<div type="section-group" id="less_3_PassPred">
<app>
<lem><div type="section" id="less_section_3pass">
<head type="main"><ptr target="#passpred3_erl_3" type="editorial-commentary"/><choice>
<orig>Dritte <app>
<lem>Passions-Predigt</lem>
<rdg type="v" wit="#b">Passions-Predigt.</rdg>
</app></orig>
<supplied reason="toc-title">3. Passionspredigt (Joh
19,28−30)</supplied>
<supplied reason="column-title">3. Passionspredigt (Joh
19,28−30)</supplied>
</choice></head>
<head type="sub"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Joh:19:28" to="Joh:19:30"><hi>Johannis</hi> 19,
28–30.</citedRange></bibl></head>
<head type="sub"><hi><hi rend="spaced-out">Was</hi> es sey, <hi rend="spaced-out">Würdig der Erlösung</hi></hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi><hi rend="spaced-out">Jesu</hi></hi></persName>
<hi><hi rend="spaced-out">leben</hi>?</hi></head>
<p><ptr target="#passpred3_erl_4" type="editorial-commentary"/><hi><hi rend="spaced-out">Darnach</hi>, als</hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>
<hi>wuste, daß schon alles vollbracht war, daß die <index indexName="subjects-index">
<term>Schrift</term>
</index>Schrift erfüllet würde, spricht er: Mich dürstet. Da
stund ein Gefäß voll Essigs. Sie aber fülleten einen Schwamm mit
Essig, und legten ihn um einen Ysopen, und hielten es ihm dar
zum Munde. Da nun</hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>
<hi>den Essig genommen hatte, sprach er: es ist vollbracht; und
neigte das Haupt, und verschied.</hi></p>
<milestone unit="line" type="separator" rend="star"/>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Als</hi> Christen</hi>, <app>
<lem>Würdig</lem>
<rdg type="v" wit="#b">würdig</rdg>
</app> der Liebe Gottes, würdig dem Creuze, der Erlösung <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName> zu leben! –
Dies war das Gelübde, das feierliche Gelübde, <ptr target="#passpred3_erl_5" type="editorial-commentary"/>womit wir
neulich die Betrachtung der unermeslichen Liebe Gottes in dem
<hi>verdienstlichen</hi> Leiden Seines Sohnes schlossen.</p>
<p><pb n="586" edRef="#b"/>
<hi><hi rend="spaced-out">Was</hi></hi> heißt nun aber, <hi>würdig
der Erlösung</hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>
<hi>leben</hi>? Wie müssen wir leben, um würdig der Liebe Gottes,
würdig dem Creuze <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName> uns zu
bezeigen?</p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Dies</hi>, Meine Christl. Zuh. lernen</hi>,
dies <hi>Sehen</hi> wir heute, an <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>, der für uns
an jenem martervollen und schmälichen Creuze hängt; und nun im
Begrif ist, zur Ruhe von allen seinen peinlichen Arbeiten, und
<index indexName="subjects-index">
<term>schreckliche Leiden</term>
</index>schrecklichen Leiden einzugehen! – <hi><hi rend="spaced-out">Das</hi></hi></p>
<p><pb n="608" edRef="#a"/>
<hi><hi rend="spaced-out">Geschäfte</hi>, das <hi rend="spaced-out">Tagewerk</hi> Gottes vollbringen; so wie es</hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>
<hi>vollbracht.</hi></p>
<p>Das <hi>Christen!</hi> heißt, würdig der Erlösung <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName> leben! Das
ist unsre Pflicht, wenn wir uns als dankbahre Seelen zeigen; wenn
wir unser feierliches Gelübde erfüllen wollen. – Wie könte ich nun
noch, an <app>
<lem>Eurer</lem>
<rdg type="v" wit="#b">eurer</rdg>
</app> Aufmerksamkeit zweifeln?</p>
<milestone unit="line" type="separator" rend="star"/>
<p><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:19:28">vers 28</citedRange></bibl></seg>
<hi><hi rend="spaced-out">Als</hi> nun – würde.</hi> „Daß er alles
vollbracht, was die Schrift vorhergesaget: was Gott ihm <app>
<lem><choice>
<sic>aufgetragen.</sic>
<corr type="editorial">aufgetragen,</corr>
</choice></lem>
<rdg type="typo-correction" wit="#b">aufgetragen,</rdg>
</app> und in den Schriften des <index indexName="subjects-index">
<term>Altes Testament</term>
</index><choice>
<abbr>Alt. Test.</abbr>
<expan>Altes Testament</expan>
</choice> bereits der Welt angekündiget hatte!“</p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Spricht</hi> er – dürstet!</hi> – Nun erst
denkt er an sich selbst. – So sehr lag ihm jenes am Herzen; so
eifrig war seine ganze Seele auf Gott, und sein Geschäfte geheftet:
daß er selbst diese dringende Bedürfniß der Natur, darüber vergaß. –
Nun aber, da Er alles, zur Beglückung der Welt vollbracht, sprach
er; mit der Seelen Ruhe eines zärtlichen Vaters, der nun eben alles
ausgerichtet, um das Glück seiner Familie recht feste zu gründen,
sprach Er: <hi>Mich dürstet!</hi></p>
<p><pb n="587" edRef="#b"/>
<ptr target="#passpred3_erl_6" type="editorial-commentary"/><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:19:29"><choice>
<sic>vers 26</sic>
<corr type="editorial">vers 29</corr>
</choice></citedRange></bibl>
<choice>
<abbr>vergl.</abbr>
<expan>vergleiche</expan>
<expan>verglichen</expan>
</choice>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:27:48">Matth.
27, <app>
<lem>48</lem>
<rdg type="v" wit="#b">48.</rdg>
</app></citedRange></bibl></seg>
<app>
<lem><hi><hi rend="spaced-out">Da</hi></hi></lem>
<rdg type="v" wit="#b"><hi>Da</hi></rdg>
</app>
<hi>stand ein Gefäß voll Essigs</hi> – <choice>
<abbr>u. s. f.</abbr>
<expan>und so ferner</expan>
</choice> Man tränkte nämlich einen Büschel von Ysop mit Essig;
legte diesen in einen <app>
<lem>Schwamm;</lem>
<rdg type="v" wit="#b">Schwamm:</rdg>
</app> und befestigte beides an ein Rohr, um es ihm, ans Creuze
hinauf zu reichen.</p>
<p><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:19:30">vers 30</citedRange></bibl></seg>
<hi><hi rend="spaced-out">Als</hi> nun – vollbracht!</hi> – – Welche
Wonne für die Göttliche Seele <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>! Welcher
Seegen für uns! – <hi><hi rend="spaced-out">Vollbracht</hi></hi>
hatte Er nun, für uns Alles. Vollbracht, die Geschäfte; – die
Leiden; – die Summe <index indexName="subjects-index">
<term>menschenfreundliche Taten</term>
</index>Menschenfreundlicher Thaten. <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:19:30">vers
30</citedRange></bibl>
<choice>
<abbr>vergl.</abbr>
<expan>vergleiche</expan>
<expan>verglichen</expan>
</choice>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:13:26"><app>
<lem>Lucä</lem>
<rdg type="v" wit="#b">Luc.</rdg>
</app> 13, 26.</citedRange></bibl></seg> Vollbracht mit
einem Wort: <hi>das Tagewerk</hi>, das ihm Gott aufgetragen!</p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Da</hi> neigete er – verschied.</hi></p>
<p><pb n="609" edRef="#a"/>
<hi><hi rend="spaced-out">Sanft</hi></hi> neigte Er das Haupt. Und
sprach. <ptr target="#passpred3_erl_7" type="editorial-commentary"/><hi>Vater in deine Hände lege ich meinen Geist nieder.</hi>
Und als er das gesagt, verschied er. – Wer von uns wünscht hier
nicht, so zu sterben! – Noch <hi>Theureste</hi>! Noch haben wir es
alle in unsrer Gewalt. Wir alle können, so wie <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> sterben,
wenn wir so wie <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> leben.</p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Sein</hi></hi> ganzes Leben, an jedem Tage,
in jedem Theile, war eine Vollbringung des Willens Gottes, des
Tage-Werkes, das ihm Gott aufgetragen. Ein beständiger Dienst
Gottes. <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:4:34"><app>
<lem>Johannis</lem>
<rdg type="v" wit="#b">Joh.</rdg>
</app> 4, 34</citedRange></bibl></seg>
<hi>Das ist meine Speise,</hi> spricht er, meine tägliche
Beschäftigung meine Lust und Vergnügen, <hi>daß ich thue den Willen
des, der mich gesandt hat, und vollende sein Werk.</hi> So
<hi>sagte</hi> Er. Und so <hi>that</hi> Er auch.</p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Er</hi></hi> vollbrachte <hi>Seine
Geschäfte</hi>: die Geschäfte die ihm Gott aufgetragen. – Sein
Beruf in der Welt, der Posten wohin ihn Gott gestellt, war das Amt
eines Lehrers. Und dieses Amt verwalte<pb n="588" edRef="#b"/>te Er
mit einer Treue, die nicht ihres gleichen hat. –
Keine Mühe, keine
üble Nachrede, keine Schmähung, keine Gefahr und Verlust, scheuete
er, um Menschen zu erleuchten. Er gieng zu den Zöllnern, obgleich
man ihn darüber, einen Gesellen der Bösewichter nannte. – Er lehrete
die Apostel, obgleich ihr Unverstand fast unüberwindlich, und für
gemeine Seelen unausstehlich war! Er unterrichtete die Juden,
obgleich sie ihn ins <app>
<lem>Gesicht</lem>
<rdg type="typo-correction" wit="#b"><choice>
<sic>Gsicht</sic>
<corr type="editorial">Gesicht</corr>
</choice></rdg>
</app> schmäheten, und Steine gegen ihn aufhoben. – – Man kan die
Gelassenheit; die Herablassung; die unüberwindliche Geduld; die
unerschöpfliche Sanftmuth; die erfinderische Güte, nicht genug <pb n="610" edRef="#a" id="less_610"/>
<index indexName="subjects-index">
<term>bewundern</term>
</index>bewundern <ref type="note" target="#less_3_PassPred_note1">(*)</ref>: womit Er – und so solten auch wir, an der Besserung
unsrer <index indexName="subjects-index">
<term>Nebenmensch</term>
</index>Nebenmenschen billig arbeiten! – Eben dieselbe Sache ofte
zehnmahl wiederhohlt, und auf alle Seiten dreht. Die
allereinfältigsten, kindischen, fast <index indexName="subjects-index">
<term>unsinnige Einwürfe</term>
</index>unsinnigen Einwürfe, anhöret, aufnimmt, zergliedert,
wiederleget. – Das Ermüdende, Empörende, Ewige Einerlei seiner
Gegner, zehnmahl anhört, und zehnmahl aufs neue beantwortet! – Die
allerhartnäckigste Unbiegsamkeit seiner Zuhörer, allmälich und
unvermerkt zu erweichen sucht, – und wenn ich so sagen darf, die so
ungeheuren Stricke ihrer Vorurtheile, <index indexName="subjects-index">
<term>Albernheiten</term>
</index>Albernheiten, und Irrtümer, Faden vor Faden auflöset.</p>
<note id="less_3_PassPred_note1" place="bottom"><milestone n="610*" edRef="#a" unit="fn-break"/><milestone n="588*" edRef="#b" unit="fn-break"/>
<label>(*)</label>
Siehe <choice>
<abbr>z. E.</abbr>
<expan>zum Exempel</expan>
</choice> bei <index indexName="persons-index">
<term>Johannes</term>
</index>
<persName ref="textgrid:2z6t3"><hi>Johanne</hi></persName> die Reden
mit den <hi>Juden</hi>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Joh:7" to="f">Kapitel 7 <choice>
<abbr>folg.</abbr>
<expan>folgend</expan>
</choice></citedRange></bibl> Und <ptr target="#passpred3_erl_9" type="editorial-commentary"/>mit den
<hi>Aposteln</hi>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Joh:13" to="f">Kapitel 13 <choice>
<abbr>f.</abbr>
<expan>folgend</expan>
</choice></citedRange></bibl></note>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Diese</hi></hi> Bewundrung geht in <app>
<lem>Erstaunen</lem>
<rdg type="typo-correction" wit="#b"><choice>
<sic>Etstaunen</sic>
<corr type="editorial">Erstaunen</corr>
</choice></rdg>
</app> über, wenn wir – <hi><hi rend="spaced-out">seine Leiden</hi>
vollbringen</hi> sehen.</p>
<p><pb n="589" edRef="#b"/>
<hi><hi rend="spaced-out">Der</hi> Messias</hi>, der Weltheiland
solte nach Gottes Willen, und Vorhersagung durch <index indexName="persons-index">
<term>Jesaja</term>
</index>
<persName ref="textgrid:3vr2z"><hi>Jesaiam</hi></persName>, <ptr target="#passpred3_erl_8" type="editorial-commentary"/><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Jes:53">Jesaiä 53</citedRange></bibl></seg>
<hi>der Allerverachteste</hi>, der <hi>Allerunwehrteste</hi> seyn.
Voller Schmerzen! Voller Elend! Voller Marter! – – Und ihr wisset
es, <hi>Meine</hi>
<choice>
<abbr><hi>Christl.</hi></abbr>
<expan>Christlich</expan>
</choice>
<hi>Zuhörer!</hi> Bei Eurer täglichen <index indexName="subjects-index">
<term>Hausandacht</term>
</index>Haus-Andacht, bei jener stillen einsahmen Betrachtung der
<index indexName="subjects-index">
<term>Passionshistorie</term>
</index>Passionshistorie in diesen Leidens-Wochen; da, so manches
mahl ward da unsre <index indexName="subjects-index">
<term>Brust, beklemmte</term>
</index>Brust beklemmet; bange schlug das Herz; Thränen flossen aus
unsern Augen: wenn wir ihn, unsern Freund leiden sahen. Ihn so viel,
So Schwer, und So Gros- und heldenmütig leiden sahen, als noch nie
ein Mensch gelitten! – – – <hi><hi rend="spaced-out">Vom</hi></hi>
Haupt bis zu den Fußsolen, war kein Glied, klein Plaz, keine Fiber,
die <pb n="611" edRef="#a" id="less_611"/> nicht von einem
eigenen Schmerz gefoltert ward. <ptr target="#passpred3_erl_1" type="editorial-commentary"/>Das Haupt mit Dornen zerstochen!
Die Hände, eine jede, <app>
<lem>mit grossen</lem>
<rdg type="typo-correction" wit="#b"><choice>
<sic>mitgrossen</sic>
<corr type="editorial">mit grossen</corr>
</choice></rdg>
</app> Nägeln durchbohret! Der Rücken, mit Geisseln zerrissen! <ptr target="#passpred3_erl_15" type="editorial-commentary"/>Die
Füsse ans Creuz angenagelt! Der ganze Leib, an einen Pfahl aufrecht
gehangen, wo er <app>
<lem>nirgends</lem>
<rdg type="v" wit="#b">nirgend</rdg>
</app> ruhen konte, und wo sein eigenes Gewicht, jede Wunde aufriß,
und jedes Glied ausspannete, und jeden Schmerz verdoppelte. – –
<hi><hi rend="spaced-out">Und</hi></hi> in <hi>Seiner
Seele</hi>, war keine Empfindung, die nicht eine Quelle von
Schmerz, und Marter ward. Seine <hi>edelste Ehrbegierde</hi>; wie
ward sie, durch die Schmach des Creuzes gepeiniget! Was litte seine
<index indexName="subjects-index">
<term>Menschenliebe</term>
</index><hi>Menschenliebe</hi>; bei jeder Ungerechtigkeit, Bosheit,
Grausamkeit der Juden! Was seine <hi>Freundschaft</hi>; <ptr target="#passpred3_erl_14" type="editorial-commentary"/>bei dem
Unverstande seiner Jünger; <ptr target="#passpred3_erl_10" type="editorial-commentary"/>bei der Gottlosigkeit des <index indexName="persons-index">
<term>Judas Iskariot</term>
</index>
<persName ref="textgrid:3vr9b"><hi>Judas</hi></persName>; <ptr target="#passpred3_erl_11" type="editorial-commentary"/>bei dem
Falle <index indexName="persons-index">
<term>Petrus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:2z6t8"><hi>Petri</hi></persName>! Und –
seine <hi>Zärtlichkeit</hi>! Ach wer kan es <pb n="590" edRef="#b"/>
aussprechen, was seine Seele; diese Seele, so fein in ihren
Empfindungen, als groß in ihrem Muth, empfand; als er seinen <index indexName="subjects-index">
<term>Busenfreund</term>
</index>Busen Freund <index indexName="persons-index">
<term>Johannes</term>
</index>
<app>
<lem><persName ref="textgrid:2z6t3"><hi>Johannes</hi></persName>;</lem>
<rdg type="v" wit="#b"><persName ref="textgrid:2z6t3"><hi>Johannes</hi></persName>,</rdg>
</app> als er die <index indexName="persons-index">
<term>Maria</term>
</index>
<persName ref="textgrid:3phsp"><hi>Maria</hi></persName>, seine
Mutter; die zärtlichste Mutter die einsmahls so liebreich, so bange
zu ihm sprach, <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:2:48">Lucä 2,
48</citedRange></bibl></seg>
<hi>mein Sohn warum hast du uns das gethan? Dein Vater und ich haben
dich mit Schmerzen</hi>
<app>
<lem><hi>gesucht</hi></lem>
<rdg type="v" wit="#b"><hi>gesucht</hi>.</rdg>
</app> – Als er diese zwei Personen die in sein Herz gleichsam
eingewebt waren, unter dem Creuze stehen <app>
<lem>sahe</lem>
<rdg type="v" wit="#b">sah</rdg>
</app>. Sie mit zerfallenen Wangen, mit abgehärmtem, todtblassem
Gesicht, mit versteinertem Auge, da stehen sah! Ach. Wie ward sein
Herz zerrissen, als er da, das Wort – <hi>Mutter</hi> – und
<hi>Sohn</hi> aussprach! – – Väter! Mütter! Geschwister! –
Freun<pb n="612" edRef="#a"/>de! <index indexName="subjects-index">
<term>fühlen</term>
</index>Fület es, was <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> für uns
gelitten! Was es ihn gekostet, um sagen zu können – – <hi>Es ist
vollbracht!</hi></p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Vollbracht</hi></hi> hat <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>, auch die
<hi>ganze Summe Menschenfreundlicher Thaten, die ihm Gott
aufgegeben</hi>! Sein ganzes Leben war eine Kette davon: und
jeder Tag, jede Stunde, ein Glied in dieser Kette. <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:9">Lucä 9,</citedRange></bibl></seg>
<hi>Des Menschen Sohn ist nur gekommen, die Menschen zu
beglükken.</hi>
<seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:9:4">Johannis 9, 4.</citedRange></bibl></seg>
<hi>Ich muß wirken so lange es Tag ist!</hi> Dies waren die grossen
Denksprüche; die erhabenen Regeln eines jeden seiner Tage! Bald gab
er Rathlosen, Rath. Bald sprach er Schwachen, Muth ein. Bald
heiterte er Niedergeschlagene auf. So viel Traurige wurden
aufgemuntert! So manche Thräne abgetrocknet! So viel Kranke
geheilet! <ptr target="#passpred3_erl_2" type="editorial-commentary"/>So viele Witwen erfreuet – Und allenthalben wohin er nur kam,
Freude und Wohl<pb n="591" edRef="#b"/>farth, zur Rechten und zur
Linken verbreitet. – Gleich der schönen <index indexName="subjects-index">
<term>Frühlingssonne</term>
</index>Frühlings-Sonne, die jeden Plaz, dem sie sich nähert,
erleuchtet, austrocknet, erwärmet, fruchtbahr macht, und mit jedem
Strahl der aus ihr fährt, wohlthut.</p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">So</hi> vollbrachte</hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> alles.
Seine <hi>Geschäfte</hi> in dem Amte und Stande das ihm Gott
angewiesen, erregen unsre <index indexName="subjects-index">
<term>Bewunderung</term>
</index>Bewunderung. Seine <hi>Leiden</hi> sezen uns in Erstaunen.
Seine <hi>Menschenfreundliche Thaten</hi>, füllen uns mit Anbetung.
– Und nachdem er alles vollbracht, da ward, selbst die Schmach und
Quaal des Creuzes, für ihn Majestät und Wonne! – Mit aller Gegenwart
des Geistes, mit aller Ruhe des Gemüts, mit einer Himmels-Wonne der
Seele, neiget er sein <pb n="613" edRef="#a"/> Haupt sanft, –
hauchet noch den lezten Athem in Seegnungen und Beglückungen der
Menschen aus; – und gehet hin zur Fülle der Freuden im Himmel, zu
der ewigen Wonne in Gottes Gesellschaft – – Wer wolte nicht lieber,
<index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> am Creuz;
<ptr target="#passpred3_erl_12" type="editorial-commentary"/>als
<index indexName="persons-index">
<term>Tiberius</term>
</index>
<persName ref="textgrid:2z6t9"><hi>Tiberius</hi></persName>, auf dem
Throne seyn!</p>
<p><app>
<lem><hi><hi rend="spaced-out">Ja</hi>,</hi></lem>
<rdg type="v" wit="#b"><hi>Ja!</hi></rdg>
</app>
<hi>Meine Theuresten!</hi> Genent nach <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName> Nahmen! Es giebt
keinen andern Weg zur Ruhe, und Freude. Es ist kein ander Mittel,
ruhig und froh zu leben; kein Mittel froh und seelig zu sterben; als
dieses. – <hi>Vollbringen müssen wir</hi> so wie <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd">Jesus</persName>, <hi>das Geschäfte,
das Tagewerk Gottes</hi>.</p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Einem</hi></hi> jeden von uns, jeden
Menschen hat Gott, durch die Kräfte seines Leibes und seiner Seele,
durch seine Geburth und übrigen Umstände <pb n="592" edRef="#b"/> in
der <app>
<lem>Welt,</lem>
<rdg type="v" wit="#b">Welt</rdg>
</app> seinen besondern <hi>Beruf und Stand</hi> angewiesen, worin
er der Welt nüzlich seyn soll. Der eine soll als <index indexName="subjects-index">
<term>Gelehrter</term>
</index>Gelehrter, der andre als <index indexName="subjects-index">
<term>Handwerker</term>
</index>Handwerker, der dritte als <index indexName="subjects-index">
<term>Künstler</term>
</index>Künstler, oder als <index indexName="subjects-index">
<term>Kaufmann</term>
</index>Kaufmann, oder <index indexName="subjects-index">
<term>Hausvater</term>
</index>Haus-Vater, oder als <index indexName="subjects-index">
<term>Hausfrau</term>
</index>Haus-Frau Einen Theil des grossen Ackers Gottes der Welt
anbauen; und so viel an ihm ist, die Blüthe und den Wohlstand des
Ganzen befördern. – So hat auch die väterliche Weisheit Gottes,
einem jeden sein Maas von <hi>Leiden</hi> bestimt, wodurch er sich
selbst bessern, und andre erbauen soll. – Von ihm hat auch ein
jeder, Gelegenheit und Vermögen empfangen, eine Anzahl andrer
<hi>Menschenfreundlicher Thaten</hi> auszurichten. – – Diese
Arbeiten, Leiden, und menschenfreundliche Thaten: das ist das
<hi>Tagewerk</hi>, das grosse <app>
<lem>Geschäfte,</lem>
<rdg type="v" wit="#b">Geschäfte</rdg>
</app> das Gott einem jeden Menschen aufgetragen hat.</p>
<p><pb n="614" edRef="#a"/>
<hi><hi rend="spaced-out">Dieses</hi></hi> nun müssen wir
vollbringen. Es im <index indexName="subjects-index">
<term>Glaube</term>
</index>Glauben an die Lehre und Verdienst <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName>, aus dankbahrer Liebe
zu Gott vollbringen! – Vollbringen unsre <hi>Arbeiten</hi> die uns
Gott aufgetragen! Nicht müssig in der Welt leben. Sondern einen
gemeinnüzigen Beruf oder Stand wälen. Uns dazu in der Jugend
gebürend vorbereiten. Und wenn das geschehen, in diesem Stande,
unsre Arbeiten, unsre Geschäfte, als Handwerker, als Dienstbothe,
als Gelehrter, als Hausfrau verrichten; sie <hi>treulich</hi>, so
gut als wir können; sie <hi>uneigennüzig, und willig</hi>,
vornemlich darum verrichten, um dem Gott zu gefallen, der uns auf
diesen Posten gestellet. – So wie <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:4:34"><app>
<lem>Johannis</lem>
<rdg type="v" wit="#b">Joh.</rdg>
</app> 4, 34</citedRange></bibl></seg>
<index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>, den Willen
das Geschäfte Gottes zu unsrer Speise machen, unserer täglichen
Beschäftigung machen.</p>
<p><pb n="593" edRef="#b"/>
<hi><hi rend="spaced-out">Vollbringen</hi></hi> müssen wir <hi>unsre
Leiden</hi>. – Die Müseligkeiten, Beschwerdten, Leiden dieses
Lebens die uns Gott zuschickt, das heißt, die wir durch keine
rechtmässigen <index indexName="subjects-index">
<term>Klugheitsmittel</term>
</index>Mittel der Klugheit abwenden konten, willig übernehmen;
gelassen mit tiefster Unterwerfung tragen; zu unsrer immer grössern
Besserung brauchen; und dabei auf alle Weise, durch Reden und
Thaten, <hi>Zeugen der Güte Gottes</hi> in der Welt werden. – Uns
immermehr gewönen, so wie <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>, in allen
Umständen, mit Zustimmung unsers ganzen Herzens, und
Uebereinstimmung unsers ganzen Lebens zu sagen, <app>
<lem><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:26">Matth.
26,</citedRange></bibl></seg></lem>
<rdg type="om" wit="#b"/>
</app>
<hi>Vater nicht mein, sondern dein Wille geschehe.</hi></p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Vollbringen</hi></hi> müssen wir, die
<hi>Zahl der Menschenfreundlichen Thaten, die uns Gott
aufgegeben hat</hi>! Im Umgange; in unsern <pb n="615" edRef="#a"/> Häusern; gegen unsre Familie; gegen unsre
Untergebene; gegen unsre Amts-Gehülfen; unsre Beleidiger; unsre
Mitbürger; und gegen alle Menschen die Gott mit uns in Verbindung <app>
<lem>sezet</lem>
<rdg type="v" wit="#b">sezen</rdg>
</app>; so viele nüzliche Belehrung, Berathung, Vergebung, Duldung,
Unterstüzung, Hülfleistung ausrichten als
wir nur immer können. – So wie <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName><hi>,</hi>
<seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:9:4"><app>
<lem>Johannis</lem>
<rdg type="v" wit="#b">Joh.</rdg>
</app> 9, 4.</citedRange></bibl></seg>
<hi>wirken weil es Tag ist</hi>; jede Gelegenheit Menschen zu
erfreuen, und zu beglücken emsig aufsuchen, und treulich
brauchen.</p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Auf</hi></hi> diese Art <hi>alles
vollbringen</hi>. Dergestalt in unserm ganzen Leben, immer <ptr target="#passpred3_erl_13" type="editorial-commentary"/><hi>auf
Gott sehen</hi>. An dem <index indexName="subjects-index">
<term>Morgen</term>
</index>Morgen eines jeden Tages überdenken, was für Geschäfte,
Leiden und menschenfreundliche Thaten, uns von Gott aufgegeben
worden. Und in dem Laufe desselben, alles auf Gott <pb n="594" edRef="#b"/> beziehen, mit Ihm in Verbindung sezen; <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:10:31">1 Corinth. <app>
<lem>10<supplied>,</supplied></lem>
<rdg type="v" wit="#b">10,</rdg>
</app> 31</citedRange></bibl>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Kol:3:17">Colosser 3, 17.</citedRange></bibl></seg> unser ganzes
Leben, unsre Arbeiten, Ergözungen, Leiden, Gesellschaften, alles zu
einem <hi>Gottesdienst</hi> machen. – Das, <hi>Meine</hi>
<choice>
<abbr><hi>Christl. Zuh.</hi></abbr>
<expan>Christliche Zuhörer</expan>
</choice>, das heißt, als Christen, würdig der Erlösung <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>, <ptr target="#passpred3_erl_16" type="editorial-commentary"/>würdig
der Liebe Gottes lieben.</p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Erkennen</hi></hi> wir uns in diesem Bilde?
<hi>Meine</hi>
<choice>
<abbr><hi>Th. Zuh.</hi></abbr>
<expan>Theure Zuhörer</expan>
</choice> – Bringen wir jeden Tag unsers Lebens in nüzlicher
Geschäftigkeit hin; unser Haus gut zu regieren, unsre Kinder Gott
gefällig zu erziehen, die Arbeiten unsers Berufs und Standes, als
Gottes Geschäfte auszurichten: oder wenn wir noch in dem
Jugendlichen Alter leben, uns dazu gehörig vorzubereiten? – Verehren
wir in unserm Leiden, die Vaterhand die uns züchtiget? Streben wir
darnach, dadurch immer demütiger, <index indexName="subjects-index">
<term>liebesvoll</term>
</index>liebesvoller, sanftmütiger, immer bessre Menschen zu werden?
– Macht es uns Freude, irgend <pb n="616" edRef="#a"/> einen
Menschen, ohne Ausnahme, auch unsre Mitwerber, unsre Feinde zu
beglücken? Beseufzen wir jeden Tag als verlohren, den wir nicht, auf
die eine oder die andre Art, dem <hi>Reiche</hi> Gottes, der Welt
nüzlich gemacht?</p>
<p><hi>O</hi> wie sehnlich wünsche ich, daß dieses, das Leben eines
jeden unter uns sey! – Wie wohl, wie unaussprechlich wohl würde es
da, um uns alle stehen! Das, nur das, <hi>meine Theuresten</hi>,
giebt unserm Leben einen Werth. Denn nur dieses ist das
<hi>Christliche</hi>, das <hi>Göttliche</hi> im Leben, wenn wir
so, in allem und immer für Gott leben. Unsre Geschäfte, unsre
Gesellschaften, unsre Ergözungen, unsre Leiden, alles mit Gott in
Verbindung sezen; alles zu Mitteln machen, unsre Dankbahrkeit, unser
Ver<pb n="595" edRef="#b"/>trauen, unsern Gehorsam gegen Ihn zu
stärken. Das, nur das machet uns das jezige Leben, so ruhig und
froh, als es in dieser Vorbereitungszeit nur seyn kan. Verstopfet
alle die unseligen Quellen der Pein, und eröfnet in uns, tausend
unerschöpfliche Quellen der Freude. Das, nur das machet unsern Todt
froh und seelig. Wie erquickend, wie unaussprechlich süß muß es
seyn, wenn wir am Ende unsers Lebens mit <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName> sagen
können, Es ist vollbracht! Und denn wie Er, sanfte unser müdes Haupt
neigen; und zu Gott gehen!</p>
<p><hi><hi rend="spaced-out">Noch</hi></hi> stehet es in unsrer Gewalt,
uns alle diese Seeligkeiten zu verschaffen. Bedenket es aber ja
recht wohl, diese grosse, erhabene Weisheit, frölich zu sterben,
lernet man nicht auf dem Krankenbette, nicht in den Armen des Todes.
Das ganze Leben muß ein Studium auf den Todt seyn. Um so zu sterben,
als <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index>
<persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> starb,
müssen wir auch so leben, als Er lebte. Amen.</p>
</div></lem>
<rdg type="om" wit="#c #z"/>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_1"><label>Das
Haupt mit Dornen zerstochen! [...] jeden Schmerz verdoppelte</label>
<p>Vergleichbare Formulierungen finden sich auch <ref target="textgrid:25dg8.5#less_591">a591</ref>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_2"><label>So
viele Witwen erfreuet</label>
<p>Zur besonderen Stellung von Witwen vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:259rf.5#sontr2_erl_8"/>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_3"><label>Dritte
Passions-Predigt Johannis 19, 28–30. [...] Würdig der Erlösung Jesu
leben?</label>
<p>Diese Predigt findet sich auch in G. Leß, Passions-Predigten. Nebst einem
Anhange, 1776, [325]–332. In der dritten Auflage der
<hi>Sontags-Evangelia</hi> fehlen alle drei Passionspredigten (vgl. <ref target="textgrid:3r95r.2#less_VIII_c">c[VIII]</ref>).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_4"><label>Darnach, als Jesus wuste [...] neigte das Haupt, und
verschied.</label>
<p>D.i. Joh 19,28–30, die Textgrundlage dieser Predigt. Eine entsprechende
Marginalie fehlt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_5"><label>womit
wir neulich die Betrachtung [...] schlossen</label>
<p>Vgl. das Ende der 2. Passionspredigt <ref target="textgrid:25dg8.5#less_592">a592–594</ref>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_6"><label>{vers
29 vergl. Matth. 27,48} Da stand ein Gefäß voll Essigs – u. s. f. </label>
<p>Aus zweierlei Gründen ist an dieser Stelle „vers 26“ zu „vers 29“ korrigiert
(vgl. <hi>Editorische Korrekturen</hi>, z. St.): Zum einen stellt Joh 19,29
die Parallele zu Mt 27,48 dar, zum anderen wäre Joh 19,29 im Rahmen des auf
a608 vorgenommenen versweisen Durchgangs der Textgrundlage Joh
19,28–30 zwar wiedergegeben, aber ohne eigene Marginalie geblieben. Bemerkt
sei jedoch, dass sich Joh 19,26 auch auf „um das Glück seiner Familie recht
feste zu gründen“ beziehen ließe. Auch die Position der Marginalie im
Original ließe dies problemlos zu. In diesem Fall würde die Joh 19,29
zugehörige Marginalie jedoch lediglich den Vergleichsvers Mt 27,48
beinhalten und entgegen den grundsätzlichen Gepflogenheiten der
<hi>Sontags-Evangelia</hi> mit „vergl.“ beginnen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_7"><label>Vater
in deine Hände [...] verschied er.</label>
<p>Hier bietet Leß Jesu letzte Worte am Kreuz nicht nach dem Johannes-, sondern
nach dem Lukasevangelium (vgl. Lk 23,46) (vgl. dazu G. Leß,
Auferstehungs-Geschichte Jesu nach allen vier Evangelisten, 1779, 69–71 [=
Abhandlung 3]). Dieselbe Kombination findet sich auch in dem von Leß und
Johann Peter Miller (1725–1789) herausgegebenen Gesangbuch: In der letzten
Strophe wird der in Lk 23,46 überlieferte Ausspruch als letztes Wort des
Gekreuzigten bezeichnet, bevor er, wie in Joh 19,30 berichtet, sein Haupt
neigt und stirbt (vgl. Neues christliches Gesangbuch. Nebst einer Anleitung
zur Gebetsübung, hg. von G. Leß u. J. P. Miller, <hi rend="superscript">3</hi>1788, 111–113 [= Nr. 111], 112f. [Strophe 9]).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_8"><label>{Jesaiä 53} der Allerverachteste [...] Voller Marter!</label>
<p>Genauer ist wohl Jes 52,13–53,12 gemeint (vgl. c444 Anm. <ref type="note" target="#less_z3_note13">*</ref>).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_9"><label>mit
den Aposteln Kapitel 13 f.</label>
<p>Gemeint sind die dem hohepriesterlichen Gebet (Joh 17) vorausgehenden
Abschiedsreden in Joh 13–16 (vgl. dazu den 3.–6. Sonntag nach Ostern und
Pfingsten [<ref target="textgrid:25dgf.5#less_641">a641–670</ref>]).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_10"><label>bei
der Gottlosigkeit des Judas</label>
<p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:25dg0.5#quin_erl_2"/>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_11"><label>bei
dem Falle Petri</label>
<p>Die Verleugnung des Petrus (vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:25dg0.5#quin_erl_3"/>) wird im Rahmen der
Passionslieder auch in dem von Leß und Johann Peter Miller (1725–1789)
herausgegebenen Gesangbuch thematisiert (vgl. Neues christliches Gesangbuch.
Nebst einer Anleitung zur Gebetsübung, hg. von G. Leß u. J. P. Miller, 1788,
100–102. 102f. [= Nr. 103. 104]).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_12"><label>als
Tiberius, auf dem Throne</label>
<p>Tiberius (42 v.–37 n. Chr.), als Nachfolger des Augustus der zweite Kaiser
des Römischen Reiches, ist der Kaiser des in den Evangelien geschilderten
Zeitraums: 1.) Im 15. Jahr seiner Regierung (d.i. 27/28) tritt nach Lk 3,1
Johannes der Täufer auf. 2.) Auf Kaiser Tiberius geht im Jahr 35 die
Einsetzung des Lucius Vitellius (gest. nach 51) zum Statthalter von Syrien
zurück, der in dieser Funktion die Abberufung des Pontius Pilatus (1. Jh.)
als Statthalter von Judäa veranlasste. Demnach fällt auch das
Kreuzigungsgeschehen in die Zeit der Herrschaft des Tiberius, für Leß einer
der „Tyger und Teufel in Menschen-Gestalt, die bis an ihr Ende, ruhig auf
Thronen schwelgeten, da sie verdienten, tausendmahl auf dem Rade zu sterben“
(ders., Christliche Religions-Theorie fürs gemeine Leben, oder Praktische
Dogmatik,<hi rend="superscript">2</hi>1780, 539).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_13"><label>auf
Gott sehen</label>
<p>Vgl. z.B. Ps 34,6; Ps 123,2.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_14"><label>bei
dem Unverstande seiner Jünger</label>
<p>Vgl. z.B. Joh 10,6 (vgl. <ref target="textgrid:25dgd.5#less_637">a637</ref>).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_15"><label>Die
Füsse ans Creuz angenagelt! [...] wo sein eigenes Gewicht, jede Wunde
aufriß, und jedes Glied ausspannete, und jeden Schmerz verdoppelte.</label>
<p>Leß rechnet weder mit dem Vorhandensein eines die Kreuzigungsleiden
verlängernden (vgl. Joh 19,31–33) Fußbrettchens (<foreign lang="lat"><hi>suppedaneum</hi></foreign>) noch damit, dass nur die Hände mit
Nägeln fixiert worden sind, die Füße dagegen mit Seilen. „Denn man nagelte
nicht allein die Hände an den Queer-Pfahl; sondern auch die Füsse, und zwar
einen jeden mit einem eigenen Nagel, an den senkrecht in die Erde gegrabenen
Pfahl“ (G. Leß, Auferstehungs-Geschichte Jesu nach allen vier Evangelisten,
1779, 293).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="passpred3_erl_16"><label>würdig der Liebe Gottes lieben</label>
<p>Mit Blick auf Überschrift und Thema dieser Predigt dürfte hier mit aller
Wahrscheinlichkeit „leben“ statt „lieben“ gemeint sein.</p></note>
</div>