/zPharisäer.ab1 Es gehört zum
/abrichtigern Verstande
ab\ ∥ab2 vieler Umstände in der Lebensgeschichte Christi
abc3, zu wissen, daß die Pharisäer die ansehnlichste Kirchenparthey unter den damaligen Juden ausmachten, ihre sogenannten rechtgläubigen Lehrer
|c309| |d374| |e374|waren,
a4 den grösten
f5 Anhang unter dem Volke
abc6/efhatten
ef\, wie das meiste Ansehen im
a7 Senat
∥ef8, die
Schriftgelehrtenf9 oder richtiger Rechtsgelehrten der damaligen Zeit zugleich waren,
a10 den unterscheidenden Lehrsatz von einem tausendjährigen Reich
f11 ∥a12, welches der Messias in seiner Zukunft aufrichten werde,
/abehaupteten,
a\ und übrigens die grösten
f13 Verderber der reinen Sittenlehre waren,
f14 an deren Stelle sie bloß äußerliche Förmlichkeiten beym Essen, Trinken, Fasten, Waschen u. s. w. vorschrieben.
/f–
f\
Nach dieser Anmerkung
b15 ist es deutlich, warum z. E.Paulus sagt, er könne sich, wenn er wolle, viel darauf zu gute thun, daß er ein Pharisäer gewesen, Phil. 3, 5.; warum beyde Pharisäer und Schriftgelehrten oft zusammen genannt, aber doch auch
|a290| |b290| noch voneinander
abef16 unterschieden werden Matth. 22, 34. 35., weil nemlich zwar alle Schriftgelehrten von der pharisäischen Secte waren, aber nicht eben sowohl alle Pharisäer Rechtsverständige; ferner, in welchem Verstande Jesus sage, sie säßen auf Mosis Stuhl Matth. 23, 2., insofern
abfe17 sie
|f381| nemlich das mosaische Recht besonders trieben; wie, noch weiter, die Sadducäer Matth. 22, 23. ff.
a19 den nach unsern Erkenntnissen sehr geringscheinenden Zweifel gegen die Auferstehung machen konnten; – weil sie
a20 nemlich Jesum
a21 für einen Pharisäer hielten, und der Zweifel gegen diese
a22 und ihre Behauptung von einem tausendjährigen Reiche
abc23, in welchem alles irdisch
ae24 zugehen werde, gerichtet, schon treffender war – endlich, was die Jünger eigentlich beym
/airdischen
e25Reiche
bc26a\ ∥a27 des Messias dachten, die Mutter der Kinder Zebedäi
|c310| |d375| |e375| mit ihrer Bitte sagen wollte, und wie gerecht die Vorwürfe waren, die Jesus den Pharisäern so oft machte: s.
ab28Sauerteig ,Schriftgelehrterabc29 .
z\
/zPriester,Hoherpriester,priesterlich,Priesterthum.ab1 Da das israelitische Priesterthum dem Apostel Petrus,
a2 und besonders dem
|a292| |b292| Verfasser des Briefs an die Ebräer
f3 Veranlassung zu einer besondern Vorstellung von Jesu gegeben hat; so muß man, um diese gehörig zu verstehen, sich
|c312| vor allen Dingen von jenem rechte Begriffe ma
|d377|chen. Man nennt es, wie bekannt, das
aaronitische, weil Aaron nebst seinen Söhnen es zu
|e377|erst verwaltete, und das
levitische,
b4 weil es der Stamm Levi
∥ab5 erblich erhielt 2 B.
/abMos. 28, 29.
ab\ ∥ab63 B.M.
ef7 3, 8.Die
ab8 ganze Anordnung desselben hatte ihren Grund in der allgemeinen mosaischen Einrichtung, nach welcher Gott als der unmittelbare Beherrscher seines Volks betrachtet, und ihm also nicht nur ein Pallast, eine Residenz, ein Land, (s.
das Heilige ) sondern auch eine weitläuftige Bedienung
f9 zugeeignet wurde, die
f10 nun eben die
Priester und
Leviten ausmachten. Jene waren gleichsam die Staatsbedienten, diese das Hofgesinde, die nur für die äußere Ordnung, Reinlichkeit,
ef11 und Geräthschaften der Hütte des Stifts zu sorgen hatten,
ef12 dagegen die Verrichtungen des eigentlichen Priesterthums durch
/aOpfern, Räuchern
ef13a\ ∥a14 jenen übertragen wurden 3 B.M.
ef15 4, 3.
bc16ff.4 B.
∥f17 18, 1
abef18ff. So bedeutet das Wort, welches wir
Priester übersetzen, ursprünglich einen
Diener, besonders im Staat, und wird
/abdaher mit dem hebräischen Wort, welches gewöhnlicher
ab\ in die
|f384|ser
∥ab19 Bedeutung
/abvorkömmt, zuweilen verwechselt, z. E.Jes. 61, 6. daß es also auch,
ab\ von den Söhnen Davidsgebraucht,
ab202 B. Sam. 8,
/ab18.
/c1 Chron. 18, 17. und von denen, die
ef21 die nächsten um ihn oder andre
f22 Könige gewesen, wie 2
∥f23 Sam. 20, 26.2 B.
/fd.
e24 Könige
f\ ∥f25 10, 11.
c\ eher durch
Rath übersetzt werden sollte
ab\ ∥ab26.
ef/fUnd daher nennt
f\ ∥f28 auch
Philo, in dem Leben
Mosis, diesen sehr oft einen
Priester.
ef Aber gleich so, wie das deutsche
Priestera29 seinen
|a293| |b293| ersten allgemeinen Gebrauch in der Sprache der
/fGriechen,
f\ ∥f30 woraus es genommen ist, nach und nach
/ab/cin der unsrigen
c\verlohren
f31ab\ ∥ab32 hat, und einem gewissen Stand
f33 eigenthümlich ist zugeeignet ist es auch dem hebräischen
abc34 Wort gegangen, welches
Luther durchaus
Priester |c313| übersetzt. – Wie nun nach den orientalischen Sitten sich niemand, außer denen, die am Hofe des Monarchen zu thun haben, in den Vorsal
f35 des Pallasts desselben wagen darf, so durfte auch
/abcniemand außer den
abc\ ∥abc36Leviten sich der Hütte des Stifts nähern 4
/fBuch M.
e37f\ ∥f38 18,
/a21
bef39ff.
a\ ∥a40; wie noch weniger jemand erlaubt ist, in den Pallast selbst zu gehen, ohne besondre
f41 Erlaubniß, so war dieses sogar den Leviten verboten 4 B.M.
f42 4, 19. 20.18, 3. 4. 5. 6. 7. und allen, außer dem Hohenpriester, in das
Innerste/efdesselben:
ab43 wie
ef\ ∥ef44 ferner einer der
erste und höchste Staatsbediente in irdischen
e45 Regierungsformen ist, so war auch unter den Priestern einer, der
f46 der
höchste Priester(Hoherpriester,
ef47 ist zu wenig gesagt) oder vorzugsweise
ab48,
der Priester, genannt wurde, wie denn auch die erste Benennung in dem Alten
ef49 Testament sehr
|f385| selten vorkömmt, als,
f503 B.M.
ef51 21, 10.Josua 20,
/ef6.; wie
ef\ ∥ef52 endlich Staatsbediente die Angelegenheiten des Volks bey dem Monarchen zu besorgen
∥ab53,
/efund
ef\ die Befehle dieses dem Volk
f54 bekannt zu machen
/abhaben
ab\, und nach orientalischen
f55 Gebrauch nur der erste Minister den unmittelbaren Vortrag jener thun darf, und den eben so unmit
|a294||b294|telbaren Auftrag dieser erhält;
ef56 so war es auch mit
/abjener
ab\ ∥ab57 Dienerschaft Gottes. Die Priester waren
/abgleichsam der hohe Adel unter den Juden, besorgten die Angelegenheiten
ab\ ∥ab58 des Volks
/abbey Gott
ab\, opferten, räucherten für
/abdas Volk
ab\ ∥ab59 täglich im Tempel; aber der höchste Priester war das Orakel desselben, der ihm
a60 in außerordentlichen Fällen Gottes Rath bekannt machte,
∥a61 wegen außerordentlicher Versündigun
|d379||e379|gen
/aes
a\ bey Gott
∥a62 vertrat, und alle Jahr einmal
|c314| mit einem allgemeinen Sündopfer vor Gott erschien. –
Hiervon ist nun die Anwendung auf das
christliche Priesterthum, wie es in den Briefen
Petri und an die
Ebräerf63 vorgestellt wird, leicht zu machen. Die Vorstellung selbst ging
abcf64 eigentlich die Juden an, die an eine solche Staatsverfassung gewöhnt
e65 waren, und an die auch, als nachmalige Christen, die gedachten apostolischen Briefe eigentlich gerichtet sind.
a66 Ihre Bedeutung kann aber auch nach dem
ef67 Vorhergehenden keine andre
f68 seyn, als daß Jesus der höchste Reichsbediente Gottes auf der Welt gewesen sey – aber eines ganz andern Reichs
abc69 – denn eben er habe jene sichtbare Regierungsform aufheben,
/abeine Anbetung
ab\ ∥ab70 Gottes im Geist und in der Wahrheit einführen, Gottes
ab71 Er
|f386|kenntniß und
∥ab72 freye kindliche Verehrung
ab73 unter den Menschen ausbreiten, und alle leibliche Opfer und Gaben in würdigere verwandeln sollen; das habe er gethan, und
/fmit einmal
f\ durch seinen Tod vollendet.
a74 Nun sey er gleichsam zum
Reichs|a295||b295|verweser erhoben worden (Ebr.
f75 8, 1.); und ein
Pfleger besserer Güter, der
wahrhaftigen Hütte (v.
f76 2.)
/abc(so
f77 wie dasselbe griechische Wort Röm. 13, 6. von Obrigkeiten gebraucht wird, wo Luther
Diener übersetzt)
abc\; diese Hütte Gottes sey nun jeder Ort, wo Gott wahrhaftig angebetet werde, an jedem das Allerheiligste, ein jeder Verehrer Gottes habe das Recht in dasselbe mit aller Freudigkeit einzugehen, und der Opferdienst, den er thue, sey sein Lob, sein Dank, sein Gebet. Das ist die Hauptvorstellung
c78 in dem Brief
ef79 an die Ebrä
|d380||e380|er
f80, wonach
abc81 sich alles übrige, was zu ihrer Erweiterung und Ausbildung gehöret, leicht erklären läßt. Es ergiebt sich auch hieraus, wie diese
|c315| Vorstellung im Grund
f82 eben soviel
abef83 sagen soll
ab84, als, Christus
ab85 sey der
Herr, das
Haupt seiner Gemeine. S.
∥ef86Rechte Gottes .
Wenn nun Petrus alle Christen ein
heiliges, herrliches,
Priesterthum1 Br. 2, 5. und v.
f87 9. das
königliche Priesterthum nennt, so will er damit anzeigen, daß nun alle Diener Gottes wären, nicht weiter der bessere Dienst Gottes an einem
abc88 besondern Stand wie jener (2 Buch
ef89 Mos. 19, 6.) gebunden
∥aef90, in dem höhern Reiche
abc91 Gottes das Priesterthum und die königliche Würde nicht ferner
/cvon einander
c\ ∥c92 getrennt wären.
a93 Und so ist auch der Verfasser der Offenbarung 1, 6.5, 10. zu verstehen. Nur mit den
|f387|Leviten konnte die Vergleichung nicht angestellt werden, weil ihre Verrichtungen gar keine Beziehung auf die eigentlichen Erweisungen des Christenthums
|a296| |b296| hatten, und
/efzudem
ef\ alle Christen, die es wirklich sind, vor Gott einander gleich geachtet werden.
Hohepriester.abef94 Obgleich in dem bisher erklärten Verstande nur jedesmal Ein hoher, höchster,
f96 Priester war, so werden doch im Neuen
f97 Testament oft mehrere als gleichzeitig erwähnt. Man muß also bemerken, daß die
Häupter der vier und zwanzig Priesterordnungen, nach der Einrichtung Davids, 1 Chron. 24. in spätern Zeiten diesen gleichen Namen, wenigstens nach dem uns bekannten griechischen Sprachgebrauch, führten.
a98Die Juden haben sie vielleicht in ihrer Muttersprache noch genauer unterschieden, jenen den
|d381| |e381|höchsten Priester (
גדלכהן),
a99 diese
Oberpriester, Erzpriester
abc100 (
ראשי כהנים) genannt. Die Anmerkung selbst hat ihren Grund in
|c316|Matth. 26, 3.Marc. 14, 53., wo
deref101 Hohepriester, in dessen Pallast das Gericht gehalten wurde, von denen, die sich
/fdarinn
e102 versammleten
f\ ∥f103, unterschieden wird, und Apostg.
f104 5, 24. In den Lebensbeschreibungen Christi
abc105 muß man also allezeit unter
den Hohenpriestern in der mehrern Zahl diese Häupter verstehen, außer
/aLuc. 3, 2.
/bJoh. 18, 13. 24.
b\a\ ∥a106 und Apostg. 4, 6. wo es scheint, daß
Caiphas dem
Hannas in der eigentlichen hohenpriesterlichen Würde, wegen seines Alters oder eines Versehens
/abim Amte
ab\ ∥ab107, noch bey Lebzeiten sey zu
|a297||b297|geordnet ,
a108 vielleicht aber auch dieser sich selbst ihn zum Nachfolger erwählt habe
ef109.
z\
/z|f388|Prophet;Weissager, weissagen,Weissagung.
ab1 Ich nehme diese Wörter außer der Ordnung zusammen, weil sich keins ohne das andre
f2 vollständig erklären läßt, und setze als ausgemacht voraus, daß
f3 unter den ältesten Völkern Priester und Propheten in gleichem
/abcRange standen
abc\ ∥abc4, beyde für Diener der Gottheit, Gottesmenschen
f5 (wie die jüdischen Schriftsteller
/freden
f\ ∥f6) angesehen wurden, diese zuweilen auch noch grösseres
f7 Ansehen hatten, wie bey den Egyptern, unter welchen
dera8Prophet, wie er vorzugsweise genannt wurde, der Erste unter den Priestern war.
Ueberhaupt verband man mit den angeführten Wörtern den Begriff
einer/abesondernbc9außerordentlichena\ ∥a10Mittheilung der Weisheit oder Kraft Gottes, oder beydes zugleich,
an den Menschen, zur Ausrichtung eines gewissenGeschäftsabc11, nun verschiedene Grade der
|c317| Weissagung, verschiedene Stuffen
abf12 der Propheten
c13, und die Menge Nebenbedeutungen dieser Wörter sich am besten verständlich machen lassen.
Im
höchstenVerstande
f14 ein
Prophet seyn,
weissagen, ist soviel
abef15, als ein durchaus
bevollmächtigter Gesandter Gottes seyn, der den Völkern ihre Schicksale und ihre ganze Verhaltungsart bekannt zu machen, und die dahin gehörigen göttlichen Befehle mit Nachdruck zu vollziehen
/fbevollmächtiget ist
f\ ∥f16, was
|a298| |b298| wir einen
bevollmächtigtenMinister nennen; und in
/feinen
ab17 solchen
f\ ∥f18 dachte man sich das größte
a19 Maaß göttlicher Weisheit und göttlicher Kraft zugleich. Ein solcher mochte nun den Egyptern vermuthlich ihr schlechtweg sogenannter Prophet
ef20 seyn; aber
|f389| gewiß war es
Moses den Juden (welches ihre Gelehrten sagen wollen, wenn sie ihn für den Ersten und Einzigen Propheten ihrer Nation halten)
abc21 und in diesem Sinn
f22 sollte es Jesus seyn,
/fnach der eignen Versichrung
abe23 der Apostel
e24f\ ∥f257, 37.; so wie auch die Juden den
Messias, den sie erwarteten, dafür hielten,
/aJoh. 1, 21.
a\ ∥a26 (bist du der
ab27 Prophet, wie eigentlich übersetzt werden sollte)
f286, 14.Luc. 7, 16.; Johannes ihn dafür erkannt wissen wollte Luc. 7, 20. (Matth. 11, 3.); die Apostel ihn als einen solchen angenommen hatten Luc. 24, 19.
ab29 und vielleicht auch das Volk
/abihn sich
ab\ ∥ab30 dachte Matth.
c31 21, 9. 11. Ich sage
a32vielleicht, weil der große Haufe in seinen Vorstellungen immer sehr wankend und ungewiß ist, und er
abc33 die Benennung auch wohl in der folgenden Bedeutung kann genommen haben. – Denn
|c318| zunächst heißt ein
Prophet seyn, weissagen, auch soviel
abef34, als ein
außerordentlicherGesand
|d283[!]||e383|ter Gottes seyn, der in besondern Fällen einem Volk
f35 im Namen Gottes eine wichtige Begebenheit bekannt zu machen, eine große Unternehmung anzubefehlen,
a36 und so auch eine allgemeine Reform
/abcder
abc\ ∥abc37 Sitten anzukündigen hat.
a38 So braucht Josephus die
|a299| |b299| hieher gehörigen Wörter sehr oft z. E. von dem
Pinehasa39jüd.
f40 Alterthümer V.
ab41 2, 1. 10.; in diesem Verstande
abc42 wird Samuel ein Prophet genannt 1 B. 3, 20. und im
/efNeuen Testament
ef\ ∥ef43JohannesLuc. 7, 28., und dafür hielt vermuthlich der gröste Haufe
Jesum,
ef44 so wie die jüdischen
c45 Gelehrten in diese Classe ihre eigentlich sogenannten Propheten setzten, deren Schriften sie nachher in eine
/efeigne
ef\ Sammlung gebracht, und die denn allezeit im
/abcN. T.
abc\ ∥abc46gemeint
f48 sind, wo von ehemaligen
Propheten die Rede ist. Diese
außerordentliche Propheten- oder Gesandschaftswürde war
ab49 nun dem Hohenpriester beygelegt, und zum Sinnbild der
/abvon ihm
ab\ ∥ab50 nöthigen Falls
ab51 zu ertheilenden
/abBelehrungen
ab\ ∥ab52 der mit Edelgesteinen besetzte Brustschmuck gegeben –
Der Unterschied
abc53 zwischen diesen beyden Gattungen der Propheten und der Weissagung ist nun offenbar darinn
f54 zu suchen, daß jener unumschränkte Vollmacht hatte, auf alle Zeiten im Namen Gottes zu reden und zu handeln, und also bey ihm die Weisheit und Kraft Gottes als beständig inwohnend gedacht wurde; dieser hingegen die Vollmacht, wie die Eigenschaften dazu,
ab55 nur unter gewissen Einschränkungen und auf eine kurze Zeit erhielt. –
|c319| Nun hieß aber auch, in einer noch geringern Bedeutung, ein
Prophetseyn,
weissagen, ein
Bote Gottes seyn, der den Men
|a300||b300|schen überhaupt
|d384||e384|Lehre und Unterricht im Guten und
∥f56 dem, was Gottes Wille ist, ertheilet; und also
Weissagung, Lehre, Unterricht.
a57 In diesem Verstande
abc58 muß das Wort offenbar genommen werden, wenn im
/abcA. T.
abc\ ∥abc59 von Prophetenkindern, d. i. Lehrschulknaben, die Rede ist, und im
/b/acN. T.
ac\ ∥ac60 Matth.
b\ ∥b6110, 41. (wer einen
Lehrer aufnimmt etc.) 11, 9.
b62 (wolltet ihr einen gemeinen
Lehrersehen
ab63) Matth. 7, 22. (haben wir nicht in deinem
ef64 Namen
gelehrt?
a65) – Aber auch hier liegt der Begriff einer den Menschen vorzüglich verliehenen göttlichen Weisheit und Kraft zum Grunde.
|f391| Und damit ist endlich die
vierte Hauptbedeutung verwandt, da
Weissagung und
weissagen einem jeden zugeschrieben wird, der besonders dazu aufgelegt ist, andre
f66 zu
warnen oder ihnen zu
rathen, das Verborgne
af67 zu
entdecken, das Dunkle
af69auszulegen, das künftige
bcf71 zu vermuthen oder wirklich
vorherzusehen, das Herz durch
/fhohe edle
f\ ∥f72Gesänge zu
rühren, einen erwecklichen Vortrag ohne Vorbereitung zu thun, und hiernach sind Propheten bald
Ausleger, bald
Rathgeber, bald
Vorhersager, Dichteru. s. w. Gott wird auch hier gedacht, wie er einen solchen zu dem einen wie dem andern Geschäfte erweckt, braucht und ihn dazu mit besondern Geisteskräften ausrüstet.
So muß man also
weissagen verstehen, wenn es die Juden spottweise sagten Luc. 22,
|a301| |b301| 64.
|c320| (Marc. 14, 65.). Man sollte sogleich übersetzen:
Entdecke uns, wer dich schlug – So war
Agabus ein Prophet, indem er die Gefangennehmung Pauli und eine bevorstehende Theurung
vorhersahApostg.
b73 21, 11.11, 28. und in einem noch
|d385| |e385| höhern Grade
Zacharias, da er die Bestimmung seines Sohns
ef74/abvorher verkündigte
f75ab\ ∥ab76Luc. 1, 67. Und so werden endlich in der Apostelgeschichte 2, 17. 18.19, 6.21, 9. beym Lucas 2, 36. in
/fden Briefen
e77f\ ∥f78Pauli an die im ersten an die Corinther 12, 28. 29.14, 29. 32. 37.11, 4. 5.13, 9.14, 1. 3. 4. 5. 24. 31. 39. an die Epheser 2, 20.3, 5.4, 11.1 Thess.
f79 5, 20.1 Tim. 1, 18.4, 14. die Benennungen Prophet oder
ef80Prophetin
ab81 und die Wörter weissagen, Weissagung, von den Begeisterten gebraucht
abc82 die mit einer außerordentlichen
f83Rührung und
|f392| ohne Vorbereitung über Religionssachen sprechen konnten;
abc84 und ich denke, man sollte in allen diesen Stellen die Wörter,
Begeisterte, Begeisterung, aus Begeisterung sprechen, sogleich in der Uebersetzung brauchen. Ich weis
ef85 wohl, daß man in den meisten von diesen Stellen die Gabe der Schriftauslegung versteht, und der Sprachgebrauch dieses verstattet; aber ich finde es doch, nach einigen unterscheidenden Kennzeichen und Beschreibungen, die der Apostel davon macht, höchst zweifelhaft, sie alle dagegen mit der angezeigten Bedeutung übereinstimmend.
|a302| |b302| Ich will das nicht entgegensetzen, daß der Apostel die Auslegung ausdrücklich von der Weissagung unterscheidet 1 Cor. 12, 10. die Ausleger von den Propheten, v.
f86 29. 30.vergl.14,
|c321| 27–32. weil er diese Auslegung eben so deutlich auf die Erklärung dessen, was in fremden Sprachen geredet worden, einschränkt, und daher die Schrifterklärung noch etwas verschiedenes könnte gewesen seyn,
/fund
f\ auch dabey
f87 nach der letzten
|d386|Stelle
f88 eine Offenbarung statt gefunden haben.
a89 Man
|e386| mag auch das eine oder das andre annehmen, so waren die Ermahnungen nöthig, die Weissagung nicht zu verachten, die Gabe derselben bey sich zu erwecken und diesen ähnliche. Allein zuerst wär
ab90 es befremdend, warum er
/fv.3.
abe91f\ ∥f92 wo er den Nutzen der Weissagung beschreiben will, nicht geradezu gesagt hätte – wer weissaget, der redet zum Verständniß der Schrift.
abc93 Ferner ließe sich eben so wenig begreifen, wie er von der Schriftauslegung hätte wünschen können, daß sich alle derselben befleißigen, alle darnach streben möchten v.
f95 1. 39., wohl
/ababer könnte er
|f393| das
ab\ ∥ab96 von dem lebhaften
∥abc97Gefühl der Religion
/abchaben sagen wollen
abc\, mit welchem und in welchem man nun auch zu andern davon
/abspricht. Endlich
ab\ ∥ab98 ist die Schriftauslegung, wenn sie auch aus Offenbarung geschieht, doch mehr eine Sache des trocknen Urtheils
abf99 als einer erwärmten
abc100Einbildungskraft, und umgekehrt die Begeisterung.
a101 Nun beschreibt aber Paulus durchaus die Weissagung mehr als ein Geschäfte der
f102 letzten, da
|a303| |b303|der
f103, der sie besitzt, sich nicht enthalten kann, sogleich zu sprechen; der Ungläubige, der sie an andern gewahr wird, dadurch außerordentlich gerührt wird, die versammleten Christen selbst ganz besonders dadurch erweckt werden v.
f1043. 25. 30. 31. und braucht dann
/a1 Thess. 5, 19.
b105a\ ∥a106 wo Luther
dämpfen übersetzt, ein Wort, welches ordentlich von
|c322| den griechischen Schriftstellern von der Tilgung des hieran grenzenden
ab107 poetischen Feuers gebraucht wird. – Wenn man also diese Erklärung annimmt, so war
Offenbarungjede
f108 gute
/fErleuchtung,
f\ ∥f109 aber
/fWeissagungf\ ein höherer Grad
|d387|/fderselben
f\ ∥f110, der zugleich außerordentlich be
|e387|redt und andre
ef111 zu rühren geschickt machte.
a112 Und so wird man folgende Stellen auch weiter nicht dunkel finden.
Röm. 12, 7. Hat jemand
/aeinen außerordentlichen Antrieb
a\ ∥a113, der Gemeine etwas erbauliches vorzusagen, so sey es
a114 der Religion gemäß, anständig – er schwatze nicht in den Tag hinein. – Analogie ist hier, wie ich denke, allerdings
Aehnlichkeit, wird der Anomalie entgegengesetzt, und bey
f115 den griechischen Schriftstellern oft mit einem Worte verwechselt, welches
Gleichheit |f394| bedeutet (
ἰσότης, s.
Plutarch von der
brüderlichen LiebeS.484
abcef116 im 2. B. der Frankfurter Ausgabe).
/aWollte
a\ ∥a117 man auch das vorhergehende
Maaß des Glaubens zur Erklärung ziehen, so könnte man immer noch auch dieß
aef118 in gleicher Bedeutung nehmen; so wie Plutarch in der ange
|a304||b304|führten Stelle das daher abgeleitete Nennwort
Mäßigung in der Bedeutung der
Gleichförmigkeit nimmt.
1 Cor.
b119 12, 10. – Einem
ab120 andern
Begeisterung – 29. sind sie alle
Begeisterte?
ab121
– 14, 1.Befleißiget
ab122 euch – vornemlich mit lebhaftem
a123Gefühl von der Religion zu sprechen – 3.wer
ef124 aus Begeisterung spricht – 6.s.
Offenbarung : 24. Wenn sie alle in öffentlicher Versammlung rührende Vorträge thäten,
|c323| und käme von ohngefähr ein Ungläubiger, – so würde er durch alle überzeugt, von allen gerührt werden; und so
/a25.
a\ würde er sich nicht enthalten können
ab125 seine herzlichen Empfindungen zu entdecken (sie würden sichtbar werden, was Luther übersetzt,
das Verborgne seines Herzens |d388| |e388|würde offenbar werden), Gott anzubeten,
af126 und zu bekennen, daß Gott in euch sey –
Gott ist in uns, war die bekannte Sprache der Alten, wenn sie sich von einem höhern Wesen begeistert glaubten – 29–32. Die Begeisterten lasset reden, aber zweye
abc127 oder dreye
abc128nach einander (dies ist aus v.
f129 27. zu ergänzen), und die andern beurtheilen, was wirklich wahr und gut gesagt sey – Und so denn einem
a130 dabey sitzenden von ohngefähr ein guter Gedanke sich anbietet, so schweige der erste.
a131 Denn ihr könnet wohl alle einer nach dem andern auftreten, damit ein jeder dem
|f395| andern zum Guten nützlich
/asey; nur
a\ ∥a132 müßt ihr die Vorträge Andrer
abcef133 nicht unter dem Vorwand eines besondern Antriebs
|a305| |b305| des Geistes unterbrechen; denn auch die Erleuchtungen der Begeisterten müssen untereinander
ab135 geordnet seyn – 37. Dünket sich jemand
a136 ein wirklich Begeisterter
b137 zu seyn,
a138 der mag doch beurtheilen, ob nicht das alles, was ich bisher gesagt habe, der christlichen Lehre gemäß sey.
z\
/zPrüfen;untersuchenab1Luc. 12, 56.Röm. 2, 18.Phil. 1, 10.Röm. 12, 2.Eph. 5, 10.1 Joh. 4, 1.1 Thess. 5, 21. (
/abverglichen mit
ab\ ∥ab21 Cor. 14, 29.
∥ab3 wo der Apostel von derselben Prüfung der Vorträge der Begeisterten nur ein anderes
abc4 Wort braucht) –
kennen, wie es auch gleich übersetzt seyn sollte 1 Thess. 2, 4. – wie wir von Gott
|c324|tüchtig befundenwordenab6 sind, daß uns die Verkündigung des Evanglii anvertraut würde, so – der unser Herz
kennet. Dasselbe griechische Wort hat Luther
/fsehr
f\ richtig
besehen übersetzt Luc. 14, 19.; weniger richtig aber in der
/efgleich vorhergehenden
ef\ ∥ef7 Stelle,
bewährt seyn,
|d389| |e389| für,
tüchtig befundenwerden,
ab8 und 1 Cor. 3, 13. für,
die Feuerprobe wirds ausweisen; achtenRöm. 1, 28. für das noch deutlichere,
der Mühe werth halten; annehmenRöm. 14, 22. für
billigen; versuchen2 Cor. 8, 8.1 Tim. 3, 10. für,
auf die Probe/fstellen; bewähren1 Pet.
abe9 1, 7. für
probirenabc10f\ ∥f11
sich selbst2 Cor. 13, 5.Gal. 6, 4. – 1 Cor. 11, 28. Die
/abSelbstprüfung,
c12 von welcher in der letzten Stelle die Rede ist,
ab\ ∥ab13 geht auf die vorher verwiesenen
f14 Un
|a306||b306|ordnungen beym Genuß des Abendmahls; diese soll sich nun ein jeder
selbst |f396|verweisen, welches denn auch die Uebersetzung seyn sollte; vergl.v.
f15 31.
z\