Kapitel 2.
{vers 1.} Als Jesus zu Bethlehem in Judäa (denn es war noch ein anderes
Bethlehem in der Landschaft
Galiläa,
Josuä 19, 15. Dieses judäische Bethlehem lag eine Meile von
Jerusalem südwärts)
gebohren war, zur Zeit Herodis des Königs, ** kamen Weisen (gelehrte Männer,
|c437| besonders in der Sternkunde und Philosophie)
aus dem Morgenlande *) nach Jerusalem, (der Hauptstadt von Palästina, dem Vaterlande der Juden. Da sie aus
Arabien kamen, wie in der Anmerkung
* bewiesen worden: so konn
|c438|ten sie die Reise in drei Tagen machen; denn dieses Land ist von Jerusalem höchstens 20 Stunden entfernt)
und sprachen, {vers 2.} „Wo ist der gebohrne König der Juden? Wir sahen seinen Stern“ (d. h. den
Stern, welcher ihrer Meinung nach die Geburth desselben andeutete) „aufgehen; und sind gekommen ihn fußfällig zu verehren.“
{vers 3.} Da aber Herodes das hörete, ward er bestürzt, (aus Furcht vor einem Nebenbuhler seiner königlichen Würde, über welche er im höchsten Grade eifersüchtig war)
und ganz Jerusalem mit ihm: (diese vor
Freuden über die Geburth des so lange und sehnlich erwarteten Messias)
{vers 4.} und nachdem er alle Hohenpriester (ausser dem wirklichen trugen diesen Nahmen auch alle die abgesezten; denn seit der
Römer Herrschaft ward diese Würde verkauft, und darum ofte gewechselt)
und Gesezgelehrte (die jüdischen Theologen;
Esrä 7, 6. 10)
versammelt hatte, fragte er sie „wo der
Messias sollte gebohren werden?“
{vers 5.} Und sie antworteten, „Zu Bethlehem in
Judäa. Denn so ist durch den Propheten geschrieben,
{Michä 5, 1. vers 6.} und du Bethlehem im Lande Juda, mit nichten bist du die kleinste unter den Fürsten Juda; denn aus dir wird der An|c439|fürer kommen, welcher mein Volk Israel weiden soll.[“]
*) {vers 1.} Als Jesus zu Bethlehem in Judäa (denn es war noch ein anderes
Bethlehem in der Landschaft
Galiläa,
Josuä 19, 15. Dieses judäische Bethlehem lag eine Meile von
Jerusalem südwärts)
gebohren war, zur Zeit Herodis des Königs, ** kamen Weisen (gelehrte Männer,
|c437| besonders in der Sternkunde und Philosophie)
aus dem Morgenlande *) nach Jerusalem, (der Hauptstadt von Palästina, dem Vaterlande der Juden. Da sie aus
Arabien kamen, wie in der Anmerkung
* bewiesen worden: so konn
|c438|ten sie die Reise in drei Tagen machen; denn dieses Land ist von Jerusalem höchstens 20 Stunden entfernt)
und sprachen, {vers 2.} „Wo ist der gebohrne König der Juden? Wir sahen seinen Stern“ (d. h. den
Stern, welcher ihrer Meinung nach die Geburth desselben andeutete) „aufgehen; und sind gekommen ihn fußfällig zu verehren.“
{vers 3.} Da aber Herodes das hörete, ward er bestürzt, (aus Furcht vor einem Nebenbuhler seiner königlichen Würde, über welche er im höchsten Grade eifersüchtig war)
und ganz Jerusalem mit ihm: (diese vor
Freuden über die Geburth des so lange und sehnlich erwarteten Messias)
{vers 4.} und nachdem er alle Hohenpriester (ausser dem wirklichen trugen diesen Nahmen auch alle die abgesezten; denn seit der
Römer Herrschaft ward diese Würde verkauft, und darum ofte gewechselt)
und Gesezgelehrte (die jüdischen Theologen;
Esrä 7, 6. 10)
versammelt hatte, fragte er sie „wo der
Messias sollte gebohren werden?“
{vers 5.} Und sie antworteten, „Zu Bethlehem in
Judäa. Denn so ist durch den Propheten geschrieben,
{Michä 5, 1. vers 6.} und du Bethlehem im Lande Juda, mit nichten bist du die kleinste unter den Fürsten Juda; denn aus dir wird der An|c439|fürer kommen, welcher mein Volk Israel weiden soll.[“]
*)
**) Dieser beherrschte das Land der Juden als König, unter der Oberherrschaft der
Römer;
|c437*| ihn aber beherrschte eine
grenzenlose Ehr- und
Herrschsucht. Diese machte ihn, wie gemeiniglich alle Menschen von Talenten, zu einem der widersprechendsten Charaktere. An der einen Seite war er, (so schildert ihn uns
Josephus, der vornehmste, und damahls lebende Geschichtschreiber der Juden) freigebig, leutseelig, gefülvoll, gefällig, und wohltätig: an der andern aber, besonders gegen das Ende seines Lebens, räuberisch, hart, ungerecht, auf seine königliche Würde äusserst eifersüchtig, falsch, hinterlistig, und bis zum Tygermässigen grausam. Er zeichnete seine Regierung, durch Erbauung eines neuen Tempels zu
Jerusalem; auch andre prächtige und geschmackvolle Gebäude; kostbahre Geschenke; glänzende Festlichkeiten und änliche blendende Thaten so aus, daß man ihm den Nahmen des
Grossen gab. Uebrigens ist er der Stamm-Herr aller der jüdischen Fürsten, und Fürstinnen, deren im
N. T. gedacht wird.
Archelaus Matth. 2, 22;
Herodes Antipas Fürst von Galiläa Matth. 14
;
Philippus Fürst von
Ituräa Lucä 3, 1. waren seine Söne:
Herodes Agrippa, König von Judäa,
Apostel-Geschichte 12, 1.; und die
Herodias Matth. 14
, seine Enkel:
Agrippa aber König von
Chalcis,
Apostel-Geschichte 25, 13. 26, 1. nebst der
Berenice, und
Drusilla, Apostel-Geschichte 25, 13. 24, 24
; seine Urenkel.
*) Aller Wahrscheinlichkeit nach aus Arabien. Denn 1) dieses liegt Palästina gegen Mor|c438*| gen: wird auch 2) immer das Morgen-Land, in der Bibel genannt, z. B. 1 Mose 10, 30. 25, 6. und 3) die Geschenke dieser Männer, v. 11. sind arabische Landes-Produkte; der Weihrauch ein Harz das aus Stauden schwizt, findet sich in Asien nirgends als dort; die arabischen Myrrhen, und das arabische Gold sind vorzüglich. –
|c439*| *) Matthäus erzält bloß die Meinung der jüdischen Gelehrten; ohne sie zu beurtheilen. Die Stelle Michä wird hier so angefürt, wie sie weder im Hebräischen, noch in der Griechischen Uebersezung steht; auch handelt sie schwerlich vom Messias. Aber wenn hierin Irrthümer sind, so sind es Irrthümer der jüdischen Theologen, nicht aber des Evangelisten.
{vers 7.} Hierauf berief Herodes die Weisen heimlich; erforschte von ihnen die Zeit des erschienenen Sternes, {vers 8.} und sandte sie nach Bethlehem, und sprach, „Reiset hin, und erkundiget euch genau nach dem Kinde; wenn ihr es dann findet, so berichtet es mir, damit auch ich es fußfällig verehre.“
** {vers 9.} Sie aber, nachdem sie den König angehöret hatten, reiseten ab; und siehe! der Stern, den sie aufgehen gesehen hatten, war ihnen zuvorgekommen, und stand
über dem Orte, wo das Kind war. {v. 10.} Da sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreuet, {v. 11.} und als sie ins Haus kamen, sahen sie das Kind, samt Maria seiner Mutter; und fielen nieder es fußfällig zu verehren, und öfneten ihre Reisebehältnisse, und brachten ihm, Gold und Weihrauch, und Myrrhen zum Ge|c440| schenke dar. {v. 12.} Aber von Gott im Traum befehligt, nicht zum Herodes zurück zukehren, zogen sie durch einen andern Weg in ihr Land.{vers 7.} Hierauf berief Herodes die Weisen heimlich; erforschte von ihnen die Zeit des erschienenen Sternes, {vers 8.} und sandte sie nach Bethlehem, und sprach, „Reiset hin, und erkundiget euch genau nach dem Kinde; wenn ihr es dann findet, so berichtet es mir, damit auch ich es fußfällig verehre.“
** {vers 9.} Sie aber, nachdem sie den König angehöret hatten, reiseten ab; und siehe! der Stern, den sie aufgehen gesehen hatten, war ihnen zuvorgekommen, und stand
über dem Orte, wo das Kind war. {v. 10.} Da sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreuet, {v. 11.} und als sie ins Haus kamen, sahen sie das Kind, samt Maria seiner Mutter; und fielen nieder es fußfällig zu verehren, und öfneten ihre Reisebehältnisse, und brachten ihm, Gold und Weihrauch, und Myrrhen zum Ge|c440| schenke dar. {v. 12.} Aber von Gott im Traum befehligt, nicht zum Herodes zurück zukehren, zogen sie durch einen andern Weg in ihr Land.
**) Dies stimt sehr genau mit dem Charakter überein, den
Josephus (Siehe oben
Seite 437
**
) diesem Könige beilegt; worin
Falschheit und
List einige Hauptzüge waren. Er ließ z. B. seinen Sohn
Aristobulus auf eine verräterische Art ersäufen, und stellte darnach eine grosse Trauer über ihn an.
{v. 13.} Nach ihrem Abzuge aber erschien ein Engel dem Joseph im Traum und sprach „stehe auf, nimm das Kind und seine Mutter, und fleuch nach
Aegypten,
* und bleibe dort bis ich dir sagen werde, denn
Herodes wird das Kind suchen um es zu tödten.“
{v. 14.} Er nun stand auf, nahm das Kind nebst seiner Mutter in der Nacht, und zog nach Aegypten, {v. 15.} und war dort bis zum Tode Herodis. So wurde erfüllet, was der Herr durch den Propheten sagt, welcher spricht „aus Aegypten rief ich meinen Sohn.“
** {v. 13.} Nach ihrem Abzuge aber erschien ein Engel dem Joseph im Traum und sprach „stehe auf, nimm das Kind und seine Mutter, und fleuch nach
Aegypten,
* und bleibe dort bis ich dir sagen werde, denn
Herodes wird das Kind suchen um es zu tödten.“
{v. 14.} Er nun stand auf, nahm das Kind nebst seiner Mutter in der Nacht, und zog nach Aegypten, {v. 15.} und war dort bis zum Tode Herodis. So wurde erfüllet, was der Herr durch den Propheten sagt, welcher spricht „aus Aegypten rief ich meinen Sohn.“
**
|c440*| *) Dies war das nächste Land; wo überdem sehr viele Juden wohnten. Bethlehem ist von Aegypten nicht 40 Stunden Weges entfernt; den Weg dahin konnten also die Eltern Jesu in wenig Tagen machen.
**) Diese Stelle
Hoseä handelt von dem Volk
Israel.
Gott stellt ihnen
Seine Wohlthaten vor. „
Als Israel (sagt
Er)
noch ein Kind war[“] (in den ersten Zeiten dieser Nation, zur Zeit der Erzväter) „
liebte ich ihn“ („sorgte ich für sie durch die Erhöhung
Josephs in Aegypten“) [„]
und aus Aegypten rief ich ihn meinen Sohn[“], ([„]und als sie nachmahls grausamer Weise geplagt wurden, fürete ich sie mächtig aus.“) – Nichts kan besser auf die Ge
|c441*| schichte passen, von der
Matthäus redet, als dieser Spruch. Er wälet ihn also, um darin den Verfolg derselben zu berichten.
Und so (will er sagen)
geschahe das, was dort beim Hoseas steht. Gott rief Seinen Sohn aus Aegypten.
|c441| {v. 16.} Darnach als Herodes sahe, daß er von den Weisen hintergangen worden, * ward er sehr zornig; und sandte hin, und brachte alle die Knaben zu Bethlehem, und in dessen Grenzen um, welche im zweiten Jahre, und drunter waren. ** Da ward erfüllet was |c442| von Jeremia dem Propheten gesagt worden, welcher spricht, {Jerem[.] 31, 15. v. 18.} „Eine Stimme höret man zu
Rama, ein Weinen, und Winseln, und grosses Wehklagen.
Rahel beweinet ihre Kinder; untröstlich ist sie, daß sie nicht mehr sind.“
* |c441| {v. 16.} Darnach als Herodes sahe, daß er von den Weisen hintergangen worden, * ward er sehr zornig; und sandte hin, und brachte alle die Knaben zu Bethlehem, und in dessen Grenzen um, welche im zweiten Jahre, und drunter waren. ** Da ward erfüllet was |c442| von Jeremia dem Propheten gesagt worden, welcher spricht, {Jerem[.] 31, 15. v. 18.} „Eine Stimme höret man zu
Rama, ein Weinen, und Winseln, und grosses Wehklagen.
Rahel beweinet ihre Kinder; untröstlich ist sie, daß sie nicht mehr sind.“
*
*) Dafür nämlich hielt er es, aber mit Unrecht. Die arabischen Gelehrten hatten dem Könige versprochen ihm den Aufenthalt des Kindes anzuzeigen, damit er es verehren, nicht aber damit er es ermorden könne. Und hätten sie ihm auch dieses versprochen; so würde es noch grössere Sünde gewesen seyn, ein solches mörderisches Versprechen zu halten, als es zu thun. So war es Sünde, als vor wenig Jahren jener Abergläubige in Polen, mit einem Eide versprach, seinen König zu ermorden. Aber noch viel grösser wäre die Sünde gewesen, wenn er diesen Eid erfüllet hätte.
**) Bethlehem war schon zu
Michä Zeiten so klein, daß es nicht
tausend Mann stellen konte Kap. 5, 1. Nachher nahm es immer mehr ab, so daß damahls in Bethlehem, und dessen Distrikt etwa 2,000 Menschen gewesen; folglich järlich 100 Kinder; also 50
Knaben gebohren wurden. Es ist demnach eine Fabel, wenn in den so genanten
heiligen Akten, von 14,000 Kindern geredet wird, die
|c442*| hier getödtet worden. – Es waren nur 50
Knaben: Und ist das nicht schrecklich genug? – Aber es stimmet vollkommen mit dem Charakter
Herodis zusammen.
Siehe oben Seite 437[.] Noch schrecklichere Thaten erzält der jüdische Geschichtschreiber von ihm, die aus gleicher Quelle flossen. So wie er hier bei
Matthäo aus
Eifersucht für seine königliche Würde eine Menge unschuldiger Säuglinge den Armen ihrer trostloosen Mütter entriß, und kaltblütig ermordete; so ermordete er aus gleicher Ursache, nach
Josephi Erzälung, seine Verwandten; seine Gemahlin; seine Schwiegermutter; ja gar zwei seiner Söne: und sterbend noch befahl sein
Ehrgeiz ein Blutbad, das wenige seines gleichen hat. Und alle diese Frevelthaten mit allen ihren höllischen Schrecken verschwinden in nichts, wenn wir an die noch weit schwärzern Bosheiten, und Grausamkeiten denken; wie z. B. der Ehrgeiz der Römer an Einem Tage
siebenzig volkreiche Städte plünderte, und 150,000 Menschen zu Sklaven verkaufte.
*) In dieser prächtigen Stelle weckt der Prophet durch eine der rürendsten Prosopopöien, die |c443*| Rahel aus dem Grabe auf, als ihre Kinder über dasselbe weg nach Babel gefüret wurden. Die Stelle past so vortreflich auf diesen jammervollen Auftritt zu Bethlehem, als wäre sie darauf gemacht. Anstatt also zu sagen, nun erhob sich zu Bethlehem ein schreckliches Weinen und Klagegeschrei, bedient Matthäus sich jener Worte des Propheten, und schildert gleichsam dem Leser jene schauervollen Anblicke. „Da ward erfüllt u. s. w.“
{v. 19.} Nach Herodis Tode aber erschien ein Engel des Herrn dem Joseph in Aegypten im Traum {v. 20.} und sprach, „Mache dich auf, nimm das Kind, und dessen Mutter, und reise ins
|c443| Land
Israel: denn sie sind gestorben, welche dem Kinde nach dem Leben trachteten.“
{v. 21.} Er nun
machte sich auf, nahm das Kind, und dessen Mutter, und zog ins Land Israel. {v. 22.} Als er aber hörete, daß Archelaus anstatt Herodis seines Vaters, König über Judäa sey * furchte er sich, dahin zu ziehen. Aber im Traum von Gott befehliget zog er nach Galiläa; {v. 23.} und ließ sich in einer Stadt Nazareth genannt nieder, ** damit erfüllet würde, |c444| was durch die Propheten gesagt worden „Nazarener wird er heissen.“
* {v. 19.} Nach Herodis Tode aber erschien ein Engel des Herrn dem Joseph in Aegypten im Traum {v. 20.} und sprach, „Mache dich auf, nimm das Kind, und dessen Mutter, und reise ins
|c443| Land
Israel: denn sie sind gestorben, welche dem Kinde nach dem Leben trachteten.“
{v. 21.} Er nun
machte sich auf, nahm das Kind, und dessen Mutter, und zog ins Land Israel. {v. 22.} Als er aber hörete, daß Archelaus anstatt Herodis seines Vaters, König über Judäa sey * furchte er sich, dahin zu ziehen. Aber im Traum von Gott befehliget zog er nach Galiläa; {v. 23.} und ließ sich in einer Stadt Nazareth genannt nieder, ** damit erfüllet würde, |c444| was durch die Propheten gesagt worden „Nazarener wird er heissen.“
*
*) Herodes hatte diesem seinem sechsten Sohne seine meisten Länder nebst der königlichen Würde im Testament vermacht, in Hofnung daß der Kaiser Augustus es bestätigen werde. Dem zu folge ward er gleich nach des Vaters Tode vom Krieges-Heer und Volk als König ausgerufen. Der Kaiser aber verweigerte ihm die Königs-Würde. Und hieraus sehen wir, daß die Rückehr Josephs aus Aegypten gleich nach Herodis Tode geschehen.
**) Der Weg nach Galiläa aus Aegypten gehet durch Jerusalem. Und auf dieser Durchreise geschahe die Darstellung im Tempel, Lucä 2, 22–40.
|c444*| *) Die Propheten, sagt Matthäus; er redet also nicht von einer einzelnen Stelle; sondern von dem gemeinschaftlichen Inhalte der Weissagungen des A. T. – Nazarener war damahls, und ist noch jezo in dortiger Gegend, ein gemeiner Schimpf-Nahme. Der Spruch also, Nazarener wird er heissen, hat diesen Sinn, „Er wird verachtet, und gemishandelt werden.“ Und dieses haben mehrere Propheten, z. B. Psalm 22 Jesaiä 52. 53. vorhergesagt.
Kapit. 3.
{vers 1.} Zu der Zeit (ohne zu bestimmen zu welcher? Denn die
Evangelisten schrieben keine Jahr- oder Tagebücher, sondern nur
auserlesene Merkwürdigkeiten des Lebens Jesu.)
kam Johannes der Täufer (so wird er zum Unterschiede von dem
Apostel Johannes, und zwar deswegen genannt, weil er zuerst, nach
Gottes Befehl,
Juden auf den jezt
kommenden Messias taufte
Johann. 1, 28.)
verkündet (ruft aus,
proklamirt als ein Herold)
in der Wüste am Jordan (ein Strich Landes zum Stamm
Juda gehörig, der ehedem wüste war, nachmahls aber mit Dörfern und Städten besezt ward,
Josuä 15, 61. 62.)
{vers 2.} und spricht – „Bessert euch: denn das Himmelreich ist da!“
** {vers 3.} Dieser ist es von dem |c445| Jesaias der Prophet spricht, {Jesaiä 40, 3.} „Eine Stimme ruft in der Wüste; bereitet den Weg dem Herrn, macht eben seine Bahn.“
{vers 4.}Und er, Johannes hatte ein Kleid von Haaren eines Kameels * , und einen ledernen Gürtel um seine Hüfte; seine Nahrung aber waren Heuschrecken, und wild Honig. ** {vers 5.} Da gieng zu ihm hinaus, (seine äusserst strenge Lebensart hatte die Aufmerksamkeit der Juden erwekt
)
Jerusalem, und ganz Judäa, und die Nachbarschaft des Jordan, {vers 6.} und wurden von ihm im Jordan getauft, nachdem sie ihre Sünden reuvoll bekannt hatten. {vers 7.} Als er nun viele Pharisäer, und Sadducäer kommen sahe, sich von ihm taufen zu lassen, sprach er zu ihnen „Ihr Ottern-Brut! wer hat euch angewiesen der künftigen Rache zu entgehen?
*** {vers 8.} Traget die edlen Früch
|c446|te der Besserung:
{vers 9.} und denket nicht,
Abraham ist unser Vater.
* Denn ich sage euch,
Gott kan aus diesen Steinen dem
Abraham Kinder erwecken
** {v. 10.} Schon liegt die Axt an der Wurzel der Bäume; welcher Baum nicht gute Früchte trägt, der wird abgehauen, und ins Feuer geworfen.
{v. 11.} Ich taufe zwar mit Wasser zur Besserung: er aber der nach mir kommt, ist mächtiger denn ich, und ich bin nicht werth seine Schuhe nachzutragen[.]
*** Der wird euch mit
heiligem Geist |c447| und Feuer taufen.
* {v. 12.} Die Wurfschaufel hat er in seiner Hand, damit wird er seine Tenne säubern; und den Weizen in seine Scheure legen, aber die Spreu mit unauslöschlichem Feuer verbrennen.“
** {vers 1.} Zu der Zeit (ohne zu bestimmen zu welcher? Denn die
Evangelisten schrieben keine Jahr- oder Tagebücher, sondern nur
auserlesene Merkwürdigkeiten des Lebens Jesu.)
kam Johannes der Täufer (so wird er zum Unterschiede von dem
Apostel Johannes, und zwar deswegen genannt, weil er zuerst, nach
Gottes Befehl,
Juden auf den jezt
kommenden Messias taufte
Johann. 1, 28.)
verkündet (ruft aus,
proklamirt als ein Herold)
in der Wüste am Jordan (ein Strich Landes zum Stamm
Juda gehörig, der ehedem wüste war, nachmahls aber mit Dörfern und Städten besezt ward,
Josuä 15, 61. 62.)
{vers 2.} und spricht – „Bessert euch: denn das Himmelreich ist da!“
** {vers 3.} Dieser ist es von dem |c445| Jesaias der Prophet spricht, {Jesaiä 40, 3.} „Eine Stimme ruft in der Wüste; bereitet den Weg dem Herrn, macht eben seine Bahn.“
{vers 4.}Und er, Johannes hatte ein Kleid von Haaren eines Kameels * , und einen ledernen Gürtel um seine Hüfte; seine Nahrung aber waren Heuschrecken, und wild Honig. ** {vers 5.} Da gieng zu ihm hinaus, (seine äusserst strenge Lebensart hatte die Aufmerksamkeit der Juden erwekt
)
Jerusalem, und ganz Judäa, und die Nachbarschaft des Jordan, {vers 6.} und wurden von ihm im Jordan getauft, nachdem sie ihre Sünden reuvoll bekannt hatten. {vers 7.} Als er nun viele Pharisäer, und Sadducäer kommen sahe, sich von ihm taufen zu lassen, sprach er zu ihnen „Ihr Ottern-Brut! wer hat euch angewiesen der künftigen Rache zu entgehen?
*** {vers 8.} Traget die edlen Früch
|c446|te der Besserung:
{vers 9.} und denket nicht,
Abraham ist unser Vater.
* Denn ich sage euch,
Gott kan aus diesen Steinen dem
Abraham Kinder erwecken
** {v. 10.} Schon liegt die Axt an der Wurzel der Bäume; welcher Baum nicht gute Früchte trägt, der wird abgehauen, und ins Feuer geworfen.
{v. 11.} Ich taufe zwar mit Wasser zur Besserung: er aber der nach mir kommt, ist mächtiger denn ich, und ich bin nicht werth seine Schuhe nachzutragen[.]
*** Der wird euch mit
heiligem Geist |c447| und Feuer taufen.
* {v. 12.} Die Wurfschaufel hat er in seiner Hand, damit wird er seine Tenne säubern; und den Weizen in seine Scheure legen, aber die Spreu mit unauslöschlichem Feuer verbrennen.“
**
**) Himmel-Reich, oder Reich Gottes ist die im N. T. gewönliche Benennung der Reli|c445*| gion Jesu. Der Sinn dieser Proklamation ist, „Er ist da, der Messias, nehmet seine Lehre an, und werdet dadurch recht tugendhafte Menschen!“
*) Das ist, vom Fell eines Kameels. Was wir Kameel-Haar nennen, heißt eigentlich Kämel-Haar, ist das Haar der Kämel-Ziege, und giebt einen feinen Stoff – Johannes war also, nach Art der alten Propheten sehr schlecht gekleidet. Siehe z. B. 2. Könige 1, 8.
**) Die Heuschrecken werden in Asien noch jezo geröstet gegessen. – Er fürete also ein sehr strenges Leben. Matth[.] 11, 18
.
***) Man muß wissen, daß die heuchlerischen
Pharisäer, die Taufe als eine bloß
körper|c446*|liche Handlung, und ein Mittel ansahen, bei allen ihren Lastern dennoch
Gottes Gunst zu besizen. Siehe z. B. Matth. 23.
Der Sinn dieser Rede
Johannis ist also, [(]wie auch
das folgende lehret)
„Ihr irret sehr, wenn ihr
von der blossen Taufe ohne
Lebens-Besserung, Gottes Gnade hoffet.“
*) Die Juden trozten auf ihre Abstammung von
Abraham, und glaubten deswegen, kein
Jude würde verdammt; so wie kein Heide seelig werde[.] Siehe
z. B.
Johan. 8.
**) „Auch aus diesen Steinen kan Gott Menschen bilden, und sie dem Abraham als Nachkommen schenken.“ – Die ganze Rede will folgendes sagen[:] Die leibliche Abstammung vom Abraham hilft euch nichts. Der einzige wahre Werth bei Gott ist ein tugendhaftes Herz und Leben. Ohne dieses habt ihr alle, so sehr ihr auch Kinder Abrahams seyd, die bald einbrechenden Strafen zu fürchten S. V. 10 f.
***) Der Sinn ist. „Ich bin zwar ein Gesandter Gottes, aber nur ein Bedienter dessen, den ich verkündige.“
|c447*| *) „Unter Feuer-Flammen wird er die Wunder-Kraft des heiligen Geistes seinen Anhängern reichlich geben.“ Siehe Apostel-Geschichte 2, und unten den Anhang zum Evangelium am Pfingst-Fest.
**) Man siehet leicht, daß diese Allegorie folgendes andeutet: „Er ist der grosse Lehrer der Welt, welcher durch Lehre und Beispiel die Menschen für jene Welt bereitet: diejenigen, welche ihm folgen; wird er zu ewigem Glück füren, die Widerspenstigen aber mit ewiger Strafe belegen.“
{v. 13.} Darauf (dies Wort ist unbestimmt, es folgt also nicht, „daß was hier erzälet wird, nach jenen Begebenheiten V. 7. f. geschehen sey“)
kommt Jesus von Galiläa an den Jordan zum Johannes, damit er von ihm getauft würde. {v. 14.} Johannes aber hielte ihn ab, und sprach, „Ich bedarf es von dir getauft zu werden und du kommst zu mir?[“]
*** {v. 15.} Jesus antwortete ihm „Laß nur jezo! denn es ist schicklich so alles zu thun, was recht ist!“
**** Hierauf ließ er es |c448| zu. {v. 16.} Und als Jesus getauft worden, stieg er alsbald aus dem Wasser heraus. Und siehe! Es öfnete sich der Himmel und er (Johannes, also nicht die Gegenwärtigen)
sahe (in einem Gesicht)
den Geist Gottes hinab fahren wie eine Taube und auf ihn kommen. {v. 17.} Und eine Stimme vom Himmel herab sprach, – „Dies ist mein geliebter Sohn! an dem ich Wohlgefallen habe.“
* {v. 13.} Darauf (dies Wort ist unbestimmt, es folgt also nicht, „daß was hier erzälet wird, nach jenen Begebenheiten V. 7. f. geschehen sey“)
kommt Jesus von Galiläa an den Jordan zum Johannes, damit er von ihm getauft würde. {v. 14.} Johannes aber hielte ihn ab, und sprach, „Ich bedarf es von dir getauft zu werden und du kommst zu mir?[“]
*** {v. 15.} Jesus antwortete ihm „Laß nur jezo! denn es ist schicklich so alles zu thun, was recht ist!“
**** Hierauf ließ er es |c448| zu. {v. 16.} Und als Jesus getauft worden, stieg er alsbald aus dem Wasser heraus. Und siehe! Es öfnete sich der Himmel und er (Johannes, also nicht die Gegenwärtigen)
sahe (in einem Gesicht)
den Geist Gottes hinab fahren wie eine Taube und auf ihn kommen. {v. 17.} Und eine Stimme vom Himmel herab sprach, – „Dies ist mein geliebter Sohn! an dem ich Wohlgefallen habe.“
*
***) Aus Johannis 1, 31–33 ersehen wir, daß Johannes ihn damahls, nur für einen Hohen Propheten; aber noch nicht für den Messias selbst gehalten hat.
****) Die Antwort ist ganz allgemein, und unbestimmt; auch wird sonst nirgends gesagt, war|c448*| um Jesus sich taufen ließ. Unnötig und vergebens sind also alle Untersuchungen darüber.
*) Nach allen Umständen scheint dies ein solches Gesicht Johannis gewesen zu seyn, als Apostel-Geschichte 10. von Petro erzälet wird.
Die Gelehrten aus Arabien, welche den neugebohrnen Welt-Erlöser aufsuchen und verehren, waren nicht Könige: denn nicht allein sagt die Geschichte das nicht, sondern sie sagt gar das Gegentheil; sie waren Gelehrte, folglich keine Könige. Wie viele ihrer waren, wird uns nirgends gesagt. Was mann also von drei Königen, und ihrer Grossen, Langen Reise spricht; ist Fabel, und nicht Geschichte. Wahrscheinlich ist es, daß diese Gelehrten von Religion nicht Heiden, sondern Juden gewesen. Denn Juden befanden sich damahls in Arabien, wie in fast allen Ländern Apostel-Gesch. 2, und diese Weisen waren nach Vers 2, mit der Hofnung des Messias bekannt.Die Gelehrten aus Arabien, welche den neugebohrnen Welt-Erlöser aufsuchen und verehren, waren nicht Könige: denn nicht allein sagt die Geschichte das nicht, sondern sie sagt gar das Gegentheil; sie waren Gelehrte, folglich keine Könige. Wie viele ihrer waren, wird uns nirgends gesagt. Was mann also von drei Königen, und ihrer Grossen, Langen Reise spricht; ist Fabel, und nicht Geschichte. Wahrscheinlich ist es, daß diese Gelehrten von Religion nicht Heiden, sondern Juden gewesen. Denn Juden befanden sich damahls in Arabien, wie in fast allen Ländern Apostel-Gesch. 2, und diese Weisen waren nach Vers 2, mit der Hofnung des Messias bekannt.
|c449| Den Stern, welcher ihnen erschien Kap. 2, 2. kann mann nicht für ein blosses Luft-Feuer halten. Denn nicht gemeine Leute, sondern Gelehrte sprechen hier; auch nennt mann in keiner Sprache ein Luftfeuer einen Stern; und endlich sahen sie eben diesen Stern wieder zu Bethlehem v. 9. Wenn wir uns aber erinnern, daß nach einer damahls allgemeinen Meinung die Kometen für Vorbothen einer wichtigen Begebenheit, und besonders der Geburth eines grossen Monarchen gehalten wurden: so wird sehr wahrscheinlich, daß jener Stern ein Komet gewesen. Und nun läßt sich auch, alles andere leicht erklären. Sie sahen den Stern wieder zu Bethlehem, denn an diesem Tage zeigte sich jener Komet abermahls. Der Text sagt weder, daß er vor ihnen hergegangen, und ihnen den Weg gezeiget; noch auch, daß er ihnen das Haus bezeichnet habe. Er war, sagt der Evangelist v. 9. ihnen zuvorgekommen, und stand über dem Orte wo das Kind war: so wie wir sagen, „der Mond steht über jenem Hause.“ – Da ferner, diese Gelehrten, Juden waren, diese aber damahls allgemein den Messias erwarteten; und ein allgemeiner Glaube der damahligen Welt die Kometen als Vorbothen der Geburth eines grossen Prinzen ansahe: so war nicht eine göttliche Offenbahrung, und noch weniger Sterndeuterei die Ursache, warum sie der Anblick jenes Sterns auf die Geburth des Königes der Juden brachte; sondern sie schlossen nach jenen Grundsäzen davon, daß nun der jezt allgemein erwartete König der Juden gebohren sey. Ein irriger Schluß also, leitete sie |c450| zu dieser Vermuthung; aber diese traf, so wie hundert änliche ungegründete Vermuthungen, glücklich ein. Bei dem Evangelisten heißt es nicht, „Gott hat uns gesagt, daß der Juden König nun gebohren sey.“ Sondern, „wir sahen seinen Stern aufgehen, und sind kommen ihn zu verehren.“ – So weiß die Vorsehung, die Menschen auch durch ihre Irrthümer zur Wahrheit zu füren!|c449| Den Stern, welcher ihnen erschien Kap. 2, 2. kann mann nicht für ein blosses Luft-Feuer halten. Denn nicht gemeine Leute, sondern Gelehrte sprechen hier; auch nennt mann in keiner Sprache ein Luftfeuer einen Stern; und endlich sahen sie eben diesen Stern wieder zu Bethlehem v. 9. Wenn wir uns aber erinnern, daß nach einer damahls allgemeinen Meinung die Kometen für Vorbothen einer wichtigen Begebenheit, und besonders der Geburth eines grossen Monarchen gehalten wurden: so wird sehr wahrscheinlich, daß jener Stern ein Komet gewesen. Und nun läßt sich auch, alles andere leicht erklären. Sie sahen den Stern wieder zu Bethlehem, denn an diesem Tage zeigte sich jener Komet abermahls. Der Text sagt weder, daß er vor ihnen hergegangen, und ihnen den Weg gezeiget; noch auch, daß er ihnen das Haus bezeichnet habe. Er war, sagt der Evangelist v. 9. ihnen zuvorgekommen, und stand über dem Orte wo das Kind war: so wie wir sagen, „der Mond steht über jenem Hause.“ – Da ferner, diese Gelehrten, Juden waren, diese aber damahls allgemein den Messias erwarteten; und ein allgemeiner Glaube der damahligen Welt die Kometen als Vorbothen der Geburth eines grossen Prinzen ansahe: so war nicht eine göttliche Offenbahrung, und noch weniger Sterndeuterei die Ursache, warum sie der Anblick jenes Sterns auf die Geburth des Königes der Juden brachte; sondern sie schlossen nach jenen Grundsäzen davon, daß nun der jezt allgemein erwartete König der Juden gebohren sey. Ein irriger Schluß also, leitete sie |c450| zu dieser Vermuthung; aber diese traf, so wie hundert änliche ungegründete Vermuthungen, glücklich ein. Bei dem Evangelisten heißt es nicht, „Gott hat uns gesagt, daß der Juden König nun gebohren sey.“ Sondern, „wir sahen seinen Stern aufgehen, und sind kommen ihn zu verehren.“ – So weiß die Vorsehung, die Menschen auch durch ihre Irrthümer zur Wahrheit zu füren!
Durch den falschen Herodes überlistet, hatten diese redliche Männer dem Tyrannen versprochen, den Auffenthalt des Kindes ihm anzuzeigen; {v. 8.} damit er es auch verehren könne. Aber sie erfuhren durch Gottes Belehrung, daß nicht Verehrung, sondern Ermordung desselben seine Absicht sey. Sie gaben ihm also jene Nachricht nicht. Und welcher Ehrliche Mann hätte hier anders gehandelt? – – Aber man seze, daß sie ihm jenes Versprechen ohne alle Bedingung gethan. Dann wäre es Sünde gewesen dergleichen zu versprechen, weil niemand versprechen darf ein Werkzeug der Mordthaten andrer zu seyn. Und noch grössere Sünde, ein solches Versprechen zu halten. Aber nicht bloß deswegen, weil Gott es befohlen; denn Gott befiehlt nichts, als was Seinen Geschöpfen zuträglich ist: sondern darum, weil es der menschlichen Gesellschaft schädlich ist, die Ermordung eines Menschen, und noch dazu eines unschuldigen Kindes, – zu versprechen, und noch mehr sie zu vollziehn.Durch den falschen Herodes überlistet, hatten diese redliche Männer dem Tyrannen versprochen, den Auffenthalt des Kindes ihm anzuzeigen; {v. 8.} damit er es auch verehren könne. Aber sie erfuhren durch Gottes Belehrung, daß nicht Verehrung, sondern Ermordung desselben seine Absicht sey. Sie gaben ihm also jene Nachricht nicht. Und welcher Ehrliche Mann hätte hier anders gehandelt? – – Aber man seze, daß sie ihm jenes Versprechen ohne alle Bedingung gethan. Dann wäre es Sünde gewesen dergleichen zu versprechen, weil niemand versprechen darf ein Werkzeug der Mordthaten andrer zu seyn. Und noch grössere Sünde, ein solches Versprechen zu halten. Aber nicht bloß deswegen, weil Gott es befohlen; denn Gott befiehlt nichts, als was Seinen Geschöpfen zuträglich ist: sondern darum, weil es der menschlichen Gesellschaft schädlich ist, die Ermordung eines Menschen, und noch dazu eines unschuldigen Kindes, – zu versprechen, und noch mehr sie zu vollziehn.
|c451| Eben so lehrreich ist für uns auch, wiewohl auf eine entgegengesezte Art, das Beispiel Herodis. Wir sehen an diesem Manne von Talenten, 1) daß grosse Gaben des Geistes bei einem schlechten Herzen, nur desto schädlicher und schrecklicher werden: 2) daß Ehrgeiz auch die besten Anlagen des Menschen vergiftet, und diesen in einen Tyger und Teufel verwandelt: 3) daß auch der Lasterhafte die Tugend schäzt; so wie der falsche Herodes von den Weisen erwartete, daß sie ihr seiner Meinung nach gethannes Versprechen halten würden; und als sie es nicht thaten, sich heftig entrüstete V. 16: 4) daß auch Könige und Kaiser, schon in dieser Welt für ihre Laster bestraft werden. Sie sind eben so wohl als die Niedrigsten ihrer Unterthanen dem Richterstuhl der Geschichte unterworfen. Diese hält über sie nach dem Tode, ein so unerbittliches, als höchst unpartheiisches Gericht; und brandmahlet sie mit ewiger Schmach und Schande. Den Herodes, vor dem sich alle Juden hinwarfen, nennt die Nachwelt einen Wüterich: den Alexander, vor welchem die halbe Welt zitterte, einen Rasenden; den Kaiser Klaudius einen Thoren, und seinen Nachfolger in der Herrschaft über die Welt den Nero, einen Schandfleck der Menschheit.|c451| Eben so lehrreich ist für uns auch, wiewohl auf eine entgegengesezte Art, das Beispiel Herodis. Wir sehen an diesem Manne von Talenten, 1) daß grosse Gaben des Geistes bei einem schlechten Herzen, nur desto schädlicher und schrecklicher werden: 2) daß Ehrgeiz auch die besten Anlagen des Menschen vergiftet, und diesen in einen Tyger und Teufel verwandelt: 3) daß auch der Lasterhafte die Tugend schäzt; so wie der falsche Herodes von den Weisen erwartete, daß sie ihr seiner Meinung nach gethannes Versprechen halten würden; und als sie es nicht thaten, sich heftig entrüstete V. 16: 4) daß auch Könige und Kaiser, schon in dieser Welt für ihre Laster bestraft werden. Sie sind eben so wohl als die Niedrigsten ihrer Unterthanen dem Richterstuhl der Geschichte unterworfen. Diese hält über sie nach dem Tode, ein so unerbittliches, als höchst unpartheiisches Gericht; und brandmahlet sie mit ewiger Schmach und Schande. Den Herodes, vor dem sich alle Juden hinwarfen, nennt die Nachwelt einen Wüterich: den Alexander, vor welchem die halbe Welt zitterte, einen Rasenden; den Kaiser Klaudius einen Thoren, und seinen Nachfolger in der Herrschaft über die Welt den Nero, einen Schandfleck der Menschheit.
Wenn wir aber diesen Grausamen in Purpur glänzen, und im Ueberfluß aller sinnlichen Freuden frohlocken sehen, wärender Zeit ein redlicher Joseph mit seiner tugendhaften Gattin, und seinem unschuldigen Kinde von einem Orte |c452| zum andern schüchtern, und erschrocken fliehet: so lehre uns dies, daß ein anderes Leben bevorstehe, wo sich Gottes Gerechtigkeit und Güte völlig offenbahren wird. – Wenn hingegen der vertrauliche Umgang Gottes, nicht dem Könige, sondern dem armen, niedrigen Joseph zu Theil wird: so erinnere uns dies, daß die wahre Ehre nicht im äussern Glanz, sondern in einem nach Gottes Muster gebildeten Sinne und Leben bestehet. – Endlich lasset uns nicht vergessen, daß nicht allein der Baum soll abgehauen werden, welcher schlechte Früchte; sondern auch der, welcher {Kap. 3, 10.} keine gute Früchte trägt: und daß, – Christenthum bekennen, nichts anders ist, als sich zur vollkommensten Tugend verpflichtet bekennen. Kapit. 3, 1–12.Wenn wir aber diesen Grausamen in Purpur glänzen, und im Ueberfluß aller sinnlichen Freuden frohlocken sehen, wärender Zeit ein redlicher Joseph mit seiner tugendhaften Gattin, und seinem unschuldigen Kinde von einem Orte |c452| zum andern schüchtern, und erschrocken fliehet: so lehre uns dies, daß ein anderes Leben bevorstehe, wo sich Gottes Gerechtigkeit und Güte völlig offenbahren wird. – Wenn hingegen der vertrauliche Umgang Gottes, nicht dem Könige, sondern dem armen, niedrigen Joseph zu Theil wird: so erinnere uns dies, daß die wahre Ehre nicht im äussern Glanz, sondern in einem nach Gottes Muster gebildeten Sinne und Leben bestehet. – Endlich lasset uns nicht vergessen, daß nicht allein der Baum soll abgehauen werden, welcher schlechte Früchte; sondern auch der, welcher {Kap. 3, 10.} keine gute Früchte trägt: und daß, – Christenthum bekennen, nichts anders ist, als sich zur vollkommensten Tugend verpflichtet bekennen. Kapit. 3, 1–12.