Es ist eine überaus lehrreiche Beschäftigung, dem /cverschiedenen Gangc\ ∥c2 nachzuforschen, denc3 die Religion in der Welt, beyc4 so verschiedenen Fähigkeiten, /cAufmerksamkeit,c\ Hülfsmitteln, Neigungen, Sitten und Verbindungen der Menschen unter einander, genommen hat, man /cmag die Religionc\ ∥c5 als Erkenntniß Gottes und des Verhältnisses zwischen ihm und den Menschen, oder als Dienst desselben, d. i. als /cBetragen ansehn, dasc\ ∥c6 auf Religion gegründet istc7. Eine /callgemeine Geschichte der Religion müßte –c\ ∥c8 in ∥a9 Rücksicht /aauf die Erkenntniß Gottes,a\ lehren, |c89| was nach und /cnach,c\ ∥c10 hie und da, unter den Menschen, in Absicht auf diesen Gegenstand, für Wahrheiten oder Irrthümer, Ueberzeugungen, Vorurtheile und /cZweifel?c\ ∥c11 aus was für Quellen, oder durch welche Veranlassung,c12 sie entsprungenc13 und /awodurcha\ /cbefördert,c\ ∥c14 oder /cvermindert?c\ ∥c15 ∥a16 was für merkwürdige Veränderungen dadurch in der Denkungsart, dem Charakter, den Sitten der Menschen und ganzer Völker, selbst in ihren äusserlichenc17 Einrichtungen und Schicksalen, ∥c18 hervorgebracht /cworden |a386| sind?c\ ∥c19 – in Rücksicht aber auf den Dienst /cund Verehrungc\ ∥c20 |b101| Gottes, oder /cden Ausbruchc\ ∥c21 dieser Begriffe /cvon Gott und die daraus entstandnen Empfindungen:c\ ∥c22 wie sich diese /cBegriffe undc\ Empfindungen geäussert?c23 durch was für Anstalten und Mittel das Wachsthum oder die Abnahme religiöser Gesinnungen und Handlungen, auch des äusserlichenc24 Gottesdienstes, befördert /cworden? welche Begriffe und Empfindungen,c\ ∥c25 und wie sie auf /cdiesen Gottesdienst,c\ ∥c26 umgekehrt /cauchc\, welche gottesdienstlichec27 Handlungen auf die Verändrungc28 der Erkenntniß Gottes, wie und auf welche Theile derselben,c29 sie Einfluß gehabt haben.a30
Alle Kenntnisse, welche diese Geschichte der Religion betreffen, rechnet man zur historischen Theologie, nach dem weitern Begriff, den man dem Namen der Theologie untergelegt hat (§. /a2c2 und 3);c3 a\ ∥a4 und so würde dieser Theil der Theologie, als eine Wissenschaft betrachtet, nichts anders seyn, als Geschichte der Religion in ihrem ganzen Umfange ∥a5, die alle merkwürdigere Veränderungen der Erkenntniß und des Dienstes Gottes /caller Zeitenc\ ∥c6 und Völkerc7 begreifen müßte. Weil aber diese Wissenschaft von einem unübersehlichen Umfang seyn würde, wenn sie |c90| nur einigermaßena8 das leisten sollte, was der Name einer solchen allgemeinen Geschichte verspricht;ac9 und uns von den meisten, |a387| wenigstens allen barbarischen,c10 Völkern, Jahrtausende hindurch,c11 die Nachrichten dieser Art entweder ganz fehlen, oder so mangelhaft und |b102| unsicher sind, daß sich keine eigentliche zusammenhängende Geschichte davon liefern läßt: so schränkt man sich gemeiniglich nur auf die Geschichte der in der Bibel enthaltenen Religion und der darauf gegründeten Gesellschaften, d. i. auf die Kirchengeschichte, ein; zumal da es gewöhnlich ist, das Wort Theologie vornehmlich und eigentlich von der biblischen zu verstehen.
Die Geschichte der verschiednenc2 Religionen unter den Menschenc3 verdient es /csehrc\ ∥c4, daß man sie mit aller Sorgfalt studiere. Denn sie ist einer der wichtigsten Theile der /cGeschichte der Menschheitc\ ∥c5, und überall zeigetc6 sich der mächtige Einfluß der Religion auf die übrigen Arten der menschlichen Culturc7. Ueberall, wo man das Christenthum zuerst /apredigtea\ ∥a8, schmiegte man entweder diesen Unterricht den vorhandnenc9 Religionen an, oder es ging natürlich vielesc10 aus diesen in das Christenthum über, das sich nach diesenc11 in solchen Gegenden /cbildete; in so fern kanc\ ∥c12 selbst die christliche Kirchengeschichte dieser Kenntniß andrerc13 Religionen nicht entbehren. /c– Ausserc\ ∥c14 den Frag|b104|menten von dieser allgemeinern Religionsgeschichte, die sich in der bekannten Völkergeschich|a389|te finden, sind zuverläßigec15 Reisebeschreibungen, /cso fernc\ ∥c16 sie sich auch auf Sitten und Verfassungen der Völ|c92|ker eingelaßenac17 haben, eine unentbehrliche Quelle solcher Kenntnisse.
Aus diesen Quellen müßtec2 man sich nach und nach einzelnea3 Nachrichten /csammlenc\ ∥c4, und sie entweder nach den verschiednenc5 Ländern und Völkern ∥c6 ordnen, oder nach den merkwürdigsten Lehren, Einrichtungen und Gewohnheiten, die nach den besondern Religionsbegriffen getroffen, oder angenommen worden.a7 Beyc8 der erstena9 Methode könntec10 man etwa die /aanderwärts schon erwähntea\ ∥a11 Gattererischec12 Weltgeschichte, oder die ohngefähra13 da gemachte Anlage, beyc14 der andern den eben genannten Abriß von Meiners zum Grunde legen. /cMan müßte hernachc\ ∥c15, sowohl nach der auffallenden Aehnlichkeit der Religionen verschiednerc16 Völker mit einander, als nach den Nachrichten der Geschichte über den Ursprung eines Volks aus dem andern, /aund übera\ ∥a17 den Einfluß des einen aus dem andern, zu entdecken suchen, welche Völker, auch in Absicht auf Religion originell sind, oder welche sich nach andern gebildet haben, und beyc18 |b105| dem, was jedes Volk in seiner Religion Eignes hat, nach den natürlichen und sittlichen Ursa|a390|chen,c19 forschen, aus welchen sich dieses Eigene, der Geschichte gemäß, erklären läßt. Beyc20 Befolgung dieser Regel würdenc21 auch einzelnea22 Untersuchungen gelehrter Männer über diese Religionsgeschichte mit Nutzen gebrauchtc23 werden können.
Unter allen Theilen der Religionsgeschichte ist die Geschichte der christlichen Kirchec2 am bekanntesten, und am meisten bearbeitet. Das Wort Kirche (Ἐκκλησία), welches in der gewöhnlichen Bedeutung nur erst unter Christen aufgekommen ist, und beyc3 diesen nur von solchen gesagt wird, die der in der heiligen Schrift liegenden, oder überhaupt von einer wahren nähern göttlichen Offenbarung abhängenden Lehre folgen, bezeichnet vornehmlich die Christen zusammengenommen, oder den ganzen /cInbegrif dererjenigenc\ ∥c4, welche die von Christo und seinen Aposteln bekannt gemachte Religion für wahr annehmen, und, /cso fernc\ ∥c5 man es von einer äusserlichenc6 Gesellschaft nimmt, alle die zusammengenommen, welche sich zu dieser Religion, durch Theilnehmung an den |b106| darauf gegründeten äusserlichenc7 Gottesdienst, bekennen. Kirchengeschichte, oder,c8 be|a391|stimmter zu reden, christliche Kirchengeschichte, heißt daher die Erzählung der merkwürdigern Veränderungen dieser Gesellschaft,c9 im Zusammenhang.
Es versteht sich von selbst, daß diese Geschichte nicht bloß auf die christliche Gesellschaft und deren Schicksale eingeschränkt werden müsse. /cDenn, /a–a\c\ ∥c2 da sich diese Gesellschaft auf besondere Religionsbegriffe gründet, und dadurch sowohl als durch den Gottesdienst,c3 von andern unterscheidet; /ac–ac\ da diese Begriffe und die darauf beruhenden Gesinnungen durch Sprachen und äusserlichec4 Handlungen ausgedruckta5, diese |c94| durch jene Begriffe und Gesinnungen gestimmt werden, und hinwiederum Sprachen und Gebräuche, beyc6 ihrer besondern Modification, einen grossenc7 Einfluß in die Bestimmung und Richtung ∥a8 religiösenc9 Vorstellungen und Gesinnungen äussernc10 (/aTheil 1.a\ §. 60–67); /ac–ac\ da endlich einzelnea11 merkwürdigere Personen,c12 und ihre Schriften, oder besondrec13 Gesellschaften, durch ihr erlangtes Ansehen, Gelegenheit zu großena14 Veränderungen in /aLehrvorstellungena\ ∥a15, in deren Ausdruck und in gemachten Einrichtungen unter den Christen gegebena16 haben: so muß die christliche Kirchengeschichte nicht bloß die Veränderungen der Kirche, als Gesellschaft betrachtet, sondern auch die Beschaffenheit und Geschichte der Lehre und des Gottesdienstes, der |b107| Ausdrücke, der Einrichtungen und Gebräuche, der |a392| merkwürdigern Personen, Schriften und besondern Gesellschaften,c17 erzählen, welche jene Veränderungen bewirkt haben.
Alles, was /aim ersten Theil dieses Buchsa\ ∥a2 von dem großena3 Nutzen der Geschichte überhaupt ge|b108|sagt wurde, gilt auch von der Religions- und Kirchengeschichte insbesondrec4, und macht dem, der ein |a393| würdiger Lehrer der Religion und des Christenthums seyn will, das Studium dieses Theils der Geschichte zur ganz besondern Pflicht ∥a5: man mag entweder auf die Bildung seines Charakters, als eines solchen sehen, der die Religion lehren und empfehlen soll, auf welche Bildung dieses Studium einen so großena6 Einfluß hat, oder auf die einzelnena7 Theile der Theologie, womit er sich, nach dem ganzen Umfang seines Berufs, beschäftigen muß.
Der großea2 Einfluß einer rechten Kenntniß der Kirchengeschichtec3 auf die gründliche Erlernung der theologischen Wissenschaften, zeigt sich in allenc4 Theilen der Theologie. In der exegetischen 1) ganz eigentlich: beyc5 Erklärung dererjenigenc6 Stellen neuesc7 Testaments, welche historische Umstände zur Zeit der Apostel enthalten, um in dieselbe mehr Licht zu bringen, oder falsches Licht davon zu entfernen; zur Kenntniß der Geschichte der neutestamentlichen Bücher; und zur Kenntniß mancher merkwürdigen Bücher der ältesten Zeiten, die, wenn sie gleich apokryphisch genenntc8 werden, doch, wegen der darin liegenden Vorstellungen vieler unter den ältesten Christen oder Juden, auch wegen mancher Fragmente der historischen Tradition, noch einen reichen Schazac9 von historischen Erläuterungen des neuen Testaments,ac10 enthalten, und dazu gebraucht werden können, /cso baldc\ ∥c11 erst durch Hülfe der genauern Kirchengeschichte die wahre Zeit, wohin sie gehören, und andere historische Umstände derselben bestimmt sind. 2) Beyc12 der Kritik des neuen Testaments, wo ohne genaue Kenntniß der Kirchengeschichte nicht einmal die Geschichte des heiligen Textes klar ist, so wenig als das Alterthum und der Werth gewisser Lesearten, ohne diese Kenntniß beurtheilt werden /ckan. *)c\ ∥c13 |b110| 3) Um sich gegen manche sehr schädliche Vorurtheile in der eigentlichen Theologie zu verwahren, undc14 ihren Ungrund aufzudecken. Denn viele Irrthü|a395|mer in der Theologie, so wie viele Beweise auch richtiger Lehren, beruhen auf /abloßem Mißverstandea\ ∥a15 der heiligen Schrift, oder gar |c97| ihrer Uebersetzungen, hinter den man ohne diese Kenntniß nicht wohl kommen /ckan, **)c\ ∥c16 oder sie gar für apostolische Tradition hält; so wie man sich oft nicht gegen gewisse richtigere Erklärungen der heiligen Schrift sträuben würde, wenn man ihr Alterthum und den neuern Ursprung falscher herrschendenc17 Erklärungen /ckennete. ***)c\ ∥c18 Ueberhaupt würde man bald hierin von Irrthümern zurückkommen, wenn man die Genealogie und /adiea\ Chronologie einiger berühmten Erklärungen, die von Hand in Hand gegangen sind, fleißiger aus der Kirchengeschichte aufsuchte, und sich aus dieser überzeugte, daß die angebliche exegetische Tradition und fortgepflanzte sogenannte Erklärung der Kirche oft anders nichts ist, als Privaterklärung eines, oft ohne sein Verdienst, berühmt gewordnenc19 alten Auslegers, die durch zufällige Umstände gangbar wurde, oder in häufig gelesene Commentarien überging, und hernach, ohne weitrec20 Untersuchung, als ausgemachte Wahrheit, von Kirche zu Kirche, und Jahrhundert zu Jahrhundert,c21 nachgesagt wurde, zumal wenn sie gewissen herrschenden Meinungen in der Theologie günstig war. ****)c22
Die Kirchengeschichte giebt 4) erst die recht anschauliche Ueberzeugung, wie sehr die ganze Theologie an ihrer Lauterkeit und wahrhaften praktischen Brauchbarkeit gewonnen oder gelitten habe, je nachdem man die wahren Hülfsmittel zur Einsicht des Sinnes der heiligen Schrift recht kannte, schätzte und brauchtec2, oder nicht (/a§. 19c3a\ ∥a4); und, indem sie uns so deutlich zeigt, welchen unsäglichen Schaden die Herrschaft des menschlichen Ansehens in der Kirche gestiftet habe:c5 so macht sie uns die göttlichen Schriften ∥c6 desto /awerther. |b112| Unda\ ∥a7, weil auch /adie Menschena\ über den Sinn dieser göttlichen Belehrungen wieder ∥a8 so verschieden urtheilen, diese Verschiedenheit und Uneinigkeit aber immer größera9 und unvereinbarer wird, wenn man nicht hierin mit Gewalt und offenbarenc10 Ge|a397|wissenszwang eine äußerlichea11 Einigkeit befördern will: so lehrt sie uns sehr einleuchtend die Nothwendigkeit fester exegetischer Grundsätze, und des Fleißes, den man auf die deutliche eignec12 Ueberzeugung von dem wahren Sinn der heiligen Schrift und die klare Darlegung desselben wenden muß. Und wenn denn auch nur 5) die Kirchengeschichte, wie sie es wirklich thut, uns mit der /aso sehra\ ∥a13 verschiednenc14 Denkungsart, ∥c15 Fähigkeiten, vorzüglichen Hülfsmitteln und Sitten, und den dadurch geleiteten mannichfaltigen Vorstellungen und Neigungen der Menschen in so verschiednenc16 Zeiten und so besondern Lagen, bekannt machte: so könnte sie uns wenigstens mehr gewöhnen, uns |c99| in fremde Zeiten und Umstände hinein zu denken, welches /cso sehr vielc\ zur Bildung des wahren Auslegers /cbeyträgtc\ ∥c17.
Noch ausgebreiteter ist der Nutzen dieses Studiums in der /aeigentlich sogenannten Theologiea\ ∥a2. – In der dogmatischen und elenchtischen, so fern 1) diese doppelte Wissenschaft nicht bloß die Religionslehren selbst, sondern auch die verschiednenc3 Vorstellungen davon vorlegen soll, ist ja die Geschichte dieser Lehren und der verschiednenc4 Begriffe davon, ein Haupttheil der Kirchen|b113|geschichte, der uns die Veranlaßungac5 der verschiednenc6 Vorstellungen, das Interesse dabeyc7, und den Zusammenhang mit andern Lehren und Vorstellungen, zum Theil die zu ihrer Unterstützung gebrauchten Gründe, und die eingetretenen Umstände lehretc8, welche gewissen Meinungen An|a398|sehen verschafft, oder Widerspruch gegen sie veranlaßt haben. 2) Indem sie dieses thut, unterrichtet sie uns von dem wahren Sinn dererjenigenc9, die über gewisse Lehren der Religion, über gewisse Vorstellungen davon, oder über gewisse davon gebrauchte Ausdrücke verschiednerc10 Meinung waren. Dadurch wird vielfältiger Mißverstand gehoben, viel unnützer Streit /cund Untersuchungc\ abgeschnitten, und unnöthige, parteyischeac11, oder gar gehäßigec13 Beurtheilung verhütet.
Sie legt 3) zugleich den unsäglichen Schaden vor Augen, den die Vermischung dieser Meinungen über Religionslehren mit diesen letztern selbst, der gleiche Werth, den man auf jene, wie auf diese gelegt hat, das Bestreben, durch alle, auch unerlaubte Mittel, jene eben so wie diese geltend zu machen, gestiftet hat;a2 und befördert dadurch |c100| nicht nur die Billigkeit in Beurtheilung verschiednerc3 Vorstellungen, sondern auch die Vorsichtigkeit, um nicht durch Zweydeutigkeitc4, Unbestimmtheit, Vermengung der Hauptsache mit Nebensachen, und unzeitigen Eifer für unsrec5 Meinungen, Gelegenheit zu Zwistigkeiten zu geben, und |b114| der Hauptsache selbst dadurch zu schaden. Sie allein zeigt 4) wie manche Lehren oder Meinungen davon /ceher garc\ nicht ∥c6 in Gang gekommen, oder Aufsehen und Widerspruch erregt, als bis gewisse äusserlichec7 Umstände, z. B. Eifersucht oder Herrschsucht angesehener Kirchen und Bischöfe, |a399| ausserordentlichec8 Achtung gegen einen berühmten Mann u. d. gl. dazu gekommen, und diese zufälligen Umstände erst die Sache wichtig, oder der weit um sich gegriffnec9 Streit sie zu einer Quelle großera10 Revolutionen gemacht habe,c11 (wovon die Geschichte der pelagianischen, nestorianischen, monophysitischen und Sacramentstreitigkeiten u. d. gl. traurige Beyspielec12 liefert); wie daher die Wichtigkeit einer solchen Lehre, Meinung oder ∥c13 Ausdrucks gar nicht, oder lange nicht so sehr in der Natur der Sache selbst, und ihrem Zusammenhangc14 mit den Lehren des eigentlichen Christenthums, und mit praktischen Folgen,a15 liege, als vielmehr in gewissen Zufällenc16, welche die Religion gar nichtc17 angingen.
/cWennc\ ∥c2 denn die Kirchengeschichte einem jeden /cUnbefangnen so augenscheinlich zeigt, /a–a\c\ ∥c3 wie es /cso gar keine völlige Einigkeit jemalsc\ ∥c4 in Meinungen gegeben habe, und alle /cäusserliche völlige Einstimmungc\ ∥c5 weder durch öffentliche Religionsgespräche, noch Friedens- oder Glaubensformeln, sondern nur durch Zwang oder durch blinden Glauben bewirkt /cworden; /a–a\c\ ∥c6 daß der Triumph gewisser |b115| |c101| Meinungen über /candre, soc\ ∥c7 selten durch Ueberzeugung, und gemeiniglich nur durch Anschmiegen an Vorurtheile des großena8 Haufens, oder an eingeführte Gewohnheiten, und noch öftererc9 durch mehrerec10 Macht und Kühnheit ihrer Vertheidiger, durch Ansehnc11 großera12 Männerc13, oder berühmterer |a400| Kirchen, durch geschlossene Verbindungen der Bischöfe, durch Beystandc14 der Fürsten, erfochten worden; /a–a\ daß zu Einer Zeit und in Einem Lande das wieder verdammt worden, was zu einer andern Zeit und anderwärts als Lehre und Befehl der Kirche, aus angeblicher Eingebung des heiligen Geistes, festgesetzt worden war; /a–a\ daß Bischöfe, Päbstec15 und Concilien einander selbst widersprochen, und ihre vorigec16 Aussprüche wieder zerstört /chaben; /a–a\c\ ∥c17 daß die vorgegebnec18 bessere Einsicht oft bloß durch Einfluß der Höfe und mächtigerer Parteyenac19 gestimmt worden /csey; /a–a\c\ ∥c21 daß die sogenannte Kirchec22 sich ∥c23 oft herausgenommen habe, über das Gewissen und die Seligkeit, selbst über und widera24 Christi und seiner Apostel eignec25 Lehren und Verordnungen, zu entscheiden; /c/a–a\ undc\ daß ∥c26, wenn sich die unterdrückte Parteyac27 nur entschließena29 könnenc30, um des Gewissens willen zu leiden, oder /czu schweigen, undc\ ∥c31 in der Stille zu wirken, keine Macht je im Stande gewesen seyc32, den Fortgang der Wahrheit zu /cverhindern: /a–a\c\ ∥c33 so wirkt sie 5) die innigste Ueberzeugung, daß überall kein menschliches Ansehen und kein Ansehen der sogenannten Kirche und Tradition eine den Verstand und das Gewissen verpflichtende Kraft habe, sondern höchstens ein Vorurtheil errege, das uns zur nähern |b116| Untersuchung der Sachen auffordert; /cdasa34 c\ ∥c35 schlechterdings eignec36 Untersuchung in der Religion nothwendig seyc37, und eignerc38 Glaube freyc39 bleibe; und daß man nur Glauben an Gottc40 und Muth, die Wahrheit zu untersuchen, |c102| und mit Weisheit zu bekennen, erhaltenc41 dürfe, um gewiß |a401| zu seyn, beyc42 veränderten Umständen, die in Gottes Hand sind, werde die Wahrheit doch durchdringen, und die Ehre des Gewissens gerettet werden. Eine /cUeberzeugung, die auch beyc\ ∥c43 gewissenhafter Untersuchung der Religionslehren und der verschiednenc44 Meinungen darüber, unumgänglich nöthig /cistc\, und ∥c45 die Auffindung der Wahrheit ungemein befördertc46.
/cUnd wodurch laßena2 c\ ∥c3 sich ∥c4 6) Meinungen, die man fälschlich für christliche Lehren ausgiebt, und die keine andere Gründe füra5 sich haben, als Ansehnc6 der Kirche, überzeugender widerlegen, als wenn man aus der Kirchengeschichtec7 darthun kanc8, wie spät ihr Ursprung, und wie wenig die Kirche aller Zeiten darüber einig gewesen seyc9? Gegen solche Gemeinenc10, die ihre Unterscheidungslehren /aauf das Ansehen der ältern christl. Kirchea\ ∥a11 gründen, /cgiebtsc\ ∥c12 kein wirksameres Mittel zur Widerlegung, als /cdie Kirchengeschichtec\ ∥c13; und die /cCasaubon's, Saumaisen, Blondel's, Daillés, Richer'sc\ ∥c14 und andrec15 gründliche Kenner /cdieser Geschichtec\ ∥c16 haben allezeit mehr ausgerichtet, als die ganze Polemik bloß scholastischer Theologen. Wem das Studium der Kirchengeschichte, selbst für den |b117| Volkslehrer, gleichgültig scheint, der muß entweder den immer regen, auch in Geheim wirkenden,c17 Bekehrungsgeist der römisch-katholischen Kirche und die daher unserer Gewissensfreyheitc18 drohende Gefahr, oder die wirksame Macht religiöser Vorurtheile |a402| und des menschlichen Ansehens auf die Gemüther nicht kennen. Eben von beydenc19 giebt die Kirchengeschichte die überzeugendsten Beweise.
Mitten in einer solchen Fluth menschlicher Meinungen, unter allen Verderbnissen /cdes Christenthumsc\ ∥c2, und den mannichfaltigen Versuchen, esc3 nach menschlicher Willkührc4 abzuändern, oder gar zu verdrängen:c5 hat sich denn doch 7) das /ceigentliche Christenthum selbstc\ ∥c6 immer erhalten,c7 und bewährt /cbefundenc\. Alle, nicht beyc8 Uebelunterrichteten, Leichtsinnigen und Leichtgläubigen, sondern beyc9 wahrhaftig aufgeklärten und gründlich untersuchenden Köpfen, wirksamec10 und siegendec11 Angriffe auf /cdas sogenanntec\ ∥c12 Christenthum ∥c13 haben nie /cdas Christenthumc\ ∥c14 selbst, sondern nur die falschen Zusätze und Vorstellungen zernichtet. Selbst in den verderbtesten Zeiten und Kirchen hat sich das Ansehnc15 der heil. Schrift und Jesu Christi, hat sich das wahrhaftig allgemein Trostreiche und wahrhaftig Bessernde /cim Christenthumc\ ∥c16 überhaupt erhalten. Diese Ueberzeugung macht /cdas Christenthumc\ ∥c17 und seinen ∥c18 Werth sehr respectabelc19, und /cdergleichena20 historische Ueberzeugung gewährtc\ ∥c21 das fleißige Studium der /cchristlichen Kirchengeschichte, welches auchc\ ∥c22 8) zur rechten |b118| eignenc23 Ueberzeugung von der wahren Beschaffenheit, Aechtheitc24, Glaubwürdigkeit und /cwesentlichenc\ Unverdorbenheit der biblischen Bücher ∥c25, worauf die Ueberzeugung von der Wahrheit und |a403| Verbindlichkeit der daraus geschöpften Lehren mit beruht, ∥c26 sowohl erfordert /cwirdc\, als zur Beschämung der Vorwürfe gegen /cdas Christenthumc\ ∥c27 und dessenc28 wohlthätige Wirkungen. Denn alle Scheinbarkeit dieser Vorwürfe gründet sich lediglich darauf, daß man entweder nur das Gehässigea29 oder die nachtheilige Seite hervorzieht, auf der sich das sogenannte Christenthum leider oft genug gezeigt hat, und /adaß mana\ nicht mit eben dem ehrlichen Fleiß dem Guten nachspürt, welches das |c104| /cwahre Christenthumc\ ∥c30, selbst beyc31 so /cmancherleyc\ ∥c32 Verderbnissen, gestiftet hat; oder daß man das Christenthum selbst nicht von den ihm aufgehängten Zusätzen und Vorstellungen darüber unterscheidet; oder daß man das auf die Rechnung /cdes Christenthumsc\ ∥c33 setzt, was ∥c34 bloßera35 Ausbruch /cder Leidenschaftc\ ∥c36 war, die überall, nicht /cverbundenc\ ∥c37 mit /cdem Christenthum alleinc\ ∥c38, die menschliche Glückseligkeit zerstörtc39. Eben diesera40 Unterschied, der so traurigen und ungerechten Mißverstand veranlaßt, und eben jene unleugbarc41 heilsamen Einflüsse des Christenthums auf die Glückseligkeit der Welt, kanc42 nur der rechte Fleiß in der Kirchengeschichte klar machen.
Wenn die Geschichte überhaupt die beste Schule der Weisheit und Tugend werden kanac2, |b119| wo man die Menschen siehtc3, wie sie wirklich sind, und /cwie sie wirklichc\ ∥c4 werden können,c5 wo man sie unter und nach ihren jedesmaligen besondern Umständen |a404| handeln sieht, wo man sich von dem Werth und Einfluß ihrer moralischen Grundsätze und Gesinnungen in das Verhalten und in die Glückseligkeit der Gesellschaft überzeugen kanc6: so gewährt die Kirchengeschichte ∥c7 vorzüglich ∥c8 diesen Nutzen, theilsa9, weil sie, ihrer Natur nach, /cmehr Auftrittec\ ∥c10 enthält, woc11 sich die Menschen in ihrem eigentlich sittlichen ∥c12 Verhalten zeigen, theilsa13, weil sich ∥c14 da die besondern Wirkungen wahrer und falscher Vorstellungen in der Religion und des rechten und unrechten Gebrauchs offenbaren, den man von ihr beyc15 dem sittlichen Betragen macht. /cSiec\ ∥c16 stellt ∥c17 uns Beyspielec18 von religiöser Schwärmereyc19 und Aberglauben, von Leidenschaften unter der Masquec20 der Religion, von Irreligiosität und höchstem /cSittenverderbniß auf einer, undc\ ∥c21 /aauf |c105| der /candern Seite,c\ ∥c22 a\ von erleuchteter, reiner Frömmigkeit, von der Macht der Religion über die Schwäche des Herzens, und über die Stärke der Leidenschaften, in mancherleyc23 Lagen und Gestalten vor;ac24 und einem aufmerksamen Beobachter, der zugleich das von den wirklichen Handlungen und ihren durchschimmernden Triebfedern zu scheiden versteht, was Parteylichkeitac26 Gutes oder Böses /ahinzu gedichteta\ ∥a28 hat, /ceinem solchen kanc\ ∥c29 es selten schwer fallen, zu entdecken, woraus beyderleyc30 Arten von Handlungen entsprungen sind, wodurch sie Nahrung bekommen, was für wohlthätige oder schädliche Wirkungen sie hervorgebracht haben. Wie viel Gewinn kanac31 also die |b120| christliche Sittenlehre aus der Kirchengeschichte ziehnc32, da diese Geschichte so viele Belege enthält, die den Inhalt dieser Sittenlehre bewähren, an|a405|schaulich darstellen, und eine so reiche Quelle feiner Beobachtungen über das menschliche Herz oder genauerer Bestimmungen der Sittenlehre eröffnen!
Die sogenannte symbolische Theologie, wenn sie ihrem Namen treu bleibetc2, und nicht in das Gebiet der Dogmatik und Polemik schweift, ist selbst nichts anders als ein Theil der Kirchengeschichte, man mag auf die Geschichtec3 der Symbolenc4 und /csymbolischen Bücherc\ ∥c5, oder auf die /cGeschichte derc\ ∥c6 darin vorkommenden /cLehren und Vorstellungenc\ ∥c7 davona8 sehen, die sowohl selbst, als die Nothwendigkeit, sie zu behaupten, zu vertheidigen oder zu widerlegen, schlechterdings ohne christliche Kirchengeschichte nicht verstanden werden kanc9.
/acDiejenigenac\ ∥ac2 Wissenschaften, /cdie nun eigentlichc\ ∥c4 die Amtsführung des Predigers/c, und was dazu gehört,c\ betreffen, /cscheinen zwarc\ die Kenntniß der /cKirchengeschichte in dem Grade, wie diec\ ∥c5 bisher erwähntena6 /cWissenschaften, nichtc\ ∥c7 zu erfordern. Denn – die Kenntniß der geistlichen Rechte abgerechnet, /cwobey freylichc\ ∥c8 diese Geschichte unentbehrlich bleibt, die aber zur Theologie eigentlich nicht gehört – so /cnützlich es seyn würdec\ ∥c9, auch |b121| in Predigten und Katechisationen den Vortrag durch wohlgewählte Beyspielec10 aus der christlichen Geschichte anschaulicher und eindrücklicher zu ma|a406|chen, /cund so sehr auchc\ ∥c11 zu wünschen wäre, daß selbst dem gemeinen Christen und den Kindern recht frühzeitig /cmöchtec\ ein Begrifc12 von dem für sie lehrreichen Inhalt der Kirchen-c13 sonderlich der Reformations- und übrigen Geschichte ihrer Kirche, /cbeygebracht werden: soc\ ∥c14 sind dochc15 jene Beyspielec16 nur unzusammenhängende Bruchstücke, die man, auch ohne eigentliches Studieren der Kirchengeschichte, sich bekannt machen /c/akönnte;a\ ∥a17 es gehörtec\ ∥c18 viel Vorsichtigkeitc19 und weise Wahl dazu, um nicht den Vortrag, der für die Religion bestimmt ist, mit Nebensachen, oder gar solchen Dingen anzufüllen, die für solchec20 Zuhörer unnütz, vielleicht selbst, wegen des zu leichten Mißverstandes, schädlich werden /ckönnten; und dasc\ ∥c21 wirklich für sie Nützliche könnte ihnen ∥c22 anderwärts wohl bequemer und vollständiger, als beyc23 dem Gottesdienst selbst, beygebrachtc24 werden. /a–a\ /cAllein der eigentlichste und wesentlichec\ ∥c25 Nutzen, denc26 der Prediger aus der Kirchengeschichte ziehen /cmüßte, wärec\ ∥c27 die so unentbehrliche Klugheit beyc28 Mittheilung der Religion und beyc29 seinem ganzen Betragen, ja überhaupt die Bildung seines ganzen Charactersc30 dadurch, die doch überall das Wichtigste ist, wornach er zu trachten hat, und die so |c107| sehr durch das rechte Studieren der Kirchengeschichte /cgeschehen kana31. – Diesc\ ∥c32 führt uns auf den /czweytenc\ ∥c33 höchst wichtigen Vortheil, denc34 der /cauf diese Wissenschaftc\ ∥c35 gewendete /cFleiß giebta36 (§. 84.).a37 c\ ∥c38
Man muß sich sehr wenig auf die rechte Schätzung des Werths der Dinge verstehen, wenn man sich einbilden kanac2, die Hauptsache, oder gar Alles, komme beyc3 dem Lehrer der Religion auf das an, was er Andern wieder vortrage; dies müsse er eigentlich und vornehmlich, und nächstdem die Kunst lernen, es deutlich und lebhaft /cvorzutragen. Dieser Vortragc\ ∥c4 ist doch nur ein Theil seines Berufs; /cdazuc\ ∥c5 bedürfte es nicht einmal gelernterc6 Prediger; es bedürfte nur einiger äusserlichenc7 Gaben, eines mittelmäßigenc8 schlichten Menschenverstandes, eines guten Gedächtnisses, des fleißigen Lesens guter, der Classec9 der Zuhörer, vor welcher man reden soll, angemessener Predigten, oder /ceiner kleinenc\ ∥c10 Aufmerksamkeit auf die Manier beliebter Prediger im Vortrage:a11 so wärec12 ein solcher /cPrediger fertigc\ ∥c13. Wenn aber das übrige schlechte, oder wenigstens gleichgültige oder unvorsichtige Betragen des Predigers das Gute, so etwa durch Predigten gestiftet werden könnte, verhindert, oder wieder zerstört, oder doch schwächt; wenn die Kraft des ganzen Beyspielsc14 weit mehr wirkt als alles Predigen, und diesem erst den rechten Nachdruck giebt; wenn der Prediger durch sein ganzes Benehmen zum Guten wirksam, wahrer Vater und Seelsorger der ihm Anvertraueten seyn soll; wenn er so nicht reden und handeln |c108| kanc15, ohne eignec16 innige Ueberzeugung von dem, was er empfehlen, ohne eignec17 herzliche Gesinnung und Liebe, die er dagegen einflößena18 will, ohne |a408| |b123| wahrhaftige Weisheit in der Wahl und in der Artc19 wie er redet und handelt: so möchte doch wohl auf seine /ceignec\ ∥c20 Bildunga21 weit mehr ankommen, als auf seinen Vortraga22, der ohnehin nachc23 jener /cgestimmt werden wirdc\ ∥c24.
Eben diese /ceigne Bildungc\ ∥c2 ists, die durch das rechte Studieren der /cKirchengeschichte, mehr als durch irgend etwas Anderes,c\ ∥c3 so /csehrc\ ∥c4 befördert werden kanc5. Denn sie zeigt /ceigentlichc\ ∥c6 das Schicksal und die Wirkungen der Religion, nach den verschiednenc7 Umständen der Menschen und dem verschiednenc8 Gebrauch, den sie davon /cmachten; und, wennc\ ∥c9 man gleich diese Wirkungen auch aus Beobachtungen seiner selbst und Anderer, mit denen wir leben, lernen /ckanc\: so zeigt uns doch die Kirchengeschichte eine viel größerea10 Verschiedenheit der Menschen, einc11 viel /cmannichfaltigeres moralisches Verhaltenc\ ∥c12 derselben, viel mehr verschiednec13 Umstände, in die sie, in Absicht auf die Religion, kommen können, und ersetzt das durch ihren Reichthum, was unserer sehr eingeschränkten Erfahrung abgeht. – Sie bildet und befestigt 1) unsre eigne Ueberzeugunga14 vom Christenthum /c–c\ durch die Vorstellung des Fortgangs, der wunderbaren Erhaltung und Entwickelung der wahren Religion unter so mancherleyc15 Hindernissen und Angriffen, und ihrer für einzelnea16 Menschen und die ganze Gesellschaft so heilsamen Wirkungen; /ac–ac\ durch die ausgezeichnetsten Spuren der göttlichen Vorsehunga17, |a409| |b124| die so sehr für diea18 Erkenntniß /aGottesa\ und /afüra\ wahre Gottseligkeit einnehmen, |c109| so sehr das Vertrauen auf ihn auch unter den mißlichsten Umständen, nebst dem Muth, Gutes zu thun, und nicht müde zu werden, stärken; /ac–ac\ durch die so deutlichen Anzeigen des Unterschieds zwischen dem ächtenc19 und daher unveränderlich bleibenden Christenthum, und zwischen den falschen Zusätzen oder nicht allgemeina20 nothwendigen Vorstellungen davon; /ac–ac\ durch die ganz besondere Fürsorge Gottes für die besondere Lehre und die besondere Kirche, zu der wir uns bekennen, durch die, im Ganzen genommen, geringrec21 Mängel derselben, oder durch mehrere Gewissensfreyheitc22, sichrerea23 Grundsätze und Glückseligkeit überhaupt, die sie uns gewährt.
Durch diese einleuchtende Darstellung der wunderbaren und allezeit herrlichen Wege Gottes sowohl, als durch so viele gutea2 und bösea3 Beyspiele,c4 und des ganzen Ganges, den das verschiednec5 Betragen der Menschen genommen hat, kanc6 sie 2) sehr die ganze gute Gesinnung des Religionslehrers bilden. Welche Achtung gegen Wahrheit und Gewissen, welche Zufriedenheit mit Gott beyc7 so mannichfaltigen verschiednenc8 Vorstellungen vom Christenthum, die auf so verschiednenc9 Wegen doch alle zu Einema10 Hauptzweck führen, und beyc11 oft so sehr gegen einander laufenden Mitteln, die doch alle zu Beförderung der Absichten Gottes mitwirken müssen; welche Werthschätzung der |a410| |b125| Vernunft, der heiligen Schrift, der eignen Untersuchung, nützlicher Wissenschaften und guter Anstalten; welche Ueberzeugung von dem großena12 Umfang von Kenntnissen und Eigenschaften und ihrer Nothwendigkeit, um ganz dem Beruf eines Lehrers der Religion, nach den Bedürfnissen seiner Zeit und seiner Zuhörer,c13 ein Genüge zu thun,c14 und welchen regen Trieb darnach;c15 welche Standhaftigkeit gegen diejenigen, die dieses Gute stören wollen, und welche Geduld, Mitleiden, Billigkeit gegen Irrende, oder die so von uns verschieden denken; welche Achtung und Liebe gegen unsern eignenc16 so weit und mannichfaltigc17 zum Besten der Menschen wirkenden Beruf; wie viel Selbsterkenntniß und Ermunterung zu allen Tugenden kanc18 dieses Studium wirken, wenn man, durch fleißige Beobachtung dieser Vorgänge in der Kirchengeschichte und ihrer Ursachen und Folgen, sie sich zu einer lehrreichen Schule der Bildung unsers eignen Herzens macht!
Wie viel dieses Studium 3) zur Beförderung der wahren Klugheit eines Lehrers der Religion beytragec2, können z. B. folgende Bemerkungen lehren. – Der vernachläßigtec3 Unterschied zwischen Christenthum und Theologie beyc4 dem Unterricht des Volks thut unsäglichen Schaden; die einleuchtendsten Beweise davon stellt die Kirchengeschichte fast beyc5 allen (arianischen, nestorianischen, monophysitischen und andern) |a411| |b126| Streitigkeiten auf, an welchen selbst das Volk Theil nahm,c6 und sie zeigt auch, welche Lehren von jeher unter den Christen und unbestritten gewesen, welche hingegen erst nach und nach entstanden, oder nie auf einstimmige Art von allen behauptet worden sind. – Nichts ist dem immer mehrern Wachsthum des Guten in der Kirche nachtheiliger, als die zu hohen Begriffe von gewissen Heiligen, angesehenen Lehrern, Anstalten, und der Untrüglichkeit der Kirche, so wie die Furcht vor der Gefahr, die aus allemc7, was neuc8 scheint, /centsteht; diesc\ ∥c9 verhindert alle weitere und eigne |c111| Untersuchung, und giebt selbst Mängeln und Ausschweifungen ein unverletzliches Ansehn. Nichts ist/a, auf der andern Seite,a\ der Erhaltung des wahrhaftig Guten, der Festigkeit der Grundsätze, und der gemeinschaftlichen Liebe gefährlicher, als das unzeitige und unvorsichtige Reformiren; nichts empört so sehr auch gegen gute neue Anstalten und Untersuchungen, als die unterlaßnec10 Schonung, die man dem Gewissen, der Freyheitc11 der Menschen, und nützlichen, wenigstens unschädlichen, Vorurtheilen oder Dingen schuldig ist, an welche ein Theil von Menschen einmal seine Ueberzeugung von wichtigen Wahrheiten, seine Gemüthsruhe, oder seine Andacht und die Ausübung seiner Pflichten geknüpft hat. – Die Einigkeit in Meinungen über Religionssachen, in wie fern, und durch welche Mittel und unter welchen Umständen sie könne hervorgebracht werden, oder nicht, und was aus solchen Versuchen für Folgen entstehnc12? was kanc13 |a412| alle diese Fragen besser |b127| beantworten, als die Geschichte der Conföderationen, der öffentlichen Religionsgespräche, der Glaubens- und Vereinigungsformeln? *)c14 was mehr die nöthige Vorsichtigkeit, auch in Einführung und Aendrungc15 bloß äusserlicherc16 Anstalten und der Nebendinge in der Religion, lehren? **)c17 was aufmerksamer auf Erhaltung der Freyheitc18, selbst in gleichgültigen Dingen? ***)c19 was billiger in Beurtheilung hartnäckig- oder zu nachgiebigscheinendera20 Dissentienten? †)c21 was geneigter in Schätzung jedes Guten in seiner Art ††)c22 machen /cu. d. gl.c\ ∥c23 als die Geschichte solcher Personen oder Unternehmungen? – Kurz, es giebt keine lehrreichere Schule zur Bildung kluger und bescheidnerc24 Lehrer der Religion, als die Kirchengeschichte, und immer haben sich in dieser Absicht diejenigen durch wahre |c112| Klugheit, und in dem Maaß ausgezeichnet, welche und in welchem Maaß sie mit Fleiß und unbefangnemc25 Gemüth diese Geschichte studiert hatten.
Es ist /cvor sich klarc\ ∥c2, daß dieser /csoc\ großea3 ∥c4 Nutzen der /cchristlichenc\ Kirchengeschichte nur als|b129|dannac5 erreicht werden könne, wenn sie die /aim ersten Theil |c114| erwähntena\ ∥a7 Eigenschaften /aeiner guten Geschichtea\ hat, und wenn man sie so studiert, daß man beständig diese vor Augen behälta8, und mit möglichstem Fleissec9 sie zu erreichen sucht. Dadurch fällt der /ceinfältigec\ Vorwurf ∥c10 von selbst weg, daß sie ein bloßesa11 Gedächtnißwerk, mit unnützen und unfruchtbaren Kleinigkeiten /c(wie wohl jede andre Wissenschaft)c\ überhäuft, und zur Zubereitung eines künftigen Lehrers der Religion sehr entbehrlich seyc12. Eine flüchtige und oberflächigec13 Bekanntschaft mit derselben ist so viel wie gar keine, und schwerlich giebts irgend eine Art von akademischen Vorlesungen für einen künftigen Theologen, die er, wenn er Gelegenheit hätte, sie ausführlich und auf die angezeigte Art zu hören, weniger versäumen, und öftrerc14 hören sollte, als solche historische. Denn zuerst ist den meistenc15 darin allesc16 ganz neu und fremd; vielesc17 unverständlich, weil so manche andre Kenntnisse dabeyc18 vorausgesetzt, oder /cmit beygebrachtc\ ∥c19 werden müssen, die schlechterdings sich in der Kürze nicht abfertigen laßenac20, sondern umständliche Auseinandersetzung erfordern; und Vieles muß, wenn dem Zuhörer fast allesc21 noch unbekannt ist, seiner Aufmerksamkeit entwischenc22. Hiernächst kanc23 er kaum den Abgang dieser versäumten Gelegenheit durch eignen Fleiß ersetzen, weil es ein gar zu weitläufiges Studium ist, das sehr viele Hülfsmittel erfordert, die selten jemand haben kanc24, so wenig wie hernach Geduld und Mußea25 genug, um in seinem künftigen Beruf dieses nachzuholen; |b130| zumala26 da es so sehr an guten Handbüchern fehlt, |a415| woraus man sich selbst helfen könnte. Denn alle diese sind entweder /cvielc\ zu unvollständig, oder /csehr unzuverläßigc\ ∥c27, selten aus den rechten Quellen geschöpft, und gar nicht so bearbeitet, daß sie sich durch die vorhin gedachten Eigenschaften empfehlena28; oder sie enthalten treflichec29 Materialien, die aber nicht genug geordnet, nicht lehr|c115|reich und überzeugend genug zusammengestellta30 sind, und für den Anfänger noch zu viel Dunkles und Unerläutertes enthalten; oder sie sind /c– und das trift selbst die besten Handbücher, –c\ nicht vollendet, nicht auf die neuesten Zeiten fortgeführt. Ausführlichere Werke aber sind zu kostbar, und keines faßt den ganzen Umfang der Kirchengeschichte in sich.
Gemeiniglich stellt sich der Anfänger die Schwierigkeiten beyc2 diesem Studium größera3 und unüberwindlicher vor, als sie sind, nicht nur wegen der Menge und Mannichfaltigkeit der Sachen, sondern auchc4 weil man sich in der Geschichte und in allen Wissenschaften, wo nicht der Verstand das Meiste thun muß, weniger selbst helfen kanc5, sondern von Andern lernen muß; weil fast allesc6 in dieser Geschichte dem Anfänger ganz fremd ist;a7 und weil wenige Arten von den einem Studierenden nöthigen Kenntnissen so sehr auf Schulen versäumt werden, als die Kenntniß der Geschichte. Indessen laßenac8 sie sich durch die Beobachtung folgender Vorschläge gar wohl überwinden, die zugleich auch zeigen, wie man dergleichen Vorlesungen über die Kirchengeschichte mit dema9 meisten Nutzen hören könne.
Weil Wahrheitc2 die Seele der Geschichte, Zuverläßigkeitc3 der Erzählung der Grund aller andern aus der Geschichte zu ziehenden Vortheile ist, und der Anfänger sich hier vornehmlich /cmußc\ auf die Kenntniß, Genauigkeit und Deutlichkeit des |b132| Docenten sowohl, als auf seine gute Wahl des Nützlichsten, und auf die lehrreichste Behandlung der Geschichte von ihm, /cverlaßena4 c\ ∥c5 können: so |a401[!]| müßtec6 man 1) vor allen Dingen, wenn man die Wahl unter mehrern Docenten haben kanc7, in dieser Wahl sehr vorsichtig /cseync\, und ∥c8 sie nach dem /cbeurtheilenc\, was unten darüber gesagt werden soll. /cMan müßtec\ ∥c9 2) nie Kirchengeschichte studieren wollen, ehe man sich nicht die Universalgeschichte seit Christi Geburt, und 3) die ältere und neuere Geographie wenigstens /cnothdürftig, undc\ so weit bekannt gemacht hätte, /cdaß manc\ ∥c10 sich mit Hülfe guter Landcharten in vorkommenden Fällen helfen /ckönnte; weil man sich ohne beyderleyc\ ∥c11 Vorerkenntnisse /cgar nichtc\ ∥c12 zurecht finden /ckanc\.
Dem Gedächtniß, wegen der vielen Namen und Jahrzahlen, zu Hülfe zu kommen, sich überall mehr zu orientiren, und immer einen Faden zu haben, woran man die Kenntnisse reihe, die man in der Kirchengeschichte erlangt /ahata\, müßtec2 man sich 4) an ein gutes Handbuch ∥c3 gewöhnen, worin, nebst einer verhältnißmäßigen allgemeinen Vollständigkeit, eine gleichförmige Ordnung /cherrschtea4 †),c\ ∥c5 5) sich gewisse Epochen und Hauptbegebenheiten genau und |c118| fest mit ihren Umständen /ceindrücken ††),c\ ∥c6 und 6) /csichc\ entweder selbst synchronistische Tabellen machenc7, oder dergleichen immer vor Augen /chaben †††);c\ ∥c8 überall aber 7) nicht bloß das Gedächtniß ∥c9 beschäftigen, sondern stets auf eine solche Kenntniß der Kirchengeschichte bedacht ∥c10 seyn, welche die /aschon im ersten Theil angegebenena\ ∥a11 Eigenschaften /aeiner guten Geschichtea\ hat. ∥a12
Wenn man sich auf die gedachte Art entweder durch gute Vorlesungen, oder durch den Gebrauch eines guten |c120| Handbuchs der Kirchengeschichte eine allgemeinere Kenntniß derselben erworben hättec2, und /cman wolltec\ dieses Studium, wegen seines großena3 Nutzens, weiter /cfortsetzen †),c\ ∥c4 |a404[!]| und /csie selbst untersuchen:c\ ∥c5 so würdenc6, in Beziehung auf die oben /aim ersten Theila\ ∥a7 angegebnenc8 nothwendigen Eigenschaften einer wahren und nützlichen Geschichtskunde, folgende Regeln nie /cmüssenc\ /aaus dera\ ∥a9 Acht gelaßenac10 werden. 1) Weil beyc11 Geschichte allesc12 auf Nachrichten und Zeugnisse ankommt, und es, beyc13 der ungeheuren Menge /cvon Nachrichtenc\ ∥c14, die oft in Denkmahlena15 und Schriften, wo man sie gar nicht sucht, nur beyläufigc16 vorkommen, unmöglich ist, daß auch der fleissigsteac17 Mann allesc18 wissen kanc19, was hier einiges Licht ausbreitenc20 möchte,a21 so muß man sich vor allen Dingen sowohl um die Quellen aller Art, |b136| als um die, welche sie schon benutzt, und darnach irgend einen Theil der Kirchengeschichte untersucht haben, bekümmern.
Weil aber angebliche Quellenc2 diesen Namen nicht immer verdienen, und nicht aus der Zeit, noch von den Verfassern sind, welchen sie zugeschrieben werden: so muß /cman 2),c\ ∥c3 ehe man sie brauchtc4, von ihrer Aechtheitc5 überzeugt seyn, oder wissen, wie fern sie Quellen seyn können. Diese Kritik ist vielleicht nirgends nöthiger, als /cbey diesenc\ ∥c6 Quellen der Kirchengeschichte, weil beyc7 der früh entstandnenc8 Einbildung von Rechtmäßigkeit des sogenannten frommen Betrugs, beyc9 der so bald unter Christen eingerissenen Gewohnheit, nach menschlichem Ansehnc10 und Tradition Wahrheit und Pflicht zu bestimmen, und dem daher entstandenen Interesse, die Aechtheitc11 gewisser berühmten Denkmahle zu behaupten, endlich beyc12 dem bis gegen die Zeiten der Reformation fast gänzlichen Mangel der hiebeyc13 gebrauchten Kritik und denc14 blinden /cGlauben an, zumahl herrschende,c\ ∥c15 Sagen, so viele un|a407[!]|ächtec16 Schriften und Denkmahle einenc17 sehr /cunverdienten Creditc\ ∥c18 erlangt haben.
Eben diese Kritik müßtec2 3) beyc3 einzelnena4 Stellen und deren Lesearten angewendet werden, wo, nach den Quellen, die zur richtigen Darstellung eines Textes dienen, oder nach andern wahrscheinlichen Spuren, Verdacht des Unächtenc5 entstehen kanc6, auch hernach 4) beyc7 Bestimmung des richtigen Sinnes, wozu die Kenntniß des, besonders kirchlichen, Sprachgebrauchs, der in verschiedenen Gegenden und Zeiten sehr verschieden ist, unumgänglich erfordert wird, zumahlc8 da er, durch Vernachläßigungc9 dieses Unterschieds, durch Un|c124|wissenheit und Vorurtheile, die durch ∥c10 Interesse geleitet wurden, sehr verdunkelt worden ist.
Wenn man von dem wahren Sinn in einer ächtenc2 Stelle eines solchen Denkmahls oder Schriftstellers überzeugt ist, bleibt noch 5) die Prüfung der Glaubwürdigkeit des Zeugnisses übrig. Es ist hier der Ort nicht, zu zeigen, wie diese Prüfung, und nach welchen Regeln, sie anzustellen /csey †);c\ ∥c3 aber Vorsichtigkeit /ckan beyc\ ∥c4 dieser Geschichte, die durch Unwissenheit, Parteygeistac5 und Hang zum Ausserordentlichenc7 so sehr verdorben ist, nicht genug empfohlen, der angehende Geschichtschreiber nicht oft genug erinnert werden, eher nicht zu urtheilen, als bis und so weit er sich das Zeugniß geben kanc8, eben die Eigenschaften beyc9 dieser Prüfung mitzubringen, die beyc10 dem Zeugen seyn müssen, den man prüfen soll, nehmlich:ac11 in Absicht auf die Eigenschaften unsrer Erkenntniß, hinlängliche Bekanntschaft mit der Geographie, Chronologie, der bürgerlichen und Völker-c13 der Literar-c14 auch der übrigen gleichzeitigen Kirchengeschichte, Philosophie, Kritik und genaue Sprachkenntniß, alles dieses verbunden mit gesundem Verstande, treuem Gedächtniß, feiner Menschen- und Weltkenntniß, scharfsinnigem Beobachtungsgeistc15 und Fähigkeit, selbst kleine Umstände, nach |c125| den Spuren, die uns die Geschichte weisetc16, geschickt zu verbinden; und in Absicht auf den guten Willen, theils strenge Unparteylichkeitac17, die sich weder durch Liebe gegen das, wofür wir eingenommen sind, es seyc19 Religion, oder Parteyac20, |a410[!]| oder eigne Entdeckung und |b142| Einfall, es seyc22 Neues, das wir sagen, oder Altes, was wir vertheidigen wollen, noch durch Abneigung von Personen, Gesellschaften oder Sachen, verführen läßt, theils unermüdeten Fleiß, dem selbst anscheinende Kleinigkeiten nicht zu gering sind, weil und wenn sie auf die Spur der so /coftc\ versteckten Wahrheit leiten können. ††)c23
Der großea2 Einfluß, denc3 die einzelnena4 Theile der Geschichte, und besonders der Kirchengeschichte, auf einander haben, macht es uns 6) besonders zur Pflicht, so sehr wir unsre Ursachen haben können, und so sehr uns der ungemein großea5 |a411[!]| Umfang der Geschichte nöthigen kanc6, uns auf die |b143| Untersuchung gewisser Theile einzuschränken, /c–c\ keinen |c126| gering zu achten, oder ganz zu vernachläßigenc7. Die geringfügigsten Umstände haben oft die größestenac8 Revolutionen hervorgebracht; oft ist nicht die Sache, aberc10 die Art wichtig, wie man sich dabeyc11 benommen hat; und oft findet sich über die Ursachen merkwürdiger Veränderungen in gewissen Theilen der Geschichte alleinc12 oder ∥c13 mehr Aufschluß als in dem, welchen man bearbeitet.
Die Wahrheit einer bezeugten Begebenheit ist nicht bloß nach Zeugnissen, sie ist auch nach der Natur der Sache und nach dem ganzen Umfang ihrer Umstände zu beurtheilen, und wenn die Nachrichten über diese von einander abweichen,c2 oder einander widersprechen:c3 so müssen sie mit einander verglichen, und in den wahrscheinlichsten Zusammenhang gebracht werden. Deswegen ists 7) nicht genug, viele Thatsachen /aoder Ereignissea\ zu sammlen,c4 man muß alle Umstände derselben zusammennehmen, sie ordnen, /aodera\ sehen, was |a412[!]| beyc5 der Vergleichung übrig bleibt. Diesc6 giebt |b144| der Geschichte und unsrenc7 Begriffen davon mehr Deutlichkeit, und verhütet zugleich, daß man die Thatsachen nicht gleich verwirft, weil man sie verschieden oder widersprechend angegeben findet,c8 nicht einen Zusammenhang oder Vorfälle und Absichten erdichtet, die nie gewesen sind, und dadurch die Wahrheit der Geschichte verdirbt, indem man sie reini|c127|gen oder unterhaltend machen will. Wiefern man sich hier Vermuthungen erlauben dürfe, ist schon /aim ersten Theil, beyc9 der Geschichte überhaupt,a\ ∥a10 gesagt worden.
Diesc2 giebt auch 8) den Stoff zum wahren Pragmatischen, ohne welches die Geschichte bloß ein Gegenstand der Neugier und ein Spiel der Einbildungskraft, wenigstens nicht nutzbar zur Bildung des /aVerstandes unda\ Herzens, wird. Nur muß man wirklich aus der Geschichte durch fleissigeac3 Beobachtung lernen, nicht bloß unsre Meinungena4 oder Vorurtheile bestätigen /azua\ wollen; man muß die gute und schlechte Seite der Dinge mit gleicher Sorgfalt beobachten. So wird sie uns ein lehrreicher Schauplatz der göttlichen Vorsehunga5, die auch das Schlecht- und Bösescheinende zu ihren Absichten braucht, eine Schule, wo man eben sowohl ausa6 Andrer Fehlern als ihrem guten Betragen lernen kanc7.
Wer sich mit recht eigentlichem Fleiß auf die Kirchengeschichte legen wollte, müßte sich nicht ∥c2 auf /cdie Kirchengeschichtec\ ∥c3 |c128| im Ganzen und derenc4 allgemeine Uebersicht einschränken, sondern auch die einzelnena5 Theile /cderselbenc\ besonders studieren. Denn /cdie Kirchengeschichtec\ ∥c6 ist von einem so gar weitläufigen Umfang, daß man überaus viel Wichtiges gar nicht kennen lernt, wenn man sich bloß an die Universalkirchengeschichte hält, ja daß man diese nicht einmal recht gründlich, deutlich und pragmatisch machen kanc7, ohne ∥c8 eine genauere Kenntniß jener einzelnena9 Theile ∥c10. Daher werden in der allgemeinen Kirchengeschichte viele sehr wichtige Sachen,c11 (z. B. Geschichte der Leh|a414[!]|ren und des mannichfaltigen Aberglaubens, Ge|b146|schichte des /csich nach und nach gebildetenc\ Jesuitismus ∥c12 und seines geheimen Einflusses /cu. d. gl.c\ ∥c13) ganz und gar nicht, oder nur sehr wenig berührt, oder nicht richtig und vollständig genug aufgeklärt; ja von manchen wichtigen Umständen weiß man die Zeit nicht genau, oder man betrachtet gewisse Erscheinungenc14 nur nach ihrem Ausbruch, nicht nach den lange /cversteckten Vorarbeiten dazu †);c\ ∥c15 oder die Geschichte merkwürdiger Veränderungen,c16 wird beyc17 der Abtheilung in gewisse Perioden so sehr zerstückelt, daß man sie wenigstens nicht so gut übersehen kanc18, als wenn man die Geschichte der einzelnena19 Lehren oder /aParteiena\ ∥a20 besonders untersuchte.
Zu diesen besondern Haupttheilen der christlichen Kirchengeschichte gehört zuerst diea2 Geschichte der Schicksale /cdes (wahren oder vermeintlichen) Christenthumsc\ ∥c3, und, mit derselben, der christlichen Kirche /cin der Weltc\, d. i. der Ausbreitung und Einschränkung, des Verfalls, oder gar des Aussterbens beyderc4 in gewissen Ländern. Beyc5 dieser Geschichte /cmüßte wohlc\ ∥c6 untersucht werden: von woher die Werkzeuge dieser Ausbreitung gekommen?a7 unter welchem Einfluß sie gestanden?a8 /cwas für einc\ ∥c9 Christenthum /csiec\ ausgebreitet haben? was für eine Art der Religion sie in solchen Ländern vorgefunden?a10 wie weit sie sie ausgerottet, oder geschwächt, oder mit /cihrem Christenthum verschmelztc\ ∥c11 haben? wie weit sich in solchen Gegenden diese Fortpflanzung erstrekt?ac12 ob über eine ganze Nation oder nicht? und über welchen Theil derselben? ob sie /cdas Christenthum mitc\ ∥c14 Gewalt oder /cauf welchem gelindern Wege ausgebreitetc\ ∥c15, und von welchen Ursachen der größerea16 oder geringere |c130| Fortgang abgehan|b148|gen? welche Wirkungen diese fortgepflanzte Erkenntniß auf die Culturc17 solcher Länder gehabt, |a416[!]| /coderc\ wie weit sie ∥c18 sie gehemmt und vermindert habec19? welche Veränderungen daraus in der ganzen Verfassung solcher Völker entstanden? besonders wie und wonach die Verfassung einer neuentstandenen Kirche gebildet worden /cseyc\, und in welchem Verhältnisse sie in der Folge gegen die Staats- und übrige Verfassung gestanden habe? Auf eben diese Fragen müßte ohngefährc20 auch beyc21 dem äusserlichenc22 Verfall und Untergang des Christenthums in gewissen Gegenden gesehen werden. – Hiezuc23 gehört eine sehr genaue Kenntniß der Völker- und Ländergeschichte und Verfassung zu verschiedenen /cZeiten; diese würdec\ ∥c24 aber, wegen des großena25 Einflusses der Religion, eben so sehr durch jene Untersuchungen aufgeklärt werden, als die Geschichte der innern Veränderungen der christlichen Kirche Licht aus diesen äusserlichenc26 Umständen bekommen würdec27, in welchem unstreitig der Grund von vielen besondern Veränderungen und Einrichtungen gewisser Kirchen oder des Fortgangs und der Hindernisse derselben, gelegen /chat †).c\ ∥c28
Ein andrerc2, /aabera\ auch wohl der wichtigste, /aobgleicha\ ∥a3 schwerste, und am wenigsten mit rechter Genauigkeit bear|c131|beitete Theil der /cKirchengeschichte †),a4 c\ ∥c5 ist die Geschichte der christlichen Lehre, und überhaupt der Vorstellungen in der Religion. Diese Geschichte müßte ∥c6 1) /csichc\ nicht bloß auf die in der heiligen Schrift bekannt gemachten Lehren, sondern auf alle Meinungen erstrecken, die wenigstens beyc7 einem Theil der Christen geherrscht haben, sofern sie in die Religion schlagen, oder dahin gezogen worden sind, sie mögen zur natürlichen oder geoffenbarten Kenntniß der Religion gehören, es mögen davon vermeintliche Spuren in der Bibel aufgefunden, oder sie anderwärts her genommen seyn. ††)c8 2) Sie müßte nicht nur das Schicksal der Lehren der heiligen Schrift /cselbst, unter den Christenc\ ∥c9, sondern auch der verschiednenc10 Vorstellungen /centhaltenc\, die man sich unter ∥c11 Christen davon gemacht hat, und die Schicksale dieser /cVorstellungen. †††)c\ ∥c12
/cUnd, dac\ ∥c2 die verschiednenc3 Vorstellungen von einer Lehre entweder aus verschiednenc4 Erklärungen der heiligen Schrift, oder aus verschiednenc5 Grundsätzen der Philosophie und deren ver|a419|schiednenc6 Anwendung, oder aus verschieden angenommnerc7 Tradition, oder nach verschiednemc8 innern Gefühl, entstanden sind: so /cwürden 3)c\ ∥c9 ferner ∥c10 die verschiednenc11 Meinungen über die Gültigkeit, den Werth und die rechte Anwendung dieser Quellen, und die Schicksale, welche diese Meinungen gehabt haben, mit in Anschlag kommen müssen; auch 4) die verschiednenc12 Vorstellungen von dem Werth gewisser Bestimmungen einer Lehre, ihrema13 Einfluß in andrec14 Lehren, und der Nothwendigkeit, sie von einem Christen zu fordern;c15 mithin zugleich 5) der Ursprung und das Schicksal vorher unbekannter und ungewöhnlicher Meinungen, auf die man erst gefallen ist, um andrec16 Lehren oder |c133| Vorstellungen zu /cvertheidigen;c\ ∥c17 6) die neuen Erklärungen gewisser Schriftstellen und neue versuchte Beweise für gewisse Meinungen, so wie umgekehrt /cder Verfall und die Verdächtigung andrerc\ ∥c18 Erklärungen /cdarüber;c\ ∥c19 7) die eingeführte Terminologie und /cder verschiednec\ ∥c20 oder verändertec21 Sprachgebrauch in der Theologie, und ∥c22 8) /calle Umständec\ ∥c23, die zu solchen Vorstellungen, ihren Abwechselungen, ∥c24 behaupteten Nothwendigkeit, ∥c25 Beweisen u. d. gl. Gelegenheit gegeben haben.
Schon der großea2 Umfang dieser Geschichte macht die Untersuchung derselben sehr schwer, und vielleicht ist beyc3 keinem Theil der Kirchenhistorie, ausserc4 den andern oben angegebnenc5 Wissenschaften (§. /c104a6 flg.c\ ∥c7) eine ausgebreitete Kenntniß der historischen Denkmahle und der Religionsschriften aller christlichen Völker und Zeiten, eine genaue Bekanntschaft mit dem mannichfaltigen kirchlichen Sprachgebrauch und der Geschichte der Philosophie,c8 nöthiger, fast beyc9 keinem ist auch strenge Unparteylichkeitac10 zu beobachten schwerer, als beyc12 diesem. Aber es belohnt sich auch der darauf gewandte Fleiß genug durch großea13 Vortheile, die |b155| schon oben beyc14 dem Nutzen der Kirchengeschichte angegeben sind, und /adiea\ vorzüglich /ckönnenc\ aus dieser Lehrgeschichte gezogen /cwerden. Unsrec\ ∥c15 Einsichten in diea16 Religion bleiben immer sehr eingeschränkt, wenn man die verschiednenc17 Gestalten und Seiten nicht kennt, in und auf welchen sich eine Sache dem menschlichen Verstande darstellt. Man bleibt um so mehr auf seinen Meinungen ersessen, und taub gegen alle bessrec18 Einsichten, je weniger Seiten einer Sache, und je weniger man die Gründe kennt, die Andrec19, an|c136|ders zu urtheilen, oder sich auszudruckena20, bewogen haben. Nur alsdann kanc21 man dem Mißverstand und ∥c22 Wortstreitigkeiten vorbeugen, die so ganz alle richtige Entscheidung verhindern, Irrthümern und Zweydeutigkeitenc23 auf den Grund kommen, richtiger und billiger |a423| von Andrerc24 Meinungen und ihrer Unschuld oder ihrem Werth urtheilen, und selbst bestimmter denken und sich ausdruckena25 lernen, wenn man hinlänglich mit der Geschichte dieser Lehren und der verschiednenc26 Vorstellungen davon bekannt ist.
Unter den /cQuellen der christlichen Lehrgeschichtec\ ∥c2 haben die Schriften dererjenigen den ausgebreitetsten Nutzen, welche über christliche Lehren geschrieben haben, es seyc3 daß sie ihre eignec4 Gedanken darüber äussertenc5, oder verschiednec6 Meinungen darüber, oder wenigstens eine Er|c137|klärung und einen bestimmten Sinn einer christlichen Lehre erwähntena7. Durch sie wird |a424| man nicht nur mit mehrern Vorstellungen über einen Lehrpunctc8, man wird auch zum Theil mit den Gründen bekannt, wodurch man jene unterstützt hat, oder mit den Meinungen, die auf jene geführt, oder ihr ein gewisses Ansehnc9 verschafft haben; welchen Nutzen andrec10 Denkmahlea11, selbst öffentliche Bekenntnißschriften, nicht leisten, wenn sie nicht zugleich Schutz- und Vertheidigungsschriften sind. Diejenigen christlichen Schriftsteller, welche beyc12 der in gewissen christlichen Ländern herrschenden Lehrparteyac13 ein vorzügliches Ansehnc15 erlangt haben, |b157| entweder als Zeugen und treue Fortpflanzer derjenigen Vorstellung von einer Lehre, die dergleichen Parteyac16 für die richtigste hält, oder als solche, welche die richtige Vorstellung getroffen haben, sind in so fern die wichtigsten, als ihr Ansehen beyc18 solchen Parteyenac19 die Kraft eines Beweises erlangt hat, und man aus ihrer Geschichte sieht, wie und warum sie, wenigstens in gewisser Absicht, dieses Ansehen erhalten haben. In diesem Ansehen stehen die sogenannten Kirchenväter (Patres) beyc21 allen /cden Parteyena22c\ ∥c23, welche eine /chistorische Lehrtraditionc\ ∥c24 als verbindlich zum Glauben ansehen, /cbey andernc\ ∥c25 aber als Zeugen der Vorstellungen, die in den herrschenden Kirchen für die richtigsten gehalten worden sind, oder wenigstens jetzt gehalten werden.
Nach dem Namen der Kirchenväterc2 (Patrum) nennt man die Erklärungen derselben über die christlichen Lehren zusammengenommen, oder den Inbegrifc3 ihrer Vorstellungen von dem, was zur christlichen Lehre gerechnet wird, Patristik im engern Verstande, oder besser patristische Theologie/c, auch wohl historische Theologie im engsten Sinnc\. Im weitern Verstande aber begreift man unter Patristik nicht nur dieses, sondern auch zugleich mit alle Kenntnisse, die zur Verständlichkeit und zum Gebrauch ihrer Schriften nöthig sind. Nun /cistc\ ∥c4 der Begrifc5, der mit dem Namen der Kirchenväter verbunden wird, vieldeutig (§. 115ac6 Anm. /c/a2a\), undc\ ∥c8 Protestanten ∥c9 erkennen kein dogmatischesc10, sondern bloß /chistorisches Ansehenc\ ∥c11 derselben, welches die Kirchenväter mit jedem christlichen Schriftsteller gemein haben. Daher könnte man Patristik, wie patri|a428|stische Theo|b161|logie, auch in dem weitesten Verstande, von der Bekanntschaft mit den Umständen und dem Lehrbegrifc12 christlicher Schriftsteller nehmen. Wenigstens gilt das, was im Folgenden davon gesagt wird, von allen Schriftstellern über christliche Lehre, obwohl insbesondrec13 von denen, deren entscheidendes dogmatisches Ansehn in denenjenigenc14 Kirchen anerkannt wird, welche sich an eine gewisse dogmatische Tradition, als Erkenntnißgrund der rechten christlichena15 Lehre, halten.
Wer diese Kenntnisse besitzen will, der muß nicht nur die Schriftsteller selbst, wenigstens die merkwürdigern, kennen, die sich über die christliche Lehre entweder selbst erklärt, oder Erklärung Anderer darüber erwähnta2 haben; er muß auch wissen, was sie darüber für Schriften bekannt gemacht /ahabena\? ob diese Schriften und die dahin gehörigen Stellen und Lesearten wirklich ihnen, oder wem sie sonst angehören? und welchen Werth oder wenigstens Ansehen sie und ihre Schriften erlangt, besonders was ∥c3 für Veränderungen /csiec\ dadurch in der Kirche hervorgebracht haben?
Die Mühe, welche man auf das Studium der Schriften der eigentlichen Kirchenväter (im |a429| |b162| gewöhnlichsten und engsten Verstande) wendet, belohnt sich zwar sehr wenig durch wirkliche Aufklärung der christlichen Erkenntnißc2 oder durch wahre Erbauung, weil es den Meisten unter ihnen an gründlicher Kenntniß des Sprachgebrauchs der heiligen Schrift und an gesunder Philosophie fehlte, sie sich unglaublich viel willkührlichec3 Einfälle zu gute hielten, und sie meistens,c4 – die wenigstens, welche eben das meiste Ansehen der Rechtgläubigkeit erlangt haben,c5 – die hergebrachtea6 Lehrvorstellung fortpflanzten, oder derselben ihre Erklärungen anpaßten. Auch waren sie so wenig unfehlbar, als ∥a7 der ältern Vorstellungen von den christlichen Lehren unter Christen und des wahren Sinnes /aderselben hinlänglich kundig, nocha\ ∥a8 uneingenommen genug für und wider die Wahrheit dieser Vorstellungen, als daß sie nicht hätten,c9 mehr nach dem Herkommen, als nach reinen Gründen, Wahrheit und Aechtheitc10 der Tradition entscheiden sollen. Sie können daher für |c142| uns, die wir diese Fehler an ihnen erkennen, und den Widerspruch sehen, in welchen sie theils oft mit sich selbst, theils mit andern eben so angesehenen, wenigstens eben so achtungswürdigen, Kirchenvätern stehnc11, keine Quelle der Erkenntniß wahrer christlichen Lehre seyn.
Dennocha2 hat auch dieses Studium, und überhaupt die Bekanntschaft mit denen, welche über die christliche Lehre geschrieben haben, /csonderlich wenn sie im Ruf der vorzüglichen Richtigkeit christlicher Erkenntniß stehn,c\ seinen großena3 Nutzen. 1) Je weniger entfernt diese Kirchenväter von den Zeiten der Apostel waren, ∥c4 oder je mehr sie in ihrem Vortrag einzelnea5 Ausdrücke und Redensarten der heiligen Schrift in einem deutlichern Zusammenhang brauchen, oder statt derselben deutlichere setzen, oder je mehr sie Volksmeinungen erwähnena6, auf welche auch in der heiligen Schrift angespielt wird: jec7 brauchbarer sind sie zur Kenntniß des eigentlichen Sprachgebrauchs und Sinnes der Bibel; so wie sie 2) dadurch, daß sie uns so viele Stellen der heiligen Schrift aufbehalten haben, zur Kritik des Textes des neuen Testaments unentbehrlich bleiben. 3) Sind es wirklich selbst denkende, und wenigstens da, wo sie nicht durch hergebrachte kirchliche Vorstellungen oder Meinungen ihrer besondern Philosophie gehindert wurden, untersuchende Männer: so führen sie uns auf manche nützliche Aussichten und Entdeckungen, auf die wir selbst, beyc8 einem gewissen gewohnten Gesichtskreisc9, nicht gerathen seyn würden, und tragen in so fern viel wenigstens zur Erweiterung unsrerc10 Erkenntniß der christlichen |c143| Lehre bey;ac11 verhindern wenigstens, daß wir nicht so leicht in die gewöhnlichen Fehler dererjenigenc13, die nur vorc14 sich untersuchen, d. i. auf ein|a431|seitige |b164| Vorstellungen und auf die Einbildung, daß unsre Zeiten allein aufgeklärt sind, verfallen. Hauptsächlich aber sind sie 4) die vornehmsten Quellen beyc15 allen Theilen der Kirchengeschichte, vornehmlich beyc16 Geschichte der christlichen Lehre, aus welchen wir nicht nur die Kenntniß der Veränderungen in der Kirche und Lehre, nebst deren Ursachen und Folgen, sondern auch die Kenntniß der kirchlichen Sprache schöpfen können; und /cso fernc\ ∥c17 gewähren sie auch 5) den Nutzen, der oben der Kirchengeschichte in Absicht auf die systematische Theologie beygelegtc18 wurde. Finden sich 6) in ihnen Aeusserungenc19, die von den jetzt herrschenden Vorstellungen in der Kirche abgehnc20, so dienen deren Kenntnisse uns alsdanna21 wenigstens zur Schutzwehr gegen unglimpfliche Beurtheilungen oder Verketzerungen, und machen doch eher harte Richter in Glaubenssachen geneigt, Meinungen, die von den hergebrachten abgehen, mit mehrerer Mäßigung anzusehnc22, oder erst zu untersuchen.
Wer Mußea2 genug und Neigung hätte, die Kirchenväter und Kirchenschriftsteller zu studieren, würde doch 1) wegen ihrer großena3 Menge, und weil so viele einander ausgeschrieben, oder doch wenig oder nichts Eignes haben, was |c144| man nicht in Andern schon besser fände, eine vorsichtige Wahl unter ihnen beobachten, und die vorzüglich ausheben müssen, welche theils für Andre |a432| den Ton angegeben, und durch ihr erlangtes /cAnsehn |b165| Andrec\ ∥c4 nach sich gezogen, theils gewisse Lehrpunctec5 oder Theile der Kirchengeschichte am deutlichsten und ausführlichsten abgehandelt haben; 2) eben daher, und um sie recht verstehen zu können, sich vorher wohl von ihren Umständen und Schriften vorläufig unterrichten, und sowohl alle oben (§. /a104c6) angegebenea\ ∥a7 Hülfsmittel mitbringen, als die daselbst bemerkten Regeln beobachten; und 3) um den Hauptnutzen zu erreichen, den man aus dieser Lectüre in Absicht auf die Kirchengeschichte und den Ursprung und Fortgang der verschiednenc8 Vorstellungen von der christlichen Lehre ziehen kanc9, die Kirchenschriftsteller nach der Zeitordnung, ihre einzelneac10 Schriften aber nach ihren verschiednenc12 Arten oder Classenc13, lesen, und dabeyc14 die correctesten und mit den zweckmäßigsten Erläuterungen versehenen Ausgaben zu gebrauchen suchen, unter welchen sich die, welche die Benedictiner von der /cCongregation des heiligen Maurusc\ ∥c15 besorgt haben, besonders auszeichnen. ∥c16 Wer sich /caberc\ diesem Studium nicht mit besondernc17 Fleiß widmen könnte, thäte wenigstens wohl, die /ctrefliche rößlerischec\ ∥c18 Bibliothek der Kirchenväter in Uebersetzungen und Auszügen /c(Leipzig 1776–86 inc\ ∥c19 10 /cTheilen in gr.a20 8.)c\ ∥c21 zu studieren, aus derc22 auch die, welche weiter gehen wollen, das lernen können, worauf sie vornehmlich beyc23 Lesung dieser Schriftsteller ihre Aufmerksamkeit zu richten haben.
Zunächst mit der Geschichte der Lehre ist die Geschichte der theologischen Wissenschaften verbunden, die man, auch wie jene, Historiam doctrinae (der Gelehrsamkeit) genannt hat; denn von der Versäumniß oder der Aufklärung gewisser Arten /cder Kenntnissec\ ∥c2, der Sprachkunde, Kritik, Philosophie, Geschichte und der schönen Wissenschaften, mußte freylichc3 die Gestalt der theologischen Wissenschaftenc4 und somit auch der Vorstellungen von christlichen Lehrenc5 abhängen. Doch kanc6 diese Geschichte eben sowohl für einen Theil der Literar- als der Kirchengeschichte angesehen werden. Sie müßte zeigen: wie die theologischen und die dazu diensamen Wissenschaften, oder doch Kenntnisse, von Zeit zu Zeit und in verschiedenen Gegenden, unter den Christen beschaffen gewesen, und wodurch sie zu- oder abgenommen?a7 werc8, wie weitc9 und /cwodurch,c\ ∥c10 auf diesen Fortgang oder Verfall Einfluß gehabt habe?a11 Dadurch würden alle Theile der Kirchengeschichte gewinnen, und man würde auf manche oft verkannte oder nicht genug erkannte Hindernisse und Hülfsmittel derselben aufmerksam gemacht werden.
Wenn die Verschiedenheit der Vorstellungen über gewisse Lehrenc2 oder der daher entstandenen Einrichtungen und Gebräuchec3 für so wichtig angesehen wurde, daß man, wenigstens von der Einena4 /cSeite †),c\ ∥c5 glaubte, nicht mehr mit den hier anders Denkenden oder Handelnden äusserlichec6 Kirchengemeinschaft unterhalten zu dürfen: so /centstanden besondrec\ ∥c7 Gesellschaften oder Religionsparteyenac8, in welchen, durch eine entstandnec10 eben so beurtheilte Verschiedenheit, wieder neue erzeugt wurden. Aller Nutzen, den die Geschichte der Lehre haben kanc11, findet auch beyc12 der Geschichte der /cReligionsparteyena13 statt,c\ ∥c14 ja der Nutzen dieser letztern ist gewissermassenc15 noch größera16, und diese Geschichte unterhaltender und lehrreicher, weil sie /cgroßea17 Revolutionen, diec\ ∥c18 in der Kirche /cdurch solche Trennung entstanden sindc\ ∥c19, und keine bloßeac20 Gegenstände der Speculation, sondern Handlungenc22 mit ihren Ursachen und Folgen,c23 darstellt.
In einer solchen Geschichte /cmüßtec\ ∥c2 der Ursprung und Fortgang einer solchen Parteyac3; ihr eigentlicher Unterschied von der Parteyac5, von der sie getrennt worden, und von Andern, sowohl in Lehren und Lehrvorstellungen, als auch in äusserlichenc7 Einrichtungen; besonders müßtenc8 die genauern Bestimmungen in der Lehre, die sie entweder eingeführt, wenigstens mehr und als erheblicher hervorgezogen, oder nicht /ahatte zulaßenc9, nocha\ ∥a10 jedermann aufgedrungen wissen wollen, sowohl nach den Erklärungen, die sie selbst, als |b169| die ihnen ihre Gegner gegeben, nebst der Wich|a436|tigkeit, die beydec11 auf den Unterschied gelegt hättenc12; desgleichen ihre Bekenntnißschriften und deren genau bestimmte Absicht, und weiter oder enger ausgedehnte Verbindlichkeit; die wieder in dieser /cParteya13 entstandnen verschiednenc\ ∥c14 Erklärungen eben derselben gemeinschaftlichen Lehre;a15 die dadurch erzeugten Zwistigkeiten, oder gar Trennungen;a16 und, auf eben die gedachte Art, die Geschichte, die Lehrvorstellungen und Einrichtungen dieser neuen Abtheilungen der Parteyac17; endlich die Annäherung an andre Parteyenac19, oder Zusammenschmelzung mit denselben, wenigstens die zu einer solchen Vereinigung gemachten Versuche, deutlich /caus einander gesetztc\ ∥c21, und allesc22 so zusammenhängend vorgelegt werden, daß man /cdie Mittelc\ ∥c23 sich auszubreiten oder zu erhalten, diec24 Ursachen und Folgen aller ihrer Meinungen, Unternehmungen und Einrichtungen /aceinsehen könnteac\ ∥ac25.
Vorzüglichc2 verdient diese Geschichte ∥c3 eine recht genaue Bearbeitung; sie ist aber auch sehra4 schwer, /ac–ac\ weil sie eine ungemein ausgebreitete Kenntniß, selbst von der politischen und Literargeschichte, selbst von vielen kleinen, an Oerternc5, wo man sie nicht sucht, zerstreuten Nachrichten erfordert; /ac–ac\ weil, zumahlc6 von unterdrucktenac7 oder /causgestorbnen Parteyena8c\ ∥c9, entweder wenig Nachrichten bekannt, oder diese unterdrucktac10 worden, oder diese Parteyenac11 sich nicht deutlich er|b170|klärt, oder ihre Gegner die Vorstellungen sol|a437|cher Parteyenac13 zu sehr nach ihren eignen Vorstellungen genommen haben; /ac–ac\ nirgends aber der Parteygeistac15 mehr als hier die Sachen verstellt hat, entweder eigne Fehler zu bedeckena17 und unsichtbar zu machen, oder die Fehler der Andern in einem gehässigemac18 Lichte vorzustellen. /ac–ac\ Auf ein genaues und unparteyischesac20 Zeugenverhör, das den Werth und die Beschaffenheit der Nachrichten bis auf seine kleinsten Falten entwickelt, kommt hier das Meiste an; aber oft fehlt es an Zeugen, oder sie widersprechen einander, oder sind sonst /cverdächtig; und daherc\ ∥c22 ist die Aufspürungc23 und wahrscheinliche Zusammensetzung kleiner Spuren, /cdergleichena24 mitc\ ∥c25 der Denkungs-c26 und Handlungsart der Menschen überhaupt, noch mehr aber der dabeyc27 Interessirtena28, /cdurch Spuren inc\ ∥c29 ihren ∥c30 sonst /cbekannten Umständenc\ ∥c31, oder /cdochc\ aus den Sitten der Zeit, des Landes und der Gesellschaft ∥c32, eben so nothwendig.
Man kanc2 nicht sagen, daß man eine Gesellschaft kenne, wenn man nicht die Absicht kenntc3 wozu sie zusammengetreten ist, oder vereinigt bleibt, und wenn man der Einrichtungen unkundig ist, die zur Beförderung und Erhaltung dieser Absicht gemacht worden sind; ja selbst darum ist die Kenntniß ihrer Geschichte nothwendig, um solche Absichten und die deswegen eingeführten Anstaltenc4 nebst deren Abänderungen zu begreifen. Diese Anstalten und Einrichtungen zusammengenommenc5 nennt man die Verfassung einer solchen Gesellschaft, dergleichen auch beyc6 der christlichen Kirche, als einer Gesellschaft betrachtet, /cstatt findenc\ ∥c7 muß; und so fällt in die Augen, daß ihre Kenntniß eben so nothwendig seyc8 als die Kenntniß der christlichen Kirchengeschichte, wiewohl sie auf einander ein wohlthätiges Licht werfen. Billig sollte man also diese Kenntniß der christlichen Kirchenverfassung von der christlichen Kirchengeschichte selbst absondern, ohngefähra9 so, wie man |c150| die Statistik von der Staatengeschichte getrennt hat. Weil aber dieses noch nicht, wenigstens nicht nach dem ganzen /cUmfang |b172| dieserc\ ∥c10 Verfassung, geschehen ist, und doch die Kenntniß der einen von der andern abhängt: so nehmenc11 wir sie hier als einen Theil der christlichen Kirchengeschichte.
In ihrem ganzen Umfang müßte diese Geschichte vorstellen: 1) den äusserlichenc2 Unterschied der Christen, d. i. anfänglich nur zwischen Unterrichtenden und Zuhörern, mit gleichen Rechten beyc3 öffentlichen Angelegenheiten;a4 hernach in schon geordneten /cGemeinen, beyc\ ∥c5 zunehmenden Vorzügen der an eine Gemeinec6 gebundenen Lehrer, zwischen Klerikern und Laikern, so wie unter jenen, zwischen Bischöfen, Aeltesten, Diakonen und den niedrigern Kirchendienern, nebst allen erst nach und nach entstandnenc7 Abtheilungen dieser Arten, unter diesen aber zwischen Katechumenen, Gläubigen und Gefallnenc8, mit Einschluß der Mönche und Orden, als einer Mittelgattung, seit dem 4ten /cJahrhundert –c\ ∥c9 den Unterschied zwischen einzelnena10 Gemeinenc11 und nach und nach entstandnenc12 engern und weitern /cDiökesen –c\ ∥c13 die eingeführte Kirchenzucht und nachwärtsc14 aufgekommene, sehr mannichfaltigc15 abgeänderte, /cGerichtsbarkeit –c\ ∥c16 die verschiednenc17 Arten von bloßena18 Lehranstalten, Synoden oder Concilien von sehr verschiednemac19 Umfang und Ansehnc21, Kirchengesetze und Kirchenordnungen, als Mittel, den Wohlstand der Gemeinenc22, und nachher die Gerichtsbarkeit, zu /cerhalten –c\ ∥c23 die beyc24 dem Gottesdienst |b173| und kirchlichen Handlungen eingeführten Gebräuche, und darüber gemachte Ordnungen in Liturgienc25, Pönitentialbüchern /cu. d. gl.c\ ∥c26 2) Alles |c151| dieses in seiner ganzen Verschiedenheit in verschiednenc27 Kirchen und Ländern sowohl als Zeiten, |a440| und 3) /cbey entstandnen verschiednenc\ ∥c28, keine Kirchengemeinschaft mehr mit den andern unterhaltenden, Kirchenparteyenac29; 4) das hienachc31 sehr verschiednec32 Verhältniß der Kirchen gegen nicht christliche,a33 und hernach gegen christliche Obrigkeiten, der Gemeinenc34 und Diökesen gegen einander, und eben so der /cverschiednen Kirchenparteyena35 c\ ∥c36 gegen einander (z. B. in Absicht auf Wiedertaufe der Uebergetretnenc37); endlich 5) die jedesmaligen Ursachen und Folgen des Aufkommens oder der verschiednenc38 Einrichtungen aller solcher Anstalten, besonders in Absicht auf die mannichfaltige Gestalt und den dadurch sehr verschieden gebildeten Characterac39 der Christen.
Hier ist ein in der That noch sehr unbebautes Feld, das Wenigea2 ausgenommen, was hierüber in den Kirchengeschichten sehr im Allgemeinen gesagt wird, oder in Absicht auf besondrec3 Theile dieser Verfassung in einigen gelehrten Werken geschehen ist. Zwar hat man daraus unter dem Namen der christlichen Alterthümer eine besondere Wissenschaft zu machen gesucht,c4 (s. die Anweisung zur theol. Bücherkenntnißc5 §. 435 f.)c6 aber in den meisten allgemeinern Werken dieser |b174| Art, dem Bingham z. B. und seinen Ausschreibern, wird man fast durchaus die so sehr verschiednenc7 Zeiten und Kirchen in verschiednenc8 Gegenden unter einander geworfen, und Einrichtungen der ältern christlichen Kirche beygelegtc9 finden, |a441| die nur hiec10 und da oder dann und wann üblich /cwaren; siec\ ∥c11 gehen beyc12 weitem nicht über die ganze Kirche, zumahlc13 der neuern Zeiten, ∥a14 gemeiniglich nicht über das /avierte und sechstea\ ∥a15 Jahrhundert hinaus; |c152| zeigen meistens nur gewisse vorhandnec16 Einrichtungen an, ohne ihren Ursprung, Absicht und Fortgang zu untersuchen,a17 und erstrecken sich nur auf Einrichtungen der herrschenden Kirche, unbekümmert um die Einrichtung der verschiedenen Parteyenac18.
Gleichwohl ist die Kenntniß dieser Verfassung theils unentbehrlich, theils wenigstens sehr nützlich, 1) weil weder die Denkmahlea2, noch die Schriften, worauf sich die Kenntniß der Kirchengeschichte gründet, noch irgend ein Theil der Kirchengeschichte selbst, ohne diese Kenntniß verstanden werden kanc3. – Denn, so wie falsche Meinungen oder Mißverstand richtiger Lehren Gelegenheit zu gewissen Kircheneinrichtungen gegeben habena4: so, umgekehrt, wurden diese wieder eine Veranlassung zu /cIrrthümern †). Aeusserlichec\ ∥c5 Einrichtungen gaben eben sowohl Gelegenheit zu Spaltungen und besondern Parteyenac6, als der Unterschied in Lehren und Vorstellungen. *)c8 – Ausbreitung des Christenthums wurde immer |b175| mehr Ausbreitung der Kirche, und der kirchlichen /amehra\ als der christlichen /cLehren ††).c\ ∥c9 – Und überhaupt läßt sich schlechterdings nicht erklären, wie gewisse Lehren, Vorstellungen oder Ge|a442|wohnheit herrschend wordenc10 sind, und mit den wesentlichen Lehren des Christenthums einerleyc11 Rang oder gar Vorrang bekommen haben; wie das sanfte und leichte Joch Christi in das eiserne Joch der Kirche verwandelt, das innere Christenthum durch das äusserlichec12 verdrängt worden, der Geist des Christenthums, der nur durch Ueberzeugung und Liebe wirken soll, in Zwang und Unterdrückung ausgeartet, aus einer Gesellschaft, wo wir alle Brüder, und nur Einer, Christus, unser Herr seyn soll, ein geist|c153|licher Staat entstanden seyc13, als aus der nach und nach entsprungenen und umgebildeten Verfassung der /cKirchea14 †††).c\ ∥c15
Und sonach kanc2 ohne diese Kenntniß 2) kein Lehrsatz, der, ausserc3 den klaren Sätzen der Vernunft und den ausdrücklichen Aussprüchen der heiligen Schrift, in die Theo|c154|logie aufgenommen worden, gründlich, und für die, welche kirchliche Tradition als Quelle der christlichen Wahrheit annehmen, überzeugend beurtheilt, noch die Unverbindlichkeit besondrerc4 Vorstellungen von einer christlichen Lehre für jeden Christen, deutlich dargethan, noch 3),c5 zur Aufrechterhaltung der christlichen Freyheit,c6 hinlänglich gezeigt werden, daß gewisse positive Kirchenrechte uns gar nicht /cver|b177|binden †).c\ ∥c7 Sehr nützlich ist endlich diese Kenntnißc8 4) um den Ursprung und die Absichten solcher Einrichtungen kennen zu lernen, die wir noch in unsern Kirchen haben, wohin sie aus dem frühern oder spätern Alterthum ge|a444|kommen sind, und danach ihren wahren Werth oder Verbindlichkeit zu /cbeurtheilen ††).c\ ∥c9
/cDiec\ ∥c2 Ursachen sowohl der Einführung als der Veränderungen solcher besondern Einrichtungen in gewissen Kirchen zu entdecken, ist, ausserc3 den andern allgemeinern Hülfsmitteln und Kenntnissen beyc4 der Kirchengeschichte, vorzüglich nöthig, die bürgerlichen Verfassungen zu der Zeit und an dem Ort, wo sie entstanden, die Beschaffenheit des Klimac5, die Volksmeinungen sowohl, als die unter den Gelehrtern herrschendec6 philosophischen Hypo|b179|thesen, auch Kirchentheologie, und überhaupt die Meinungen, Gebräuche und andrec7 Einrichtungen, die unter Juden und Heiden, da, wo Kirchen gepflanzt worden, üblich gewesen, und wonach man sich beyc8 den Einrichtungen der Kirchen sehr gerichtet hat, nebst den Verbindungen zu kennen, in welchen solche Kirchen mit andern gestanden, und was in diesen für Einrichtungen getroffen worden.
Einige Theile dieser Verfassung, oder die Geschichte besondrerc2 Arten von kirchlichen Einrichtungen, sind schon einzeln bearbeitet worden, als: die Hierarchie, die religiösen Orden, die Kirchengesetze allerleyc3 Art, die Kirchenversammlungen, und was zur Liturgie gehört,c4 wenigstens fehlt es nicht an Hülfsmitteln /cdazu †),c\ ∥c5 in welchen noch großea6 Schätze unbearbeitet liegen. Es wäre, nach dem, was bisher schon gesagt worden, überflüssiga7, den Nutzen des Studiums dieser besondern Theile, oder die Art, wie sie studiert werden müßtenc8, anzugeben. Ob jemand diese Theile? welche? und in welcher Rücksicht? er sie besonders zu treiben habe, muß jeden sein eignesc9 Bedürfniß lehren. Für den künftigen Lehrer der Religion unter unsc10 möchte das besondrec11 Studium der Geschichte der Hierarchie überhaupt, und besonders der Päbstec12 und des /cPabstthums ††),c\ ∥c13 so wie unsrer evangelisch-lutherischen Kircheneinrichtungen, sie mögen erst durch die Reformation eingeführt, oder aus der Kirche vor der Refor|b180|mation genommen seyn, die meiste Wichtigkeit haben.