Wie ein gütiger Vater den nötigen Ernst immer mit Freundlichkeit mildert; oder, wie ein weiser Arzt die herben Arzeneien mit wohlschmeckenden Sachen mischetc2 um sie dem weichlichen Kranken ohne Widerwillen beizubringen: so hüllet hier Jesus die bittere Wahrheit von dem Unglauben, und dem /bdaraus fliessendenb\ ∥b3 Unglück der Juden, in diese Gleichniß-Rede ein. An der Tafel eines vornehmen Juden, von der Sectec4 der heuchlerischen und stolzen Pharisäer, sprach er diese Warnung fürc5 dem Unglauben, der Verachtung seiner von Gott gekommenen Religion aus, indem er {S. /cvers 1.b6 c\ ∥c7 } die künftigen Schicksahle derselben bei den Juden, unter dem Bilde eines Gastmahls erzälet.
Kaum verdienten diese schändliche Menschen, die Pharisäer, eine solche Schonung! Wer kan es ohne Widerwillen sehen, wenn sie sogar das Heiligthum der Freundschaft zu einem Fallstrick der Unschuld machen.c8 Sie laden Jesum zu Gaste, bloß weil sie auf ihn hielten, ihm ein Wort, eine That abzulocken suchtenc9 welches sie zu sei|a14|nem Schaden brauchen könten! Wenn sie so im dunkelnc10 schleichen, listige Entwürfe wider ihren Freund machen; {/cvers 2.b11 c\ ∥c12 vergl. v.c13 1} einen Wassersüchtigen heimlich bestellen, |b14| |c14| um ihn zu berücken! Wenn sie gar die guten Eigenschaften ihres Freundes brauchen, um ihn in Fallen zu locken: denn sie kanten das gütige, menschenfreundliche Herz Jesu, welches nie einen Elenden ohne Hülfe ließ, welches jeden Augenblick für verlohren hielt, wo nicht ein Mensch erfreuet worden! Wenn sie niederträchtig dem Volk schmeicheln, um Jesum zu stürzen! Sie wälen gerade einen Sabbath: denn die Juden, und besonders der grosse Haufe hielte, wie sie noch jezt thun, auf die Sabbaths-Feier bis zum Aberglauben. Wenn sie, nach Art aller Heuchler, Mücken durchseigen und Kameele verschlucken; in Kleinigkeiten pünctlichc14, und in grossen Dingen desto gelinder sind; am Sabbath nicht arbeitetenc15, aber desto ruhiger die Häuser der Wittwen und Waisen frassenc16! {/cV. 3.b17 c\ ∥c18 } Wenn sie auf die Frage des Redlichen und Gütigen, der keine Verstellung kentc19, und niemand gern beleidigen will, so heimtückisch schweigen! Und wenn diese Männer, die als Muster der Tugend, als Heilige angebetet seyn wollen, {/cvers 7.b20 c\ ∥c21 } so kindisch nach Rang und Vorsiz streben! – So erniedriget, so schändet derc22 Neid |a15| den Menschen. Keine That ist so niederträchtig, so schwarz, so schändlichc23 zu der wir nicht aufgelegt sind, so bald wir uns dieser niedrigen, unseeligen Neigung überlassen!
Und dieses Gastmahl war noch dazu, bei ihnen ein Stück des Gottesdienstes. Sie, reich an Zusäzen zu Gottesc24 Gebothen, pflegten am Sabbath immer ein Gastmahl auszurichten; und prächtiger als sonst an den gemeinen Tagen, zu essen und zu trinken. Dies nanten sie, den Sab|b15|bathc25 ehren. Und für solche Gastmahle hoften sie so gar, Lohn von Gottc26. – So ungereimte, schändliche Verdreher der Gesezeb27 Gottesc28 waren diese Heuchler!
Diese ungereimte Meinung widerleget Jesus versc29 12−14. Er tadelt es nicht, Gastmahle anzustellen; auch am Sabbath: {versc30 1} er selbst war ja bei einem solchen Sabbaths-Mahle zugegen. Er tadelt es nicht, seine Bekandtebc31 Freunde, Verwandte, und die Reichen einzuladen. Nur erinnert er, daß dies alles keine Tugend, keine That sey, die Ruhm und Lohn verdiene; keine That worüber man Ursache habe von sich gut zu denken, und von Gottc32 Lohn zu erwarten. Wohltätigkeitc33, uneigennüzige Wohltätigkeitc34, dies sey das Mittel sich Gottc35 gefällig zu machen, und seinesc36 |a16| Gnaden Lohns im Himmel zu versichern. {versbc37 12} Wenn du ein Mittags- oder Abendmahl machest, so lade nicht deine Freunde, noch deine Brüder, noch deine Gefreundten, noch deine Nachbarnc39, die da reich sind; auf daß sie dich nicht etwa wieder laden, und dir vergolten werde. Allec40 Vergeltung, die du vernünftiger weise hievon erwarten kanst, ist daß deine Gäste dich wieder zu Gaste bitten.c41 {v.c42 13[.] 14.bc43 } Sondern wenn du ein Mahl machest, so lade die Armen, die Krüppel, die Lahmen, die Blinden. So bist du seligc44: denn sie haben dir nicht zu vergelten; es wird dir aber vergolten werden in der Auferstehung der Gerechten. Aberc45 ohne Eigennuz, ohne Hinsicht auf sich selbst wohlthun; das ist es was uns Gottesc46 Beifall und Belohnung sichert.c47
|b16| |c16| Hier nun, da Jesus von dem Sabbaths-Gastmahl redete, brach einer seiner Mitgäste in die Ausrufung aus: {/cversb48 15c\ ∥c49 } Seelig ist der das Brod isset im Reiche Gottes! (derc50 ein Gast ist an der Tafel im Himmel!c51) – Solte manc52 nicht glauben, dieser Pharisäer sey lauter Heiligkeit, sey immer voll von dem grossen Gedanken, von Gottc53 und der Ewigkeit? Wie sezet er alles mit der Religion in Verbindung! Wie fromm ist seine Spra|a17|che! Allein die Pharisäer waren Meister in der Heuchelei. Sie verstanden die Kunst aus dem Grunde, mit andächtelnder, fromm-scheinender Sprache sich in die Gemüter und Häuser der Menschen einzuschleichen, und über ihre Gewissen zu herrschen. Der Ausruf paßte sich zwar auf das, wovon geredet ward (v.c54 12−14) ganz und gar nicht. Aber er war doch fromm-scheinend. Und dies war esc55 was der Pharisäer suchte. – Wenn denn ein /cMensch Gottc\ ∥c56 und den Heiland stets im Munde füret; immer, zur Zeit und zur Unzeit davon spricht; und die Religion in den Umgang mit andern, mit Gewalt herbei ziehet: den fliehe! Er ist ein Heuchler!
Die Antwort auf jenen andächtig-scheinenden Spruch des Pharisäers giebt Jesus in der /bcGleichniß Redebc\ ∥bc57 von einem Gastmahl. Er zeigt, wie überflüßig, und unglücklich-gewält er sey. Ueberflüßig; da es in jedes Menschen Gewalt stehec58 im Himmel ein Gast zu seyn.bc59 (zur ewigen Seligkeitc60 zu kommen)bc61 Unglücklich-gewält; da er nirgends unschicklicher sey als im Munde der Juden, welche so recht vorsäzlich diese Seligkeitc62 von sich stiessen.
|b17| |c17| Seinec63 Religion, dies ist der Inhalt der Gleichniß-Rede, dieser Weg zur Seeligkeit |a18| bei Gott, werde zwar zuerst den Juden geprediget; von ihnen aber gering geachtet, und unter allerlei nichtigen Vorwänden verworfen /cwerden. versb64 c\ ∥c65 16−20. – Jesus sprach zu ihm;bc66 Es war ein Menschc67 der machte ein groß Abendmahl und lud viel dazu. Er ließ sie also schon einige Zeit vorher dazu einladen. Und sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls,c68 (genauer, hierauf sandte er seinen Knecht, zur Zeit, am Tage des Gastmahls) zu sagen den Geladenen: Kommet, denn es ist alles bereit. Und sie fiengen anc69 alle nach einander sich zu entschuldigen.bc70 (richtiger, aber sie /bcallebc\ verbaten es /ceinmütig)b72 derc\ ∥c73 eine sprach ich habe einen Acker gekauft,bc74 (genauer, ich kaufe einen Acker, ich stehe jezobc75 im Handel wegen eines Ackers)bc76 und muß hinaus /cgehen,b77 undc\ ∥c78 ihn ∥c79 besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. Der andere sprach: Ich habe fünf /bcJoch Ochsen gekauft,bc\ ∥bc80 (ich kaufe, stehe jezobc81 im Handel)bc82 Und der dritte /bcsprach ichbc\ ∥bc83 habe ein Weib genommen,bc84 (ich will jezo mich verehelichen)bc85 darum kan ich nicht kommen. – Wie nichtig war das alles! Sie wusten es vorher, sie waren schon einmahl eingeladen und konten ihre Geschäfte darnach einrichten. Sie kamen |a19| also nicht, weil sie nicht kommen wolten, weil sie den Herrenc86 und sein Gastmahl geringschäzetenbc87 oder verachteten.
|b18| Jedochc88, färt unser Heiland fort, dieser Unglaube der Juden werde die Welt seiner |c18| wohltätigenc89 Religion nicht berauben. Sondern nunmehro solle sie den Samaritern und Heiden, allen Völkern der Erde ohne Unterschied geprediget werden. Und werde auch bei ihnen eine günstigere Aufnahme finden. v. 21−23.c90 – – Und der Knecht kam, und sagte das seinem Herrn wieder. Da ward der Hausherr zornig, und sprach zu seinem Knechte: Gehe aus bald auf die Strassen und Gassen der Stadt; und führe die Armen, und Krüppel, und Lahmen, und Blinden herein. Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hastbc91 es ist aber noch Raum da. Und der Herr sprach zu dem Knechte: Gehe aus auf die Landstrassen, und an die Zäune; und nöthige sie herein zu kommen,bc92 (das gewönliche Wort bei Einladungen zum Gastmahl, /czu denenc\ ∥c93 man die Gäste /cbittetc\ ∥c94, nicht aber mit Gewalt /czwinget)c\
|b19| Hingegenc100, so schließt die /cGleichnis-Rede, jenec\ ∥c101 Verächter würden nun auch aller Vortheile seiner Religion verlustig gehen.c102 – – {/cv. 24.b103 c\ ∥c104 } Ich sage euch aber, daß der Männer keiner, die geladen sind, mein Abendmahl schmecken (geniessen,bc105) wird. – – Nichts kan gerechter seyn! Diese Verächter kanten die Religion Jesu. Sie ward ihnen mit so einleuchtenden Beweisen dargethan, daß sie nichts dagegen zu sagen vermogten. Bloß durch Laster-Liebe verschlossen sie ihr den Eingang in die Seele.
Alles traf pünktlich ein, was Jesus hier vorhergesagtbc106. Die Apostel predigten zu allererst den Juden das Evangelium. Diese aber, aus Neid gegen die Heiden, denen die Religion auch geprediget ward, verwarfen sie, wolten sie nicht einmahl hören, und wurden gar die grausamsten Feinde und Verfolger der Apostel und ersten Christen. |a21| Apostelbc107 Gesch. 13, 45. 46. Kap. 22, 21. 22. Röm. 11, 28. 1 Thessal. 2, 14−16. Plözlich brachen nun die fürchterlichen Strafen Gottesc108 ein, die schon {5 Buch Mos. 29 /bundc109 30.b\ ∥b110 } Moses ihnen, im Fall des Ungehorsams angekündiget. Ihre Hauptstadt, und ihr ganzer Staat ward aufs schrecklichste zerstöret, und das Volk durch alle Länder der Erde, gleichsam als Gefangene zertreuet.
Noch immer gehen diese Unglückliche unter uns herum, als Denkmahle der Gerechtigkeit Gottesc111 an der einen Seite, und der fast zur Grausamkeit steigenden Härte der Christen, an der andern. Es ist wahr, die Straf-Gerichte des |b20| |c20| /cAllmächtigen druckenc\ ∥c112 sie schwer. Aber berechtiget uns das – /cuns, Christen,c\ ∥c113 Schüler des Jesuc114 der auch für seine Mörder so gar betete, Vater vergieb ihnen, denn sie wissen nicht was sie thun.c115 – Berechtiget uns das, sie zu verachten, zu hassen, auf alle Weise zu drücken? Bedauren solten wir sie,c116 ihre Verblendung und Elend beweinen,c117 sie als unsre Brüder mit Liebe zu gewinnen suchen,c118 an ihrem Beispiele Gehorsam lernen,c119 und mit /cInbrunst um Beschleunigung der frohen Zeit beten, woc\ ∥c120 das ganze Israelbc121 durch Annehmung des Christenthums, glücklich /cwerden sollc\ ∥c122. Dies solten wir thun, wenn wir anders Christen seyn wollen! Römer XI.
|a22| ⌇Diese Gleichnis-Redec123 Jesu ist folglichc124 eine /cWeissagung von den Schicksahlen seiner Religion unter den damahligen Juden und Heidenc\ ∥c125. So wohl der ganze Inhalt, als auch die Geschichte sezen das ausser Zweifel. Mehr als dieses wolte Jesus damit nicht lehren. Und es ist ganz unnüzc126 zu fragen, was der Acker,c127 die fünf Joch /cOchsen,c\ ∥c128 das Weib bedeuten? Dies alles sind nur Zierathen der Rede, um der Erzälung Wahrscheinlichkeit, Anmuth,c129 und Leben zu geben.
Auch für uns ist diese Geschichte lehrreich genug. Sie muß uns innige Dankbahrkeit gegen Gottc130 einflössen, welcher uns Heiden,bc131 zu seinem Gastmahl eingeladen,c132 uns die Bibel in die Hände gegeben, und dadurch zur Erkentnißbc133 der Religion Jesu Christi gebracht. – Sie |b21| |c21| muß uns fleißiger in Erlernung, folgsamer in Annehmung, und treuer in Ausübung dieser seeligsten Religion machen;bc134 damit nicht die Gerechtigkeit Gottesc135 auch uns in Unwissenheit, Aberglauben und Laster fallen lasse. – Sie muß uns zur demütigen Lobpreisung der unermeslichen Güte /cGottesc\ ∥c136 füren, welcher alles gethan um uns zu beglücken. Gehen wir nun verlohren: so haben wir niemand als uns selbst anzuklagen.bc137 u. s. f.
|a23| So viel Gutes können wir aus dieser Rede Jesu lernen, wenn wir auch bloß bei ihrem nächsten Inhalt stehen bleiben. Doch dürfen wir allerdings, sie durch Betrachtungen darüber, und Verbindung mit andern Stellen der Bibel uns noch fruchtbahrer machen. – Welch eine Unschuld, welche Klugheit und Vorsicht, was für eine durchgängige Reinigkeit sehen wir hier in dem Wandel unsers Heilandes? Selbst seine geschwornec138 Feinde, die Pharisäer; sie die so scharfsichtig waren, denen hundert Hände und Augen zu Gebothe stunden, welche durch ihr Ansehen das Volk beherrscheten, und bis zum Unsinn gegen Jesum erbittert waren; selbst diese wissen weiter nichts gegen ihn aufzubringen, als daß er /cam Sabbath heilec\ ∥c139: wissen keine andere Versuchung für Jesum, als die; – /cwohlzuthun. versc\ ∥c140 1. 2. – Und dieser Jesus, ist unser Heiland, unser Herr und Muster! So müssen auch wir, selbst den Schein des Bösen meiden. 1 Thessalon. 5, 23. So muß auch uns, Eifer in edlen gemeinnüzigen Thaten, |b22| |c22| unter unsern Nebenmenschen auszeichnen. Titum 2, 14.
Und diese seine ärgsten Feinde behandelt Jesus, mit so viel Schonung. Um ihnen die unangenehme Wahrheit von der Verwerfung und |a24| Bestrafung ihrer Nation zu mildern, kleidet er sie in ein Gleichniß ein. – Wo solte diese Tugend gemeiner seyn, als unter /cChristen, welchec\ ∥c141, wofern sie anders dies in der That sind, nie zu beleidigenc142 sondern immer zu bessern und zu beglücken /csuchen; denenc\ ∥c143 Eine {Jacobi 5, /c/b19.b\ ∥b144 20c\ ∥c145 } Seele vom Tode retten und Sünden verhindern, über alles /cgehet; beic\ ∥c146 denen – Vergnügen und Wohlthun der Zweck aller Gesinnungen und Handlungen ist?c147
Was war es, das diese zuerst eingeladene des Gastmahls beraubte und dem Zorn des Hausherrn aussezte? – Verwickelung in die Güter der Welt! – Diese Güter der Welt, Reichthum, Ansehen, Macht u. s. w. sind allerdings schäzbahr. Sie sind Gottesc148 Geschöpfe, und Geschenke. Sie sind Mittel, mehrerec149 und edlere Tugendthaten zu verrichten. Sie froh,c150 dankbahr gegen Gott,c151 und wohltätig gegen seine Neben-Menschen brauchen; das ist Recht,bc152 und Pflicht. 1 Timoth. 4, 1−5. – Aber sie sind auch flüchtig,c153 tausend Zufällen unterworfen; und überhaupt unzulänglich unsern unsterblichen Geist zu sättigen; auch nicht selten uns in der That schädlich, indem sie uns in Sünde und (welches einerlei ist) ∥c154 Unglück stürzen. So müssen wir uns denn, in diese Güter der Erde nie verwickeln; |b23| |c23| sie nie so nahe mit unserm Her|a25|zen verbinden daß ihr Verlust unser Herz verwunde; sie immer in einiger Entfernung von uns halten; kurz, alle Güter der Erde, nicht als Sclavenc155, sondern als Herren derselben besizen und gebrauchen. {1 Cor.c156 7, 30.bc157 31} „Diejenigen die Ehefrauen habenbc158 müssen seyn, als hätten sie sie nicht; die da weinen, als weineten sie nichtbc159 und die sich freuenbc160 als freueten sie sich nicht; die da kaufen, als besässen sie es nicht; und die die Welt gebrauchen, als gebrauchten sie sie nicht.“ Das heißt: Alle Güter dieser Welt, besizen und brauchen, mit dem lebhaften Gefül ihrer Nichtigkeit, und mit der beständigen /bcEntschlossenheit siebc\ ∥bc161 so bald es Gott gefälltbc162 aufzuopfern: dies ist Weisheit! oder Christenthum!
Aber das Christenthum ist gar nicht den Geschäften der Welt entgegen. Die zuerst geladenec163 hätten ja immer das Landgut kaufen, in den Ehestand treten, und dennoch dem Gastmahle beiwohnen können. Die Welt ist kein Werk des Teufelsc164 sondern Gottesc165. Die Stände, die Aemter, die Geschäfte darin sind Seinec166 Anordnung. Welt und Gott; weltlich und geistlich sind also nicht widersprechende Dinge: wenn die Bibel sie einander entgegenstellet, so spricht sie immer von der /cdamahligen lasterhaftenc\ ∥c167 Welt. Ja|a26|cob.bc168 4, 4. vergl. Ephes. 4, 17−24. 1 Petri 4, 2−4. Das Christenthum und weltliche Geschäfte können gar wohl beisammen stehen. Doch was sage ich, beisammen stehen? – Die treue und fromme Ausrichtung unserer Berufs- |b24| |c24| und Standes-Geschäfte ist ein Hauptstück des Christenthums. Und das Christenthum bestehet in nichts anders, als daß es alle unsere weltliche Handlungen, unsere Geschäfte, Ergözungen, Mahlzeiten, Gesellschaften, /cunser ganzes Leben zu einem Gottesdienst machtc\ ∥c170. „In dem Berufsfleiß seyd nicht träge; sondern brünstigen Geistes; und thut eure Geschäfte als einen Dienst Gottesc171![“] Röm. /bc12[,] 11bc\ ∥bc172 – „Ein jeglicher bleibe in dem Beruf und Stande worein ihn Gottc173 gesezt. Bist du ein Knecht berufen, sorge dir nicht: doch kanst du frey werden, so brauch des viel lieber. Denn wer ∥c174 ein Knecht berufenc175 ist inc176 dem Herrn, der ist ein Gefreyter des Herrn: desselbigen gleichen wer ein freyerbc177 berufen ist, der ist ein Knecht Christi. Ihr seyd theuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechtebc178. Ein jeglicher, lieben Brüder, worinnen er berufen /bcistbc\, darinnen bleibe er /cbey Gottc\.[“] 1 Cor.c179 7, 20–24. „Ihr esset oder trinkt, oder was ihr thut: so thut /bcesbc\ alles zur Ehre Gottesc180.[“] 1 Cor.c181 10, 31.
|a27| Wie aber können wir, unser ganzes Leben zu einem Gottesdienstc182 machen, wenn wir nicht richtig lernen was Gottc183 beib184 jeder Handlung von uns fordert; wenn wir nicht die Mittel und Kräfte brauchen die uns die Religion darreichet? Insbesondere erinnert uns das Betragen der Menschen in dem Texte, an die Geringeschäzungbc185 und Verachtung des grossen, reichen Gastmahles Gottesc186 welches Erc187 jedem von uns anbiethet, – des heiligen Abendmahls. Man kan sich keine stärkere Versicherung von unserm Antheil an Gottc188 bei einem tugendreichen Glauben, keine kräftigere Stärkung |b25| |c25| aller Tugenden,c189 und insbesondere einer allgemeinen, herzlichen und grosmütigen Menschen-Liebe /cdenkenc\ ∥c190. – Das /cheilige Abendmahlc\ ∥c191 ist ein dankbahres, feierliches,bc192 und frohes Bekentniß des Kreuzestodes Jesu;bc193 eine sinlichec194 Versicherung des würdigen Communicantenc195 von seinem Antheil an diesem Tode und Verdienste Jesu; ein sehr kräftiges Mittel uns die Sünde abscheulich zu machen und zur Liebe aller Tugenden zu leiten; eine sehr grosse Stärkung, und Uebung unserer Menschen-Liebe. Was kan einem wahren Freunde Gottesc196, der Tugend,bc197 und der Menschen wichtiger seyn?
|a28| {Römerbc198 3, 29 Ephes.bc199 4, 6} Gott ist nicht allein der Juden Gott, sondern auch der Heiden Gott. Der Gott und Vater aller Menschen. Er sendetc200 auch auf die Landstrassen, um alles zu seinem Mahle einzuladen, damit – Sein Haußbc201 voll werde. Nicht bloß die Protestanten; nicht bloß die Christen; sondern alle Menschen sind also, das Reich Gottesc202, die Familie Gottes. Bloß unsre /bcGlaubens Brüderbc\ ∥bc203, bloß die Christen lieben, das ist also nicht Menschen-c204 sondern Partheien-Liebec205. Wahre Menschen-Liebe erstrecket sich auf alles was Mensch istbc206 – Und eine solche {Gal. 5. ∥bc207 6. 1 /cCor. 13.b208 c\ ∥c209 } allgemeine, herzliche, grosmütigec210 und unwandelbahre Menschen-Liebe, ist das sicherste Kenzeichenc211 unsers wahren Glaubens; der Gottc212 gefälligste Dank für seinec213 Wohlthaten; die edelste Zierde und Beschäftigung der Seeligen im Himmel; und das Siegel einer seeligen Ewigkeit. Nur solche Menschen-Freunde werden dereinst Gäste an der Tafel Gottesc214 im Himmel seyn!z\