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Paradies;Luc. 23, 43.2 Cor. 12, 4. Es ist ausgemacht, daß die Juden unter dem Paradies |c306| und dem SchoosAbrahams beynahe einerley Zustand der Glückseligkeit nach dem Tode verstunden. Aber dabey ist es mir auch sehr wahrscheinlich, daß wenigstens die Pharisäer sich den Ort dabey dachten, an welchem die Frommen bis zum Einbruch des tausendjährigen Reichs sich aufhielten. Man mag indeß eine Erklärungannehmen welche man will, so war es für den Schächer allezeit eine Versicherung seiner nahen höhern Glückseligkeit.
Petrus, ein Fels; s.Fels .
Pfahl ins Fleisch, besser, Dorn imFleisch,2 Cor. 12, 7.s.Engel des Satans. Nimmt man die bey diesem Ausdruck gemuthmaßte Krankheit an, so wird man eben keine Erläuterung brauchen, wie der Apostel sie mit stechenden und brennenden Dornen und Disteln vergleichen konnte. So vergleicht Hiob seine Krankheit mit den Pfeilen des Allmächtigen, 6, 4.
Pfand; Angeld, und dießbildlich für Versicherung2 Cor. 1, 22.5, 5.Eph. 1, 14. Der Geist, den der Apostel so beschreibt, sind kindliche, freudige Gesinnungen, welches auch der ZusatzinunsreHerzen, in der ersten Stelle, und das gleichfolgende, wir sind getrost, in der zweyten deutlich macht: s.Geist .
Pfeile;feurigeEph. 6, 16. Es ist bekannt, daß die Alten sich der Pfeile im Kriege bedienten, und zuweilen noch brennende Materien hinzufügten. Darauf sieht also der Apostel, und vergleicht damit, wie es mir scheint, die Lästerungen und Verfolgungen der damaligen Feinde des Christenthums.
|c307|Pfeiler. Man mag dieses Wort 1 Tim. 3, 15. auf die gleichvorhergehende Meldung der Familie Gottes, der Kirche, als eine fernere Beschreibung derselben, oder auf den folgenden Lehrsatz ziehen; so ist beydes gleich verständlich.Ich selbst weis nicht, welches ich vorziehen soll.
Pfleger. Das Wort hat Gal. 4, 2. wie das vorhergehende Vormund seine Beziehung auf die damaligen Sitten, da der Vater seine noch unerzogenen Kinder der Aufsicht und Zucht eines Knechts übergab, so lange, als er es für nöthig hielt, welches hier die bestimmte Zeitist.Ich würde also unsrer Einrichtung gemäßer übersetzen – er ist unter den Aufsehern und Lehrmeistern – wenn nicht auf diese Weise der Grund, warum zwischen einem noch unerzogenen Kinde und Knechte kein Unterschied sey, unsichtbar würde; und daher muß man wohl für Pfleger, lieber Haushofmeistersetzen.
derheiligen Güter, ingl. der wahrhaftigen Hütte wird JesusEbr. 8, 2. genannt, und da unter jenen die Religion, unter diesen die Kirche verstanden wird; so ist jenes soviel, als, Lehrer der Religion, dieses,Haupt der Kirche. Das griechische Wort, welches LutherPfleger übersetzt, bedeutet jeden, der ein gewisses Geschäfte zu besorgen hat, und so wird auch von den Leviten1 Cor. 9, 13.Ebr. 13, 10. das Zeitwort, pflegen, d. i. warten, besorgen, gebraucht.
Pflanzen, verkündigen, Jac. 1, 21.(welches unter euch verkündiget worden).
Gepflanzt werden zu gleichem Tode, Röm. 6, 5.Jesu im Grabe, als Täufling unter dem |c308|Waßer, in Absicht auf seinen Tod ähnlich werden;s.begraben ,gleich .
Pforte bedeutet Matth. 7, 13. 14. (Luc. 13, 24.) (mit Zuziehung des Worts Leben aus dem folgenden, als wenn es, Pforte des Lebens, hieße) die Erlangung der Glückseligkeit, als keine so leichte Sache; so wie Weg die Lebensart, die des Besitzes derselben versichert; s.breit ,Weg .
PfortenderHölle,Matth. 16, 18. Es ist schon bey Hölle erinnert worden, daß nach einer sehr alten Vorstellungsart des Aufenthalts nach dem Tode, derselbe als ein großes unterirdisches Behältniß gedacht wurde, als ein Hauß, wie beym Homer; und diesem nun auch große weite Eingänge zugeschrieben wurden. Daher hieß zu den Pforten derHölleneingehenJes. 38, 10.soviel, als sterben; sich den Pforten der Höllen, oder auch desTodesPs. 107, 18.nähern, wie Luther daselbst sehr gut übersetzt, todkrankwerden. Wenn nun Jesus von seiner ganzen Gemeine versichert, sie werde von den Pforten der Höllen nicht aufgerieben werden, so kann das, wie gesagt, keinen andern Sinn haben, als, sie werde nicht aussterben; wenn von Zeit zu Zeit noch so viele auch durch gewaltsame Hinrichtungen der Verfolger zu denselben eingehen müsten, so würden doch immer noch genug übrig bleiben.
Pharisäer. Es gehört zum richtigern Verstande vieler Umstände in der Lebensgeschichte Jesu, zu wissen, daß die Pharisäer die ansehnlichste Kirchenparthey unter den damaligen Juden ausmachten, ihre sogenannten rechtgläubigen Lehrer |c309|waren, den grösten Anhang unter dem Volkhatten, wie das meiste Ansehen im Senat , die Schriftgelehrten oder richtiger Rechtsgelehrten der damaligen Zeit zugleich waren, den unterscheidenden Lehrsatz von einem tausendjährigen Reich, welches der Messias in seiner Zukunft aufrichten werde, behaupteten, und übrigens die grösten Verderber der reinen Sittenlehre waren, an deren Stelle sie bloß äußerliche Förmlichkeiten beym Essen, Trinken, Fasten, Waschen u. s. w. vorschrieben. –
Nach dieser Anmerkung ist es deutlich, warum z. E.Paulus sagt, er könne sich, wenn er wolle, viel darauf zu gute thun, daß er ein Pharisäer gewesen, Phil. 3, 5.; warum beyde Pharisäer und Schriftgelehrten oft zusammen genannt, aber doch auch noch voneinander unterschieden werden Matth. 22, 34. 35., weil nemlich zwar alle Schriftgelehrten von der pharisäischen Secte waren, aber nicht eben sowohl alle Pharisäer Rechtsverständige; ferner, in welchem Verstande Jesus sage, sie säßen auf Mosis Stuhl Matth. 23, 2., insofern sie nemlich das mosaische Recht besonders trieben; wie, noch weiter, die Sadducäer Matth. 22, 23. ff. den nach unsern Erkenntnissen sehr geringscheinenden Zweifel gegen die Auferstehung machen konnten; – weil sie nemlich Jesum für einen Pharisäer hielten, und der Zweifel gegen diese und ihre Behauptung von einem tausendjährigen Reich, in welchem alles irdisch zugehen werde, gerichtet, schon treffender war – endlich, was die Jünger eigentlich beym irdischenReich des Messias dachten, die Mutter der Kinder Zebedäi |c310| mit ihrer Bitte sagen wollte, und wie gerecht die Vorwürfe waren, die Jesus den Pharisäern so oft machte: s.Sauerteig ,Schriftgelehrte .
Philosophie,Col. 2, 8. Ich sollte meynen, daß man nach einer bekannten Einkleidung der Rede, das folgende, lose Verführung, (eitles Geschwätz) mit dem Wort Philosophie in der Uebersetzung sogleich verbinden könnte, – durch eine aus lautereitlemGeschwätzezusammengesetztePhilosphie – Es gehört wenigstens dieß allezeit zur Erklärung: s.Satzungen ,Welt .
Es ist aber nicht sowohl die Philosophie der Griechen, als vielmehr das pharisäische Judenthum gemeint. Denn einmal schränkt der Apostel das Wort gleich selbst hierauf ein, durch den Zusatz Menschenlehre (eigentlich Menschengebote),Satzungen derWelt; und dann war es besonders den alexandrinischen Juden, die unter den Griechen lebten, eigen, um dieser willenihre Religion Philosphie zu nennen:S.z. E. denPhilo in dem Buche von der Gesandschaft an den Cajus, und denJosephus im 1. B. gegen den Appion §. 10. Die wahre unsectirische Philosophie hat der Apostel auch gewiß eben so wenig verwerfen wollen, als die geläuterte Vernunft. Man kann hierüber ein sehr richtiges Urtheil des Clemensv. Alexandr. nachlesen im 1. B. der vermischtenSchriften §. 2. 5.
PlappernMatth. 6, 7. wird durch das gleichfolgendevieleWorte machen erklärt, und schließt die öftern Wiederholungen derselben Worte mit in sich, wovor im Buch Sirach 7, 15. gewarnt wird; denn es sollte nach dem Grundtext heißen, |c311|und wenn du betest, so wiederhole nicht einmal über dasandredieselbenWorte. Man kann hiermit auch Matth. 23, 14.vergleichen, die Sache selbst aber sich am besten aus der so kurzen als gedankenvollen und herzlichen Sprache des Gebets Jesu erläutern.
Pochen,Tit. 1, 7. ein Schläger seyn.
Predigen,Predigt,Prediger, ist gleichgeltend mit unsern Lehren, Lehre, Lehrer – Nur sollte Apostg. 2, 4. schlechtweg, sie redeten mitetc. übersetzt seyn;s.Jünger .
Christumpredigen, d. i. sein Evangelium verkündigen; so wie Predigt vonChristo1 Cor. 1, 6. die ganze christliche Lehre;s.Christus .
Predigen, es sey zurrechtenZeit,oder zur Unzeit2 Tim. 4, 2. die Wahrheit lehren, es sey den Menschen gelegen oder nicht.
Predigen die Verdammniß – die Gerechtigkeit2 Cor. 3, 9.sieheAmt . – die Versöhnung: siehe ebendaselbst und Versöhnung .
Wort der PredigtEbr. 4, 2., eigentlich das gehörte Wort; s.Wort .
Preisen,Röm. 3, 5.verherrlichen, Gelegenheit geben, daß die Güte Gottes noch herrlicher erscheint.
Priester,Hoherpriester,priesterlich,Priesterthum. Da das israelitische Priesterthum dem Apostel Petrus, und besonders dem Verfasser des Briefs an die Ebräer Veranlassung zu einer besondern Vorstellung von Jesu gegeben hat; so muß man, um diese gehörig zu verstehen, sich |c312| vor allen Dingen von jenem rechte Begriffe machen. Man nennt es, wie bekannt, das aaronitische, weil Aaron nebst seinen Söhnen es zuerst verwaltete, und das levitische, weil es der Stamm Levi erblich erhielt 2 B.Mos. 28, 29.3 B.M. 3, 8.Die ganze Anordnung desselben hatte ihren Grund in der allgemeinen mosaischen Einrichtung, nach welcher Gott als der unmittelbare Beherrscher seines Volks betrachtet, und ihm also nicht nur ein Pallast, eine Residenz, ein Land, (s.das Heilige ) sondern auch eine weitläuftige Bedienung zugeeignet wurde, die nun eben die Priester und Leviten ausmachten. Jene waren gleichsam die Staatsbedienten, diese das Hofgesinde, die nur für die äußere Ordnung, Reinlichkeit, und Geräthschaften der Hütte des Stifts zu sorgen hatten, dagegen die Verrichtungen des eigentlichen Priesterthums durch Opfern, Räuchern jenen übertragen wurden 3 B.M. 4, 3ff.4 B. 18, 1ff. So bedeutet das Wort, welches wir Priester übersetzen, ursprünglich einen Diener, besonders im Staat, und wird daher mit dem hebräischen Wort, welches gewöhnlicher in dieser Bedeutung vorkömmt, zuweilen verwechselt, z. E.Jes. 61, 6. daß es also auch, von den Söhnen Davidsgebraucht,2 B. Sam. 8,18. eher durch Rath übersetzt werden sollte. Aber gleich so, wie das deutsche Priester seinen ersten allgemeinen Gebrauch in der Sprache der Griechen, woraus es genommen ist, nach und nach verlohren hat, und einem gewissen Stand eigenthümlich ist zugeeignet worden, ist es auch dem ebräischen Wort gegangen, welches Luther durchaus Priester |c313| übersetzt. – Wie nun nach den orientalischen Sitten sich niemand, außer denen, die am Hofe des Monarchen zu thun haben, in den Vorsal des Pallasts desselben wagen darf, so durfte auch niemand, als dieLeviten sich der Hütte des Stifts nähern 4 Buch M. 18, 21ff.; wie noch weniger jemand erlaubt ist, in den Pallast selbst zu gehen, ohne besondre Erlaubniß, so war dieses sogar den Leviten verboten 4 B.M. 4, 19. 20.18, 3. 4. 5. 6. 7. und allen, außer dem Hohenpriester, in das Innerstedesselben: wie ferner einer der erste und höchste Staatsbediente in irdischen Regierungsformen ist, so war auch unter den Priestern einer, der der höchste Priester(Hoherpriester, ist zu wenig gesagt) oder vorzugsweise, der Priester, genannt wurde, wie denn auch die erste Benennung in dem Alten Testament sehr selten vorkömmt, als,3 B.M. 21, 10.Josua 20,6.; wie endlich Staatsbediente die Angelegenheiten des Volks bey dem Monarchen zu besorgen , und die Befehle dieses dem Volk bekannt zu machen haben, und nach orientalischen Gebrauch nur der erste Minister den unmittelbaren Vortrag jener thun darf, und den eben so unmittelbaren Auftrag dieser erhält; so war es auch mit jener Dienerschaft Gottes. Die Priester waren gleichsam der hohe Adel unter den Juden, besorgten die Angelegenheiten des Volks bey Gott, opferten, räucherten für das Volk täglich im Tempel; aber der höchste Priester war das Orakel desselben, der ihm in außerordentlichen Fällen Gottes Rath bekannt machte, wegen außerordentlicher Versündigungen es bey Gott vertrat, und alle Jahr einmal |c314| mit einem allgemeinen Sündopfer vor Gott erschien. –
Hiervon ist nun die Anwendung auf das christliche Priesterthum, wie es in den Briefen Petri und an die Ebräer vorgestellt wird, leicht zu machen. Die Vorstellung selbst gieng eigentlich die Juden an, die an eine solche Staatsverfassung gewöhnt waren, und an die auch, als nachmalige Christen, die gedachten apostolischen Briefe eigentlich gerichtet sind. Ihre Bedeutung kann aber auch nach dem Vorhergehenden keine andre seyn, als daß Jesus der höchste Reichsbediente Gottes auf der Welt gewesen sey – aber eines ganz andern Reiches – denn eben er habe jene sichtbare Regierungsform aufheben, eine Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit einführen, Gottes Erkenntniß und freye kindliche Verehrung unter den Menschen ausbreiten, und alle leibliche Opfer und Gaben in würdigere verwandeln sollen; das habe er gethan, und mit einmal durch seinen Tod vollendet. Nun sey er gleichsam zum Reichsverweser erhoben worden (Ebr. 8, 1.); und ein Pfleger besserer Güter, der wahrhaftigen Hütte (v. 2.); diese Hütte Gottes sey nun jeder Ort, wo Gott wahrhaftig angebetet werde, an jedem das Allerheiligste, ein jeder Verehrer Gottes habe das Recht in dasselbe mit aller Freudigkeit einzugehen, und der Opferdienst, den er thue, sey sein Lob, sein Dank, sein Gebet. Das ist die HauptVorstellung in dem Brief an die Ebräer, wornach sich alles übrige, was zu ihrer Erweiterung und Ausbildung gehöret, leicht erklären läßt. Es ergiebt sich auch hieraus, wie diese |c315| Vorstellung im Grund eben soviel sagen soll, als, Christus sey der Herr, das Haupt seiner Gemeine. S.Rechte Gottes .
Wenn nun Petrus alle Christen ein heiliges, herrliches, Priesterthum1 Br. 2, 5. und v. 9. das königliche Priesterthum nennt, so will er damit anzeigen, daß nun alle Diener Gottes wären, nicht weiter der bessere Dienst Gottes an einen besondern Stand wie jener (2 Buch Mos. 19, 6.) gebunden , in dem höhern Reich Gottes das Priesterthum und die königliche Würde nicht ferner voneinander getrennt wären. Und so ist auch der Verfasser der Offenbarung 1, 6.5, 10. zu verstehen. Nur mit den Leviten konnte die Vergleichung nicht angestellt werden, weil ihre Verrichtungen gar keine Beziehung auf die eigentlichen Erweisungen des Christenthums hatten, und zudem alle Christen, die es wirklich sind, vor Gott einander gleich geachtet werden.
Hohepriester. Obgleich in dem bisher erklärten Verstande nur jedesmal Ein hoher, höchster, Priester war, so werden doch im Neuen Testament oft mehrere als gleichzeitig erwähnt. Man muß also bemerken, daß die Häupter der vier und zwanzig Priesterordnungen, nach der Einrichtung Davids, 1 Chron. 24. in spätern Zeiten diesen gleichen Namen, wenigstens nach dem uns bekannten griechischen Sprachgebrauch, führten.Die Juden haben sie vielleicht in ihrer Muttersprache noch genauer unterschieden, jenen den höchsten Priester (גדלכהן), diese Oberpriester, Erzpriester, (ראשי כהנים) genannt. Die Anmerkung selbst hat ihren Grund in |c316|Matth. 26, 3.Marc. 14, 53., wo der Hohepriester, in dessen Pallast das Gericht gehalten wurde, von denen, die sich darinn versammleten, unterschieden wird, und Apostg. 5, 24. In den Lebensbeschreibungen Jesu muß man also allezeit unter den Hohenpriestern in der mehrern Zahl diese Häupter verstehen, außer Luc. 3, 2.Joh. 18, 13. 24. und Apostg. 4, 6. wo es scheint, daß Caiphas dem Hannas in der eigentlichen hohenpriesterlichen Würde, wegen seines Alters oder eines Versehens im Amte, noch bey Lebzeiten sey zugeordnet worden, vielleicht aber auch dieser sich selbst ihn zum Nachfolger erwählt habe.
Prophet;Weissager, weissagen,Weissagung. Ich nehme diese Wörter außer der Ordnung zusammen, weil sich keins ohne das andre vollständig erklären läßt, und setze als ausgemacht voraus, daß unter den ältesten Völkern Priester und Propheten in gleichem Rang stunden, beyde für Diener der Gottheit, Gottesmenschen (wie die jüdischen Schriftsteller reden) angesehen wurden, diese zuweilen auch noch grösseres Ansehen hatten, wie bey den Egyptern, unter welchen derProphet, wie er vorzugsweise genannt wurde, der Erste unter den Priestern war.
Ueberhaupt verband man mit den angeführten Wörtern den Begriff einerbesondern,außerordentlichenMittheilung der Weisheit oder Kraft Gottes, oder beydes zugleich, an den Menschen, zur Ausrichtung eines gewissenGeschäftes, woraus nun verschiedene Grade der |c317| Weissagung, verschiedene Stuffen der Prophethen, und die Menge Nebenbedeutungen dieser Wörter sich am besten verständlich machen lassen.
Im höchstenVerstande ein Prophet seyn, weissagen, ist soviel, als ein durchaus bevollmächtigter Gesandter Gottes seyn, der den Völkern ihre Schicksale und ihre ganze Verhaltungsart bekannt zu machen, und die dahin gehörigen göttlichen Befehle mit Nachdruck zu vollziehen bevollmächtiget ist, was wir einen bevollmächtigtenMinister nennen; und in einen solchen dachte man sich das größte Maaß göttlicher Weisheit und göttlicher Kraft zugleich. Ein solcher mochte nun den Egyptern vermuthlich ihr schlechtweg sogenannter Prophet seyn; aber gewiß war es Moses den Juden (welches ihre Gelehrten sagen wollen, wenn sie ihn für den Ersten und Einzigen Propheten ihrer Nation halten), und in diesem Sinn sollte es Jesus seyn, nach der eignen Versichrung der Apostel7, 37.; so wie auch die Juden den Messias, den sie erwarteten, dafür hielten, Joh. 1, 21. (bist du der Prophet, wie eigentlich übersetzt werden sollte)6, 14.Luc. 7, 16.; Johannes ihn dafür erkannt wissen wollte Luc. 7, 20. (Matth. 11, 3.); die Apostel ihn als einen solchen angenommen hatten Luc. 24, 19. und vielleicht auch das Volk ihn sich dachte Matth[,] 21, 9. 11. Ich sagevielleicht, weil der große Haufe in seinen Vorstellungen immer sehr wankend und ungewiß ist, und es die Benennung auch wohl in der folgenden Bedeutung kann genommen haben. – Denn
|c318| zunächst heißt ein Prophet seyn, weissagen, auch soviel, als ein außerordentlicherGesandter Gottes seyn, der in besondern Fällen einem Volk im Namen Gottes eine wichtige Begebenheit bekannt zu machen, eine große Unternehmung anzubefehlen, und so auch eine allgemeine Reform in den Sitten anzukündigen hat. So braucht Josephus die hieher gehörigen Wörter sehr oft z. E. von demPinehasjüd. Alterthümer V. 2, 1. 10.; in diesem Verstand wird Samuel ein Prophet genannt 1 B. 3, 20. und im Neuen TestamentJohannesLuc. 7, 28., und dafür hielt vermuthlich der gröste Haufe Jesum, so wie die Jüdischen Gelehrten in diese Classe ihre eigentlich sogenannten Propheten setzten, deren Schriften sie nachher in eine eigne Sammlung gebracht, und die denn allezeit im Neuen Testamentegemeint sind, wo von ehemaligen Propheten die Rede ist. Diese außerordentliche Propheten- oder Gesandschaftswürde war nun dem Hohenpriester beygelegt, und zum Sinnbild der von ihm nöthigen Falls zu ertheilenden Belehrungen der mit Edelgesteinen besetzte Brustschmuck gegeben –
Der Unterscheid zwischen diesen beyden Gattungen der Propheten und der Weissagung ist nun offenbar darinn zu suchen, daß jener unumschränkte Vollmacht hatte, auf alle Zeiten im Namen Gottes zu reden und zu handeln, und also bey ihm die Weisheit und Kraft Gottes als beständig inwohnend gedacht wurde; dieser hingegen die Vollmacht, wie die Eigenschaften dazu, nur unter gewissen Einschränkungen und auf eine kurze Zeit erhielt. –
|c319| Nun hieß aber auch, in einer noch geringern Bedeutung, ein Prophetseyn, weissagen, ein Bote Gottes seyn, der den Menschen überhaupt Lehre und Unterricht im Guten und dem, was Gottes Wille ist, ertheilet; und also Weissagung, Lehre, Unterricht. In diesem Verstand muß das Wort offenbar genommen werden, wenn im alten Testament von Prophetenkindern, d. i. Lehrschulknaben, die Rede ist, und im Neuen Testament Matth.10, 41. (wer einen Lehrer aufnimmt etc.) 11, 9. (wolltet ihr einen gemeinen Lehrersehen) Matth. 7, 22. (haben wir nicht in deinem Namen gelehrt?) – Aber auch hier liegt der Begriff einer den Menschen vorzüglich verliehenen göttlichen Weisheit und Kraft zum Grunde.
Und damit ist endlich die vierte Hauptbedeutung verwandt, da Weissagung und weissagen einem jeden zugeschrieben wird, der besonders dazu aufgelegt ist, andre zu warnen oder ihnen zu rathen, das Verborgne zu entdecken, das Dunkleauszulegen, das Künftige zu vermuthen oder wirklich vorherzusehen, das Herz durch hohe edleGesänge zu rühren, einen erwecklichen Vortrag ohne Vorbereitung zu thun, und hiernach sind Propheten bald Ausleger, bald Rathgeber, bald Vorhersager, Dichteru. s. w. Gott wird auch hier gedacht, wie er einen solchen zu dem einen wie dem andern Geschäfte erweckt, braucht und ihn dazu mit besondern Geisteskräften ausrüstet.
So muß man also weissagen verstehen, wenn es die Juden spottweise sagten Luc. 22, 64. |c320| (Marc. 14, 65.). Man sollte sogleich übersetzen: Entdecke uns, wer dich schlug – So war Agabus ein Prophet, indem er die Gefangennehmung Pauli und eine bevorstehende Theurung vorhersahApostg. 21, 11.11, 28. und in einem noch höhern Grade Zacharias, da er die Bestimmung seines Sohnsvorher verkündigteLuc. 1, 67. Und so werden endlich in der Apostelgeschichte 2, 17. 18.19, 6.21, 9. beym Lucas 2, 36. in den BriefenPauli an die Römer 12, 7. im ersten an die Corinther 12, 28. 29.14, 29. 32. 37.11, 4. 5.13, 9.14, 1. 3. 4. 5. 24. 31. 39. an die Epheser 2, 20.3, 5.4, 11.1 Thess. 5, 20.1 Tim. 1, 18.4, 14. die Benennungen Prophet oderProphetin und die Wörter weissagen, Weissagung, von den Begeisterten gebraucht, die mit einer außerordentlichenRührung und ohne Vorbereitung über Religionssachen sprechen konnten, und ich denke, man sollte in allen diesen Stellen die Wörter, Begeisterte, Begeisterung, aus Begeisterung sprechen, sogleich in der Uebersetzung brauchen. Ich weis wohl, daß man in den meisten von diesen Stellen die Gabe der Schriftauslegung versteht, und der Sprachgebrauch dieses verstattet; aber ich finde es doch, nach einigen unterscheidenden Kennzeichen und Beschreibungen, die der Apostel davon macht, höchst zweifelhaft, sie alle dagegen mit der angezeigten Bedeutung übereinstimmend.
Ich will das nicht entgegensetzen, daß der Apostel die Auslegung ausdrücklich von der Weissagung unterscheidet 1 Cor. 12, 10. die Ausleger von den Propheten, v. 29. 30.vergl.14, |c321| 27–32. weil er diese Auslegung eben so deutlich auf die Erklärung dessen, was in fremden Sprachen geredet worden, einschränkt, und daher die Schrifterklärung noch etwas verschiedenes könnte gewesen seyn, und auch dabey nach der letzten Stelle eine Offenbarung statt gefunden haben. Man mag auch das eine oder das andre annehmen, so waren die Ermahnungen nöthig, die Weissagung nicht zu verachten, die Gabe derselben bey sich zu erwecken und diesen ähnliche. Allein zuerst wär es befremdend, warum er v.3. wo er den Nutzen der Weissagung beschreiben will, nicht geradezu gesagt hätte – wer weissaget, der redet zum Verständniß der Schrift: Ferner ließe sich eben so wenig begreifen, wie er von der Schriftauslegung hätte wünschen können, daß sich alle derselben befleißigen, alle darnach streben möchten v. 1. 39., wohl aber könnte er das von dem lebhaften frommenGefühl der Religion , mit welchem und in welchem man nun auch zu andern davon spricht. Endlich ist die Schriftauslegung, wenn sie auch aus Offenbarung geschieht, doch mehr eine Sache des trocknen Urtheils als einer entflammtenEinbildungskraft, und umgekehrt die Begeisterung. Nun beschreibt aber Paulus durchaus die Weissagung mehr als ein Geschäfte der letzten, da der, der sie besitzt, sich nicht enthalten kann, sogleich zu sprechen; der Ungläubige, der sie an andern gewahr wird, dadurch außerordentlich gerührt wird, die versammleten Christen selbst ganz besonders dadurch erweckt werden v.3. 25. 30. 31. und braucht dann 1 Thess. 5, 19. wo Lutherdämpfen übersetzt, ein Wort, welches ordentlich von |c322| den griechischen Schriftstellern von der Tilgung des hieran grenzenden poetischen Feuers gebraucht wird. – Wenn man also diese Erklärung annimmt, so war Offenbarungjede gute Erleuchtung, aber Weissagung ein höherer Grad derselben, der zugleich außerordentlich beredt und andre zu rühren geschickt machte. Und so wird man folgende Stellen auch weiter nicht dunkel finden.
Röm. 12, 7. Hat jemand einen außerordentlichen Antrieb, der Gemeine etwas erbauliches vorzusagen, so sey es der Religion gemäß, anständig – er schwatze nicht in den Tag hinein. – Analogie ist hier, wie ich denke, allerdings Aehnlichkeit, wird der Anomalie entgegengesetzt, und bey den griechischen Schriftstellern oft mit einem Worte verwechselt, welches Gleichheit bedeutet (ἰσότης, s.Plutarch von der brüderlichen LiebeS.484. im 2. B. der Frankfurter Ausgabe). Wollte man auch das vorhergehende Maaß des Glaubens zur Erklärung ziehen, so könnte man immer noch auch dieß in gleicher Bedeutung nehmen; so wie Plutarch in der angeführten Stelle das daher abgeleitete Nennwort Mäßigung in der Bedeutung der Gleichförmigkeit nimmt.
1 Cor. 12, 10. – Einem andern Begeisterung – 29. sind sie alle Begeisterte?
– 14, 1.Befleißiget euch – vornemlich mit lebhaftemGefühl von der Religion zu sprechen – 3.wer aus Begeisterung spricht – 6.s.Offenbarung : 24. Wenn sie alle in öffentlicher Versammlung rührende Vorträge thäten, |c323| und käme von ohngefähr ein Ungläubiger, – so würde er durch alle überzeugt, von allen gerührt werden; und so 25. würde er sich nicht enthalten können seine herzlichen Empfindungen zu entdecken (sie würden sichtbar werden, was Luther übersetzt, das Verborgne seines Herzenswürde offenbar werden), Gott anzubeten, und zu bekennen, daß Gott in euch sey – Gott ist in uns, war die bekannte Sprache der Alten, wenn sie sich von einem höhern Wesen begeistert glaubten – 29–32. Die Begeisterten lasset reden, aber zween oder dreynach einander (dies ist aus v. 27. zu ergänzen), und die andern beurtheilen, was wirklich wahr und gut gesagt sey – Und so denn einem dabey sitzenden von ohngefähr ein guter Gedanke sich anbietet, so schweige der erste. Denn ihr könnet wohl alle einer nach dem andern auftreten, damit ein jeder dem andern zum Guten nützlich sey; nur müßt ihr die Vorträge anderer nicht unter dem Vorwand eines besondern Antriebs des Geistes unterbrechen; denn auch die Erleuchtungen der Begeisterten müssen untereinander geordnet seyn – 37. Dünket sich jemand ein wirklich Begeisterter zu seyn, der mag doch beurtheilen, ob nicht das alles, was ich bisher gesagt habe, der christlichen Lehre gemäß sey.
Prüfen;untersuchenLuc. 12, 56.Röm. 2, 18.Phil. 1, 10.Röm. 12, 2.Eph. 5, 10.1 Joh. 4, 1.1 Thess. 5, 21. (verglichen mit1 Cor. 14, 29. wo der Apostel von derselben Prüfung der Vorträge der Begeisterten nur ein anders Wort braucht) – kennen, wie es auch gleich übersetzt seyn sollte 1 Thess. 2, 4. – wie wir von Gott |c324|tüchtig befundenworden sind, daß uns die Verkündigung des Evanglii anvertraut würde, so – der unser Herz kennet. Dasselbe griechische Wort hat Luthersehr richtig besehen übersetzt Luc. 14, 19.; weniger richtig aber in der gleich vorhergehenden Stelle, bewährt seyn, für, tüchtig befundenwerden, und 1 Cor. 3, 13. für, die Feuerprobe wirds ausweisen; achtenRöm. 1, 28. für das noch deutlichere, der Mühe werth halten; annehmenRöm. 14, 22. für billigen; versuchen2 Cor. 8, 8.1 Tim. 3, 10. für, auf die Probestellen; bewähren1 Pet. 1, 7. für probiren.
sich selbst2 Cor. 13, 5.Gal. 6, 4. – 1 Cor. 11, 28. Die Selbstprüfung von welcher in der letzten Stelle die Rede ist, geht auf die vorher verwiesenen Unordnungen beym Genuß des Abendmahls; diese soll sich nun ein jeder selbstverweisen, welches denn auch die Uebersetzung seyn sollte; vergl.v. 31.
Psalm,Psalmen. Psalmen singen, wird von Dankliedern gesagt; davon werden Lobgesänge und diejenigenLieder, die nicht unmittelbar an Gott gerichtet sind, sondern nur überhaupt fromme Gesinnungen und Empfindungen enthalten, unterschieden, Eph. 5, 19.Col. 3, 16. – 1 Cor. 14, 15. ist der Sinn: – Ich will ein Danklied singen, so daß es mir nicht nur von Herzen geht, sondern auch andern verständlich ist. –