerechte Proportion erhalten; δ) sollte er aber sich nicht bessern, so widerspricht die Fortdauer der Strafe den Eigenschaf|b110|ten Gottes d13 nicht; (§. 105.) und überhaupt ε)a\a14 wenn Gott wirklich ewige Strafen verhängt, so dürfen wir /des ihm zutrauen, daß seine Weisheit Mittel /abwisseab\ab15, sie mit seiner Güte zu vereinigend\d16.

/ab*) Inzwischen thun es doch viele; vermuthlich, weil sie sich von diesen Strafen andere Begriffe machen, als wir. Weil nun vielen gutgesinnten Christen dergleichen Behauptungen bedenklich und anstössig scheinen, so muß der Volkslehrer im Stande seyn, solchen Personen d17 Belehrung darüber zu ertheilen. Auserdem aber gehören dergleichen Untersuchungen für die Schule, und nicht in die Kirche.ab\
a1: groser a2: kan d3: a4: im a5: ohngefehr d6: wiefern a7: kan d8: Religionswahrheit b9: widersprächen. b10: 105.) a11: a) b12: denienigen d13: dennoch a14: können; b) der Nutzen, der für andere vernünftige Geschöpfe daraus entstehen |a70| mag, kan von uns nicht übersehen werden; c) ab15: wissen werde d16: versichert seyn, daß sie auf eine seiner höchsten Güte und Weisheit gemäse Art eingerichtet seyn werden d17: allenfalls