<div type="chapter" xml:id="bs_d_3">
<head><choice>
<orig>Dritter Brief.</orig>
<supplied reason="toc-title">Dritter Brief</supplied>
</choice></head>
<p>Nun mus ich die <hi>Recension</hi> von vorn an durchgehen, um keine Gelegenheit
zu lassen, zu Einbildungen, daß ich dis und jenes mir als gemachten Vorwurf
wirklich anrechnen ließe; denn es gehet jetzt blos auf meinen <index indexName="subjects-index">
<term>Grund und Boden, moralischer</term>
</index><hi>moralischen</hi> Grund und Boden los, den mus ich freylich
beschützen. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_1"/><quote corresp="#quote_bs_z46_1"><hi>Wer sollte nicht mit uns
wünschen</hi>, sagt der <hi>Recensent</hi>, eine <index indexName="subjects-index">
<term>Untersuchung, kaltblütige</term>
</index>kaltblütige Untersuchung</quote>? Mus ich nicht wenigstens hier die
Anmerkung machen, daß diese <foreign xml:lang="grc">κοινοποιϊα</foreign>, wonach
es allgemeiner Wunsch wäre, blos eine <hi>rhetorische</hi> Figur ist? Sie wissen
doch, daß dis Bekenntnis in vielen teutschen Provinzen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_1a"/>auf obrigkeitlichen
Befehl, geradehin verboten und <hi>confiscirt</hi> worden ist, ohne es für so
wichtig anzusehen, eine kaltblütige Untersuchung aus Berlin zu <choice>
<sic>erwarteu</sic>
<corr type="editorial">erwarten</corr>
</choice>. Ich habe auch im vorigen Briefe <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_2"/>des Ungenannten Urtheile angeführet, <pb xml:id="bs_d_page_132" n="132" edRef="#d"/> von gänzlicher Untauglichkeit,
Zwecklosigkeit, Nachtheiligkeit dieses Bekenntnisses; und der Verfasser behielt
das <hi>Prädicat</hi>, er habe <hi>davon</hi> freymüthig, bescheiden und
vernünftig geurtheilet; ob er gleich den theologischen Inhalt, der
<hi>historischen</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheit, historische</term>
</index>Wahrheit nach, zu untersuchen, sich nicht vorgenommen <choice>
<sic>hatte,</sic>
<corr type="editorial">hatte.</corr>
</choice> Nun komme ich zu der Untersuchung des Bekenntnisses; ich finde es mit
so viel <hi>Hitze und <index indexName="subjects-index">
<term>Übereilung</term>
</index>Uebereilung, recht declamatorisch</hi> eingerichtet: daß ich
wirklich nicht eben ein Muster der <hi>Kaltblütigkeit</hi> vor mir fand; den
<index indexName="subjects-index">
<term>Solöcismus</term>
</index><hi>Solöcismus</hi>, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_2a"/>in Ansehung des <foreign xml:lang="lat">iuris publici
sacri protestantium</foreign> gar nicht gerechnet, der doch in der That
einen Protestanten, einen Professor sehr ärgern mus; den Zusammenhang, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_3"/><foreign xml:lang="lat">antecedentia</foreign> und <foreign xml:lang="lat">consequentia</foreign>
bey dem Herrn <choice>
<abbr><hi>D.</hi></abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName>, auch nicht
sehr gerechnet, der doch nicht wohl auszulöschen war, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_4"/>nach der alten Ordnung,
<foreign xml:lang="lat">quis, quid, ubi</foreign> – so ist der
<hi>Inhalt</hi> als historische Erzählung des <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrbegriff</term>
</index>Lehrbegriffs der drey großen Kirchen, durch und durch unwahr; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_5"/>die <index indexName="subjects-index">
<term>Anmaßung</term>
</index>Anmassung, <index indexName="subjects-index">
<term>Repräsentant</term>
</index><hi>Repräsentant</hi> unserer Kirchen hiemit zu seyn, so unerträglich;
die Aufgabe von einer <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_6"/>Religionsform, für alle Palläste und Hütten – innerlich so unmöglich: daß es
doch sehr wohl begreiflich ist, ein Professor in <index indexName="subjects-index">
<term>Halle (Theologische Fakultät)</term>
</index>Halle kann in seinem <foreign xml:lang="lat">locali</foreign> ganz
anders denken, und wirklich unwillig und empfindlich über einen so unerhörten
Auftritt seyn, und folglich das Bekenntnis, wie es sich gehört, ganz ernstlich
beurtheilen; wenn gleich der <hi>Recensent</hi>, der indes einigen kleinen
Historien zugesehen hat, in einer <pb xml:id="bs_d_page_133" n="133" edRef="#d"/> eben so ernstlichen und viel mehr <hi>censorischen</hi> Stellung sich
hinsetzt, und nun ein sehr hartes Urtheil wider mich, aber für Herrn <choice>
<abbr><hi>D<supplied>.</supplied></hi></abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> eine
<hi>Absolution</hi> niederschreibet. Er tadelt, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_7"/>daß ich <quote corresp="#quote_bs_z46_2">nicht eine Zeile, <hi>kaum</hi> ein
Wort, <hi>noch weniger ganze Sätze erträglich</hi> finde; meinen eigenen
bisher behaupteten Grundsätzen ganz ungetreu, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_8"/>in dem wahren Geist
eines <index indexName="persons-index">
<term>Goeze, Johann Melchior</term>
</index><persName ref="textgrid:3r67z">Göze</persName> und <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_9"/><index indexName="persons-index">
<term>Piderit, Johann Rudolph Anton</term>
</index><persName ref="textgrid:3r67x">Piderit</persName>, alle weitere
Berichtigung des kirchlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrsystems, Berichtigung des</term>
</index>Lehrsystems für unnöthig, lächerlich und verhaßt zu machen. –
–</quote>
</p>
<p>Hier müssen Sie schon etwas mehr Achtung geben; denn Sie sollen einsweilen
Richter seyn; die Befugnis kann ich Ihnen mit allen Recht ertheilen, über mich
zu richten. – Nicht eine Zeile – kaum ein Wort – dis ist wieder <index indexName="subjects-index">
<term>Rhetorication</term>
</index><hi>Rhetorication</hi>. Ich habe die ganzen Absätze <choice>
<abbr>N.</abbr>
<expan>Nummern</expan>
</choice> 8. 9. 10. Seite <ref target="#bs_b_page_104">104.</ref>
<ref target="#bs_b_page_105">105.</ref> meiner Antwort, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_10"/><hi>für lange bekannt
erklärt</hi>; sie hätten aus einem Glaubensbekenntnisse wegbleiben müssen;
der Herr Verfasser habe es nicht überlegt; es <hi>seyen diese Dinge</hi> kein
Theil der <index indexName="subjects-index">
<term>Glaubenslehre</term>
</index>Glaubenslehre. Sagen Sie, bin ich nicht sehr billig und gerecht? In den
übrigen Artikeln habe ich eben so die <hi>theologische</hi> Lehrart,
Lehrbestimmung, außer den Kreis des christlichen Glaubens hinaus gerückt, wie
alle gelehrte Theologen, sogar <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_11"/><index indexName="persons-index">
<term>Bossuet, Jacques Bénigne</term>
</index><persName ref="textgrid:2svzz"><hi>Bossuet</hi></persName>, und andre
<hi>Catholici</hi>, lange gethan haben. Ich kann aber nun nichts dafür, daß
also Herr <choice>
<abbr><hi>D.</hi></abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName>, statt große
Eroberungen zu machen, in die Luft streitet, und freilich darinn nicht Recht
hat, wenn er diese Dinge bey uns <hi>anschuldiget</hi>, als Glaubensleh<pb xml:id="bs_d_page_134" n="134" edRef="#d"/>ren – <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_12"/><index indexName="subjects-index">
<term>Menschenopfer</term>
</index>Menschenopfer, und dergleichen Barbarismos will ich wieder schenken.
Aber die besondre Kunst des <hi>Recensenten</hi>, die er so kaltblütig anwendet,
3–4 Seiten lang, in kleinem Druck, <hi>mich als einen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_13"/><index indexName="subjects-index">
<term>Wetterhahn</term>
</index>Wetterhan</hi> vorzustellen, damit Herr <choice>
<abbr><hi>D.</hi></abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> nun etwas mehr
Luft bekäme: Diese Kunst kann ich dem Recensenten nicht schenken; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_14"/>mag er es wieder grämliche
Laune – nennen. Es ist doch gar zu viel gefordert, wenn man einem die Beine
beschädigt, und verlangt noch dazu, er solle fein lustig hüpfen und springen. Wo
sollte mir denn diese <index indexName="subjects-index">
<term>Fröhlichkeit</term>
</index>Fröhlichkeit herkommen, welche freilich mein Gegentheil, Herr <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName>, <index indexName="persons-index">
<term>Basedow, Johann Bernhard</term>
</index><persName ref="textgrid:25094"><hi>Basedow</hi></persName>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice> zur täglichen Ordnung ihres menschlichen Zustandes schon lange haben?
Erlauben Sie mir also einige Zahlen; 1) <hi>meine <index indexName="subjects-index">
<term>Grundsätze</term>
</index>Grundsätze</hi> werde ich nimmer mehr verleugnen; es ist also eine
grobe <index indexName="subjects-index">
<term>Parteilichkeit</term>
</index>Partheilichkeit, mir auf dieser Seite Schaden bey den Zeitgenossen
zuzuziehen. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_15"/>Ich habe ja
in der Antwort den Herrn <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> selbst auf die <choice>
<abbr><hi>schmalkald.</hi></abbr>
<expan>schmalkaldischen</expan>
</choice>
<choice>
<abbr><hi>Art.</hi></abbr>
<expan>Artikel</expan>
</choice> verwiesen; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_15a"/>wo
<index indexName="persons-index">
<term>Luther, Martin</term>
</index><persName ref="textgrid:254tm"><hi>Luther</hi></persName> selbst die
Ueberschrift gemacht hatte, über diesen Artikel <hi>mögen unsre Gelehrte
handeln</hi> – <index indexName="persons-index">
<term>Luther, Martin</term>
</index><persName ref="textgrid:254tm"><hi>Luther</hi></persName> hat auch
selbst, wie es bekannt ist, eine Probe gemacht, von der <index indexName="subjects-index">
<term>Taufe</term>
</index>Taufe und der Erklärung ihrer Kraft; da er <index indexName="persons-index">
<term>Thomas von Aquin</term>
</index><persName ref="textgrid:3093k"><ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_15b"/><hi>Thomistische</hi></persName> und <index indexName="persons-index">
<term>Duns Scotus, Johannes</term>
</index><persName ref="textgrid:3r6gb"><hi>Skotistische</hi></persName> Theorie
verwirft, und eine neue annimmt. Wahrlich nicht als Theil des gemeinen
christlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Glaube</term>
</index>Glaubens, sondern als Versuch, und Gang seiner eigenen gelehrten
Einsicht. Da ich <hi>den reinen Grund</hi> der <hi>protestantischen</hi>
Gelehr<pb xml:id="bs_d_page_135" n="135" edRef="#d"/>samkeit schon lange
eingesehen habe: so habe ich selbst an <hi>Berichtigung</hi> der Lehrordnung bey
einzelnen Artikeln, immer gearbeitet; (verstehen Sie <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_15c"/><foreign xml:lang="lat">articulis ipsis saluis</foreign>) ich höre auch nicht auf,
<hi>Studiosos</hi> hiezu recht ernstlich anzuleiten. Aber alle diese
Arbeiten sollen die <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrgeschicklichkeit</term>
</index><hi>Lehrgeschicklichkeit</hi> über die <index indexName="subjects-index">
<term>Grundwahrheiten, christliche</term>
</index>Grundwahrheiten der christlichen Religion, in unsrer Kirche befördern,
vermehren, und erweitern; die <hi>Gegenstände</hi>, die Artikel selbst, bleiben.
Kann dis der Recensent nicht verstehen? Aber ich soll und mus Unrecht, gros
Unrecht gethan haben, um mit Recht straffällig zu seyn, und Herrn <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdts</hi></persName>
<hi>Absolution</hi> zu erleichtern. Diese Arbeit wird dem <hi>Recensenten</hi>
sehr schlecht gelingen.</p>
<p>2) Herr <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> wolte eine
ganz neue <index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Religion; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_16"/><quote corresp="#quote_bs_a10_4"><hi>ohne</hi> jene Lehrsätze,
<hi>ohne Sachen</hi>, die Erbsünde, Genugthuung, Gottheit <index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Christi</persName> –</quote> heissen,
darinn zu behalten. Wie reimet sich nun dieses? Habe ich etwa auch diese Merite,
Stiftung einer neuen <index indexName="subjects-index">
<term>Sekte</term>
</index>Secte, denn mehr ist es nicht und wird es nicht, haben wollen? Warum
will der <hi>Recensent</hi> uns den Gebrauch unserer Augen und Unsers Urtheils
<foreign xml:lang="lat">de Facto</foreign> nehmen, und uns erzählen, Herr
<hi>D.</hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> meine nur die
allergröbsten <hi>Vorstellungen</hi>? <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_17"/>Daher soll <choice>
<abbr>kaiserl.</abbr>
<expan>kaiserliche</expan>
</choice> <rs ref="textgrid:3r6fp">Majestät</rs> – – dis mag doch recht sichtbar unbescheiden gegen die ganze
teutsche Welt gehandelt heissen; nur um Herrn <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> zu helfen, ihm
gar eine Merite zu bereiten; und mich umgekehrt in den Verdacht eines <index indexName="subjects-index">
<term>Heuchler</term>
</index>Heuchlers zu bringen! 3) <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_18"/>Ich habe in der <pb xml:id="bs_d_page_136" n="136" edRef="#d"/> Antwort auf dis Bekenntnis <quote corresp="#quote_bs_z46_4">in dem wahren Geiste eines <index indexName="persons-index">
<term>Piderit, Johann Rudolph Anton</term>
</index><persName ref="textgrid:3r67x">Piderit</persName> und <index indexName="persons-index">
<term>Goeze, Johann Melchior</term>
</index><persName ref="textgrid:3r67z"><hi>Göze</hi></persName></quote>
geschrieben! Sagen Sie, lieber Freund, ob sie dieses sehen und urtheilen können?
es ist mein Glück, daß Ihnen <hi>Politik</hi> und eine gewisse <index indexName="subjects-index">
<term>Menschenfurcht</term>
</index>Menschenfurcht keine Brille leihen kann. Ich kann doch nicht leiden, daß
man diesen Männern hier unrecht thut; es ist der Fall gar nicht so, wie der
<hi>Recensent</hi> ihn vormahlen will. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_19"/>Diese Männer haben nicht geradehin <quote corresp="#quote_bs_z46_6">alle <hi>Versuche</hi></quote> – –
gemisbilliget; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_20"/>das, was
sie an mir, Herrn <index indexName="persons-index">
<term>Teller, Wilhelm Abraham</term>
</index><persName ref="textgrid:2541s"><hi>Teller</hi></persName>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice> tadelten, sahen sie wirklich <hi>als Bestandtheile</hi> der
christlichen Religion an, und wollten also keine Aenderung in der <index indexName="subjects-index">
<term>Religionslehre</term>
</index><hi>Religionslehre</hi> leiden. Und wenn ich geantwortet habe, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_21"/>so habe ich stets <foreign xml:lang="lat">majorem</foreign> eingestanden; und nur <foreign xml:lang="lat">minorem</foreign> geleugnet, <foreign xml:lang="lat">atqui</foreign> diese Vorstellungen von Besessenen, von Reinigkeit des
Textes <choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice> sind, keine Theile der christlichen Religionslehre; <foreign xml:lang="lat">nego minorem</foreign>. Eine solche <hi>Verkehrung</hi> der
Sache, ein <index indexName="subjects-index">
<term>Kniff</term>
</index>Knif, ist der rechte Nahme von dieser Art, sollte in der
<hi>berlinischen Bibliothek</hi> ja nicht vorkommen; ich will die Gründe
nicht weiter aufstellen. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_22"/><quote corresp="#quote_bs_z46_5">Berichtigung des <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrsystems, Berichtigung des</term>
</index>Lehrsystems, kirchlichen Systems,</quote> ist stets Eigenthum und
Beruf der <index indexName="subjects-index">
<term>Gelehrte</term>
</index>Gelehrten, und hängt mit der christlichen Lehre, für den gemeinen Mann,
gar nicht zusammen; hier ist der Zweck seine moralische <index indexName="subjects-index">
<term>Besserung</term>
</index>Besserung und wahre <index indexName="subjects-index">
<term>Wohlfahrt</term>
</index>Wohlfahrt; und diesen Zweck hat der Gelehrte auch als Christ. Aber als
Gelehrter unterweiset er, <choice>
<abbr>z. E.</abbr>
<expan>zum Exempel</expan>
</choice> der Professor, <hi>Studiosos</hi>; denen mus er die <hi>Succeßion</hi>
der Kenntnisse und ihrer Ver<pb xml:id="bs_d_page_137" n="137" edRef="#d"/>knüpfung in Lehrbüchern, um ihrer Gelehrsamkeit willen, vortragen; ihre
Talente dadurch auffordern, durch die Entwickelung der Begriffe, Sachen,
Seligkeit, <index indexName="subjects-index">
<term>Verdienst Christi</term>
</index>Verdienst <index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Christi</persName> etc. etc. allen Anstos
wegschaffen, und also den Unterschied zwischen Mittel und Erfolg, christliche
Besserung behalten. Nun hätte Herr <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> dis alles auch
wissen müssen, so gut, als ich; aber er hatte eine <hi>besondre Absicht
auszuführen</hi> sich entschlossen, mit Herrn <index indexName="persons-index">
<term>Basedow, Johann Bernhard</term>
</index><persName ref="textgrid:25094"><hi>Basedow</hi></persName>; eine <index indexName="subjects-index">
<term>Universalreligion</term>
</index>Universalreligion, natürliche einzige <index indexName="subjects-index">
<term>Religion, natürliche</term>
</index>Religion; da waren alle jene Begriffe, die Sache selbst, hinderlich;
denn sie sezten den <hi>christlichen Character</hi> noch fort, und schlossen den
allgemeinen <index indexName="subjects-index">
<term>Naturalismus</term>
</index>Naturalismus aus. So bald ich diese Anstalten merkte, wozu freilich das
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>bahrdtische</hi></persName>
Bekenntnis gleichsam das <hi>Signal</hi> gab, habe ich (nicht meinen so guten so
rechtmäßigen Grundsätzen entsagt; sondern) mich ganz gerade in den Weg gestellt,
um diesen neuen schlechten Arbeitern es zu <choice>
<sic>zeigen.</sic>
<corr type="editorial">zeigen,</corr>
</choice> daß die christliche Religion kein alter Plunder sey; daß alle 3 <index indexName="subjects-index">
<term>Religionsparteien</term>
</index>Religionspartheyen in <hi>Teutschland</hi> viele gelehrte und ehrliche
Männer im <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrstand</term>
</index>Lehrstande haben, welche das göttliche unverlezliche Ansehen der
christlichen Begriffe und Lehrsätze, richtig unterscheiden, von der
succeßivischen <hi>theologischen</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Gelehrsamkeit</term>
</index>Gelehrsamkeit. Alle unsre Zeitgenossen müssen nun selbst urtheilen, ob
der <hi>Recensent</hi> recht natürlich handle, wenn er schliesset: weil <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Semler, Johann Salomo</term>
</index><persName ref="textgrid:250ds">Semler</persName> dem so schlechten
Bekenntnisse des Herrn <choice>
<abbr><hi>D.</hi></abbr>
<expan><hi>Doctor</hi></expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdts</hi></persName> sich so gar
ernstlich widersezt, und die historische ehrliche <index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheit</term>
</index>Wahrheit zur Ehre der 3 <pb xml:id="bs_d_page_138" n="138" edRef="#d"/>
grossen christlichen Partheyen, so ernsthaft rettet, wider solche Verdrehungen
und Verzerrungen: so folget, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_23"/>daß <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Semler, Johann Salomo</term>
</index><persName ref="textgrid:250ds">Semler</persName>
<quote corresp="#quote_bs_z46_3"> in dem wahren Geiste eines
<index indexName="persons-index">
<term>Piderit, Johann Rudolph Anton</term>
</index><persName ref="textgrid:3r67x"><hi>P.</hi></persName> und <index indexName="persons-index">
<term>Goeze, Johann Melchior</term>
</index><persName ref="textgrid:3r67z"><hi>G.</hi></persName> schreibet, und
alle <hi>Versuche</hi> zur <index indexName="subjects-index">
<term>Aufklärung</term>
</index>Aufklärung des kirchlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrsystem</term>
</index>Lehrsystems – lächerlich und unnöthig machen will.</quote> Ich sage,
wenn der <hi>Recensent</hi> sich unterstehet, dieses noch einmal zu schreiben,
so mus er freilich sehr wichtige Ursachen haben, den Herrn <choice>
<abbr><hi>D.</hi></abbr>
<expan><hi>Doctor</hi></expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> und sein
Bekenntnis noch immer zu rechtfertigen, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_24"/><foreign xml:lang="grc">πυξ και λαξ</foreign>.</p>
<p>Noch mehr soll ich jezt <index indexName="subjects-index">
<term>Befremdung</term>
</index>Befremdung erregen, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_25"/>„<quote corresp="#quote_bs_z46_7">ich,
der sonst so kühne Theologe, der sich durch die freie Untersuchung des
Canon, so gar an die in allen christlichen Partheien heilig gehaltenen
<index indexName="subjects-index">
<term>Urkunden, christliche</term>
</index>Urkunden gewagt, und einige Bücher, hauptsächlich weil sie nichts
zur Vollkommenheit beitragen, bestritten, wenigstens zweifelhaft gemacht
hat.</quote>“ Ich bitte schon im Voraus um recht viel Gedult, mein lieber
Freund, ich habe recht viel zu antworten; und ich verspreche es, ich will mir
Mühe geben, daß es Sie nicht reuen soll, diesen Brief völlig ausgelesen zu
haben. 1) <hi>Sonst so kühne – – also wäre ich jezt dieses Prädicats</hi>, so
weit es einen würdigen Sinn hat, nicht mehr werth? Ich dächte, daß ich gar
vielmehr ernstliche entschlossene <index indexName="subjects-index">
<term>Kühnheit</term>
</index>Kühnheit <hi>eben hiemit</hi> bewiesen hätte, daß ich so einen starken
Einfall einiger Leute, in das Gehege der wirklichen christlichen Religion, so
unerschrokken aufhielte, und damalen ganz allein so sehr ernstlich mich entgegen
stellete. Sie sehen es, mein <pb xml:id="bs_d_page_139" n="139" edRef="#d"/>
Freund, an dem Zorn des Herrn <index indexName="persons-index">
<term>Basedow, Johann Bernhard</term>
</index><persName ref="textgrid:25094"><hi>Basedow</hi></persName>, in jener
Urkunde, was von meiner Kühnheit, so weit sie Beweis der guten Sache ist,
beurkundet wird. Aber, können Sie etwas ersinnen, in meinem so öffentlichen
Betragen, was da zeigete, ich wäre feige und den Grundsätzen nach flüchtig
worden? Wenn aber der oder jener so für sich auf <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_26"/><foreign xml:lang="lat">Consensum praesumtum</foreign> gerechnet hat, und dieser will nun bey mir
nicht erfolgen: heißt das etwa, ich hätte mich <hi>aus Feigheit</hi> zurück
gezogen? Gern möchte ich Ihnen noch dazu sagen, daß es mit der wahren
ernstlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Gelehrsamkeit</term>
</index>Gelehrsamkeit eines guten <hi>Professors</hi> in der That so eine Sache
ist, wo eben nicht ein jeder, in seiner täglichen lustigen <index indexName="subjects-index">
<term>Lebensart</term>
</index>Lebensart sogleich fortkommen kann; und daß es eine sehr unempfohlen
Künheit ist, wenn der und jener etwas von meinem sauern gelehrten Schweis
erwischt, und nun quer Feld mit dahin gehet, um grosse Thaten zu thun. Es ist
mir aber schon mehrmalen so vorgekommen, und ich dachte oft an das alte Wort,
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_27"/><foreign xml:lang="lat">Sic vos non vobis</foreign> – – damit ich mich aber nicht
selbst preise, wie es manche jezt thun, so will ich 2) auch noch darauf
antworten, was der <hi>Recensent so pathetisch</hi> hier einkleidet, ich hätte
mich so gar an den <index indexName="subjects-index">
<term>Kanon</term>
</index>Canon – – gewagt; und nun soll dis zuvörderst auffallen, daß ich
<hi>wider dis Bekenntnis</hi> so ernstlich geschrieben habe. Das würde so
viel heissen, wie die <hi><index indexName="subjects-index">
<term>Rabbinen</term>
</index>Rabinen</hi> sagen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_28"/>kal ve chomer; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_29"/>meine Untersuchung über den <hi>Canon</hi> wäre das
majus, und Herrn <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdts</hi></persName>, Versuche zur
<index indexName="subjects-index">
<term>Aufklärung</term>
</index>Aufklärung (Aufhebung, <pb xml:id="bs_d_page_140" n="140" edRef="#d"/>
mus es heissen) des kirchlichen Systems, in diesem Bekenntnis, wären das
<foreign xml:lang="lat">Minus</foreign>. Der <hi>Recensent</hi> mus sehr
unwillig gewesen seyn, über meine jetzige so entschlossene Kühnheit, sonst
könnte er so <choice>
<sic>umrichtig</sic>
<corr type="editorial">unrichtig</corr>
</choice> und verkehrt nicht gedacht haben. Auf einer Seite stehen also <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_30"/>meine Anleitungen <foreign xml:lang="lat">ad liberalem theologicam eruditionem</foreign>, auch über den
<hi>Canon</hi>, und was man immer herbey ruffen will. Auf der andern Seite
aber stehet dis Bekenntnis; dessen <hi>Inhalt</hi> soll nun entweder eben dieses
seyn, was ich so mühsam alles, Korn für Korn, selbst aufgesucht und erarbeitet
habe, in dem Felde der Gelehrsamkeit; ohne jemand etwas zu entwenden; oder es
soll dis Bekenntnis gar <hi>noch weniger tadelhaft</hi> seyn; und daher soll es
eine <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_31"/><index indexName="subjects-index">
<term>Befremdung</term>
</index><hi>Befremdung</hi> erregen, daß ich wider dieses Bekenntnis so gar
ernstlich geschrieben habe. Ich weis diesen <index indexName="subjects-index">
<term>Kunstgriff</term>
</index>Kunstgriff sehr wohl, wodurch man mich höhern Orts schwarz zu malen
gesucht hat; ich kann es aber leiden, bis die <hi>Zeit</hi> kommt, welche diese
armseligen Künste ohnehin ganz gerade für das aufstellen wird, was sie sind. Ich
will aber doch jezt dem <hi>Recensenten</hi> die nöthige Antwort geben.</p>
<p>1) Niemalen bin ich so unverschämt gewesen, <hi>meine <index indexName="subjects-index">
<term>Privatkenntnis</term>
</index>privat Kenntnis</hi> und sehr <index indexName="subjects-index">
<term>Gelehrsamkeit, lokale</term>
</index><hi>locale</hi> Gelehrsamkeit, so gar wider die Grundsätze des Staats,
so aufzustellen, daß alle <index indexName="subjects-index">
<term>Religionsparteien</term>
</index>Religionspartheyen von mir für blinde oder ungewissenhafte Leute darum
gehalten worden wären: weil ich täglich mehr zulernte, was ich gestern noch
nicht <pb xml:id="bs_d_page_141" n="141" edRef="#d"/> wuste. Meine Arbeiten sind
besonders für angehende Gelehrte bestimmt gewesen, meinem Berufe zu Folge. Die
unumgängliche <hi>Succeßion</hi> und fortschreitende Ab- oder Zunahme der
theologischen <index indexName="subjects-index">
<term>Gelehrsamkeit</term>
</index>Gelehrsamkeit, habe ich als eine ausgemachte Sache behauptet, und daher
habe ich bey meinen Zuhörern nicht allein <index indexName="subjects-index">
<term>Erkenntnis</term>
</index>Erkenntnisse für den Kopf, sondern auch <index indexName="subjects-index">
<term>Anwendung</term>
</index>Anwendungen für ihr Herz täglich mehr anzubringen gesucht. Nun mögen
denkende Leser es beurtheilen, ob es möglich sey, daß ich auf solche Dinge und
stolze Grillen fallen könne, zu behaupten: man müsse alle drey Religionssysteme
caßiren; man müsse <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_32"/><quote corresp="#quote_bs_a15_4">das <index indexName="subjects-index">
<term>Gold der Christusreligion, reines</term>
</index>Gold der <index indexName="subjects-index">
<term>Christusreligion</term>
</index>Christusreligion</quote> suchen, oder <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_33"/>wie Herr <index indexName="persons-index">
<term>Basedow, Johann Bernhard</term>
</index><persName ref="textgrid:25094"><hi>Basedow</hi></persName> uns
vorgaukelte, die <index indexName="subjects-index">
<term>Urreligion</term>
</index>Urreligion <hi>erforschbar</hi> machen – an die Gewaltthätigkeit und
Unterdrückung der eigenen <index indexName="subjects-index">
<term>Religionsfreiheit</term>
</index>Religionsfreyheit, womit jeder Christ jetzt zufrieden ist, nicht zu
denken; welche diese Eroberer und Stifter einer neuen Religionsordnung, begehen
mußten; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_34"/>wovon Herr <index indexName="persons-index">
<term>Basedow, Johann Bernhard</term>
</index><persName ref="textgrid:25094"><hi>Basedow</hi></persName> lehrte, es
müßte das gute Werk einmal gethan, und das Exempel an mir statuirt werden, er
habe auch die <hi>Werkstätte</hi>, Akademien, gezeiget. Ich will wider diese
Vorläufer der neuen <index indexName="subjects-index">
<term>Christusreligion</term>
</index>Christusreligion nichts weiter erinnern; von <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_35"/><index indexName="persons-index">
<term>Joris, David</term>
</index><persName ref="textgrid:3r680"><hi>David Joris</hi></persName> an – es
giebt doch denkende Leute, die genug daran haben, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_36"/><foreign xml:lang="lat">ex
ungue Leonem</foreign>.</p>
<p>Es ist also recht ausgemacht, wenn Herr <index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName>, <index indexName="persons-index">
<term>Basedow, Johann Bernhard</term>
</index><persName ref="textgrid:25094"><hi>Basedow</hi></persName>, und wer dazu
gehört, ein mehreres nicht sich vorgesetzt hätten, in der theologischen
Gelehrsamkeit und Kirchensystems-Be<pb xml:id="bs_d_page_142" n="142" edRef="#d"/>rechtigungswerke, als ich ganz notorisch in <choice>
<sic>20--30</sic>
<corr type="editorial">20–30</corr>
</choice> Jahren nun gethan habe; so hätten sie an die <index indexName="subjects-index">
<term>Umänderung</term>
</index><hi>Umänderung</hi> aller drey Religionssysteme <hi>auch so wenig
gedacht als ich</hi>; hätten aber eben so saure Arbeit Tag und Nacht
getrieben, als ich und meines gleichen, die wirklich gelehrte Männer und treu in
ihrem unbedankten <index indexName="subjects-index">
<term>Beruf</term>
</index>Berufe sind; sie hätten aber freylich nie ein so lustiges Leben führen
können. Herr <choice>
<abbr>D.</abbr>
<expan>Doctor</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> konnte sich <choice>
<abbr>z. E.</abbr>
<expan>zum Exempel</expan>
</choice> an die <foreign xml:lang="lat">annales dogmaticos,
exegeticos</foreign>, der Christen machen, und in der That große Verdienste
einerndten; er konnte die nun ungründlichen <hi>Theorien</hi> im <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_37"/><hi><index indexName="persons-index">
<term>Hutter, Leonhard</term>
</index><persName ref="textgrid:3r681">Hutterus</persName>, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_38"/><index indexName="persons-index">
<term>Quenstedt, Johann Andreas</term>
</index><persName ref="textgrid:3r682">Quenstädt</persName>, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_39"/><index indexName="persons-index">
<term>Hafenreffer, Matthias</term>
</index><persName ref="textgrid:3r683">Haffenreffer</persName>, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_3_40"/><index indexName="persons-index">
<term>Calov, Abraham</term>
</index><persName ref="textgrid:3r684">Calov</persName></hi>, beurtheilen
und bessere an die Stelle setzen; zeigen, daß schon vor mehr als hundert Jahren
Iustificatio, Satisfactio – sehr gelehrt und gründlich untersucht worden, wenn
gleich nicht <hi>von teutschen Lehrern</hi> – Sehen Sie, da wären wir immer
gelehrte Gesellschafter gewesen; auf unsere verschiedene <index indexName="subjects-index">
<term>Lebensart</term>
</index>Lebensart sehe ich hier nicht; aber es ist Zeit, daß ich es sehe, daß
mein Brief zu lang wird.</p>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_1"><label>Wer sollte
nicht mit uns wünschen [...] eine kaltblütige Untersuchung?</label>
<p>Leicht abgewandeltes Zitat z46.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_1a"><label>auf
obrigkeitlichen Befehl, geradehin verboten und confiscirt worden ist</label>
<p> So berichten etwa die <hi>Gothaische[n] gelehrte[n] Zeitungen</hi>, 63. St.
(7.7.1779), 519f.: „Herrn D. Bahrdts Glaubensbekenntniß ist in den
chursächsischen Landen bey 50 Rthr. Strafe für jedes Exemplar zu verkaufen
verboten worden.“</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_2"><label>des
Ungenannten Urtheile angeführet</label>
<p>Gemeint ist Friedrich Samuel Gottfried Sack (1738–1817), Sohn des Neologen
August Friedrich Wilhelm Sack (1703–1786), dem der oben erwähnte anonyme
Traktat <hi>Schreiben an einen Freund in G. den Herrn Doctor Bahrdt und sein
Glaubensbekenntniß betreffend</hi> (1779) zugeschrieben werden
kann.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_2a"><label>in Ansehung
des iuris publici sacri protestantium</label>
<p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_10_13"/>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_3"><label>antecedentia
und consequentia</label>
<p>D.i. Ursachen und Folgen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_4"><label>nach der
alten Ordnung, quis, quid, ubi –</label>
<p>Die vollständige, in der Schulrhetorik der damaligen Zeit geläufige
Aufzählung lautet: „quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando“
(Wer, was, wo, mit welchen Hilfsmitteln, warum, wie, wann?); bereits
nachweisbar bei Matthäus von Vendôme (geb. um 1130): <hi>Ars
versificatoria</hi>, 150, vgl. schon Cic. inv. 1, 21.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_5"><label>die
Anmassung, Repräsentant unserer Kirchen hiemit zu seyn</label>
<p>Anspielung auf <ref target="#bs_a_page_22">a22</ref>, vgl. auch
<ref target="#bs_b_page_112">b112–114</ref>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_6"><label>Religionsform, für alle Palläste und Hütten</label>
<p>Anspielung auf <ref target="#bs_a_page_13">a13</ref> („Höfen
bis in die Hütten“), vgl. <ref target="#bs_b_page_42">b42</ref>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_7"><label>daß ich
nicht eine Zeile [...] lächerlich und verhaßt zu machen. – –</label>
<p>Gekürztes Zitat z46.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_8"><label>in dem
wahren Geist eines Göze</label>
<p>Johann Melchior Goeze (1717–1786), Vertreter der lutherischen Spätorthodoxie,
seit 1755 Hauptpastor in Hamburg, war einer der streitlustigsten Autoren der
Zeit (vgl. auch <ptr type="page-ref" target="#erl_b_0_138"/>),
berühmt ist seine Auseinandersetzung mit Lessing im Fragmentenstreit. In den
<hi>Freywillige[n] Beyträge[n] zu den Hamburgischen Nachrichten aus dem
Reiche der Gelehrsamkeit</hi> 5, 71. St. (17.3.1778), 567f., begrüßte
Goeze das Reichshofratsconclusum gegen Bahrdt und drohte unverhohlen:
„Vielleicht wird der Herr Doctor Semler und seine Anhänger und Nachbeter
auch auf dieses Wort merken. Und der Herr Leßing wird anfangen zu glauben,
daß es keine Kleinigkeit ist, Fragmente drucken zu lassen, in welchen die
heil. Apostel [...] als die ärgsten Bösewichter, Leichenräuber und Lügner
gelästert werden.“ – Der erste Streit zwischen Goeze und Semler entzündete
sich bereits 1765 an der <hi>Complutensischen Polyglotte</hi>, die u.a. die
erste gedruckte Ausgabe des griechischen Neuen Testaments (1514) enthält und
in Konkurrenz zu Erasmus’ <hi>textus receptus</hi> stand. Goeze, der das
complutensische NT verteidigte, und Semler lieferten sich in mehreren
Schriften und Gegenschriften einen erbitterten Schlagabtausch. Noch weit
größeren Zorn erregte Semler aber dadurch, dass er in seinem <hi>Versuch
einiger moralischen Betrachtungen über die vielen Wundercuren und
Mirackel in den ältern Zeiten</hi> (1767), 64–72, eine Predigt Goezes
kritisierte, in der dieser Zweifel an den biblischen Berichten über
Besessene und Teufel für „Gotteslästerung“ erklärt hatte. Semler hielt mit
seiner Akkommodationstheorie (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_5_15"/>; auch <ptr type="page-ref" target="#erl_a_1_17"/>) dagegen. In der „Vorrede“ der von
ihm herausgegebenen <hi>Neue[n] Samlung auserlesener Canzel-Reden
verschiedener berümter und verdienter Lehrer der
Evangelisch-Lutherischen Kirche</hi> 3 (1768), [3]–86 schoss Goeze
scharf zurück. Es folgten u.a. Semlers <hi>Abhandlung über die rechtmäßige
Freiheit der academischen theologischen Lehrart, in bescheidener Antwort
auf Herrn Professor Danovs Sendschreiben</hi> (1771), zu Goeze vgl. z.B.
144, und Goezes <hi>Eine Probe von der Art, wie der Herr D. Semler seine
Zeugen anzuführen pflegt</hi> (1771), in der er den Vorwurf der
Gotteslästerung erneuerte.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_9"><label>Piderit</label>
<p>Johann Rudolph Anton Piderit (1720–1791), Wolffianer (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_f_23_6"/>), seit 1766
Professor für morgenländische Sprachen und Philosophie am Collegium
Carolinum in Kassel. In den Jahren 1775/76 veröffentlichte er die
zweibändigen <hi>Beyträge zur Vertheidigung und Erläuterung des Canons der
Heil. Schrifft und der christlichen Religion überhaupt</hi>, in denen er
u.a. Michaelis, Griesbach, Semler, Spalding, Teller, Basedow und Bahrdt der
Heterodoxie bezichtigte. Den zweiten Band adressierte er explizit an das
<hi>Corpus Evangelicorum</hi> (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_n_4"/>) und verlangte die „Steurung des
überhand nehmenden Unfugs, wie er selbst von Lehrern der Kirche zum
äussersten Verderben der Jugend betrieben wird“ (<hi>Beyträge</hi> II, CLX).
In einem „<hi>ungedruckten Begleitungs-Schreiben</hi>“ (Piderit,
<hi>Antwort</hi> [s.u.], 60) verklagte er Semler im Besonderen. Dieser
reagierte mit einem polemischen Artikel (gestückelt wiederabgedruckt in:
Piderit, <hi>Antwort</hi> [s.u.]) in der <hi>Kaiserlich privilegirte[n]
Hamburgische[n] neue[n] Zeitung</hi>. Darin forderte er seinen
Kontrahenten zu einer öffentlichen Disputation heraus. Piderit replizierte
mit der <hi>Antwort auf Herrn D. Semlers zu Halle Seit. 16. der gelehrten
Beyträge zur Hamburgischen neuen Zeitung bekannt gemachten Erklärung und
darin an ihn geschehenen Herausfoderung</hi> (1776), in der er Semler
abermals scharf attackierte, die vorgeschlagene Disputation jedoch als
„vermessen“ ablehnte („Ich bin nicht die Evangelische Kirche“, 116). Semler
hatte das letzte Wort in <hi>[A]usfürliche Erklärung über einige neue
theologische Aufgaben, Censuren und Klagen</hi> (1777), 1–136. Piderits
Agitation bewirkte das Gegenteil des Gewollten, im September 1776 wurde er –
wenn auch nur kurzzeitig – des Amtes enthoben. Die obrigkeitliche Auflage,
sich der theologischen Schriftstellerei gänzlich zu enthalten, scheint bis
an sein Lebensende gegolten zu haben, wurde von Piderit, der sich in
späteren Jahren für eine Union von katholischer und evangelischer Kirche
(vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_v_11"/>) einsetzte,
jedoch vermittelst anonymer Veröffentlichungen unterlaufen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_10"><label>für lange
bekannt erklärt [...] kein Theil der Glaubenslehre</label>
<p>Sinngemäße Wendungen finden sich für Bahrdts Nr. 8 (<ref target="#bs_a_page_21">a21</ref>) bereits in <ref target="#bs_b_page_103">b103</ref>, für die beiden
folgenden Abschnitte, wie von Semler angegeben, in b104f.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_11"><label>Bossuet</label>
<p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_0_58"/>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_12"><label>Menschenopfer, und dergleichen Barbarismos</label>
<p>Anspielung auf <ref target="#bs_a_page_14">a14.</ref><ref target="#bs_a_page_18">18</ref>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_13"><label>Wetterhan</label>
<p>Seit dem 14. Jh. nachweisbare Bezeichnung für einen Opportunisten.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_14"><label>mag er es
wieder grämliche Laune – nennen</label>
<p>Der Rezensent spricht von einer „verdrießlichen mürrischen Laune“ (<ref target="#bs_z_page_46">z46</ref>).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_15"><label>Ich habe ja
in der Antwort den Herrn D. Bahrdt selbst auf die schmalkald. Art.
verwiesen</label>
<p>Vgl. <ref target="#bs_b_page_107">b107</ref>; s. auch unten
<ref target="#bs_d_page_170">d170</ref>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_15a"><label>wo Luther
selbst die Ueberschrift gemacht hatte, über diesen Artikel mögen unsre
Gelehrte handeln</label>
<p>Der dritte Teil der <hi>Schmalkaldische[n] Artikel</hi> (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_10_12"/>) wird von Luther
mit der Bemerkung eingeleitet: „Folgende Stücke oder Artikel mögen wir mit
gelehrten, vernünftigen oder unter uns selbst verhandeln“ (BSLK
433).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_15b"><label>Thomistische und Skotistische Theorie</label>
<p>Luther wendet sich im dritten Teil der <hi>Schmalkaldische[n] Artikel</hi>,
Art. 5 explizit gegen die Taufauffassungen des Thomas von Aquin (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_0_25"/>) und Johannes Duns
Scotus (1266–1308); vgl. der Sache nach schon <hi>De captivitate
Babylonica</hi> (1520), WA 6, 531, 31–37.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_15c"><label>articulis
ipsis saluis</label>
<p>Wörtlich „unter Wahrung der Artikel selbst“; gemeint ist „ohne die
(Glaubens-)Artikel substanziell zu verändern“; s.u. <ref target="#bs_d_page_263">d263[!]</ref> Semlers Wiederaufnahme dieses
Gedankens: „ohne den <hi>Inhalt</hi> der Lehren zu ändern“.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_16"><label>ohne jene
Lehrsätze, ohne Sachen, die Erbsünde, Genugthuung, Gottheit Christi –
heissen</label>
<p>Anspielung auf a10.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_17"><label>Daher soll
kaiserl. Majestät – –</label>
<p>Anspielung auf <ref target="#bs_a_page_24">a24</ref>, vgl. auch <ref target="#bs_a_page_15">a15</ref>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_18"><label>Ich habe
[...] in dem wahren Geiste eines Piderit und Göze geschrieben!</label>
<p>Zitat z46; vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_3_8"/> (Goeze); <ptr type="page-ref" target="#erl_d_3_9"/> (Piderit).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_19"><label>Diese
Männer haben nicht geradehin alle Versuche – – gemisbilliget</label>
<p>Bezieht sich auf <ref target="#bs_z_page_46">z46</ref> („alle
dahin zielende Versuche“ etc.).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_20"><label>das, was
sie an mir, Herrn Teller etc. etc. tadelten</label>
<p>Zu Semler vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_3_8"/> (Goeze); <ptr type="page-ref" target="#erl_d_3_9"/> (Piderit). Wilhelm Abraham Teller
(1734–1804), zunächst Professor in Helmstedt, ab 1767 Propst und
Oberkonsistorialrat in Berlin (Cölln), gehört zu den profiliertesten
Aufklärungstheologen und war u.a. Gründungsmitglied der Berliner
Mittwochsgesellschaft. Neben seinem <hi>Lehrbuch des Christlichen
Glaubens</hi> (1764) erregte insbesondere das <hi>Wörterbuch des Neuen
Testaments</hi> (<hi rend="superscript">1</hi>1772; <hi rend="superscript">6</hi>1805, BdN IX) nicht nur unter orthodoxen
Theologen Widerspruch; vgl. auch <ptr type="page-ref" target="#erl_b_v_14"/>. Piderit bezeichnete Teller in
seinen <hi>Beyträge[n] zur Vertheidigung und Erläuterung des Canons</hi>
(vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_3_9"/>) als „Berliner
Wörterkrämer“ (<hi>Beyträge</hi> II, CXIV) und zählte ihn zu den
„Protestantische[n] Jesuiten“, die uns „geradezu ins Gesichte [sagen], daß
sowohl das Athanasianische Glaubens-Bekänntniß und die Augspurgische
Confeßion, Unsinn und Wahnwizz unsrer Zeiten, als die Schrift selbst, ein
Buch sey, für das nur noch, die Dummheit und der Aberglaube, die
Ehrerbietigkeit hegen kann, die ihr bisher alle Augspurgische
Confessions-Verwandten geheiliget haben“ (XXIV–XXVI; vgl. Aufzählung: XXIX).
Goeze erwähnt Teller hingegen kaum. In <hi>Leßings Schwächen</hi>, 3. St.
(1778), 117, zitiert er zunächst Lessings Behauptung, der Hamburger
Hauptpastor habe „die Ehre und das Vergnügen [...], den Herrn <hi>Basedow,
Teller, Semler, Bahrdt, den Verfassern der allgemeinen Bibliothek, und
seiner Wenigkeit die Verdammung anzukündigen, und solches deswegen, weil
sie nicht gerade dasjenige glaubten, was [er] glaubte</hi>“, um dann mit
unvermuteter Ironie festzustellen: „Der Verfasser [Lessing] bleibt so lange
der unverschämteste Lügner, bis er mir diese Verläumdung erweiset, bis er
mir in meinen Schriften die Seite zeigt, wo sie stehet, und wo ich des Hn.
<hi>Tellers</hi> Nahmen genant habe.“ Vgl. Lessing, <hi>Anti-Goeze</hi>
3 (1778), [3]f.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_21"><label>so habe ich
stets majorem eingestanden; und nur minorem geleugnet</label>
<p>Die lateinischen Bezeichnungen für Ober- und Untersatz (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_5_14"/>) lauten
<hi>propositio major</hi> und <hi>propositio minor</hi>. Es ist nicht
völlig klar, an was für einen Syllogismus Semler hier denkt. Folgende
Rekonstruktion erscheint jedoch plausibel: 1. (propositio major) Alles, was
essentieller Bestandteil der christlichen Religion ist, sollte auch
Bestandteil der Religionslehre sein. 2. (propositio minor) Vorstellungen von
Besessenen, von Reinigkeit des Textes etc. sind essentielle Bestandteile der
christlichen Religion. 3. (conclusio) Also: Vorstellungen von Besessenen,
von Reinigkeit des Textes etc. sollten Bestandteil der Religionslehre sein.
Nach dieser Deutung betont Semler, um dem Vorwurf des Deismus oder
Naturalismus zu entgehen, dass er im Zuge seiner Zurückweisung von (3)
lediglich (2), nicht jedoch (1) geleugnet habe. </p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_22"><label>Berichtigung des Lehrsystems</label>
<p>Vgl. z46.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_23"><label>daß D.
Semler in dem wahren Geiste eines P. und G. schreibet, [...] unnöthig machen
will</label>
<p>Verändertes Zitat z46. Mit „P. und G.“ sind Piderit (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_3_9"/>) und Goeze (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_3_8"/>) gemeint.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_24"><label><foreign xml:lang="grc">πυξ και λαξ</foreign></label>
<p>Mit Faust und Ferse („mit Händen und Füßen“).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_25"><label>„ich, der
sonst so kühne Theologe, [...] gemacht hat.“</label>
<p>Leicht verändertes Zitat z46.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_26"><label>Consensum
praesumtum</label>
<p>Begriff aus der Rechtslehre (vgl. z.B. Kant, <hi>Die Metaphysik der
Sitten</hi> [1797], AA 6, 292). Gemeint ist ein stillschweigend
unterstelltes (jedoch nicht explizit eingeholtes) Einverständnis in einer
bestimmten Sache.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_27"><label>Sic vos non
vobis – –</label>
<p>Anspielung auf die Aneignung fremden geistigen Eigentums, nach einer Episode
aus dem <hi>Donatus auctus</hi> (DA), einer humanistischen
Lebensbeschreibung Vergils aus dem 15. Jh., die die Schrift <hi>Vita
Vergilii</hi> des Aelius Donatus (4. Jh.) erheblich anreicherte, welche
wiederum in großen Teilen auf ein verlorengegangenes Werk Suetons (um
70–nach 122) zurückgehen dürfte. Vgl. DA 68–70: Vergil verfasste ein
Lobgedicht auf den Kaiser Augustus, für dessen Autor sich jedoch der
mittelmäßige Dichter Bacillus ausgab und Ehrungen und Geschenke erhielt.
Daraufhin schrieb Vergil die Worte „sic vos non vobis“ viermal untereinander
auf ein Blatt Papier. Augustus forderte dazu auf, sie sinnvoll zu
vervollständigen. Nachdem andere an der Aufgabe gescheitert waren, ergänzte
Vergil die Verse schließlich wie folgt: „sic vos non vobis nidificatis aves.
sic vos non vobis vellera fertis oves. sic vos non vobis mellificatis apes.
sic vos non vobis fertis aratra boves.“ (So baut ihr Nester, Vögel, nicht
für euch. So tragt ihr Wolle, Schafe, nicht für euch. So macht ihr Honig,
Bienen, nicht für euch. So zieht ihr Pflüge, Rinder, nicht für
euch.).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_28"><label>kal ve
chomer</label>
<p>Entspricht in der talmudischen Tradition dem lateinischen <hi>argumentum a
fortiori</hi>. Eine Aussage wird unter Verweis auf eine stärkere, d.h.
begründungslastigere, vom Hörer jedoch bereits akzeptierte Aussage
gerechtfertigt: „Wenn die Wohnung für ein Ehepaar zu klein ist, dann erst
recht (kal va chomer / a fortiori) für eine dreiköpfige Familie.“</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_29"><label>meine
Untersuchung über den Canon</label>
<p>Gemeint ist die <hi>Abhandlung von freier Untersuchung des Canon</hi>, 4 Bde.
(1771–1775).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_30"><label>meine
Anleitungen ad liberalem theologicam eruditionem</label>
<p>Der vollständige Titel lautet <hi>Institutio Brevior Ad Liberalem Eruditionem
Theologicam</hi>, 2 Bde. (1765/66).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_31"><label>Befremdung</label>
<p>Anspielung auf <ref target="#bs_z_page_46">z46</ref>
(„Befremdend und auffallend muß [...] einem jeden seyn“).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_32"><label>das Gold
der Christusreligion</label>
<p>Anspielung auf a15.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_33"><label>wie Herr
Basedow uns vorgaukelte, die Urreligion erforschbar machen</label>
<p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_0_92"/> .</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_34"><label>wovon Herr
Basedow lehrte, [...] das Exempel an mir statuirt werden [...], die
Werkstätte, Akademien, gezeiget</label>
<p>Anspielung auf § 40 der Basedowschen <hi>Urkunde</hi> (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_8"/>): „Oeffentliche Freymüthigkeit der
selbstdenkenden, und mit ihren Lehrformen unzufriedenen Kirchenlehrer, zu
befördern, soviel ich dadurch kann, das ist einer der Hauptzwecke dieser
Urkunde. Sie zeigt meinen Mitgenossen und Nachfolgern, welche eben dasselbe
herzlich wünschen werden, an des H. D. Semlers Exempel, <hi>die Möglichkeit
und Werkstatt des Mittels</hi>, welches <hi>oft</hi> und an
<hi>Mehrern</hi> gebraucht werden muß, bis sich, hie und da, öffentliche
Freymüthigkeit ohne Zurückhaltung zeigen wird.“ (32)</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_35"><label>David
Joris</label>
<p>David Joris (1501–1556), flämischer Glasmaler und täuferischer Laienprophet.
Nach seiner Verbannung aus dem holländischen Delft empfing er um 1534 die
Erwachsenentaufe und spielte eine wichtige Rolle unter den melchioritischen
Täufern nach dem Fall des Münsteraner Täuferreiches (Bocholter Treffen
1536). Trotz schwerer Verfolgung seiner Anhänger hielt er sich bis 1544 in
Antwerpen auf. Unter dem Namen „Johan von Brügge“ lebte er anschließend
recht unbehelligt als Bürger in Basel, wo ihm erst postum der Ketzerprozess
gemacht wurde. In den frühneuzeitlichen Häresiologien galt er seitdem als
Erzketzer. Zahlreiche seiner spiritualistischen Schriften haben sich
erhalten, die um 1700 in Teilen des radikalen Pietismus eine erneute
Leserschaft fanden.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_36"><label>ex ungue
Leonem</label>
<p>Von der Pranke auf den Löwen, d.h. vom Teil aufs Ganze, schließen. Plutarch,
<hi>de defectu oracolorum</hi> 3, 410C schreibt eine entsprechende
griechische Wendung dem Dichter Alkaios von Lesbos (ca. 630–580 v. Chr.) zu
(fr. 113, Zählung Bergk). Anders der syrische Satiriker Lukian von Samosata
(ca. 125–nach 180), der in dem griechischen Dialog <hi>Hermotimus</hi>, 54f.
behauptet, der Bildhauer Phidias (5. Jh. v. Chr.) habe von einer
Löwenpranke, die man ihm zeigte, erfolgreich auf die Größe des ganzen Tiers
geschlossen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_37"><label>Hutterus</label>
<p>Gemeint ist Leonard Hutter (auch: Hütter; 1563–1616), nach Studium in
Straßburg, Heidelberg und Jena seit 1596 Professor der Theologie in
Wittenberg. Hütter war als Verfechter und wirkmächtiger Interpret der
<hi>Konkordienformel</hi> maßgeblich an der Ausbildung der lutherischen
Orthodoxie beteiligt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_38"><label>Quenstädt</label>
<p>Johann Andreas Quenstedt (1617–1688), nach Studium in Helmstedt ab 1649
Professor in Wittenberg, einflussreicher Vertreter der lutherischen
Orthodoxie, bekannt für seine Polemiken gegenüber anderen theologischen
Positionen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_39"><label>Haffenreffer</label>
<p>Mathias Hafenreffer (1561–1619), nach Studium in Tübingen Hofprediger in
Stuttgart, ab 1592 Theologieprofessor in Tübingen, 1617 Kanzler der
Universität. Hafenreffer zählt zu den orthodoxen Verfechtern der
<hi>Konkordienformel</hi>. </p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_3_40"><label>Calov</label>
<p>Gemeint ist Abraham Calov/Kalau (1612–1686), nach Studium in Königsberg und
Rostock zunächst 1640 Extraordinarius in Königberg, 1643 Rektor und Pastor
in Danzig, ab 1650 Ordinarius in Wittenberg. Calov gilt als Vertreter der
lutherischen Orthodoxie, der sich gegen Sozinianer, aber auch gegen die aus
seiner Sicht verfehlte Berliner Kirchenpolitik zur Wehr setzte.</p></note>
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