Um sich von der Wahrheit
a1 und allgemeinen Anwendbarkeit dieser Erklärung: daß die Seligkeit oder Glück
|a19|seligkeit endlicher Geister in dem Bewußtseyn des
∥a2 Uebergewichts
d3 der Vollkommenheiten ihres Zustandes über die
/aUnvollkommenheiten, mit wahrscheinlicher Hofnung der Fort
|d18|dauer und des fernern Anwachses desselben
a\ ∥a4 bestehe, noch mehr zu überzeugen,
a5 darf man sich nur
zuvörderst deutlich machen, daß kein endlicher Geist jemals in einen Zustand, darin
d6 gar keine Uebel oder Mängel statt fänden, versetzt werden kan
a7. So wol jede einzelne Vollkommenheit eines endlichen Dinges, als auch die Summe des mannigfaltigen Guten, welche es zugleich besitzen kan
a8, ist nothwendig eingeschränkt und endlich. Diese Schranken und Mängel eines höhern
d9 Grades der Vollkommenheit sind aber wahre Uebel; und die meisten Uebel, worüber sich Menschen beklagen, sind nichts anders als Mängel höherer Grade des Guten, wovon sie zu wenig zu besitzen glauben. Hieraus
|b21| |c21| erhellet die Wahrheit
des ersten Theils unsrer Erklärung, daß zur Seligkeit nicht die Vorstellung von lauter Vollkommenheiten, sondern nur vom
Uebergewichtd10 derselben über die Unvollkommenheiten erfordert werde, und daß man
d11 um zufrieden zu seyn, sich nur das Gute seines Zustandes klärer und lebhafter als die Mängel und Uebel desselben vorstellen müsse.
Hiernächst versuche man selbst
a12 den allerglückseligsten Zustand, in welchen man sich versetzt zu sehen wünschet, völlig auszumalen, und man wird bemerken, daß so bald man denselben als unveränderlich fortdaurend denket, oder auch nur eine gewisse Gleichförmigkeit und Einerleyheit in irgends einer Beziehung annimt
a13, aller Reiz
a14 sich verliert
d15. Wir müssen Gelegenheit haben,
a16 uns und unsern Zustand vollkomner
a17 zu machen, wenn wir vergnügt seyn sollen. Dis
cd18 erfordert der Grundtrieb aller selbstthätigen Geschöpfe, deren Existenz durch eine Reihe auf einander folgender Abänderungen ihres innern und äussern
a19 Zustandes bestimt
ac20 wird. Denn selbstthätig leben heißt
d21 nichts anders, als zur Verbesserung seines Zustandes wirken. Hierdurch wird die Wahrheit
des zweiten Theils unsrer Erklärung,
|a20| daß ein Bewußtseyn des
Anwachses unsrer Vollkommenheiten zur Seligkeit nöthig sey, bestätigt:
ad22 und daraus folgt
d24 zugleich, daß es auch in dem
a25 allerglückseligsten Zustande eines endlichen Geistes noch immer Bedürfnisse geben müsse,
|d19| die unsre Wirksamkeit unterhalten, und dem Grundtriebe aller Selbstthätigkeit, sich vollkomner
a26 zu machen, immerfort Nahrung und süsse
d27 Befriedigung verschaffen. Es ist nun zu zeigen, theils in wie weit überhaupt der Mensch Empfänglichkeit und Anlagen Seligkeit zu erhalten habe, theils in welchem Grade dieselbe im gegenwärtigen Zustande bey uns statt finden können
cd28.
|b22| |c22| Auch Hindernisse unsrer Bestrebungen nach Vollkommenheit sind dem Wachsthum
d29 der Kräfte förderlich, weil ohne solche der volle Gebrauch und die Anstrengung der Kräfte, wodurch sie sich verstärken müssen, nicht gedacht werden kan
a30. In dem glückseligsten Zustande jedes endlichen Geistes sind daher innre
d31 und äußre
d32 Hindernisse und Widrigkeiten, der Seligkeit unbeschadet, und selbst zur Beförderung derselben anzunehmen: wie solche denn auch aus den physischen Einschränkungen endlicher Geister in jedem Zustande nothwendig folgen. Wenn nur die Aussicht und Hofnung vorhanden ist, sie nach und nach zu besiegen, so schwächen sie die Zufriedenheit nicht, und jeder Triumph über dieselbe bringt
d33 das lebhafteste Vergnügen hervor.