Hier liefere ich den Beschluß meiner Anweisung zur Bildung angehender Theologen, in der ich meine Beobachtungen, Begriffe und Vorschläge über das Studium der Theologie, die ich bey vieljähriger Erfahrung und öfterer Prüfung bewährt fand, so weit zusammengedrängt habe, als sie sich mir wieder unter dem Schreiben darstelleten, und wie ich sie für angehende Studierende, oder vielmehr überhaupt bey wahrhaftig nützlicher Beschäftigung mit den dahin gehörigen Wissenschaften zuträglich hielt. Denn, obgleich meine Absicht eigentlich auf diejenigen ging, die sich auf Universitäten diesen Wissenschaften widmen: so wünsche ich doch zugleich auch Andern nützlich zu werden, denen, wenn sie gleich schon in Aemtern stehen, Manches neu oder in ein neues Licht gestellet scheinen möchte, was ihnen hoffentlich auch noch jetzt erst willkommen seyn düfte, zumal wenn sie es in diesem Buche, nach dem Titel, nicht erwartet hätten. Nur, eben deswegen, weil vieles hier bloß beyläufig, oft kaum mit einem oder zwey Worten, gesagt ist, und weil ich fürchten muß, bisweilen, wegen der geflissentlichen Kürze, nicht gleich verstanden zu |a[IV]| werden, eben deswegen wünsche ich mir zugleich aufmerksame und bedächtige Leser, denen die Mühe nicht dauret, auch bisweilen bey einzelnen Worten mit ihrem Nachdenken zu verweilen.
Vielleicht kommt Manchem das, was ich in diesem Theile über die grossen Schwierigkeiten bey guten und ihrer völligen Absicht entsprechenden Predigten, sowohl als über ihre diesem Zweck förderliche Einrichtung gesagt habe, überflüßig oder zu weitläuftig vor. Mir nicht; weil ich weiß, daß die Meisten gerade mit dem, was ihnen am bekanntesten seyn sollte, am wenigsten bekannt sind. Der Leser, dem diese Sache wichtig ist, und dem die grossen, seligen und traurigen, Folgen würdiger und unwürdiger Predigten lebhaft vor Augen schweben, mag selbst darüber richten. Ich werde mich für sehr reichlich belohnet halten, wenn ich irgend einige dadurch sollte auf eine Sache aufmerksamer gemacht haben, die keinem, dem Christenthum und Wohl der Menschen am Herzen liegt, gleichgültig seyn sollte. Halle, den 7ten des Mayes 1789.a
Der dritte Theil dieser Schrift ist recht eigentlich für künftige Religionslehrer bestimmt. Aber auch die, welche schon im Amte sind, werden noch sehr vieles zu ihrer Belehrung und Ermunterung darin finden. Mehrere Abschnitte scheint der sel. Verfasser mit besonderer Vorliebe gearbeitet zu haben. Daraus erklärt sich die Ausführlichkeit, womit er manche Materien behandelt, welche man kaum in einer Schrift dieser Art erwarten konnte, namentlich was er über die Meditation und Abfassung der Predigten erinnert hat, ohne gleichwohl, wie er selbst äußert, die Absicht zu haben, |cIV| homiletische Regeln geben zu wollen. Ganz vorzüglich aber spricht sich seine Gesinnung in dem aus, was er über die Bestimmung der Universitäten sagt, von welchen er eine sehr hohe Meinung hatte, und eben daher auch unter die warmen Vertheidiger ihrer Rechte und Freiheiten gehörte. Wenn man seine, bereits in der Vorrede zum ersten Theil von mir erwähnte, Lebensbeschreibung, und mehrere derselben beigefügte schriftliche Aufsätze über diesen Gegenstand, namentlich Th. 2. S. 117 und 134 vergleicht, so wird man darin die hier nur kurz berührten Ideen und Ueberzeugungen noch weit genauer und stärker ausgeführt finden.
Zu literarischen Berichtigungen und Zusätzen hat übrigens auch dieser Theil sehr häufig Veranlassung gegeben, wobei ich mich jedoch gehütet habe, so manches zu nennen, was höchstens einen temporären Werth gehabt hat. Einzelne Zusätze habe ich, häufiger als bei den vorigen Theilen, gleich dem Texte eingeschaltet, ohne sie besonders bemerklich zu machen. Nur längere Anmerkungen und Ergänzungen sind von den eigenen Worten des Verfassers unterschieden worden.
|cV| Möge denn aufs neue diese Schrift, welche schon so viel Gutes gestiftet, und so manchen Studierenden auf den rechten Weg geleitet hat, ferner segenvoll wirken! Sie unterscheidet sich von ähnlichen encyklopädisch-methodologischen Werken, besonders durch den praktischen Geist, der sie in allen ihren Theilen durchdringt. Denn das gehörte zu dem Eigenthümlichen ihres Verfassers, daß er, bei der hohen Werthschätzung echter und gründlicher Gelehrsamkeit, und bei dem unablässigen Streben nach Erweiterung seiner eigenen so reichen Kenntnisse, nie die Hauptsache aller menschlichen Bildung aus dem Auge verlor, nie die Cultur des Gemüths von der Cultur des Verstandes getrennt wissen wollte. Ein wahrhaft religiöser Sinn war und blieb ihm doch immer die Haupteigenschaft des Theologen, und er übersah vieles an denen, oder wußte es wenigstens mild zu entschuldigen, bei welchen er nur den guten Willen und die reine Liebe zur Wahrheit nicht vermißte.
Oft habe ich bei der Revision seines Werks den vollendeten Mann mir nahe gewünscht; oft mich gefragt, wie er über den gegenwärtigen Zustand der |cIV[!]| Kirche urtheilen, was er hoffen, was er fürchten würde. Doch er ist den Kämpfen entrückt, die nicht aufhören werden, so lange noch Gutes und Böses, Licht und Finsterniß neben einander steht. Er gehört einer höheren Gemeinde an, in welcher ihm wohl sehr vieles, was uns wichtig dünkt, und worüber wir uns bald selbst beunruhigen, bald leidenschaftlich mit Andern kämpfen, in einem ganz andern Lichte erscheinen mag.
Halle, den 25. April 1819.c