|c138| Vierter Theil.
Von den Fähigkeiten eines künftigen Lehrers der Religion, und von den allgemeinen Uebungen, wodurch er zu einem solchen gebildet werden kann.

91.

Bei allen Schritten, die ein Mensch mit Ueberlegung thut, und vorzüglich bei der Wahl eines Berufs oder einer Beschäftigung, der er ganz eigentlich seine ersten Kräfte widmen will, wird er sich allezeit zwei Fragen vorlegen, wenigstens eher nicht wählen, als bis er von diesen zwei Punkten gewiß ist. Erstlich: Wenn er eine gewisse Absicht hat, was wird erfordert, wenn sie erreicht werden soll? Sodann: Ist er auch der, der dieß leisten kann? oder wie kann er es werden? – Wir haben bisher von dem Zweck der Religion und des zu ihrer Förderung bestimmten Lehrstandes sowohl, als von den dazu nöthigen Wissenschaften, und der zu jenem Zweck diensamen Anwendung derselben, geredet, und dadurch den, der sich diesem Berufe widmen will, in den Stand zu setzen gesucht, daß überzeugend ein|c139|zusehen, was zur würdigen Bekleidung desselben erfordert werde. Noch ist also nur die zweite Frage übrig, die eine sehr ernstliche Untersuchung verdient.Bei allen Schritten, die ein Mensch mit Ueberlegung thut, und vorzüglich bei der Wahl eines Berufs oder einer Beschäftigung, der er ganz eigentlich seine ersten Kräfte widmen will, wird er sich allezeit zwei Fragen vorlegen, wenigstens eher nicht wählen, als bis er von diesen zwei Punkten gewiß ist. Erstlich: Wenn er eine gewisse Absicht hat, was wird erfordert, wenn sie erreicht werden soll? Sodann: Ist er auch der, der dieß leisten kann? oder wie kann er es werden? – Wir haben bisher von dem Zweck der Religion und des zu ihrer Förderung bestimmten Lehrstandes sowohl, als von den dazu nöthigen Wissenschaften, und der zu jenem Zweck diensamen Anwendung derselben, geredet, und dadurch den, der sich diesem Berufe widmen will, in den Stand zu setzen gesucht, daß überzeugend ein|c139|zusehen, was zur würdigen Bekleidung desselben erfordert werde. Noch ist also nur die zweite Frage übrig, die eine sehr ernstliche Untersuchung verdient.

92.

Denn gesetzt, er hätte die Fähigkeiten nicht, die zur Erfüllung seiner Pflichten, als eines Lehrers der Religion, erforderlich sind; er hätte auch keine gegründete Hoffnung, sie durch gehörige Uebung seiner Kräfte zu erlangen; oder er nähme sich nicht einmal die Mühe, reiflich zu überlegen, ob er sie hätte oder erlangen könnte: was würden die Folgen davon seyn? – In Absicht auf ihn selbst, – und wenn er selbst keinen Geschmack an diesen Beschäftigungen fände, – daß er dann die Pflicht seines Berufs entweder gar nicht, oder mit Widerwillen oder Gleichgültigkeit erfüllte, und ihn Alles, was ihm das Vornehmste und Liebste seyn sollte, eine stete Quaal und elende Sklavenarbeit würde; – wenn er aber doch noch diese Beschäftigungen liebte – daß er dann auf die größtentheils vergeblich verwendete Mühe und Zeit, die er hätte nützlicher und nutzbarer brauchen können, mit Reue zurück, so wie mit Gram in die Zukunft hinsehen müßte. – In Absicht auf Andere aber, wie muß dem zu Muthe seyn, der bedenkt, daß er die Erwartung derer, die ihn zu diesem Stande berufen, ihm ihre wichtigste Angelegenheit, die Sorge für die Religion, für ihr Gewissen, für ihre Gemüthsruhe, anvertraut haben, die ihn vielleicht selbst deswegen von ihrem Vermögen erhalten, und von andern bürgerlichen Beschäftigungen lossprechen, wenn er also diese und seine Hauptabsicht nicht, wenigstens nicht mit gebührendem Fleiß, erfüllte noch erfüllen könnte; wenn er ihnen zur großen Last fiele, und Andern |c140| hinderlich gewesen wäre, die weit würdiger diesen Beruf würden bekleidet haben? – wie sehr müßte dieses alles sein Leben verbittern, ihm selbst noch im Tode die angenehme Rücksicht auf ein bestmöglichst angewendetes Leben, und die süße Aussicht auf die Zukunft rauben!Denn gesetzt, er hätte die Fähigkeiten nicht, die zur Erfüllung seiner Pflichten, als eines Lehrers der Religion, erforderlich sind; er hätte auch keine gegründete Hoffnung, sie durch gehörige Uebung seiner Kräfte zu erlangen; oder er nähme sich nicht einmal die Mühe, reiflich zu überlegen, ob er sie hätte oder erlangen könnte: was würden die Folgen davon seyn? – In Absicht auf ihn selbst, – und wenn er selbst keinen Geschmack an diesen Beschäftigungen fände, – daß er dann die Pflicht seines Berufs entweder gar nicht, oder mit Widerwillen oder Gleichgültigkeit erfüllte, und ihn Alles, was ihm das Vornehmste und Liebste seyn sollte, eine stete Quaal und elende Sklavenarbeit würde; – wenn er aber doch noch diese Beschäftigungen liebte – daß er dann auf die größtentheils vergeblich verwendete Mühe und Zeit, die er hätte nützlicher und nutzbarer brauchen können, mit Reue zurück, so wie mit Gram in die Zukunft hinsehen müßte. – In Absicht auf Andere aber, wie muß dem zu Muthe seyn, der bedenkt, daß er die Erwartung derer, die ihn zu diesem Stande berufen, ihm ihre wichtigste Angelegenheit, die Sorge für die Religion, für ihr Gewissen, für ihre Gemüthsruhe, anvertraut haben, die ihn vielleicht selbst deswegen von ihrem Vermögen erhalten, und von andern bürgerlichen Beschäftigungen lossprechen, wenn er also diese und seine Hauptabsicht nicht, wenigstens nicht mit gebührendem Fleiß, erfüllte noch erfüllen könnte; wenn er ihnen zur großen Last fiele, und Andern |c140| hinderlich gewesen wäre, die weit würdiger diesen Beruf würden bekleidet haben? – wie sehr müßte dieses alles sein Leben verbittern, ihm selbst noch im Tode die angenehme Rücksicht auf ein bestmöglichst angewendetes Leben, und die süße Aussicht auf die Zukunft rauben!

93.

Unumgänglich nothwendig also, ehe man sich dem Berufe eines Lehrers der Religion widmet, ist: einmal, zu wissen: ob man diesem Stande und den darin zu erfüllenden Pflichten gewachsen sei, folglich wohl zu untersuchen, welche Fähigkeiten dieser Beruf und dessen ganzer Umfang erfordert? und woraus man es abnehmen könne, daß man sie besitze oder nicht? damit man im Stande sei, sich vernünftig und gewissenhaft zu prüfen. Sodann, zu untersuchen: durch welche Mittel oder Uebungen man diese Fähigkeiten, nebst den bei diesem Beruf nöthigen Kenntnissen, erlangen und vermehren, und wie man diese Mittel aufs vortheilhafteste dazu anwenden könne.Unumgänglich nothwendig also, ehe man sich dem Berufe eines Lehrers der Religion widmet, ist: einmal, zu wissen: ob man diesem Stande und den darin zu erfüllenden Pflichten gewachsen sei, folglich wohl zu untersuchen, welche Fähigkeiten dieser Beruf und dessen ganzer Umfang erfordert? und woraus man es abnehmen könne, daß man sie besitze oder nicht? damit man im Stande sei, sich vernünftig und gewissenhaft zu prüfen. Sodann, zu untersuchen: durch welche Mittel oder Uebungen man diese Fähigkeiten, nebst den bei diesem Beruf nöthigen Kenntnissen, erlangen und vermehren, und wie man diese Mittel aufs vortheilhafteste dazu anwenden könne.
Anm. Diese Wahl kann eigentlich dann erst recht geschehen, wenn man die Jahre des Verstandes erreicht, und diesen schon durch mancherlei zusammenhängende Kenntnisse und Uebungen, überhaupt zu Wissenschaften, gebildet hat: und sie wird gemeiniglich zu der Zeit vollzogen, wo man die Schule verläßt, um sich nun näher zu einer bestimmten Lebensart vorzubereiten. Aber nur sehr Wenige können zu dieser Zeit schon vernünftig und bestimmt genug wählen; – weil die Wenigsten rechte Vorerkenntnisse von den sogenannten höhern Wissenschaften, ihrem Umfange und ihren Erfordernissen besitzen; – weil die Meisten ihren Verstand nicht genug gebildet haben, und zu sehr gewohnt sind, nach sinnlichen Eindrücken und dem äußerlichen Reitze eines gewissen Standes zu urtheilen; und – weil nur |c141| Wenige so vorzüglich zu gewissen Beschäftigungen und Wissenschaften aufgelegt sind, daß bei ihnen die Natur selbst unwidersprechlich für die ihnen angemessenste Beschäftigung entschieden hätte. – Daher sollte man schon auf Schulen denen, bei welchen man wirkliche Anlage zu Gelehrten bemerkte, eine allgemeine vorläufige Idee von allen Wissenschaften und dem, was dazu erfordert wird, ja eine recht zweckmäßige Schulencyklopädie geben; bei allem Schulunterricht ja auf eigenes Denken junger Leute, auf Uebung ihres Verstandes, und auf Hervorbringung einer zusammenhängenden Erkenntniß sehen; ihnen in Zeiten richtige Begriffe von der wahren Gestalt und dem eigentlichen Werthe äußerlicher Dinge in der Welt, so wie von dem rechten Zweck verschiedener Stände, beibringen, und sie Rechtschaffenheit und Gewissen über Alles schätzen lehren; endlich, wenn man bei ihnen nicht ganz entscheidende Talente für eine besondere Wissenschaft bemerkte, durch öftere Unterredungen und aufgegebene Versuche, besondere Gegenstände in gewissen Wissenschaften zu bearbeiten, zu entdecken suchen, wozu sie sich am besten schickten, und ihre Neigung besonders darauf leiten.