<div type="chapter" xml:id="bs_d_4">
  <head><choice>
      <orig>Vierter Brief.</orig>
      <supplied reason="toc-title">Vierter Brief</supplied>
    </choice></head>
  <p>Es ist gut, daß ich einen neuen Brief anfange; ich hätte sonst durch einen
                    besondern <hi>Absatz</hi> ihren Augen müssen zu Hülfe kommen. Nemlich nun folgt
                    2) vom <index indexName="subjects-index">
      <term>Kanon</term>
    </index><hi>Canon</hi>, und <quote corresp="#quote_bs_z46_9">von
                        heilig gehaltenen Urkunden</quote>. – Hier habe ich mich <pb xml:id="bs_d_page_143" n="143" edRef="#d"/> ziemlich lange bedenken müssen,
                    in was für einer Lage ich doch antworten möchte; um nicht <hi>grämlich</hi> zu
                    heißen, und den Vorwurf mir zuzuziehen, daß ich denen <hi>Recensenten</hi> auch
                    keinen Satz, keine Zeile – als gut und recht hingehen lasse. Ich will suchen,
                    nicht grämlich zu seyn; aber es wird dem <hi>Recensenten</hi> ganz und gar
                    nichts nutzen. Eine kleine Vorrede kann ich auch nicht unterdrücken, welche im
                    Voraus die Beschaffenheit dieses Stücks der Recension, kurz erzählet: daß
                    nehmlich solche unwahre ungelehrte Sachen einem <index indexName="subjects-index">
      <term>Professor</term>
    </index>Professor nicht hätte vorgelegt werden sollen; ein jeder meiner guten
                    Schüler würde es nicht wohl leiden, daß man ihn oder andere so beschleichen
                    wolle. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_1"/>Diese
                    Beschuldigung, <quote corresp="#quote_bs_z46_8">ich hätte mich an
                        den <index indexName="subjects-index">
        <term>Urkunden, christliche</term>
      </index><hi>Urkunden</hi> der Religion vergriffen</quote>, ist auch im
                        <hi>Almanach</hi> ganz ernstlich wiederholet worden; und ich mus das
                        <hi>Ungelehrte</hi>, so darinn zum Grunde liegt, recht öffentlich
                    darstellen. Der <hi>Recensent</hi>, Herr <index indexName="persons-index">
      <term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
    </index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName>, und wem nun
                    daran lieget, daß ich soll recht geringschätzig werden, mag nun so gut seyn, und
                    mir eine einzige <hi>Frage</hi> beantworten: hat denn die <index indexName="subjects-index">
      <term>Kirche, lutherische</term>
    </index><hi>lutherische</hi> und <hi>reformirte</hi>
    <index indexName="subjects-index">
      <term>Kirche, reformierte</term>
    </index>Kirche einen öffentlichen festgesetzten <hi>Canon</hi>? Ist er etwa auf
                    dem und jenem Reichstage, oder wo sonst, feyerlich angekündiget worden? Haben
                    die <hi>lutherischen Academien</hi> etwa zusammen geschickt, und sich darüber
                    gemeinschaftlich erkläret? Ist ihre etwaige Erklärung, (die der
                        <hi>Recensent</hi> wohl noch irgendwo in Handschriften suchen wird,) <pb xml:id="bs_d_page_144" n="144" edRef="#d"/> von der Obrigkeit eines jeden
                        <hi>lutherischen Staats</hi>, bestätiget, und folglich überall gleiche
                    Grundsätze darüber, eingeführet worden? Ich bin ein alter <hi>lutherischer</hi>
                    Professor, und kann nicht anders, ich mus gestehen, daß es keinen solchen Canon
                    in unserer Kirche gebe. Der <hi>Recensent</hi> hat also niemalen eine alte <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_1a"/><hi>teutsche</hi> Ausgabe
                    des N. T. <hi>Lutheri</hi> gesehen, wo <index indexName="persons-index">
      <term>Luther, Martin</term>
    </index><persName ref="textgrid:254tm"><hi>Luther</hi></persName> selbst einige
                    Bücher des <choice>
      <abbr>N. T.</abbr>
      <expan>Neuen Testaments</expan>
    </choice> von den andern, durch ein Zeichen abgetheilt hat? Ich weis nicht, ob
                    er in die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_1b"/><foreign xml:lang="lat">Centuriatores</foreign> hierüber gelesen hat; oder so gar die
                        <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_1c"/><foreign xml:lang="lat">Compendia</foreign> von <index indexName="persons-index">
      <term>Hafenreffer, Matthias</term>
    </index><persName ref="textgrid:3r683"><hi>Haffenreffer</hi></persName> an,
                    welche die <foreign xml:lang="lat">libros deuterocanonicos noui
                        testamenti</foreign>
    <hi>stets ausschließen</hi>, von denen, woraus <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_1d"/><foreign xml:lang="lat">dicta probantia</foreign>
                    ferner genommen werden sollen. Sie werden es selbst wissen, mein Freund, daß es
                    kein <index indexName="subjects-index">
      <term>Lehrsätze</term>
    </index>Lehrsatz der lutherischen Theologie ist, daß <hi>alle und jede
                        Bücher</hi> so man in dem <hi>Canon</hi>, wider die römische Kirche, im <choice>
      <abbr>A.</abbr>
      <expan>Alten</expan>
    </choice> Testament, begreift, geradehin heilige <index indexName="subjects-index">
      <term>Urkunden, christliche</term>
    </index>Urkunden unserer <index indexName="subjects-index">
      <term>Religionslehre</term>
    </index>Religionslehre seyen. Was hat denn nun der <hi>Recensent</hi> für
                    Vorstellungen? Er will <choice>
      <abbr>Hrn.</abbr>
      <expan>Herrn</expan>
    </choice>
    <choice>
      <abbr><hi>D.</hi></abbr>
      <expan>Doctor</expan>
    </choice>
    <index indexName="persons-index">
      <term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
    </index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> helfen; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_2"/>ich soll mich <quote corresp="#quote_bs_z46_8">an den heiligen <index indexName="subjects-index">
        <term>Urkunden</term>
      </index>Urkunden der Religionslehre vergriffen haben</quote>, folglich
                    errege es auch eine <hi>Befremdung</hi>, daß ich es mit <choice>
      <abbr>Hrn.</abbr>
      <expan>Herrn</expan>
    </choice>
    <choice>
      <abbr><hi>D.</hi></abbr>
      <expan>Doctor</expan>
    </choice>
    <index indexName="persons-index">
      <term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
    </index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> so hart nähme;
                    der habe viel weniger, nemlich in dem Bekenntnis, gethan! Nun geben Sie doch
                    Achtung! <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_3"/>Ich sage, es
                    stehet den <index indexName="subjects-index">
      <term>Christen, denkende</term>
    </index>denkenden Christen frey, das Buch <hi>Esther</hi>, der <hi>Chroniken,
                        Nehe</hi><pb xml:id="bs_d_page_145" n="145" edRef="#d"/><hi>miä, Hohelied,
                        Offenbahrung Johannis</hi> – nicht in der Absicht zu lesen, daß sie in
                    christlicher <index indexName="subjects-index">
      <term>Vollkommenheit</term>
    </index>Vollkommenheit dadurch wollten weiter kommen; wenn und so lange sie
                    Gründe haben, an der göttlichen Bestimmung dieser Bücher zu dieser christlichen
                    Absicht, zu zweifeln. Dis habe ich nicht etwa <hi>aus jetziger <index indexName="subjects-index">
        <term>Kühnheit</term>
      </index>Kühnheit</hi> zuerst gesagt; sondern alle gelehrte patres, gelehrte
                    Catholici, seit dem <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_3a"/><index indexName="persons-index">
      <term>Cajetan, Thomas</term>
    </index><persName ref="textgrid:3r685"><hi>Cajetan</hi></persName>, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_3b"/><index indexName="persons-index">
      <term>Pellican, Konrad</term>
    </index><persName ref="textgrid:3r687"><hi>Pellican</hi></persName>, und wir,
                    seit <index indexName="persons-index">
      <term>Luther, Martin</term>
    </index><persName ref="textgrid:254tm"><hi>Luther</hi></persName>, und sogar
                        <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_4"/><persName ref="textgrid:3r689"><hi>Dietrichs</hi></persName> so
                    oft gedruckten <index indexName="subjects-index">
      <term>Summarien</term>
    </index>Summarien, haben es so viele lange Zeit gewust und gelehret; daß ich
                    keine Ehre weiter habe, als sie gleichsam in ein Register gebracht zu haben. Nun
                    beurtheilen Sie doch die <index indexName="subjects-index">
      <term>Parteilichkeit</term>
    </index><hi>Partheylichkeit</hi> und böse Absicht des berlinischen Recensenten,
                    neben dieser Ungelehrsamkeit, die er hier sich entwischen läßt; mir giebt er
                    gleichsam eine wissentliche Sünde schuld gegen die <choice>
      <abbr>heil.</abbr>
      <expan>heilige</expan>
    </choice>
    <index indexName="subjects-index">
      <term>Schrift</term>
    </index>Schrift; denn so müssen es die meisten Leser verstehen, die nicht
                    gelehrt und dieser Sache kundig sind. Wenn die Sache wahr wäre, nicht wahr, mein
                    lieber Freund, es hätten sich doch wohl gelehrtere Männer gefunden, die mir
                    diese unchristliche Arbeit gehörig vorgerückt hätten? Für <hi>Catholiken</hi>
                    hatte der <hi>Recensent</hi> vollend gar kein Recht hier zu sorgen; bey ihnen
                    ist <foreign xml:lang="lat">canonicitas</foreign> ganz recht blos <foreign xml:lang="lat">iuris ecclesiastici, romani; auctoritas ecclesiae</foreign>
                    macht diese Bücher zu <foreign xml:lang="lat">canonicis</foreign>, welches ich
                    auch wohl weis, und in dieser Absicht eben es historisch untersucht habe.
                    Folglich, wenn <choice>
      <abbr>Hr.</abbr>
      <expan>Herr</expan>
    </choice>
    <choice>
      <abbr>D.</abbr>
      <expan>Doctor</expan>
    </choice>
    <index indexName="persons-index">
      <term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
    </index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName>
    <pb xml:id="bs_d_page_146" n="146" edRef="#d"/> sein Urtheil ganz frey
                    geschrieben hätte, für mich giebt es keine göttliche <index indexName="subjects-index">
      <term>Auktorität</term>
    </index>Auctoritaet des Buchs Esther – <foreign xml:lang="lat">apocalypseos</foreign> – ja er hätte mehr mögen dazu setzen, <hi>Hiob</hi>,
                        <hi>Daniel</hi>: so hätte er gethan, was ein gelehrter lutherischer
                    Professor, wenn sein Gewissen einstimt, zu thun stets Fug und Recht hat. Da er
                    in dem Bekenntnis, <hi>jene Lehrsätze selbst</hi>, als <foreign xml:lang="lat">res</foreign>, als <foreign xml:lang="lat">obiecta</foreign> der
                    christlichen Lehre, bey allen drey Partheyen <hi>ganz weg warf, um ein neues
                        System, <index indexName="subjects-index">
        <term>kosmopolitisch</term>
      </index>kosmopolitischer Weise</hi>, zu schaffen: wie kommt denn jene
                    Vergleichung meiner gelehrten Untersuchung des <hi>Canon</hi>, der bey
                    Protestanten nie ein göttliches Ansehen hatte, hieher? Hat also Herr <choice>
      <abbr>D.</abbr>
      <expan>Doctor</expan>
    </choice>
    <index indexName="persons-index">
      <term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
    </index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName><hi> nicht
                        etwas ganz anders vorgenommen</hi>, wozu in meinen bisherigen gelehrten
                    ehrlichen Professorarbeiten, nicht das geringste Beyspiel ist?</p>
  <p>Sie müssen noch mehr Beweis anhören; glauben Sie, es kann Ihnen doch nicht so
                    unangenehm, widrig und unleidlich vorkommen, als mir selbst, den es zunächst
                    angehet, und dem es kirchliche Beschimpfung, nach der neuen <index indexName="subjects-index">
      <term>Toleranz</term>
    </index><hi>Toleranz</hi>, zuziehen soll. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_5"/><quote corresp="#quote_bs_z46_10">Wenn
                        ein Leser <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_6"/>in meinen
                            <index indexName="subjects-index">
        <term>Vorlesungen, ascetische (Semler)</term>
      </index>ascetischen Vorlesungen über <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Gal:4:3">Gal. 4, 3.</citedRange>
      </bibl>
      <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:1:31">1 Cor. 1,
                                31.</citedRange>
      </bibl> sich erbauet hat, wie wird ihm, wenn er ein Lehrer der Kirche ist,
                        zu Muthe werden, wenn er hört – ja, dis kannst du für dich denken, aber
                        öffentlich must du lehren, wie die feyerlichen Bücher deiner Kirche es haben
                        wollen.</quote></p>
  <p>Ich bitte Sie nochmalen um fernere Gedult; ich mus ja antworten. 1) Der
                        <hi>Recensent</hi> geste<pb xml:id="bs_d_page_147" n="147" edRef="#d"/>het
                    also selbst, daß ich <hi>über diese <index indexName="subjects-index">
        <term>Wahrheiten</term>
      </index>Wahrheiten</hi>, Erlösung, Absicht der Bestimmung des Lebens und
                    Todes <index indexName="persons-index">
      <term>Jesus Christus</term>
      <term type="alternative">Christus</term>
    </index><persName ref="textgrid:255cd">Christi</persName>, <index indexName="subjects-index">
      <term>erbaulich</term>
    </index>erbaulich geredet und geschrieben habe; ohne sie wegzuwerfen. Folglich
                    kann ja auch ein jeder geschickter und treuer Lehrer diese wichtigen Wahrheiten
                    eben so, (nach dem Unterschied der Zuhörer) einkleiden, wie ich es vor
                        <hi>Studiosis</hi> zu thun im Stande war. Ich erinnere mich, daß ich schon
                    mehrmals <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_6a"/>des gelehrten
                    und frommen <index indexName="persons-index">
      <term>Chemnitz, Martin</term>
    </index><persName ref="textgrid:3r68b"><hi>Chemnitius</hi></persName> gute und
                    richtig Anmerkung wiederholet habe, über <index indexName="persons-index">
      <term>Johannes der Täufer</term>
    </index><persName ref="textgrid:2z6t2"><hi>Johannis</hi></persName> Predigt,
                        <hi>thut Buße</hi> – man mus nicht denken, daß <index indexName="persons-index">
      <term>Johannes der Täufer</term>
    </index><persName ref="textgrid:2z6t2">Johannes</persName> wie ein unsinniger
                    Mensch den ganzen Tag blos diese Worte wiederholet habe; er hat sie den Zuhörern
                    erkläret. Gerade dis ist die ordentliche Vorschrift eines <index indexName="subjects-index">
      <term>Lehrer</term>
    </index>Lehrers und <index indexName="subjects-index">
      <term>Prediger</term>
    </index>Predigers in unsern Kirchen. Er soll nicht blos die Worte, Erbsünde,
                    Greuel, Elend der Erbsünde; Nothwendigkeit der Busse und Bekehrung; Größe des
                        <index indexName="subjects-index">
      <term>Verdienst Christi</term>
    </index>Verdienstes, der Genugthuung <index indexName="persons-index">
      <term>Jesus Christus</term>
      <term type="alternative">Christus</term>
    </index><persName ref="textgrid:255cd">Christi</persName>, daher lallen; er soll
                        <hi>alles <index indexName="subjects-index">
        <term>erklären</term>
      </index>erklären</hi>. <hi>Lehren</hi> ist eine täglich wachsende
                    Fertigkeit; nicht ein <hi>Echo der Zeilen</hi> aus den <index indexName="subjects-index">
      <term>symbolische Bücher</term>
    </index><hi>symbolischen</hi> Büchern, oder gar der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_7"/><index indexName="subjects-index">
      <term>akroamatisch</term>
    </index><hi>acroamatischen Theologie</hi>, die niemand in die gemeine <index indexName="subjects-index">
      <term>Unterweisung</term>
    </index>Unterweisung mischen soll. Wenn es nun ein treuer, seinem so großen
                    Berufe ergebener Mann ist, ich denke ja, daß der seine Kunst und seine Absicht
                    so empfehlen wird, daß die Zuhörer selbst <index indexName="subjects-index">
      <term>selbst denken</term>
    </index>denken und betrachten lernen. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_8"/>Da hat schon <index indexName="persons-index">
      <term>Luther, Martin</term>
    </index><persName ref="textgrid:254tm"><hi>Luther</hi></persName> im
                        <hi>Catechismo</hi> selbst es uns geheißen – Da kannst du es so buntkraus
                    machen – das, nach seiner <pb xml:id="bs_d_page_148" n="148" edRef="#d"/> Art
                    und nach seinem Beyspiel, zu verstehen ist: Du kannst es besser machen, als ich
                    in diesem schlechten Büchlein, für schlechtere Pfarrherren, es hingeschrieben
                    habe. Daß ich nicht Ausflüchte hier erfinde, beweisen ja die vielen 1000 <index indexName="subjects-index">
      <term>Predigten</term>
    </index>Predigten der <hi>lutherischen</hi> Lehrer; darunter doch gewis auch
                    manche schöne Beyspiele, eines geschickten, klaren, verständigen Vortrags sind.
                    Wenn wir auch die schlechten so leicht und mit Recht verachten: so beweiset es
                    ja, daß man eine helle <index indexName="subjects-index">
      <term>Aufklärung</term>
    </index>Aufklärung der <hi>Sachen</hi>, die in den christlichen Lehrsätzen
                    enthalten sind, zu erwarten, in unserer Kirche befugt seyn. Hätte also Herr <choice>
      <abbr><hi>D.</hi></abbr>
      <expan>Doctor</expan>
    </choice>
    <index indexName="persons-index">
      <term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
    </index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> über
                    natürliches Verderben, über Bekehrung, Rechtfertigung um <index indexName="persons-index">
      <term>Jesus Christus</term>
      <term type="alternative">Christus</term>
    </index><persName ref="textgrid:255cd">Christi</persName> willen <choice>
      <abbr>etc.</abbr>
      <expan>et cetera</expan>
    </choice>
    <choice>
      <abbr>etc.</abbr>
      <expan>et cetera</expan>
    </choice> recht helle und deutlich lehren wollen, so hätte er gerade die Pflicht
                    eines geschickten Lehrers erfüllet. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_9"/>Aber er sagt ja selbst, wie er es gemacht habe, um ja
                    eben diesen christlichen Lehrsätzen völlig auszuweichen.</p>
  <p>2) Ist es eine sehr <hi>unartige Beschuldigung</hi>, daß ich lehren sollte, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_10"/><quote corresp="#quote_bs_z46_11">dis kannst du freylich <hi>für
                            dich</hi> (so unanstößig, so zusammenhängend, so nützlich) denken; aber
                            <index indexName="subjects-index">
        <term>öffentlich lehren</term>
      </index>öffentlich mußt du lehren, <hi>wie</hi></quote> Sie müssen,
                    bester Freund, noch immer lesen; ich mus es doch gehörig beantworten, damit Sie
                    ferner mir Ihre Achtung und Liebe beybehalten können. Ich will davon nichts
                    sagen, daß ich also doch öffentlich meine Erklärung <hi>habe drucken
                    lassen</hi>, und nicht für mich heimlich denke. Ich will aber doch ausdrücklich
                    voraussetzen, daß davon jetzt nicht die Rede sey, ob die <hi>gelehrte</hi>
    <pb xml:id="bs_d_page_149" n="149" edRef="#d"/>
    <index indexName="subjects-index">
      <term>Sprache, gelehrte</term>
    </index><hi>Sprache</hi> zum <index indexName="subjects-index">
      <term>Unterricht</term>
    </index>Unterricht gemeiner Leute gehöre; diese mus der <index indexName="subjects-index">
      <term>Gelehrte</term>
    </index>Gelehrte gewis ganz <hi>für sich und seines Gleichen</hi> behalten:
                    sondern es ist von verschiedener <index indexName="subjects-index">
      <term>Lehrart, verschiedene</term>
    </index><hi>Lehrart</hi> die Rede, wenn es wahr seyn soll, daß ich Ursach habe,
                    mich zu verantworten; welche verschiedene <index indexName="subjects-index">
      <term>Lehrart, verschiedene</term>
    </index><hi>Lehrart</hi> Herr <index indexName="persons-index">
      <term>Basedow, Johann Bernhard</term>
    </index><persName ref="textgrid:25094"><hi>Basedow</hi></persName>, <index indexName="persons-index">
      <term>Bahrdt, Carl Friedrich</term>
    </index><persName ref="textgrid:2541p"><hi>Bahrdt</hi></persName> – – zugleich
                    für eine Untreue, für Zweydeutigkeit und <index indexName="subjects-index">
      <term>Heuchelei</term>
    </index>Heucheley des Lehrers, halten wollen; damit wir Genugthuung,
                    Dreyeinigkeit – gar nicht retten könnten, sondern wegwerfen müßten. Ich gestehe
                    und wiederhole es auch, daß der Lehrer seine <index indexName="subjects-index">
      <term>Privatgedanken</term>
    </index><hi>privat Gedanken</hi>, wenn sie in einem Widerspruche gegen die
                        <hi>Sache selbst</hi> stehen, die er öffentlich lehren soll, <hi>durchaus
                        nicht in die Lehre verwandeln soll</hi>; indem er berufen ist, diese in der
                        <hi>lutherischen</hi> Kirche feyerlich festgesetzten Artickel, oder
                        <hi>Materialien</hi> öffentlich <hi>zu erklären</hi>; nicht aber seine
                        <hi>privat Gedanken</hi> (im Falle des Widerspruchs) zur Lehre, <hi>so
                        künstlich</hi>, unter der Hand – zu machen. Hier schreibe ich so
                    verständlich als historisch wahr; dis ist die Absicht, wozu ein <index indexName="subjects-index">
      <term>Prediger</term>
    </index>Prediger in seinem <index indexName="subjects-index">
      <term>Amt</term>
    </index>Amte <hi>berufen</hi> wird; und in den Sachen selbst, Erbsünde,
                    Bekehrung, Erlösung oder Genugthuung – <hi>kommen alle</hi> drey Kirchen, nach
                    meiner eigenen gelehrten Einsicht, <hi>überein</hi>; die <index indexName="subjects-index">
      <term>Lokalität</term>
    </index><hi>Localität</hi> aber und der Character der <index indexName="subjects-index">
      <term>Lehrart, verschiedene</term>
    </index>Lehrart, ist unumgänglich verschieden, und ist die stete Ursache der
                        <hi>Verschiedenheit</hi> der äußerlichen großen Gesellschaften; daher kann
                    ich <foreign xml:lang="lat">de iustificatione</foreign> – nicht lehren, wie die
                    römische Kirche es thut. Dis alles zur bes<pb xml:id="bs_d_page_150" n="150" edRef="#d"/>sern Einsicht vorausgesetzt, will ich es nun beleuchten: ob es
                    wirklich sich also verhält, daß <index indexName="subjects-index">
      <term>symbolische Bücher</term>
    </index><hi>symbolische</hi> Bücher Lehrsätze hätten, denen der <index indexName="subjects-index">
      <term>selbstdenkend</term>
    </index>selbstdenkende Lehrer nicht beypflichten können mag, und alsdenn sich so
                    – – helfen sollen, nach meiner Heucheley.</p>
  <p>Es ist doch offenbar <hi>Zweydeutig</hi>, wenn der <hi>Recensent</hi> so obenhin
                    sagt, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_11"/><quote corresp="#quote_bs_z46_12">du must lehren, wie die feyerlichen
                        Bücher deiner <index indexName="subjects-index">
        <term>Kirche</term>
      </index>Kirche es haben wollen.</quote> Heißt es also, du must dieselben
                        <hi>Materialien</hi>, dieselben <index indexName="subjects-index">
      <term>Lehrwahrheiten</term>
    </index>Lehrwahrheiten lehren und erklären, welche in der lutherischen Kirche,
                    seit der <hi>augspurgischen</hi> Confeßion, ihrer <hi>Apologie</hi>, den
                        <hi>schmalkaldischen</hi> Artickeln, den Catechismus, pflegen den Gliedern
                    lutherischer Kirchengesellschaft, öffentlich <hi>vorgetragen, erklärt</hi> und
                        <hi>eingeschärft zu werden</hi>, zu ihrem christlichen Leben und Sterben, zu
                    ihren <index indexName="subjects-index">
      <term>Bedürfnisse, moralische</term>
    </index>moralischen eigenen Bedürfnissen, zu ihrem <index indexName="subjects-index">
      <term>Trost</term>
    </index>Trost, zu ihrer Ruhe – <hi>so ist gar kein Zweifel daran</hi>; ein jeder
                    treuer lutherischer Lehrer <hi>soll und mus</hi> diese Lehrsätze, diese
                    wichtigen ewigen Wahrheiten, diesen Inhalt der christlichen Religion, diese
                    unaufhörlichen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_12"/><hi>Consectaria</hi> der von Gott verordneten Historie <index indexName="persons-index">
      <term>Jesus Christus</term>
      <term type="alternative">Christus</term>
    </index><persName ref="textgrid:255cd">Christi</persName>, diesen wahren Grund
                    unaufhörlicher Wohlfahrt – rein, deutlich, gründlich, in dieser seiner Zeit,
                    denen Gliedern der lutherischen Gesellschaft seines Orts, erklären und
                    vortragen. Dieses <hi>Lehren</hi> aber ist eine <hi>sehr wirksame
                        Beschäftigung</hi> des Lehrers, der es weiß, daß er in dieser Zeit lebet,
                    die folglich ihm manche Reihe von Vorstellungen eröfnet, wel<pb xml:id="bs_d_page_151" n="151" edRef="#d"/>che er <hi>nicht geradehin eben
                        so</hi> zum öffentlichen <index indexName="subjects-index">
      <term>Unterricht</term>
    </index>Unterricht, wenn gleich zu eigener und seines gleichen Erbauung, gut
                    anwenden kann. Sie wissen es schon, mein Liebster, daß ich <hi>recht gern jede
                        Gelegenheit ergreife, mich zu erklären</hi>, und ich bestrebe mich immer,
                    daß ich niemalen Ausreden und Behelfe, oder gar <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_13"/><hi><index indexName="subjects-index">
        <term>Blauendunst</term>
      </index>Blauendunst</hi> vorbringe. Ich habe in 30 Jahren mehr gelernet,
                    geübet und erfahren, als daß ich mich mit solchen unwürdigen Künsten, die jetzt
                    hie und da gelten, durchhelfen müßte.</p>
  <p>Ich möchte Ihnen wohl einen langen Brief schreiben über diese ganz nothwendige
                    Lage eines <index indexName="subjects-index">
      <term>Lehrer</term>
    </index>Lehrers <hi>in unserer Zeit</hi>. Vergönnen Sie mir nur ein Beyspiel
                    auch hier anzubringen, damit es noch gewisser werde, daß ich festen Grund und
                    Boden habe; daß folglich nichts unschiklicher und unwürdiger mir vorgehalten
                    wird, als ich seye ein theologischer – Gaukler, <index indexName="subjects-index">
      <term>Wetterhahn</term>
    </index>Wetterhahn, Betrüger, oder wie das rechte abscheuliche Wort heissen mag,
                    das mich gewis niemals bezeichnen wird. Lassen Sie das Thema seyn, die <index indexName="subjects-index">
      <term>Erlösung</term>
    </index><hi>Erlösung, die durch <index indexName="persons-index">
        <term>Jesus Christus</term>
        <term type="alternative">Christus</term>
      </index><persName ref="textgrid:255cd">Jesum Christum</persName> geschehen
                        ist</hi>. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_14"/>Der
                        <hi>Lehrer</hi> im ersten Jahrhundert hat entweder mit Juden oder Heiden zu
                    thun. Er soll den ersten jezt einen Unterricht geben. Er mus also die Uebel, das
                    Elend, die Noth zuerst aufsuchen, welche die Juden bisher <choice>
      <sic>kenuen</sic>
      <corr type="editorial">kennen</corr>
    </choice>; und eine Erlösung danach verstehen. Jenes sind also entweder
                        <hi>äusserliche</hi> Einschränkung, dafür sie gern mehr leibliches Wohlleben
                        hät<pb xml:id="bs_d_page_152" n="152" edRef="#d"/>ten – der Lehrer
                    unterweiset sie also; daß diese Dinge eigentlich keine Uebel für sie sind; daß
                    sie recht ungeschickt Vorstellungen unmöglicher Dinge eigenliebig zusammen
                    setzen – er lehrt sie nun <hi>moralische</hi>
    <index indexName="subjects-index">
      <term>Übel, moralische</term>
    </index>Uebel; <index indexName="subjects-index">
      <term>Finsternis, geistliche</term>
    </index>geistliche Finsternis, Tod, Abneigung von Gott, wie er geistlich so
                    liebenswerth erkannt wird – da fangen manche an, über ihre <index indexName="subjects-index">
      <term>Sünde</term>
    </index>Sünden ganz andere und geistliche Begriffe zu bekommen – sie sehen sich
                    an, als bisherige thörichte Feinde Gottes – sie haben auch manche sinnliche
                    Ideen, von Zorn Gottes – Nun kommt er auf Erklärung der <hi>Erlösung</hi>, die
                    Gott auf eine so würdige Weise veranstaltet habe, und belehret den <choice>
      <sic>aufmertsamen</sic>
      <corr type="editorial">aufmerksamen</corr>
    </choice> Zuhörer, von dem mancherley Verhältnis des Todes <index indexName="persons-index">
      <term>Jesus Christus</term>
      <term type="alternative">Christus</term>
    </index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName>. Nun glaubt dieser
                    Zuhörer, und <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_15"/>nennt <index indexName="persons-index">
      <term>Jesus Christus</term>
      <term type="alternative">Christus</term>
    </index><persName ref="textgrid:255cd">Jesum</persName> sein rechtes geistliches
                        <index indexName="subjects-index">
      <term>Opfer, geistliches</term>
    </index>Opfer; seinen rechten Hohenpriester; der ganzen <index indexName="subjects-index">
      <term>Würde Gottes</term>
    </index>Würde Gottes, die er nun kennet, entspricht alles – er siehet nun auch
                    eine gewisse Erlösung vor sich, von seinem bisherigen ganz eiteln Wandel, und
                    von aller Ungerechtigkeit. Er häufet nun alle Ausdrücke, den Werth dieses so
                    theuern Blutes <index indexName="persons-index">
      <term>Jesus Christus</term>
      <term type="alternative">Christus</term>
    </index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName> zu beschreiben – Nun sind
                    seine schlechten <hi>jüdischen</hi> Ideen alle weg, und es ist ein rechter
                    ernstlicher Christ; oder wie es jezt heißt, <index indexName="subjects-index">
      <term>fanatisch</term>
    </index><hi>fanatisch</hi>, weil er kein <index indexName="subjects-index">
      <term>Naturalisten</term>
    </index>Naturalist ist.</p>
  <p>Ich will die Predigt an die <hi>Heiden</hi>, nicht concipiren; Sie werden mich
                    doch schon verstehen. Und nun die <index indexName="subjects-index">
      <term>Erlösung</term>
    </index>Erlösung für uns, in dieser Zeit, ohne Heidenthum, ohne Judenthum,
                    lebende Zeit<pb xml:id="bs_d_page_153" n="153" edRef="#d"/>genossen! Stellen sie
                    sich die Menschen ohne eigene Gedanken vor? Hat der Lehrer lauter Klötze vor
                    sich? Hoft er keine Wirkung Gottes in der <index indexName="subjects-index">
      <term>Welt, moralische</term>
    </index>moralischen Welt? Mus er also die christlichen Lehrsätze von der
                    Erlösung der Menschen, nun geradehin wegwerfen? <index indexName="subjects-index">
      <term>Genugtuung</term>
    </index>Genugthuung – ist eben so; Gott hat einen solchen Plan über die <index indexName="subjects-index">
      <term>Welt, moralische</term>
    </index>moralische Welt bekannt gemacht, wonach <index indexName="persons-index">
      <term>Jesus Christus</term>
      <term type="alternative">Christus</term>
    </index><persName ref="textgrid:255cd">Christus</persName> einen fortdauernden
                    Grund hergegeben hat, eine unaufhörliche göttliche Quelle aller wahren <index indexName="subjects-index">
      <term>Vollkommenheit</term>
    </index>Vollkommenheit zu kennen; diese Vollkommenheit zu genehmigen und zu
                    überkommen, die uns noch immer fehlet. Ich hoffe, daß Sie meine Ehrlichkeit ganz
                    gewis hieraus kennen würden, wenn Sie mich nicht lange schon in diesem so
                    unentbehrlichen, so leichten Character gekannt hätten. Man mus mit gehen in
                    diese <hi>moralische</hi>
    <index indexName="subjects-index">
      <term>Erfahrung, moralische</term>
    </index>Erfahrung; da findet sich ihre Mannigfaltigkeit, wer nicht mit gehet,
                    verstehet es auch <choice>
      <sic>niche</sic>
      <corr type="editorial">nicht</corr>
    </choice>.</p>
  <p>Oder aber, wie die <index indexName="subjects-index">
      <term>symbolische Bücher</term>
    </index><hi>symbolischen</hi> Bücher vorschreiben, heisset <foreign xml:lang="lat">Formaliter</foreign>. So begehet der Recensent eine
                    wissentliche Sünde, um unsere und alle <index indexName="subjects-index">
      <term>symbolische Bücher</term>
    </index><hi>symbolische</hi> Bücher recht verächtlich und lächerlich zu machen.
                    Denn nur ein eigentlich ungelehrter, oder schon ganz entschlossener Gegner, kann
                    dieses bejahen. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_d_4_16"/>Ich habe
                    schon in der Antwort auf Herrn <index indexName="persons-index">
      <term>Basedow, Johann Bernhard</term>
    </index><persName ref="textgrid:25094"><hi>Basedows</hi></persName> unächte
                    Urkunde es mit klaren Worten geschrieben, daß weder meine noch irgend eines
                    andern Professors, Lehrers, Predigers, eigenthümliche Geschicklichkeit und
                    Gelersamkeit, in den <index indexName="subjects-index">
      <term>symbolische Bücher</term>
    </index><hi>symbolischen</hi> Büchern abgezir<pb xml:id="bs_d_page_154" n="154" edRef="#d"/>kelt, vorgeschrieben oder enthalten seye. Ich brauche gar nichts
                    hierüber weiter zu sagen; und kann diesen Brief endigen.</p>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_1"><label>Diese
                        Beschuldigung, ich hätte mich an den Urkunden der Religion vergriffen, ist
                        auch im Almanach ganz ernstlich wiederholet worden</label>
    <p>Semler bezieht sich auf z46 sowie Bahrdts <hi>Kirchen- und
                            Ketzer-Almanach</hi> (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_10"/>),
                        v.a. 163f. Das Wort „vergreifen“ fällt an keinem der beiden Orte, weder
                        buchstäblich noch sinngemäß.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_1a"><label>teutsche
                        Ausgabe des N.T. Lutheri [...], wo Luther selbst einige Bücher des N.T. von
                        den andern, durch ein Zeichen abgetheilt</label>
    <p>Luther hatte die neutestamentlichen Bücher Hebr, Jak, Jud und Offb als
                        nachkanonische Schriften bewertet und in seinen Bibelausgaben auch
                        druckgraphisch absetzen lassen.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_1b"><label>Centuriatores</label>
    <p>In den von Matthias Flacius (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_6_5"/>)
                        initiierten <hi>Magdeburger Centurien</hi> (<hi>Ecclesiastica Historia,
                            integram Ecclesiae Christi ideam [...] secundum singulas centurias</hi>,
                        8 Bde., 1559–74) werden ebenfalls Hebr, Jak und Jud als nachkanonisch
                        (deuterokanonisch) bewertet, vgl. cent. 1. lib. 2 cap. 4. Semler bemühte
                        sich mit seinem Lehrer Siegmund Jacob Baumgarten um eine Neuausgabe, von der
                        jedoch nur die ersten fünf Centurien (1757–1765) erschienen.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_1c"><label>Compendia
                        von Haffenreffer an</label>
    <p>Gemeint sein dürften Hafenreffers (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_3_39"/>) <hi>Loci Theologici: Certa Methodo ac
                            Ratione</hi> (1600), die als Schul- und Lehrbuch weite Verbreitung
                        fanden und viele Auflagen erlebten. 1650 in Stockholm (in schwedischer
                        Übersetzung) und 1686 in Stuttgart wurden bearbeitete Fassungen als
                            <hi>Compendium Theologiae</hi> herausgegeben.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_1d"><label>dicta
                        probantia</label>
    <p>D.h. Belegstellen.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_2"><label>ich soll
                        mich [...] vergriffen haben, folglich errege es auch eine Befremdung</label>
    <p>Anspielung auf z46, vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_4_1"/>.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_3"><label>Ich sage, es
                        stehet den denkenden Christen frey, das Buch Esther [...] Offenbahrung
                        Johannis [...] dadurch wollten weiter kommen</label>
    <p>Ähnliche Aufzählungen finden sich an verschiedenen Stellen von Semlers
                        Hauptwerk <hi>Abhandlung von freier Untersuchung des Canon</hi>, z.B. I
                        (1771), 34; 75; 216; II (1772), 312; 330 u.v.w.m.; zur Offenbarung
                        (Apokalypse) des Johannes vgl. im Besonderen <hi>Abhandlung</hi> I,
                        114–253.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_3a"><label>Cajetan</label>
    <p>Gemeint ist Giacomo, seit 1484 mit seinem Ordenseintritt bei den Dominikanern
                        Thomas, de Vio (1469–1534), häufig nach seinem Geburtsort „Cajetan“ genannt.
                        Einflussreicher Dominikaner am Papsthof, seit 1517 Kardinal und 1518 Legat
                        auf dem Reichstag zu Augsburg, wo er u.a. Luther verhörte. Cajetan
                        unterschied wie auch Erasmus zwischen proto- und deuterokanonischen
                        Schriften; diese Unterscheidung konnte sich auf dem Trienter Konzil
                        (1545–1563) nicht durchsetzen.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_3b"><label>Pellican</label>
    <p>Gemeint ist Konrad Pellikan (eigentlich Kürschner) (1478–1556) , zunächst
                        Franziskaner (1483–1524), nach humanistischem Studium in Heidelberg und
                        Tübingen verfasste er 1501 als erster christlicher Philologe ein Lehrbuch
                        des Hebräischen und wurde Mitarbeiter von Erasmus in Basel. Er wandte sich
                        der Reformation zu, verbreitete Luthers Schriften im Schweizer Raum, wurde
                        ab 1523 Professor in Basel und wirkte ab 1526 in Zürich. Pellikan verfasste
                        einen vielbeachteten vollständigen Bibelkommentar, <hi>Commentaria
                            Biblorum</hi>, 7 Bde. (1532–1539).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_4"><label>Dietrichs so
                        oft gedruckten Summarien</label>
    <p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_10_4"/>; in seinen
                            <hi>Summaria</hi> des Neuen Testaments verzichtete Dietrich z.B. auf
                        Zusammenfassungen des Jakobus-Briefes sowie der Offenbarung des
                        Johannes.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_5"><label>„Wenn ein
                        Leser [...] es haben wollen.“</label>
    <p>Bearbeitetes Zitat z46.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_6"><label>in meinen
                        ascetischen Vorlesungen über Gal. 4, 3. 1 Cor. 1, 31.</label>
    <p>Gemeint sind Semlers <hi>[A]scetische Vorlesungen, zur Beförderung einer
                            vernünftigen Anwendung der christlichen Religion</hi>, 1. Bd. [wurde
                        nicht fortgesetzt] (1772). „Ascetisch“ heißen die Vorlesungen, weil sie auf
                        das Einüben (gr. <foreign xml:lang="grc">ἀσκεῖν</foreign>) christlicher
                        Tugenden angelegt sind. In der 15.–17. Vorlesung (oder „Stunde“), 227–271,
                        legt Semler Gal 4,4–5 (mit Rückgriff auf Gal 4,3) aus, in der 25.–26.
                        Vorlesung, 347–374, den Vers 1Kor 1,31. Semler kommt in den
                            <hi>Vorlesungen</hi> mit manchen Formulierungen dem Arianismus oder
                        Subordinatianismus nahe und gibt u.a. auch der Aussage, Christus habe uns
                        von der Sünde „losgekauft“, eine alternative, nicht im Einklang mit der
                        klassischen Satisfaktionslehre stehende moralische Deutung. Vor allem aber
                        beklagt er, der metaphysische Status Christi sei zu einem „unseligen
                        Zankapfel“ (247) gemacht worden. Man solle „nicht von Christo, [...]
                        Gedanken und Urtheile zusammensezen, welche ihn gleichsam [nur]
                            <hi>besonders für sich</hi>, ohne Zusammenhang mit uns, angehen“
                        (374).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_6a"><label>des [...]
                        Chemnitius gute und richtig Anmerkung</label>
    <p> Gemeint ist Martin Chemnitz (1522–1586), ab 1545 Studium vor allem der Artes
                        liberales und der Theologie in Wittenberg, 1554 Koadjutor in Braunschweig,
                        ab 1567 Superintendent. Semler zitiert hier in freier Übersetzung aus
                        Chemnitz’ postum von Polykarp Leyser dem Älteren (1552–1610) herausgegebenen
                            <hi>Loci Theologici</hi> I (1591), 11: „Non enim pueriliter imaginandum
                        est, quod [Baptista] tanquam arreptitius, quinq[ue]; tantum illas voces
                        ingeminarit“. Dieselbe Stelle führte Semler bereits in einer Anmerkung zu
                        Siegmund Jacob Baumgartens <hi>Evangelische[r] Glaubenslehre</hi> II (1760),
                        5, an, außerdem in der <hi>Beantwortung der Fragmente eines Ungenanten</hi>
                        (1779), 30.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_7"><label>acroamatischen Theologie</label>
    <p>Wörtlich: die nur zum Hören bestimmte (gr. <foreign xml:lang="grc">ἀκροαματικός</foreign>) Theologie. In der Antike wurden mit dem Begriff
                        „akroamatisch“ nicht durch Zwischenfragen oder Diskussionen unterbrochene
                        Vorträge bezeichnet, die in der Regel dem inneren, fortgeschrittenen Kreis
                        eines Lehrers vorbehalten waren (esoterische Lehre). Im Gegensatz dazu stand
                        die auf Dialog und Selbstdenken angelegte exoterische, erotematische oder
                        sokratisch-mäeutische Lehrart. In einem abgeleiteten Sinne, der Semler hier
                        vorschwebt, bezeichnet „akroamatische Theologie“ ausschließlich für andere
                        Gelehrte gedachte Forschung, im Unterschied zu einer sich an ein breiteres
                        Publikum richtenden populär-katechetischen Theologie. Zu dieser
                        Unterscheidung vgl. auch Nösselt, <hi>Anweisung</hi> (BdN VI),
                    <ref target="textgrid:3rj88#section_2_174">438–440</ref>.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_8"><label>Da hat schon
                        Luther im Catechismo selbst es uns geheißen – Da kannst du es so buntkraus
                        machen –</label>
    <p>Vgl. den <hi>Kleine[n] Katechismus</hi> (BSLK 503): „da magstu deine kunst
                        beweisen und diese stücke so bund kraus machen und so meisterlich drehen,
                        als du kanst.“</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_9"><label>Aber er sagt
                        ja selbst, wie er es gemacht habe, um ja eben diesen christlichen Lehrsätzen
                        völlig auszuweichen</label>
    <p>Anspielung auf <ref target="#bs_a_page_10">a10f.</ref></p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_10"><label>dis kannst
                        du freylich für dich (so unanstößig, so zusammenhängend, so nützlich)
                        denken; aber öffentlich mußt du lehren, wie –</label>
    <p>Zitat z46 (Klammer von Semler hinzugefügt).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_11"><label>du must
                        lehren, wie die feyerlichen Bücher deiner Kirche es haben wollen</label>
    <p>Zitat z46.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_12"><label>Consectaria</label>
    <p>D.i. Folgerungen.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_13"><label>Blauendunst</label>
    <p>Eine seit dem 16. Jahrhundert (z.B. bei Hans Sachs) belegte Redewendung für
                        ein Täuschungsmanöver, deren Ursprung vermutlich im Jahrmarktmilieu zu
                        suchen ist: Gaukler ließen vor ihren Zauberkunststücken oft blauen Dunst
                        aufsteigen, um die Aufmerksamkeit der Zuschauer abzulenken.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_14"><label>Der Lehrer
                        im ersten Jahrhundert hat entweder mit Juden oder Heiden zu thun</label>
    <p>Zur der im Folgenden angewandten Akkommodationstheorie vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_5_15"/>.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_15"><label>nennt Jesum
                        sein rechtes geistliches Opfer; seinen rechten Hohenpriester</label>
    <p>Vgl. 1Petr 2,5 und Hebr 8,1.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_d_4_16"><label>Ich habe
                        schon in der Antwort auf Herrn Basedows unächte Urkunde [...]
                        geschrieben</label>
    <p>Vgl. Semler, <hi>[A]ufrichtige Antwort</hi> (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_9"/>), v.a. 204–209.</p></note>
</div>