<div type="section-group" id="less_16_SonTr">
  <app>
    <lem><div type="section" id="less_section_16">
        <head type="main"><pb edRef="#a" n="219" type="sp"/>
          <pb edRef="#b" n="209"/>
          <pb edRef="#c" n="224"/>
          <choice>
            <orig>Evangelium am 16 Sontage nach Trinitatis.</orig>
            <supplied reason="toc-title">16. Sonntag nach Trinitatis (Lk
                                        7,11–17)</supplied>
            <supplied reason="column-title">16. Sonntag nach Trinitatis (Lk
                                        7,11–17)</supplied>
          </choice></head>
        <head type="sub"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Lk:7:11" to="Lk:7:17"><hi>Lucä</hi> 7, <app>
                <lem/>
                <rdg type="pt" wit="#c"><choice>
                    <abbr>v.</abbr>
                    <expan>Vers</expan>
                  </choice></rdg>
              </app> 11–17.</citedRange></bibl></head>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Hier</hi></hi> ist alles Deutlich, und
                                alles Kraftvoll. Rürender, und majestätischer kan keine Geschichte
                                seyn, und keine Erzälung davon mehr das Gepräge der Wahrheit an sich
                                tragen, und in die Seele des Lesers tiefer eindringen! – Man lieset
                                hier, oder vielmehr man <hi>siehet</hi>, den erblaßten Jüngling; den
                                Leichenzug aus dem Thore der Stadt; die Mutter mit abgehärmtem
                                Gesicht, nassen Augen und Wangen und noch immer herabfliessenden
                                Thränen; das zärtliche Herz <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>; <ptr target="#sontr16_erl_7" type="editorial-commentary"/>die Träger
                                welche den Leichnam zum Grabe bringen. Nun stehen sie stille <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">die Träger welche den Leichnam zum Grabe
                                        bringen,</rdg>
          </app> als <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd">Jesus</persName> hinzutritt und die <app>
            <lem>Bahre anhält.</lem>
            <rdg wit="#b" type="typo-correction"><choice>
                <sic>Träger welche den Leichnam zum Grabe bringen. Nun
                                                stehen sie stille als Jesus hinzutritt und die Bahre
                                                anhält.</sic>
                <corr type="editorial">Bahre anhält.</corr>
              </choice></rdg>
          </app> Er thut den Spruch der Allmacht. Und der <index indexName="subjects-index">
            <term>Tote</term>
          </index><app>
            <lem>Todte</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Todte –</rdg>
          </app> richtet sich auf. Und fängt an zu reden. Und <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> eilet, ihn
                                in die Arme der trostlosen Mutter zu füren. – – Welche herzrürende
                                Auftritte! Welche majestätische Thaten! <pb n="220" edRef="#a"/> Und
                                wie simpel, <app>
            <lem>überzeugend</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">überzeugend,</rdg>
          </app> und tief eindringend erzält! Leser die ihr euren <index indexName="subjects-index">
            <term>Geschmack</term>
          </index>Geschmack durch <app>
            <lem>Lectüre</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Lektur</rdg>
          </app> der <ptr target="#sontr16_erl_8" type="editorial-commentary"/><index indexName="subjects-index">
            <term>Geschichtsbuch</term>
          </index>Geschicht-Bücher gebildet, und euer Herz an feinere
                                Empfindungen gewönet! <index indexName="subjects-index">
            <term>fühlen</term>
          </index><hi>Fület</hi> hier die <index indexName="subjects-index">
            <term>Wahrheit des Wunders</term>
          </index>Wahrheit der Wunder <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>, und die
                                    <index indexName="subjects-index">
            <term>Religion, Göttlichkeit der</term>
          </index>Göttlichkeit seiner Religion. Fület, daß dieses irrdische
                                Leben nicht unsre Bestimmung; und das Christenthum unser
                                allertheuerstes Kleinod ist!</p>
        <p><pb edRef="#b" n="210"/>
          <pb edRef="#c" n="225"/>
          <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:7:11 Lk:7:12"><app>
                  <lem>vers</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">v.</rdg>
                </app> 11. 12.</citedRange></bibl></seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Es</hi> begab sich daß</hi>
          <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>
          <hi>in eine Stadt, mit Nahmen Nain, gieng, und viele seiner Jünger
                                    giengen mit ihm, auch eine Menge andrer Menschen. Als er nun
                                    nahe an das</hi>
          <app>
            <lem><hi>Stadt Thor</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi>Stadt-Thor</hi></rdg>
          </app>
          <hi>kam, –</hi>
          <app>
            <lem><hi>Siehe</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>siehe</hi></rdg>
          </app>
          <hi>da trug man einen Todten heraus.</hi></p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Als</hi></hi> er dem <app>
            <lem>Stadt Thor</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">Stadt-Thor</rdg>
          </app> sich näherte, siehe! da trug man einen Todten heraus. Warum <app>
            <lem>gerade in diesem Augenblick</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi>gerade in diesem
                                        Augenblick</hi></rdg>
          </app>? Wäre es eine Stunde früher, oder später <app>
            <lem>geschehen,</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">geschehen;</rdg>
          </app> so wäre der Jüngling begraben <app>
            <lem>worden;</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">worden,</rdg>
          </app> seine Mutter trostloß geblieben, vielleicht von der Last
                                ihres herzzerreissenden Grams erdrückt in wenigen Tagen auf eben dem
                                Wege zur Gruft getragen worden; so wäre das <index indexName="subjects-index">
            <term>Wunder</term>
          </index>Wunder nicht geschehen und <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:7:16 Lk:7:17"><app>
                  <lem>vers</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">v.</rdg>
                </app> 16. 17.</citedRange></bibl></seg> viele hundert
                                Menschen in ihren Irrtümern und Lastern geblie<pb n="221" edRef="#a"/>ben, und für Zeit und Ewigkeit unglücklich geworden. So unzälich
                                viel Elend ward gehindert, so unzälich viel Gutes ward gestiftet,
                                    <hi>bloß</hi> durch den wie es uns Kurzsichtigen scheint,
                                    <hi>kleinen</hi> Umstand, daß der Todte nicht eine Stunde
                                früher, oder später zu Grabe getragen ward. Lasset uns hier lernen,
                                    <hi>nichts in der Welt, vornehmlich keine unsrer freien
                                    Handlungen für Kleinigkeit ansehen</hi>. <ptr target="#sontr16_erl_9" type="editorial-commentary"/>In einer
                                Welt, wo Alles nur Eine Kette ausmacht, so genau verbunden daß wenn
                                nur ein Ring darin, es sey der zehnte oder zehntausendste zerbricht, <app>
            <lem>so fällt</lem>
            <rdg wit="#c" type="om"/>
          </app> die ganze Kette <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">zerfällt</rdg>
          </app>: wo der Stein mit der Pflanze, diese mit dem Thier, das Thier
                                mit dem Menschen, der Mensch mit dem <index indexName="subjects-index">
            <term>Engel</term>
          </index>Engel, <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">der Engel mit dem <index indexName="subjects-index">
                <term>Seraph</term>
              </index>Seraph,</rdg>
          </app> und so ins Unermesliche fort, zusammengeknüpfet ist: <ptr target="#sontr16_erl_3" type="editorial-commentary"/>wo ein
                                einziger fast unmerkli<pb edRef="#c" n="226"/>cher<!-- Trennung Fahne!-->
          <pb edRef="#b" n="211"/>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>Funke</term>
          </index>Funke in den <index indexName="subjects-index">
            <term>Pulverturm</term>
          </index><app>
            <lem>Pulverthurm</lem>
            <rdg wit="#b" type="typo-correction"><choice>
                <sic>Pulverthum</sic>
                <corr type="editorial">Pulverthurm</corr>
              </choice></rdg>
          </app> geworfen Städte zerschmettert; <ptr target="#sontr16_erl_13" type="editorial-commentary"/>ein Lüftchen aus dem Gleichgewicht
                                gesezt den Abgrund der Erde eröfnet und Berge und Städte
                                verschlinget; eine Lustreise Kriege erreget, und Empörungen
                                verursachet, <ptr target="#sontr16_erl_14" type="editorial-commentary"/><app>
            <lem>wo</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">daß</rdg>
          </app> Regenten durch die Hand des <index indexName="subjects-index">
            <term>Henker</term>
          </index>Henkers und Tausende von Menschen durch die Wuth des Krieges
                                das Leben verliehren: wo jede Handlung und Begebenheit Folgen hat,
                                die Jahrtausende, und in Ewigkeit fort wären; wo aus dem Kleinsten
                                das Gröste entstehet, wie Pfen<pb n="222" edRef="#a"/>nige immer
                                vermehrt endlich Millionen <app>
            <lem>Tonnen</lem>
            <rdg wit="#c" type="om"/>
          </app> Goldes machen. <app>
            <lem>Mensch</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Mensch</hi></rdg>
          </app>, der du erst seit gestern bist und kaum einen Schritt
                                vorwärts siehest; dessen <ptr target="#sontr16_erl_1" type="editorial-commentary"/><app>
            <lem>Spannen-langes</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Spanne-langes</rdg>
          </app> Leben kaum so viel Zeit giebt, dich herum zu sehen und <app>
            <lem>denn</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">dann</rdg>
          </app> zu <index indexName="subjects-index">
            <term>sterben</term>
          </index>sterben! Lerne in einer Welt, die von dem
                                    <hi>Unendlichen</hi> geschaffen ist und regieret wird, nichts
                                als <app>
            <lem>Kleinigkeit</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Kleinigkeit</hi></rdg>
          </app> verachten! Lerne insbesondre Vorsicht bei <hi>jeder</hi>
                                deiner freien Handlungen; auch bei der <hi>kleinsten</hi> nach
                                Grundsäzen und Gewissen handeln. Lerne aber auch – die Kunst, die
                                unsichtbaren Gänge des Unendlichen zu bemerken, <hi>Gott in allem zu
                                    sehen</hi> und <hi>Seine Stimme in jeder Begebenheit deines
                                    Lebens zu hören</hi>. <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> spricht nicht mehr, wie ehedem zu den Propheten und Aposteln,
                                mit vernehmlicher Stimme zu uns: aber <app>
            <lem>er</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Er</hi></rdg>
          </app> redet zu einem jeden der <app>
            <lem>Seine</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Seine</hi></rdg>
          </app>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>Sprache</term>
          </index>Sprache gelernt <app>
            <lem/>
            <rdg type="pt" wit="#c">hat</rdg>
          </app> und hören will, <hi>durch die Begebenheiten</hi>. Denn <app>
            <lem>Er</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Er</hi></rdg>
          </app> wirket in allem, und durch alles. Durch <app>
            <lem>Ihn</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Ihn</hi></rdg>
          </app> wärmet die <index indexName="subjects-index">
            <term>Sonne</term>
          </index>Sonne, und kület das Lüftchen. Durch <app>
            <lem>ihn</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Ihn</rdg>
          </app> blühet der Baum und glänzet der Stern. Für <app>
            <lem>Ihn</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Ihn</hi></rdg>
          </app>, den <hi>Unendlichen</hi>, ist eben darum, nichts Geringe. <app>
            <lem>Er</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Er</hi></rdg>
          </app> wird nicht, wie <index indexName="subjects-index">
            <term>sterblich</term>
          </index>sterbliche <pb edRef="#b" n="212"/>
          <pb edRef="#c" n="227"/> Menschen, genötiget das Wichtigere zu
                                versäumen indem <app>
            <lem>er</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Er</hi></rdg>
          </app> sich mit dem Kleinen beschäftiget. <ptr target="#sontr16_erl_2" type="editorial-commentary"/><app>
            <lem>Sein</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Sein</hi></rdg>
          </app> Unendlicher Verstand übersiehet <hi>Alles</hi>, mit
                                    <hi>Ei</hi><pb n="223" edRef="#a" id="less_223"/><hi>nem
                                    Blick</hi>. Und eben <app>
            <lem>deswegen</lem>
            <rdg wit="#c" type="typo-correction"><choice>
                <sic>deswegn</sic>
                <corr type="editorial">deswegen</corr>
              </choice></rdg>
          </app> ist für <app>
            <lem>Ihn</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Ihn</hi></rdg>
          </app>, so wenig etwas zu Klein als zu Groß. Auch die kleinste
                                Begebenheit wird von <app>
            <lem>Ihm</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">ihm</rdg>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Ihm</hi></rdg>
          </app>
          <hi>Bemerket</hi>, und <hi>Geordnet</hi>, das <app>
            <lem>heißt</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">heist</rdg>
          </app> verordnet oder zugelassen und in Absicht ihrer Umstände und
                                Folgen gelenkt. Denn, <ptr target="#sontr16_erl_10" type="editorial-commentary"/><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Apg:17:24" to="Apg:17:28"><app>
                  <lem>Apostelgesch.</lem>
                  <rdg wit="#b #c" type="v">Apost. Gesch.</rdg>
                </app> 17, 24–28.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>durch Ihn lebt alles, und wird beweget, und ist</hi>. <ptr target="#sontr16_erl_12" type="editorial-commentary"/><index indexName="persons-index">
            <term>Jakob</term>
          </index>
          <app>
            <lem><persName ref="textgrid:3rp6k"><hi>Jacob</hi></persName></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><persName ref="textgrid:3rp6k"><hi>Jakob</hi></persName></rdg>
          </app> läßt <app>
            <lem>dem</lem>
            <rdg type="v" wit="#b">den</rdg>
          </app> geliebten <index indexName="persons-index">
            <term>Josef</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:3rp6s"><hi>Joseph</hi></persName> ein
                                besseres Kleid machen als seinen Brüdern. Viele Eltern, und hundert
                                andre Menschen halten dies für eine Kleinigkeit, wobei man gar
                                nichts zu bedenken, und die Vorsehung nichts zu thun habe.
                                Gleichwohl fürete ihn diese Kleinigkeit an den Rand des Unterganges;
                                und sodenn, machte sie ihn durch eine aller menschlichen Weisheit
                                ganz unerwartete Wendung, zum <index indexName="subjects-index">
            <term>Premierminister</term>
          </index>Premier Minister von Egypten. <ptr target="#sontr16_erl_11" type="editorial-commentary"/><index indexName="persons-index">
            <term>David</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:2z6t1"><hi>David</hi></persName> übt sich
                                bei seiner Heerde im Schleudern: und dies erhebt ihn auf den Thron.
                                Der <index indexName="subjects-index">
            <term>tot</term>
          </index>todte Jüngling zu <hi>Nain</hi> wird gerade in diesem
                                Augenblick zu Grabe getragen: und nun begegnet <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> der Leiche;
                                und der Jüngling wird auferweckt, seine Mutter erfreuet, und
                                Hunderte von Menschen in Zeit und Ewigkeit beglükt. Diese
                                Betrachtung gewöne uns denn, daß wir bei jeder auch noch so geringen
                                Begebenheit unsers Lebens die Stimme unsers Herren zu hören, und
                                Seinen Willen zu erkennen suchen. Denn sicher<pb n="224" edRef="#a"/>lich keine Begebenheit ist so klein, <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> spricht durch sie zu dir. Unvermuthet entschliessest du dich
                                auszugehen; es begegnet dir ein Elender. Du sprichst mit ihm, und
                                findest einen wahren Freund der Tu<pb edRef="#b" n="213"/><pb edRef="#c" n="228"/>gend. Dein <app>
            <lem>thränendes</lem>
            <rdg wit="#b" type="v">Thränendes</rdg>
          </app> Auge und freundschaftlicher Zuspruch richtet ihn mächtig auf;
                                die reiche Gabe deiner wohlthätigen Hand hilft seiner Noth auf lange
                                Zeit <app>
            <lem>ab:</lem>
            <rdg wit="#b" type="v">ab,</rdg>
          </app> und nun erheitert sich bei ihm Gesicht und ganze Seele; nun
                                fliesset Herz und Mund dieses Würdigen von Dank und Liebe gegen <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> über; und deine Seele genießt – den <index indexName="subjects-index">
            <term>Vorschmack des Himmels</term>
          </index>Vorschmack des Himmels. War dieser Elende <app>
            <lem>nicht</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">nicht,</rdg>
          </app>
          <hi>von</hi>
          <app>
            <lem><hi>Gott</hi>,</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> an dich <hi>gewiesen,</hi> dir <hi>empfohlen</hi>? – Der
                                Tugendhafte legt sich am <index indexName="subjects-index">
            <term>Abend</term>
          </index>Abende eines Tages, den ihm manche <index indexName="subjects-index">
            <term>Fehltritt</term>
          </index>Fehltritte verbittert, kummervoll in sein Bette, besorgt,
                                ängstlich besorgt ob er auch in seiner Tugend bis ans Ende beharren
                                werde. Kaum erwacht er des <index indexName="subjects-index">
            <term>Morgen</term>
          </index>Morgens, so ist der <app>
            <lem>Gedanke</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Spruch</rdg>
          </app> in seiner Seele schon da, <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">gleich als würde er ihn <choice>
                <sic>mitvernehmlicher</sic>
                <corr type="editorial">mit vernehmlicher</corr>
              </choice> Stimme zugerufen,</rdg>
          </app>
          <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="2Tim:1:12">2 <app>
                  <lem>Timoth.</lem>
                  <rdg wit="#b #c" type="v">Tim.</rdg>
                </app> 1, 12.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>Ich weiß an wen ich <index indexName="subjects-index">
              <term>glauben</term>
            </index>glaube, und bin gewiß daß er meine Beilage,
                                    unverbrüchlich bewahren wird.</hi> Ward dieser nicht, von <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> selbst gestärket? – Auf einer Reise wirst du zu deinem
                                grossen Verdruß einige Stunden aufgehalten. Und gerade in diesen
                                Stunden ward ein Reisender auf eben dem Wege den du nahmst, <index indexName="subjects-index">
            <term>ermorden</term>
          </index>ermordet. – Verlegen um <pb n="225" edRef="#a" id="less_225"/> Rath in einer dir wichtigen Sache, gehest du
                                dich aufzuheitern in eine Gesellschaft. Hier fällt das Gespräch auf
                                eine völlig änliche Sache. Du hörest Urtheile und Nachrichten die
                                dich auf einmahl aus aller Verlegenheit ziehen <choice>
            <abbr>u. s. f.</abbr>
            <expan>und so ferner</expan>
          </choice> Sind dieses nicht, <app>
            <lem>Wirkungen, Seegnungen, Winke, Befehle Gottes</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi>Wirkungen, Seegnungen, Winke,
                                            Befehle Gottes</hi></rdg>
          </app>? Es ist nicht auszusprechen, was diese Kunst des Christen,
                                allenthalben <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> zu <hi>Sehen</hi> und zu <hi>Hören</hi>, für einen seeligsten
                                Einfluß in unsre Tugend, Ruhe und Glück hat! „<hi>Er
                                    blieb</hi><supplied></supplied>, sagt <index indexName="persons-index">
            <term>Paulus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:251kf">Paulus</persName> von <index indexName="persons-index">
            <term>Mose</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:2z6t7"><hi>Mose</hi></persName>, „bei allen
                                Gefahren und Elend <pb edRef="#b" n="214"/>
          <pb edRef="#c" n="229"/> unbeweglich<supplied></supplied>; – <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Hebr:11:27"><app>
                  <lem>Hebräer</lem>
                  <rdg wit="#b #c" type="v">Hebr.</rdg>
                </app> 11, 27.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>den Unsichtbaren gleichsam</hi>
          <app>
            <lem><hi>Sehend</hi>.</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Sehend</hi>!</rdg>
          </app></p>
        <p><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:7:12"><app>
                  <lem>vers</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">v.</rdg>
                </app>
                <app>
                  <lem>12.</lem>
                  <rdg type="v" wit="#b">12</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Man</hi> trug einen Todten heraus, den
                                    Einzigen Sohn seiner Mutter – die eine Witwe war.</hi></p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Ach</hi></hi> wie viel Unterstüzung, wie
                                viel Pflege, wie viel Sicherheit für die Zukunft, wie viel süsse
                                Hofnungen und <app>
            <lem>herzinnige</lem>
            <rdg wit="#b #c" type="v">Herzinnige</rdg>
          </app> Freuden, wurden durch diesen <app>
            <lem>einen</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Einen</hi></rdg>
          </app> Streich zernichtet! – <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Ps:146:3" to="Ps:146:6">Psalm 146, <app>
                  <lem>3–6.</lem>
                  <rdg wit="#b" type="v">3–6</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <hi>So verlasset euch denn, nie auf Menschen. Sie können euch nicht
                                    helfen. Nur einen Athemzug, und sie sind in ihren Staub zurücke
                                    gekehret!</hi>
          <pb n="226" edRef="#a"/>
          <hi>Und augenblicklich verschwinden alle ihre grosse Anschläge.
                                    Glücklich ist der,</hi>
          <app>
            <lem><hi>dessen</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Dessen</hi></rdg>
          </app>
          <hi>Hülfe der Gütige, dessen Zuversicht der Herr, sein Gott ist! Er
                                    der Himmel und Erde, das Meer und alles was darin ist
                                    gemacht</hi>
          <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt"><hi>hat</hi></rdg>
          </app><hi>, und ewiglich Treu bleibet!</hi></p>
        <p><app>
            <lem><hi><hi rend="spaced-out">Warum</hi></hi>
              <app>
                <lem>aber,</lem>
                <rdg wit="#b" type="v">aber!</rdg>
              </app></lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi><hi rend="spaced-out">Warum</hi></hi>, aber!</rdg>
          </app> nahm <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> dieser Witwe, ihre einzige Stüze? Warum ließ <app>
            <lem>er</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Er</hi></rdg>
          </app> ihren einzigen Sohn sterben da <app>
            <lem>Er</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Er</hi></rdg>
          </app> doch beschlossen hatte, ihn wiederum lebendig zu machen?
                                Warum erhielt <app>
            <lem>er</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Er</hi></rdg>
          </app> ihn nicht am Leben, um seiner Mutter jenen <index indexName="subjects-index">
            <term>tödlicher Gram</term>
          </index>tödtlichen <app>
            <lem>Gram</lem>
            <rdg type="v" wit="#c">Graam</rdg>
          </app> abzuwenden? – Dieser <app>
            <lem>Gram</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Graam</rdg>
          </app> erweckte und stärkte ihr Vertrauen auf <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app>, und brachte sie <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:7:16"><app>
                  <lem>vers</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">v.</rdg>
                </app>
                <app>
                  <lem>16.</lem>
                  <rdg wit="#b" type="v">16</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg> zur Annehmung der Lehre
                                    <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><app>
              <lem>Jesu</lem>
              <rdg wit="#c" type="v"><hi>Jesu</hi></rdg>
            </app></persName>. So ward <app>
            <lem>denn</lem>
            <rdg wit="#c" type="typo-correction"><choice>
                <sic>den</sic>
                <corr type="editorial">denn</corr>
              </choice></rdg>
          </app> der kurze Schmerz, für Sie, Langes, <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">und</rdg>
          </app> Ewiges Glück! Dies lehre uns <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Röm:11:33" to="Röm:11:36">Römer 11,
                                    33–36.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>daß die Fürungen Gottes zwar ofte Unbegreiflich, Allezeit
                                    aber</hi>
          <app>
            <lem><hi>väterlich</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Väterlich</hi></rdg>
          </app>
          <hi>sind</hi>. Und was ist natürlicher, als daß uns Kurzsichtigen,
                                in einem Regierungsplan der Unermeslich in seinem Umfange und Ewig
                                in seiner Dauer ist, Tausend Dinge ganz <pb edRef="#b" n="215"/>
          <pb edRef="#c" n="230"/> Geheimniß und Räthsel sind? Diese auch dem
                                höchsten Geist unbegreifliche Weisheit, diese durch so viel
                                Millionen Proben <index indexName="subjects-index">
            <term>beweisen</term>
          </index>bewiesene <app>
            <lem>Unermesliche</lem>
            <rdg wit="#b #c" type="v">unermesliche</rdg>
          </app> Güte <hi>anbeten</hi>; und feste davon überzeugt, auch <pb n="227" edRef="#a" id="less_227"/> für die unerklärlichsten
                                und bittersten Fürungen Gott <app>
            <lem><hi>loben</hi>:</lem>
            <rdg wit="#b" type="v"><hi>loben</hi>?</rdg>
          </app> dies macht unserm Verstande so wie unserm Herzen Ehre, und
                                erhebet uns zu dem Range der <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Petr:2:9">1 <app>
                  <lem>Petri</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">Petr.</rdg>
                </app> 2, 9.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>königlichen Priester Gottes</hi>.</p>
        <p><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:7:12"><app>
                  <lem>vers</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">v.</rdg>
                </app>
                <app>
                  <lem>12.</lem>
                  <rdg wit="#b" type="v">12</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Und</hi> viel Volks aus der Stadt gieng
                                    mit ihr.</hi> Desto sicherer ist die Wahrheit dieses Wunders. Es
                                geschahe so öffentlich, vor den Thoren der Stadt, und in Gegenwart
                                einer Menge von Menschen.</p>
        <p><ptr target="#sontr16_erl_4" type="editorial-commentary"/><hi><hi rend="spaced-out">Und</hi> da sie der Herr sahe, ward er
                                    innigst gerürt, und sprach zu ihr; – – Weine nicht!</hi> – Welch
                                ein sanfter <app>
            <lem>Character</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Charakter</rdg>
          </app>! Der Anblick der weinenden Mutter rürt <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesum</hi></persName> bis ins
                                Innerste. So groß ist sein Schmerz, daß er ihn fast sprachlos macht.
                                    <ptr target="#sontr16_erl_5" type="editorial-commentary"/>Nur
                                zwei Worte, – aber voll von Zärtlichkeit, drängen sich aus der
                                    <index indexName="subjects-index">
            <term>Brust, beklemmte</term>
          </index>beklemten Brust hervor. Und kaum hat er den Jüngling
                                lebendig gemacht, so – <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:7:15"><app>
                  <lem>vers</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">v.</rdg>
                </app>
                <app>
                  <lem>15.</lem>
                  <rdg wit="#b" type="v">15</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <hi>giebt er ihn seiner Mutter</hi>. – – So müssen auch wir, <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Röm:12:15">Römer 12,</citedRange></bibl>
            <app>
              <lem><app>
                  <lem>15,</lem>
                  <rdg wit="#b" type="v">15.</rdg>
                </app> verglichen vers</lem>
              <rdg wit="#c" type="pp">15. vergl.
                                            v<supplied>.</supplied></rdg>
            </app>
            <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Röm:12:9 Röm:12:10">9. 10.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>mit den Weinenden weinen</hi>: nicht eher ruhen als bis wir nach
                                allem Vermögen das Elend in Freude verwandelt. Diejenigen aber
                                welche Freude in Elend verwandeln, wie fern sind die noch vom Reiche <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Gottes</hi></rdg>
          </app>!</p>
        <p><pb n="228" edRef="#a"/>
          <hi><hi rend="spaced-out">Unser</hi></hi> Heiland tadelt nicht die
                                Thränen der Mutter. Er tröstet sie. Er nimmt gar selbst Theil daran.
                                    <hi>Die christliche Geduld ist also keine</hi>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>fühllose Härte</term>
          </index><app>
            <lem><hi>füllose</hi></lem>
            <rdg wit="#b" type="v"><hi>fühllose</hi></rdg>
          </app>
          <hi>Härte.</hi> Fülen <app>
            <lem>dürfen,</lem>
            <rdg wit="#b #c" type="v">dürfen</rdg>
          </app> und sollen wir <app>
            <lem>unsre</lem>
            <rdg type="v" wit="#b #c">unser</rdg>
          </app> Leiden. Unser Schmerz, unsre Thrä<pb edRef="#b" n="216"/><pb edRef="#c" n="231"/>nen dabei, sind natürlich, sind gerecht und
                                heilsam. Aber sie mit <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">festem</rdg>
          </app> Vertrauen auf <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> und Dank tragen, und fromm gebrauchen: dies ist die Pflicht
                                die alsdenn das Christenthum von uns fordert. Oder vielmehr, dies
                                ist die Grösse und Seeligkeit des Geistes, wozu es uns erhebet.
                                    <bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Hebr:12:1" to="Hebr:12:11"><hi>Hebräer</hi> 12,
                                    1–11.</citedRange></bibl></p>
        <p><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:7:14 Lk:7:15"><app>
                  <lem>vers</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">v.</rdg>
                </app>
                <app>
                  <lem>14.</lem>
                  <rdg wit="#b" type="v">14</rdg>
                </app> 15.</citedRange></bibl></seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Nun</hi> trat er hinzu, <ptr target="#sontr16_erl_6" type="editorial-commentary"/>und
                                    hielte die Bahre an</hi>, worauf der Leichnam frei, <app>
            <lem>und</lem>
            <rdg wit="#c" type="typo-correction"><choice>
                <sic>nnd</sic>
                <corr type="editorial">und</corr>
              </choice></rdg>
          </app> unbedeckt lag. <hi>Und die Träger stunden. Er aber sprach,
                                    Jüngling,</hi> – so schüzet uns kein Alter vor dem <index indexName="subjects-index">
            <term>Tod</term>
          </index>Tode! – <hi>Jüngling ich sage dir, stehe auf! – Alsbald
                                    richtete der Todte sich auf, und fieng an zu reden. Und</hi>
          <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>
          <hi>gab ihn seiner Mutter.</hi></p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Für Unmöglich</hi></hi> kan dies Niemand
                                halten der auch nur weiß, was mit einer Raupe vorgeht. <hi><hi rend="spaced-out">Unnüz</hi></hi> aber kan es Niemanden
                                dünken der die <index indexName="subjects-index">
            <term>Religion, christliche</term>
          </index>christliche Religion kennt. Nirgends können Wunder würdiger
                                angewandt werden, als zum <pb n="229" edRef="#a"/>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>Beweis</term>
          </index>Beweise einer Religion, welche Millionen Menschen in Zeit
                                und Ewigkeit beglückt.</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Bemerket</hi></hi> aber hier den
                                    <hi>Anstand, die Würde</hi> in dieser Handlung <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>! Nachdem er
                                der Menschheit zu Ehren, das Opfer des Mitleidens gebracht, tritt er
                                hinzu, und hält den Sarg an; und spricht das Macht-Wort,
                                    <hi>Jüngling ich sage dir, stehe auf!</hi> In dem allen drückt
                                sich so lebhaft als rürend, beides die gröste Zuversicht zu seiner
                                Macht, und das Wohltätige, <app>
            <lem>Liebesvolle</lem>
            <rdg wit="#b" type="v">Liebensvolle</rdg>
          </app> seiner Religion aus. – Sezet hinzu, daß die Begebenheit so
                                umständlich beschrieben; und so ganz ohne allen Schmuck mit der
                                    <index indexName="subjects-index">
            <term>Simplizität, edelste</term>
          </index>edelsten Simplicität erzälet wird. So kan uns an der <pb edRef="#b" n="217"/>
          <pb edRef="#c" n="232"/>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>Wahrheit und Göttlichkeit des Wunders</term>
          </index>Wahrheit und Göttlichkeit dieses Wunders kein <index indexName="subjects-index">
            <term>vernünftiger Zweifel</term>
          </index>vernünftiger Zweifel mehr übrig bleiben.</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Noch</hi></hi> fester wird unser <index indexName="subjects-index">
            <term>Glaube</term>
          </index>Glaube durch die <index indexName="subjects-index">
            <term>Wirkung des Wunders</term>
          </index>Wirkung dieses Wunders. – <ptr target="#sontr16_erl_15" type="editorial-commentary"/><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:7:16 Lk:7:17"><app>
                  <lem>vers 16<supplied>.</supplied></lem>
                  <rdg wit="#c" type="pp">v. 16.</rdg>
                </app> 17.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>Sie erstaunten alle, lobpreiseten Gott und sprachen, Es ist ein
                                    grosser Prophet unter uns aufgestanden, und Gott ist seinem Volk
                                    gnädig. Und die Nachricht davon verbreitete sich in das ganze
                                    Jüdische Land und die angränzende Länder.</hi></p>
        <p><pb n="230" edRef="#a"/>
          <hi><hi rend="spaced-out">Lasset</hi></hi> uns noch einen Blick auf
                                diese Geschichte in ihrem ganzen Zusammenhange werfen! Ihr zärtliche
                                    <hi>Eltern, <index indexName="subjects-index">
              <term>Ehegatten</term>
            </index>Ehegatten</hi>, und <hi>Freunde</hi>! Wie <app>
            <lem>zittert</lem>
            <rdg wit="#c" type="typo-correction"><choice>
                <sic>zitttert</sic>
                <corr type="editorial">zittert</corr>
              </choice></rdg>
          </app> eure Seele <app>
            <lem>für</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">vor</rdg>
          </app> dem Verlust desjenigen was euch auf der Welt das Liebste ist!
                                Wie blutet euer Herz, wenn ihr euer Kind, euren Gatten, euren Freund
                                leiden sehet! Welch ein herber <app>
            <lem>Gram</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Graam</rdg>
          </app>, was für ein unbeschreiblich peinlicher Schmerz, wenn sie der
                                Todt aus euren Armen, oder vielmehr aus eurem Herzen reißt! Hier, wo
                                alles <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt"><hi>Irrdische</hi></rdg>
          </app> was uns <app>
            <lem>erfreuet</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">erfreuet, ofte</rdg>
          </app> nur Augenblicke dauert; und so sehr mit Kummer, <app>
            <lem>Schmerz</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Schmerz,</rdg>
          </app> und Sorge <index indexName="subjects-index">
            <term>vergällen</term>
          </index>vergället ist; wo unsre <app>
            <lem>beste</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">besten</rdg>
          </app> Freuden <app>
            <lem>sich</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">der <hi>Erde</hi></rdg>
          </app> über kurz oder lang in <app>
            <lem>peinlichsten</lem>
            <rdg wit="#c" type="typo-correction"><choice>
                <sic>peiulichsten</sic>
                <corr type="editorial">peinlichsten</corr>
              </choice></rdg>
          </app> Schmerz verwandeln: hier wo unsre <app>
            <lem>feinste</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">feinsten</rdg>
          </app> Empfindungen, diese Ausflüsse <app>
            <lem>deiner</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Deiner</hi></rdg>
          </app> Liebe, <hi>Vater unsrer Seele!</hi> uns <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">zuweilen</rdg>
          </app> zur <index indexName="subjects-index">
            <term>Folter</term>
          </index>Folter werden, Nein! <hi>Ewige Liebe! dieses Leben kan nicht
                                    unsre Bestimmung</hi>, <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">und</rdg>
          </app> unser Alles <hi>seyn</hi>!</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Doch</hi></hi> nein, sie sind nicht Marter
                                für uns, selbst der Todt der Freunde unsers Herzens verliert nun
                                seine <index indexName="subjects-index">
            <term>Schrecken, der</term>
          </index>Schrecken, <app>
            <lem>nachdem du</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">nach dem <hi>Du</hi></rdg>
          </app>
          <app>
            <lem>uns</lem>
            <rdg wit="#c" type="typo-correction"><choice>
                <sic>uus</sic>
                <corr type="editorial">uns</corr>
              </choice></rdg>
          </app> durch <app>
            <lem>deinen</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Deinen</hi></rdg>
          </app> Sohn, die Ewigkeit eröfnet und gelehret, wo<pb edRef="#b" n="218"/><pb edRef="#c" n="233"/>hin sie vorangehen. <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Hebr:12:22" to="Hebr:12:24"><app>
                  <lem>Hebräer</lem>
                  <rdg wit="#b #c" type="v">Hebr.</rdg>
                </app> 12, 22–24.</citedRange></bibl></seg> Da werden
                                wir sie wieder finden, um mit ihnen, und allen <app>
            <lem>deinen</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Deinen</hi></rdg>
          </app> treuen Verehrern, und allen <app>
            <lem>deinen</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Deinen</hi></rdg>
          </app> heiligen Engeln, und den noch <pb n="231" edRef="#a" id="less_231"/> erhabeneren Bewohnern <app>
            <lem>deines</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Deines</hi></rdg>
          </app> Himmels, und mit unserm <app>
            <lem>Erlöser</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Erlöser</hi></rdg>
          </app>, und mit <app>
            <lem>dir</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Dir</hi></rdg>
          </app>, <hi>Gott aller Völker!</hi> in der nächsten Verbindung und
                                allerzärtlichsten Freundschaft ewig zu leben. So <index indexName="subjects-index">
            <term>genießen</term>
          </index>geniesset denn, <app>
            <lem>Seelen zur Freundschaft gemacht</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi>Seelen zur Freundschaft
                                        gemacht</hi></rdg>
          </app>! geniesset ruhig und froh eure <app>
            <lem>Freunde. Druckt</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">Freunde! Drückt</rdg>
          </app> sie an eure <index indexName="subjects-index">
            <term>Brust, wallende</term>
          </index>wallende Brust, nezet ihre Wangen mit Thränen der
                                Zärtlichkeit, gehet mit ihnen Hand in Hand auf dem Wege der <index indexName="subjects-index">
            <term>irdische Wanderschaft</term>
          </index>irrdischen Wanderschaft fort. Aber <hi>dankt es eurem
                                    Erlöser</hi>, der den Todt zernichtet, der uns und unsern
                                Freunden die Versicherung gegeben <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">hat</rdg>
          </app>, <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:11:25 Joh:11:26"><app>
                  <lem>Johannis</lem>
                  <rdg wit="#b #c" type="v">Joh.</rdg>
                </app> 11, 25. 26.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich <index indexName="subjects-index">
              <term>glauben</term>
            </index>gläubet, der wird leben, ob er gleich stirbt. Ja! wer in
                                    diesem Leben an mich gläubt, der wird – ganz und gar nicht
                                    sterben!</hi></p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Weil</hi></hi> indessen der <index indexName="subjects-index">
            <term>Tod des Leibes</term>
          </index>Todt unsers sterblichen Leibes, uns auf einige Zeit von
                                unsern Freunden trennet, und weil das ununterbrochene seelige Leben
                                nur den Tugendhaften versprochen <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">ist</rdg>
          </app>: so sey diese Geschichte auch eine Lehre für euch
                                    <hi>Eltern</hi> und <hi>Kinder</hi>. Für die Eltern, daß <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:7:29" to="1Kor:7:31">1 <app>
                  <lem>Corinther</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">Cor.</rdg>
                </app> 7, <app>
                  <lem>29–31.</lem>
                  <rdg wit="#b" type="v">29–31</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <hi>sie nie das Herz an die Kinder fesseln</hi>, sie bei aller
                                    <index indexName="subjects-index">
            <term>Inbrunst</term>
          </index>Inbrunst, immer mit dem himmlischen Sinn des Christen
                                lieben. Und für die Kinder, daß sie sich <pb n="232" edRef="#a"/>
          <hi>desto mehr eines christlich-tugendhaften Lebens</hi>
          <app>
            <lem><hi>befleissigen</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>befleißigen</hi></rdg>
          </app>. Dies wird sie <app>
            <lem>für</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">vor</rdg>
          </app> hundert Verkürzungen des Lebens bewahren; und wenn dennoch
                                ein <app>
            <lem>früzeitiger</lem>
            <rdg wit="#b #c" type="v">frühzeitiger</rdg>
          </app> Todt sie wegnimt, ihren Eltern und Freunden den Trost
                                sichern, daß sie durch den Todt zum Leben übergegangen.</p>
      </div></lem>
    <rdg type="om" wit="#z"/>
  </app>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_1"><label>Spannen-langes Leben</label>
    <p>Der Begriff „Spanne“ wird zur Hervorhebung von etwas Kleinem, Kurzem oder
                        Beschränktem verwendet (vgl. <hi>Grimm</hi>, z. St.) und findet sich in
                        diesem Sinne auch in der Bibel (vgl. Jes 40,12). Dieselbe Wendung verwendet
                        Leß auch <ref target="textgrid:259sd.5#less_288">a288</ref>.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_2"><label>Sein
                        Unendlicher Verstand übersiehet Alles, mit Einem Blick [...] ihrer Umstände
                        und Folgen gelenkt.</label>
    <p>Leß greift hier den Schluss des vorangegangenen Sonntagsevangeliums auf (vgl.
                            <ref target="textgrid:259s6.5#less_218">a218</ref>). Es handelt es sich
                        um ein gutes Beispiel dafür, dass die einzelnen Auslegungen nicht
                        unverbunden nebeneinander stehen (vgl. dazu die <hi>Einleitung</hi>, XX f.
                        <!--  Seitenzahl prüfen! -->).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_3"><label>ein
                        einziger fast unmerklicher Funke in den Pulverthurm geworfen Städte
                        zerschmettert</label>
    <p>Dieses Bild (vgl. auch H. Sander, Von der Güte und Weisheit Gottes in der
                        Natur, <hi rend="superscript">2</hi>1780, 62) hat für die Adressaten der
                            <hi>Sontags-Evangelia</hi> einen durchaus realen Hintergrund: Bekannte
                        Beispiel für Pulverturmexplosionen sind im 17. Jh. die Pulvertürme von
                        Bremen (1624, 1739 und 1647) und der sog. „donderslag“ von Delft (1654), im
                        18. Jh. traf es Berlin (1720) und Breslau (1749) sowie, wenige Jahre nach
                        der Erstauflage der „Sontags-Evangelia“, die Stadt Wien (1779). Im 19. Jh.
                        sind etwa die Explosionen von Danzig (1815) und Mainz (1857) zu nennen. Im
                        Kriegsjahr 1762 war es auch in der Garnisons- und Festungsstadt Göttingen
                        (vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:259sh.5#sontr23_erl_3"/>) zur
                        Explosion eines Pulverturms gekommen, bei der sowohl St. Albani als auch St.
                        Nikolai stark beschädigt wurden. Infolge dieser Explosion stürzte 1777 einer
                        der beiden Kirchtürme der Nikolaikirche ein. Zu diesem Zeitpunkt fanden die
                        Universitätsgottesdienste noch in der Paulinerkirche statt, St. Nikolai
                        wurde erst 1822 als Universitätskirche eingeweiht.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_4"><label>Und da
                        sie der Herr sahe [...] Weine nicht!</label>
    <p>D.i. Lk 7,13. Eine entsprechende Marginalie fehlt.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_5"><label>Nur zwei
                        Worte, – aber voll von Zärtlichkeit, drängen sich aus der beklemten Brust
                        hervor.</label>
    <p>Lk 7,13 liest in der griechischen Textgestalt des 18. Jh.s mit <foreign lang="grc">μὴ κλαῖε</foreign> (vgl. z.B. <hi>Wettstein</hi>, z. St.)
                        ebenfalls zwei Worte (vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:259rs.5#sontr10_erl_13"/>). Zur zärtlichen Anteilnahme
                        Jesu vgl. etwa auch <ref target="#less_133">a133–136</ref>.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_6"><label>und
                        hielte die Bahre an, worauf der Leichnam frei, und unbedeckt lag</label>
    <p>Hier handelt es sich um ein aufschlussreiches Beispiel für Leß’ umsichtige,
                        auf Konsistenz zielende Übersetzungweise: Während Luther Lk 7,14 <foreign lang="grc">σορός</foreign> mit „Sarg“ wiedergibt (vgl.
                            <hi>Luther</hi> [1545], z. St.), bevorzugt Leß den Begriff „Bahre“, auf
                        der der Leichnam nach Leß’ anschließender Erklärung offen gelegen habe.
                        Diese um Verbesserung bemühte Abweichung von der Luther-Übersetzung (vgl.
                        dazu die <hi>Einleitung</hi>, XXI f. <!-- Seitenzahl prüfen! -->) ist dem
                        weiteren Verlauf der Szene geschuldet, denn der Jüngling richtet sich nach
                        Lk 7,15 infolge der Ansprache Jesu auf. Ein geschlossener Sarg lässt dies
                        nicht unmittelbar zu. Später kann Leß jedoch zur Luther-Übersetzung „Sarg“
                        zurückkehren (vgl. a229).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_7"><label>die
                        Träger welche den Leichnam zum Grabe bringen. Nun stehen sie stille als
                        Jesus hinzutritt und die Bahre anhält.</label>
    <p>Dass die dritte Auflage hinter „Nun stehen sie stille“ erneut „die Träger
                        welche den Leichnam zum Grabe bringen“ liest, mag mit einem groben
                        Satzfehler in der zweiten Auflage zusammenhängen: Während in der ersten
                        Auflage die Zeile hinter „hinzutritt und die“ umbricht und die neue Zeile
                        mit „Bahre anhält“ beginnt, fügt die zweite Auflage hinter dem Zeilenumbruch
                        nochmals die beiden vorangegangenen Zeilen ein (vgl. <hi>Editorische
                            Korrekturen</hi>, z. St.). Die in der Wiederholung der Wendung „die
                        Träger welche den Leichnam zum Grabe bringen“ bestehende Überarbeitung in
                        der dritten Auflage könnte aus der fehlerhaften Zeilenverdoppelung in der
                        zweiten Auflage entstanden sein.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_8"><label>Geschicht-Bücher</label>
    <p>Gemeint sind die Geschichtsbücher des Neuen Testaments, d.h. die Evangelien
                        sowie die Apostelgeschichte (als Lehrbücher gelten die Briefe und als
                        prophetisches Buch die Johannesoffenbarung).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_9"><label>In einer
                        Welt, wo Alles nur Eine Kette ausmacht [...] und so ins Unermesliche fort,
                        zusammengeknüpfet ist</label>
    <p>Dieser für Leß zentrale Gedanke einer <hi>scala naturae</hi> (vgl.
                            <hi>Einleitung</hi>, XXVI f. <!-- Seitenzahl prüfen! -->) wird z.B. in
                        ders., Über die Religion. Ihre Geschichte, Wahl, und Bestätigung in Dreien
                        Theilen, Th. 1, 1784, 96–159 (= § 14) entfaltet. In der perfekt
                        zusammenstimmenden Welt (vgl. auch <ptr type="page-ref" target="textgrid:259rv.5#z1_erl_6"/>), durch deren Ordnung sich das
                        Dasein Gottes und seine Regierung (<ptr type="page-ref" target="textgrid:259rk.5#sontr5_erl_28"/>) erweist, geht die „ganze
                        Natur allenthalben <hi><hi rend="spaced-out">stufenweise</hi></hi>. Nie
                        macht sie Sprünge, und nirgends läßt sie Lücken: sondern mit bedachtsamem
                        Schritt gehet sie fort und sezt alles in den innigsten Zusammenhang“ (aaO
                        123f.). Leß beruft sich dabei explizit auf die sog. <hi>lex continui</hi>
                        (vgl. aaO 124), wie sie v.a. in Gestalt der Leibniz-Wolffschen Philosophie
                        verbreitet war (vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:259s8.5#sontr17_erl_1"/>).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_10"><label>{Apostelgesch. 17, 24–28.} durch Ihn lebt alles, und wird beweget,
                        und ist</label>
    <p>Wiedergegeben wird Apg 17,28.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_11"><label>David
                        übt sich bei seiner Heerde im Schleudern: und dies erhebt ihn auf den
                        Thron.</label>
    <p>David war zunächst Hirte (vgl. <ptr type="page-ref" target="#sontr3_erl_12"/>), bevor er den Philister Goliat besiegte (vgl. 1Sam 17) und König über
                        Juda (vgl. 2Sam 2, 1–11) und schließlich über ganz Israel wurde (vgl. 2Sam
                        5,1–5).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_12"><label>Jacob
                        läßt dem geliebten Joseph ein besseres Kleid [...] Premier Minister von
                        Egypten.</label>
    <p>Vgl. Gen 37,3; 41,37–46 (dieses Beispiel findet sich z.B. auch <ref target="textgrid:25dfm.5#less_398">a398</ref>. <ref target="textgrid:25dfs.5#less_480">a480</ref>).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_13"><label>ein
                        Lüftchen aus dem Gleichgewicht gesezt den Abgrund der Erde eröfnet und Berge
                        und Städte verschlinget</label>
    <p>Als konkreter Hintergrund ist hier sofort an das verheerende Erdbeben von
                        Lissabon am 1. November 1755 zu denken, das einen intensiv und
                        gesamteuropäisch geführten Katastrophendiskurs auslöste und insbesondere die
                        Theodizeefrage neu aufwarf.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_14"><label>wo
                        Regenten durch die Hand des Henkers und Tausende von Menschen durch die Wuth
                        des Krieges das Leben verliehren</label>
    <p>Hierbei dürfte es sich um eine Anspielung auf den <hi>Englischen
                            Bürgerkrieg</hi> (1642–1651) und Karl I. (1600–1649) handeln, der auf
                        Betreiben Oliver Cromwells (1599–1658) hingerichtet wurde. Leß, den eine
                        Gelehrtenreise nach England geführt hatte, dürfte mit diesem bedeutenden
                        Stück englischer Geschichte, in dessen Verlauf die Monarchie abgeschafft und
                        eine Republik errichtet worden war, vertraut gewesen sein. Explizit
                        bezeichnet er Karl I. als „unglücklichen Könige“ (G. Leß, Wahrheit der
                        christlichen Religion, <hi rend="superscript">4</hi>1776, § 3 [= II. über
                        Leland]) und seine Hinrichtung als „wahre[n] Mord“ (ders., Christliche
                        Moral, 1777, 348). Die in der dritten Auflage vorgenommene Textveränderung
                        von „wo“ zu einem konsekutiven „daß“ lässt vermuten, dass die zuvor
                        erwähnte, Kriege und Empörungen verursachende „Lustreise“ ebenfalls im
                        Zusammenhang des Englischen Bürgerkrieges zu suchen ist. Es muss jedoch
                        offenbleiben, auf welche Reise Leß hier konkret anspielt.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr16_erl_15"><label>{vers
                            16<supplied>.</supplied> 17.} Sie erstaunten alle</label>
    <p>Der die wörtlich mit „Furcht ergriff sie alle“ (vgl. <hi>Luther</hi> [1545],
                        z. St.) zu übersetzende Halbsatz Lk 7,16 <foreign lang="grc">ἔλαβε δὲ
                            φόβος ἅπαντας</foreign> (vgl. <hi>Wettstein</hi>, z. St.) wird von Leß
                        deutlich positiver wiedergegeben. In seiner um Verbesserung bemühten
                        Übersetzung scheint der auch in Wilhelm Abraham Tellers (1734–1804)
                            <hi>Wörterbuch</hi> vorfindliche Gedanke auf, dass Furcht und Entsetzen
                        keine angemessenen Reaktionen auf Jesu Reden oder Taten sein können (vgl. W.
                        A. Teller, Wörterbuch des Neuen Testaments zur Erklärung der christlichen
                        Lehre, <hi rend="superscript">2</hi>1773, 114 [„Entsetzen“] [dieses Werk
                        erscheint als BdN IX]) (vgl. dazu z.B. auch die Übersetzung von Apg 2,12
                        [vgl. <ref target="textgrid:25dgh.5#less_711_c">c711</ref> mit c712 Anm.
                            <ref target="#less_z6_note14">*</ref>]).</p></note>
</div>