Nach überstandener {Matth.bc1 4, 1−11bc3 } Versuchung vom Teufel trat der Herr Jesus, als Lehrer, öffentlich unter den Juden auf. In der Landschaft Judäa, − (Palästina, das Land der Juden, ward zu den Zeiten Jesu, in dreybc4 Landschaften getheilt: Judäa, Samaria,b5 und Galiläa. Dies war das Land an der West-Seite des Jordans. Das Land jenseitsbc6 dieses Flusses, auf der Ost-Seite desselben, hieß Peraeabc7) − legte Johannes der Täufer vier feierliche Zeugnisse von ihm ab. (Joh. 1, 15−47bc9) Gleich darauf reisete Jesus nach Galiläa, der Landschaft zurück; wo er, zu Nazareth erzogen worden. Hier eröfnete er sein Lehr-Amt so gleich mit Wunder-Thaten: und mit Berufung seiner Apostel und Jünger.
„Es begab sich.[“] (vers /c1b10) Lucasc\ ∥c11 bestimmt also keine Zeit bei dieser Begebenheit. Er schaltet sie bloß gelegentlich, wie es seine Absicht fordert, ein. Aus Matthäo aber, Kap. 4, 18−Endebc12 verglichen mit vers 1−17,bc13 und Marcoc14 1, 1−19bc15 sehen wir, daß sie bald nach dem Anfange seines Lehr-Amtes, und Rükkunftbc16 in Galiläam geschehen. − {v. 1.} Einsmahls also drang |b61| |c61| sich das Volk zu ihm die Lehre Gottes (die Religion) zu hörenbc17 Jesus aber stand damahls eben am See Genezaret. Dieser Land-See, hat den Nahmen von der angrenzendenbc18 Gegend Gennesar Matth. 14, 34. Die Evangelisten nennen ihn auch, den |a62| Galiläischen See; denn er liegt an der Landschaft Galiläa;bc19 Matth. 4, 18bc20 auch den See von Tiberias; so hieß nämlich die anliegende Stadt Johan.bc21 6, 1. Die Landschaft Galiläa war der fruchtbahrste und volkreichste Theil von Palästina. Sie war fast einem beständigen Garten änlich: zehn Monathe im Jahr stand alles im Flor. Der kleinste Flecken darin hatte zwölf tausend Einwohner. Ein so blühendes Land; angefüllt mit Menschen; voll von Römern, der damahls am meisten gesitteten Nation, ein Land wo die Handlung blühete /bcund Verstandbc\ und ∥c22 Sitten der Einwohner verfeinerte − kan man das, wie die schmäsüchtigen Einwohner von Judäa thaten, und noch jezo die Feinde der Religion thun, einen abgelegenen Winkel, und seine Nationc23 ein dummes Volk nennen? War das nicht /bc− einbc\ ∥bc24 schicklicher Schauplaz der Wunder Jesuc25? Schicklicher nochbc26 als Judäa und Jerusalem?
{v. 2bc27 } Undbc28 sahe (da sahe Jesus) zweybc29 Schiffe (Fischer-Boote) am See stehen. {siehe versbc30 10. /bcund 11 Matth.bc\ ∥bc31 4, 18. 21. Marc.c33 1, /bc16. 19bc\ ∥bc34 } Das eine gehörte Petro und seinem Bruder Andreas: das zweite Jacoboc35 und seinem Bruder Johannes. Die Fischer aber waren ausgetreten und wuschen ihre Neze. {v. 3−7bc36 } Jesus nun trat in der Schiffe eines, welches Simonis war; und bat ihn, daß ers ein wenig vom Lande |b62| |c62| führete. Und er satztebc37 sich, und lehrete das Volk aus dem Schiff. Und als er hatte aufgehöret zu reden, sprach er zu Simon: fahret auf die Höhe, tiefer hinein in den See, und werfet eure Netzebc38 aus, daß ihr einen Zug thut. Und Simon antwortete, und sprach zu ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht |a63| gearbeitet, und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich das Netzbc39 auswerfen. Und da sie das thaten, beschlossen sie eine grosse Menge Fische, und ihr Netzbc40 zerriß. Und sie winkten ihren Gesellen, die im andern Schiff waren, dem Jacoboc41 und Johanni nebst ihren Leuten, daß sie kämen, und hülfen ihnen ziehen. Und sie kamen, und fülleten beydebc42 Schiffe voll, also, daß sie sunken. − Das Wunder hiebeib43, bestand nicht darin daß Jesus etwa Fische geschaffen. Sondern, daß bloß auf seinen Macht-Spruch, eine so erstaunlich grosse Menge, sich gerade an dem Ort und zu der Zeit versamletec44. {v. 8−10.} Da das Simon Petrus sahe, fiel er Jesu zu den Knien, und sprach:c45 Herr, gehe von mir hinaus, ich bin ein sündiger Mensch. Denn es war ihn ein Schrecken ankommen, und alle, die mit ihm waren, über diesem Fischzug, den sie mit einander gethan hatten; Desselbigen gleichen auch Jacobumc46 und Johannem, die Söhne Zebedäi, Simonis Gesellen. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht; denn von nun an wirst du Menschen fahen. „Inskünftigebc47 solst du eine viel edlere Beschäftigung haben. Menschen |b63| |c63| zum Gehorsam gegen die Religion zu bringen, dazu berufe ich dich.“ − {/bcvers 11bc\ ∥bc48 } Und sie führetenbc49 die Schiffe zu Lande, und verliessen alles, und folgeten ihm nach. Nämlich Petrus mit seinem Bruder Andreas: nebst den zwei Brüdern, Jacobusc50 und Johannes.
Hier sehen wir alles würdig einem Gesandten Gottesc51. Jesus gebeut: und die Natur gehorchet, und leistet augenblicklich Gehorsam. Schaaren von |a64| Fischen strömen,bc52 in dem Augenblick herbei. Alles dies geschiehet in einem volkreichen Lande, an einem öffentlichen Plaz, im Angesicht vieler Menschen. Und was war der Zweck dieses Wunders? Menschen von seiner göttlichen Sendung an die Welt zu überzeugen: Apostel zu bestellen, Prediger einer Religion; welche Gottc53 so höchst anständigc54 und der Welt unaussprechlich heilsam ist. − Er, Jesusbc55 ist also ein Gesandter Gottes. Seine Lehre ist {v. 1.} Gottes Lehre!c56
Nicht bloß, für unsern Glauben, sondern auch für unser Leben ist diese Geschichte lehrreich. − /c{/bvers 5b\ ∥b57 }c\ Die ganze Nacht hatte Petrus vergebens gearbeitet: es war also unwahrscheinlichbc58 daß er nun am Tage einen reichen Fang thun werde. Dies, und was sonst noch für Zweifel eine klügelnde Vernünftelei erdenken mochte, verleugnet er, so bald Jesusc59 sprach. Und das verschafte ihm reichen Seegen und Lohn. So müssen auch wir, bei unbegreiflichen Befehlen /cGottes, Befehlenb60 c\ ∥c61 deren Weisheit und Heilsamkeit wir nicht einsehen, unsre Zweifel seinemc62 Ansehen demütig unterwerfen. So bald die nie irrende Weisheit |b64| |c64| spricht: da ist zweifeln gegen ihre Sprüche nicht Vernunft, sondern Unverstand. Genau prüfen, ob sie redet? Und sodenn, wie Abraham, unverzüglich gehorchen. Das ist Pflicht,b63 und Vernunft!
Wenn, ferner, {versbc64 8.} Petrus, erstaunt über den Reichthum des Seegensbc65 der ihm zu Theil ward, sogleich an seine Unwürdigkeit denkt: so ist das auch für uns ein schönes Beispiel. Von Gottc66 können wir gar nichts verdienen. Wir, die wir Ihm,bc67 ganz, mit allem was wir sind und haben, zugehören! Und wenn wir Seinc69 Gesez so vollkom|a65|men gehaltenc70 daß gar nichts fehlet: so müssen wir sagen;bc71 {Lucä 17, 10c72 } Herr wir sind geringe Knechte. Wir haben nichts weiter gethan als was wir zu thun schuldig waren! − Wie schön stehet /besb\ uns denn an, mit allen Fürungen Gottesc73 zufrieden zu seyn! Bei jedem Gutenbc74 das wir hier geniessen, mit Petro zu bekennen,b75 Herr ich bin ein sündiger Mensch! Und in die Lobpreisung Jacobsc76 einzustimmen: Herr ich bin unwerth auch des geringsten Guten das du mir giebest! Dies fodertbc77 Vernunft und Gerechtigkeit. Und dies wird uns auch zum würdigen Gebrauch unsrer Gaben leiten!
Dem Willen Gottesbc78 müssen wir auch alle, noch so schäzbahre Güter der Erde, willig und froh aufopfern. So verliessen hier Petrus und seine Mit-Gesellen, auf Jesuc79 Befehl, alles ihr zeitliches Vermögen, und folgten ihm nach. Dies ist die feierlichste Huldigung Gottesc80, wenn wir so, durch die That bekennen, daß Erc81 Licht schaffen kan wo Nacht ist, und selbst |b65| |c65| den grösten Verlust zum reichsten Gewinn zu machen vermag. Dies Vertrauen ward schon dem {Römerbc82 4, 20–22.} Abraham, als Verdienst angerechnet. Wie unendlich muß die Liebe Gottesc83 seyn, da Ihmc84 Vertrauen zu Ihmc85 so überaus wohlgefälltbc86!
Nur gar zu geneigt sind wir Menschen allenthalben Wunder zu wünschen und zu erwarten. Der Kranke, der Niedrige schmeichelt sich mit der Hofnung, Gottc87 werde ihn ohne Mittel gesund machen; und aus dem Staube empor heben. Und wenn man vom Seegen Gottes bei seinen Arbeiten und Unternehmungen spricht: so denkt man sich gemeiniglich,bc88 eine unmittelbahre Darzwischenkunft |a66| der Gottheitc89 dabei. Ist denn etwac90 das tägliche Aufgehen und Untergehen der Sonne, ein geringerer Beweiß der Macht Gottesc91, als das Stillestehen derselben? Ist es weniger schwer, diese ungeheuren Massen, die Erdec92 und /cHimmelskörperb93 c\ ∥c94 in regelmässigenbc95 Lauf-Bahnen zu erhalten, als sie in ihrem Lauf zu hemmen? Ist es nicht ein gleicher Beweiß der Macht; Heil-Kräfte in die Pflanzen,bc96 und Gewächse zu legen; als den Kranken durch einen Macht-Spruch gesund zu machen? Zeuget das järliche Wachsen des Getraides und der Nahrung, nicht eben so sehr von Gottesc97 Macht, als wenn erc98 sie vom Himmel herab regnen ließ? ∥c99 Wunder verherrlichen Gottc100 bei weitenbc101 nicht so sehr, als der gewönliche regelmässigebc102 Lauf der Dinge. Denn jene sind nur Beweise seinerc103 Macht: diese aber auch zu gleicher Zeit Beweise seinerc104 Weisheit. Nirgends hat uns /cdaher Gottc\ ∥c105 Wunder |b66| |c66| zu unsrer Erhaltung und Beglückung versprochen. Erc106 hat uns vielmehr an den fleissigenbc107 und klugen Gebrauch der Mittel der Natur gewiesen, welcher Erc108 einmahl ihre Geseze gegeben und ihren Gang vorgezeichnet ∥c109. – Also einen solchen wundertätigen Seegen in unserm Beruf und Stande, dergleichen hier Petro zu Theil ward, haben wir gar nicht zu hoffen. – Aber stehen denn unsre Geschäfte und Schicksahle, gar nicht unter der Aufsicht und dem Seegen Gottesc110?
Dies wird uns der mit dem Evangelio verbundene {Pred. Sal. 9, 10–12.} Ausspruch Salomons lehren. Eine der schwierigen Stellen in der Bibel, welche vernünftigen Freunden der Religion manche Zweifel verursachet, und von ihren Feinden nicht wenig gemishandelt wird!
|a67| Bei den Geschäften dieses Lebens giebt es, wie die Erfahrung lehret, zweyc111 grosse Abwege, worauf sich eine Menge von Menschen verirren. Einige leben in einem eingebildeten, thörigten, abergläubigen Vertrauen auf Gott dahin: erwarten ihre Nahrung, Versorgung, und alles, in Faulheit und Trägheit, nur von Gottc112; ohne in Seinec113 Ordnung sich zu begebenbc114 und die von /cihm bestimmtec\ ∥c115 Mittel zu brauchen. Andere hingegen erwarten von ihmc116 nichts. Sondern rastloß arbeiten sie, und suchen, in profaner Gottes-Vergessenheit, alles nur durch ihren Fleiß, Macht und Klugheit zu erringen. Fürc117 beiden Lastern, dem abergläubigen Vertrauen des Faulen; so wie der Gottes-Vergessenheit des Vereitelten, zu warnen: und im Ge|b67||c67|gentheil, einen emsigen, klugen und gewissenhaften Fleiß, verbunden mit einem demütigen Vertrauen auf Gott zu empfehlen: dies ist /cder Inhaltc\ ∥c118 dieser Stelle.
{/bcvers 10bc\ ∥bc119 } Alles, so warnet Salomo den Faulen fürc120 dem abergläubigen Vertrauen auf Gottc121, – – alles was dir vor Handen komt zu thun, das thue frisch.c122 (aus allen deinen Kräften.) – „Eben diesbc123 daß es dir vor Handen komt zu thun, ist eine Anweisung /cdes Gottesc\ ∥c124 der alles regieret. Ein ausdrücklicher Befehl an dichc125 es zu thun. So thue es denn, aus allen deinen Kräften. Nicht obenhin; nicht verdrossen; /bcnicht unbesonnen;bc\ nicht gewissenloß. Sondern mit Lust; mit Anstrengung so gut als dir möglich; mit kluger Vorsicht; und mit strenger Gewissenhaftigkeit.“
Denn in der Hölle, (genauer, im Reich des Todes, im Grabe; wie Luther eben dieses |a68| Wort 1 Buch Mos. 37, /bc35 übersezetbc\ ∥bc126:) da du hinfärest, ist weder Werk, Kunst, Vernunft, noch Weisheit.
„Sterben must du ja; in das Reich des Todes, das Grab gehen, wohin alle deine Vorfahren gegangen. Aber nach dem Tode giebt es keine fernere Vorbereitung mehr: da hilft kein Werk, Kunst, Verstand und Weisheit weiter. Was du hier ausgesäet, das und nichts anders wirst du dort einerndten. Was du hier eingesamletc127, das und nichts anders wirst du dort geniessen. – Gleich einem verständigen Landmann versäume also die Zeit der Bestel|b68||c68|lung nicht. Denn plözlich komt der Winter. Und sodenn ist alle deine Mühe, und Sorge, und Kunst, und Schweiß vergebens.“
{versbc128 11. 12bc129 } Ich wandte mich und sahe wie es unter der Sonnen zugehet. Mit andern Worten: „Nachdem ich die Thorheit jener Faulen gesehen, wandte ich mich und sahe an der andern Seite, eine eben so grosse Thorheit; nämlich die stolze Selbst-Genügsamkeit, die profane Gottes-Vergessenheit.[“]bc130 – Ich wandte mich und sahebc131 daß zum Laufen nicht hilft schnell seyn. Diese Uebersezung ist unbequem. Allerdings hilft zum Laufen,bc132 das Schnellseynbc133; zum Kriegen das Starkseynbc134. Salomo selbst hatte es ja unmittelbahr vorher erinnert. v. 10. Seinc135 Ausspruch heist ∥c136 im deutschenc137 so: ich sahe, daß der Lauf nicht der Schnellen, der Krieg nicht ∥bc138 der Starken ist.bc139 u. s. w.
Der Lauf ist nicht der Schnellen, das heist, er stehet nicht in ihrer Gewalt: wie 1 Samuelbc140 17, 47bc141 gesagt wird, „der Sieg ist des Herrn; ∥c142 er stehet in Gottesc143 Gewalt.“ Und nun ist dieser |a69| Ausspruch Salomons eben das, was uns die tägliche Erfahrung in tausend Beispielen lehret. Die Schnellen haben den Lauf nicht in ihrer Gewalt. Denn der Schnelleste kan gleiten, straucheln, zu Boden stürzen, in Ohnmacht fallen. Und so geschiehet es denn, daß der Allerlangsamste ihm zuvorkomt, und früherbc144 als erbc145 das Ziel erreichet.
Zum Streit hilft nicht stark seyn, oder richtiger: Die Mächtigen, Gewaltigen, haben |b69| |c69| den Krieg nicht in ihrer Gewalt. Es können sich tausend mahl tausend Dinge ereignen, die den Mächtigen hindern, seine Macht zu brauchen,c146 oder die Wirkung davon vereiteln. Und solchergestalt geschiehet es denn, daß tausend von zehnenc147 geschlagen, und zehntausend von hundert aufgerieben werden.
Zur Nahrung hilft nicht geschickt seyn; zum Reichthum hilft nicht klug seyn. Richtiger übersezt: die Geschickten und Klugen haben den Ueberfluß, ja selbst die nothdürftige Nahrung nicht in ihrer Gewalt. Denn unzälichebc148 Dinge können wider ihr Vermuthen und Wollen geschehen, welche alles ihr Geschick und Klugheit zu nichte machen.
Daß einer angenehm sey, dazu hilft nichtbc149 daß er ein Ding wohl könne. Die Geschickten und Verständigen haben die Gunst der Könige und andrerc150 Menschen nicht in ihrer Gewalt. Tausend Dinge können dem weit weniger Geschickten, dem Einfältigen gar, den Vorzug fürc151 ihnen verschaffen.
Sondern alles liegt an der Zeit und Glück. Genauer.bc152 Zeit und Glück begegnet ihnen allen: oder, sie stehen alle unter Zeit und |a70| Glück. Bei jeder Unternehmung der Menschen hängt der Fortgang und Erfolg grossentheils von der Zeit, /cwennehr?b153 c\ ∥c154 unter was für Umständen sie geschieht? und vom Glück, den unversehenen Ereignissen ab, welche der Unverstand der Menschen, Zufall oder Glück zu nennen pflegt.
|b70| |c70| {versbc155 12.} Auchc156 weiß der Mensch seine Zeit, die Zeit seines Todes, nicht. Sondern wie die Fische gefangen werden mit einem schädlichen, verderblichen, Hamen, und wie die Vögel mit dem Strick gefangen werden: so werden auch die Menschen berücket zur bösen Zeit, wenn sie plözlich über sie fällt; „so kömt auch über den Menschen, der Todt unversehen, und unvermeidlich. In der vollen Geschäftigkeit, seine grossen klugen mächtigen Anschläge auszufüren, reistc157 ihn der Todt dahin, und zernichtet alle Entwürfe seiner Klugheit und Macht.“
Was kan einleuchtender seyn, als dieser Beweiß einerbc158 alles-sehenden und alles-regierenden Vorsehung.bc159 Auch die besten Mittel der Klugheit, gepaart mit der grösten Macht und dem eifrigsten Fleißbc160 richten ofte nichts aus; haben gar keinen, ja einen gerade widersprechenden Erfolg. Ganz unerwartete, und nicht selten, uns unbekandte Umstände, geben den menschlichen Angelegenheiten eine aller irrdischen Weisheit ganz unerwartete und unerklärliche Wendung. Der Schnelle bleibt zurück, und der Langsame, Schwerfällige komt zuerst ans Ziel. Der Schwache sieget, und der sehr viel Mächtigere wird zu Grunde gerichtet. – Dies nun hat die beiden so gemeinen, in der That ganz sinnlosen und abgeschmackten Worte, Zufall, oder Glück, und Schicksal veranlasset. |a71| Sinnloß und abgeschmackt! Denn ∥c161 wie ungereimt würde es seynbc162 von einem Hause, oder einer Stadt, deren Ursprung uns unbekandt ist, zu sagen;bc163 dieses Hauß und diese Stadt sey |b71| |c71| durch einen Zufall, durch ein Schicksal,c164 – das heißt, durch ein Nichtsc165 – entstanden.c166
Gerade dieses Unerwartete und Unerklärliche in dem Lauf der menschlichen Angelegenheiten, dies was der Unverstand, Zufall und Schicksahl nennt, ist ein augenscheinlicher Beweiß einer allwaltendenc167 Vorsehung. Wäre der Erfolg und Ausgang immer unsrer Klugheit, Fleißc168 und Stärke angemessen;bc169 käme der Schnelle, immer, ohne einzige Ausnahme, am ersten zum Ziel; erhielte der Mächtige, ohne Ausnahme immer /bdenb\ Sieg; wäre der Weise,bc170 immer angesehen und reich; wüste der Kluge den Augenblick seines Todes pünktlich vorher: so könte es scheinen, daß die Dinge in der Welt bloß sich selbst überlassen seyn, daß der /cSchöpfer sichc\ ∥c171 um die Regierung der von ihmc172 geschafnen Welt nicht bekümmere. Da es aber ofte ganz umgekehrt gehet; da der Schnelle,bc173 niemahls den Lauf; der Mächtige niemahls den Sieg; der Kluge niemahls den Ueberfluß in seiner Gewalt hat; sondern Zeit und Zufall, das heistbc174, unerwartete, unvorhergesehenec175 und unvermeidliche Begebenheiten, den Fort- und Ausgang aller menschlichen Unternehmungen bestimmen: so ist dieses ein sonnenklarer Beweiß;bc176 daß die höhere,bc177 unsichtbare Hand des Schöpfersc178 sich in die menschlichenb179 Angelegenheiten menget; daß Gott den Lauf aller unsrer Unternehmungen und Begebenheiten, den Anfang, Fort- und Ausgang jedes unsrer Geschäfte, bemerket, anordnetc180 und nach Seinem Willen lenket.
|a72| |b72| |c72| Und so sind wir zu der grossen Wahrheit geleitet, die allein /bcunsbc\ bei unsern Geschäften, die wahre Weisheit lehret: daß, nämlich, alle unsre Geschäftec181 lediglich von Gottes Seegen abhängen. – Gottc182 allein ist es, welcher uns 1) die Kräfte, 2) die Gelegenheiten zu unsern Geschäften giebt. 3) /cErc\ ∥c183 allein regieret den Fort- und Ausgang jeder Arbeit. Dies ist es, was wir uns unter dem Seegen Gottes bei unsern Berufs-b184 und Standes-Geschäften, zu denken haben.
Gott allein ist es, der uns die Kräfte giebt arbeiten zu können. Dieser Gebrauch unsrer Augen, Ohren, und andrerbc185 Sinne; diese Hände, Füsse, und übrige Glieder unsers Leibes; diese Gesundheit und Munterkeit; die Sprache; die Vernunft, /cGedächtniß,c\ ∥c186 kurz, alle die mannigfaltigen Glieder und Kräfte des Leibes und der Seelebc187 die uns in den Stand sezen, die Arbeiten der Hände und des Kopfs auszurichten: von wem sind sie andersbc188 als von Gottc189?
Du Handwerks-Mann! wie würdest du deine Hand-Arbeiten verrichten? Geschäftige Haus-Frau und zärtliche Mutter! Wiec190 würdest du deine Kinder tragen,bc191 und pflegen, und dein Hauswesenbc192 anordnen? Krieges-Held! wie würdest du für das Vaterland fechten? Kauf- und Handels-Mann! wie würdest du Waaren verschreiben, und absezen, und Rechnungen füren? Gelehrter! wie würdest du in die Geheimnisse der Künste und Wissenschaften dringen, und sie andernc193 lehren können? – – wenn du gleich einem |b73| |c73| Stein und Holz gebildet wärest! Oder ein Schlagfluß deine Augen blind gemachtbc194 und deine Hände und Füssec195 und Zunge ge|a73|lämet! Oder ein unglücklicher Fall dein Gehirn beschädigetc196 und den Verstand verrücket hätte! – – O so bleibe denn nicht, gleich dem unvernünftigen Thier, an dem klebenbc197 was du vor dir siehest! So hebe denn, diese gesundec198 Augen, diese geschäftigen Hände, dein reges Herz, deinen denkenden Geist, erhebe sie, als Mensch, zum Himmel empor! Verehre und preise demütig und dankvoll /cden Gottc\ ∥c199, durch den wir {Apostelgesch.bc200 17, 28bc201 } leben, beweget werden und sind!
Doch! alle diese so grosse, so wundervolle Kräftebc202 was würden sie uns helfen, wenn wir nicht auch die Gelegenheiten zu unsern Geschäften fänden! Lebten wir in einem Lande, wo innerer Krieg, Raubenc203 und Morden alle Ordnung zerstöret und alle gesellschaftliche Verbindung zerreißt; oder hätten Mangel der Bekandtschaft, mächtige Factionenc204, und änliche Dinge, uns die Beförderung zu einem Amte und Plaz unmöglich gemacht; oder fiele das Ansehen unsrer Stadt: so würden wir bei allen unsern Kräften und Geschick zum Arbeiten, dennoch ohne Geschäfte lebenbc205 und auf der Folter des Müssiggangesbc206 liegen. Alles dieses nun, jede Gelegenheit zu einem Gewinn, einer Arbeit, einem Geschäfte, hänget abermahls lediglich – von Gottc207 ab. /cDem Gottc\ ∥c208, welcher {Apostelgesch.bc209 17, 26.} gemachtbc210 daß von einem Blut das ganze Menschen-Geschlecht auf der Erde entstanden; und jedem Menschen Grenze und Ziel bestimtc211, wo? und wie lange? er leben soll.
|b74| |c74| Hauptsächlich aber zeiget sich der Seegen Gottesc212, bei dem Fort- und Ausgange unsrer Arbeiten. – Dieser Fortgang und Erfolg unsrer Geschäfte hänget von einer Menge Ursachen und Umstände ab, die weder wir noch irgend ein Mo|a74|narch und Mensch, die alle Mächte der ganzen Welt zusammengenommen, nicht in ihrer Gewalt haben. Der einec213 Seefahrende, wird mit seinem Schiff in den Hafen getrieben,c214 und der anderec215, am Felsen zerschmettert und in den Abgrund versenket. Der einec216 Kranke geräth an einen verständigen Arztbc217 der ihn geschickt und glücklich behandelt: wärender Zeit ein andrerc218 bei eben der Klugheit und Vorsicht, einem Unverständigen in die Hände fällt, der ihn tödtet, oder gar zeitlebens elend macht. Die heilsamste Arzenei thut an dem einenc219 Kranken ihre volle Wirkung; und einem andernc220 wird sie durch unvermuthete Zufälle ein Gift. Ein mittelmässig-Gelehrterbc221 trift günstige Verbindungen an, sein geringes Geschick mit dem grösten Vortheil sehen zu lassen; da hingegen der weit Gelehrtere in der Dunkelheit und dem Staube schmachtet. Der wenig erfahrne Kaufmann erwirbt durch einen einzigen glücklich getroffnenbc222 Handel mehr Reichtümerc223, und ein sehr mittelmässigerbc224 Staatsmann schwingt sich in einem günstigen Augenblick zu höheren Posten hinauf, als der ungleich erfahrnere und geschicktere in seinem ganzen Leben erringen kan. Eine Curc225, ein Proceß, eine Predigt, eine Ermahnung, ein Haus-Geschäfte, oder irgend eine andre Arbeit schlagen überaus glücklich aus: da hingegen einem andern eben so, ja noch mehr geschickten, vorsich|b75||c75|tigen und geschäftigen Mannc226 fast alles verunglückt! – – Wer ist so blöde, oder vielmehr so blind, daß er hier und in tausend änlichen Fällen, die Hand desjenigenc227 nicht sehen solte, welcher – – „als Gottc228 über alles, mit eben dem Auge den Held umkommen und den Sperling /cfallen, Welten,b229 c\ ∥c230 und Sonnen-Stäubchen untergehen,c231 hier |a75| eine Wasserblasebc232, und dort eine Welt zertrümmern siehet!“ – Wer /csiehet, höret,b233 c\ ∥c234 und fületc235 hier nicht die Wahrheit jener allererhabensten Lehre Jesu: {Matth.bc236 10, 29. 30bc237 } Kein Sperling fällt todt zur Erde nieder ohne den Willen eures Vaters im Himmel. Und, – alle Haare auf eurem Haupte sind gezälet!
Zu dieser allergenauesten, so bis aufs allerkleinste sich erstreckenden Regierung unsrer Arbeiten, bedarf Gottc238 keiner Wunderwerke. Bloß durch die Stellung, Anordnung, und Verbindung der natürlichen Ursachen bestimt Erc239 den Fort- und Ausgang aller unsrer Unternehmungen.
{2 Buchb240 Mos. 2.} Pharao giebt den Befehl alle Knaben der Hebräer zu tödten. Und dieser Befehl, wer solte es denken! hat durch einen unvermutheten Zusammenfluß von allerlei Umständen, den ganz entgegen gesezten Erfolg, daß ein hebräischer Knabe, Moses, selbst an dem Hofe dieses Königes erzogen wird.
{2 /bcSamuel 15–18bc\ ∥bc241 } Absalom, der verruchte und mit blinder Zärtlichkeit geliebte, – Denn, /cverblendete Eltern!c\ ∥c242 beides ist gemeiniglich beisammen. Was ihr Zärtlichkeit nennt, dadurch macht ihr eure |b76| |c76| Kinder zu Bösewichtern! – /c–c\ Dieser zärtlich geliebte Sohn Davids also, hatte ihm seine blinde Zärtlichkeit belohnet; sich gegen seinen Vater empöret, und ihn genötiget, zu Fusse aus Jerusalem zu fliehen. Ahitophel, {2 Samuelbc243 16, 23.} dessen Aussprüche als Götter-Sprüche angesehen wurden, gab ihm den staatsklugen Rath, keine Zeit zu verliehren; sondern dem David, ehe er eine Parthei sich samlen könte, sogleich nachzusezen und das Leben zu nehmen. Hätte Absalom diesen Rath befolgt: so war David unausbleiblich verlohren. Allein – – gerade in diesem critischenc244 |a76| Augenblick, räth der alte Husai das Gegentheil. Wider alles Vermuthen findet er Eingang beim Absalom. Und nunc245 kehret sich alles um! David kömt wieder auf seinen verlohrnen Thron. Und Absalom, wird an einem Baum hängend, mit einem Spieß durchbohret.
{/bc1 Buchbc\ ∥bc246 Mos. 37–46.b247 } Josephs Geschichte ist eine Kette solcher, wider alles Vermuthen zusammentreffender Umstände, die allen Unternehmungen einen /cganz widersprechendenc\ ∥c248 Ausgang geben. Schon liegt er in der Grube, und erwartet von seinen mörderischen Brüdern den Todt. Gerade in dieser Zeitc249 – warum denn nicht einen Tag früher oder später!c250 – reisen nach Aegypten ziehende Kaufleute vorbei. Nun ändern seine Brüder den Vorsazc251 und verkaufen ihn. Die Kaufleute gerathen inb252 Aegypten, gerade an den Potiphar, dem sie den Joseph zum Sclavenc253 verhandeln. Seine Helden-Tugend bringt ihn bald darauf ins Gefängniß: und zwar gerade zu der Zeit, als zwei vor|b77||c77|nehme Hofbedientebc254 eben daselbst gefangen sassenc255. Durch den einen von diesen wird er dem Könige bekandt; und endlich, der vornehmste Staats-Bediente. – Verändert diese Umstände, rückt nur einen einzigen aus seiner Lage, lasset jene Kaufleute nur um einen Tag früher oder später ankommen, den Joseph anderswo als in Aegypten, an einen andern als den Potiphar verkauft werden u. s. f.: so wäre die Unschuld, die heldenmässigstebc256 Tugend, elend umgekommen. Aber durch diese Zusammen-Kettung geschahe es, daß Joseph die Brüderbc257 die ihn ermorden wolten, ∥c258 von dem peinlichsten Tode, dem Hungerbc259 rettet; und aus einem gefangenen /cSclaven, /bPremier Ministerb\ ∥b260 c\ ∥c261 des angesehensten Reiches in der damahligen Welt wird.
|a77| Was hier im Grossen geschahe, das wird jeder aufmerksame, auch bei seiner Lebens-Geschichte im Kleinen finden. Lasset uns nur mit dieser Absicht, in dem Buch der Welt studiren: diese unerwartete Fort- und Ausgänge der menschlichen Angelegenheiten, in unserm eignen Leben, in dem Umgange mit andern, beim Lesen der Geschichte, zu unserm Augenmerk machen. Und wir werden allenthalbenc262 Spuhren des /callgegenwärtigen und allwirkenden Gottesc\ ∥c263 entdecken. Allenthalben sichtbarebc264 Beweise von der lehr- und trostreichen Wahrheit finden, daß alle unsre Geschäfte und Unternehmungen, lediglich von Gottes Seegen abhängen.
Und diese Wahrheit wird uns, zu der ächten Weisheitbc265 bei Ausrichtung unsrer Geschäftebc266 |b78| |c78| leiten; oder uns lehrenbc267 was wir thun müssen, um uns den Seegen Gottes bei unsern Berufs- und Standes-Arbeiten zu verschaffen.
Hängen alle unsre Kräfte und Gelegenheiten, nebst dem Fort- und Ausgange, bei jedem unsrer Geschäfte, lediglich von Gottc268 ab: so ist jede Kraft und Geschicklichkeit zum Arbeiten, einc269 Talent das uns Gott giebt! Jede Gelegenheit zu heilsamen Berufs- und Standes-Geschäften, ein Befehlbc270 den uns Gott Selbst, dazu ertheilet. Jedes unsrer Geschäfte, ein Geschäfte, ein Dienst Gottes Selbst. – Folglich, /cim Müssiggangeb271 c\ ∥c272 leben, oder unsre Geschäfte nur obenhin verrichten; /cdas heistb273c\ ∥c274, Gottes Gaben verschwenden. Die Mittel der Klugheit zur glücklichen Ausrichtung unsrer Geschäfte verabsäumen; heistbc275, Gottes Anordnungbc276 verachten. Bestechungen, Schmeicheleien, heimliche Ränke, Verkleinerungen |a78| und Herabsezungen unsrer Amts-Gehülfen, Prahlereien, Lustigmachen und Possenreissen, und andre niedrige sündliche Mittel anwenden, um unsern Geschäften guten Fortgang zu schaffen; das heistbc277 uns denbc278 zum Feinde machenbc279 von welchem aller Seegen zu unsernbc280 Geschäften abhängt. /cVorsäzlichc\ ∥c281 zum Feinde, und den glücklichen Fort- und Ausgang unsrer Geschäfte unmöglich machen.
∥c282 Unsre Arbeiten, als einen Dienst Gottes, mit Anstrengung aller unsrer Kräfte, und Aufmerksamkeit auf jedes rechtmässigebc283 Mit|b79||c79|tel der Klugheit, ausrichten. ∥c284 Sie mit unwandelbarer Gewissenhaftigkeit, einem Herzenbc285 voll von Liebe zu Gottc286 und Seinenc287 Menschen, thun. ∥c288 Uns den Gedanken tief einprägen, und immer geläufiger machen, {1 Corinth.bc289 15, 10c291 } daß aller Seegen dazu, lediglich von Gottc292 komt. ∥c293 Und an jedem Morgen, bei jeder wichtigen Arbeit, Ihn darum demütig anflehen. – Dies ist der einzig-sichere Weg, zum Seegen Gottes!c294
Durch dieses weise Betragen werden wir unsre Arbeiten, Gottc295 Selbst heiligen. Sie zu dem Range eines Gottes-Dienstes erheben. Und alsdenn können wir auch versichert seyn: daß jede einzelne Arbeit in unserm rechtmässigenbc296 Beruf und Standebc297, mit dem Beifall Gottesc298 unternommen wird; daß sie so gewiß auf Gottesc299 besondern Befehl geschiehet, als wenn wir Seinec300 Stimme vom Himmel herab gehöret hätten; daß sie den für uns und das Ganze, besten Erfolg haben muß; daß sie eine Vorbereitung zu jenem höhern Posten, und jenen erhabenen Geschäften in unserm Vaterlande, dem Himmel; und eine Aussaat ist, die uns dort, reiche, herrlichebc301 ewige Früchte tragen wird!z\