Verbindung der Nachrichten aller vier Evangelisten, von der Auferstehung Jesu, und dem vierzigtägigen Umgange mit seinen Aposteln, und Freunden.
An dem Tode Jesu war nicht zu zweifeln. Man durchstach ihm die Seite mit einem Spieß, ohne die geringste Empfindung bei ihm zu merken. Johannis 19, 33. 34. Das Blut im Leibe war schon geronnen, Johannis 19, 34. Der römische Landpfleger, Pilatus, ließ eine förmliche Untersuchung anstellen; und man fand, /cdaß Jesusc\ ∥c3 wirklich gestorben sey. Die Sache war also – Gerichtlich bestätigt. Marci 15, 44. 45. – Eine merkwürdige Vorsorge Gottesc4!
Der hohe Rath zu Jerusalem, diese abgesagten Feinde Jesu, {Matthäic5 27, 62–Endebc6 } erbaten sich vomc7 Pilatus eine römische Wache, um das Grab bis an den dritten Tag zu besezen; an welchem nämlich Jesus versprochen, lebendig aufzustehen. Ohne Zweifel wolten sie am dritten Tage, den Leichnam öffentlich zur Schau darstellen; und dergestalt, Jesum, dem ganzen Publicoc8 als einen Betrüger zeigen. Soldaten besezten also die Grab-Höle; der Ein|b597||c614|gang wardbc9 mit einem grossen Stein verschlossen, |a618| und noch dazu mit dem Siegel des hohen Rathes besiegelt. – So emsig sorgeten die Feinde Jesu, für den Beweis seiner göttlichen Sendung!
Am Ersten Wochen-Tage, (am Sontagec10) bei Aufgang der Sonne, komt ein Engel, unter einem Erdbeben, vom Himmel herab, und eröfnet das Grab. Die römische Wache erstarret vor Schrecken; fliehet in die Stadt, und erzälet das alles dem hohen Rath. Maria Magdalena nebst einigen andern, kommen eben zum Grabe, um den Leichnam einzubalsamiren, und finden jenes eröfnet. Matthäi 28, 1–4. Marci 16, 1–4. Lucä 24, 1. 2. Johannis 20, 1.
Alsbald läuft Maria Magdalena und saget es Petro und Johanni. Wärender Zeit werden die übrigen Frauens-Personen, die ins Grab hineingehen, durch einen Engel berichtet, daß Jesus lebe. – Erschrocken fliehen sie in die Stadt. Johannis 20, 2. Matthäi 28, 5–8. Marci 16, 5–8. Lucä 24, 3–9.
Petrus und Johannes kommen, finden das Grab leer, und gehen traurig davon: in der Meinung, man habe den Leichnam an einen andern Ort gebracht. Johannis 20, 3–10[.]bc11
Mariac12 Magdalena bleibt vor dem Grabe, bekümmert stehn, und erkennet die zwei Engel nicht. Plözlich siehet sie – Jesum lebendig, und unterredet sich mit Ihm. Johannis 20, 11–17. Marci 16, 9.
Auch die übrigen Frauen, die auf dem Rückwege nach der Stadt sind, sehen ihn nun, und sprechen mit ihm. Matthäi 28, 8–10.
|a619| |b598| |c615| Der hohe Rath indessen, besticht die Wache, vorzugeben, daß der Leichnam, von den Anhängern Jesu des Nachts gestohlen worden. Matthäi 28, 11–15.
Maria Magdalena nebst ihren Gesellschaftern, bringen den Aposteln die Nachricht, daß Jesus lebe, finden aber keinen Glauben. – Beweis daß die Apostel nichts weniger als leichtgläubig waren!
Jesus wird von einem Jünger, Nahmens Cleopasc13 nebst seinem Gefärten, auf einem Gange nach Emmaus gesehen. Lucä 24, 13–32. Marci 16, 12.
Auch diesen glauben die Apostel nicht; bis endlich – Petrus selbst Jesum siehet. Marci 16, 13. Lucä 24, 33–35.
An eben demselben Abende (des Sontages) besuchet Jesus die versamleten Apostel; wo aber Thomas nicht zugegen war. Marci 16, 14. Lucä 24, 36–43. Johannis 20, 19–23.
Acht Tage hernach,bc14 besucht er sie abermahls in voller Versamlungc15. Nun wird auch, selbst der eigensinnige Thomas überzeugt. Joh. 20, 24–31.
Zum drittenmahl wird Jesus, von mehrern Aposteln zugleich, gesehen; und zwar in Galiläa, am Tiberiadischen See. Johannis 21, 1–Ende.
Auf einem Berge in Galiläa, unterredet er sich abermahls, mit der ganzen Gesellschaft der Apostel. Matthäi 28, 16. 17.
Er bestellet sie (vermuthlich zu Jerusalem) feierlich, zu Lehrern der Welt. Matthäi 28, 18–20. Marci 16, 15–18. Lucä 24, 44–49.
|a620| |b599| |c616| Nun füret er sie hinaus nach Bethanien; nimt Abschied, und wird vor ihrer aller Augen, in den Himmel aufgehaben, Marci 16, 19. Lucä 24, 50. 51.
Aus dieser Verbindung der Evangelisten ist zuerst klar, daß ihre Nachrichten sich nicht widersprechen. Sie sind verschieden in den Umständen; welche der eine ausläßt, der andre anfürt, dieser kurz berürt, und jener ausfürlich entwickelt. Das alles aber paßt, wie wir gesehen, so genau in einander; daß eben diese Verschiedenheit – (Verschiedenheit ist etwas ganz andres, als Widerspruch.) vielmehr ein neuer Beweis ihrer Glaubwürdigkeit ist. – Zweitens sehen wir hieraus, daß Jesus nicht, wie man sehr unbequem zu reden pflegt, seinen Bekandtenc16 erschienen. Erscheinungen sind, wennb17 man nur plözlich, gleichsam vorbeirauschend gesehen, oder vielmehr nur erblickt wird, und dennc18 alsbald wiederum verschwindet. Aber Jesus besuchet seine Bekandtec19 förmlich, zu wiederhohlten mahlen, isset und trinkt, und unterredet sich mit ihnen. Die Apostelgeschichte sagt uns gar, {Kapitelc20 1, 1–3 undc21 10, 40–42c22 } daß er vierzig Tage nach einander, mit seinen Aposteln und Bekandtenc23, eben so vertraut umgegangen als vor seinem Tode. ∥c24
Nach dem martervollen Leiden und peinlichen Tode den Jesus erduldet, ward sein verstorbener Leib, gleich andern Leichnamen, ins Grab gelegt. Seine Anhänger und Freunde dachten so wenig, |a621| |b600| |c617| an ein Aufleben, daß sie vielmehr Anstalten machten den Leichnam einzubalsamiren. – Aber! schon bei seinem Tode kündigten furchtbahre Begebenheiten der Natur, die Hoheit und Majestät des am Creuzec25 sterbenden an. Die Sonne verlohr drei Stundenlang ihren Schein. Der Vorhang im Tempel zerriß. Die Erde bebete. Felsen zersprungen. Grabhölen eröfneten sich, aus denen, einige Tage darnach, Todte lebendig aufstanden. Und am dritten Tage gieng Er, Jesus der am Creuzc26 gestorben, unter schrecklichem Erdbeben, und majestätischer Begleitung der Engel, aus dem Grabe lebendig hervor. Erneuerte seinen freundschaftlichen Umgang mit den Aposteln. Und nachdem er ihn vierzig Tage fortgesezt, gieng er vor ihren Augen gen Himmel; {Hebräerbc27 4, 14–16c29 Kap. 6, 16–20c30 } ward zum Herren über die Welt erhaben; {Römerc31 8, 31–34c32 } und herrschet nun im Himmel, und sorget mit eben der zärtlichen Liebe für seine Menschen, mit welcher er für sie am Creuzc33, unter Schmach und Martern sein wohltätigesbc34 Leben hingab.
{Marci 16, 1–8} Als der Sabbat geendiget war, kauften Maria Magdalena, und Maria Jacobic36 Mutter und Salome Gewürze, ihn einzubalsamiren. Und sehr frühe am ersten Wochen-Tage (Sontagsc37, gleich beim Aufgange der Sonne stand Jesus auf. Matthäi 28, 1. Lucä 24, 1. Johannis 20, 1.) mit /cSonnen Aufgangc\ ∥c38 kamen sie zum Grabe. Sie sprachen aber unter einander, wer wird uns den Stein von der Thür des Grabes (das Grab war eine Höle im Felsen. Matthäi 27, 60) abwälzen? Und da sie hinsahen, fanden sie daß der Stein abgewälzt war; er war aber sehr groß. |a622| |b601| |c618| Nun giengen sie ins Grab hinein, und sahen einen Jüngling zur Rechten sizen, mit einem weissen Gewand bekleidet. Und sie erstaunten. Er aber sprach zu ihnen, Erstaunet nicht. Ihr suchet Jesum von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, und nicht hier. Sehet da die Stelle, wohin man ihn legte! Gehet aber hin, und saget es seinen Schülern, insbesondrec39 Petro, daß er nach Galiläa vorangehet. Daselbst werdet ihr ihn sehen, (mit ihm umgehen. Gesehen ward Jesus schon vorher von ihnen, zu Jerusalem) wie er euch gesagt hat. (Matthäi 26, 31. 32) Da gingenc40 sie eilend aus dem Grabe; denn sie waren voller Furcht und Entsezen, und sagten niemand etwas; so sehr erschrocken waren sie.
{versc41 9–11} Frühe stand Jesus auf, am ersten Wochen-Tage. Zuerst sahe ihn Maria Magdalena, die er von sieben Teufeln befreiet hatte. Diese gieng hin, und sagte es seinen Freunden, welche trostlos weineten. Diese aber, als sie höreten daß er lebe und von ihr gesehen worden, glaubten es nicht.
{versc42 12. 13c43 } In der Folge zeigete er sich zweien aus ihnen auf dem Wege, die aufs Land giengen, in einer fremden Gestalt. (Oder auch, in einer ungewohnten Kleidung. Anfangs kantenc44 sie ihn nicht; hernach aber, da sie sich von ihrer Bestürzung erhohlt, sahen sie daß es Jesus war) Auch diese berichteten es den übrigen, welche ihnen aber eben so wenig glaubten.
|a623| |b602| |c619| {Johannisbc45 20, 19–23bc46 } Am Abende aber, eben desselben Ersten /cWochen Tagesc\ ∥c48, da die Thüren, wo die Jünger sich befanden, verschlossen waren, trat Jesus unter sie. – Hier geschahe /calso, wie es scheint,c\ ∥c49 ein Wunder. Entweder eröfneten sich die Thüren von /cselbst. Oderc\ ∥c50, Jesus drang wie Luft und Schall, durch die verschlossenen /cThürenc\ ∥c51 – Und sprach. Seyd gegrüsset! Alsbald zeigte er ihnen seine Hände und Seite. (nämlich, die Narben darin, von der Annagelung der Hände, und Durchbohrung der Seite) Da freueten sich die Jünger, daß sie den Herren sahn. Jesus aber sprach abermahls zu ihnen;c52 Seyd gegrüsset! Wie mich der Vater gesendet, so sende auch ich euch. „Kraft der Macht, die mein Vater mir gegeben, bestelle ich euch hiemit, zu untrüglichen Lehrern der Welt.“ Hierauf hauchte er sie an, und sprach, Empfanget den heiligen Geist. Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten. – Der Sinc53 ist dunkel. Man kan es von Vergebung der Sünde verstehen. Dis konten die Apostel, weil sie in Sachen der Religion, die Gabe der Untrüglichkeit hatten. Diese haben die nachfolgenden Lehrer der Kirche nicht. Also können sie auch kein Recht haben, Sünde zu vergeben. Sünde vergeben, und Sünde behalten, das heißt aber auch, Krankheiten abnehmen, und auferlegen. Matthäi 9, 2c54 f. Jacobic55 5, 15. Diese Macht hatten die Apostel, als Wunderthäter. Apostelgeschichtc56 5, 5. 13, 11. 1 Corinth.c57 5, 5. u. a.
|a624| |b603| |c620| {vers 24. 25bc58 } Thomas aber der Zwölfen (der Apostel) einer, der auf griechisch Didymus heißt, (Zwilling) war nicht bei ihnen als Jesus kam. Die andern Jünger berichteten ihm also, daß sie den Herren gesehen. Er aber antwortete ihnen, woferne ich nicht in seinen Händen die Narben der Nägel sehe, und meine Finger in diese Narben, und meine Hand in seine Seite lege, glaube ich es nicht.
{vers 26–29bc59 } Nach acht Tagen waren die Jünger abermahls beisammen, und Thomas mit ihnen. Da kam Jesus, und trat bei verschlossenen Thüren unter sie, und grüssete sie. Hierauf sprach er zu Thoma. Gieb her deinen Finger und füle meine Hände; und lege deine Hand in meine Seite; und sey nicht ferner Ungläubig, sondern glaube. Da antwortete Thomas, O mein Herr und mein Gott! Jesus sprach, du glaubest, weil du mich Siehest. Glücklich sind die welche glauben, obgleich sie mich nicht Sehen! – „Wenn niemand an mich glauben wolte, ohne, wie du, meinen Leib, meine Hände und Seite zu sehen, so würden nur wenige das Glück haben meine Anhänger zu seyn!“ – Jesus fordert also keinesweges, blinden Glauben; Glauben ohne alle, oder doch zulängliche Gründe. Seine Auferstehung ist eine /cThat Sachec\ ∥c60; und muß daher vernünftiger weise, wie jede andre Begebenheit, auf glaubwürdige Zeugnisse, auch ohne Augenschein geglaubet werden. – Vielmehr lehret er uns hier, daß ein Christ, seine Religion vernünftig prüfen muß. Nichts soll er ohne zulängli|a625||b604||c621|chen Beweis glauben. Denn Jesus weiset seine Apostel auf die zulänglichen Beweise seiner Auferstehung. versc61 20. 27. Aber er soll auch, nichts bei zulänglichen Beweisen verwerfen; nicht immer neue, und noch stärkere Beweise verlangen, wenn die gegebenec62 zureichen. Denn er verweiset es dem Thomas, daß er bei jenen glaubwürdigen Berichten aller seiner Mitapostel nicht glauben wollte. Bei zulänglichen Beweisen etwas verwerfen, ist eben so wohl Unvernunft, als etwas ohne zulängliche Beweise glauben!
{vers 30. 31bc63 } Noch viele andre sichtbahre Beweise seiner Auferstehung gab Jesus den Aposteln, welche in diesem Buch nicht aufgezeichnet sind. Diese aber sind darum aufgezeichnet, damit ihr glaubet daß Jesus der Christ, der Sohn Gottes sey, und also glaubend (seine Lehre annehmend und befolgend) durch ihn glücklich werdet.c64 – Die Auferstehung Jesu ist der Haupt-Beweis daß er der Messias, der von Gottc65 bestellte /cWelt Heilandc\ ∥c66 sey. Denn diese ist im A. T., als ein /cHaupt Kenzeichenc\ ∥c67 des Messias angegeben Psalm 16, 10. vergl. Apostelgesch. 2, 22–36 Kapitel 13, 26–39. Und er selbst, hatte sie so ofte, als den Haupt-Beweis seiner Göttlichen Sendung zum voraus angekündiget. Lucä 18, 31–34. Matthäi 12, 38–40.
Jesus hatte zu mehrern mahlen, und bei feierlichen Gelegenheiten, die Auferstehung am dritten Tage nach seinem Tode, als den Haupt-Beweiß für die Göttlichkeit seiner Sendung und der Wahrheit seiner Lehre angegeben: und dadurch, Freunde und Feinde auf diese Begebenheit recht |a626| |b605| |c622| aufmerksahmc68 gemacht! – Er war öffentlich vor den Augen einer Menge Volks am Creuzec69 gestorben: jedermann, die römische Wache und seine Mörder unter den Juden, waren von der Gewisheit seines Todes völlig versichert. – Das Grab wohin man seinen Leichnam legte; ward mit einem grossen Stein verschlossen; {Matth.bc70 27, 63–66bc72 } der Eingang dazu von der jüdischen Obrigkeit versiegelt; und auf ihr Verlangen mit einer Wache von römischen Soldaten besezetc73, – um jenen entscheidenden /cZeit Punktc\ ∥c74 abzuwarten, wo Jesus versprochen hatte;bc75 lebendig wiederum aus dem Grabe hervorzugehen. Der dritte Tag erschien! – Und – siehe! – –
{Matthäic77 28, 11 f.c78 } Die römische Wache komtc79 voller Schrecken und Bestürzung in die Stadt geflohen, eilet zu den Vornehmsten des hohen Raths der Juden, berichtet ihnen, daß sich das Grab durch ein Erdbeben geöfnet, und der Leichnam Jesu nicht mehr darin vorhanden sey!
Der Hohec80 Rath versamlet sich, und nachdem sie die Sache in gemeinschaftliche Erwägung gezogen; bestechen sie die Soldaten, um eine Lüge, „die Jünger Jesu wären gekommen, und hätten des Nachts, im Angesicht der schlafenden Wache, den Leichnam weggestohlen“ – diese handgreifliche Lüge auszubreiten; und versprachen durch ihr Ansehen, bei dem römischen Landpfleger alle üble Folgen zu verhindern!
Die erschrockene, zerstreuete, verzweifelungsvolle Apostel, welche alle ihre Hofnung schon aufgegeben, hören die Nachricht von Jesu Auferstehung, und glauben sie nicht. Bald darauf aber sehen sie Jesum; Einzeln; und in Gesellschaft; |a627| |b606| |c623| zu wiederhohlten mahlen; betrachten mit ihren Augen die Reste der Creuzigungc81 an seinem Körper; und gehen noch vierzig Tage lang, mit ihm um, essen, trinken, unterreden sich mit ihm wie ehedem.
{1 Cor.c82 15, 1 f.} Wärend dieser vierzig Tage, sehen noch sehr viele andre Personen Jesum. An einem Tage wird er von mehr als fünfhundert Menschen auf einmahl gesehen.
Nach einigen Wochen, treten die Apostel, an eben dem Ort, wo Jesus gelebet, zu Jerusalem; nicht etwa in abgelegenen Winkeln und geschlossenen Gesellschaften, sondern vor Versamlungen von hundert und tausenden, im Tempel, selbst vor dem ganzen Hohen-Rathe auf. Predigen die Auferstehung Jesu, {Apostelgesch.bc83 4, 13bc84 } mit einer Freimütigkeit, die selbst den Hohen-Rath in Erstaunen sezt. Berufen sich auf ihre eigene Sinne, das was sie mit ihren Augen gesehen, mit ihren Ohren gehöret, mit ihren Händen angegriffen, und vierzig Tage lang gesehen, gehöret, und empfunden. Und beharren bei diesem Zeugniß, unter allen Verfolgungen, Schlägen, Martern, unverändert und ganz einstimmig, bis in den Todt!
Die abgesagten Feinde und Mörder Jesu, der Hohe-Rath zu Jerusalemc85 welche tausend Mittel in Händen hatten, den Betrug, wenn irgend einiger dabei war, zu entdecken und jedermann vor Augen zu legen; {Apost. Gesch. 2, f.} lassen die Apostel, an statt sie, wie Lügner und Betrüger zu strafen, diese Auferstehung Jesu, immerfort zu Jerusalem predigen. Und einer aus ihren Mitteln, {Apostelbc86 Gesch. 5, 34–Endebc87 } Gamaliel, erkläret gar in voller Versamlung des Raths, es für nicht unmöglich, daß die Sache wahr und von Gottc88 sey!
|a628| |b607| |c624| Und diese Predigt der Apostel, findet an eben dem Orte, wo Jesus gelebet, nach wenig Tagen, da noch alles im frischemc89 Andenken war, reissenden Beifall. Zu tausenden werden Christen. {Apost. Gesch. 6, 7.} Selbst Mitglieder des Hohen-Raths und eine Menge jüdischer Priester und Vornehmen, werden überzeugt, und bekennen sich öffentlich, zu der Religion des auferstandenen Jesu.
Zu dieser Religion, welche seitdem, nun schon über achtzehnhundert Jahre sich weit und breit, durch alle Gegenden der Welt verbreitet; und Millionen Menschen zum Glauben an diesen gecreuzigtenc90 und auferstandenen Welt-Heiland gebracht; und über alle die Widersezungen der Mächtigen, und alle die Einwürfe und Spöttereien der Wizlinge durch ihre innere, einleuchtende, Herzrürende Vortreflichkeit, bis auf diesen Tag gesieget; und so viele tausend gute, für die Welt heilsahme, der Gottheitc91 änliche Menschen gezogen! – – – Ist hier noch Betrug, ist diese durch so viel hundert und tausend so wichtige, Zeugnisse, und fortdaurende Denkmahle erwiesene und bestätigte Begebenheit, falsch oder zweifelhaft: so hat alle Geschichte ein Ende! So können wir nichts mehr glauben, was wir nicht mit unsern eignen Augen, Ohren, Sinnen empfinden! – So muß uns – und dieses auch nur als möglich zu denken ist schon Gotteslästerung – so muß Gottc92 selbst, uns hintergehen und in Irrthum stürzen!
Aber alle diese wundervolle Thaten und /cLiebes Proben Gottesc\ ∥c93, die ganze glorreiche Auferstehung Jesu ist für uns unnüz. Es ist für uns eben so viel, als wäre Jesus nicht auferstanden: – wo|a629||b608||c625|ferne wir nicht dieser grossen Lehre den gebürenden Einfluß in unser Herz und Leben gestatten. {Colosserc94 3, 1. 2bc95 } Seyd ihr mit Christo auferstanden, so suchet was droben ist, wo Christus ist. – Der himmlische Sinn also, welcher unsre Seele über Sünde, Erde und Zeit erhebet, und uns zu himlischen, Gottc96 und der Ewigkeit ganz gewidmeten Menschen macht: dies ist die Wirkung, welche diese grosse Lehre bei uns hervorbringen muß. Dies ist das Kennzeichen, ob wir Theil an den Früchten der Auferstehung Jesu haben!
Himlisch-gesinnetc97 muß uns denn, die Auferstehung Jesu machen. Zu Menschen machen, welche Ganz, Gott und der Ewigkeit gewidmet sind. Der ganze Zweck der Auferstehung, so wie der gesamten Erlösung Jesu, bestehet darin, uns Einen gnädigen Gottc98, und Ein ewig-seliges Leben im Himmel zu erwerben. Und dieses, – Gottes Gnade, und die seelige Ewigkeit, – dies muß nun auch, das grosse lezte Ziel aller christlichen Wünsche,c99 Hofnungen und Bestrebungen seyn. Der Christ muß, Gottes Beifall und Gnade, als sein einziges Glück; den Himmel, als sein Vaterland; Jenes ewige Leben nach dem Tode dieses Leibes, als seine rechte Bestimmung, sein rechtes Leben, ansehen und begehren. Und dahin müssen alle seine Wünsche, Hofnungen und Bestrebungen gerichtet seyn; – daß er sich allenthalben, den Beifall und Gnade Gottesc100, und den Eingang in sein rechtes Vaterland, den Besiz jenes ewigen Glücks im Himmel versichere!
|a630| |b609| |c626| Hatc101 nun eine solche Denkungs-Art und Gesinnung, den Menschen eingenommen; so wird er nun auch, seine Seele, über Sünde, Erde und Zeit erheben. {Colosserc102 3, 2bc103 } „Trachtet nach dem das droben ist, und nicht nach dem das auf Erden ist!“ Und gleich darauf in dem folgenden vers 5, wird dies ferner also erkläret. So tödtet nun eure Glieder die auf Erden sind, die sündlichen Begierden die sich in euch regen, Hurerei, Unreinigkeit, Geiz und jede böse Lust.
Gottes Beifall, und der Besiz der seeligen Ewigkeit, kan nicht anders, als durch einen, Herz und Leben bessernden, heiligenden, vollendenden Glauben, durch eine ungetheilte, ernstlichec104 bis in den Todt unverbrüchliche Tugend-Uebung erhalten werden. Darum erhebet, der himmlische Sinn, die Seele des Christen, über alle Sünde. Jede Sünde, Unmässigkeit, Unkeuschheit, Neid, Misgunst, Schadenfrohes Wesen, jede Sünde wird ihm nun verhaßt und abscheulich; wird von ihm als sein allerhöchstes Unglück mit aller Sorgfalt bekämpfet und vermieden. Darum erhebet auch der himmlische Sinn die Seele des Christen, über Erde und Zeit. Die sonst erlaubten Begierden nach den schäzbahren Gütern der Erde und Zeit, der Ehre, Macht, Geld, Ruhm, Beifall der Menschen, werden von ihrer Herrschaft herabgestossen, zum Gehorsahm gegen Gottesc105 Willen angewönet, und jenen unendlichen Gütern, der Gnade Gottesc106 und der seeligen Ewigkeit, schlechterdings unterwürfig gemacht.
Aber nicht etwa hier und dort, einige vorüberrauschende Gedanken und Wünsche nach Gottc107 und |a631| |b610| |c627| der Ewigkeit – machen uns schon zu solchen himlisch-gesinnten Menschen. Suchen müssen wir, trachten müssen wir, nach dem, was droben ist. Die Begierde nach Gottesc108 Gnade und der seeligen Ewigkeit muß uns Ganz einnehmen und durchdringen: in unsre Seele einwurzeln; alle unsre Wünsche und Neigungen beherrschen; sich in unserm ganzen Leben ausdrücken. – Bei unserm Beruf und Stande in der Welt; bei unsern Ergözungen; bei unserm Leiden, in unsrer Einsamkeit und Gesellschaften, in unserm ganzen geheimen und öffentlichen Leben; da muß es sich zeigenbc109 zu welcher Parthei wir gehören. Da muß jener himmlische Sinn, eine einförmige, Gott-änliche, seinem Muster und Gebothen, und unserm künftigen Vaterlande, dem Himmel, gemässe Lebens-Art hervorbringen.
Bei unserm Beruf und Stande in der Welt; da muß die herrschende, eifrige Begierde nach Gottesc110 Beifall und der seeligen Ewigkeit, dieser himmlische Sinn – uns antreiben; mit unermüdetem Fleiß, mit uneingeschränkter Treue, mit uneigennüzigem, großmütigem Geiste, unsre Zeit in heilsahmen Geschäften, in gefliessentlichsterc111 Besorgung des gemeinen Bestens hinzubringen. Unser Daseyn der menschlichen Gesellschaft, dem Reiche Gottesc112, nach allem unserm Vermögen nüzlich zu machen. Und durch eine Menge frommer, menschenfreundlicher Arbeiten, {Matthäic113 6, 20c114 } uns einen ewig-bleibenden Schaz im Himmel einzusamlen!
Bei unsern Ergözungen, da muß diese herrschende eifrige Begierde nach Gottesc115 Beifall und der seeligen Ewigkeit, dieser himmlische Sinn, |a632| |b611| |c628| uns antreiben: – Sie von allen sündlichen Ausschweifungen, aller Verlezung der christlichen Arbeitsamkeit, Keuschheit, Gerechtigkeit, Wohltätigkeitc116, Menschenliebe zu reinigen. – Sie mit Dankbahrkeit gegen Gottc117, den liebreichen Geber davon, und mit öfterm Andenken an die unendlich-bessern Güter, die Erc118 uns in unserm Vaterlande aufbehalten, zu geniessen. – Und hierdurch unser Vergnügen dabei, so wie zu erhöhen, also auch zu veredeln: – Einem Unsterblichen, für den Beifall und Gunst Gottesc119 und eine seelige Ewigkeit bestimmtem Geiste, recht anständig und würdig zu machen.
Bei unsern Leiden, da muß diese herrschende eifrige Begierde nach Gottesc120 Beifall und der seeligen Ewigkeit, dieser himmlische Sinn uns antreiben: – sie insgesamt, mit gehorsahmer Unterwerfung gegen Gottc121, mit Zufriedenheit und Dankbahrkeit zu tragen; und zu unsrer immer grösserernbc122 Reinigung, Besserung, Vorbereitung für jenes wahre, von allem Elende befreiete und ewig-glückliche Leben zu brauchen.
In unsrer Einsamkeit und Gesellschaften, da muß diese herrschende eifrige Begierde nach Gottesc123 Beifall und der seeligen Ewigkeit, dieser himlischec124 Sinn uns antreiben: die Stunden der Andacht, dieses feierlichen Umganges mit Gottc125 und der Ewigkeit, recht haushälterisch zu benuzen. – Und unsre Reden und gesamten Umgang mit andern; durch Aufrichtigkeit; Liebesvolle Beurtheilung unsrer Nebenmenschen, gelegentliche dankvolle Lobpreisungen Gottesc126, und allgemeine Gefälligkeit und Freundlichkeit, zu heiligen! So |a633| |b612| |c629| muß der Gedanke an Gottc127 und die Ewigkeit, sich in unsrer Seele tief einwurzeln, und in unserm ganzen Leben ausdrücken. Unsre Freuden veredlenc128; und unsre Leiden erleichtern, versüssen, zu heilsahmen Arzeneien für die Seele machen. Unsre Einsamkeit erheitern, und unsre Gesellschaft heiligen. Und allenthalben, einen uneingeschränkten willigen Gehorsahm gegen Gottc129, und eine ungeheuchelte herzliche Liebe zu seinenc130 Menschen wirksahm machen. Dies ist das Bild eines Menschen, welcher mit Christo auferstanden, und nun suchet was droben ist wo Christus ist, sizend zur Rechten Gottes: welcher nach dem trachtet das droben ist und nicht nach dem was auf Erden ist!
Ganz unwandelbahr feste versichert, daß dieser himmlische Sinn die Haupt-Sache für jene Welt, Todt, Gericht und Ewigkeit; Versichert,bc131 daß der himmlische Sinn, die einzige sichere Quelle aller Ruhe, Zufriedenheit, Freude auch auf dieser Welt ist, und daß wir, nur in dem Maasse, als dieser himmlische Sinn bei uns herrschet und wirketc132 ruhig, zufrieden und frölich leben: füle ich das Gewicht der Ermahnung, Seyd ihr mit Christo auferstanden, so suchet was droben ist wo Christus ist.
Lasset uns denn, besonders auch in diesem Feste, den Gedanken, von dem /cewig seeligenc\ ∥c133 Leben, welches uns Jesus der Auferstandene erworben; von dem Himmel wohin Er unser Heiland und Herr vorangegangen, um uns daselbst die ewige Wohnung zu bereiten; und von dem Gottseeligen tugendhaften Leben, worohne Niemand in den |a634| |b613| |c630| Himmel eingehen kan; diesen grossen Gedanken, lasset uns auch in diesem Feste, einige Stunden von unsrer Musse widmen. Ihnen in unsern Häusern, insgeheim oder in Gesellschaft der Unsrigen, ernstlich nachdenken. Damit unsre ganze Seele erfüllen; und sodenn die Wirkungen davon, Gottc134 in den gehörigen Bekentnissenc135, Gebeten, oder Danksagungen, vortragenb136.
Wir werden es bald finden, daß uns dieses, den Neigungen und Sitten der Einwohner des Himmels, änlich bilden; und dadurch schon hier zu einem innigen Vorschmack ihres Glücks füren wird! In dem Maasse, als wir unsre Begierden auf Gottc137 und die Ewigkeit heften, und Seele und Leben dem gemäß einrichten: in dem Maasse werden auch, alle unsre irrdische Leiden, den Stachel verliehren, die Schrecken des Todes verschwinden, hingegen die Zahl unsrer Freuden wachsen. – In dem Maasse wir also, auf Jesus sehen, welcher nun auferstanden und zur Rechten Gottesc138 im Himmel ist: in dem Maasse werden wir auch, unsern Kampf und Lauf, mit Ruhe und Zufriedenheit und Freude fortsezen! Und denn am Ende, wenn uns die Erde und alles was drauf ist, für ewig verläßt, mit der Sehnsucht eines müden Wanderers Sterben, um bei Jesu ewig zu Leben!z\