<div type="chapter" xml:id="bs_d_2">
<head><choice>
<orig>Zweyter Brief.</orig>
<supplied reason="toc-title">Zweyter Brief</supplied>
</choice></head>
<p>Fortfahren mus ich freylich; und Ihnen darthun, daß keinesweges ich der einzige
war oder bin, und daß folglich der Haß wider Herrn <choice>
<abbr><hi>D.</hi></abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> entweder, auch
noch andern neben mir, gemein gemacht werden mus; oder auch bey mir allein nicht
nothwendig so heißen konnte. Ich will Ihnen keine Erzählung machen, von <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_0"/>sehr angesehenen
<hi>Juristen</hi>; mit denen ich theils selbst über die äußerst unrechte
Lage dieses Bekenntnisses gesprochen, theils auch ihr Urtheil mir schriftlich
ausgebeten habe. Der Verstos war in der That nicht klein gegen das <foreign xml:lang="lat">ius publicum ecclesiasticum</foreign>; daß ein solches
Bekenntniß, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_1"/>dessen
Verfasser sich noch dazu <quote corresp="#quote_bs_a22_6">gar zum
<index indexName="subjects-index">
<term>Repräsentant</term>
</index><hi>Repräsentanten</hi> unserer Kirchen eigenmächtig macht</quote>,
an <choice>
<abbr>Kayserl.</abbr>
<expan>Kaiserliche</expan>
</choice> <rs ref="textgrid:3r6fp">Majestät</rs>, mit der besondern Aeußerung gerichtet worden war, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_2"/>daß eine <hi>ganz andre
<index indexName="subjects-index">
<term>Religionsform</term>
</index>Religionsform in Teutschland</hi> möchte eingeführet werden; dis
sollte gar ein Beweis besondrer göttlichen Auswahl des <pb xml:id="bs_d_page_123" n="123" edRef="#d"/> glorwürdigsten jetzigen
Oberhaupts des teutschen Reichs heißen. – Und diese Schrift, worinn solche den
<index indexName="subjects-index">
<term>Protestanten</term>
</index>Protestanten äußerst nachtheilige Grundsätze, ohne alle Bedenklichkeit,
bejahet und angewendet wurden, war noch dazu <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_3"/>in der königlich preußischen <hi>Residenz</hi> selbst
gedruckt und verkauft worden. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_4"/>In mehrern auswärtigen Zeitungen hatte man
ausgebreitet, dieser Verfasser eines so <hi>irregulären</hi> Bekenntnisses, seye
<hi>Professor in <index indexName="subjects-index">
<term>Halle (Bahrdt in)</term>
</index>Halle</hi>, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_4a"/>wie ich noch Briefe aus einem Theile der Schweiz zeigen kann, daß es Herr <choice>
<abbr><hi>D.</hi></abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> dahin
geschrieben habe, ob ich gleich es gehindert hätte, daß er das <hi>Institut</hi>
nicht bekommen hätte. Sagen Sie, Lieber Freund, mußte es dennoch nur mein
<hi>Haß</hi> seyn, wenn ich auf der <choice>
<abbr>königl.</abbr>
<expan>königlichen</expan>
</choice> Universität, nun ebenfalls frey und ohne Furchtsamkeit, dieses
Bekenntnis durch und durch widerlegte? Hatte ich etwa weniger Recht, unsre
<hi>protestantischen</hi> Rechte ernstlich zu behaupten; unsere <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrsätze</term>
</index>Lehrsätze, die eben so unwahr entstellet worden waren, zu vertheidigen;
und also bey Auswärtigen allerley nachtheilige Eindrücke dieser seltsamen
Erscheinung zu schwächen? Ich denke doch, daß kein <hi>Haß</hi> erst nöthig ist,
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_5"/>die freye und <index indexName="subjects-index">
<term>dreist</term>
</index>dreiste Antwort eines <hi>Professors</hi>, in dieser Lage, sich zu
erklären; der noch dazu in der <choice>
<abbr>theolog.</abbr>
<expan>theologischen</expan>
</choice> Facultät der Aelteste ist, und schon hiernach verbunden ist, dis oder
jenes zu thun, welches andre, der Reihe nach, noch nicht anzugehen scheinen
kann. Aber warum mus ich denn durchaus so öffentlich verunglimpfet werden? Hat
irgend ein gelehrter rechtschaffener Mann <pb xml:id="bs_d_page_124" n="124" edRef="#d"/> im ganzen teutschen Reiche, es auf sich genommen, das <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdtische</hi></persName>
Bekenntnis zu rechtfertigen? Was hat denn dieser <hi>Recensent</hi> für Gründe,
es nicht nur so künstlich und angelegentlich zu thun, sondern auch mich in die
so bekannte <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdtische</hi></persName>
<index indexName="subjects-index">
<term>Denkungsart</term>
</index>Denkungsart über die Religion überhaupt herabzuwürdigen? Dennoch soll
ich ja stille schweigen, nicht – nicht. – Sind wir denn in <index indexName="subjects-index">
<term>Halle (Theologische Fakultät)</term>
</index><hi>Halle</hi> aller gelehrten <index indexName="subjects-index">
<term>Freiheit, gelehrte</term>
</index>Freyheit beraubet? Seit kurzen müßte dis doch erst geschehen seyn.</p>
<p>Aber damit ich nicht allein rede, lesen Sie, mein Freund, selbst nach, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_6"/>was ein (ganz andrer)
<hi>Recensent</hi> in eben dieser <hi>Bibliothek</hi>
<choice>
<abbr>S.</abbr>
<expan>Seite</expan>
</choice> 59. über das <hi>Schreiben an einen Freund in G.</hi> den Herrn <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> und sein
<hi>Glaubensbekentnis</hi> betreffend, ganz laut gesagt hat; obgleich nur
als <hi>Politikus</hi>, noch gar nicht als <hi>Theologe</hi>; welchem leztern es
doch noch mehr auffallen mus, wenn er diese neuen Anstalten überdenket. Es heißt
hievon, dis ist <supplied>„</supplied>ein <hi>freimüthiges, bescheidenes</hi>,
und <hi>vernünftiges <index indexName="subjects-index">
<term>Urteil, vernünftiges</term>
</index>Urtheil</hi>; nicht sowohl <hi>über den Inhalt</hi>, als über die
öffentliche Bekanntmachung desselben<supplied>“</supplied>. Ehe ich weiter
abschreibe, bemerken Sie doch, diese <hi>neue Unterscheidung</hi>; es werde nur
die Bekanntmachung des Bekenntnisses so derb und platt beurtheilet, <hi>nicht
der Inhalt</hi>. Der <index indexName="subjects-index">
<term>Politicus</term>
</index><hi>Politicus</hi> überlies es freilich den <hi>Theologen</hi> über den
Inhalt eben so <hi>ihre Einsichten</hi> zu eröfnen, als der <index indexName="subjects-index">
<term>Politicus</term>
</index><hi>Politicus</hi> es hier that; ich habe den <hi>Inhalt</hi> auch so
entblösset, daß gewis niemand dies Bekentnis von dem Vorwurfe retten kann, es
seye <hi>historisch</hi>
<pb xml:id="bs_d_page_125" n="125" edRef="#d"/>
<hi>unwahr</hi>, es seye <hi>injuriös</hi> gegen die 3 Kirchen, es seye zu gar
nichts nütze, als in gewissen noch unbekannten Aussichten mancher Leute, denen
diese Lage der christlichen Religion nicht länger gefallen will. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_7"/>Nun will ich Ihnen einige
Zeilen weiter abschreiben: „daß sich dieser Schritt des Herrn <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdts</hi></persName> nicht
billigen lasse“ – <supplied>„</supplied>es konnte der Beförderung der <index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheit</term>
</index>Wahrheit, oder der <index indexName="subjects-index">
<term>Toleranz</term>
</index>Toleranz auf <hi>keine Weise Vorschub thun</hi><supplied>“</supplied>;
(der <hi>Inhalt</hi> wird doch wohl hier beurtheilet!)
<supplied>„</supplied>Herr <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> könne auch
nicht sagen, daß er irgend eine innere oder äussere <hi>Verbindlichkeit</hi>
gehabt, sein Glaubensbekenntnis auf diese Weise abzulegen; da ihm, als einem der
Rechte der Protestanten kündigen <hi>Doctor</hi> der Theologie, die Unbefugtheit
des Reichshofraths, ihm dergleichen abzufordern, nicht unbekannt seyn
konnte,<supplied>“</supplied> (sollte, hätte ich geschrieben!) – –
<supplied>„</supplied>er erklärte sich demohngeachtet. Wozu? Und in welcher
Absicht? Hier zeigt der Verfasser, <choice>
<sic>„daß</sic>
<corr type="editorial">daß</corr>
</choice> Herr <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> weder eine
Verbesserung seiner eigenen Lage, noch irgend einen absichtlichen Nutzen für
andre, durch diese Bekanntmachung vermuthen oder hoffen können; nicht einmal
diesen, keinem Menschen im geringsten nutzenden Erfolg, daß nun seine wahre
Meinung der Welt vorgelegt würde. – – ohne Noth thut ein weiser Mann nichts
ungemeines, blos weil es Aufsehen erreget. Noch weniger ist <hi>die Art und
Weise zu entschuldigen</hi>, wodurch diesem Glaubensbekenntnisse ein so viel
grösserer Grad von Wichtigkeit hat gegeben werden sollen. Wenn er als <pb xml:id="bs_d_page_126" n="126" edRef="#d"/>
<index indexName="subjects-index">
<term>Privatmann</term>
</index>Privatmann seine Meinung vorgetragen, so möchte dis hingehen; da er sich
aber an die Gesezgebende Macht gewendet, Gesetze und Verfassungen, die ihm
nachtheilig geworden, abgestellt wissen will; wenn er vor dem Throne selbst,
<hi>kirchliche <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrsätze</term>
</index>Lehrsätze</hi>, die, mögen sie gleich, nach seiner Versicherung,
vielen Tausenden anstößig seyn, <hi>doch gewis eben so vielen Tausenden heilig
und Schriftmäßig dünken</hi>, als <index indexName="subjects-index">
<term>vernunftwidrig</term>
</index>Vernunft und <index indexName="subjects-index">
<term>schriftwidrig</term>
</index>Schriftwidrige und der <index indexName="subjects-index">
<term>Gottseligkeit</term>
</index>Gottseligkeit schädlich anklagt, wenn er endlich im feierlichsten Tone
bittet, die alte <index indexName="subjects-index">
<term>Ordnung</term>
</index>Ordnung aufzuheben, ohne jedoch Vorschläge zu einer bessern zu thun – –
ich gestehe es, mir scheinet es wenigstens so, <hi>man müsse auf sein kleines
persönliches Ich einen ganz ungemeinen Werth, setzen</hi>, um sich so etwas
nur einkommen zu lassen! So im Gleichgewicht steht doch warlich die Waage noch
nicht, <hi>daß es nur ein Stäubgen in die eine Schaale brauche</hi>, um den
Ausschlag zu geben.<supplied>“</supplied></p>
<p>Ich will nicht noch mehr abschreiben; vielleicht haben Sie ohnehin jene kleine
Schrift des Ungenannten selbst; aber bemerken Sie die unverzeihliche <index indexName="subjects-index">
<term>Parteilichkeit</term>
</index>Partheylichkeit meines <hi>Recensenten</hi>, der uns bereden will,
dieser rechtschaffene Verfasser habe <hi>nur über die öffentliche
Bekanntmachung</hi> dieses Bekenntnisses geurtheilet; <hi>nicht über den
Inhalt</hi>. Mus man nicht wirklich von nun an der <hi>berlinischen
Bibliothek</hi> eine grobe Partheylichkeit beylegen, so oft die Rede ist von
Herrn <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName>, oder von
Anstalten einer neuen <index indexName="subjects-index">
<term>Religionsform</term>
</index>Religionsform? Wenn dis nur über die öffentliche Be<pb xml:id="bs_d_page_127" n="127" edRef="#d"/>kanntmachung gehet, so müssen wir
dem Ungenannten Urheber nicht glauben, der ausdrücklich die <hi>Gradation</hi>
anbringt: noch weniger ist die Art und Weise zu entschuldigen – – das doch
unleugbar gerade den allerschlechtesten Theil des Bekenntnisses angehet. Das
freie Urtheil, eben diese Lehrsätze seyen auch Tausenden noch heilige und
schriftmäßige – die Waage steht noch nicht so im Gleichgewicht – ist ja
ebenfalls blos und unmittelbar <hi>über den Inhalt</hi>, nachdem von der
Bekanntmachung schon lange war geredet worden, daß <hi>sie selbst</hi> gar
keinen Zweck hatte. Nun nehmen Sie den unwilligen Ton dazu, der <hi>wider mich
in dieser Recension</hi> recht wissentlich ausgesucht ist; und vereinigen
<hi>es mit der Sache</hi>, die jener Ungenannte und ich <hi>völlig
einstimmig</hi> beurtheilen; und loben Sie alsdenn die <index indexName="subjects-index">
<term>Unparteilichkeit</term>
</index>Unpartheilichkeit dieser Recension in einer Begebenheit, die das ganze
christliche <hi>Teutschland</hi> angehet. Mus nicht der <hi>Recensent</hi>
seinen Vorsaz recht bedächtig ausführen wollen, dennoch diesen <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>bahrdtischen</hi></persName>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_8"/><hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Solöcismus</term>
</index>Solöcismus</hi> so zu mildern, daß wir alle <hi>zur Noth</hi> nur
sagen sollen, Herr <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> hätte sich
vorsichtiger ausdrücken sollen; er habe aber in dem <hi>Inhalte</hi> Recht; Sie
werden es sehen, daß der <hi>Recensent</hi> mich nun selbst angreift, um Herrn <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> zu
vertheidigen.</p>
<p>Ich bin, erlauben Sie mir es zu sagen, der erste gewesen, der die gänzliche
Untauglichkeit und <index indexName="subjects-index">
<term>Nullität</term>
</index><hi>Nullität</hi> dieses Bekenntnisses öffentlich angeklagt hat;
<hi>actenmäßig</hi>, um die heiligen Rechte der pro<pb xml:id="bs_d_page_128" n="128" edRef="#d"/>testantischen Kirchen, wider
diesen groben Verstos, zu behaupten; warum haben aber Herrn <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdts</hi></persName> Gönner, die
dis so ganz untaugliche Bekentniß in den Druck beförderten, nicht auf diese
wichtige <index indexName="subjects-index">
<term>Übereilung</term>
</index>Uebereilung gesehen? Verdiene ich deswegen alle diese nachtheiligen
Folgen, weil manche in <hi>Berlin</hi> ein ziemlich Grosses Versehen begangen
haben? Noch immer wünsche ich, Herr <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> möge mir
gefolget, und eine <hi>Retractation</hi> mancher <index indexName="subjects-index">
<term>Übereilung</term>
</index>Uebereilungen bekannt gemacht haben; ich wünsche es noch; denn diese
Behelfe, womit der <hi>Recensent</hi> das Bekenntnis entschuldigen will,
vermehren das Mistrauen der Leser dieser Recension, weit mehr, als der Recensent
in seiner so ruhigen Lage diese Dinge, die <index indexName="subjects-index">
<term>Gärung</term>
</index>Gährung, die Consequentien und Entschliessungen bey andern Zeitgenossen,
sich vorstellen mag. Mir hat ein durchreisender rechtschaffener <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_9"/>Prediger Herr W. es ehrlich
gestanden, daß <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_10"/>mein Brief
nach <hi>Heidesheim</hi> den Herrn <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> wirklich in
ein Nachdenken gesezt hätte; denn er muste meine Rechtschaffenheit kennen; daß
aber <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_11"/>Vorstellungen von
Standhaftigkeit, die man ihm aus <hi>Berlin</hi> zur Antwort mitgetheilet hatte,
den so guten Eindruck wieder ausgelöschet haben.</p>
<p>Sie wissen den äußerlichen Erfolg meiner Antwort, zu meinem öffentlichen
Nachtheil; der <hi>Recensent</hi> mußte ihn auch wissen; ich kann aber den
Anspruch auf <index indexName="subjects-index">
<term>biedermännisch</term>
</index>biedermännische Beurtheilung nicht zu weit treiben; der
<hi>Recensent</hi> konnte es übergehen, obgleich der Abstand zwischen mir
und <pb xml:id="bs_d_page_129" n="129" edRef="#d"/> Herrn <choice>
<abbr><hi>D.</hi></abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> in dieser Lage
sehr kenntlich ist. Aber wie beurheilen Sie nun die zusammengehörigen
Grundsätze, Hofnungen, <index indexName="subjects-index">
<term>politische Absichten</term>
</index>politische Absichten, und eigene <hi>moralische</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Gesinnung, moralische</term>
</index>Gesinnung des Herrn <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdts</hi></persName>, wenn er nach
Jahr und Tag, welche <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_12"/>seit
dem December 1779 in meiner neuen Historie ziemlich stille verflossen waren
(<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_13"/>des Herrn <index indexName="persons-index">
<term>Basedow, Johann Bernhard</term>
</index><persName ref="textgrid:25094"><hi>Basedows</hi></persName> Hülfstruppen
ausgenommen, die den ersten Anfall auf meinen <index indexName="subjects-index">
<term>Charakter, moralischer</term>
</index><hi>moralischen</hi> Character, zu Gunsten der <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p">bahrdtischen</persName>, oder der im
Plane schwebenden Sache, thun wollten) in dem <hi>Almanach</hi> (<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_14"/>denken Sie immer daran,
daß dem Herrn <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> das Herz
blutete, für die Religion <index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName>!) <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_15"/>so viele Seiten abschrieb
aus jenem Sendschreiben, um diesen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_16"/><foreign xml:lang="lat">medius Terminus</foreign>,
meine Falschheit, zu unterstützen? Ich frage, wie beurtheilen Sie die
<hi>moralische</hi> und <hi>politische</hi> Lage des Herrn <choice>
<abbr><hi>D.</hi></abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdts</hi></persName>, der wider
einen so alten, so unbescholtenen <index indexName="subjects-index">
<term>Professor</term>
</index>Professor, als ich doch immer bin und bleibe, neben welchem Professor er
seit vorigen Michaelis in dem Lectionscatalogus der königlichen Universität hier
stehet, solche lange Seiten im öffentlichen Drucke abermals aufstellet? Muste
ich wirklich nun vollend gar erschrecken, und mich noch mehr in duldendes
Stillschweigen und geheime Klagen einhüllen? O nein, mein Lieber! ich weis Sie
werden, wie manche andre schätzbare Freunde, es meinen neuen Fehler nennen; daß
ich den Zeitgenossen nun in meiner <index indexName="subjects-index">
<term>Lebensbeschreibung</term>
</index>Lebensbeschreibung viel zu viel Kleines erzählt habe. Ich will es doch
er<pb xml:id="bs_d_page_130" n="130" edRef="#d"/>warten, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_17"/>ob die <index indexName="subjects-index">
<term>Torheit</term>
</index><hi>Thorheit</hi>, der man mich auch im <hi>Almanach</hi> beschuldiget,
wirklich blos auf meiner Seite ist? Von je her habe ich die christliche und
moralische <index indexName="subjects-index">
<term>Torheit</term>
</index>Thorheit, der Klugheit derjenigen Menschen vorgezogen, welche sich und
ihr <index indexName="subjects-index">
<term>Selbstgefühl</term>
</index>Selbstgefühl einer ganzen <index indexName="subjects-index">
<term>Welt, moralische</term>
</index><hi>moralischen</hi> Welt entgegen setzen; welche doch Gott wahrlich
eben so gewis selbst handhabet und regieret, als die physische, deren <index indexName="subjects-index">
<term>Bewegungsgesetze</term>
</index>Bewegungsgesetze noch niemand ohne eigenen Schaden zu überschreiten oder
zu verachten, sich vorgenommen hat. Wir Christen sagen es einander noch mehr,
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_18"/>da sie sich für Weise
hielten <choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice> und wir wollen auf die <index indexName="subjects-index">
<term>Erfahrung</term>
</index>Erfahrung uns verlassen. Sie kennen mich schon ziemlich lange; und
wissen es also, daß ich diese grossen Gedanken nicht blos jetzt erwische, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_19"/>um, wie man sagt, aus der
Noth eine Tugend zu machen. Ich kann auch in der Anwendung fehlen; aber Sie
werden auch selbst schon wissen, daß mich eben dis noch mehr mit guten Menschen
verwandt macht, und stets von dem andern Theil der Menschen, die zu sehr gros
sind, unterscheidet. Haben sie nicht selbst damalen, zu meiner Aufrichtung mir
einige schöne Stellen aus dem <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_20"/><foreign xml:lang="eng">Common sense</foreign>
zugeschickt? Wo <index indexName="persons-index">
<term>Chesterfield, Philip Dormer Stanhope 4th Earl of</term>
</index><persName ref="textgrid:3r67w"><hi>Chesterfield</hi></persName>, der
edle große Mann, der die Menschenwelt besser kennt als ich und andre, so
treffend <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_21"/>redete, von
manchen Leuten, die zuweilen ernstlich gebraucht werden, gerade zu Absichten.
Ich glaube es war das 25ste <hi>Stück</hi>, und es folgte bald darauf die schöne
Stelle, die eine göttliche, den guten Menschen unentbehrliche <index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheit</term>
</index>Wahrheit sagt – Der Graf <pb xml:id="bs_d_page_131" n="131" edRef="#d"/>
druckte nemlich, nach mehrern damaligen <hi>localen</hi> Dingen, sich endlich so
aus: <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_22"/>Dis beweiset,
<hi>daß in einem rechtschaffenen und aufrichtigen Betragen etwas seyn müsse,
das es durch die Welt führet, und gegen alle giftige Erfindungen der
Verläumdung vertheidigt</hi>. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_2_23"/>Dreimal glückseelig und würdig sind alle diejenigen
unter meinen Lesern, die hiezu von Herzen sagen, <hi>Amen, Ja</hi>. Hier kann
ich wohl diesen Brief am besten schliessen.</p>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_0"><label>sehr
angesehenen Juristen</label>
<p>Das Reichhofratsconclusum gegen Bahrdts <hi>Glaubensbekenntniß</hi> löste
eine gelehrte juristische Debatte aus, an der sich u.a. Johann Jacob Moser
(1701–1785) beteiligte. Vgl. vor allem auch die von Heinrich Aaron Spittler
verfasste und anonym publizierte Schrift <hi>Von der Gerichtsbarkeit der
höchsten Reichs-Gerichte in geistlichen Sachen bey Gelegenheit des
neuesten D. Bahrdtischen Rechtsfalls</hi> (1779).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_1"><label>dessen
Verfasser sich [...] zum Repräsentanten unserer Kirchen eigenmächtig
macht</label>
<p>Anspielung auf a22.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_2"><label>daß eine
ganz andre Religionsform [...] des teutschen Reichs heißen</label>
<p>Anspielung auf <ref target="#bs_a_page_23">a23</ref>
(„Reforme“) und <ref target="#bs_a_page_15">a15</ref> („O
möchten doch Ew. Kayserl. Majestät von Gott auserkohren seyn“).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_3"><label>in der
königlich preußischen Residenz selbst gedruckt und verkauft</label>
<p>Gemeint ist Berlin, wo die obrigkeitliche Zensur am schärfsten hätte greifen
müssen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_4"><label>In mehrern
auswärtigen Zeitungen hatte man ausgebreitet</label>
<p>In den <hi>Frankfurter gelehrte[n] Anzeigen</hi>, Nr. 55 und 56
(9./13.7.1779), 488, hieß es etwa über Halle: „<hi>Ebendaselbst soll</hi>
Herr Doktor <hi>Bahrdt</hi>, dessen <hi>Glaubensbekenntniß</hi> mit seiner
<hi>rein biblisch vorgetragenen Lehre von dem Amte und der Person Jesu
Christi in Predigten</hi> so gar merklich kontrastirt, die dritte
theologische Professur erhalten haben.“ Die <hi>Hallische[n] Gelehrte[n]
Zeitungen</hi>, Nr. 60 (29.7.1779), 480, widersprachen umgehend dieser
Darstellung: „Wir wenigstens können öffentlich versichern, daß Herr D.
Bahrdt nicht nur hier gar keinerley Art von Lectionen eröfnet, sondern auch
Theologische Lectionen hier halten zu dürfen ganz und gar keine Erlaubniß
bekommen habe“.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_4a"><label>wie ich
noch Briefe aus einem Theile der Schweiz zeigen kann</label>
<p>Es konnte nicht ermittelt werden, von wessen Briefen Semler hier spricht. Er
stand zu der Zeit nachweislich mit den Schweizern Lavater, Johann Jakob
Steinbrüchel (1729–1796), Ulysses von Salis und Hans Heinrich Corrodi in
Kontakt – wahrscheinlich aber auch noch mit anderen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_5"><label>die freye
und dreiste Antwort</label>
<p>Der Ausdruck „dreist“ hatte noch nicht die ausschließlich negative
Konnotation von heute, sondern konnte auch so viel wie „beherzt“ bedeuten,
vgl. Goethe, <hi>Wilhelm Meisters Wanderjahre</hi> (1821), Kap. 12: „Nun
aber fühlt sie sich, durch das große, freye Talent, die dreiste Hand des
Künstlers aufgeregt, erweckt, was von Sinn und Geschmack in ihr treulich
schlummerte.“</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_6"><label>was ein
(ganz andrer) Recensent [...] über das Schreiben an einen Freund in G. [...]
laut gesagt hat</label>
<p>1779 war im Verlag George Jacob Decker anonym das <hi>Schreiben an einen
Freund in G. den Herrn Doctor Bahrdt und sein Glaubensbekenntniß
betreffend</hi> erschienen. Dieses Werk wurde ebenfalls in der
Sammelrezension in der <hi>Allgemeine[n] deutsche[n] Bibliothek</hi> 43
(1780), 59–63, besprochen. Anders als von Semler suggeriert, ist diese
Rezension demselben anonymen Rezensenten „St.“ zuzuschreiben, der auch
Semlers Werk besprochen hatte; vgl. dazu AdB 49 (1782), 56.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_7"><label>Nun will ich
Ihnen einige Zeilen weiter abschreiben</label>
<p>Es folgt ein Zitat aus der „anderen“ Rezension über <hi>Schreiben an einen
Freund in G.</hi>, in: AdB 43 (1780), 59–63, wobei Semler vor „Wozu?“
eine längere Passage stillschweigend auslässt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_8"><label>Solöcismus</label>
<p>Sprachliche Rohheit; so benannt nach den Bewohnern der antiken Stadt Soloi
(lat. <hi>Soli</hi>) in Kilikien (Kleinasien), die das Griechische angeblich
äußerst fehlerhaft sprachen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_9"><label>ein
durchreisender rechtschaffener Prediger Herr W.</label>
<p>Die Identität konnte nicht ermittelt werden. Mindestens drei Bekannte Bahrdts
aus der Heidesheimer und Londoner Zeit waren Prediger, deren Name mit „W“
beginnt: Hofprediger Wolf aus Grünstadt, der katholische Prediger Weimar aus
Bockenheim und Gebhard Friedrich August Wendeborn (1742–1811), Prediger in
London (Ludgate Hill); für keinen der drei gibt es Hinweise darauf, dass sie
zwischen 1779 und 1781 auf „Durchreise“ in Halle gewesen sind.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_10"><label>mein Brief
nach Heidesheim</label>
<p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_n_2"/>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_11"><label>Vorstellungen von Standhaftigkeit, die man ihm aus Berlin [...]
mitgetheilet hatte</label>
<p>Erhalten ist ein Brief des Berliner Oberkonsistorialrats Wilhelm Abraham
Teller (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_3_20"/>) vom 26. April
1779, in dem es heißt, Bahrdt sei es sich und der Wahrheit „schuldig“, die
eigene Überzeugung „aufrichtig von sich zu geben, und Frau und Kind [dabei]
nicht anzusehen“ (Pott, <hi>Briefe</hi> II, 1798, 52).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_12"><label>seit dem
December 1779</label>
<p>Im Dezember 1779 wurde Semler seiner Leitungsfunktionen an der Halleschen
theologischen Fakultät enthoben, vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_11"/>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_13"><label>des Herrn
Basedows Hülfstruppen</label>
<p>Der Verfasser des <hi>Sendschreiben[s]</hi> (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_11"/>), Ernst Christian Trapp, war 1777/78 Lehrer am
von Basedow gegründeten Philanthropinum in Dessau gewesen. Der Semler
namentlich nicht bekannte Autor der anonym erschienenen Rezension, Hermann
Andreas Pistorius (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_2"/>), weist
keinen besonderen persönlichen Bezug zu Basedow auf.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_14"><label>denken Sie
immer daran, daß dem Herrn D. Bahrdt das Herz blutete, für die Religion
Jesu</label>
<p>Anspielung auf <ref target="#bs_a_page_14">a14</ref>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_15"><label>so viele
Seiten abschrieb aus jenem Sendschreiben</label>
<p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_11"/>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_16"><label>medius
Terminus</label>
<p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_0_48a"/>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_17"><label>ob die
Thorheit, der man mich auch im Almanach beschuldiget</label>
<p>Das Wort „Thorheit“ o.Ä. fällt im <hi>Kirchen- und Ketzer-Almanach</hi> (vgl.
<ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_10"/>) nicht, Bahrdts Hauptvorwurf
lautet vielmehr, dass Semler aus „Schwachheit“ (165) seine früheren
Überzeugungen verraten habe; vgl. auch <ref target="#bs_d_page_143">d143</ref>, <ref target="#bs_d_page_162">d162</ref>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_18"><label>da sie sich
für Weise hielten etc. etc.</label>
<p>Röm 1,22.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_19"><label>um, wie man
sagt, aus der Noth eine Tugend zu machen</label>
<p>Die Redewendung stammt vermutlich vom Kirchenvater Hieronymus (347–420): „Fac
de necessitate virtutem“ (Epistulae 54,6).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_20"><label>Common
sense [...] Chesterfield</label>
<p>Philip Dormer Stanhope (1694–1773), seit 1726 4th Earl of Chesterfield,
englischer Politiker, Diplomat und Essayist, stand auf vertrautem Fuße mit
vielen Geistesgrößen der Zeit, insbesondere mit Voltaire. Als Schriftsteller
ist er heute vor allem bekannt für die postum veröffentlichten Briefe an
einen unehelichen Sohn: <hi>Letters to his Son</hi> (1774). Der Kritiker
Samuel Johnson (1709–1784), der einen persönlichen Groll gegen Chesterfield
hegte, behauptete von diesen Briefen, sie würden „die Moral einer Hure und
die Manieren eines Tanzlehrers“ vermitteln. Bei <hi>Common Sense: or, The
Englishman’s Journal</hi> (zeitweilig auch: <hi>Old Common Sense
[...]</hi>) handelt es sich um eine von dem Journalisten und
Gelegenheitsdramatiker Charles Molloy (gest. 1767) herausgegebene
Wochenzeitschrift (1737–1743), zu der Chesterfield anonym Beiträge
lieferte.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_21"><label>redete, von
manchen Leuten, die zuweilen ernstlich gebraucht werden, gerade zu
Absichten. Ich glaube es war das 25ste Stück</label>
<p>Im 25. Stück des <hi>Common Sense</hi> (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_2_20"/>) geht es um Männer schlechten Charakters, die von
ihrer jeweiligen Partei gleichwohl als nützliche Werkzeuge zur Durchsetzung
bestimmter Absichten betrachtet werden.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_22"><label>Dis
beweiset [...] Verläumdung vertheidigt</label>
<p>Es handelt sich um eine, von kleineren orthographischen Varianten abgesehen,
direkte Übernahme aus der deutschen Teilausgabe der Schriften Chesterfields:
<hi>Vermischte Werke</hi> II (1779), Common Sense, 25. St., 117–129;
123. Die Ausgabe erschien bei Weidmann in Leipzig, der Übersetzer ist
unbekannt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_2_23"><label>Dreimal
glückseelig</label>
<p>Es ist möglich, dass sich in dieser Formulierung erneut die Homer-Lektüre
Semlers (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_0_104"/>;
<hi>Lebensbeschreibung</hi> I, 40) niederschlägt: siehe Odyssee 6.
Gesang, 154f. (<foreign xml:lang="grc">τρὶς μάκαρες</foreign>; „dreimal
selig“ [Voß]). Die gefeierte Übersetzung Johann Heinrich Voß’ (1751–1826)
war im selben Jahre (1781) erschienen. Semlers Hallenser Professorenkollegen
Eberhard, Knapp und Niemeyer gehörten zu den ersten Subskribenten (vgl.
<hi>Odüssee</hi>, 1781, [485]).</p></note>
</div>