In den Schulen wird zwar der erste Grund zu den Wissenschaften, also gleicha2 zur Bildung des künftigen Lehrers der Religion gelegt. Aber, wenn auch unsrec3 meisten Schulen nicht einen vermischten Haufen von Lehrlingen enthielten, wovon nur ein Theil sich künftig mit den Wissenschaften beschäftigen soll, sie also dann die Anstalten nicht seyn können, worinnc4 Jünglinge zu künftigen Gelehrten, oder überhaupt zu brauchbaren Männern in höhern Ständen/c, sollenc\ erzogen werden ∥c5: so würde es doch sehr nöthig seyn, noch andrec6 Anstalten zu haben, wodurch, wie in Schulen, Kinder zu reifern Jünglingen, so diese zu Männern gebildet würden, die in so verschiednenc7 Ständen und Aemtern die Absicht eines besondern Berufs erfüllen könnten. Denn ließena8 sich gleich die Schulanstalten so erweitern, daß auch da diese weitere Bildung möglich würde: |a764| |b190| so unterscheiden sich doch Schulen, wo der erste Anfang dieser Bildung gemacht wird, von höhern Anstalten in zweyc9 wesentlichen /cStücken; erstlich darinnc\ ∥c10, daß der Jüngling nun zu einem |c174| besondern Stande erzogen und vorbereitet werde, dem er sich für sein ganzes Leben allein oder vorzüglich widmen soll; hernachc11, daß er sich nun noch gewöhne, sich nicht mehr bloß von Andern leiten zu lassen, sondern selbsta12 nach Ueberlegung,ac13 das zu wählen, was ihmc15 zu diesem besondern Stande brauchbar machen kanc16. Man hat also mit Recht den Zweck der Schulen nur auf diejenigen Wissenschaften eingeschränkt, die allen und jeden, wenigstens den Studierenden /callerleyc\ ∥c17 Art, nützlich sind, und zu einer Vorbereitung auf alle höhere Stände und Aemter dienen können.
Zu den höhernc2 oder solchen Anstalten, in welchen die nähere Vorbereitung zu einem besondern Beruf geschehen soll, gehören, wenigstens nach unsrerc3 jetzigen Verfassung, die Universitäten,ac4 und alle Arten von Seminariena6 für eine /cbesondre Classec\ ∥c7 solcher Personen, die zu einem künftigen öffentlichen Amte bestimmt sind. Diese letztern Pflanzschulen scheinen doch, wenn wir die Sache nehmen, wie sie ist, nicht wie sie seyn könnte, mehr in der Absicht angelegt zu seyn, um nie einen Mangel an guten Lehrern zu haben, oder den Seminaristen, nach vollendetem akademischen Studium, die künftige Beförderung zu sichern, |a765| als überhaupt für die Bildung aller sol|b191|cher Lehrer in einem Lande zu sorgen; es sind ihrer auch nur Wenigere, die so zum künftigen Berufe näher vorbereitet werden, und alsdann sind besonderea8 Gesetze vorgeschrieben, nach welchen sie sich bilden müssen. Hingegen sind Univeristäten für alle künftige Religionslehrer errichtet und eingerichtet, und es ist gewöhnlich ihrer eignenc9 Wahl überlaßenac10, wie sie sich da|c175|selbst aufs künftige zubereiten wollen. Auf diese sollen sich daher die hiesigen Anmerkungen allein einschränken,c11
So sehr man aus mancherleyc2 Ursachen, zumal in den neuesten Zeiten, die Nutzbarkeit der höhern Schulen oder Universitäten herunter zu se|b192|tzen gesucht hat; so sehr mancher sich oder An|a766|drec3 zu bereden sucht, /a–a\ gute Köpfe könnten sich selbst genug helfen, /a–a\ schon auf Schulen könnte man allesc4 das lernen, was bisher nur ein Eigenthum der Universitäten schien, /a–a\ allenfalls könne der Unterricht und Umgang eines einzelnena5 Mannes, der in seinem Fache Meister seyc6, den, der sich eben diesem besondern Berufe widmen |c176| wolle, hinlänglich zur wirklichen guten Bestreitung dieses Berufs, wenigstens eben so gut und noch besser,a7 zubereiten, als es auf Universitäten möglich seyc8: so läßt sich doch der großea9 Werth und Vorzug der Universitäten von keinem unbefangnenc10 Richter verkennen. /cVorausgesetzt, wennc\ ∥c11 Universitäten wirklich so eingerichtet sind, daß sie das leisten, was sie ihrer Natur nach, und beyc12 einer guten Einrichtung,a13 können und sollen, und daß, wenn Einec14 Universität nicht ganz so eingerichtet ist, ∥c15 die /candre dochc\ ∥c16 diesen Abgang ersetzen könne; /cund vorausgesetztc\ ∥c17, daß man den Zweck der Universitäten nicht verkenne, und mehr nicht fordrec18, als dieser Zweck mit sich bringt, der nicht dahin gehen soll, alles irgend Wissenswürdige zu lehren, sondern nur das, wozu Gelehrsamkeita19 erfordert wird, und sofern diese dazu hinlänglich ist.
Wenn auch /agroße Köpfea\ ∥a2, die sich selbst forthelfen können, nicht so selten wären, als sie sind, und man nicht zu den so mancherleyc3 öffentlichen Geschäften noch mehr mittelmäßige brauchte, als jene; wenn sie auch nicht so viele ihnen eignec4 Fehler hätten, namentlich eine gewisse einsei|c177|tige Art zu denken, und /aeinen,a\ daher sowohl, als aus dem Gefühl ihrer überlegnenc5 Kräfte, entstehenden Dünkel, Eigensinn, Ungelehrigkeit und Ungeduld, beyc6 dem, was beschwerlich ist, zumal wenn es ins Kleine geht, zu verweilen: so bedürfen sie doch des Stoffs, den sie verarbeiten sollen, ∥c7 einer großena8 Menge /cKenntnisse, auchc\ ∥c9 um ihn richtig zu beurtheilen, und zu wissen, wie sie ihn anwenden sollen; sie bedürfen allgemeinerer richtigenc10 Grundsätze, die, wenn sie richtig und allgemein seyn sollen, sich nicht bloß aus eignerc11 Erfahrung abziehen, oder ohne tiefes Studium und ausgebreitetec12 von Andern entlehnte Kenntnisse sicher genug annehmen und anwenden /alaßenc13. Unda\ ∥a14, wenn sie auch dergleichen Kenntnisse von Andern entlehnen wollten, so ist diesc15 doch ganz etwas Andersc16, als wenn sie unser Eigenthum sind, uns zu aller Zeit zu Dienste stehen, und aus den Ge|b194|sichtspunctenc17 angesehen werden, wo wir sie nöthig haben. – Auch von einem /aeinzelnenc18 in seinem Fachc19 noch so /cbewandertem Manne laßenc\ ∥c20 a\ ∥a21 sich /agründlichea\ Kenntnisse von mehrerleyc22 Arten, die sich doch einander mehr oder |a768| weniger die Hand bieten müssen, nicht lernen, weil er /ameistentheilsa\ entweder ganz nur für sein Fach,a23 und für das, was ganz zunächst /cdahinein schlägtc\ ∥c24, /avollkommen,a\ oder ein seichter Vielwisser seyn wird.
Eben so wenig können dies die eigentlichen Schulena2 leisten. Denn man hat sich da so sehr mit noch ganz ungebildeten Zöglingen zu beschäftigen, die noch so wenig selbst |c178| sich helfen können, und denen dieselben Sachen so oft wiederholt werden müssen, um die ersten nothwendigsten Kenntnisse, welche die Grundlage von Andern sind, recht tief einzuprägen, und ihnen recht geläufig zu /amachen. Esa\ ∥a3 bleibt /adaa\ so wenig Zeit, Vielerleyc4 zu /atreiben. Esa\ ∥a5 ist selbst so wenig nützlich, sogenannte höhere Wissenschaften ohne viele Vorerkenntnisse deutlich, oder auch nur ihren Nutzen eigentlich begreiflich zu machen, und dem jugendlichen Alter Geschmack daran beyzubringenc6, daß, wo auf Schulen vielerleyc7 Wissenschaften, und wo besonders höhere Wissenschaften getrieben werden, |b195| nothwendig eine höchst oberflächigec8 und seichte Erkenntniß derselben entstehen muß, die auf das ganze Studium solcher Wissenschaften einen sehr nachtheiligen Einfluß /ahat. Nocha\ ∥a9 dazu /agiebt die Beschäftigung mit sogenannten höhern Wissenschaften auf Schulen,a\ Gelegenheit ∥a10, die Vorbereitungswissenschaften, die eigentlich der Bestimmung der niedern Schulen gemäß sind, zu versäumen, oder sie nicht brauchbar genug für die künftigen Wissenschaften zu lernen, oder gar, wenn man wirklich Geschmack an hö|a769|hern Wissenschaften und den Geschäften des Lebens findet, auch selbst den Geschmack an den Vorbereitungswissenschaften zu verderben, und den darauf zu verwendenden Fleiß zu vermindern. Die Erfahrung bestätigt dies nur gar zu sehr, und ein solcher un-c11 oder /cfrühzeitigerc\ ∥c12 Unterricht verhindert es sogar, daß man jenes Versäumte nicht einmal auf Universiäten oder anderwärts nachholen kanc13 und mag. Denn da ist die Seele nicht mehr so beugsam und empfänglich für das, was, wie z. B. die Sprachen, sehr viel Mechanisches und ein leicht auffangendesc14 Gedächniß /aerfordert. Dera\ ∥a15 Geschmack ist schon so durch Gegenstände des eigentlichen Verstandes oder des geschäftigen Lebens verwöhnt; |c179| und der Dünkel, was man noch nachholen könnte, habe man schon auf Schulen vergessen, und brauche es nicht erst zu lernen, verhindert, nebst einer falschen Schaam, so sehr die nun erst rechte Erlernung, daß an einen solchen Ersatz des gar nicht oder schlecht Gelernten schwerlich zu denken ist.
Selbst Büchera2 können nicht ganz den Abgang des akademischen Unterrichtsa3 ersetzen, oder das so gut leisten, was der mündliche Vortrag auf Universitäten vermag. – Schon der mündlichea4 Vortrag hat seine eignenc5 Vortheile. Er wirkt auf mehrere Sinne zugleich. Der abwechselnde Ton der Stimme, der die Hauptbegriffe, den Unterschied der Ideen, und das, worauf |a770| die Gedanken des Zuhörers sich vorzüglich heften sollen, merkbarer macht; die den Vortrag begleitende Geberdensprache; zum Theil auch der Affectc6, womit man spricht; und die Idee von der wenigern Kunst, die da weniger als in einer ausgearbeiteten Schrift erwartet wird,a7 und eine leichtrec8, sich im Reden gleichsam von selbst ergebende,c9 Ueberzeugung vorauszusetzen scheint, giebt dem Vortrage eine eignec10 Kraft, die sich durch keine todtec11 Zeichen oder Buchstaben so mittheilen läßt. Und selbst die Gewohnheit, im menschlichen Leben den Unterricht durchs Gehör mitgetheilt zu bekommen, macht uns das leichter, was uns so, als was uns durch Schriftzeichen gesagt wird. Alles dieses giebt dem mündlichen Vortrage ein gewisses Leben, das uns immer /aweita\ mehr als das Todte und Leblose /aanzieht. Era\ ∥a12 befördert also die Aufmerksamkeit, die Verständlichkeit, die anschaulichere Erkenntniß, und den Eindruck des Gesagten weit mehr, als was wir bloß /alesen. Desc13 a\ ∥a14 |c180| nicht zu gedenken, daß man beyc15 dem Reden sich mehr Wiederholungen, selbst mit andern Worten, erlaubt, welche verursachen, daß das, |b197| was der Zuhörer überhört, oder nicht recht verstanden hat, ihm dadurch faßlicher wird, sich ihm durch die Abänderung der Worte in eben derselben Sache bisweilen auf mehreren Seiten darstellt, wenigstens durch die Mannichfaltigkeit des Ausdrucks sich mehr empfiehlt.
Hat denn auch der Zuhörer Manches nicht oder nicht genug und zu seiner völligen Befriedigung verstanden, so kanc2 er den Lehrer näher befragen, und die Schwierigkeiten oder Zweifel, die ihm übrig bleiben, von ihm aufgelöset bekommen. – Ist der Lehrer, wie man doch beyc3 den Meisten voraussetzen kanc4, ein selbstdenkender und untersuchender Mann:c5 so wird er viele Entdeckungen in dem mündlichen Vortrage mittheilen, die man in Anderer Schriften nicht findet; und ist er Schriftsteller, so wird man Vieles in diesen Schriften erst dann recht verstehen, wenn man ihn über die nemlichenc6 Sachen reden, oder das entwickeln hört, was vielleicht in seinen Schriften nur als bloßesa7 Resultat vorhin angesteller Untersuchungen liegt. Oft muß er auch Bedenken tragen, Etwas in Schriften zu äussernc8, was er entweder noch nicht öffentlich schreiben mag, weil es ihm noch nicht reif genug scheint, und was doch für dena9 Zuhörer Winke und Veranlassungen zu wichtigen Entdeckungen geben kanc10, oder was er dem Publicumc11, welches aus sehr vermischten Lesern besteht, wegen besorglicher Mißdeutung und Mißbrauchc12, nicht wohl sagen |b198| kanc13, das er hingegen seinen Zuhörern, die er näher kennt, für sehr zuträglich hält. – Und wie oft macht er erst während |c181| des Vortrags gewisse Entdeckungen, an die er vorher nie dachte, oder ist so glücklich, eine leichtere Wendung, einen deutlichern und bestimmtern Ausdruck zu finden; |a772| welches alles ihm vielleicht nie wieder einfällt, und für ihn, wie für jeden andern, ausserc14 denen, die ihn gehört haben, verloren ist? – Wie viel giebt es auch Dinge, die sich durch keine Schrift, selbst wenn sie von Kupferstichen begleitet ist, deutlich, wenigstens anschaulicha15 machen lassen, beyc16 Sprachen z. B., in der Botanik, beyc17 Alterthümern, Kunstwerken, beyc18 der Declamation u. s. f.? Wie nothwendig ist es dem Lernenden, nicht nur Theorienc19 zu hören, oder zu lesen, sondern auch Handgriffe zu sehen, ohne die er oft nicht weiß, wie er die Theorie anwenden soll?
Ließea2 sich denn auch aus Büchernc3 alles das lernen, was man aus dem Vortrage auf Universitäten schöpfen kanc4: wie Viele haben Kenntniß der wirklich besten Bücher in jedem Fache, und derer, die gerade ihren Bedürfnissen angemessen sind? und wie viele Gelegenheit, sie würklichc5 zu bekommen? Wie viele Nebendinge, wie viel noch Unverständliches, oder wie viel noch zu schwere Kenntnisse und Untersuchungen,c6 enthalten diese, die den Anfänger zerstreuen, oder unnöthig aufhalten? wie Vieles, was ihm unerheblich und unbrauchbar, oder was ihm wichtig scheinen kanc7, |b199| und beyderleyc8, für ihn wenigstens, nicht ist? zumal da er noch so wenig mit dem Innern der Wissenschaften, mit den wahren Fortschritten der Zeit, mit dem Werthc9 gewisser Kenntnisse und Untersuchungen bekannt ist, als daß er sich durch |a773| diese Bücher allein sollte selbst forthelfen können. /a–a\ Akademische Lehrer hingegen müssen sich, ihrem |c182| ganz /ceignen Berufc\ ∥c10 nach, ganz den Wissenschaften widmen; ihre wirklichen Fortschritte besser kennen; das Wahre, das Brauchbare, das gerade der Classec11 von Studierenden, mit der sie zu thun haben, deren künftigen Bestimmung und gewöhnlichen Vorbereitung nach, mit der sie auf Universitäten kommen, angemessene, und durch die Zeitbedürfnisse erforderte, gefunden haben; gerade also für diese das Wesentlichste, was ihnen nöthig ist, ausheben, und ihnen auf die ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten gemässestec12 Art vortragen /akönnen. Siea\ ∥a13 haben auch dazu gemeiniglich bessere Gelegenheit und Hülfsmittel, als irgend ein /aAnderer. Selbsta\ ∥a14 ihr eignesc15 Interesse erfordert es, um ihr Ansehen zu erhalten, auf alles dieses bedacht zu seyn, und ihren Vortrag durch die beste Wahl, Ordnung, Deutlichkeit und Fruchtbarkeit zu empfehlen.
Ueberhaupt haben /cUniversitäten, ausserc\ ∥c2 dem schon Gesagten, ganz eignec3 Vortheile für die Wissenschaften und für den daraus entspringenden Nutzen,a4 in Absicht auf das /aPublikum überhaupt,c5 a\ ∥a6 und die Studierenden insbesondrec7. – Nach unsrerc8 |b200| jetzigen Verfassung sind Universitäten diejenigen Anstalten, worinnc9 fast alle diejenigen gebildet werden, die sich den Wissenschaften widmen, von welchen die Erziehung der Jugend abhängt, und |a774| mit welchen öffentliche Aemter besetzt werden, die irgend einen Einfluß in die Culturc10 der Länder haben. Universitäten haben also einen ungemeinen Einfluß auf die Wissenschaften und auf die davon abhängende Culturc11; durch sie werden wissenschaftliche Kenntnisse am allgemeinsten ausgebreitet; und wenn dieses gleich auch durch Schriftsteller geschieht, so sind doch nicht nur die |c183| meisten wissenschaftlichen Schriftsteller auf Universitäten;c12 sondern die Schriftsteller haben auch die allgemeinsten Kenntnisse auf Universitäten erlangt; was sie hinzu erfinden, wird von akademischen Lehrern geprüft, benutzt, verarbeitet;c13 und so entsteht ein beständiger Umtausch und eine gegenseitige Mittheilung, die immer in dem Publicumc14 einen gewissen Umlauf von wissenschaftlichen und nützlichen Kenntnissen erhält. – Hierzu kommt, daß, wenn auch, zur Aufnahme besondrerc15 Wissenschaften, besondrec16 Anstalten mit großenac17 Vortheil können angelegt werden (Bergakademienc19 z. B.), doch die Universitäten dazu bestimmt sind, den Unterricht in allen eigentlichen Wissenschaften zu befördern. Da stoßenac20 also Männer zusammen, die einander, ein jeder mit seinen vorzüglichen Kenntnissen in einer besondern Wissenschaft, in die Hände arbeiten können, und wo ein jeder beyc22 dem, was er zu mehrerer Vervollkommnung seiner Wissenschaft aus einer andern |b201| zu entlehnen hat, sich des Raths, der Unterstützung und der Vorarbeit des Andern bedienen kanc23. Da wird dann auch mancher Studierende, der sich sonst nur auf seine Wissenschaft und die |a775| damit unmittelbar zusammenhängenden würde eingeschränkt haben, gereitzt, sich zugleich mit andern Wissenschaften wenigstens so weit bekannt zu machen, als zu einer allgemeinen Kenntniß nöthig ist;c24 weil er eben die Gelegenheit findet, sie zu lernen.
Sind /acüber diesac\ ∥ac2 Universitäten gemeinec3 Sammelplätze, wo die, welche zu Wissenschaften und öffentlichen Aemtern sollen gebraucht werden, in großera4 Anzahl, selbst oft aus sehr verschiedenen Gegenden und Ländern, zusammenfließena5: so wird durch sie nicht nur die Ausbreitung und Circulation |c184| wissenschaftlicher Kenntnisse sehr befördert, sondern das Beyspielc6 und die Wetteiferung reitzt und ermuntert auch den Fleiß weit mehr, als beyc7 den Privatstudien und kleinen Schulanstalten. Es werden Bekanntschaften, besonders literarische, gestiftet, die, selbst noch nach dem Verlauf der Universitätsjahre, auf mehrere nützliche Verbindungen zu öffentlichen Verdiensten und auf das gemeinschaftliche Bestreben zur Ausbreitung und Aufklärung der Wissenschaften großena8 Einfluß haben. Und junge Studierendea9 haben die sonst nirgends so vorhandnec10 Gelegenheit, die verschiednenc11 Charaktere der Menschen, in Absicht auf Geschäfte ihres Standes, kennen zu lernen, |b202| und mit der so sehr verschiednenc12 Denkungsart und Sitten der Menschen bekannter zu werden; welches ihnen einen gewissen offnern Sinn giebt, |a776| eine gewisse mehrere Theilnehmung an öffentlichen Angelegenheiten (public Spirit) wirkt, und die eingeschränkte einseitige Dekungsart, die engherzige Gesinnung, die ausschließendea13 unduldsame Einschränkung der Bemühungen auf Privatvortheil, wo nicht verhindert, doch einigermaßena14 schwächt.
Endlich kommen noch beyc2 Universitäten mehrere Umstände zusammen, die sie, vor allen andern Anstalten, bequem machen, studierende Jünglinge, durch Unterricht in den Wissenschaften, auf künftige Stände vorzubereiten, und sie in den Wissenschaften weiter, als sonst, zu bringen. /a–a\ Sicherlich erleichtern sie doch auf einer Seite den compendiarischen Unterricht, ersparen ihnen Mühe, vergebliche Arbeit, Zeit und Kosten, und liefern ihnen den Kern desjenigen, was in jeder Wissenschaft bisher erfunden und erprobt worden ist, also die Grundlage, auf diec3 sie nachher |c185| immer weiter fortbauen, und die nachher erlangten einzelnen Erweiterungen, ohne Verwirrung, gleich in Ordnung bringen, und als an einen Faden anknüpfen können. /a–a\ Auf der andern Seite geben sie ihnen Gelegenheit, wenn sie nur selbst wollen, weitere Aufschlüsse, feinere Bemerkungen, wenigstens die heilsamsten Räthe in Absicht auf den |b203| Fortgang in Wissenschaften, von solchen Lehrern zu bekommen, die die Obrigkeit, als die vorzüglichsten Gelehrten in ihrem Fach, und als die |a777| Geschicktesten in Mittheilung ihrer Kenntnisse an Andere, irgends finden konnte; die, ihrem Berufc4 nach, sich ganz einer besondern Wissenschaft widmen, und es daher, in ihr, natürlich weiter bringen können, als nicht leicht irgend jemand, der eine andrec5 Hauptbeschäftigung hat; die durch die beständige Gelegenheit, gleich ihre bessern erlangten Kenntnisse und gemachten Entdeckungen Andern wieder mittheilen zu können, und durch den Fleiß oder ∥c6 Wißbegierde der Zuhörer ermuntert, durch deren Fragen und Zweifel, durch die Wetteiferung mit andern Lehrern, und durch die Verschiedenheit der Meinungen und Methoden unter mehrern ihres gleichenc7, gedrungen werden, immer weiter vorwärts zu gehen. /a–a\ Auch giebt es fast überall, wo Universitäten sind, so ansehnliche öffentliche und Privat-Bibliotheken, Buchhandlungen, wenigstens Gelegenheitc8 leichter, als an den meisten andern Orten, die neuesten Bücher zu bekommen;a9 und die meisten akademischen Gelehrten stehen mit auswärtigen Gelehrten in solchen Verbindungen und Briefwechsel, daß es auf Universitäten weniger, als meistens anderwärts, an den besten Hülfsmitteln zu den Wissenschaften und Gelegenheit zu weitern eignenc10 Fortschritten in denselben, fehlen /ckan. Wozuc\ ∥c11 noch |c186| der Vortheil /ckommtc\, daß Studierende von ihren Lehrern die besondern Schriften und Hülfsmittel überhaupt erfragen können, die für sie, oder um sich |b204| über besondrec12 Gegenstände einer Wissenschaft näher zu unterrichten, die zuträglichsten sind, ohne /adaß sie in der Verlegenheit sind,a\ sich von einem Ohngefähr oder öffentlichen Vorurtheile leiten /alaßenc13 zu müssena\ ∥a14.
Die bisherigen Anmerkungen über den Werth und die Vortheile der Universitätenac2 hatten vornemlichc3 die Absicht, Studierende, die auf ihnen sollen gebildet werden, zu mehrernc4 Fleiß und Wahrnehmung dieser treflichenc5 Gelegenheit zu ermuntern, die nie wiederkommt, und durch nichts ganz ersetzt werden kanc6. Es ist noch übrig, einigesc7 von ihrer rechten Benutzunga8 zu sagen. – Zuersta9 muß der, wer eine Universität bezieht, und da mit wirklichenc10 Nutzen studieren will, einige Vorerkenntnisse mitbringen, ohne die er schlechterdings den Docenten nicht gehörig verstehen kanc11, weil dieser, eingedenk des Zwecks der Universitäten, die zu höhern Wissenschaften und zu weitern Fortschritten in allen Wissenschaften führen sollen, sie voraussetzt, und darauf baut, auch wegen der wenigern Unwissenden nicht den bessern Theil seiner Zuhörer mit Sachen aufhalten darf, die ihnen schon bekannt und geläufig sind. Wem es daran fehlt, der muß nothwendig zurückbleiben; er wird nicht ein|c187|mal die Lust zu lernen behalten, weil das, was er nicht versteht, ihn auch nicht interessirena12 kan;c13 eine Hauptursachea14, warum die, welche den Schulen zu früh entlaufen sind,a15 oder überhaupt ganzc16 oder in gewissen Wissenschaften |b205| versäumt auf die Universität kommen, selten etwas Rechtes lernen, und selbst aus langer Weile sich dem Müßiggangc17 und Unordnungen ergeben. Oder er muß nur erst das Versäumte nachholen;c18 wozu nicht immer Gelegenheit, wenigstens nicht |a779| ohne großea19 Kosten, ist, wozu die meisten zu stolz sind, wodurch man die ohnehin so kurz auf Universitäten zugeschnittnec20 Zeit den eigentlichen Wissenschaften entzieht, und, wenn man nicht ausserordentlichec21 Fähigkeiten und Fleiß besitzt, doch wenig vor sich bringen wird. – Zu den unentbehrlichsten Vorerkenntnissen für die, welche Theologie studieren wollen, /cgehört, – ausserc\ ∥c22 der Bekanntschaft mit der Muttersprache, wie sie in Büchern herrscht, – so viele Kenntniß der lateinischen, daß man ein nicht zu schweres lateinisches Buch,c23 ohne fremde Beyhülfe,c24 verstehen, und sich in dieser Sprache wenigstens nothdürftig ausdrücken könne; die ersten Anfangsgründe der griechischen Sprache, und wenigstens einiger Anfang, leichte griechische Bücher zu verstehen; ein wenigstens allgemeiner Begriff von der Geschichte und Geographie, und die nothdürftigsten Kenntnisse von der Vernunftlehre. Nicht viel entbehrlicher /aist wenigstens:a\ ∥a25 eben so viele Kenntniß der ebräischen wie der griechischen Sprache, eine allgemeine Bekanntschaft mit den Wissenschaften überhaupt, oder eine literarische Encyclopädiec26, und die nothdürftigste Kenntniß von den besten Büchern in solchen Wissenschaften, die schon auf Schulen getrieben werden, oder auf die mana27 sich /ains künftigea\ ∥a28 legen will.
Diese Kenntnisse wenigstens vorausgesetzt, ist das nächsteac2: kluge Wahl der Vorlesungen, die man hören soll. Etwas Allgemeines läßt sich hier zwar weder über die Wahl der Wissenschaften, auf die man sich legen, noch über die Ordnung sagen, in der man sie nach einander hören sollte. Denn, nach den verschiednenc4 Absichten derer, die Theologie studieren wollen, ist eine oder die andrec5 Wissenschaft, zumal Hülfs- oder Nebenwissenschaft,c6 (siehe den ersten Theil,)c7 mehr oder minder /anothwendig. Diea\ ∥a8 gemeiniglich kurze Dauer des akademischen Lebens erlaubt nicht, alle, die man wohl könnte, zu /atreiben. Unda\ ∥a9 es ist weit nachtheiliger, viel und vielerleyc10 Wissenschaften mit einander, als wenige, aber mit rechtem Fleißea11, zu hören. †)c12 Auch die Wahl ihrer Folge steht nicht immer in unsrerc13 Gewalt, weil manche Vorlesungen eben nicht, wenn man es wünschte, oder nicht von solchen gehalten werden, denen man, sich darinnc14 anvertrauen zu dürfen, glauben |b207| könnte, oder weil die Stunden, wo sie gelesen werden, mit andern nothwendigen Arbeiten besetzt sind.
Indessen seyc2 immer dies das erstec3, daß man theils das gleich Anfangs auf Universitäten |a782| nachhole, was man schon mitbringen sollte, aber es versäumt hat, theils, die Hülfswissenschaften voraus höre, ohne die man in der Theologie oder ihren Theilen nicht fortkommen /ckan (z. B[.]a4 Metaphysik),c\ ∥c5 theils, daß man sich vor allen Dingen orientire, d. i. wenn man es haben kanc6, sich eine An|c190|weisung zur rechten Kenntniß und /azuma\ Studium aller Theile der Theologie und der damit zunächst verbundenen Wissenschaften geben, und eine eigentliche Encyklopädie derselben (/aTheil 1.a\ §. 24ac7 Anm.) votragen laßeac9. – Auch bleibe immer die allgemeine Regel: von einer Wissenschaft zur andern fortzugehen, so wie die eine zur Kenntniß der andern erfordert wird. †)c10 Ist aber die eine nicht schlechterdings zur Verständlichkeit und Ueberzeugung in der andern nothwendig; nimmt die eine Manches aus der andern, und diese wieder aus jener; oder werfen beydec11 gegenseitiges Licht auf einander,c12 (wie z. B. Dogmatik auf Kirchengeschichte, Hermenevtikc13 auf Auslegung, und umgekehrt): so kanc14 es ziemlich gleichgültig seyn, welche man früher oder später höre.
Ist jemandes akademische Zeit sehr eingeschränkt,a2 so thut er besser, nur die für ihn nothwendigsten, und solche Vorlesungen zu hören, worinnc3 er sich selbst künftig am wenigsten durch gute Bücher forthelfen /ckan †),c\ ∥c4 als zu vielerleyc5 auf einmal, oder besondrec6 Theile der Wissenschaften, |c191| oder einzelnea7 Wissenschaften zu /cwiederholten malenc\ ∥c8 zu hören. – Freylichc9 ist es für die gründliche Erlernung der Wissenschaften höchst nachtheilig, wenn man sie so sehr ins Enge zieht; denn man lernt sie alsdann, genau genommen, eigentlich gar nicht, zumal wenn dem Zuhörer /cdarinn beynahe allesc\ ∥c10 ganz fremd, und er alle Augenblicke in Verlegenheit ist, wie er sich orientiren solle; oder die erlangte Erkenntniß ist kaum werth, daß man sich damit abgegeben hat, und eines verständigen Studierenden unwürdig. *)c11 Wenn aber jemand durch äusserlichec12 Umstände genöthigt ist, die Zeit, welche man auf Universitäten zubringt, abzukürzen, oder er hat so wenig Fähigkeiten, |b210| oder so eingeschränkte Absichten beyc13 der Erlernung der Theologie, daß er nicht über die unterste Classec14 der Geistlichen hinausgehen kanc15 und will, und also nur nach den nothdürftigsten Kenntnissen trachtet: so ist es wohl zu entschuldigen, wenn er gelehrtere Disciplinen nur kurz hört, oder sicht mit einem bloßena16 Cursus (z. B. in der Philosophie) begnügt, um desto mehr Zeit auf eigent|a784|lich praktische Studien verwenden zu können. – Hat man Zeit genug, um über eine Wissenschaft mehr als einmalc17 zu hören:c18 so würde dies von großema19 Nutzen seyn, weil doch auch der fleißigste Zuhörer viel überhört, oder nicht recht fasseta20, oder den Werth einzelnera21 Bemerkungen und der Darstellung der Sachen noch nicht so einsieht, als wenn er erst noch mehrere andrec22 Wissenschaften gehört hat, die ihn beyc23 abermaliger Hörung einer Disciplin auf viele Sachen darinnc24, und deren Wichtigkeit, erst aufmerksam machen werden. **)c25
Beyc2 der Wahl der Lehrer, deren Unterricht man sich anvertrauen will, – wenn sie anders in unsrerac3 Gewalt steht – ist mehr Vorsichtigkeit nöthig, als man gemeiniglich denkt, weil davon der wirklich größesteac5 Nutzen abhängt, den man von dem Aufenthalt auf Universitäten zu erwarten hat. Es ist eben so nachtheilig, sich darinnc7 bloß auf Andrerc8 Rath, als auf sein eignesc9 Urtheil zu verlaßenac10. – Nicht bloß auf jenen. Denn, – /acausser demac\ ∥ac11 daß die, so oft am besten rathen könnten, nicht immer rathen wollen, um sich nicht jemandenac13 aufzudringen, oder nicht für parteyischc14 gehalten zu werden, oder Feindschaft und Verdacht von Abneigung gegen Andere zu verhüten, oder weil sie merken, daß der Stolz der Fragenden möchte beleidigt werden, und diese |b213| sonach gerade das Gegentheil thun, – so kennen sie die besondern Bedürfnisse der Fragenden nicht genug, weil sie weder mit ihren Fähigkeiten, noch mit ihren Vorerkenntnissen und besondern Absichten beyc15 ihrem Studieren bekannt sind; oder sie kennen die Lehrer nicht hinlänglich in Absicht auf ihren mündlichen Vortrag und ihre Fähigkeit, Anfängern gewisse Kenntnisse beyzubringenc16; oder |c194| haben unrichtige, oft sehr seltsame, Begriffe und Vorurtheile von dem Werthe eines Lehrers; oder handeln gar nach Leidenschaften und äusserlichenc17 Rücksichten. – Auf der andern Seite fehlt es dem Anfänger selbst gemeiniglich an eben diesen Kenntnissen, und er versteht noch zu wenig von |a787| dem, was eigentlich zu seinem künftigen Studium gehört, von der besten Art sie zu treiben, und den besten Hülfsmitteln und Vortheilen dabeyc18, als daß er sich selbst hinlänglich rathen könnte.
Will man Andere zu Rathe ziehn:c2 so muß man solche Lehrer, oder Mitstudierende, oder überhaupt /cMenschen-c\ ∥c3 Zeit- und /cSachkundige dazu wählen, vonc\ ∥c4 denen man /ces gewiß weiß, oderc\ es ihnenc5 zutrauen /ckan: –c\ ∥c6 daß sie wissen, was zur Gelehrsamkeit und zu deren Zweigen und Hülfsmitteln, zu deren Gestalt und Bedürfniß, in der Zeitc7 wo wir leben, und zu der besten Art gehört, überhaupt und einzelne Wissenschaften zu studieren; /c–c\ daß sie unsrec8 Bedürfnisse kennen, die man, falls dies nicht seyn könnte, ihnen aufrichtig entdecken muß; /c–c\ und daß sie einen guten |b214| Charakter haben, zumal in Absicht auf Bescheidenheit, Uneigennützigkeit, Menschenliebe, Schonung Anderer, gewissenhafte Gefälligkeit und Aufrichtigkeit. – Will man sich selbst zugleich mit rathen – denn, was auch Andere noch so gut zu rathen scheinen, müssen wir doch nie ohne gewissenhafte Prüfung annehmen: – so muß man sich selbst dieser Tugenden und Kenntnisse bewußt seyn, oder doch vorher sich von den letztern, durch Nachfragen beyc9 solchen, die obige Eigenschaften habenc10, und aus einer guten Anleitung zur Kenntniß der Wissenschaften und zur besten /cArt sie,c\ ∥c11 |c195| nach den Bedürfnissen /cunsrer Zeit,c\ ∥c12 zu treiben, |a788| unterrichtet haben; überall aber auf seine eignenc13 besondern Bedürfnisse sehen,a14 und den Werth eines Lehrers nach richtigen Gründen beurtheilen.
Diese Gründe oder diese Eigenschaften eines Lehrers, die hier in Anschlag kommen, sind,c2 nicht /cdas gemeine Gerüchte undc\ ∥c3 Celebrität eines Lehrers, überhaupt, oder an dem Orte, wo er lehrt, sondern: – 1) ob er mit der Wissenschaft, die ichc4 durch seinen Unterricht will kennen lernen, vorzüglich bekannt, vielleicht gar Meister in derselben seyc5; 2) ob er einen deutlichen Vortrag habe. Diesc6 schließt zweyerleyc7 in sich;c8 zuerst, daß der Vortrag den Zuhörern wirklich Begriffe von den Sachen beybringec9, die sie bisher nicht gekannt, oder nicht so gekannt haben, wie sie sie nun durch diesen Vortrag kennen lernen; hernach, daß er auch Ueberzeugung von der Wahrheit des Vorge|b215|tragenen wirke. – Zu dem ersten Stück gehört Faßlichkeit und Bestimmtheit. Faßlich ist der Vortrag, wenn der Zuhörer durch die nothwenigsten Vorerkenntnissea10, die er auf die Universität mitbringen muß (§. 128ac11), oder durch das, was der Lehrer sagt, in den Stand gesetzt wird, etwas beyc13 dem, was gesagt wird, zu denken. Bestimmt ist er, wenn durch die gegebnec14 Erklärung aller Mißverstand abgeschnitten, und der Zuhörer so belehretc15 wird, daß er die vorgetragnec16 Sache von allen andern unterscheiden und einsehen lernt, in wie fern etwasa17 so beschaffen,c18 |a789| und wahr ist. – Das zweytec19 Stück, oder das Ueberzeugende des Vortrags, setzt jene beydenc20 Eigenschaften voraus, und erfordert /anoch, ausserc21 diesen,a\ Gründlichkeit, /cd. i.c\ ∥c22 daß der Leh|c196|rer nie etwas, wenn es sich nicht von selbst versteht, sage, ohne das beyzufügenc23, woraus der Zuhörer erkennen kanc24, warum es wahr sey. – Beydec25 Stücke werden durch die Ordnung befördert, d. i. durch eine solche Stellung der Sachen und Worte, welche der Natur der Sachen und der Sprache und dem natürlichen Gange gemäß ist, den die menschliche Seele nimmt, wenn sie von dem Bekannten zum Auffinden oder Verstehen des Unbekannten fortgeht.
Wenn /acüber diesac\ ∥ac2 3) gleich das Interessante des Vortrags (§. 37ac4) nicht nothwendig zum guten Lehrvortrage, der /ceigentlichc\ ∥c6 Belehrung zum Zweck haben muß, erfordert wird, sondern es schon genug ist, wenn nur der Lehrer das Interessante der Sachen hervor zu ziehen weiß: so befördert doch das Interesse, welches er beyc7 den Zuhöhrern den Sachen durch den Vortrag zu geben versteht, die Aufmerksamkeit derselben, und die Lust, sich damit zu beschäftigen, ja selbst die Faßlichkeit des Vortrags; und diese Eigenschaft verdient daher,a8 nicht übersehen zu werden. Ob sie der Lehrer in seiner Gewalt habe, ist nach dem, was davon oben gesagt ist, zu beurtheilen. – Fast noch nöthiger ist es, 4) Acht zu geben, ob der Lehrer eine gute Wahl zwischen dem Nöthigen |a792| und Unnöthigen in seinem Vortrage halte. Wer für die erkannte Wahrheit und den Werth desjenigen, was er vortragen soll, eingenommen, auf das Beste seiner Zuhörer bedacht ist, den Zweck, warum er lehretc9, immer vor Augen hat, und mit Besonnenheit und Ueberlegung handelt, wird sich nicht nur lustige Ausschweifungen, Ausfälle auf Andere, /cu. d. gl.c\ ∥c10 nicht erlauben; er wird selbst das Nützliche von dem Unfruchtbaren, das |b219| überhaupt Nützliche von dem, was denen, die ihn hören, zuträglich ist, absondern, also auch zu tief geschöpfte, aus dem Innersten der Wissenschaften hervorgezognec11, mehr zur vollkommnern Erkenntniß und für schon Eingeweyhetec12, als zur allgemeinern Kenntniß einer Wissenschaft,c13 und für Anfänger,c14 gehörende feinere Bemerkungen und Untersuchungen übergehen; er wird sich hingegen die Mühe nicht /averdrießen laßenc15a\ ∥a16, auch sehr bekannte, und ihm selbst kaum noch interessirende,ac17 Sachen vorzutragen, wenn sie zur voll|c199|ständigen, deutlichen und gründlichen Einsicht in die vorzutragende Wissenschaft gehören.
Beyc2 einem Lehrer, von denac3 man wirklich, zumal nach den Zeitbedürfnissen, Nutzen ziehen will, kommt 5) sehr viel darauf an, ob er in der Erkenntniß der Wissenschaft, die er lehrt, und in Verbesserung seines Vortrags,c4 immer fortschreite. /cFreylich kanc\ ∥c5 er nicht lauter Neues sagen, darf es auch wegen seiner Zuhörer nicht. Er muß |a793| nicht nach dem Neuen und Ausserordentlichenc6 haschen, nocha7 über dem Neuen, ∥c8 oft nicht der Rede /cwerthenc\ ∥c9, bewährte alte Wahrheitc10 vergessen, oder ∥c11 übergehen – zweyc12 Fehler, die gemeiniglich aus Eitelkeit,c13 und bloßera14 Begierde zu gefallen, herrühren. Er hat nicht nöthig, es immer zu sagen, daß Etwas neu seyc15, oder daß er Etwas in Rücksicht auf gangbare Streitigkeiten berühre – ein Fehler, der die Zuhörer leicht verwöhnt, und ihnen allesc16, was nicht ausserordentlichc17 ist, unin|b220|teressant macht;a18 – er kanc19 oft besser das Neue oder Ungewöhnliche verstecken, im Vertrauen auf die verständigen Zuhörer, die das Gesagte auch auf Zeitbedürfnisse wohl anwenden werden. Auch können gewisse Theile einer Wissenschaft von ihm so gut durchdacht, mit so guten Bestimmungen und Gründen unterstützt, durch treffende Beyspielec20 so gut aufgeklärt seyn, daß Abänderung desjenigen, was er sonst darüber gesagt hat, unnöthig, oder selbst schädlich seyn würde. Allein in den Wissenschaften gehen die Verbesserungen, wenigstens Abwechselungen, und zu gewissen Zeiten gehen sie mit sehr schnellen Schritten,ac21 fort. Es muß also ein akademischer Lehrer, der wirklich Interesse für die Wahrheit und für die Vollkommenheit einer Wissen|c200|schafta22 hat, der selbst vornemlichc23 dazu bestellt ist, den Fortgang und die Erweiterung der Wissenschaften zu befördern, alle solche Veränderungen sich nicht nur wohl bekannt machen; er muß sie auch prüfen, sichten, und das würklichc24 Gegründete und Nützliche nicht unbenutzt laßenac25; und diesc26 um so |a794| mehr, da sonst seine wißbegierigen Zuhörer bald glauben werden ihn zu übersehen, und, was für die Wahrheit selbst noch schlimmer ist, das Neue, was sie hören oder lesen, ungeprüft annehmen, oder in ihrer Ueberzeugung irre, oder doch von ihm gegen Mißverstand und Zweifel nicht genug gedeckt werden. Wie viele Verbesserungen leidet nicht auch selbst der gute Vortrag, und wie viele Gelegenheit findet nicht der aufmerksame Lehrer, selbst das Alte und Bekannte durch neue Zusätze |b221| zu erweitern, verständlichera27 und einleuchtender zu machen, genauer zu bestimmen, besser auszudrucken, interessanter darzustellen, und fruchtbarer anzuwenden?
Noch giebt es 6) ein sehr gegründetes Vorurtheil gegen einena2 Lehrer, wenn man weiß, daß er seine Vorträ|c201|ge ohne gehörige Vorbereitung halte. |a795| Denn, wenn er auch die größestenac3 Fähigkeiten, Kenntnisse und Gabe zu sprechen besäßea5; so ists doch unmöglich, daß ihm, zumal wenn er an Einem Tage vielerleyc6 Beschäftigungen hat, alles das beyc7 einer Vorlesung gleich beyfielec8, alle Sachen und Worte sich in der Ordnung, mit der Präcision, mit der Lebhaftigkeit darstellena9, wie es würde geschehen seyn, wenn er das vorher wohl durchdacht hätte, was er sagen /awollte. Esa\ ∥a10 ist |b222| vielmehr /aohne diese Zubereitunga\ nothwendig, daß er oft verlegen seyn, in Verwirrung gerathen, das /cerste bestec\ ∥c11 ergreifen, seine Zuhörer mit Nebendingen unterhalten, wenigstens das Zweckmäßigste versäumen oder vernachläßigenc12 müsse. Der Mangel deutlicher Auseinandersetzung und des ordentlichen Zusammenhangs, nebst der Beymischungc13 ganz fremdartiger, oder der ermüdenden Ausdehnung bekannter Sachen, verräth diesen Fehler bald; und wer viele Geschäfte hat, und doch dabeyc14 täglich viele Vorlesungen hält, hat die höchst wahrscheinliche Vermuthung gegen sich, daß er sich dieser Nachläßigkeitc15, unvorbereitet zu lesen, schuldig mache, selbst deswegen, weil ihm eben diese Menge der Arbeiten nicht Zeit genug läßt, vorc16 sich seine Kenntnisse zu erweitern, alles etwa Eingesammleteac17 zu prüfen und zu sichten, die nöthige Wahl dessen, was er weiß, für seine Zuhörer zu machen, und die Heiterkeit des Geistes zu behalten, die zum guten Vortragc18 so nöthig, und, weil man zu einer gesetzten Zeit ihn halten muß, oft so schwer zu erhalten ist.
Hat man sich, nach den bisher beschriebenen Regeln der Vorsichtigkeit, zum Unterricht in einer Wissenschaft denjenigen Lehrer gewählt, der unter allen, die man haben kanc2, dem angegebenen Muster am nächsten kommt:c3 so |c204| muß man ihm, auf einer Seite alles vernünftige Vertrauen schenken, auf der andern sich fürc4 aller blinden Anhänglichkeit an ihm hüten. – Je weniger man selbst Fähigkeiten, vornemlichc5 je weniger man Verstand hat, je träger und unthätiger, je mehr man in Kenntnissen, besonders in einer Wissenschaft, noch zurück ist, je weniger man andere Lehrer in eben dem Fache kennt, und je mehr man Stolz besitzt, der, wenn er in sich selbst nichts findetc6 was ihmc7 stützen könnte, sich gern auf Andere lehnt, und durch erborgtes Licht zu glänzen sucht: desto mehr ist man in Versuchung, sich bloß an das Ansehen seines Lehrers zu hängen, ihm ungeprüft zu folgen, und ihn über alle andrec8 zu setzen; desto unfähiger auch, künftig selbst ein |b226| Lehrer zu werden. Oft ist der Lehrer selbst Schuld |a799| daran; und, um sich von dieser Seite gegen /cblinde Achtungc\ ∥c9 /adesselbena\ zu verwahren, würde sehr dienlich seyn, /ain dem Fallc10 daßa\ ∥a11 jener, anstatt bedächtig und bescheiden zu untersuchen, gern ruhmredig von sich und seinen Kenntnissen oder Erfindungen spricht, und sich wegwerfende oder verachtende Machtsprüche erlaubt, desto mehr gegen ihn auf seiner Hut zu seyn; auch, wenn man es kanc12, mehrere Lehrer, und, wo möglich, auf mehrern Universitäten, zu hören, welches auch noch den Vortheil hat, daß man viel Mehreres lernt, und sich nicht so sehr an einseitige Beurtheilung gewöhnt.
Hinwiederum entspringt das zu wenige Vertrauen auf den gewählten Lehrer und die herabsetzende Kritik, die man sich gegen ihn zu Gute hält, aus eben denselben Quellen, nur daß sie mit etwas mehrerema2 Dünkel versetzt ist, der durch Disputirgeist, durch Gewohnheitc3 schnell abzuurtheln,c4 |c205| und vor bedächtiger Untersuchung zu entscheiden, so wie durch dem Umgang mit gleich rasch urtheilenden Leuten, oder mit Gelehrten, deren Urtheile man gern auffängt, und sich mit ihnen, als mit seinen eignenc5 Federn schmückt, erzeugt und genährt wird. Je mehr man den großena6 Werth der zumal einen Jüngling so wohl kleidenden Bescheidenheit (§. 111.a7) erkennt, und diese Tugend annimmt; je mehr man sich selbst und seine Schwächen studiert; je mehr man sich zu überzeugen |b227| sucht, daß Verstand nicht vor den Jahren |a800| reif werdea8, und daß Männer, die schon viel studiert, gedacht, und sich in Untersuchungen geübt haben, natürlich weiter müssen gekommen seyn, als der Anfänger, auch beyc9 dem besten Kopf; je mehr man endlich bedenkt, wie sehr man sich beyc10 Verständigern und Kennern durch dieses jähe Absprechen verächtlich, und durch Undankbarkeit verhaßt mache: je mehr wird man sich gegen diese Unbescheidenheit verwahren. – Allerdings muß aber das Vertrauen auf seinen Lehrer vernünftig seyn. Einiges, was der Lehrer vorträgt, /ckan freylichc\ ∥c11 der Zuhörer auch schon wissen und beurtheilen, Vieles aber auch nicht. Was der Lehrer anders nicht als bloß versichern (§. 134.a12 Anm. 1.), nicht,c13 den Beweis /adavona\ führen, oder ihn begreiflich machen /ckan, darinnc\ ∥c14 muß man ihm glauben, bis man anderwärtsher von dem Gegentheil überzeugt wird, oder man muß auf alles Lernen von Andern Verzicht thun. Was die Wahl der vorzutragenden Sachen und die Methode betriftc15: so muß man es ihm, als denc16 Verständigern und Geübtern, zutrauen, daß er am besten wissen werde, was das Zuträglichste seyc17. Wenn man aber glaubt, etwas schon besser zu wissen oder beurtheilen zu können:c18 so ists doch |c206| vernünftig, sein Urtheil aufzuschieben, bis man Gründe und Gegengründe richtig gegen einander abgewogen, und dem Lehrer selbst seine Zweifel vorgelegt hat, überhaupt aber sich zu bescheiden, daß man, wegen Mangel an Kenntnissen, Erfahrung und Uebung, leichter irren und einseitig urtheilen könne, als An|b228|drec19, die, nach allen Regeln der Wahrschein|a801|lichkeit, es in /aKenntnissen und Fertigkeitena\ ∥a20 schon weiter gebracht haben.
Will man den gewählten Lehrer so gut benutzen, als man immer kan:c2 so /ckan diesc\ ∥c3 eben sowohl durch den Umgang als durch Unterricht geschehen. – Beyc4 Benutzung seines Unterrichtsa5 hängt sehr viel davon ab, daß man sowohl auf die mannigfaltigec6 Art sehe, wie man ihn zu seinem Vortheil brauchen könne, als auf die dazu nöthige Gemüthsfassung. Von der Letzternc7 ist schon oben geredet worden (§. /a110 flgg.);c8 a\ ∥a9 und ich darf nur noch insbesondrec10 an den ununterbrochenen Fleiß beyc11 Besuchung der Vorlesungen erinnern, dessen einmalige Unterbrechung öftere nach sich zieht, und bald zur bösen Gewohnheit, allemal aber deswegen nachtheilig wird, weil jede Lücke Dunkelheit zurückläßt, den Zusammenhang zerreißt, und der Docent im Folgenden auf dasjenige bauet, was er, als aus dem Vorhergehenden bekannt, voraussetzt. – Also hier nur noch Etwas über die Art, den akademischen Unterricht zu benutzen.
Die nächste Absicht beyc2 Errichtung der Universitäten und dem daselbst eingeführten Un|b229|terricht, war: angehenden |c207| Studierenden, nach genugsamer Vorbereitung auf Schulen, Belehrung über diejenigen Wissenschaften zu verschaffen, |a802| die sie beyc3 der besondern Art ihres künftigen öffentlichen Berufs nöthig hätten, /cso fernc\ ∥c4 /adieser Berufa\ ∥a5 gelehrter Kenntnisse bedarf, und zwar eine solche Belehrung, die sie mit dem Hauptinhalte jeder Wissenschaften im Zusammenhange bekannt machen, und zur Grundlage beyc6 dem eignenc7 weitern Fortbaue darinnac8 dienen könnte. Man setzte also Jünglinge voraus, die auch hierinnac10 wollten Männer werden, sich nicht mit dem akademischen Unterricht, nicht einmal mit der bloßena11 Anwendung desselben,c12 begnügen, sondern wirklich weiter fortbauen. Wie könnt' er auch sonst Vorbereitung auf die künftige verständige und weise Führung eines öffentlichen Amtes werden? Daraus folgt, daß /cderc\, wer auf Universitäten studiert, keineswegs seine Pflicht erfülle, wenn er bloß Unterricht empfängt und einsammletc13; welches allein ohnehin der Selbstthätigkeit eines vernünftigen Menschen unwürdig ist; sondern daß er nur dann jene Absicht /cerreiche: –c\ ∥c14 wenn er sich das Gelernte zu eigen macht,a15 /c–c\ wenn er es als Gelegenheit zum weitern Nachdenken und Anwendung braucht, /c–c\ und wenn er dem Lehrer die Art ablernt, wie man beyc16 Auffindung, Untersuchung und Mittheilung der Wahrheit verfahren müsse.
Die Gedanken eines Andern werden alsdann die meinigenc2, wenn ichc3 nicht nur eben das beyc4 seinen Worten oder Zeichen denkec5, was er dadurch wollte zu verstehen geben, sondern auch |a803| noch vielmehr, wenn ichc6 sie, wie er, für wahr und gut erkennec7. Dadurch gehen sie in meinec8 Vor|c208|stellungen, /cin meinec\ Ueberzeugung und /cin meinec\ Neigungen über; und so lange sie nicht auf diese Art meinc9 Eigenthum wordenc10 sind, /ckan ichc\ ∥c11 sie weder für michc12 noch für Andrec13 brauchbar machen, weil sie mit meinenc14 übrigen Gedanken und Neigungen nicht zusammenfließena15. Wenn ichc16 das, was ichc17 von Andern gehört oder gelesen habec18, nicht wörtlich wiederholec19, sondern in /cmeine eignenc\ ∥c20 Worte einzukleiden,a21 und /cmirc\ aus der Sprache und aus der Absicht desjenigen, von dem ichc22 sie /chabe, beyc\ ∥c23 dem Gebrauch derselben, Grund anzugeben weißc24, warum ichc25 es so verstehec26; wenn /cich mirc\ ∥c27 eben so Rechenschaft geben kanc28, warum ichc29 es für wahr haltec30, zumal wenn ichc31 es durch eignec32 Gedanken zu verbessern oder zu vermehren weißc33; wenn /cich erkennec\ ∥c34, wozu ichc35 es /cbrauchen kanc\ ∥c36, und es in irgend ein Verhältniß mit meinenc37 Bedürfnissen zu setzen verstehec38: dann /ckan ichc\ ∥c39 gewiß wissen, daß /cichc\ es /cin mein Eigenthum verwandelt habec\ ∥c40.
/cIch kanc\ ∥c2 aber noch weiter gehen, und es |b231| auch als /cmeinc\ Eigenthum verarbeiten, um mirc3 gleichsam als mit /cmeinem eignen Capitalc\ ∥c4 Zinsen zu erwerben, welches dadurch geschieht, wenn ichc5 es als Gelegenheit benutzec6, weiter darüber nachzudenken,c7 und es anzuwendenc8 (§. /c141).a9 Diesc\ ∥c10 führt /cmichc\ auf eignec11 Entdeckungen, wodurch |a804| meinec12 Kenntnisse mit neuen bereichert werden, und selbst das von Andern Gelernte mehr berichtigt, bestätigt, und nutzbar gemacht wird. Wer diesc13 nicht thut und auf diese Art mit seinen Kenntnissen wuchert,a14 wird zwar ein nützlicher und treuer Lehrer werden können, aber immer nur mittelmäßig bleiben, ohne die Gränzen seiner Wissenschaft zu erweitern.
/aNächst dema\ ∥a2 läßt sich aus dem Vortragc3 des Lehrers noch mehr Nutzen ziehen, wenn ichc4 nicht bloß von ihm, obgleich mit eignemc5 Fleiß, lernec6, nicht bloß von dem Gelernten Anlaß zu eignenc7 Entdeckungen nehmec8, sondern auch ihm ablernec9, wie ichc10 es anzustellen habe, um Etwas zu finden, zu prüfen, und Andern mitzutheilen (§. /c141a11). Dennc\ ∥c12 sonst bleibt meinc13 Lernen immer noch zu mechanisch, und mehr, obgleich eigne,ac14 Wiederholung desjenigen, was er gesagt hat;c16 und, wenn /cmichc\ auch /cmein eignerc\ ∥c17 Kopf auf weitere Entdeckungen führt, so /cwerde ich mirc\ ∥c18 doch diese sehr erleichternc19 und vervielfältigenc20, wenn ichc21 auf die Quellen, worausa22 /cerc\ ∥c23 schöpft, Acht gebec24, um sie |b232| selbst zu benutzen, und /cmirc\ aus der Wahrnehmung des Verfahrens, das er beobachtet, allgemeine Regeln abziehec25, die /cmich beyc\ ∥c26 ähnlichen Fällen /cleiten könnenc\ ∥c27. Gesetzt danna28 auch, daß ichc29 Vieles von dem, was der Lehrer gesagt hat, nicht lerne,ac30 oder wieder vergesse:c32 so /cwerde ichc\ ∥c33 doch durch dieses Absehen der Regeln und der Art, nach ihnen zu verfahren, eine Menge von |a805| Grundsätzen gewinnen, die immer, wenn gleich in ganz andern Fällen, /a/cmirc\ großea\ ∥a34 Dienste thun werden, so wie dadurch und durch /acmein eignesac\ ∥ac35 Nachdenken (§. /ac143) michac\ ∥ac37 so gut üben, daß ichac39 eine Fertigkeit erhalten /cwerdea41, selbstc\ ∥c42 Vieles, was ichac43 in dem Vortragc45 des Lehrers überhört habeac46, und ∥c47 noch Mehreres ∥c48 zu finden.
Doch auf den recht nützlichen Gebrauch der akademischen Vorlesungen insbesondere zu kommen, so ist es sehr nützlich, vor Anhörung der einzelnen Stunden, in dem |c210| Buche, worüber gelesen wird, das bedächtig durchzugehen, was in dieser Stunde möchte erklärt werden, und sich das zu bemerken, was man nicht versteht, oder worüber man vorzüglich Erklärung wünscht. Denn dies erspart nicht nur unnöthiges Nachschreiben, sondern es befördert auch die Aufmerksamkeit, und, wenn diese auch in der Stunde erschlaffte, so wird man doch dasjenige wenigstens vorzüglich bemerken, was uns am meisten inte|b233|reßirtc2, oder uns sonst beyc3 dem Studium der Wissenschaften am meisten aufhalten möchte.
Beyc2 dem Anhören des Vortrags selbsta3 läßt sich zwar das dreyfachec4 Verhalten (§. 142–144ac5) nicht ganz zugleich und mit genugsamer Anstrengung beobachten. Es ist genug, wenn man vor |a806| der Hand nur auf das erste (§. 142ac7) bedacht ist, und alle Aufmerksamkeit auf den Vortrag mitbringt, um durchaus demselben mit seinena9 Gedanken zu folgen, und das Gesagte nicht bloß mit dem Gedächtnisse,c10 sondern auch mit dem Verstande aufzufassen; sichs also bewußt ist, ob und was man dabeyc11 denke, ob es uns einleuchte oder zweifelhaft bleibe, nutzbar scheine oder nicht. Wer zu Wissenschaften wirklich aufgelegt ist, beyc12 dem wird, selbst unbemerkt, die Kraft und der Trieb nachzudenken, anzuwenden, und sich allgemeine Regeln des Verfahrens abzuziehen, doch schon wirksam seyn; und diese Kraft weiter beyc13 dem Gehörten zu brauchen, bleibt der Zeit der Wiederholung,a14 und überhaupt der künftigen Zeit,a15 ohnehin vorbehalten.
Sehr rathsam ist es, beyc2 Anhörung des Vortrags sich Einiges von dem, was man hört, mit vernünftiger Wahl |c211| /caufzuzeichnen. Dennc\ ∥c3 |b234| dies befördert die Aufmerksamkeit, weil man auch den uns oft störenden Augen und Händen eine Beschäftigung /cgiebt. Es druckt die Sachenc\ ∥c4 dem Gedächtniß besser ein, und ist beyc5 solchen Sachen, die unsc6 meist oder durchaus unbekannt /csind, beynahec\ ∥c7 unentbehrlich. Was man hintennach wieder vergessen hat, ist denn doch nicht verloren, und das Aufgeschriebnec8 erinnert /cunsc\ wieder an das, was dem Gedächtniß entwischtc9 war. Man gewöhnt sich auch dadurch, einen ausführlichen |a807| Vortrag zu concentriren, und auf die Hauptsachen zusammen zu ziehen, welches /cunsc\ hernach beyc10 dem Lesen der Bücher und beyc11 dem eignen Denken großea12 Dienste thut. – Aber nur Einigesc13, und mit /c/avernünftigera\ Wahlc\ ∥c14, müßte man /caufschreiben. Sonstc\ ∥c15 fällt der letzterwähnte Nutzen weg; selbst die eigentliche Aufmerksamkeit leidet darunter, weil das Anhören bloß mechanisch geschiehetc16; und man ist dabeyc17 ganz ausser Stande, sichs bewußt zu seyn, ob man es auch verstehe, /cund, noch vielmehr,c\ ∥c18 nachzudenken.
Soll /cdieses Nachschreibenc\ ∥c2 nicht seinem Zweckc3 mehr hinderlich als förderlich seyn:c4 so muß es erstlich in mög|c212|lichster Kürze und Geschwindigkeit geschehen, um weder zu ermüden, noch über dem Nachschreiben etwas, vielleicht Wichtigeres, vom |a808| Vortrage zu überhören. Und dies wird sehr erleichtert, wenn man, mit Bemerkung dessen, was eigentlich die Sachen angeht, allesc5 wegläßt, was im Vortrage fremdartig oder bloßea6 Einkleidung ist; wenn man sich vor der Stunde den Text, worüber gelesen wird, wohl bekannt macht (§. 145ac7); und wenn man sich gewöhnt, nicht sowohl mit Abkürzungszeichen zu schreiben, als vielmehr mit Zahlen und Zeichen, die auf den Text verweisen, und bloß mit einzelnena9 Wörtern die Hauptgedanken, und so viel anzumerken, als hinreichend ist, /cunsc\ an das Uebrige leicht wieder zu erinnern. – Nächst dem muß man mit weiser Wahl aufzeichnen, aus eben den und andern §. /c147a10 angegebnenc\ ∥c11 Ursachen; also – mit gänzlicher Uebergehung alles dessen, was schon im Textc12 steht, was man sonst schon weiß, oder von selbst finden, oder wessen man sich durch Hülfe des Andern leicht wieder erinnern kanc13, – die Hauptge|b236|danken mit den angegebenen Bestimmungen, zumal wenn sie uns noch gar nicht bekannt sind, und wir sie nicht durch Nachdenken ergänzen können; die Gründe und treffende Beyspielec14, womit die Bemerkungen unterstützt oder erläutert werden; was der Lehrer zu reiferer Untersuchung, oder was er besonders der Aufmerksamkeit empfiehlt; und was uns selbst, während des Vortrags, zur Aufklärung, Bestätigung oder Bezweifelung einfällt. – Angestrengte Aufmerksamkeit, Verstand und Uebung gehört freylichc15 dazu:a16 aber wer /cjenes beydesc\ ∥c17 besitzt, dem wird die Uebung, und dadurch auch eine zweckmäßig vollständige Aufzeichnung des Gehörten bald geläufig /cwerden; |a809| vornemlichc\ ∥c18, wenn er beyc19 der Wiederholung wahrnimmt, was ihm von dem Gehör|c213|ten entgangen ist, und er das Aufgezeichnete, nebst dem, was ihm dadurch erinnerlich wird, mit dem vergleicht, was Verständigere oder Geübtere ihm einzuhelfen wissen.
Nach vollendeter Vorlesung ist /cnicht das weitere Abschreiben des Gehörten oderc\ ∥c2 das Nachlesen gewisser Schriften über eben die Sachen, die man gehört hat, /cnöthig. Beydes nimmtc\ ∥c3 viel Zeit weg, die man besser anwenden /akanc4. Jenesa\ ∥a5 befördert auch die Trägheit und das schädliche Vertrauen auf seine /cHeftec\ ∥c6 (§. /a147).c7 Füra\ ∥a8 das /cweitre Nachlesenc\ ∥c9 ist die Zeit auf Universitäten |b237| nicht bestimmt, wo man /cnurc\ ∥c10 hören und /cdarüber denkenc\ ∥c11 /asoll. Esa\ ∥a12 verwirrt auch den Zuhörer, weil in Schriften oft ∥a13 ganz /c/awasa\ Andresc\ ∥c14 über die Sache gesagt, oder das Nemlichec15 anders vorgetragen wird;a16 oder es stehetac17 oft das Gelesene mit dem Gehörten ina18 Widerspruch, und setzt in unzeitige Verlegenheit, wenn man beydesc19 nicht mit einander vereinigen, oder beurtheilen kanc20, welches von beydenc21 das Bessere seyc22. – Vielmehr wiederhole man bloß das Gehörte, /cohngefehr so:c\ ∥c23 daß man sich, allenfalls mit Hülfe des erklärten Textes, doch noch besser ohne denselben, wieder das zu vergegenwärtigen suchec24, was man gehört hat, und es sich gleichsam selbst vortragec25; oder, wenn wir ja so selbst nicht alles wieder finden, daß man dann das erläuterte Buch oder das Nachgeschriebenea26 zu Rathe ziehec27; daß man |a810| darüber nach|c214|denke,a28 und sich das, was uns dagegen oder darüber beyfälltc29, wenn man es nicht gleich auflösen oder genug beurtheilen kanc30, aufzeichne, um es ein andermal beyc31 mehrerer Muße und weiter erlangten Aufschlüssen genauer zu untersuchen, oder darüber, zumal wenn man etwas nicht recht verstanden oder gefaßt hat, Andere, die weiter sind, oder noch lieber den Docenten selbst, zu befragen. /c– Kan man das Gehörte in Gesellschaft Andrer wiederholen, so gewinnt man noch mehr dabey. Doch davon nachher.c\
Ausserc2 dem akademischen Vortragea3 sollte man ja nicht unterlaßenac4, auch aus dem Umgange mit seinen Lehrern den möglichsten Nutzen zu ziehnc5. – Es gehört/c, dünkt mich,c\ schon zur Dankbarkeit gegen sie, die jeder gutgeartete Jüngling für eine seiner theuersten und angenehmsten Pflichten halten wird, ihnen Beweise seines Vertrauens nicht vorzuenthalten, als wodurch allein das engere, für Beydec6 so wohlthätige,c7 Band der Freundschaft geknüpft werden kanc8. Ein edeldenkender Lehrer, dem es mehr um das Verdienst, als um den Verdienst zu thun ist, wünscht gewiß, seinem Zuhörer so nützlich als möglich zu werden, nicht nur um ihn zu Aemterna9 oder Wohlthaten zu verhelfen, wenn es in seiner Gewalt steht, sondern, was weit wichtiger ist, so viel, als er kanc10, zu seiner Bildung beyzutragenc11. Um jenes, nach den wahren Be|a811|dürfnissen desselben und mit gutem Gewissen zu thun, muß er ihn, nach seinen Fähigkeiten, Fleiß und Charakter kennen;c12 und dazu hat er ausserc13 dem nähern Umgang keine Gelegenheit. Um, mehr als nur im Allgemei|c215|nen an seiner Bildung zu arbeiten, ihm mehr als nur durch Verbesserung seiner Erkenntniß zu nützen, muß er mehr Gelegenheit habenc14 als den bloßena15 öffentlichen Vortrag. Und den Lehrer, unter so manchen drückenden Umständen, beyc16 guten Willen zu erhalten, ihn zu jener vielumfassenden Wohl|b239|thätigkeit zu ermuntern,c17 was kanc18 erheiternder seyn, als wenn er unter so vielen, die zu dem Standc19, dem sie sich äusserlichc20 widmen, wenig oder gar keinen innern Beruf haben, die wenigen Auserwählten, die wahre Blüthe der Jugend, auf der so sehr die Hoffnung der allgemeinern Glückseligkeit der Welt beruht, wenn er die kennen lernt, wenn er sich, an diesen wenigstens, nicht vergebens gearbeitet zu haben, freuen, mit diesen in engere Verbindung treten kanc21, um mit angestrengterem und vorzüglichermac22 Fleisse an ihnen, und, durch sie, an dem allgemeinen Besten zu arbeiten?
Wirklich hat dieser Umgang auch für den studierenden Jüngling ganz eignec2 Vortheile. Er kanc3, durch nähere Befragung des Lehrers, das, was er nicht verstanden hat, besser verstehen lernen, seine Zweifel in seinen Schooß ausschüt|a812|ten, umständlichere und genauere Belehrung einziehen. Er kanc4 da von ihm Vielesa5 lernen, was der Lehrer im öffentlichen Vortrage nicht berührte, es seyc6 daß es ihm nicht beyfielc7, oder die Gränzen der Zeit, es zu sagen und auszuführen, nicht erlaubten, oder daß er Bedenken fandc8 vor einem vermischten Haufen zu sagen, was er gern in dem freyernc9 vertraulichen Umgangc10 denen mittheilt, die es tragen können, die dessen bedürfigerc11 |b240| sind, für die es auch, weil es durch ihre eignenc12 Fragen oder Gedanken veranlaßt wird, |c216| mehr Interesse hat. Der Lehrer kanc13 da weit mehr mit Rücksicht auf die besondern Bedürfnisse und Fähigkeiten des Zuhörers sprechen, als in dem Vortragc14 vor sehr verschiednenc15 Zuhörern. Er kanc16 ihm, so zu reden, mehr Handgriffe zeigen, ihn auf den Werth der Sachen und ihrer Bestimmungen aufmerksamer machen, ihm die nützliche Anwendung derselben auf besondrec17 Fälle einleuchtender zeigen. Dem Zuhörer werden dann auch die Vorlesungen werther; weil sie ihm durch das im Privatumgang Gehörte verständlicher werden; weil er nun glauben kanc18, was der Lehrer da öffentlich sagt, das sage er mit veranlaßt durch seine Fragen, und er habe dadurch Gelegenheit zu öffentlicher Belehrung Mehrerer gegeben; diesc19 wird seinen Fleiß noch mehr, es wird ihn selbst ermuntern, sich durch seinemac20 Fleiß dem Lehrer noch beliebter zu machen. Und wie viele Gelegenheit bekommt dieser nun, auch den Charakter und das Herz seines Zuhörers mehr zu bilden, ihn mit der vollen Vertraulichkeit eines |a813| Vaters oder Freundesa21 zu vermahnen, ihm zu rathen, ihm alles Gute zu erleichtern? Fürc22 wie vielem Unfleiß und /awie vielena\ Ausschweifungen wird dieser sich hüten, wie viele Fehler abzulegen suchen, um sein Vertrauen nicht zu verlieren, und sich seines nähern wohlthätigen Umgangs nicht unwürdig zu machen? Welche vertraulichere Freundschaft wird durch diesc23 alles zwischen beydenc24 ent|b241|stehen, deren Folgen sich auch auf die Zukunft, weit über die Zeit des kurzen akademischen Lebens, erstrecken werden?
Das Studieren auf Universitäten und die gute Gelegenheit, sich da, in Vorlesungen und durch den Umgang mit seinen Lehrern, zum Gelehrten oder zum Geschäftsmann zu bilden, so fern dieser auch gelehrte Kenntnisse nöthig hat, |b244| ist doch immer nur Vorbereitung auf einen künftigen Stand, zu welchenc2 sich immer fähiger zu machen, eignerc3 Fleiß eben so nothwendig ist, als zu der wirklichen Benutzung des akademischen Unterrichts und Umgangs. Dieser Fleiß beruht auf einer gehörigen Vertheilung seiner Zeit, und schließt, so fern er Privatfleiß, oder von dem verschieden ist, der sich bloß mit Anhörung und bloßera4 Wiederholung der Vorlesungen beschäftigt, dreyerleyc5 Uebungen in sich: /c– eignesc\ ∥c6 Nachdenken und Nachforschen in den Wissenschaften, nebst den Versuchen, etwas Zusammenhängendes /causzuarbeiten; –c\ ∥c7 gelehrte Uebungen in Anderer Gesellschaft;a8 /c– undc\ ∥c9 das Lesen gelehrter Schriften, mit Anwendung des Gefundenen auf die Erweiterung unserera10 gelehrten Kenntnisse.
Wer seine Zeit wohl einzutheilen weiß, findet allezeit gleich etwas, womit er sich nützlich beschäf|a816|tigen kanc2, ohne lange Weile zu haben, oder die Zeit mit der Ueberlegung zu verderben, was er jetzt wohl am besten thun könnte? Er findet auch zu allemc3, was er sich zu thun vorgesetzt hat, seine Zeit;c4 weil er nichts unternimmt, wozu er nicht schon zum voraus sich eine bestimmte Zeit angewiesen hat, und weil er diese gerade zu dem bestimmten Zweck anwendet. Er gewöhnt sich auch dadurch zur Ordnung (§. 114ac5), und, wenn er sich an seine einmal festgesetzte Zeit genau hält, ohne sich durch Laune oder andrec7 zufällige Umstände zu Ausnahmen verleiten zu laßenac8, gewöhnt er sich auch zu der unschätzbaren Fertigkeit, selbst das, was ihm beschwerlich oder nicht gemüthlich ist, aus Pflicht zu thun. – Diese Vortheile zu erhaltenac9 mache man sich, wenigstens auf eine gewisse bestimmte Zeit, einen wohl überlegten Entwurf, wie man seine Arbeiten und etwa vorkommende Geschäfte täglich vertheilen wolle; man überdenke, zu welcher Zeit sich schwerere oder leichtere Arbeiten am besten verrichten laßenac10, wie eine die andere erleichtern oder vorbereiten könne, wie und wennc11 man das gleich ersetzen wolle, wovon man zu der festgesetzten Zeit durch |b246| unvermeidliche Umstände gehindert worden ist; und halte streng über diesenc12 Entwurf. Diesc13 wird /cunsc\ zugleich zu der edlenc14 Zeitsparkunst gewöhnen, und den so schädlichen Vorsatz verhüten, allesc15 lernen zu wollen, was man als nützlich erkennt, über welchem |c220| man, beyc16 dem /cungeheuren Umfangc\ ∥c17 des Wissenswürdigen, und dem eingeschränkten Maaß menschlicher Kräfte, sich vor der Zeit schwächt, seinen Fleiß zerstreut, und beyc18 allen dem Vielen, was |a817| man lernt, es in Keinem zur rechten Vollkommenheit bringt.
Von dem eignenc2 Nachdenken, als der ersten Art von Uebungen (§. 152ac3), ist schon oben geredet wordenc5 (§. 143).ac6 Das eignec8 Nachforschen (§. 152ac9) begreift noch mehr; es schließt auch das Sammlenc11 und Aufzeichnen desjenigen in sich, was uns selbst gelegentlich beyc12 dem Lesen, Hören oder Denken über Wissenschaften beyfälltc13, oder was wir von Andern mitgetheilt bekommen, aber noch bis auf weitere Prüfung und Sichtung zurücklegen müssen, weil es entweder bloßea14 Fragmente und unvoll|b247|ständige Kenntnisse sind, oder wir es noch nicht genug beurtheilen können, |c221| oder weil wir darüber würden den Gang bestimmter Beschäftigungen unterbrechen müssen. – /cSo viel, alsc\ ∥c15 hier von eignenc16 Aufsätzen und deren Ausarbeitung zu sagen wäre, kanc17 man aus dem abnehmen, was oben /aTheil 1.a\ §. 88. /a89c19 a\ ∥a18 und am Ende des zweytenc20 Abschnitts im dritten Theil gesagt ist. Hier mögen nur noch folgende Anmerkungen stehen. – Man thut wohl, wenn man frühzeitig sich seine Gedanken, seine Gründe fürc21 und seine Zweifel wider eine Sache, auch so viel, als man zu deren Beurtheilung beyzubringenc22 vermag, aufschreibt, und sich eher dadurch übt, als man Aufsätze auszuarbeiten unternimmt. – Will man sich in eignenc23 Aufsätzen üben, so ist es viel leichter und von ∥a24 mannichfaltigermc25 Nutzen, wenn man Anderer Meinungen und Aufsätze /cworüberc\ ∥c26 prüft, als wenn man |a818| selbst seine Gedanken ausführen /cwill. Dennc\ ∥c27 Fehler zu entdecken ist leichter, als selbst etwas besser zu machen. Der Vorrath von Kenntnissen ist beyc28 Anfängern noch nicht sehr reich,a29 und der Uebungen sind sehr viele nöthig, ehe man etwas Eignesc30 nicht gar zu Gemeines liefern /ckan. Beyc\ ∥c31 der Prüfung fremder Aufsätze hat man immer etwas, woran man sich halten kanc32, was selbst eine Quelle oder Veranlaßungac33 zu Gedanken wird. Man gewöhnt sich auch dadurch den Sinn Anderer |b248| besser aufzufassen, strenger in Beurtheilung der Gründe zu werden, nothwendige Bestimmungen oder Einschränkungen aufzufinden,c34 kurz,a35 eine Sache auf mehrern Seiten zu betrachten. – Die meisten dieser Vortheile zu erreichenac36 wäre auch der Vorschlag nicht undienlich, sich aus gelehrten und zusammenhängend geschriebenen Büchern bisweilen eine Art von gedrängtem Auszug zu machen, wodurch der wesentlichste Inhalt im Zusammenhange dargestellt,a37 oder in einer Art von |c222| genauen Tabelle aufgeführt würde. Man gewöhnt sich /adadurch, allesc38,a\ ∥a39 was ein Andrer, und sonach auch was man selbst,c40 über einen Gegenstand ordentlich gedacht hat, wohl zu concentriren, das Wesentliche vom Zufälligen abzusondern, und einemc41 Aufsatz nebst dem Verhältniß seiner Theile gegen einander besser und geschwinder zu übersehen; man gewöhnt sich zur Ordnung und zum zusammenhängenden Denken, welches uns beyc42 unseren eignenc43 Aufsätzen hernach sehr zu Statten kommt. – Daß man übrigens, wenn man etwas selbst ausarbeiten will, immer nur |a819| das, dem man gewachsen ist,a44 und was man wohl durchgedacht hat, wählen, es in der Absicht, sich im ordentlichen Vortrage zu üben, unternehmen, der Anwandelungc45, ein Schriftsteller zu werden, nicht bald nachgeben, und eher etwas drucken zu laßenac46 sich nie entschließena47 müsse, als bis man sich lange geübt, |b249| viel Kritik darüber von Verständigern gehört hat, und etwas Neues oder auch das Bekanntea48 neu zu sagen weiß – diesc49 sollte sich wohl von selbst verstehen.
Gelehrte Uebungen in Gesellschaft mit /cihres Gleichen,c\ ∥c2 (§. /c152a3) kanc\ ∥c4 man jungen Studierenden nicht genug empfehlen; sie mögen in /cgemeinschaftlicher Wiederholungc\ ∥c5 der Vorlesungen, ∥c6 oder in verfertigten Aufsätzen,a7 die man von Anderna8 streng, nach Sachen und Ausdruck, beurtheilen läßt, oder im Disputirenc9, zumal über dazu entworfene Ausarbeitungen, bestehen. – Solche Uebungen, vornehmlich das Disputirenc10, ist ein sehr gutes Mittel,a11 zu erfahren, ob man das Gehörte recht gefaßt und verstanden, ob man dar|c223|über wirklich nachgedacht habe, ob man davon und von seiner vermeinten Ueberzeugung Rechenschaft geben,a12 und eines Andern Gedanken in seine eignec13 umkleiden könne? Mehrere sehen weiter als Einer, und leiten uns durch ihre Zweifel oder Erinnerungen auf Dinge, woran wir vielleicht nie gedacht hätten,c14 sie |b250| veranlaßenac15 wenigstens weitere Untersuchung einer Sache. Man ge|a820|wöhnt sich zugleich dadurchc16 eine Sache auf mehreren Seiten anzusehen, das, was man gedacht hat, so zu bestimmen,a17 daß es gegen Einwendungen gedeckt werde, und seine eignenac18 Arbeiten, gegen die man oft zu viele Vorliebe hat, genauer zu prüfen. Man erlangt eine Fertigkeitc20 wohl zu denken und sich wohl auszudruckenc21. Man gewöhnt sich,a22 vorzüglich im Disputiren, zu einer gewissen Gegenwart des Geistes, zum schnellen Durchschauen und Beurtheilen der Gedanken Anderer; selbst, wenn man auf die Art Acht giebt,a23 wie sich der Andere, ohne Sophistereyc24, heraushilft, oder wie oft man, ohne es zu denken, geirrt hat, zur billigern Beurtheilung. Und wie ungemein viel thut die Wetteiferung mit Andern, den Untersuchungsgeist und die Lust an gelehrten Uebungen zu befördern? ∥c25
Endlich gehört noch das eignec2 Lesen gelehrter Schriften hieherc3, mit Anwendung des Gefundenen zur Erweiterung, und überhaupt zur Verbesserung,c4 unserer Kenntnissec5 (§. 152).ac6 Gelehrter Schriften, sage ich, und deren /cAnwendung. Dennc\ ∥c8 von andern |b252| hier zu reden, von erbaulichen oder bloß oder mehr nur vergnügenden Schriften, ist mein Zweck nicht; wiewohl eine Warnung,a9 oder, wenn man will, ein Rath wegen der Vorsichtigkeit in der Wahl und in dem Gebrauch der letztern hier nicht am unrechten Orte steht. Denn, so sehr wir auch zur Erholung und Aufheiterung des Gemüths, sowohl als zur Bildung des Geschmacks, solcher Schriften bedürfen:c10 so ist |c225| doch die Anzahl der so genannten Lesebücher allerleyc11 Art, zu unsrerc12 Zeit,a13 so groß,c14 sie werden von den Meisten so ganz ohne Unterschied, so häufig mehr als die zu den Wissenschaften gehörigen, gelesen, daß im Ganzen der daraus entstehende Schade weit größera15 als der Nutzen ist. Wenn auch ein großera16 Theil derselben nicht so offenbar die Sitten verdürbe, die Religion verächtlich,a17 oder gegen sie gleichgültig machte, und wenig oder gar nichts zur Bildung des guten Geschmacks beytrügec18, wo nicht gar ihm schadete: so ist eine unvorsichtige /aoder gara\ ∥a19 zu häufige Lesung der|a822|selben besonders den Studirenden darum sehr nachtheilig:ac20 weil das Gemüth zu sehr zerstreut,a22 und vom Fleiß, der mit Beschwerlichkeit zu kämpfen hat, abgezogen; der Geschmack zu sehr an sinnliches Vergnügen und vom Ernsthaften abgewöhnt; und der Hang zu einer bloß auf Streifereyenc23 erhaschten, nicht mit Rücksicht auf einen fest |b253| ins Auge genommenen Hauptzweck des Studirens gesuchten, vielmehr fragmentarischen und unzusammenhängenden Erkenntniß, genährt, dadurch also die wahre und durch ernstliche Anstrengung zu bewürkendec24 Bildung des Verstandes und Herzens sehr verhindert wird.
Ueberhaupt sollte man – weil der Zweck, warum man Universitäten bezieht, nicht /cLectürec\ ist, /cdiec\ ∥c2 ja zu Hause eben sowohlc3 geschehen kanc4, sondern /cdiec\ Bildung /czu Wissenschaftenc\ ∥c5 durch mündlichen Unterricht und gelehrten oder lehrreichen Umgang – so lange man da lebt, nur sehr wenige Schriften lesen;c6 nicht einmal eigentlich die, welche eben die Gegenstände betreffen, worüber man Vorlesungen hört (§. /c149a7). Sondernc\ ∥c8 nur: ∥c9 gelehrte Zeitschriften,c10 |c226| um mit den Hülfsmitteln der Gelehrsamkeit und den Fortschritten derselben bekannt zu werden; auserlesene Hauptschriften über /cdie Wissenschaften,a11 diec\ ∥c12 man ∥c13 treibt, nur (wegen der im gedachten §. angegebnenc14 Ursachen) nicht beyc15 der Wiederholung der Lectionen über eben diese Wissenschaften, sondern, |b254| wenn man Zeit genug von den akademischen Arbeiten übrig behält, späterhin,a16 und |a823| mehr zur weitern Ausbildung in solchen Wissenschaften,a17 die man nicht wiederholt hören kanc18, oder wo uns der Docent nicht scheint Genüge gethan zu haben; und, in eben der Absicht, vorzügliche Schriften über gewisse uns besonders wichtige /cbesondre Punctec\ ∥c19; allenfalls solche, die man, nach Verlauf der Universitätsjahre,a20 wieder zu bekommena21 keine Gelegenheit hoffen /ckan. Wiewohlc\ ∥c22 die Zeit auf Universitäten, wenn man sie gehörig abwartenc23 und benutzen will, ∥c24 so kurz und besetzt /cistc\, daß man ∥c25 wenig Zeit zu der /cLectüre eigentlicher Bücherc\ ∥c26 übrig behalten wird.
Soll abera2 /cdiese Lesung der Bücherc\ ∥c3 auf Universitäten, oder noch vielmehr in der Zukunft, recht nützlich werden:c4 so muß sie nach eben den Regeln geschehen, die oben beyc5 der nutzbaren Anhörung der Vorlesungen angegeben sind (§. 146ac6), und so, daß man sich vornehmlich über ihren Inhalt, und was /cunsc\ ∥c8 besonders |b255| merkwürdig oder zweifelhaft oder unverständlich schien, in dem gelehrten Umgangc9 mit Andern, sonderlich mit seinen Lehrern, bespreche, auch sich daraus das Merkwürdigste aushebe, und als Zusätze zu den Wissenschaften, die man treibt, sammle. Dadurch kanc10 man zu einenc11 großena12 Schatz von nützlichen Kenntnissen gelangen, der uns auf die Zukunft treflichec13 |c227| Dienste thun wird, wenn man sie mit gehöriger Wahl, mit Verstandec14, und so sammletc15, daß man allesc16 bald /c/awieder findena\ ∥a17 kanc\ ∥c18. Unter den verschiedenen Vorschlägen,a19 sich solche Excerpte zu machen, |a824| möchte doch immer folgende Art die diensamste seyn. Man laßeac20 sich das Buch, worüber man eine besondere Wissenschaft auf Universitäten vortragen hört, durchschießena21, oder, lieber noch, ein Buch machenc22, dessen Seiten sich auf die Seiten des erwähntena23 Handbuchs beziehen, an welches man sich, beyc24 der Grundlegung zu einer Wissenschaft, gewöhnen will. In dieses trage man ein, was man nicht schon weiß, und so, daß, wenn man selbst das Buch, woraus man excerpirt, besitzt,a25 oder leicht wieder bekommen kanc26, man nur mit wenig Worten die Sachen und dabeyc27 dasjenige Buch und dessen Seiten bemerke, wo über diese eine weitere Erläuterung zu finden ist. Kanc28 man aber nicht hoffen, daß man es /cwerde beyc\ ∥c29 der Hand haben ∥c30, wenn man es wieder nachschlagen will:c31 so zeichne man sich zugleich ganz kurz die Erläute|b256|rung der Sachen, die dazu gefundnenc32 Gründe,a33 und dasjenige auf, was unsc34 selbst etwa dabeyc35 von Zweifel oder Bestätigung und Erklärung beyfielc36, oder was wirc37 darüber /cbey weitrerc\ ∥c38 Untersuchung oder beyc39 Besprechung mit Andern, gefunden habenc40.
cAnm. Wenn Collegienhefte gleich so eingerichtet werden, daß sie entweder einen breiten Rand haben, oder durchschossen sind, so sind sie unstreitig am besten geeignet, um Alles, was man aus der Lectüre, oder gelehrten Gesprächen über irgend einen Gegenstand sammelt, darin anzumerken, und sie dadurch recht eigentlich zu Revertorien für das ganze Leben zu machen. Bei der Exegese z. B. würde man Alles, was man über die Erklärung in dunkeln Stellen gefunden, nachträglich bei der Stelle selbst anmerken. So bei der einzelnen |c228| Materie, der Dogmatik, Moral, Kirchengeschichte. Auch die hinzukommende Literatur wird weit zweckmäßiger da supplirt, als in ein Collektaneenbuch getragen, wo sich das Einzelne in der Menge so leicht verliert. – Durch gute Register, die jedes nachgeschriebene Collegium haben sollte, wird auch der Gebrauch erleichtert. A. d. H.
Unter den Schriften, welche über die in diesem letzten Abschnitt abgehandelten Materien nachgelesen und benutzt zu werden verdienen, gehören noch folgende:
Eigenthümliche Ansichten enthalten: