<div type="chapter" id="chapter_2_1">
<head><pb edRef="#a" n="295"/>
<pb edRef="#b" n="9"/>
<pb edRef="#c" n="8"/>
<choice>
<orig>Erster Abschnitt. <lb/><index indexName="subjects-index">
<term>exegetisch</term>
</index>Exegetische Theologie.</orig>
<supplied reason="toc-title">Erster Abschnitt. <hi>Exegetische
Theologie</hi></supplied>
<supplied reason="column-title">II.1. Exegetische
Theologie</supplied>
</choice></head>
<div type="section-group" id="section_2_5-5">
<div n="5" type="section" id="section_2_5">
<head><app>
<lem>5</lem>
<rdg wit="#a" type="v">292</rdg>
</app>.</head>
<p>Es ist für den künftigen <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrer</term>
</index>Lehrer der <index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Religion nichts weniger als <app>
<lem>überflüßig</lem>
<rdg wit="#c" type="v">überflüssig</rdg>
</app>, sich zu überzeugen, wie nothwendig es <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel mit dem angestrengtesten <app>
<lem>Fleisse</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Fleiße</rdg>
</app> zu studieren, und <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der Erforschung ihres Verstandes, und alles dessen, was dazu
erfordert wird, mit <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenen</rdg>
</app> Augen zu sehen. Wenn es noch, selbst unter denen, die Lehrer seyn
wollen, so viele giebt, die sie gar nicht einmal, als in <app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzeln</rdg>
</app> Fällen Amts wegen, lesen; die ihre Theologie lieber aus den Cisternen
oder den trüben Wassern der <index indexName="subjects-index">
<term>Compendien</term>
</index>Compendien und Systeme, als aus der <index indexName="subjects-index">
<term>Quelle</term>
</index>Quelle selbst schöpfen wollen; die zufrieden sind, hergebrachte
Texte der Bibel, worüber sie die Religion vortragen sollen, nothdürftig zu
verstehen, ohne sich um den übrigen Inhalt der <app>
<lem>heil.</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">heiligen</rdg>
</app> Schrift zu bekümmern, oft auch mit noch wenigerm, mit jedem guten
Gedanken, sich begnügen, der ihnen <app>
<lem>bey einen</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">bei einem</rdg>
</app> solchen <app>
<lem>Text beyfällt</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Texte beifällt</rdg>
</app>, ohne sich zu fragen, ob dies gerade das <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, was in dem <app>
<lem>Text</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Texte</rdg>
</app> liege; die, wenn sie ja auch das Uebrige in der Bibel lesen, statt <app>
<lem>eignen Fleisses</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">eigenen Fleißes</rdg>
</app>, auf den bloßen Uebersetzun<pb edRef="#a" n="296"/>gen oder
Commentarien <app>
<lem>Andrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Anderer</rdg>
</app> ausruhen; die ihre <index indexName="subjects-index">
<term>Zuhörer</term>
</index>Zuhörer lieber mit ihren <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenen</rdg>
</app>
<pb edRef="#b" n="10"/> Einfällen, als mit dem Inhalt der Bibel unterhalten;
die selbst gegen die zügellosesten Mißhandlungen der Bibel <app>
<lem>gleichgültig,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">gleichgültig sind, sich</rdg>
</app>
<pb edRef="#c" n="9"/> selbst <app>
<lem>in</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> die unredlichsten Vorstellungen ihres Inhalts <app>
<lem>verliebt sind</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">gefallen lassen</rdg>
</app>, wenn diese nur ihrer Einbildungskraft ein angenehmes Spiel geben: so
dürfte doch wohl jene Ueberzeugung von der <index indexName="subjects-index">
<term>Pflicht</term>
</index>Pflicht, die heilige Schrift, und zwar mit <app>
<lem>eignem Fleisse,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">eigenem Fleiße</rdg>
</app> zu studieren, selten genug, es dürften doch wohl der Vorurtheile
nicht wenig seyn, welche die Lust zu dieser Beschäftigung ersticken, und
denen man jene Ueberzeugung <app>
<lem>entgegen zu setzen</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">entgegenzusetzen</rdg>
</app> nöthig finden möchte.</p>
</div>
</div>
<div type="section-group" id="section_2_6-21">
<div n="6" type="section" id="section_2_6">
<head><app>
<lem>6</lem>
<rdg wit="#a" type="v">293</rdg>
</app>.</head>
<p>Wenn die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel auch nur als ein bloß menschliches Werk betrachtet <app>
<lem>wird:</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wird,</rdg>
</app> so muß sie doch jedem, der unbefangen den Werth eines Buchs zu
schätzen weiß, höchst <app>
<lem>respectabel</lem>
<rdg wit="#c" type="v">achtungswerth</rdg>
</app> seyn. Ein Werk, das, <app>
<lem>so häufig, wie kein andres</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">häufiger als irgend ein anderes</rdg>
</app> in der Welt, gelesen worden <app>
<lem>ist; das</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">ist,</rdg>
</app> mehr als irgend ein <app>
<lem>andres</lem>
<rdg wit="#c" type="v">anderes</rdg>
</app> gewirkt, <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">indem es</rdg>
</app> Jahrtausende hindurch ganze Nationen, und gerade die <index indexName="subjects-index">
<term>aufgeklärtester</term>
</index>aufgeklärtesten und gesittetsten, gebildet hat; das in einigen
Theilen eine Geschichte enthält, dergleichen es in Absicht auf <index indexName="subjects-index">
<term>Alterthum</term>
</index>Alterthum, Nachrichten von sonst ganz unbekannten Theilen, zumal der
ältesten Geschichte des menschlichen Geschlechts, und zugleich <app>
<lem/>
<rdg type="pt" wit="#c">der</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Glaubwürdigkeit</term>
</index>Glaubwürdigkeit, sonst gar nicht giebt; das in andern seiner Bücher <app>
<lem>zu erst</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">zuerst</rdg>
</app> Aufschlüsse von <index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Reli<pb edRef="#a" n="297"/>gion und <index indexName="subjects-index">
<term>Sittenlehre</term>
</index>Sittenlehre ertheilt, wie sie vor diesen Büchern nirgends <app>
<lem>waren,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">waren –</rdg>
</app> Aufschlüsse, die, <app>
<lem>bey <pb edRef="#b" n="11"/> alle</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">bei allem</rdg>
</app> dem, was sie von dem Gepräge der Zeit und der Nation, in der sie
zuerst gegeben wurden, <app>
<lem>tragen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">tragen –</rdg>
</app> doch so sehr alle Merkmale der reinsten <app>
<lem>Gotteswürdigen</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> Lauterkeit haben, und mit einer unübertreffbaren Einfalt,
Faßlichkeit, Fruchtbarkeit und Würde <app>
<lem>ausgedruckt</lem>
<rdg wit="#a" type="v">ausgedrückt</rdg>
</app> sind – sollte nicht die größte Aufmerksamkeit, sollte nicht vor allen
andern studiert zu werden verdienen? – Ist nun die Bibel gerade das
Werkzeug, dessen sich die göttliche <pb edRef="#c" n="10"/>
<app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Vorsehung</term>
</index>Vorsehung</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Fürsehung</rdg>
</app>
<app>
<lem>bedienet</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bedient</rdg>
</app> hat, jene <app>
<lem>reine</lem>
<rdg wit="#c" type="v">reinen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Religionsbegriffe</term>
</index>Religionsbegriffe auszubreiten, und dadurch erweislich zuerst die
allgemein herrschende und unüberwindlich scheinende Macht des Aberglaubens
und Götzendienstes zu stürzen; <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> man also die so <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besondere</rdg>
</app> Fürsorge Gottes <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> ihrer Veranstaltung und Erhaltung nicht <app>
<lem>leugnen</lem>
<rdg type="v" wit="#c">läugnen</rdg>
</app>; bekennen wir uns für überzeugt, daß das <index indexName="subjects-index">
<term>Christenthum</term>
</index>Christenthum von <index indexName="subjects-index">
<term>Gott</term>
</index>Gott, daß es der <app>
<lem>zuverläßigste</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zuverlässigste</rdg>
</app> Weg <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, der zu ihm und zur wahren <index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index>Seligkeit führt; und ist die Bibel das einzige Werk, woraus wir, was
Christenthum <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, allein mit Sicherheit lernen können: so ist unbegreiflich, wie einem
verständigen und ehrlichen <app>
<lem>Mann</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Manne</rdg>
</app>, der dieses <app>
<lem>alles</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Alles</rdg>
</app> glaubt, wie zumal einem Lehrer des <app>
<lem>Christenthums,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Christenthums</rdg>
</app> das Studium der Bibel gleichgültig, oder unwichtiger als irgend etwas <app>
<lem>anders,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">anders</rdg>
</app> seyn könne; man mag diese Sache in Absicht auf die Erkenntniß
ansehen, die er <app>
<lem>vor <hi>sich</hi> haben</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>selbst</hi> besitzen</rdg>
</app>, oder die er <app>
<lem><hi>Andern</hi></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><hi>andern</hi></rdg>
</app> mittheilen soll.</p>
</div>
<div n="7" type="section" id="section_2_7">
<head><pb edRef="#a" n="298"/>
<pb edRef="#b" n="12"/>
<app>
<lem>7</lem>
<rdg wit="#a" type="v">294</rdg>
</app>.</head>
<p>Ist die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel die <index indexName="subjects-index">
<term>Quelle</term>
</index>Quelle, woraus die christliche Lehre allein sicher geschöpft werden <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, und enthält sie die Anzeige, wie und wodurch Gott selbst die
Menschen nach und nach zu reinern <index indexName="subjects-index">
<term>Religionskenntnisse</term>
</index>Religionskenntnissen und göttlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Gesinnungen</term>
</index>Gesinnungen erzogen <app>
<lem>hat;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">hat:</rdg>
</app> so müßte schon deswegen jeder, der auch nur vorerst wissen wollte, ob
er sich für oder wider das Christenthum zu erklären habe, und <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dieser Frage ehrlich verfahren wollte, selbst die Bibel studieren.
Weit mehr müßte er es also noch, wenn er sie für das <index indexName="subjects-index">
<term>Archiv</term>
</index>Archiv hält, darin Gott seine Belehrungen der Menschen über die
wahre Religion niedergelegt <app>
<lem>hat,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hat;</rdg>
</app> und noch mehr, wenn er ein Lehrer dieser Religion seyn will, auf
dessen <app>
<lem>Untersuchungen und</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">Untersuchungen, ein Ausspender derselben, auf
dessen</rdg>
</app> Treue sich <app>
<lem>Andre</lem>
<rdg wit="#a" type="v">andre</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">Andere</rdg>
</app> sollen <app>
<lem>verlaßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">verlassen</rdg>
</app> können. (<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:4:1 1Kor:4:2">1 Kor. 4, 1. 2.</citedRange></bibl>)</p>
</div>
<div n="8" type="section" id="section_2_8">
<head><pb edRef="#c" n="11"/>
<app>
<lem>8</lem>
<rdg wit="#a" type="v">295</rdg>
</app>.</head>
<p>Zwar könnte er sich auf <app>
<lem>Andre <app>
<lem>verlaßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">verlassen</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Andere verlassen</rdg>
</app>, die bereits diesen Unterricht und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">diese</rdg>
</app> Lehre aus der heiligen Schrift gezogen, oder den Sinn der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel sorgfältig untersucht <app>
<lem>haben. Aber</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">haben; aber</rdg>
</app> doch nur <app>
<lem>alsdann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alsdenn</rdg>
</app>, wenn er selbst keine <app>
<lem>Fähigkeit beydes</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Fähigkeit, Beides</rdg>
</app> zu thun, oder wichtigere Beschäftigungen, als diese, hätte, und wenn
er völlig sicher seyn könnte, daß diese Andern nichts übersehen, keine
Fehler <app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app> begangen hätten. Mit <app>
<lem>jenen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">jenem</rdg>
</app>
<app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> er sich nicht entschuldigen; denn was <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> für <hi>ihn</hi> wich<pb edRef="#a" n="299"/><pb edRef="#b" n="13"/>tiger seyn, als vorerst Gottes <index indexName="subjects-index">
<term>Wille</term>
</index>Willen aus den reinsten, <app>
<lem>ächtesten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">echtesten</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Urkunden</term>
</index>Urkunden seines Willens zu schöpfen? <app>
<lem>und</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Und</rdg>
</app> wer nicht einmal die Kenntnisse erwerben <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> oder will, die zur überzeugenden Einsicht des wahren Verstandes
dieser Urkunden nöthig sind, mit welchem Recht will der sich Andern zum
<index indexName="subjects-index">
<term>Wegweiser</term>
</index>Wegweiser anbieten? Sicher, ohne <app>
<lem>eigne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigene</rdg>
</app> Untersuchung, <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> er eben so wenig seyn, daß die, denen er folgen will, ihn vollständig
und richtig von dem <index indexName="subjects-index">
<term>Christenthum</term>
</index>Christenthum belehrt haben. Denn jeder, der, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Gebrauch der dazu dienlichen Hülfsmittel, selbst forscht, findet
gewiß Manches in der Bibel, was <app>
<lem>Andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andere</rdg>
</app> nicht gesehen <app>
<lem>haben;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">haben,</rdg>
</app> findet, wo nicht neue Aussichten über ihren richtigern Verstand und
die darin enthaltenen Sachen, doch neue Beweise, neue Beziehungen der
Lehren, neue <app>
<lem>Arten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Arten,</rdg>
</app> sie faßlicher und eindrücklicher zu machen. Und wäre auch alles dies <app>
<lem>nicht:</lem>
<rdg wit="#c" type="v">nicht,</rdg>
</app> so <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> er sich doch Andern, die ihm vorgearbeitet haben, eher nicht sicher
anvertrauen, als bis er geprüft hat, ob sie mit hinlänglicher Einsicht und <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Unpartheylichkeit</term>
</index>Unpartheylichkeit dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Unparteilichkeit dabei</rdg>
</app> verfuhren. Dies <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> er <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Menschen, die fehlen, Manches nicht wissen, Manches übersehen können,
schlechterdings nicht mit Gewißheit annehmen, wenn er die Kenntnisse nicht
selbst mit allem Fleiß zu erlangen <pb edRef="#c" n="12"/> sucht, oder nicht
aufs gewissenhafteste <app>
<lem>braucht</lem>
<rdg wit="#c" type="v">anwendet</rdg>
</app>, die <app>
<lem>zur</lem>
<rdg type="v" wit="#a">zu</rdg>
</app> Bestimmung des Verstandes der heiligen Schrift und <app>
<lem>zur</lem>
<rdg type="v" wit="#a">zu</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Prüfung</term>
</index>Prüfung der verschiedenen Meinungen darüber nöthig sind; <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> am allerwenigsten dann entscheiden, wenn die <index indexName="subjects-index">
<term>Ausleger</term>
</index>Ausleger der Bibel über den Verstand gewisser <pb edRef="#a" n="300"/>
<pb edRef="#b" n="14"/> Stellen oder über gewisse <app>
<lem>Puncte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Punkte</rdg>
</app>, welche die Bibel <app>
<lem>angehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">angehen</rdg>
</app>, unter sich uneins sind.</p>
<note n="1" place="end"><app>
<lem><choice>
<abbr>Anm.</abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#a #c" type="v"><hi>Anm.</hi></rdg>
</app> 1. Der Wahn, daß es irgend einen oder mehrere Menschen gebe, die in
Bestimmung des Sinnes der heiligen Schrift <app>
<lem>untrüglich</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>untrüglich</hi></rdg>
</app> wären, verdient weder Aufmerksamkeit noch Widerlegung. Er stößt zu
sehr gegen den schlichten <index indexName="subjects-index">
<term>Menschenverstand</term>
</index>Menschenverstand und gegen die allgemeine Erfahrung an; ist
Widerspruch gegen die göttliche Weisheit, die nichts vergeblich thut, und
geradezu solchen Menschen Aufschluß in der Religion geben könnte, ohne erst
durch einen Umweg Aufschluß über den Verstand eines Buchs zu geben, das
Aufschluß über die <index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Religion enthalten soll; und noch hat seit den Zeiten, da das
Christenthum zuerst schriftlich in diesen Büchern verfaßt wurde, keiner, der
sich dieser untrüglichen Erklärungen rühmte, den Beweis für diese seine
Einbildung führen, oder das göttliche <index indexName="subjects-index">
<term>Creditiv</term>
</index>Creditiv dazu aufweisen können.</note>
<note n="2" place="end"><app>
<lem><choice>
<abbr>Anm.</abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#a #c" type="v"><hi>Anm.</hi></rdg>
</app> 2. Daß jeder, der die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel und ihren Verstand untersuchen soll, eben so, wie <app>
<lem>Andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andere</rdg>
</app>, irren könne, ist <app>
<lem>freylich wahr. Aber</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">freilich wahr; aber</rdg>
</app> es bleibt doch jedem kein <app>
<lem>andres</lem>
<rdg wit="#c" type="v">anderes</rdg>
</app> Mittel, möglichst sicher zu <app>
<lem>gehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gehen</rdg>
</app>, als <app>
<lem>eigne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigene</rdg>
</app> Untersuchung, und deswegen möglichstes Streben nach den <index indexName="subjects-index">
<term>Mittel</term>
</index>Mitteln, die ihn dazu in den Stand setzen <app>
<lem>können</lem>
<rdg wit="#c" type="v">können.</rdg>
</app> (<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Röm:14:12 Röm:14:22 Röm:14:4 Röm:14:5">Röm. 14, 12. 22. 4. <app>
<lem>5.).</lem>
<rdg wit="#c" type="v">5.)</rdg>
</app></citedRange></bibl> Mehr, als das Mögliche thun, mehr, als
alle Mittel <app>
<lem>wozu</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dazu</rdg>
</app> sich bekannt machen, und treu <app>
<lem>brauchen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gebrauchen</rdg>
</app>, fordert Gott nicht. Wenn uns unser Herz, auch hierin, nicht
verdammt, so haben wir Freudigkeit vor <app>
<lem>Gott,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Gott;</rdg>
</app> und was wir bitten, werden wir von <pb edRef="#b" n="15"/> ihm
empfangen, denn wir thun was vor ihm recht <app>
<lem>ist</lem>
<rdg wit="#c" type="v">ist.</rdg>
</app> (<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Joh:3:22">1 Joh. 3, <app>
<lem>22.).</lem>
<rdg wit="#c" type="v">22.)</rdg>
</app></citedRange></bibl></note>
</div>
<div n="9" type="section" id="section_2_9">
<head><pb edRef="#a" n="301"/>
<pb edRef="#c" n="13"/>
<app>
<lem>9</lem>
<rdg wit="#a" type="v">296</rdg>
</app>.</head>
<p>Dieser <app>
<lem>eigne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigene</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Fleiß</term>
</index>Fleiß in Forschung der heiligen Schrift ist zwar zunächst und <app>
<lem>vornemlich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vornehmlich</rdg>
</app> wegen der darin enthaltenen <index indexName="subjects-index">
<term>Lehren</term>
</index><hi>Lehren</hi> nöthig, aber nicht minder wegen der darin
enthaltenen <hi>Geschichte</hi> und der <hi>historischen Kenntnisse</hi>,
welche zur Einsicht in den Verstand der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel nothwendig sind, aber oft deswegen, wie die biblische
Geschichte selbst, verachtet, oder für entbehrlich gehalten werden, weil sie
keinen Theil des <index indexName="subjects-index">
<term>Christenthum</term>
</index>Christenthums selbst ausmachten, und die Geschichte mehr zur
zufälligen Einkleidung, als zum Wesen des biblischen Unterrichts gehöre;
weil, durch die fleißige Beschäftigung damit, die Aufmerksamkeit von dem
Wichtigern, von der Lehre selbst, abgelenkt, oder diese historischen
Umstände wichtiger, als die Lehre selbst, gemacht würden; weil der größte
Theil dieser Geschichte die Christen, wenigstens die jetzigen, gar nichts
angehe; weil endlich der Lehrer des Christenthums das Volk nur in den
Lehren, nicht in den <app>
<lem>beyläufig</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beiläufig</rdg>
</app> erzählten Geschichten, zu unterrichten habe. – Allein, von
auswärtigen historischen Kenntnissen, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice> von solchen, welche zur Kritik, zur Sprach- und <app>
<lem>Geschichtkunde</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Geschichtskunde</rdg>
</app> gehören, welche zum voraus da seyn müssen, ehe man sich an die
Erklärung der Bibel wagen <app>
<lem>kan,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann:</rdg>
</app> von diesen ist hier die Rede noch nicht; davon wird sich hernach <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> den <pb edRef="#b" n="16"/>
<app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzlen</rdg>
</app> Kenntnissen, die ein <index indexName="subjects-index">
<term>Ausleger</term>
</index>Ausleger der Bibel mitbringen muß, besser reden <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app>. Diese gehören zwar in den Unterricht des Volks nicht; <pb edRef="#a" n="302"/> aber sie gehören zum Unterricht und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">zur</rdg>
</app> Ueberzeugung des Lehrers selbst; ohne sie <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> er weder den Verstand der heiligen Schrift, noch die <app>
<lem>Aechtheit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Echtheit</rdg>
</app> und Göttlichkeit der <app>
<lem>Bibel,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Bibel</rdg>
</app> mit <app>
<lem>eigner</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigener</rdg>
</app> Ueberzeugung einsehen.</p>
</div>
<div n="10" type="section" id="section_2_10">
<head><pb edRef="#c" n="14"/>
<app>
<lem>10</lem>
<rdg wit="#a" type="v">297</rdg>
</app>.</head>
<p>Aber die historischen Stellen selbst, die einen <app>
<lem>großen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grossen</rdg>
</app> Theil des Inhalts der biblischen Bücher ausmachen, verdienen eben
auch, und zum Theil eben so sehr, Aufmerksamkeit und Untersuchung des
Lehrers, als die eigentlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrstellen</term>
</index>Lehrstellen. Wahr ists, die <app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzlen</rdg>
</app> Theile der biblischen Geschichte sind weder <app>
<lem>im gleichen</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">in gleichem</rdg>
</app> Grade beglaubt noch wichtig; die Geschichte ist um der Lehren willen
aufgezeichnet, und diese also der wichtigste Theil der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel; <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dieser ganzen Geschichte muß man sich mehr an den Geist als an den
Buchstaben halten, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice> mehr an Handlungen als an Ereignisse, mehr an Gottes <index indexName="subjects-index">
<term>Absichten</term>
</index>Absichten <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Geschehenen als an das Geschehene selbst, mehr an das Allgemeine,
was für uns darin liegt, als an <app>
<lem>einzelne</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzle</rdg>
</app> Umstände der Begebenheiten. Schon dadurch fallen die meisten
Vorurtheile wider diese Geschichte (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_9">9.</ref>)</lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_9">296</ref>)</rdg>
</app> weg, und der Mißbrauch wird, wenn man dieses immer vor Augen hat,
verhütet. Noch mehr, wenn man Folgendes <app>
<lem>erwegt</lem>
<rdg wit="#c" type="v">erwägt</rdg>
</app>, was den <app>
<lem>großen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grossen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Werth</term>
</index>Werth der biblischen Ge<pb edRef="#b" n="17"/>schichte und die
Nothwendigkeit begreiflich machen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, sie mit aller Sorgfalt zu studieren.</p>
</div>
<div n="11" type="section" id="section_2_11">
<head><pb edRef="#a" n="303"/>
<app>
<lem>11</lem>
<rdg wit="#a" type="v">298</rdg>
</app>.</head>
<p>Einmal müssen wir doch 1) die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel so nehmen, wie sie ist, und in der Gestalt, wie sie uns <index indexName="subjects-index">
<term>Gott</term>
</index>Gott hat zukommen <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app>. Gesetzt, die Geschichte in derselben hinge mit den Lehren darin gar
nicht zusammen, welches <app>
<lem>freylich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">freilich</rdg>
</app> von einigen Begebenheiten nicht zu <app>
<lem>leugnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">läugnen</rdg>
</app> ist: so nimmt sie doch einen beträchtlichen Theil der Bibel ein, ist
entweder aus eben der Feder, wie das <app>
<lem>Uebrige</lem>
<rdg wit="#a" type="v">übrige</rdg>
</app>, geflossen, oder, so weit <app>
<lem>unsre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unsere</rdg>
</app> Kenntniß von der Geschichte <app>
<lem>einzelner</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzler</rdg>
</app> Bücher, oder dieser ganzen Sammlung reicht, durch <app>
<lem>einerley</lem>
<rdg wit="#c" type="v">einerlei</rdg>
</app>
<app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Kanal</term>
</index>Kanal</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Canal</rdg>
</app>
<pb edRef="#c" n="15"/> zu uns <app>
<lem>gekommen. Und</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">gekommen; und</rdg>
</app>, da es, wie <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> einer jeden sehr alten Schrift oder Text, wo nicht unmöglich, doch
sehr schwer fällt, die Gränzlinie zwischen dem mehr oder minder <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Avthentisches</term>
</index>Avthentischen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Authentischen</rdg>
</app> zu ziehen, oder sie Andern fühlbar zu machen: so <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> man in Absicht auf die allermeisten, auch unter nachdenkenden Lesern
der Bibel, annehmen, daß sie dieselbe als ein Ganzes ansehen werden, welches
in dem Maaß ihnen verdächtig und zweifelhaft wird, in welchem man
Schwierigkeiten und Einwürfe gegen <app>
<lem>einzelne</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzele</rdg>
</app> Theile nicht zu ihrer Befriedigung auflösen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>. Selbst die Geschichte der feindseligen Angriffe auf die Bibel lehrt
es zur Genüge, daß, wenn man ihre Lehre <app>
<lem>umzustoßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">umzustossen</rdg>
</app> verzweifeln <app>
<lem>mußte</lem>
<rdg wit="#a" type="v">müßte</rdg>
</app>, man es für das <app>
<lem>wirksamste</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Wirksamste</rdg>
</app> hielt, seine Angriffe auf ihre Geschichte zu richten, in der <pb edRef="#b" n="18"/> Absicht, indem man diese <app>
<lem>verdächtigte</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">verdächtig machte</rdg>
</app>, um jene, und überhaupt das Ansehen der <app>
<lem>Bibel,</lem>
<rdg type="v" wit="#a">Bibel</rdg>
</app> zu stürzen, oder wenigstens verdächtig zu <app>
<lem>machen; der</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">machen. Der</rdg>
</app> Er<pb edRef="#a" n="304"/>folg hat auch gezeigt, daß man diese
Wirkung nicht übel berechnet habe. Wenn also Fälle genug vorkommen, wo der
Lehrer des <index indexName="subjects-index">
<term>Christenthum</term>
</index>Christenthums über historische Schwierigkeiten in der <app>
<lem>Bibel</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Bibel,</rdg>
</app> entweder von nachdenkenden, redlichen und mit Zweifeln kämpfenden
Lesern, die Ruhe und Ueberzeugung suchen, befragt wird, oder sich in die
Nothwendigkeit versetzt sieht, feindselige Einwürfe dagegen zu beantworten:
wäre es denn da und deswegen nicht Pflicht, auch diese Geschichte genau zu
studieren, um selbst das Ansehen der Bibel und der darauf sich gründenden
Lehre zu retten?</p>
</div>
<div n="12" type="section" id="section_2_12">
<head><app>
<lem>12</lem>
<rdg wit="#a" type="v">299</rdg>
</app>.</head>
<p>Und verdient denn 2) diese Geschichte nicht den darauf verwendeten Fleiß, da
sie zum Theil in die <app>
<lem>älteste</lem>
<rdg wit="#c" type="v">ältesten</rdg>
</app> Zeiten <pb edRef="#c" n="16"/> hinein reicht, wo uns alle <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> Denkmale und Urkunden entgehen, und sich alle <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> Nachrichten in ein undurchdringliches Dunkel verlieren, oder in die
abgeschmacktesten Fabeln übergehen? Verdient nicht wenigstens die Geschichte
der <index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Religion und der göttlichen <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Vorsehung</term>
</index>Vorsehung</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Fürsehung</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">Vorsehung,</rdg>
</app> in der nach und nach veranstalteten Entwickelung wahrer <index indexName="subjects-index">
<term>Religionsbegriffe</term>
</index>Religionsbegriffe, verdienen nicht wenigstens die so unverkennbar
wahren Züge der Sitten und Begriffe aus Zeiten, wo selbst <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Cultur</term>
</index>Cultur</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Kultur</rdg>
</app> noch wenig verdorben hatte, die Achtung und den Fleiß des Freundes
der Menschen- und <pb edRef="#b" n="19"/>
<index indexName="subjects-index">
<term>Religionskenntniß</term>
</index>Religionskenntniß? <app>
<lem>Mags</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Mag's</rdg>
</app> doch seyn, daß diese Geschichte, daß selbst der Vortrag der <app>
<lem>Lehren,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Lehren</rdg>
</app> die Farbe roher <index indexName="subjects-index">
<term>jüdisch</term>
</index>jüdischer Begriffe trage: so <pb edRef="#a" n="305"/> wäre doch
diese so oft verachtete Geschichte schon darum der Untersuchung werth, damit
man <app>
<lem>sichre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sichere</rdg>
</app> Spuren finden könnte, um dieses Nationelle von dem allgemein Wahren
und Brauchbaren absondern, um einsehen zu lernen, ob sich der Vortrag der
Lehren bloß nach diesen jüdischen Begriffen und Bedürfnissen gerichtet habe,
oder ob sich <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> diesem, zwar in vieler Absicht rohen, aber gewiß in Absicht der
Religion weit mehr, als <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> gleichzeitige, <app>
<lem>aufgeklärtem</lem>
<rdg wit="#c" type="v">aufgeklärten</rdg>
</app> Volke, Religionsbegriffe fänden, die werth wären, ihm abgelernt zu
werden?</p>
</div>
<div n="13" type="section" id="section_2_13">
<head><app>
<lem>13</lem>
<rdg wit="#a" type="v">300</rdg>
</app>.</head>
<p>Halten wir uns 3) an die <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrart</term>
</index>Lehrart, welche fast durchaus in der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem <app>
<lem>Vortrage</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Vortrag</rdg>
</app> der Lehre herrscht, und trauen es der Weisheit Gottes zu, daß er
diese als die beste <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dieser einzigen Ertheilung seiner nähern Aufschlüsse befunden habe:
so ist augenscheinlich, daß im alten und neuen Testament, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app>
<index indexName="persons-index">
<term>Mose</term>
</index><persName ref="textgrid:2z6t7">Mose</persName>, <index indexName="persons-index">
<term>David</term>
</index><persName ref="textgrid:2z6t1">David</persName>, den Propheten und
Aposteln, Lehre an <index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index>Geschichte geknüpft, daß sogar die eigentliche christliche Lehre
durchaus und so auf die Geschichte <pb edRef="#c" n="17"/>
<index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName> gebaut ist, daß die
Apostel behaupten, es werde jene und die Ueberzeugung davon wanken, wenn
diese verkannt würde, <bibl type="biblical-reference"><citedRange from="1Kor:15:1" to="f"><app>
<lem>1</lem>
<rdg wit="#a" type="v">1.</rdg>
</app> Kor. 15, 1 <choice>
<abbr>f.</abbr>
<expan>folgend</expan>
</choice></citedRange></bibl>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Joh:20:30 Joh:20:31">Joh. 20,
30. 31.</citedRange></bibl>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Apg:4:9" to="f">Apostelg.
4, 9 <choice>
<abbr>f.</abbr>
<expan>folgend</expan>
</choice></citedRange></bibl>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Apg:4:18" to="Apg:4:20">18–20</citedRange></bibl>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice> Und wirklich ist 4) die Geschichte in der Bibel Beleg zu den <pb edRef="#b" n="20"/> Lehren. Beruht das, was wir christliche Lehre
nennen, darauf, daß <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesus Christus</persName>
<pb edRef="#a" n="306"/>
<app>
<lem>dies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dieß</rdg>
</app> und nichts anderes, als Gottes Gesandter, gesagt hat, daß nach ihm
seine vertrauten <index indexName="subjects-index">
<term>Schüler</term>
</index>Schüler eben <app>
<lem>dies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dieß</rdg>
</app> und noch mehr gesagt haben: woher wissen wir dieses anders <app>
<lem>zuverläßig</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zuverlässig</rdg>
</app>, woher, daß sie, indem sie diese Lehre für göttlich ausgeben,
glaubwürdig, dieser Lehre kundig, in Ueberlieferung derselben aufrichtig
waren, als eben aus der biblischen Geschichte? <app>
<lem>Und</lem>
<rdg type="v" wit="#a">und</rdg>
</app> was erweckt ein gegründeteres Vorurtheil, daß die Bücher, die wir
unter <app>
<lem>ihrem</lem>
<rdg wit="#a" type="v">ihren</rdg>
</app> Namen <app>
<lem>haben, ächt</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">besitzen, echt</rdg>
</app> sind, als eben die Uebereinstimmung des Inhalts <app>
<lem>ihrer Bücher</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">derselben</rdg>
</app> mit dem, was wir aus andern <app>
<lem>Büchern</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Theilen</rdg>
</app> der Bibel von ihrer und ihrer Zeitgenossen Geschichte wissen?</p>
</div>
<div n="14" type="section" id="section_2_14">
<head><app>
<lem>14</lem>
<rdg wit="#a" type="v">301</rdg>
</app>.</head>
<p>Ist denn nicht auch 5) <index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index>Geschichte gerade das, was <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Menschen die meiste Aufmerksamkeit erregt und unterhält,
allgemeine <index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheiten</term>
</index>Wahrheiten, vornehmlich moralische, am deutlichsten macht, und aufs
anschaulichste darstellt? Allgemeine moralische Sätze wirken nicht nur an
sich <app>
<lem>bey weiten</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">bei weitem</rdg>
</app> so stark nicht als <index indexName="subjects-index">
<term>Erfahrungen</term>
</index>Erfahrungen und <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Beyspiele</term>
</index>Beyspiele, sie</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Beispiele. Sie</rdg>
</app> wirken eigentlich gar nicht auf Herz und Leben, als <app>
<lem>so fern</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">sofern</rdg>
</app> wir das, was sie ausdrucken, mit dessen seligen oder unseligen
Folgen, an uns oder <app>
<lem>andern</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andern</rdg>
</app>, als wirklich vorhanden, als jetzt, oder vorhin, oder künftig
vorhanden, denken. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_14_1"/>Geschichte ist <index indexName="subjects-index">
<term>Moral</term>
</index>Moral in Wirklichkeit verwandelt; von wirklichen, nicht von <app>
<lem>möglichen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">möglichen</rdg>
</app>
<pb edRef="#b" n="21"/> Dingen hängt unser körperliches und <pb edRef="#c" n="18"/> geistiges Le<pb edRef="#a" n="307"/>ben ab. Darum spricht Gott
in der Natur zu uns durch <app>
<lem><hi>Thaten</hi>, dadurch</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>Thaten</hi>. Dadurch</rdg>
</app> hält er uns gleich weit von <app>
<lem>Grübeley</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Grübelei</rdg>
</app> und <app>
<lem>Empfindeley</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Empfindelei</rdg>
</app>, vom Unglauben und von <app>
<lem>Schwärmerey, ab; darum</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Schwärmerei ab. Darum</rdg>
</app> sprachen <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesus</persName> und seine Schüler,
nachdem heidnische und jüdische Weisen lange genug dogmatisirt, und damit so
wenig zur wirklichen Besserung und vernünftigen Gemüthsruhe gewirkt hatten,
so viel sie konnten, durch <app>
<lem>Beyspiele</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beispiele</rdg>
</app>; sie predigten aufs wirksamste Besserung, indem sie nach ihren
Grundsätzen handelten, Gemüthsruhe und <app>
<lem>fröliche</lem>
<rdg wit="#c" type="v">fröhliche</rdg>
</app> Aussicht in die Zukunft, indem sie für den Glauben und die Hoffnung
ihrer Lehre mit Ruhe und Freudigkeit litten. Und <app>
<lem>dies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dieß</rdg>
</app> ihr <index indexName="subjects-index">
<term>Betragen</term>
</index><hi>Betragen</hi>, die Geschichte der Folgen ihrer Lehre, sollte
weniger Aufmerksamkeit verdienen, als ihre Lehre selbst? <app>
<lem>ihre vortrefliche</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Ihre vortreffliche</rdg>
</app> Art, durch Geschichte zu lehren, sollte nicht <index indexName="subjects-index">
<term>Muster</term>
</index>Muster für uns, nicht eben so werth seyn, <app>
<lem>studiert</lem>
<rdg wit="#c" type="v">studirt</rdg>
</app> und nachgeahmt zu werden?</p>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_14_1">
<label>Geschichte ist Moral […] studiert und nachgeahmt zu werden</label>
<p>Die griffige Formel, Geschichte sei in Wirklichkeit verwandelte Moral,
lässt sich nicht nachweisen, erinnert aber an die sog. pragmatische
Geschichtsschreibung (vgl. I § 225).</p></note>
</div>
<div n="15" type="section" id="section_2_15">
<head><app>
<lem>15</lem>
<rdg wit="#a" type="v">302</rdg>
</app>.</head>
<p>Endlich ist ja doch 6) die in der <choice>
<abbr>heil.</abbr>
<expan>heilig</expan>
</choice> Schrift <app>
<lem>vorgetragne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vorgetragene</rdg>
</app> Lehre immer von <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName>, den Propheten und
Aposteln, unter dem Charakter göttlicher <hi>Gesandten</hi>, vorgetragen;
fast nie, höchstens nur <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> ungelehrigen Zuhörern oder hartnäckigen Widersprechern, führen sie
Beweise; sie rechtfertigen ihren Charakter nur durch <hi>Thaten</hi>, und
sonach verlangen sie <index indexName="subjects-index">
<term>Glaube</term>
</index><hi>Glauben</hi>. Beruhet also der Glaube, den sie fordern, auf dem
Ansehen des<pb edRef="#b" n="22"/>jenigen, und auf dem Vertrauen zu dem, dem
<pb edRef="#a" n="308"/> man glauben <app>
<lem>soll:</lem>
<rdg wit="#c" type="v">soll,</rdg>
</app> so ist die Geschichte derselben, die uns die <app>
<lem>heil.</lem>
<rdg wit="#a" type="v">heilige</rdg>
</app> Schrift liefert, von <app>
<lem>großer</lem>
<rdg type="v" wit="#a">grosser</rdg>
</app> Wichtigkeit, da <hi>sie</hi> nur uns lehren <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, ob und wie viel Glauben sie verdienen, wie überschwenglich viel sie,
namentlich und vornehmlich <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesus</persName>, der Stifter des
<index indexName="subjects-index">
<term>Christenthum</term>
</index>Christenthums, <pb edRef="#c" n="19"/> zum Besten der Menschen
gethan und gelitten, wie viel sie Liebe und Nachahmung verdienen; und es ist
daher sehr zu fürchten, daß sie in dem Maaß aufhören, uns werth und unser
Muster zu seyn, in welchem wir gleichgültig gegen ihre Geschichte sind.</p>
<app>
<lem><note place="end"><app>
<lem><choice>
<abbr>Vergl.</abbr>
<expan>Vergleiche</expan>
</choice> auch <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_15_1"/><index indexName="persons-index">
<term>Doederlein, Johann Christoph</term>
</index><hi>Joh.</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> Man <choice>
<abbr>vergl.</abbr>
<expan>vergleiche</expan>
</choice>
<hi>Ioh.</hi></rdg>
</app>
<hi>A. Christoph. <persName ref="textgrid:2chmv">Döderlein</persName></hi>
<app>
<lem>4</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Vier</rdg>
</app>
<choice>
<abbr>Abhandl.</abbr>
<expan>Abhandlungen</expan>
</choice> de historiae <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd"><app>
<lem>Jesu</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Iesu</rdg>
</app></persName> tenendae tradendaeque necessitate in dessen
Opusculis theologicis, <app>
<lem>Jenae 1789<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2r56s"/> in</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Ienae 1789.</rdg>
</app>
<choice>
<abbr>gr.</abbr>
<expan>groß</expan>
</choice> 8. <choice>
<abbr>S.</abbr>
<expan>Seite</expan>
</choice> 1 <app>
<lem><choice>
<abbr>folgg.</abbr>
<expan>folgende</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">folgg<supplied>.</supplied>; desgleichen
die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_15_2"/><index indexName="persons-index">
<term>Hess, Johann Jakob</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgpb">Hessischen</persName></hi> Schriften über die
biblische Geschichte.</rdg>
</app></note></lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_15_1">
<label>Joh. A. Christoph. Döderlein 4 Abhandl. […] S. 1 folgg.</label>
<p>Im Inhaltsverzeichnis ist <hi>De historiae Iesu tenendae tradendaeque
necessitate ac modo</hi> (aaO 1–58) näher als <hi>Scripta IV.
programmatibus in Festo Nativitatis Christi, Ienae annis
1783–1786</hi> bestimmt. Dieser Text zerfällt in zwei Teile: <hi>De
necessitate tenendae historiae Christi et tradendae</hi> (aaO 6–21)
und <hi>De modo historiae Iesu tenendae et tradendae</hi> (aaO 22–58).
Eine Initiale <hi>A.</hi> ist für den Autor nicht
nachzuweisen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_15_2">
<label>Hessischen Schriften über die biblische Geschichte</label>
<p>Gemeint sind die Schriften des Zürcher Theologen Johann Jakob Hess
(1741–1828). Zu nennen ist v.a. die <hi>Geschichte der drei letzten
Lebensjahre Jesu</hi> (1768–1773 aus Angst vor Zensur ohne Angabe
des Verfassers und des Druckortes erschienen), die später, um die 1773
veröffentlichte <hi>Jugendgeschichte Jesu</hi> ergänzt, zur mehrfach
aufgelegten, nachgedruckten und übersetzten <hi>Lebensgeschichte
Jesu</hi> in drei Bänden (<hi rend="superscript">8</hi>1822–1823)
ausgearbeitet wurde. Die aus dem göttlichen Geschichtsplan abzuleitenden
Konsequenzen für die Dogmatik sind etwa in <hi>Von dem Reiche Gottes.
Ein Versuch über den Plan der göttlichen Anstalten und
Offenbarungen</hi> (1774), das unter dem Titel <hi>Kern der Lehre
vom Reiche Gottes. Nach Anleitung des biblischen
Geschichtinhalts</hi> (1819) in kürzerer Überarbeitung erschien,
sowie in der <hi>Bibliothek der heiligen Geschichte. Beyträge zur
Beföderung des biblischen Geschichtstudiums, mit Hinsicht auf die
Apologie des Christenthums</hi> (1791/1792) dargestellt.</p></note>
</div>
<div n="16" type="section" id="section_2_16">
<head><app>
<lem>16</lem>
<rdg wit="#a" type="v">303</rdg>
</app>.</head>
<p>Eben so sehr, als um sein selbst willen, sollte der Lehrer des Christenthums
die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel um seiner <index indexName="subjects-index">
<term>Zuhörer</term>
</index>Zuhörer <app>
<lem>willen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">willen</rdg>
</app> (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_6">6</ref></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_6">293</ref></rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_6">6.</ref></rdg>
</app>) mit ganz <app>
<lem>eignem Fleiß, studieren</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">eigenem Fleiß studiren</rdg>
</app>. 1) <index indexName="subjects-index">
<term>überzeugen</term>
</index><hi>Ueberzeugen</hi> könnte er sie von den Lehren auch wohl durch <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> Gründe, als durch das <app>
<lem>Ansehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Ansehen</rdg>
</app> der <app>
<lem>Bibel,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Bibel;</rdg>
</app> und <app>
<lem>freylich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">freilich</rdg>
</app> ist jede Wahrheit Gottes Wort, sie stehe in der Bibel, und werde aus
ihr genommen, oder nicht. Aber, wenn wir als Christen glauben, daß die
heilige Schrift gewiß <hi>Gottes</hi> Wort enthalte, so haben wir es nicht
weit zu suchen, und wir brauchen <app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app> weniger besorgt zu seyn, daß wir unsere <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenen</rdg>
</app> Einfälle, die nicht gleich Gottes Gedanken sind, <pb edRef="#b" n="23"/> statt dieser unterschieben möchten; es bedarf weiter nichts,
als uns vorher durch Fleiß und gebrauchte rechte <index indexName="subjects-index">
<term>Hülfsmittel</term>
</index>Hülfsmittel zu überzeugen, daß wir den rechten Sinn der Stellen,
woraus wir schöpfen, getroffen haben, und ihnen hernach diesen so faß<pb edRef="#a" n="309"/>lich und einleuchtend zu machen, als es die
Kenntnisse, die sie haben, oder, ohne Gelehrsamkeit, bekommen können,
erlauben. – Und da <index indexName="subjects-index">
<term>Zweifel</term>
</index>Zweifel der Zuhörer an diesem richtigen Sinn diese ihre Ueberzeu<pb edRef="#c" n="20"/>gung aus der Bibel hindern, also die Pflicht des
Lehrers seyn würde, diesen, wo er sie fürchten muß, <app>
<lem>zuvor zu kommen</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">zuvorzukommen</rdg>
</app>, oder, wenn sie sie ihm entdecken, zu heben: so versteht sich von
selbst, daß er deswegen fleißig und mit <app>
<lem>eignem</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenem</rdg>
</app> Nachforschen die Bibel gelesen haben müsse.</p>
</div>
<div n="17" type="section" id="section_2_17">
<head><app>
<lem>17</lem>
<rdg wit="#a" type="v">304</rdg>
</app>.</head>
<p>Soll er zugleich 2) die göttlichen Lehren zu ihrer <index indexName="subjects-index">
<term>Besserung</term>
</index><hi>Besserung</hi> und <index indexName="subjects-index">
<term>Beruhigung</term>
</index><hi>Beruhigung</hi>
<app>
<lem>anwenden:</lem>
<rdg wit="#c" type="v">anwenden,</rdg>
</app> so hat es auch da seine <app>
<lem>großen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grosse</rdg>
</app> Vortheile, die Bibel zu diesem Zweck zu benutzen. <index indexName="subjects-index">
<term>Ansehen</term>
</index><hi>Ansehen</hi> wirkt <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> den meisten Menschen aufs kürzeste und <app>
<lem>kräftigste,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kräftigste;</rdg>
</app> und hat einmal jemand die Ueberzeugung, daß <index indexName="subjects-index">
<term>Gott</term>
</index><hi>Gott</hi> in der Bibel redet, daß sie die Lehren <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu Christi</persName>
<app>
<lem>enthält:</lem>
<rdg wit="#c" type="v">enthält,</rdg>
</app> so wirkt dieses: <hi>Gott</hi>, <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:255cd">Christus</persName></hi>
<app>
<lem>hats</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hat's</rdg>
</app> gesagt, es wirkt die Liebe, das Vertrauen, zu dem, der so viel für
uns gethan hat, der Wunsch, ihm ähnlich zu werden, gewiß stärker als alle <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> Gründe. Solche kurze, kräftige, fruchtbare Aussprüche, wie die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel enthält, behalten sich leicht, bleiben der Seele ge<pb edRef="#b" n="24"/>genwärtiger, fallen uns wieder leicht da ein, wo wir
sie brauchen, erinnern leicht wieder an das Gute, was man darüber gehört, an
die seligen Erfahrungen, die man darnach gemacht hat. Durch <app>
<lem>öftere, mannigfaltigere</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">öftre, mannichfaltigere</rdg>
</app> Anwendungen die<pb edRef="#a" n="310"/>ser Aussprüche auf das Beste
der Zuhörer, bekommt die Bibel für sie einen <app>
<lem>großen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grossen</rdg>
</app> Werth, weil sie immer darin die Geschichte ihres Herzens lesen, <app>
<lem>ihren Bedürfnissen gerathen, immer</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Rath für ihre Bedürfnisse,</rdg>
</app> Belehrung, Ermunterung und Trost über <app>
<lem>die</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">ihre innersten</rdg>
</app> Angelegenheiten <app>
<lem>ihres Herzens</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> finden. Was könnte man doch, da die wenigsten Menschen über
unsichtbare Dinge selbst zu denken, und Weisheit aus sich selbst zu <app>
<lem>schöpfen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">schöpfen</rdg>
</app> verstehen, und auch die, welche dieses können, <app>
<lem>Veranlaßung</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">Veranlassung</rdg>
</app> zum Nach<pb edRef="#c" n="21"/>denken, Hülfe da brauchen, wo sie oft
nicht zu Gedanken kommen, sie sich nicht interessant und eindrücklich machen <app>
<lem>können,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">können:</rdg>
</app> was könnte man da ihnen für ein <app>
<lem>besseres</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besseres,</rdg>
</app> immer offen liegendes Handbuch empfehlen, als die Bibel? – Daß der <app>
<lem>Lehrer, ihnen dazu</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Lehrer nur auf diese Art</rdg>
</app> die Bibel <index indexName="subjects-index">
<term>nutzbar</term>
</index>nutzbar zu machen, <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">selbst</rdg>
</app> mit ihr sehr bekannt seyn müsse, um, nach <app>
<lem>jedes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Jedes</rdg>
</app> Bedürfnissen, mit <app>
<lem>ihnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Jedem</rdg>
</app> zu rechter Zeit zu reden, das Allgemeine in der Bibel auf die
besondern Umstände der Zuhörer anzuwenden, und das <app>
<lem>Besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Besondere</rdg>
</app> in ihr ins Allgemeine, mit Weisheit, zu verwandeln, bedarf keiner
Erinnerung.</p>
</div>
<div n="18" type="section" id="section_2_18">
<head><app>
<lem>18</lem>
<rdg wit="#a" type="v">305</rdg>
</app>.</head>
<p>Und sollte denn der Lehrer 3) nicht <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName> und den übrigen
Lehrern in der Bibel Herablas<pb edRef="#b" n="25"/>sung, Klugheit,
Herzlichkeit <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> seinem <index indexName="subjects-index">
<term>Vortrag</term>
</index><hi>Vortrage</hi> ablernen können, worin diese so <app>
<lem>große</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grosse</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Muster</term>
</index>Muster sind? Wo herrscht selbst eine einfältigere, würdigere, so
ganz den Lehren und seligen Eindrücken von Gott <app>
<lem><app>
<lem>angemessnere</lem>
<rdg wit="#a" type="v">angemeßnere</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Sprache</term>
</index>Sprache, mehr</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">angemeßnere Sprache mehr,</rdg>
</app>
<pb edRef="#a" n="311"/> als in der <app>
<lem>Bibel,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Bibel;</rdg>
</app> und wie viel trägt ein solcher Ausdruck zur Erregung wahrhaftig
göttlicher <index indexName="subjects-index">
<term>Empfindungen</term>
</index>Empfindungen <app>
<lem>bey? Freylich</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">bei? Freilich</rdg>
</app> nur, wenn man ihn versteht. Aber eben darum <app>
<lem>müßte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">muß</rdg>
</app> der Lehrer ihren Sprachgebrauch <app>
<lem>studieren</lem>
<rdg wit="#c" type="v">studiren</rdg>
</app>; darum lernen, ihn, wo er dunkel oder <app>
<lem>zweydeutig</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zweideutig</rdg>
</app> ist, gegen deutlichere Ausdrücke, die sich diesem so sehr als möglich
nähern, zu vertauschen; gelegentlich den Zuhörern dieses Dunkle im
biblischen Ausdruck <app>
<lem>erklären;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">erklären:</rdg>
</app> und so <app>
<lem>könnte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> er, ohne Unsinn oder Mißverstand zu besorgen, <app>
<lem>alsdann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alsdenn</rdg>
</app> selbst diese biblischen Arten zu reden behalten, die darum <app>
<lem>beybehalten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beibehalten</rdg>
</app> zu werden verdienten, weil <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">theils</rdg>
</app> die Idee des durch die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel geheiligten Gebrauchs daran hängt, <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">theils</rdg>
</app> solche zu diesen religiösen Vorstellungen ganz eigen gewidmete und
sonst nicht von gleichgültigen oder gar schlech<pb edRef="#c" n="22"/>ten
Dingen gebrauchten Ausdrücke mehr Würde behalten, <app>
<lem>und</lem>
<rdg wit="#c" type="v">auch</rdg>
</app> leichter <app>
<lem>wieder</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> die guten Gedanken und Empfindungen <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">wieder</rdg>
</app> erwecken, die man ehedem <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Gebrauch der biblischen Aussprüche gehabt hat.</p>
<note place="end"><app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app> Ueber einige gewöhnliche Vorurtheile gegen die Nothwendigkeit des <app>
<lem>eignen Fleisses bey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">eigenen Fleißes bei</rdg>
</app> dem Studium der Bibel, nebst Empfehlungen <app>
<lem>desselben</lem>
<rdg wit="#c" type="v">desselben,</rdg>
</app>
<choice>
<abbr>s.</abbr>
<expan>siehe</expan>
</choice>
<index indexName="persons-index">
<term>Amama, Sixtinus</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2r57z">Sixtini Amama</persName></hi>
Antibarbarus biblicus (der <app>
<lem>vermehrtern</lem>
<rdg wit="#a" type="v">vermehrten</rdg>
</app> Ausgabe, Franecker 1656.<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2r581"/> 4.) in der vorgesetzten Rede de barbarie und
in dem ersten Buche.</note>
</div>
<div n="19" type="section" id="section_2_19">
<head><pb edRef="#b" n="26"/>
<app>
<lem>19</lem>
<rdg wit="#a" type="v">306</rdg>
</app>.</head>
<p>Die Nothwendigkeit der <app>
<lem>fleissigen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">fleißigen</rdg>
</app> Beschäftigung mit der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel, einer gründlichen Kennt<pb edRef="#a" n="312"/>niß der
Hülfmittel zur Entdeckung ihres wahren Verstandes, und eines treuen
Gebrauchs derselben, wie zu diesem Zweck, so zur Herleitung der
Religionslehren aus ihr, wird durch die <index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index>Geschichte bestätigt, welche augenscheinlich zeigt, daß die
Lauterkeit der christlichen Lehre immer mit diesem gelehrten und
gewissenhaften Fleiß gleichen Schritt gehalten, <app>
<lem>daß</lem>
<rdg wit="#a" type="v">das</rdg>
</app> Steigen und Fallen dieses <app>
<lem>Fleisses</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Fleißes</rdg>
</app> immer den <app>
<lem>Fort-</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Fortgang</rdg>
</app> oder Rückgang des wahren Christenthums nach sich gezogen habe.
Unkunde des wahren biblischen <index indexName="subjects-index">
<term>Sprachgebrauch</term>
</index>Sprachgebrauchs; Vorliebe zu einer schwärmenden Philosophie; <app>
<lem>einreissende</lem>
<rdg wit="#c" type="v">einreißende</rdg>
</app> Gewohnheit, die christliche Wahrheit mehr nach dem Herkommen und den
Meinungen angesehener <app>
<lem>Gemeinen</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Gemeinden</rdg>
</app> und Lehrer, als nach der Bibel, und wenn man ja die letztere
brauchte, den Werth ihrer Erklärung mehr nach der Uebereinkunft eines
zufälligen Sinnes mit gewissen herrschenden <app>
<lem>Lieblingsideen,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Lieblingsideen</rdg>
</app> oder nach dem Ansehen einer <app>
<lem>Erklärung,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Erklärung</rdg>
</app> zu entscheiden, gab dem menschlichen <app>
<lem>Ansehen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Ansehn</rdg>
</app>, in Sachen des Christenthums, das erste Uebergewicht über die Bibel,
und die Entscheidung <pb edRef="#c" n="23"/> der angesehensten Bischöfe und
Concilien befestigte dieses. Mehr bekannt mit der Sprache des neuen <app>
<lem>Testaments,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Testaments</rdg>
</app> waren die ältern griechischen Ausleger bis ins 5te Jahrhundert den
lateinischen <app>
<lem>unleugbar</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unläugbar</rdg>
</app> in der Erklärung überlegen; das Gute der <app>
<lem>letzteren</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Letztern</rdg>
</app>, wenige ausge<pb edRef="#b" n="27"/>nommen, war entweder errathen,
oder von jenen entlehnt. Selbst da man seitdem in der griechischen Kirche
sich mit Sammlungen <app>
<lem>ältrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">älterer</rdg>
</app> Erklärungen behalf, blieb immer durch die <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Catenen</term>
</index>Catenen</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>Catenen</hi>, wie man diese Sammlungen von
Excerpten aus mehrern frühern Exegeten nannte,</rdg>
</app> ei<pb edRef="#a" n="313"/>ne <app>
<lem>bessere</lem>
<rdg wit="#a" type="v">beßre</rdg>
</app> Erklärungsart herrschender als in der lateinischen, die, eben wegen
Unbekanntschaft mit der Sprache, von jeher fruchtbarer an neuen <index indexName="subjects-index">
<term>Dogmen</term>
</index>Dogmen war, welche die übrige Kirche weder kannte noch billigte. So
lange diese noch nicht in die Erklärung eingemischt wurden, so lange man nur
noch die Bibel erklärte ohne zu <index indexName="subjects-index">
<term>allegorisiren</term>
</index>allegorisiren, und noch einiges Gute der ältern Ausleger benutzen
konnte, blieb in den Abendländern die Auslegung noch erträglich; <app>
<lem>so bald</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">sobald</rdg>
</app> aber jene Gewohnheiten die Oberhand gewonnen, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_1"/><index indexName="classics-index">
<term><persName>Augustin von Hippo</persName></term>
</index><persName ref="textgrid:2r5hd">Augustins</persName> Ansehen die <app>
<lem>andern</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Andern</rdg>
</app> verdunkelte, und die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_2"/>Glossa ordinaria des 9ten Jahrhunderts alles <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andere</rdg>
</app> verschlang, so war sie so gut als <app>
<lem>verlohren</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verloren</rdg>
</app>. Jetzt trat menschliches <app>
<lem>Ansehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Ansehen</rdg>
</app> und angebliche Tradition ganz an die Stelle der Bibel; von Rom aus
entschied man statt der heiligen Schrift, man sprach sogar gegen sie, und
diese Aussprüche schlugen die nieder, welche nach der Bibel entscheiden
wollten. Die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_3"/><index indexName="subjects-index">
<term>Scholastiker</term>
</index>Scholastiker, mehr darauf bedacht, <index indexName="subjects-index">
<term>Kirchenmeinungen</term>
</index>Kirchenmeinungen zu <app>
<lem>befestigen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">befestigen</rdg>
</app> und sie durch Philosophie <index indexName="subjects-index">
<term>aufklären</term>
</index>aufzuklären, <app>
<lem>verlohren</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verloren</rdg>
</app> die Bibel fast ganz aus dem Gesichte; die <index indexName="subjects-index">
<term>Mystiker</term>
</index>Mystiker suchten Licht in sich, statt es in der Bibel zu suchen;
immer zwangen die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_4"/>Paulizianer, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_5"/>Katharer, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_6"/>Waldenser
und ähnliche, mehr einfältig die Bibel, als <pb edRef="#c" n="24"/> die
Kirche, befragende <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Parteyen</term>
</index>Parteyen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Partheyen</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">Parteien</rdg>
</app>, selbst ihren Gegnern das Bekenntniß ab, daß sie, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> allen Irr<pb edRef="#b" n="28"/>thümern, reicher am thätigen
Christenthum wären. Mit der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_7"/><app>
<lem>Auferstehung</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Wiederbildung</rdg>
</app> der Wissenschaften seit dem 15ten Jahrhundert, und noch mehr mit der
<index indexName="subjects-index">
<term>Reformation</term>
</index>Reformation in dem folgenden, wachte die <pb edRef="#a" n="314"/>
Liebe zur <app>
<lem>Bibel,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Bibel</rdg>
</app> und der Fleiß sie zu <app>
<lem>forschen,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">forschen</rdg>
</app> wieder auf, und das menschliche Ansehen fing an zu sinken; letzteres
erhob sich unter den <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_8"/>gereinigtern Kirchen wieder, <app>
<lem>so wie</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">als</rdg>
</app> gegen das Ende des 16ten Jahrhunderts Kenntniß der Sprachen und <app>
<lem>Nachfragen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Nachforschen</rdg>
</app> in der Bibel <app>
<lem>ab-, menschliche Grübeley zunahm; sank wieder,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">der wieder zunehmenden dogmatischen Grübelei
weichen mußte. Es gewann aber wieder Boden,</rdg>
</app> als <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_9"/>einige <app>
<lem>trefliche</lem>
<rdg wit="#c" type="v">treffliche</rdg>
</app> Sprachkundige, gegen die Mitte des 17ten, die richtige Art der <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Bibelerklärung</term>
</index>Bibelerklärung,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Bibelerklärung</rdg>
</app> und, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_10"/>gegen
das Ende desselben, die <app>
<lem>hallische Theologen</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>hallischen Theologen</hi></rdg>
</app> mit ihren Schülern, Liebe zur Bibel durch <app>
<lem>ihr Beyspiel</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Wort und Beispiel</rdg>
</app> empfahlen. Der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_19_11"/>Eifer, die Bibel zu forschen, und die exegetische Theologie nach allen
ihren Theilen zu bearbeiten, stieg sichtbar seit der Mitte des 18ten
Jahrhunderts; <app>
<lem>neben ihm</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">daneben</rdg>
</app> eine gründlichere Kenntniß der Kritik, der Grundsprachen, der alten
Geschichte und <app>
<lem>der Morgenländer</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">des Morgenlandes</rdg>
</app>; zugleich mehr Geschmack und Drang, die biblische Auslegung von <app>
<lem>hineingetragnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hineingetragenen</rdg>
</app> Begriffen zu reinigen, sicherlich auch, – <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> allem Verfall auf <app>
<lem>Extremen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Extreme</rdg>
</app>, wovon keine Zeit <app>
<lem>frey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">frei</rdg>
</app> ist – die Reinigkeit der christlichen Lehre <app>
<lem>mit einer vernünftigern</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">und deren vernünftigere</rdg>
</app> und <app>
<lem>fruchtbarern</lem>
<rdg wit="#c" type="v">fruchtbarere</rdg>
</app> Anwendung.</p>
<note place="end"><app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app> Wer blind gegen die Fortschritte der Wissenschaften in <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app> Zeit, oder undankbar gegen Gottes allezeit weise <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Vorsehung</term>
</index>Vorsehung</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Fürsehung</rdg>
</app>, dieses letzte <app>
<lem>leugnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">läugnen</rdg>
</app> will, sieht gewiß nicht, wie sehr <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">die hier und da nicht zu läugnende</rdg>
</app> schnöde Verachtung der <app>
<lem>Reli<pb edRef="#b" n="29"/>gion</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Religion</hi></rdg>
</app> und des <app>
<lem>Christenthums zu unsrer Zeit,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Christenthums, gewöhnlich, wo nicht</rdg>
</app> Gleichgültigkeit oder Haß gegen die Bibel, <app>
<lem>und</lem>
<rdg wit="#c" type="v">doch</rdg>
</app> Unkunde <app>
<lem>gründlicher Kenntnisse eines biblischen Auslegers</lem>
<rdg type="pp" wit="#c">einer gründlichen Auslegung derselben</rdg>
</app> zur <pb edRef="#c" n="25"/> Seite haben; wie die, welche die Bibel
jetzt verstellen, <app>
<lem>nicht</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eben</rdg>
</app> aus <app>
<lem>den Erzählungen und dem Vortrage der <pb edRef="#a" n="315"/>
biblischen Schriftsteller überhaupt lernen, sondern die Bibel, bey
dem</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> Mangel <app>
<lem>gründlicher</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">dazu nothwendiger</rdg>
</app>
<app>
<lem>Kenntnisse,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Kenntnisse</rdg>
</app> und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">aus</rdg>
</app>
<app>
<lem>Unfähigkeit,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Unfähigkeit</rdg>
</app> sich <app>
<lem>in sie</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">den alterthümlichen Geist derselben</rdg>
</app> hinein zu denken, durch <app>
<lem>eine andre</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">fremde</rdg>
</app> Einkleidung nach ihrer Phantasie <app>
<lem>umschmelzen; und daß eben</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">umschmelzen. Eben</rdg>
</app> jene <app>
<lem>unleugbare</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unläugbaren</rdg>
</app> Fortschritte in exegetischen Hülfsmitteln <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">sind dagegen</rdg>
</app> ein Damm <app>
<lem>sind</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app>, den die göttliche <app>
<lem>Vorsehung</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Fürsehung</rdg>
</app> solchen Mißhandlungen der Bibel und der Religion vorzieht.</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_1">
<label>Augustins Ansehen</label>
<p>Der aus dem nordafrikanischen Thagaste stammende spätere Bischof Augustin
von Hippo (354–430) gehört, an der Schwelle zum Mittelalter stehend, zu
den bedeutendsten Theologen und Philosophen der Alten Kirche sowie der
christlich-abendländischen Tradition überhaupt (Augustinismus) und hat
die christliche Theologie (v.a. im Hinblick auf die Trinitäts-,
Prädestinations-, Erbsünden- und Gnadenlehre) über das Mittelalter
hinaus entscheidend geprägt (vgl. II § 115). </p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_2">
<label>Glossa ordinaria des 9ten Jahrhunderts</label>
<p>Unter <hi>Glossa ordinaria</hi> versteht man Glossen (der Zusatz
<hi>ordinaria</hi> ist nicht vor dem 14. Jh. belegt) zur Vulgata,
die den Kirchenvätern und späteren Autoren entnommen waren, zusätzlich
aber auch Bemerkungen der Glossatoren selbst enthielten. Längere Glossen
waren an den Rand (<hi>glossa marginalis</hi>), kürzere zwischen die
Zeilen (<hi>glossa interlinearis</hi>) des biblischen Textes
geschrieben. Die Glosse wurde so zum normativen Bestandteil des
Schriftstudiums, Bibeltext und Glosse bildeten graphisch wie sachlich
eine Einheit und wurden grundsätzlich zusammen betrachtet. Neben der
Theologie spielten Glossen auch in den Rechtswissenschaften (hier zum
<hi>Corpus Iuris Civilis</hi>) eine bedeutende Rolle, die
Rechtsgeschichte bezeichnet das 12. und 13 Jh. gar als Glossatorenzeit.
In theologiegeschichtlicher Perspektive ist v.a. Anselm von Laon (ca.
1050–1117) zu nennen, dessen <hi>Glossa ordinaria</hi> gemeinhin als
erstes Werk dieser Art angesehen werden, rechtsgeschichtlich sei auf die
<hi>Glossa ordinaria</hi> des italienischen Rechtsgelehrten
Accursius (1185–1263) mit ihren knapp 100.000 Glossen verwiesen. Die
Entstehungsgeschichte der <hi>Glossa ordinaria</hi> ist zwar noch nicht
abschließend rekonstruiert, doch finden sich voneinander durchaus
abweichend glossierte Handschriften einzelner biblischer Bücher bereits
in der Karolingerzeit.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_3">
<label>Scholastiker, mehr darauf bedacht, Kirchenmeinungen zu befestigen,
und sie durch Philosophie aufzuklären, verlohren die Bibel fast ganz aus
dem Gesichte</label>
<p>Unter Scholastik (Schulwissenschaft) wird vielfach lediglich die
Theologie und Philosophie des Mittelalters verstanden, streng genommen
meint sie jedoch eher eine Denkform, die im Mittelalter jedwede
Wissenschaft umfasst und sich als solche auch später (s.u.) findet. Als
Grund für die Herausbildung der mittelalterlichen Scholastik ist der
immense Rationalitätsschub im 12. Jh. anzuführen (vgl. II § 115). Wie
die Sentenzenwerke, insbesondere das des Petrus Lombardus (vgl. II §
115), zeigen, nahm die lehrbuchartige Aufbereitung theologischer Themen
zu. Die Tendenz, über die Bibel hinaus autoritative philosophische Texte
(Augustin, Aristoteles etc.) für die ausholende Klärung von
theologischen Sachfragen heranzuziehen, schlägt sich in spezifischen
literarischen Formen wie Kommentaren oder Summen, am bekanntesten die
des Thomas von Aquin (vgl. II § 115), nieder. Insgesamt ist die
Scholastik, deren wichtigste Phase zwischen 1250 und 1350 anzusetzen
ist, in sehr hohem Maße von formalen Betrachtungsweisen geprägt und aus
diesem Grund später nicht selten negativ konnotiert.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_4">
<label>Paulizianer</label>
<p>Die erstmals im 7. Jh. im armenischen Raum auftretenden und bald über
ganz Kleinasien verbreiteten Paulizianer (Paulikianer) waren eine
dualistische Glaubensgemeinschaft, die immer wieder mit der Gnosis, dem
Manichäismus (vgl. II § 113) oder Marcion von Sinope (gest. vor 160) in
Verbindung gebracht wurde. Im Neuen Testament bezogen sie sich v.a. auf
Paulus (im 18. Jh. wurde aus der Hochschätzung des Apostels auch der
Name abgeleitet); das Alte Testament wurde, wie etwa auch die Bilder-
und Kreuzesverehrung und die bestehende kirchliche Hierarchie,
abgelehnt. Während der Zeit des Ikonoklasmus im byzantinischen Reich
(vgl. II § 83) wohl noch toleriert, wanderten am Ende des 9. Jh.s
zahlreiche Paulizianer nach Syrien, Süditalien und auf den Balkan aus.
Vor ihrem Verschwinden ab dem 11. Jh. scheinen sie auf dem Balkan die
Bogomilen und über diese die Katharer beeinflusst zu haben.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_5">
<label>Katharer</label>
<p>Die Katharer oder auch die <hi>Reinen</hi> (griech. <foreign lang="grc">καθαρός</foreign>) sind eine ab dem 11. Jh.
nachzuweisende, v.a. in Südfrankreich (vgl. II § 113), dann aber auch in
Italien und Deutschland verbreitete dualistische Glaubensgemeinschaft
mit eigener Kirchenorganisation, die ebenfalls mit der Gnosis und dem
Manichäismus (vgl. II § 113) in Verbindung gebracht wurde und wie die
Waldenser im Kontext der Laien- und Armutsbewegung zu sehen ist. Äußeres
Kennzeichen war eine zumindest in Teilen (die sog. <hi>perfecti</hi>
bzw. <hi>perfectae</hi>) streng asketische Lebensführung und ein durch
das Gebet bestimmter Tagesablauf. Nach dem in mehreren Phasen geführten
Albingenserkreuzzug (1209–1229) waren die Katharer zwar grundsätzlich
militärisch besiegt, verschwanden jedoch erst im 14. Jh.
endgültig.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_6">
<label>Waldenser</label>
<p>Die auf den zu einem Leben in Armut bekehrten Lyoner Kaufmann (Petrus)
Valdes (gest. vor 1218) zurückgehenden und bis heute existierenden
Waldenser (das 18. Jh. kennt jedoch über zwanzig weitere Bezeichnungen)
wurden auf dem Konzil von Verona (1184) erstmals als Häretiker
verurteilt und seitdem immer wieder teils massiv verfolgt. Nach ihrer
Vertreibung aus Lyon breiteten sich die auch als <hi>Arme von Lyon</hi>
bekannten Anhänger Valdes', die ein asketisches Leben anstrebten und im
Gegensatz zu den Katharern an den Lehren der römischen Kirche
festhielten, sich dann jedoch zunehmend von allem distanzierten, was
ihrer Meinung nach nicht im Evangelium begründet war, von Südfrankreich
u.a. nach Norditalien aus. Dort wurden sie auch als <hi>Lombardische
Arme</hi> bezeichnet. Die weitere Ausbreitung in Europa (u.a. in den
deutschsprachigen Raum) verlief regional unterschiedlich, und auch die
Anschauungen der einzelnen Gruppen konnten durchaus voneinander
abweichen. Gemeinsames Kennzeichen blieb jedoch ein intensiver
biblizistischer Schriftbezug.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_7">
<label>Auferstehung der Wissenschaften seit dem 15ten Jahrhundert</label>
<p>Gemeint ist der die Antike wiederbelebende Renaissance-Humanismus im
Allgemeinen und der Bibelhumanismus – zu nennen sind etwa Melanchthon
und Erasmus von Rotterdam, aber auch Hebraisten wie Johannes Reuchlin
(1455–1522) – im Besonderen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_8">
<label>gereinigtern Kirchen […] menschliche Grübeley zunahm</label>
<p>Nachdem die Lehre der gereinigteren, d.h. reformatorischen, Kirchen
festgelegt war und im Vergleich zu den mittelalterlichen Summen dem
Umfang nach massiv reduziert werden konnte (vgl. v.a. Melanchthons
<hi>Loci Communes</hi> [1521]), ging man in der Orthodoxie des
ausgehenden 16. Jh.s dazu über, diese Lehre methodisch und systematisch
zu entfalten. Die Darstellungen führender orthodoxer lutherischer
Theologen wie Johann Gerhards (1582–1637) neunbändige <hi>Loci
theologici</hi> (1610–1622) und Abraham Calovs (1612–1686)
unvollständiges zwölfbändiges <hi>Systema locorum theologicorum</hi>
(1655–1677) wurden so wieder kleinteiliger und nahmen dem Umfang nach
zu. Bisweilen wird dieses Phänomen als <hi>protestantische
Scholastik</hi> (s.o.) bezeichnet.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_9">
<label>einige trefliche Sprachkundige, gegen die Mitte des 17ten, die
richtige Art der Bibelerklärung</label>
<p>Zu den Vorreitern einer freieren Exegese, die die biblische Überlieferung
im 17. Jh. philologisch und historisch, d.h. im Wesentlichen wie jede
antike Quelle, erschlossen, gehören der reformierte Theologe Hugo
Grotius (vgl. I § 207 c) sowie der Katholik Richard Simon (1638–1712).
Während die freiere Bibelauslegung im protestantischen Bereich nach und
nach zur Durchsetzung kam (Clericus, Turrettini, Wettstein u.a.), fand
der mit Richard Simon im katholischen Bereich auf den Weg gebrachte
historisch-kritische Ansatz keine Verbreitung. V.a. in Gestalt
Marie-Joseph Lagranges (1855–1938) änderte sich dies erst gegen Ende des
19. Jh.s, Theologen wie etwa Johann Leonhard Hug (vgl. II § 34 c) waren
zuvor eher die Ausnahme geblieben.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_10">
<label>gegen das Ende desselben, die hallische Theologen mit ihren Schülern,
Liebe zur Bibel durch ihr Beyspiel empfahlen</label>
<p>Gemeint ist die Behandlung der Bibel innerhalb des maßgeblich von August
Hermann Francke (1663–1727) geprägten halleschen Pietismus (vgl. II §
98) und seiner auf Philipp Jakob Spener zurückgehenden <hi>Collegia
biblica</hi> (vgl. II § 63 c). Durch die Beschränkung auf Halle
bleibt eine Autorität wie Johann Albrecht Bengel an dieser
Stelle unberücksichtigt (vgl. II § 35 c).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_19_11">
<label>Eifer, die Bibel zu forschen, und die exegetische Theologie nach
allen ihren Theilen zu bearbeiten, stieg sichtbar seit der Mitte des
18ten Jahrhunderts</label>
<p>Am Ende des in diesem Paragraphen gebotenen exegesegeschichtlichen
Abrisses stehen Theologen wie Johann Salomo Semler (vgl. II § 104),
Johann David Michaelis (vgl. I § 157), Johann Gottfried Eichhorn
(1752–1827) (vgl. II § 34 bzw. II § 34 c) oder Johann August Ernesti
(vgl. I § 136), die allesamt zu den Bahnbrechern einer kritischen
Exegese und bedeutendsten Vertretern der Aufklärungstheologie zu rechnen
sind und mit ihren Arbeiten in der <hi>Anweisung</hi> immer wieder
angeführt werden.</p></note>
</div>
<div n="20" type="section" id="section_2_20">
<head><app>
<lem>20</lem>
<rdg wit="#a" type="v">307</rdg>
</app>.</head>
<p>Der bisher <app>
<lem>empfohlne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">empfohlene</rdg>
</app> angelegentliche und <app>
<lem>eigne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigene</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Fleiß</term>
</index>Fleiß ist um so nöthiger, je mannichfaltiger die Kenntnisse und
Beschäftigungen sind, <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">welche erfordert werden, um</rdg>
</app> die heilige Schrift recht verstehen und <app>
<lem>brauchen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gebrauchen</rdg>
</app> zu lernen, und <app>
<lem>je mit</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">mit je</rdg>
</app> mehrern Schwierigkeiten man <app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app> zu kämpfen hat. – <app>
<lem>Bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Bei</rdg>
</app> allen den Wissenschaften, wo es auf <app>
<lem>vielerley</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vielerlei</rdg>
</app> und ausgebreitete Kenntnisse ankommt, wo der Fleiß sehr ins Kleine
gehen muß, und wo <app>
<lem>Vieles</lem>
<rdg wit="#a" type="v">vieles</rdg>
<rdg wit="#c" type="pp">Manches sogar</rdg>
</app> auf einem sichern Gefühl beruht, das erst durch lange Uebung erworben
oder befestigt wird, ist es gar nicht zu verwundern, daß der Unwissende oder
Anfänger sie sich leichter vorstellt, als sie <app>
<lem>sind,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">sind</rdg>
</app> und als er sie hinterher findet. Wenn man auch weiß, daß zu einer
Wissenschaft viel gehöre, daß man <app>
<lem>dies</lem>
<rdg type="v" wit="#c">dieß</rdg>
</app> eben nur <hi>lernen</hi>, nicht selbst erfinden, oder nur <app>
<lem>als<pb edRef="#b" n="30"/>dann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alsdenn</rdg>
</app> erfinden könne, wo man erst <app>
<lem>Vieles</lem>
<rdg wit="#a" type="v">vieles</rdg>
</app> vorher <app>
<lem/>
<rdg wit="#a" type="pt">von</rdg>
</app> Andern abgelernt und <app>
<lem>gesammlet</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gesammelt</rdg>
</app> hat – wie dieses der Fall <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> allen historischen Wissenschaften <app>
<lem>ist –:</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">ist: – da</rdg>
</app> verläßt man sich gar zu leicht auf <app>
<lem>Andrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Anderer</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Vorarbeit</term>
</index>Vorarbeit, forscht nicht selbst nach, und beruhigt sich ohne <index indexName="subjects-index">
<term>Prüfung</term>
</index>Prüfung <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem, was man vorfindet. <pb edRef="#a" n="316"/> Dieses sind wohl
einige Hauptursachen, die das Vorurtheil erzeugen, als wenn <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem exegetischen Studium wenig von uns selbst zu thun, oder <app>
<lem>alles</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Alles</rdg>
</app> leicht zu er<pb edRef="#c" n="26"/>lernen <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, so wie man sich auf der andern Seite die Schwierigkeiten oft zu groß
vorstellt, wenn und weil man so viele <app>
<lem>auswärtige nöthige</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">subsidiarische</rdg>
</app> Kenntnisse <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> sich vermißt, oder nicht weiß, wo man sie hernehmen soll.</p>
</div>
<div n="21" type="section" id="section_2_21">
<head><app>
<lem>21</lem>
<rdg wit="#a" type="v">308</rdg>
</app>.</head>
<p><app>
<lem>Bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Bei</rdg>
</app> der heiligen Schrift kommen noch manche <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besondere</rdg>
</app> Umstände dazu, welche das Vorurtheil verstärken, daß, sie zu
verstehen, so gar schwer nicht seyn könne. Man hat sie von Jugend auf <app>
<lem>gelesen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gelesen</rdg>
</app> und erläutern gehört, und glaubt, weil uns ihre <app>
<lem>Geschichte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Geschichten</rdg>
</app> und Lehren, den Worten und Sachen nach, geläufig sind, so wäre sie
uns auch verständlich genug. Man hat selbst gehört, daß <app>
<lem>unsre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unsere</rdg>
</app> Theologen gegen die römische Kirche die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_21_1"/><app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Deutlichkeit</term>
</index>Deutlichkeit</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Deutlichkeit</hi></rdg>
</app> der heiligen Schrift, als eine <index indexName="subjects-index">
<term>Unterscheidungslehre</term>
</index>Unterscheidungslehre, vertheidigen und beweisen. Wie sollten auch,
denkt man, Bücher schwer zu <app>
<lem>verstehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verstehen</rdg>
</app>, die <app>
<lem>Aechtheit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Echtheit</rdg>
</app> derselben nicht ausgemacht seyn, worin Gott seinen Willen für
jedermann, selbst deutlicher als durch die Natur, geoffenbart <pb edRef="#b" n="31"/> hat? <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_21_2"/><app>
<lem>Man</lem>
<rdg wit="#c" type="v">man</rdg>
</app> dürfe sich nur an den ersten einfältigsten Sinn halten, der sich uns
darin darstellt, mit Einfalt und Lernbegierde lesen, und Gott um Erleuchtung
bitten. Wenn man denn auch in <app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzeln</rdg>
</app> Stellen nicht gerade den eigentlichen Sinn <app>
<lem>treffe:</lem>
<rdg wit="#c" type="v">treffe,</rdg>
</app> so <app>
<lem>stoße</lem>
<rdg wit="#a" type="v">stosse</rdg>
</app> man doch gewiß auf <index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheiten</term>
</index>Wahrheiten, die zu <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Erbauung</term>
</index>Er<pb edRef="#a" n="317"/>bauung dienten. Und wo uns irgend
Schwierigkeiten <app>
<lem>aufstießen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">aufstiessen,</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">aufstießen:</rdg>
</app> über welches Buch in der Welt <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app> mehr geschrieben, mehr gedacht, mehr Nutzbares schon <app>
<lem>ausgezogen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">ausgezogen</rdg>
</app> und <app>
<lem>ausser</lem>
<rdg wit="#c" type="v">außer</rdg>
</app> Zweifel gesetzt worden? Nach so vielen und zum Theil <app>
<lem>vortreflichen</lem>
<rdg type="v" wit="#c">vortrefflichen</rdg>
</app> Arbeiten könne schwerlich noch etwas unserm <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenen</rdg>
</app> Fleiß <app>
<lem>überlaßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">überlassen</rdg>
</app> seyn.</p>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_21_1">
<label>Deutlichkeit der heiligen Schrift, als eine
Unterscheidungslehre</label>
<p>Im Hintergrund steht die von Luther in <hi>De servo arbitrio</hi> (1525)
formulierte Grundannahme von der <hi>claritas</hi> (<hi>externa</hi>
bzw. <hi>interna</hi>) <hi>scripturae</hi> (vgl. WA 18 [1908], [551]
600–787, 606–609). Diese wurde in der Folgezeit ausgebaut und gehört als
Lehre von der Klarheit (<hi>claritas</hi> bzw. <hi>perspicuitas</hi>)
der Schrift im Rahmen der sog. <hi>affectiones scripturae primariae</hi>
zum festen Bestand der altprotestantischen Dogmatik. Dagegen bleibt die
Schrift nach katholischer Auffassung ohne kirchliches Lehramt dunkel und
für Laien unverständlich.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_21_2">
<label>Man dürfe sich nur an den ersten einfältigsten Sinn halten, der sich
uns darin darstellt</label>
<p>Vgl. II § 70; II § 143.</p></note>
</div>
</div>
<div type="section-group" id="section_2_22-62">
<div n="22" type="section" id="section_2_22">
<head><pb edRef="#c" n="27"/>
<app>
<lem>22</lem>
<rdg wit="#a" type="v">309</rdg>
</app>.</head>
<p>Geräth aber, auf der andern Seite, jemand über die verschiedenen Folgen und
Lehren, die aus der heiligen Schrift gezogen seyn sollen, und welche <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> verschiedenen <app>
<lem>Parteyen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Partheyen</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">Parteien</rdg>
</app> und Menschen einander so sehr widersprechen; merkt er die
Abweichungen der <index indexName="subjects-index">
<term>Ausleger</term>
</index>Ausleger von einander, und wird verlegen, was er unter so
verschiedenen Erklärungen als das Wahre wählen soll; befriedigen sie oder
ihre Gründe ihn nicht; fällt er selbst auf einen Sinn, der ihm einleuchtend
scheint, den er aber zu beweisen nicht genug Kenntnisse hat; oder ist er zu
ängstlich, um seinen eigenen Einsichten zu trauen, um einen Sinn annehmlich
zu finden, der von herrschenden Erklärungen abgeht, oder gegen Meinungen <app>
<lem>anzustoßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">anzustossen</rdg>
</app> scheint, die er für wahre <index indexName="subjects-index">
<term>Religionslehren</term>
</index>Religionslehren hält; oder zu gewissenhaft in <pb edRef="#b" n="32"/> göttlichen Dingen, als daß er mit einem Sinn, der sich hören läßt, ohne
überzeugende Beweise zufrieden seyn sollte; oder hat jemand auf Schulen
durch eine schlechte und ihm durch manche <index indexName="subjects-index">
<term>Nebenumstände</term>
</index>Nebenumstände verleidete Erklärungsart der Bibel oder alter
Schriftsteller, einen Widerwillen gegen <pb edRef="#a" n="318"/> alle
Auslegung <app>
<lem>gefaßt,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gefaßt;</rdg>
</app> oder <app>
<lem>er ist</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">ist er</rdg>
</app> zu sehr versäumt, als daß er <app>
<lem>hoffen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">glauben</rdg>
</app> sollte, das viele Versäumte noch nachholen zu <app>
<lem>können,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">können;</rdg>
</app> und hat er nach und nach mehr Geschmack an sogenannten <index indexName="subjects-index">
<term>Realkenntnisse</term>
</index>Realkenntnissen bekommen, und sich an solche gewöhnt; oder hält er <app>
<lem>die</lem>
<rdg wit="#c" type="v">diese</rdg>
</app> für weit wichtiger, als daß er die darauf zu verwendende Zeit noch
sogenannten <index indexName="subjects-index">
<term>Wortkenntnisse</term>
</index>Wortkenntnissen und Beschäftigungen des Gedächtnisses aufopfern
sollte; und wird <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">er</rdg>
</app> vollends in seinem <app>
<lem>Eckel</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Ekel</rdg>
</app> dagegen und in dem Wahn von ihrer Entbehrlichkeit durch <app>
<lem>Andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andere</rdg>
</app> bestärkt, die ihm <app>
<lem>Sprache</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Sprachen</rdg>
</app>, <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel und die Geschichte in derselben verächtlich machen, seinen
Stolz auf die <app>
<lem>Fähigkeit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Fähigkeit,</rdg>
</app> selbst zu <app>
<lem>denken</lem>
<rdg wit="#c" type="v">denken,</rdg>
</app> nähren, oder ihn bereden, <pb edRef="#c" n="28"/> daß das Wesentliche
der Bibel in sehr Wenigem <app>
<lem>bestehe,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bestehe</rdg>
</app> und schon ganz aufs Reine gebracht <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>: so ist <app>
<lem/>
<rdg type="pt" wit="#c">es</rdg>
</app> sehr begreiflich, wie leicht er dadurch und durch das Gefühl der <app>
<lem>mancherley Schwierigkeiten,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">mancherlei Schwierigkeiten</rdg>
</app> dahin gebracht werden könne, das Studium der Bibel selbst, oder doch <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenen</rdg>
</app>, ausharrenden Fleiß, ganz aufzugeben.</p>
</div>
<div n="23" type="section" id="section_2_23">
<head><app>
<lem>23</lem>
<rdg wit="#a" type="v">310</rdg>
</app>.</head>
<p><app>
<lem>Beyden</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beiden</rdg>
</app> Vorurtheilen entgegen zu arbeiten, und auf der einen Seite die
Trägheit, auf der <app>
<lem>anderen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">andern</rdg>
</app> Muthlosigkeit zu verhüten, ist es sehr noth<pb edRef="#b" n="33"/>wendig, sich frühzeitig <hi>theils</hi> den <app>
<lem>großen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grossen</rdg>
</app> Umfang und die <index indexName="subjects-index">
<term>Nutzbarkeit</term>
</index>Nutzbarkeit der <app>
<lem>bey dem</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">für das</rdg>
</app> Studium der Bibel nöthigen Kenntnisse, <hi>theils</hi> die Mittel
bekannt zu machen, wie man <app>
<lem>die Schwierigkeiten <app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#a" type="pp">sie</rdg>
</app> heben, erleichtern, und sich eine Fertigkeit erwerben könne, die
heilige <pb edRef="#a" n="319"/> Schrift und ihren Sinn gründlich zu
erforschen. Den Werth der Bibel vorausgesetzt, <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> man sie anders nicht benutzen, als wenn und sofern man überzeugt ist,
daß, was man daraus zieht, wirklich darin enthalten <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>. Diese Ueberzeugung erfordert, wie <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> jedem Gesetz oder <app>
<lem/>
<rdg type="pt" wit="#c">jeder</rdg>
</app> Urkunde, daraus man etwas lernen will, <app>
<lem>zweyerley</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zweierlei</rdg>
</app>: <hi>erstlich</hi>, daß man mit <index indexName="subjects-index">
<term>Ueberzeugung</term>
</index>Ueberzeugung wisse, was man zur heiligen Schrift rechne, <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app> wirklich, wenigstens im Wesentlichen, dasselbe, was die Verfasser
niedergeschrieben haben; <hi>hernach</hi>, daß man den Sinn gefunden, und
Grund angeben könne, daß und warum der Sinn, den wir gefunden haben, der
einzige wahre, oder doch wahrscheinlichste <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>. Der <app>
<lem>Inbegriff</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Inbegrif</rdg>
</app> der Kenntnisse, <app>
<lem>die</lem>
<rdg wit="#c" type="v">welche</rdg>
</app> die <app>
<lem>Aechtheit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Echtheit</rdg>
</app> der biblischen Bücher und des biblischen Textes betreffen, ist die
<hi>biblische <index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik</hi> (Critica sacra), so wie der <app>
<lem>Inbegriff</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Inbegrif</rdg>
</app> dererjenigen, welche die Auslegung desselben <app>
<lem>angehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">angehen</rdg>
</app>, die eigentliche <index indexName="subjects-index">
<term>Exegetik</term>
</index><hi>Exegetik</hi>.</p>
<note place="end"><pb edRef="#c" n="29"/>
<app>
<lem>Bey beyden</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> Bei beiden</rdg>
</app> Wissenschaften soll im Folgenden zugleich von ihrem Umfang, <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">ihrer</rdg>
</app> Nothwendigkeit, Schwierigkeit, und <app>
<lem>Mitteln</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">den Mitteln,</rdg>
</app>
<app>
<lem>diese</lem>
<rdg wit="#a" type="v">sie</rdg>
</app> zu heben, oder gründliche Kenntnisse und Fertigkeiten darin zu
erlangen, überhaupt gehandelt werden. Dadurch werden die Vorurtheile von dem
zu Leichten oder zu Schweren <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem biblischen Studium von selbst wegfallen, daß sie <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">dann</rdg>
</app> keiner <app>
<lem>besondern</lem>
<rdg wit="#c" type="v">weitern</rdg>
</app> Widerlegung bedürfen.</note>
</div>
<div n="24" type="section" id="section_2_24">
<head><pb edRef="#b" n="34"/>
<app>
<lem>24</lem>
<rdg wit="#a" type="v">311</rdg>
</app>.</head>
<p>So sehr <app>
<lem>diese</lem>
<rdg wit="#c" type="v">die</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik von <app>
<lem>jeher</lem>
<rdg wit="#a" type="v">je her</rdg>
</app> der Verachtung und noch mehr der Verleumdung der <pb edRef="#a" n="320"/> Unwissenden ausgesetzt gewesen ist, die <app>
<lem>solche</lem>
<rdg wit="#c" type="v">alle</rdg>
</app> kritische Versuche <app>
<lem>selbst oft</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">wohl gar</rdg>
</app> für Anfälle auf Gottes Wort angesehen haben, ohne zu bedenken, daß <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">biblische</rdg>
</app> Kritik nur eine Revision des auf uns <app>
<lem>gekommnen geschriebnen</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">gekommenen geschriebenen</rdg>
</app> oder gedruckten <app>
<lem><hi>Textes</hi></lem>
<rdg wit="#a" type="v">Textes</rdg>
</app> der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel<app>
<lem>, nicht der <hi>Bibel</hi> selbst,</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> ist: so ist sie doch nicht nur eine <app>
<lem>unschuldige</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unschädliche</rdg>
</app>, sondern <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">sogar</rdg>
</app> auch nothwendige Wissenschaft. Soll 1) eine Lehre oder Begebenheit
aus einem Zeugniß der <app>
<lem>heiligen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">heil.</rdg>
</app> Schrift dargethan, oder eine Redensart als schriftmäßig
gerechtfertigt <app>
<lem>werden,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">werden</rdg>
</app> (wie <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Joh:5:7">1 Joh. 5,
7.</citedRange></bibl> oder <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Tim:3:16">1 Tim. 3, 16.</citedRange></bibl>
<app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Joh:7:53" to="Joh:8:11">Joh. 7, 53.–8, 11.</citedRange></bibl> und <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Apg:20:28">Apostelgesch. 20,
28</citedRange></bibl>): so muß bewiesen werden können, daß das
Buch, die Stelle und der Ausdruck <app>
<lem>ächt sey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">echt sei</rdg>
</app>, die man als ein Zeugniß anführt (<app>
<lem><choice>
<abbr>Th.</abbr>
<expan>Theil</expan>
</choice> 1.</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> §. <app>
<lem><ref target="#section_1_74">74</ref>),</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_1_74">74.</ref>);</rdg>
</app> und so bodenlos sonst der Beweis seyn würde, so vergeblich wäre die
Erklärung einer Stelle oder eines Ausdrucks, um einen Schluß daraus zu
ziehen, ehe noch ausgemacht wäre, daß sie von den heiligen Schriftstellern <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">selbst</rdg>
</app> herrührten, und sich daraus etwas, als von ihnen gesagt, ziehen <app>
<lem>ließe</lem>
<rdg wit="#a" type="v">liesse</rdg>
</app>.</p>
</div>
<div n="25" type="section" id="section_2_25">
<head><app>
<lem>25</lem>
<rdg wit="#a" type="v">312</rdg>
</app>.</head>
<p>Sehr oft werden 2) gewisse Bücher, Stellen und <index indexName="subjects-index">
<term>Lesearten</term>
</index>Lesearten der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel bestritten, und müssen, wenn sie können, <pb edRef="#c" n="30"/>
<app>
<lem>gerechtfertiget werden; es</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">gerechtfertigt werden. Es</rdg>
</app> ist auch unwidersprechlich, daß von <app>
<lem>jeher</lem>
<rdg wit="#a" type="v">je her</rdg>
</app> an der <app>
<lem>Aechtheit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Echtheit</rdg>
</app> einiger Bücher gezweifelt worden, und <pb edRef="#b" n="35"/> der
Text in <app>
<lem>verschiednen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verschiedenen</rdg>
</app> Handschriften, Uebersetzungen und Anführungen, mit vieler
Verschiedenheit durch <app>
<lem>Nachläßigkeit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Nachlässigkeit</rdg>
</app> oder <app>
<lem>willkührliche</lem>
<rdg wit="#c" type="v">willkürliche</rdg>
</app> Aen<pb edRef="#a" n="321"/>derungen, zu uns gekommen ist. Anders als
nach sichern Regeln und Gründen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> doch jene Rechtfertigung nicht <app>
<lem>geführet, willkührliche</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">geführt, willkürliche</rdg>
</app> Aenderung <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">können</rdg>
</app> anders nicht entdeckt und abgelehnt, und überhaupt keine Fehler in
diesem Text anders klar gemacht werden. Und ist es eben so unverantwortlich,
etwas zu der <choice>
<abbr>heil.</abbr>
<expan>heilig</expan>
</choice> Schrift hinzu, als davon zu thun, etwas <app>
<lem>Unächtes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Unechtes</rdg>
</app> gelten zu <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app>, als etwas <app>
<lem>Aechtes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Echtes</rdg>
</app> zu verwerfen: so <app>
<lem>bleibt</lem>
<rdg wit="#a" type="v">bleibet</rdg>
</app> schlechterdings kein anderes <app>
<lem>Mittel</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Mittel,</rdg>
</app> sich gegen diese <app>
<lem>zwey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beiden</rdg>
</app> Abwege zu verwahren, als kritische Untersuchung.</p>
<note place="end"><app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app> Es ist also widersinnig, zu behaupten, durch die <index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik würde die heilige Schrift <app>
<lem>dem Willkühr</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">der Willkür</rdg>
</app> und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">dem</rdg>
</app> Muthwillen der Menschen Preis gegeben; da eben die Kritik das Mittel
ist, um zu entdecken, ob <app>
<lem>hiebey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hierbei</rdg>
</app> etwas <app>
<lem>willkührlich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">willkürlich</rdg>
</app> und widerrechtlich geschehen <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app> oder nicht, und um diesem zu steuern, oder es zu Schanden zu
machen.</note>
</div>
<div n="26" type="section" id="section_2_26">
<head><app>
<lem>26</lem>
<rdg wit="#a" type="v">313</rdg>
</app>.</head>
<p>Selbst 3) von den Vorwürfen der <app>
<lem>erlittnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">erlittenen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Verfälschung</term>
</index>Verfälschung, die man so oft der heiligen Schrift gemacht, und
dadurch ihr Ansehen zu schwächen gesucht hat, <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">kann</rdg>
</app> sie auf keine andere Art <app>
<lem>befreyet</lem>
<rdg wit="#c" type="v">befreiet</rdg>
</app> werden. Wer der wahren <index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik kundig ist, erschrickt <app>
<lem>für</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vor</rdg>
</app> allen solchen Beschuldigungen nicht. Er findet sie, nach angestellter
Untersuchung, entweder gegründet oder nicht; verlangt, in jenem Fall, <pb edRef="#b" n="36"/> das nicht zu vertheidigen, was nicht zu den heiligen
Büchern gehört, und schneidet so die Ge<pb edRef="#a" n="322"/>legenheit ab,
das <app>
<lem>Ansehn</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Ansehen</rdg>
</app> der Bibel zu <pb edRef="#c" n="31"/> erschüttern; weiß hingegen, in
dem andern <app>
<lem>Fall</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Falle</rdg>
</app>, zu zeigen, wie sehr dergleichen Angriffe auf Unwissenheit oder
falschen Schlüssen beruhen. Wer aber <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> diesen Vorwürfen von Verfälschung ängstlich thut, und seine Furcht <app>
<lem>für</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vor</rdg>
</app> Gefahr verräth, die der Bibel bevorstehe, bestätigt die Gegner in
ihrem <app>
<lem>Verdacht; er</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Verdacht. Er</rdg>
</app> könnte es ja sonst nur der ruhigen Untersuchung <app>
<lem>überlaßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">überlassen</rdg>
</app>.</p>
</div>
<div n="27" type="section" id="section_2_27">
<head><app>
<lem>27</lem>
<rdg wit="#a" type="v">314</rdg>
</app>.</head>
<p>Zu besorgen ist auch nicht, daß 4) durch kritische Untersuchungen die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel ungewiß und zweifelhaft gemacht werde, und manches <app>
<lem>trefliche</lem>
<rdg wit="#c" type="v">treffliche</rdg>
</app> Zeugniß aus derselben wegfalle. So lange nichts untersucht wird, <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> Zweifel und Verdacht nie gehoben werden; die <app>
<lem>bloße</lem>
<rdg wit="#a" type="v">blosse</rdg>
</app> Entdeckung der Verschiedenheit <app>
<lem>aber,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">aber</rdg>
</app> macht so wenig die Bücher und ihren Text zweifelhaft, als die
Verschiedenheit der Erklärungen einer Stelle den Sinn ungewiß macht; Gründe
müssen in <app>
<lem>beyden</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beiden</rdg>
</app> Fällen zeigen, auf welcher Seite die <index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheit</term>
</index>Wahrheit <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>. Wenn diese die <app>
<lem>Aechtheit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Echtheit</rdg>
</app> eines Buchs, einer Stelle oder <index indexName="subjects-index">
<term>Leseart</term>
</index>Leseart darthun, so bleibt ihr Zeugniß erhalten; beweisen sie
hingegen, sie <app>
<lem>sey untergeschoben:</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">sei untergeschoben,</rdg>
</app> so verlieren wir weiter nichts als einen falschen Beweis, durch den
die Wahrheit nie gewinnt, sondern unwiderleglichen Angriffen ausgesetzt <app>
<lem>wird;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wird:</rdg>
</app> und darüber sich beschweren, was wäre das anders, als mit Gott
rechten, daß er uns nicht <pb edRef="#b" n="37"/> mehr Bücher und Beweise
für eine Wahrheit gegeben habe? – <pb edRef="#a" n="323"/> Kurz, alle Klagen
und Besorgnisse <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der Kritik selbst – nicht <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> ihrem Mißbrauch, den eben <app>
<lem>sichre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sichere</rdg>
</app> Regeln und Gründe verhüten müssen – beruhen <hi>entweder</hi> auf
Unwissenheit, wenn man Verschiedenheit in den Meinungen und Zeugnissen, die
Bücher und den Text der Bibel betreffend, <app>
<lem>ableugnet</lem>
<rdg wit="#c" type="v">abläugnet</rdg>
</app>, oder <pb edRef="#c" n="32"/> keine kritischen Grundsätze und
Entdeckungen gelten <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app> will, <app>
<lem><hi>oder</hi>,</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>oder</hi></rdg>
</app>
<app>
<lem>bei</lem>
<rdg wit="#a" type="v">bey</rdg>
</app> aller Einbildung von Liebe und Eifer für die Bibel, auf
Gleichgültigkeit gegen sie; wodurch man nicht nur selbst die ihr schuldige
Untersuchung <app>
<lem>vernachlässigt</lem>
<rdg wit="#a" type="v">vernachläßigt</rdg>
</app>, sondern auch die Arbeiten <app>
<lem>andrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Anderer</rdg>
</app>, die mehr Kenntnisse und <app>
<lem>besseren</lem>
<rdg wit="#a" type="v">beßren</rdg>
</app> Willen haben, unbenutzt läßt, oder sie gar abschreckt, sie an <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app> Stelle zu unternehmen.</p>
<note place="end"><app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app>
<index indexName="persons-index">
<term>Erasmus, Desiderius</term>
</index><persName ref="textgrid:24h47">Erasmi</persName> Apologia und dessen
Capita argumentorum contra morosos quosdam ac indoctos, vor der 2ten Ausgabe
seines griechischen neuen <app>
<lem>Testamentes (1519)<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:250dd"/></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Testaments (1519.)</rdg>
</app>, und in dessen folgenden Ausgaben, nebst <app>
<lem>verschiednen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verschiedenen</rdg>
</app> seiner <app>
<lem>Apologien</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Apologieen</rdg>
</app> im 9ten Bande seiner Werke nach <index indexName="persons-index">
<term>Clericus, s. Le Clerc, Jean</term>
<term>Le Clerc, Jean</term>
</index><persName ref="textgrid:251ms">le <app>
<lem>Clerc</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Clerc's</rdg>
</app></persName> Ausgabe; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_27_1"/><index indexName="persons-index">
<term>Bentley, Richard</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:25k02">Rich. Bentley</persName></hi>
Anmerkungen über das Buch: <app>
<lem>Freyheit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Freiheit</rdg>
</app> zu denken, nach der deutschen Uebersetzung, Halle <app>
<lem>1745<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2r5gf"/>
in</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">1745.</rdg>
</app> 8. <choice>
<abbr>S.</abbr>
<expan>Seite</expan>
</choice> 200 <app>
<lem><choice>
<abbr>f.</abbr>
<expan>folgend</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#a" type="v">f</rdg>
</app>; und in bündigster Kürze die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_27_2"/><index indexName="persons-index">
<term>Griesbach, Johann Jakob</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2r5h7">Griesbachische</persName></hi>
Vorrede zum <app>
<lem>zweyten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zweiten</rdg>
</app> Bande seiner Ausgabe des neuen Testaments, sind sehr dienlich, um
gleich im Anfang diese Vorurtheile niederzuschlagen.</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_27_1">
<label>Rich. Bentley Anmerkungen […] S. 200 f.</label>
<p>Richard Bentleys (unter dem Pseudonym <hi>Phileleutherus Lipsiensis</hi>
veröffentlichte) <hi>Remarks upon a late Discourse of Free-Thinking</hi>
(1713) wurden mehrfach aufgelegt (<hi rend="superscript">8</hi>1743) und
übersetzt. Die deutsche Übersetzung <hi>Richard Bentleys […]
Anmerckungen über das Buch Freyheit zu dencken</hi> (1745) besorgte
der hallesche Theologe Friedrich Eberhard Rambach (1708–1775). Die hier
angeführte <hi>zwey und dreißigste Anmerckung</hi> (aaO 200–263)
behandelt John Mills Ausgabe des Neuen Testaments (vgl. II § 35) und
verteidigt trotz der in dieser Edition festgestellten etwa 30.000
Textvarianten die prinzipielle Glaubwürdigkeit der neutestamentlichen
Überlieferung.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_27_2">
<label>Griesbachische Vorrede zum zweyten Bande seiner Ausgabe des neuen
Testaments</label>
<p>Der während des Studiums in Halle u.a. von Semler und Nösselt und in
Leipzig von Ernesti beeinflusste Johann Jakob Griesbach (1745–1812)
wurde 1773 außerordentlicher Professor der Theologie in Halle, wechselte
dann jedoch als Ordinarius nach Jena und prägte die dortige Universität
maßgeblich. Griesbach zählt zu den führenden Textkritikern des 18. Jh.s
und ist für seine Ausgabe des Neuen Testaments (vgl. II § 34) bekannt.
Nach ihm benannt ist die Griesbach-Hypothese, nach der das Lukas- vom
Matthäusevangelium abhängig ist und das Markusevangelium eine
Kurzfassung beider darstellt. Ein bedeutendes neologisches Werk (vgl.
BdN III) ist seine <hi>Anleitung zum Studium der populären Dogmatik</hi>
(1779; <hi rend="superscript">4</hi>1789).</p></note>
</div>
<div n="28" type="section" id="section_2_28">
<head><app>
<lem>28</lem>
<rdg wit="#a" type="v">315</rdg>
</app>.</head>
<p>Und diesen Fleiß in der biblischen <index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik sollte man um so weniger <app>
<lem>schwächen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">niederschlagen</rdg>
</app>, da diese Kri<pb edRef="#a" n="324"/>tik <pb edRef="#b" n="38"/> ein
überaus schweres Studium ist, und nur <app>
<lem>äusserst</lem>
<rdg wit="#c" type="v">äußerst</rdg>
</app>
<app>
<lem>Wenige</lem>
<rdg wit="#a" type="v">wenige</rdg>
</app> wahren Beruf dazu haben. <hi>Zuerst</hi> hält es schon sehr schwer,
die <app>
<lem>beyden</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beiden</rdg>
</app> Abwege <app>
<lem>hiebey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hierbei</rdg>
</app>, Aengstlichkeit und Verwegenheit, zu <app>
<lem>vermeiden; der</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">vermeiden. Der</rdg>
</app> Kranke befindet sich gleich übel <app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app>, wenn der Arzt <app>
<lem>alles</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Alles</rdg>
</app>, und wenn er nichts wagt, nach gar keinen festen Grundsätzen
verfährt, oder auch nicht einmal nach solchen etwas unternimmt. Auch der
<index indexName="subjects-index">
<term>aufgeklärtester</term>
</index>aufgeklärteste Mann, wenn er gewissenhaft ist, rührt das ungern an,
was einmal <app>
<lem>das,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">das –</rdg>
</app> gegründete oder <app>
<lem>ungegründete,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">ungegründete –</rdg>
</app> Vorurtheil des Göttlichen <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">oder auch nur durch das Alterthum
Geheiligten</rdg>
</app> vor <pb edRef="#c" n="33"/> sich hat; und wer einmal <app>
<lem>einzureissen</lem>
<rdg type="v" wit="#c">einzureißen</rdg>
</app> anfängt, reißt<app>
<lem>, wenn er im Reissen ist,</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> oft auch das Gute und Haltbare mit ab, und braucht, verleitet vom
Gefühl seiner Kraft, nur zu oft gewaltsame und verzweifelte Mittel. Wahrer
Muth und wahre <index indexName="subjects-index">
<term>Bescheidenheit</term>
</index>Bescheidenheit sind gleich selten.</p>
</div>
<div n="29" type="section" id="section_2_29">
<head><app>
<lem>29</lem>
<rdg wit="#a" type="v">316</rdg>
</app>.</head>
<p><app>
<lem>Wenn <hi>aber auch</hi> jemand hiebey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Doch selbst der, welcher hierbei</rdg>
</app> mit der <app>
<lem>größesten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">größten</rdg>
</app> Vorsicht und Entschlossenheit, also mit wahrer Gewissenhaftigkeit, <app>
<lem>verführe: so</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">verfährt,</rdg>
</app> wird <app>
<lem>er</lem>
<rdg type="om" wit="#c"/>
</app> doch <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der Unternehmung <app>
<lem>selbst</lem>
<rdg wit="#a" type="v">selbst,</rdg>
</app> ausnehmende Schwierigkeiten finden, sowohl in Wegräumung der
Hindernisse, welche <app>
<lem>die</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> Unwissenheit, Vorurtheile und Irrthümer in diesem Fach <app>
<lem>gelegt haben</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">in den Weg legen</rdg>
</app>, als in Aufführung des Bessern. Denn erstlich <app>
<lem>müßte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bedarf</rdg>
</app> man <app>
<lem><hi>sichre</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>sicherer</hi></rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index><hi>Regeln</hi>
<app>
<lem>haben</lem>
<rdg type="om" wit="#c"/>
</app>, wonach man <app>
<lem>verführe – und</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">zu verfahren hat; –</rdg>
</app> diese <app>
<lem/>
<rdg type="pt" wit="#c">aber</rdg>
</app> setzen <app>
<lem><hi>sichre <index indexName="subjects-index">
<term>Kenntnisse</term>
</index>Kenntnisse</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>sichere Kenntnisse</hi>,</rdg>
</app> von den Büchern und deren Text <app>
<lem>sowohl,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sowohl</rdg>
</app> als von <pb edRef="#a" n="325"/> den Hülfsmitteln, voraus, die <app>
<lem>man</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> zur Berich<pb edRef="#b" n="39"/>tigung des Streitigen <app>
<lem>nöthig hat</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">unentbehrlich sind</rdg>
</app>. – Wäre <app>
<lem>beydes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beides</rdg>
</app> denn auch <app>
<lem>sichrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sicherer</rdg>
</app> als es <app>
<lem>meistens nicht</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">in den meisten Fällen</rdg>
</app> ist, so würden sich in der <index indexName="subjects-index">
<term>Anwendung</term>
</index><hi>Anwendung</hi> der Grundsätze noch immer neue Schwierigkeiten
zeigen.</p>
</div>
<div n="30" type="section" id="section_2_30">
<head><app>
<lem>30</lem>
<rdg wit="#a" type="v">317</rdg>
</app>.</head>
<p>Wie <app>
<lem>viel <app>
<lem>einigermaßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einigermassen</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">wenig</rdg>
</app> Sicheres wissen wir 1) von den <hi>vorläufigen Kenntnissen</hi>? <app>
<lem>von</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Von</rdg>
</app> der Geschichte der biblischen Bücher, der Sammlung ihrer <app>
<lem>Theile,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Theile</rdg>
</app> (<choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice> der Psalmen, der <app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzeln</rdg>
</app> Weissagungen in den Propheten <choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice>) und der Sammlung dieser Bücher in ein Ganzes? von der Geschichte
ihres Textes, und der oft so unerklärlichen Art, wie die Verschiedenheit des
Textes in den Quellen entstanden ist? von der Geschichte der <index indexName="subjects-index">
<term>Handschriften</term>
</index>Handschriften und der al<pb edRef="#c" n="34"/>ten <index indexName="subjects-index">
<term>Uebersetzungen</term>
</index>Uebersetzungen, des Textes in <app>
<lem>beyden</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beiden</rdg>
</app> und dessen Veränderungen? von der Fähigkeit, den Hülfsmitteln und der
Treue, welche diejenigen hatten oder bewiesen, die uns Stücke dieses Textes
in ihren Büchern aufbehalten haben? selbst von der Geschichte der Ausgaben,
und der Art des Verfahrens <app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app>? Wie vieler feinen historischen, <app>
<lem>literarischen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">litterarischen</rdg>
</app> und philologischen Kenntnisse und Bemerkungen bedarf es, um nur erst
einiges Land zu <app>
<lem>gewinnen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gewinnen;</rdg>
</app> und wie wenig ist das, was wir hier mit einiger Sicherheit kennen,
gegen das, was wir noch erst entdecken <app>
<lem>sollten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">müßten</rdg>
</app>, um die <app>
<lem>hiebey vorkommende</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">hierbei vorkommenden</rdg>
</app> Lücken auszufüllen, und alle Schwierigkeiten befriedigend zu <app>
<lem>beantworten.</lem>
<rdg wit="#a" type="v">beantworten!</rdg>
</app></p>
<app type="structural-variance">
<lem><note place="end"><seg id="var_2_30_p1"><pb edRef="#a" n="326"/>
<pb edRef="#b" n="40"/>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_30_1"/>Was hier
und in dem Folgenden gesagt ist, fühlt schwerlich jemand, <app>
<lem>wer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">der</rdg>
</app> nicht <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Untersuchungen dieser Art hergekommen ist, und selbst
Versuche gemacht hat. Die wunderbaren Erscheinungen in der
alexandrinischen Uebersetzung des <choice>
<abbr>A. Test.</abbr>
<expan>Altes Testament</expan>
</choice> und in griechisch-lateinischen Handschriften des
neuen, können hier zu einigen <app>
<lem>Beyspielen dienen,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Beispielen dienen;</rdg>
</app> und wer die kritische Literatur kennt, wie sie sich <app>
<lem>ohngefehr</lem>
<rdg wit="#c" type="v">ungefähr</rdg>
</app> seit den <app>
<lem>nächsten <app>
<lem>dreyßig</lem>
<rdg wit="#a" type="v">zwanzig</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">letzten dreißig</rdg>
</app> Jahren gebildet hat, <app>
<lem>kan <app>
<lem>einigermaßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einigermassen</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">kann einigermaaßen</rdg>
</app> sehen, wie viel sich in diesem noch so unbekannten Lande,
durch Aufsuchung bisher verborgen gewesener Hülfsmittel und
durch regelmäßigen <app>
<lem>Fleiß,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Fleiß</rdg>
</app> entdecken <app>
<lem>laße</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lasse</rdg>
</app>, und noch zu entdecken übrig <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>. Traurig ists nur immer, daß, wenn man einigen <index indexName="subjects-index">
<term>Schutt</term>
</index>Schutt weggeräumt hat, um diese <app>
<lem>verborgnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verborgenen</rdg>
</app> Schätze zu entdecken, so manche <app>
<lem>unberufne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unberufene</rdg>
</app> Arbeiter wieder neuen Schutt aufhäufen, und, unter
Vorspiegelung einer höhern Kritik, die guten Gänge zuwerfen, um <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> zu graben, die statt des Erzes nur <app>
<lem>Kolen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">Kohlen</rdg>
</app> enthalten.</seg>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl"><milestone unit="p" type="structure" edRef="#c"/><seg id="var_2_30_p2">{Was würde der
selige Verfasser erst gesagt haben, wenn er erlebt
hätte, wie wenig zuletzt diese sogenannte höhere <index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik noch als echt an den biblischen,
besonders den Schriften des neuen Testaments, möchte
gelten lassen! <hi rend="right-aligned"><choice>
<abbr>A. d. H.</abbr>
<expan>Anmerkung des Herausgebers</expan>
</choice>}</hi></seg></rdg>
</app></note></lem>
<rdg type="varying-structure" wit="#c"><note place="end">
<p copyOf="#var_2_30_p1"/>
<p copyOf="#var_2_30_p2"/></note></rdg>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_30_1">
<label>Was hier und in dem Folgenden gesagt ist, fühlt schwerlich jemand,
wer nicht bey Untersuchungen dieser Art hergekommen ist, und selbst
Versuche gemacht hat</label>
<p> In seiner Biographie (vgl. Vorrede Hg. c XIf.) betont Niemeyer, dass
Nösselt nicht zuletzt aufgrund seiner exegetischen Arbeiten zu den
führenden Theologen seiner Zeit gezählt werde (aaO I 252), dass auf dem
Gebiet der Exegese nichts Großes oder Kleines geschehen sei, was
Nösselts Aufmerksamkeit entgangen wäre (vgl. aaO I 156), und weiß von
Nösselts Plan, eine eigene Ausgabe des Neuen Testaments zu besorgen
(vgl. aaO I 157). Dass die exegetische Theologie zu Nösselts
Interessenschwerpunkten gehörte, wird auch an der relativen Häufigkeit
seiner diesbezüglichen Vorlesungen deutlich.</p></note>
</div>
<div n="31" type="section" id="section_2_31">
<head><pb n="35" edRef="#c"/>
<app>
<lem>31</lem>
<rdg wit="#a" type="v">318</rdg>
</app>.</head>
<p>Nach diesen <app>
<lem>großentheils</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grossentheils</rdg>
</app> noch so unvollständigen <app>
<lem>Kenntnissen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Kenntnissen,</rdg>
</app> können 2) schwerlich <index indexName="subjects-index">
<term>Grundsätze</term>
</index><hi>Grundsätze</hi> entworfen werden, <app>
<lem>die allgemein</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">denen man eine absolute Allgemeinheit</rdg>
</app> und <app>
<lem>sicher genug wären</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Sicherheit zuschreiben könnte</rdg>
</app>. Wenn es nicht schon <app>
<lem>gewissermaßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">gewissermassen</rdg>
</app> die meisten bisherigen Versuche solcher Regeln bewiesen, die entweder
auf ganz falsche Einbildungen gegründet <app>
<lem>sind <ref type="note" target="#noe_2_2_31_note1">*)</ref>,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">sind, <ref type="note" target="#noe_2_2_31_note1"><hi rend="superscript">1</hi>)</ref></rdg>
</app> oder sich durch ihre Unbestimmtheit selbst <app>
<lem>zerstören <ref type="note" target="#noe_2_2_31_note2">**)</ref>:</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">zerstören: <ref type="note" target="#noe_2_2_31_note2"><hi rend="superscript">2</hi>)</ref></rdg>
</app> so müßte es die Natur der Sache selbst lehren. Manche <pb edRef="#b" n="41"/>
<index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index>Regeln sind noch viel zu früh; weil uns die Geschichte der Quellen
oder Zeugen fehlt, wonach <pb edRef="#a" n="327"/> man erst ihr <app>
<lem>Ansehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Ansehen</rdg>
</app> beurtheilen könnte, und weil das Ansehen dieser Zeugen meistens erst
durch fleißige Untersuchung der Art ihres Textes, und durch sorgfältige
Zusammenhaltung desselben mit dem Text anderer <index indexName="subjects-index">
<term>Handschriften</term>
</index>Handschriften, Uebersetzungen <choice>
<abbr>u. s. w.</abbr>
<expan>und so weiter</expan>
</choice> erkannt werden <app>
<lem>kan <ref type="note" target="#noe_2_2_31_note3">†)</ref>.</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">kann. <ref type="note" target="#noe_2_2_31_note3"><hi rend="superscript">3</hi>)</ref></rdg>
</app> Wo man es aber auch so weit gebracht hat, daß man den Werth gewisser
Handschriften <choice>
<abbr>u. s. w.</abbr>
<expan>und so weiter</expan>
</choice> kennt: so können ja die Regeln, <hi>theils</hi>, wenn sie
<hi>allgemeine</hi> Regeln seyn sollen, nur erst nach Vergleichung
mehrerer <app>
<lem>solchen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">solcher</rdg>
</app> Handschriften <choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice> unter einander und mit andern Quellen gemacht, mit <app>
<lem>einem</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Einem</rdg>
</app> Wort, nur aus mehrern uns gleich gut bekannten Quellen zusammen,
abgezogen <app>
<lem>werden, <ref type="note" target="#noe_2_2_31_note4">††)</ref></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">werden; <ref type="note" target="#noe_2_2_31_note4"><hi rend="superscript">4</hi>)</ref></rdg>
</app>
<hi>theils</hi>, zeigen sich <app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app> so viele einander entgegenlaufende Erscheinungen, die für und wider
einen angenommenen Grundsatz streiten, daß sich etwas <app>
<lem>ganz</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> Allgemeines, ohne viele feinere Bestimmungen, nicht festsetzen läßt. <app>
<lem><ref type="note" target="#noe_2_2_31_note5">†††)</ref></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><ref type="note" target="#noe_2_2_31_note5"><hi rend="superscript">5</hi>)</ref></rdg>
</app></p>
<note n="1" id="noe_2_2_31_note1" place="end"><app>
<lem>*)</lem>
<rdg wit="#c" type="v">1)</rdg>
</app>
<choice>
<abbr>Z. B.</abbr>
<expan>Zum Beispiel</expan>
</choice> die Regeln: welche <index indexName="subjects-index">
<term>Leseart</term>
</index>Leseart die <hi>meisten</hi> Zeugnisse vor sich hat, ist die <app>
<lem>beste;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beste; –</rdg>
</app> die lateinischen Lesearten sind der Verfälschung verdächtig <choice>
<abbr>u. d. gl.</abbr>
<expan>und dergleichen</expan>
</choice></note>
<note n="2" id="noe_2_2_31_note2" place="end"><app>
<lem>**)</lem>
<rdg wit="#c" type="v">2)</rdg>
</app>
<choice>
<abbr>Z. B.</abbr>
<expan>Zum Beispiel</expan>
</choice>
<hi>wenn</hi>
<app>
<lem><hi>alles</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Alles</hi></rdg>
</app>
<hi>gleich ist</hi>, ist die <hi>ältere</hi> Leseart <pb edRef="#c" n="36"/>
der <hi>neuern</hi> vorzuziehen; die <hi>schwierigere</hi> oder
<hi>ungewöhnlichere</hi> Leseart ist <app>
<lem>ächter</lem>
<rdg wit="#c" type="v">echter</rdg>
</app> als die leichtere <choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice></note>
<note n="3" id="noe_2_2_31_note3" place="end"><app>
<lem>†)</lem>
<rdg wit="#c" type="v">3)</rdg>
</app> So ist das allerdings gewiß, was ehedem niemand <app>
<lem>sahe</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sah</rdg>
</app>, daß es <app>
<lem>verschiedne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verschiedene</rdg>
</app> sogenannte <index indexName="subjects-index">
<term>Recensionen</term>
</index>Recensionen oder Arten des Textes im neuen Testament giebt, und daß
unter diesen eine alexandrinische ist; aber <pb edRef="#b" n="42"/> welche
Handschriften, <pb edRef="#a" n="328"/> Uebersetzungen und dergleichen diese
Recension enthalten, <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> man zum Theil wohl aus <app>
<lem>äusserlichen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">äußerlichen</rdg>
</app> Umständen, <choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice> dem Texte, wie er <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> ägyptischen <app>
<lem>Kirchenvätern</lem>
<rdg type="v" wit="#a">Kirchvätern</rdg>
</app>, in der koptischen Version <choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice> vorkommt, <app>
<lem>schließen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">schliessen</rdg>
</app>, noch weit mehr aber aus Vergleichung solcher Lesearten, die gewisse
Handschriften vor andern auszeichnen. Und doch hält es wieder schwer, den
<hi>allgemeinen</hi> Charakter dieser Recension zu bestimmen, da manche
Handschriften in einigen Büchern <app>
<lem>dieser</lem>
<rdg wit="#a" type="v">diese</rdg>
</app>, in andern einer andern folgen, wie <choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice> die sogenannte alexandrinische in den Briefen <index indexName="persons-index">
<term>Paulus</term>
</index><persName ref="textgrid:251kf">Pauli</persName>, nicht so in den
Evangelisten; auch noch bis jetzt kein Text in irgend einer solchen
Handschrift aufgefunden ist, der nicht auch Lesearten enthielte, die einer
andern Recension eigen sind.</note>
<note n="4" id="noe_2_2_31_note4" place="end"><app>
<lem>††) Und wenn</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">4) Wenn</rdg>
</app> also nicht die Geschichte aller dieser Quellen bekannt ist, können
die Regeln unmöglich richtig oder bestimmt genug <app>
<lem>werden;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">werden –</rdg>
</app> ein Fehler, dessen sich <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem hebräischen Text diejenigen eben sowohl schuldig machen, die den
sogenannten masorethischen Text schlechthin verwerfen, als die, so ihn
geradezu vorziehen.</note>
<note n="5" id="noe_2_2_31_note5" place="end"><app>
<lem>†††)</lem>
<rdg wit="#c" type="v">5)</rdg>
</app> So sind es sehr gute Regeln <app>
<lem>bey den</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">bei dem</rdg>
</app> griechischen Text des neuen Testaments: <app>
<lem>Unter</lem>
<rdg wit="#c" type="v">„Unter</rdg>
</app> mehrern Lesearten ist diejenige wahrscheinlicher, die mit der
sonstigen Art zu reden ebendesselben Schriftstellers am meisten
übereinstimmt; ein härterer, ungriechischer Ausdruck ist weniger verdächtig,
als der leichtere und sonst gewöhnlichere, und: die Leseart ist die
verdächtigere, deren Ursprung aus der andern <pb edRef="#b" n="43"/> gezeigt
werden <app>
<lem>kan.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann.“</rdg>
</app> Aber eben sowohl <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> der Parallelismus zur Veränderung einer Leseart verführt <app>
<lem>haben:</lem>
<rdg wit="#a" type="v">haben;</rdg>
</app> der ungriechische Ausdruck <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> aus einem <index indexName="subjects-index">
<term>Schreibfehler</term>
</index>Schreibfehler <app>
<lem>solchen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">solcher</rdg>
</app> Abschreiber herrühren, <pb edRef="#a" n="329"/> die des Griechischen
unkundig waren; <pb edRef="#c" n="37"/> und die eine Leseart läßt sich <app>
<lem>bisweilen</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> eben sowohl aus der andern, wie diese aus jener ableiten.</note>
</div>
<div n="32" type="section" id="section_2_32">
<head><app>
<lem>32</lem>
<rdg wit="#a" type="v">319</rdg>
</app>.</head>
<p>Die Hauptsache kommt also 3) immer <hi>auf den selbst</hi> an, der das <app>
<lem>Aechte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Echte</rdg>
</app> von dem <app>
<lem>Unächten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Unechten</rdg>
</app> unterscheiden <app>
<lem>will,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">will;</rdg>
</app> und selbst die sichersten <index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index>Regeln helfen nichts, wo es an der geschickten und vorsichtigen
<index indexName="subjects-index">
<term>Anwendung</term>
</index>Anwendung fehlt. <app>
<lem>Fleissiges</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">Fleißiges</rdg>
</app> Nachforschen auch nach Kleinigkeiten, welche die Geschichte und den
Charakter der Quellen aufklären können, <app>
<lem>viele</lem>
<rdg wit="#a" type="v">viel</rdg>
</app> feine Sprachkenntniß der Grundsprachen überhaupt und des Charakters
eines biblischen Schriftstellers <app>
<lem>insbesondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">insbesondere</rdg>
</app>; Vorsichtigkeit in der Vergleichung und Anwendung aller solcher
Kenntnisse; und ein feines <index indexName="subjects-index">
<term>Gefühl</term>
</index>Gefühl oder kritisches <index indexName="subjects-index">
<term>Genie</term>
</index>Genie, das erst durch lange Uebung reif und sicher wird, müssen <app>
<lem>beysammen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beisammen</rdg>
</app> seyn. Denn es kommen <app>
<lem>hiebey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hierbei</rdg>
</app> so unendlich viele Collisionen gemachter Bemerkungen und <app>
<lem>abgezogner</lem>
<rdg wit="#c" type="v">abgezogener</rdg>
</app> Regeln vor, und diese Collisionen werden nicht einmal bemerkt,
vielweniger <app>
<lem>mitbenutzt</lem>
<rdg wit="#c" type="v">mit benutzt</rdg>
</app>, wo nicht sehr viele feine Beobachtungen vorhergegangen sind, daß von
der <index indexName="subjects-index">
<term>Geschicklichkeit</term>
</index>Geschicklichkeit und <index indexName="subjects-index">
<term>Gewissenhaftigkeit</term>
</index>Gewissenhaftigkeit des <index indexName="subjects-index">
<term>Kritiker</term>
</index>Kritikers selbst zuletzt <app>
<lem>alles</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Alles</rdg>
</app> abhängen muß. Selbst da, wo in allen jetzt bekannten Quellen ein sehr
alter Feh<pb edRef="#b" n="44"/>ler allgemein ist – ein sehr möglicher und
glaublicher Fall – könnte nur das feinere Gefühl ihn entdecken, ob es
gleich, um nicht nach <app>
<lem><app>
<lem>bloßem</lem>
<rdg wit="#a" type="v">blossem</rdg>
</app> Willkühr</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">bloßer Willkür</rdg>
</app> zu ver<pb edRef="#a" n="330"/>fahren, durch irgend einige Spur in den
bekannten Quellen geleitet werden müßte.</p>
<note place="end"><app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app> So möchte <choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_32_1"/><index indexName="persons-index">
<term>Valckenaer, Lodewijk Caspar</term>
</index><app>
<lem><hi><persName ref="textgrid:276t7">Valkenar</persName></hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi><persName>Valkenaer</persName></hi></rdg>
</app> in den Adnott. crit. in loca quaedam <app>
<lem>libr.</lem>
<rdg wit="#a" type="v">libri</rdg>
</app> novi foederis, hinter <index indexName="persons-index">
<term>Hemsterhuis, Tiberius</term>
</index><persName ref="textgrid:276t6"><app>
<lem>Ti.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Tib.</rdg>
</app> Hemsterhusii</persName> Orationibus (Lugd. Bat. 1784.<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:3c0g3"/> 8.) <choice>
<abbr>p.</abbr>
<expan>pagina</expan>
</choice> 365 <choice>
<abbr>seq.</abbr>
<expan>sequens</expan>
</choice> wohl <app>
<lem>recht</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Recht</rdg>
</app> haben, daß <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:19:38">Luc. 19, 38</citedRange></bibl> statt <foreign lang="grc">εἰρήνη
ἐν οὐρανῷ</foreign>, <pb edRef="#c" n="38"/> zu lesen <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_32_2"/><foreign lang="grc">εἰρ. ἐν <hi>ἀνθρώποις</hi></foreign>. Denn die gemeine
Leseart hat keinen schicklichen <app>
<lem>Sinn;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Sinn,</rdg>
</app> die ähnliche Stelle <choice>
<abbr>Kap.</abbr>
<expan>Kapitel</expan>
</choice>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:2:14">2,
14.</citedRange></bibl> erforderte <foreign lang="grc">ἐν
ἀνθρώποις</foreign>, oder etwas Aehnliches; die alexandrinische
Handschrift hat <app>
<lem><foreign lang="grc">οὐρανοις</foreign></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><foreign lang="grc">οὐρανοῖς</foreign></rdg>
</app>, aus der Abkürzung <app>
<lem><foreign lang="grc"><hi rend="overline">αν</hi>οις</foreign></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><foreign lang="grc">ανοις</foreign></rdg>
</app> (<foreign lang="grc">ἀνθρώποις</foreign>) konnte leicht <app>
<lem><foreign lang="grc"><hi rend="overline">ουν</hi>οις</foreign></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><foreign lang="grc">οὐνοις</foreign></rdg>
</app> (<foreign lang="grc">οὐρανοῖς</foreign>) entstehen, wie <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Offb:16:18"><app>
<lem>Apocalyps.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Apokalyps.</rdg>
</app> 16, 18.</citedRange></bibl> wirklich geschehen ist, und <app>
<lem>dies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dieß</rdg>
</app> in das gewöhnlichere <foreign lang="grc">οὐρανῷ</foreign>
frühzeitig übergehen.</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_32_1">
<label>Valkenar in den Adnott. crit. […] p. 365 seq.</label>
<p>Der hier angeführte Band beinhaltet Reden des niederländischen Philologen
Tiberius Hemsterhuis und seines Schülers Lodewijk Caspar
Valckenaer (vgl. I § 90). Den Reden Valckenaers sind die
<hi>Schediasma, specimen exhibens Adnotationum Criticarum in loca
quaedam Librorum Sacrorum Novi Foederis</hi> (aaO 324–412)
angehängt. Hier findet sich seine in der <hi>Anweisung</hi> nachfolgend
wiedergegebene Auseinandersetzung der unterschiedlichen Lesarten in Lk
19,38; 2,14; Offb 16,18 (vgl. aaO 365f.).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_32_2">
<label><foreign lang="grc">εἰρ.</foreign></label>
<p>D.i. erneut <foreign lang="grc">εἰρήνη</foreign>.</p></note>
</div>
<div n="33" type="section" id="section_2_33">
<head><app>
<lem>33</lem>
<rdg wit="#a" type="v">320</rdg>
</app>.</head>
<p>Diese <app>
<lem>großen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grossen</rdg>
</app> Schwierigkeiten, welche mit der biblischen <index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik verknüpft sind, beweisen, daß es nicht jedem, der sich auf
das gelehrte Studium der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel legt, zur Pflicht gemacht werden könne, sich selbst auf diese
Kritik <app>
<lem>einzulaßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">einzulassen</rdg>
</app>; welches aber keinesweges die Pflicht ausschließt, sich mit den
nothwendigsten <index indexName="subjects-index">
<term>Kenntnisse</term>
</index>Kenntnissen, die dazu gehören, bekannt zu machen, und das zu
benutzen, was uns Kenner darin vorgearbeitet haben. Denn wer 1) gar keine
Kenntniß davon hat, <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> ja nicht beurtheilen, wie weit sie und die Uebungen in dergleichen
Arbeiten ihm doch nöthig seyn möch<pb edRef="#b" n="45"/>ten, und wie weit
er Fähigkeit dazu <app>
<lem>habe,</lem>
<rdg type="v" wit="#a">habe</rdg>
</app> oder erlangen könne? als woraus er erst abnehmen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, ob und wie weit es für <app>
<lem>ihm</lem>
<rdg wit="#c" type="v">ihn</rdg>
</app>
<pb edRef="#a" n="331"/> Pflicht <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, sich damit zu beschäftigen. Er <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> 2) sonst gewisse oft sehr herrschende und scheinbare Vorurtheile
nicht vermeiden, die ihm in der rechten <index indexName="subjects-index">
<term>Auslegung</term>
</index>Auslegung sowohl als in dem Gebrauch, den er von der Bibel macht,
ungemein hinderlich fallen, und auf Irrthümer führen; wovon die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_33_1"/>bekannte Streitigkeit
über das Alterthum und die <app>
<lem>Avthentie</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Authentie</rdg>
</app> der <app>
<lem>Puncte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Punkte</rdg>
</app> und <index indexName="subjects-index">
<term>Accente</term>
</index>Accente im hebräischen Texte des alten Testaments, und die oben (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_24">24</ref></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_24">311</ref></rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_24">24.</ref></rdg>
</app>) angeführten Stellen der <app>
<lem>Bibel</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Bibel,</rdg>
</app> zum <app>
<lem>Beyspiel</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beispiel</rdg>
</app> dienen können. Er <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> 3) viele Schwierigkeiten <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der <choice>
<abbr>heil.</abbr>
<expan>heilig</expan>
</choice> Schrift nicht <app>
<lem/>
<rdg wit="#a" type="pt">überzeugend</rdg>
</app>
<pb edRef="#c" n="39"/> auflösen, und viele Angriffe auf dieselbe nicht
widerlegen, die aus der fälschlich <app>
<lem>angenommnen Aechtheit</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">angenommenen Echtheit</rdg>
</app> gewisser Bücher, oder deren Stellen und <index indexName="subjects-index">
<term>Lesearten</term>
</index>Lesearten, entstehen, oder hergenommen werden, noch das, was <app>
<lem>ächt</lem>
<rdg wit="#c" type="v">echt</rdg>
</app> ist, gegen ungegründete Vorwürfe oder Eingriffe vertheidigen. Und 4)
selbst in die Erklärung des Sinnes der <choice>
<abbr>heil.</abbr>
<expan>heilig</expan>
</choice> Schrift hat diese Kritik so vielen Einfluß, daß oft weder der
rechte, noch auch einmal ein erträglicher Sinn gefunden werden <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, wenn man der Kritik ganz unkundig ist. Es ist doch ein <app>
<lem>großes</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grosses</rdg>
</app> Glück, wenn wir <app>
<lem>bey eignem</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">bei eigenem</rdg>
</app> Unvermögen uns auf Kenner und ihre Untersuchungen <app>
<lem><app>
<lem>verlaßen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verlassen</rdg>
</app> können. Nur</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">verlassen können; nur</rdg>
</app> die unverzeihlichste Gleichgültigkeit <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> solche Vorarbeiten unbenutzt <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app>, und nur der einfältigste Stolz <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> sich den Trotz auf Dinge zu gut halten, die man nie gründlich
untersucht hat, oder auch nur untersuchen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, oder <pb edRef="#b" n="46"/> das verachten, was über <app>
<lem>unsre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unsere</rdg>
</app> Fähigkeiten und Begriffe ist.</p>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_33_1">
<label>bekannte Streitigkeit […] im hebräischen Texte des alten
Testaments</label>
<p>Vgl. I § 165.</p></note>
</div>
<div n="34" type="section" id="section_2_34">
<head><pb edRef="#a" n="332"/>
<app>
<lem>34</lem>
<rdg wit="#a" type="v">321</rdg>
</app>.</head>
<p>Es sollte daher jeder, der, als Gelehrter, die heilige Schrift studieren
will, wenigstens 1) <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> solchen biblischen Untersuchungen eine Ausgabe des <index indexName="subjects-index">
<term>Grundtext</term>
</index>Grundtextes zum Grunde legen, die einen mit kritischem Fleiß und
Gewissenhaftigkeit behandelten Text enthält, zumal wenn die, wenigstens <app>
<lem>erheblichen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">erheblichsten</rdg>
</app>, <index indexName="subjects-index">
<term>Lesearten</term>
</index>Lesearten mit ihren Zeugnissen <app>
<lem>beygefügt</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beigefügt</rdg>
</app> sind, wovon wir <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_1"/>im neuen <app>
<lem>Testamente</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Testament</rdg>
</app> ein <app>
<lem>vortrefliches</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vortreffliches</rdg>
</app> Muster an der <index indexName="persons-index">
<term>Griesbach, Johann Jakob</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2r5h7">Griesbachischen</persName></hi>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">und <index indexName="persons-index">
<term>Knapp, Georg Christian</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2s9ff">Knappischen</persName></hi></rdg>
</app> Ausgabe haben; <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">so wie die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_2"/><index indexName="persons-index">
<term>Doederlein, Johann Christoph</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2chmv">Döderlein</persName>-<index indexName="persons-index">
<term>Meisner, Johann Heinrich</term>
</index><persName ref="textgrid:2527g">Meisnersche</persName></hi> Besorgung der Ausgabe von <index indexName="persons-index">
<term>Reineccius, Christian</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2548s">Reineccius</persName></hi> dieß für das alte Testament
leistet;</rdg>
</app> 2) sich die besten Bücher bekannt machen, welche <hi>theils</hi>
historische Kenntnisse sowohl von der Geschichte der biblischen Bücher als
von den allgemeinern Ver<pb edRef="#c" n="40"/>änderungen ihres Textes und
von den Quellen, woraus ihre Kenntniß geschöpft werden <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, <hi>theils</hi> bewährte <index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index>Regeln der biblischen <index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik, oder doch geprüfte Vorschläge von dem rechten und
vorsichtigen Verfahren <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Beurtheilung des biblischen Textes, enthalten. <app>
<lem>Noch fehlt es uns freylich zum Theil an solchen, die für den
Anfänger oder den brauchbar wären, der sich auf keine tiefere
Untersuchungen <app>
<lem>einlaßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einlassen</rdg>
</app> kan, worin auch nur das alles gesammlet und wohl geordnet
wäre, was man bis jetzt in diesem Felde entdeckt hat. Bey dem alten
Testament könnte man die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_3"/><index indexName="persons-index">
<term>Eichhorn, Johann Gottfried</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:254v6">Eichhornische</persName></hi> Einleitung ins alte <app>
<lem>Testament,</lem>
<rdg type="v" wit="#a">Testament</rdg>
</app> verglichen mit der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_4"/><index indexName="persons-index">
<term>Carpzov, Johann Gottlob</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2rcgw">Carpzovschen</persName></hi> Introductione und Critica S. V.
T., bey dem neuen die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_5"/><index indexName="persons-index">
<term>Michaelis, Johann David</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:251jt">Michaelische</persName></hi> Einleitung, <pb edRef="#b" n="47"/> nach der <app>
<lem>4ten<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2rcgz"/></lem>
<rdg wit="#a" type="v">3ten<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2rch1"/></rdg>
</app> Auflage, als die bis jetzt besten Handbücher, brauchen, so
weit man die Angaben <pb edRef="#a" n="333"/> darin bewiesen findet.
Die übrigen (in der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_6"/><app>
<lem><hi>Anweisung zur Kenntniß der besten allgemeinern Bücher
in der Theologie</hi></lem>
<rdg wit="#a" type="pp">Anweisung zur Kenntniß der besten
allgemeinen Bücher in der Theologie</rdg>
</app> §. 26 und 27. 30–32. 34 <choice>
<abbr>flgg.</abbr>
<expan>folgende</expan>
</choice> 60–64 <app>
<lem>erwähnten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">erwehnten</rdg>
</app>) Schriften sind mehr zum Theil schätzbare Beyträge zur
Beförderung dieser Kritik. Was man in den genannten Handbüchern,
zumal in Absicht auf verschiedne Lesearten des biblischen Textes,
sonderlich im alten Testament, nicht findet, das müßte man von den
gelehrten und vorsichtigsten Auslegern lernen, die bey Erklärung
biblischer Bücher auch die wichtigsten Lesearten mit <app>
<lem>erwähnt</lem>
<rdg wit="#a" type="v">erwehnt</rdg>
</app> und geprüft haben.</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app></p>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl"><note place="end"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> {Von den Untersuchungen über die <index indexName="subjects-index">
<term>Echtheit</term>
</index>Echtheit oder Unechtheit der biblischen Bücher, findet man
in den <hi>Einleitungen</hi> die beste Auskunft. Unter denen über
das alte Testament, zeichnet sich die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_7"/><index indexName="persons-index">
<term>Eichhorn, Johann Gottfried</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:254v6">Eichhornsche</persName></hi> und die kürzere <index indexName="persons-index">
<term>Bauer, Georg Lorenz</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:253tb">Bauersche</persName></hi>, über das neue Testament die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_8"/><index indexName="persons-index">
<term>Michaelis, Johann David</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:251jt">Michaelisische</persName></hi> mit <index indexName="persons-index">
<term>Marsh, Herbert</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sbnr">Marsh</persName></hi>
Zusätzen, die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_9"/><index indexName="persons-index">
<term>Hänlein, Heinrich Karl Alexander</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sdwh">Hänleinsche</persName></hi>, daß gleiche die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_10"/><index indexName="persons-index">
<term>Eichhorn, Johann Gottfried</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:254v6">Eichhornsche</persName></hi>, und vorzüglich auch die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_11"/><index indexName="persons-index">
<term>Hug, Johann Leonhard</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sdwj">Hugsche</persName></hi>
aus. Ueber die sämmtlichen biblischen Schriften verbreiten sich die
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_34_12"/><hi>Einleitungen</hi> von <index indexName="persons-index">
<term>Bertholdt, Leonhard</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sfv0">Berthold</persName></hi>
und <index indexName="persons-index">
<term>De Wette, Wilhelm Martin Leberecht</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:24kr2">de
Wette</persName></hi>.}</note></rdg>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_1">
<label>im neuen Testamente ein vortrefliches Muster an der Griesbachischen
Ausgabe haben</label>
<p>Nach den Ausgaben Mills, Bengels und Wettsteins (vgl. II § 35) stellt
Johann Jakob Griesbachs <hi>Novum Testamentum Graece</hi>
(1775/1777; <hi rend="superscript">2</hi>1796/1806; <hi rend="superscript">3</hi>1803/1807) den Höhepunkt der
wissenschaftlichen Editionen des Neuen Testaments im 18. Jh. dar. Auch
wenn der bis auf Erasmus von Rotterdam zurückgehende <hi>textus
receptus</hi> bereits zuvor immer wieder in Frage gestellt wurde,
gilt Griesbach als der erste, der diesen an gleich mehreren hundert
Stellen abänderte. Seine Edition wurde zum Vorbild nachfolgender
Ausgaben, sein Text fand im 19. Jh. weite Verbreitung und wurde
letztlich erst durch die Ausgabe (1898) Eberhard Nestles (1851–1913)
abgelöst. In der dritten Auflage der <hi>Anweisung</hi> ist zusätzlich
das <hi>Novum Testamentum Graece</hi> (1797; <hi rend="superscript">3</hi>1824) Georg Christian Knapps (1753–1825) angeführt, der als
Sohn des Pietisten und Direktors der Franckeschen Stiftungen Johann
Georg Knapp (1705–1771) in Halle studiert und nach einer Stelle als
Lehrer an der Waisenhausschule und einer Studienreise seit 1782 ebenda
eine ordentliche theologische Professur innehatte. Zudem wurde er wenig
später Kondirektor der Franckeschen Stiftungen. Gemeinsam mit Nösselt
und Niemeyer gehörte Knapp – häufig als letzter Repräsentant des
halleschen Pietismus bezeichnet – zu den prägenden Gestalten des
theologischen Seminars. Knapps griechischer Text des Neuen Testaments
war so geschätzt, dass Johann Severin Vater (1771–1826) 1824, in
demselben Jahr, in dem auch die dritte Auflage der Knappschen Ausgabe
erschien, auf Grundlage Griesbachs und Knapps eine eigene Handausgabe
besorgte.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_2">
<label>Döderlein-Meisnersche Besorgung der Ausgabe von Reineccius</label>
<p>Gemeint ist die ursprünglich von Christian Reineccius (1667–1752) (vgl. I
§ 160) besorgte und von Johann Christoph Doederlein und Johann Heinrich
Meisner (1755–1813) durch die Berücksichtigung der Varianten Kennicotts
und de Rossis (vgl. II § 35) verbessert herausgegebene <hi>Biblia
hebraica Veteris Testamenti</hi> (1793).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_3">
<label>Eichhornische Einleitung ins alte Testament</label>
<p>Aufgrund seiner dreibändigen <hi>Einleitung ins Alte Testament</hi>
(1780–1783), die Johann David Michaelis' unvollendet
gebliebene <hi>Einleitung in die göttlichen Schriften des Alten
Bundes</hi> (1787) überragte und die in der vierten Auflage
(1823–1824) auf fünf Bände angewachsen war, wird der bedeutende,
theologisch der Neologie zuzurechnende Historiker, Orientalist und
Philologe Johann Gottfried Eichhorn (1752–1827) nicht selten als
Begründer der kritischen Einleitungswissenschaft angesprochen. In diesem
Zusammenhang sei auch Eichhorns <hi>Einleitung in die apokryphischen
Schriften des Alten Testaments</hi> (1795) erwähnt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_4">
<label>Carpzovschen Introductione und Critica S. V. T.</label>
<p>Gemeint sind die dreiteilige <hi>Introductio in libros canonicos
bibliorum Veteris Testamenti omnes</hi> (1714–1721; <hi rend="superscript">4</hi>1757) und die ebenfalls dreiteilige
<hi>Critica sacra Veteris Testamenti</hi> (1728; <hi rend="superscript">2</hi>1748) des Leipziger Extraordinarius und
späteren Lübecker Superintendenten Johann Gottlob Carpzov (1679–1767),
der als Vertreter der lutherischen Orthodoxie die zunehmend in Frage
gestellte Verbalinspiration des Alten Testaments
verteidigte.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_5">
<label>Michaelische Einleitung, nach der 4ten Auflage</label>
<p>Beide Bände der vierten und letzten von Johann David Michaelis besorgten Auflage der <hi>Einleitung in die göttlichen
Schriften des Neuen Bundes</hi> stammen aus dem Jahr 1788, die in
der ersten Auflage der <hi>Anweisung</hi> angeführte dritte Auflage aus
dem Jahr 1777. Als <hi>Zusätze und Veränderungen der vierten
Ausgabe</hi> sind die gegenüber der dritten Auflage vorgenommenen
Neuerungen 1788 auch separat erschienen. Aufgrund seiner
richtungsweisenden <hi>Einleitung</hi> zählt Michaelis wie sein
Göttinger Nachfolger Johann Gottfried Eichhorn (1752–1827) (s.o.) zu den
Begründern der biblischen Einleitungswissenschaft.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_6">
<label>Anweisung zur Kenntniß der besten allgemeinern Bücher in der
Theologie</label>
<p>Vgl. I § 43.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_7">
<label>Eichhornsche und die kürzere Bauersche</label>
<p>Anders als die mehrbändige <hi>Einleitung</hi> Eichhorns (s.o.) ist der
für seine Vorlesungen konzipierte <hi>Entwurf einer Einleitung in die
Schriften des alten Testaments</hi> (1794; <hi rend="superscript">3</hi>1806) Georg Lorenz Bauers in nur einem Band
erschienen. In der Vorrede zur ersten Auflage stellt Bauer die Bedeutung
der Eichhornschen <hi>Einleitung</hi> nicht nur für seinen eigenen
<hi>Entwurf</hi> heraus, wehrt sich jedoch dagegen, dass man ihn für
einen bloßen Epitomator halte. Exegesegeschichtlich wird Bauer immer
wieder eine Eigenständigkeit gegenüber Eichhorn attestiert.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_8">
<label>Michaelisische mit Marsh Zusätzen</label>
<p>Die vierte Auflage von Michaelis' <hi>Einleitung in die göttlichen
Schriften des Neuen Bundes</hi> (s.o.) ist von dem späteren Bischof
Herbert Marsh (1757–1839), der u.a. bei Michaelis studiert hatte, ins
Englische übersetzt und mit umfangreichen Anmerkungen versehen worden
(1793). Diese vielbeachteten Anmerkungen sind von Ernst Friedrich Karl
Rosenmüller (1768–1835), 1817 mit der Ehrendoktorwürde der Universität
Halle bedacht, unter dem Titel <hi>Herbert Marsh's Anmerkungen und
Zusätze zu Joh. David Michaelis Einleitung in die Göttlichen
Schriften des Neuen Bundes</hi> (1795/1803) ins Deutsche übersetzt
und mit Michaelis' Korrekturen aus dessen eigenem Handexemplar
angereichert worden.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_9">
<label>Hänleinsche</label>
<p>Heinrich Karl Alexander Hänlein (1762–1829) hat sich mit seinem
<hi>Handbuch der Einleitung in die Schriften des neuen
Testaments</hi> (1794; <hi rend="superscript">2</hi>1801–1809) an
Michaelis' maßgeblicher <hi>Einleitung</hi> (s.o.) abgearbeitet und
diese formal und inhaltlich modifiziert, so dass dem <hi>Handbuch</hi> –
ähnlich wie bei Bauer und Eichhorn (s.o.) – nicht selten eine
grundsätzliche Eigenständigkeit zugesprochen wird. 1802 ist zudem
Hänleins auf dem <hi>Handbuch</hi> fußendes <hi>Lehrbuch der Einleitung
in die Schriften des neuen Testamentes für Akademien und
Gymnasien</hi> erschienen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_10">
<label>Eichhornsche</label>
<p>Johann Gottfried Eichhorn (1752–1827) hat neben seiner bahnbrechenden
<hi>Einleitung ins Alte Testament</hi> (s.o.) auch eine fünfbändige
<hi>Einleitung in das Neue Testament</hi> (1804–1827) verfasst, in
der etwa die bereits zuvor in Aufsatzform vertretene
Urevangeliumshypothese, nach der die drei synoptischen Evangelien auf
eine griechische Übersetzung eines aramäischen Urevangeliums
zurückgehen, ausgeführt und begründet wird.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_11">
<label>Hugsche</label>
<p>Die <hi>Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments</hi> (1808; <hi rend="superscript">4</hi>1847) des katholischen Theologen und
Orientalisten Johann Leonhard Hug (1765–1846), in Freiburg zunächst
Professor für orientalische Sprachen und Altes Testament, später auch
für das Neue Testament, zeichnet sich durch konsequente Anwendung der
historisch-kritischen Methode aus, wie sie in der katholischen Exegese
durch Richard Simon (1638–1712) auf den Weg gebracht wurde (vgl. II §
19).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_34_12">
<label>Einleitungen von Berthold und de Wette</label>
<p>Gemeint ist die eigentümlich angeordnete und nicht selten als umständlich
empfundene sechsteilige <hi>Historischkritische Einleitung in sämmtliche
kanonische und apokryphische Schriften des alten und neuen
Testaments</hi> (1812–1819) des Erlanger Theologen Leonhard
Bertholdt (1774–1822) sowie Wilhelm Martin Leberecht De Wettes
<hi>Lehrbuch der historisch kritischen Einleitung in die Bibel Alten
und Neuen Testaments</hi>. Der erste Teil (Altes Testament) ist 1817
(<hi rend="superscript">8</hi>1869) erschienen, der zweite Teil
(Neues Testament) erst 1826 (<hi rend="superscript">6</hi>1860).</p></note>
</div>
<div n="35" type="section" id="section_2_35">
<head><app>
<lem>35</lem>
<rdg wit="#a" type="v">322</rdg>
</app>.</head>
<p><app>
<lem>Fände</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Findet</rdg>
</app> man nun <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">eigenen</rdg>
</app> Studium der Bibel selbst Geschmack an <app>
<lem>kritischen</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>kritischen</hi></rdg>
</app> Untersuchungen; <app>
<lem>fühlte</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">fühlt man</rdg>
</app> sich dazu vorzüglich aufgelegt – welches man daraus abnehmen <app>
<lem>könnte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, wenn <app>
<lem>man, bey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">man bei</rdg>
</app> angestellten <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenen</rdg>
</app> Versuchen in der <index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik <app>
<lem>sähe</lem>
<rdg wit="#c" type="v">fühlt</rdg>
</app>, daß <app>
<lem>unser</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sein</rdg>
</app> Urtheil über <index indexName="subjects-index">
<term>Lesearten</term>
</index>Lesearten, und die Art, wie <app>
<lem>wir dabey verfahren</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">man dabei verfährt</rdg>
</app>, mit dem Urtheil und Verfahren der besten Kenner <app>
<lem>übereinträfe; – hätte</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">übereintrifft; – hat</rdg>
</app> man <app>
<lem>Gelegenheit,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Gelegenheit</rdg>
</app> die hier nothwendigen <app>
<lem>Hülfsmittel</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Hülfsmittel</hi></rdg>
</app> und <app>
<lem>Sammlungen, (die in gedachten Stellen der eben §. <app>
<lem><ref target="#section_2_34">34.</ref></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_34">321.</ref></rdg>
</app> genannten <hi>Anweisung</hi>
<app>
<lem><choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><hi>etc.</hi></rdg>
</app> angeführt sind), bey dem alten Testament wenigstens die
beyden Hauptsammlungen von <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_35_1"/><index indexName="persons-index">
<term>Kennicott, Benjamin</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2s9kb">Kennicott</persName></hi>
und <index indexName="persons-index">
<term>De Rossi, Giovanni Bernardo</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2s9k9">de Roßi</persName></hi>,
bey dem neuen die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_35_2"/><index indexName="persons-index">
<term>Mill, John</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2r5h9">Millischen</persName>,</hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Wettstein, Johann Jakob</term>
</index><app>
<lem><hi><persName ref="textgrid:2r5h8">Wetsteinischen</persName></hi></lem>
<rdg type="v" wit="#a"><hi><persName>Wettsteinischen</persName></hi></rdg>
</app><hi>, <index indexName="persons-index">
<term>Griesbach, Johann Jakob</term>
</index><persName ref="textgrid:2r5h7">Griesbachischen</persName></hi>, <pb edRef="#b" n="48"/>
auch des <app>
<lem>Letztern</lem>
<rdg type="v" wit="#a">letztern</rdg>
</app> Symbolas criticas (<choice>
<abbr>Tom.</abbr>
<expan>Tomus</expan>
</choice> prior. Halae 1785.<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2s9k6"/> 8.), nebst den alten Uebersetzun<pb edRef="#a" n="334"/>gen des <choice>
<abbr>A.</abbr>
<expan>Alt</expan>
</choice> und <choice>
<abbr>N.</abbr>
<expan>Neu</expan>
</choice>
<app>
<lem><choice>
<abbr>T.</abbr>
<expan>Testament</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><choice>
<abbr>Test.</abbr>
<expan>Testament</expan>
</choice></rdg>
</app> mit genugsamer Kenntniß ihrer Sprache,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>Sammlungen</hi></rdg>
</app> zu <app>
<lem>brauchen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gebrauchen</rdg>
</app>; und <app>
<lem>würde</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wird</rdg>
</app> man durch dergleichen Untersuchungen nicht von wichtigern, weit näher <app>
<lem>zu unserm</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">zum</rdg>
</app> Beruf <app>
<lem>gehörigen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gehörigen</rdg>
</app> Beschäftigungen abgehalten: so <app>
<lem>könnte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">mag</rdg>
</app> man sich <app>
<lem>schon auf nähere Untersuchungen in diesem Fach legen, und man wird,
wo alle genannte Voraussetzungen da sind, aus der bisherigen
Aufmerksamkeit auf die besten Kritiker dieser Art und aus eigner
Beobachtung hinlänglich finden, was bey diesem weitern Fleiß zu thun
sey.</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">diesem Studium auch recht eigentlich hingeben
und auf der Bahn der glücklichsten Vorgänger fortschreiten.</rdg>
</app></p>
<note place="end"><app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> 1.</rdg>
</app> Wer schon<app>
<lem>, auch</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> mit kritischem <app>
<lem>Auge,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Auge</rdg>
</app> die Werke der alten <app>
<lem>griechischen</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>griechischen</hi></rdg>
</app> und <app>
<lem>lateinischen Schriftsteller</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>lateinischen Schriftsteller</hi></rdg>
</app>
<pb edRef="#c" n="41"/> gelesen hat, wird viel <app>
<lem>zuverläßiger</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zuverlässiger</rdg>
</app> urtheilen können, ob er <app>
<lem>auch Beruf</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">Beruf auch</rdg>
</app> zur Kritik des biblischen Textes habe; nur versteht <app>
<lem>sichs</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sich's</rdg>
</app>, daß er <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der letztern sich vorher mit der eigenthümlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Sprache</term>
</index>Sprache desselben, die von <app>
<lem>jener</lem>
<rdg wit="#a" type="v">jenem</rdg>
</app> sehr abgeht, und zum Theil auch <app>
<lem>andre</lem>
<rdg type="v" wit="#c">andere</rdg>
</app> kritische Regeln erfordert, und mit der Geschichte der Bücher und des
Textes wohl bekannt gemacht haben müsse. Je schwerer die biblische Kritik
ist, und je wichtiger der Inhalt der Bibel, desto weniger sollte man sich an
jene wagen, wenn man nicht dazu schon durch das kritische Lesen der
sogenannten <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Profanscribenten</term>
</index>Profanscribenten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Profanskribenten</rdg>
</app> wäre gebildet worden.</note>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl"><note place="end"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> 2. Für allgemeine Kritik, ohne besondere Rücksicht auf die
biblische, bleibt <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_35_3"/><index indexName="persons-index">
<term>Clericus, s. Le Clerc, Jean</term>
<term>Le Clerc, Jean</term>
</index><persName ref="textgrid:251ms">Clerici</persName> ars
critica ein schätzbares Werk. Die biblische (critica sacra) ist
theoretisch von <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_35_4"/><index indexName="persons-index">
<term>Bauer, Georg Lorenz</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:253tb">Bauer</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_35_5"/><index indexName="persons-index">
<term>Wettstein, Johann Jakob</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2r5h8">Wettstein</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_35_6"/><index indexName="persons-index">
<term>Griesbach, Johann Jakob</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2r5h7">Griesbach</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_35_7"/><index indexName="persons-index">
<term>Semler, Johann Salomo</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:250ds">Semler</persName></hi>
behandelt. Die Hauptsammlungen der Lesearten aus den Handschriften
und Uebersetzungen sind bei dem alten Testament von <index indexName="persons-index">
<term>Kennicott, Benjamin</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2s9kb">Kennicot</persName></hi>
und <index indexName="persons-index">
<term>De Rossi, Giovanni Bernardo</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2s9k9">de Rossi</persName></hi>,
bei dem neuen Testament von <index indexName="persons-index">
<term>Mill, John</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2r5h9">Mill</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_35_8"/><index indexName="persons-index">
<term>Bengel, Johann Albrecht</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgjq">Bengel</persName>,</hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Wettstein, Johann Jakob</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2r5h8">Wettstein</persName>,</hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Griesbach, Johann Jakob</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2r5h7">Griesbach</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_35_9"/><index indexName="persons-index">
<term>Matthäi, Christian Friedrich von</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:3c0g4">Matthäi</persName></hi>
veranstaltet worden. <hi rend="right-aligned"><choice>
<abbr>A. d. H.</abbr>
<expan>Anmerkung des Herausgebers</expan>
</choice></hi></note></rdg>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_35_1">
<label>Kennicott und de Roßi</label>
<p>Der Geistliche und Hebraist Benjamin Kennicott (1718–1783) hat mit seinem
<hi>Vetus Testamentum hebraicum cum variis lectionibus</hi>
(1776–1780) die bis dahin umfassendste Kollation hebräischer Manuskripte
geliefert (unter Mithilfe zahlreicher Gelehrter wurden insgesamt 615
hebräische Manuskripte, 16 Handschriften des samaritanischen Pentateuch
sowie 52 Editionen verglichen). Trotz einiger Mängel ist diese Sammlung
noch immer als Meilenstein in der Geschichte der Textüberlieferung des
Alten Testaments anzusprechen. Der in Parma lehrende Hebraist Giovanni
Bernardo de Rossi (1742–1831) führte Kennicotts Arbeit mit den
vierbändigen <hi>Varia lectiones Veteris Testamenti</hi> (1784–1788) und
einem dazugehörigen Supplementband (1798) weiter und erhöhte die
Gesamtzahl der kollationierten Manuskripte auf etwa 1500. Beide Werke
finden bis heute Beachtung, ihr Wert für die Textkritik des Alten
Testaments war und ist jedoch umstritten.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_35_2">
<label>Millischen, Wetsteinischen, Griesbachischen, auch des Letztern
Symbolas criticas (Tom. prior. Halae 1785. 8.)</label>
<p>In chronologischer Reihenfolge werden maßgebliche NT‐Editionen des 18.
Jh.s aufgezählt: John Mills (1645–1707) in Oxford erschienenes <hi>Novum
Testamentum Graecum</hi> (1707), das später von Ludolf Küster neu
besorgt wurde (Rotterdam 1710; Leipzig 1723; Amsterdam 1746) (vgl. II §
27), dann das sowohl aufgrund des textkritischen (s.u.) als auch
aufgrund des Annotationenapparates berühmte <hi>Novum Testamentum
Graecum</hi> (1751/1752) Johann Jakob Wettsteins und
schließlich die bahnbrechende Ausgabe Johann Jakob Griesbachs (vgl. II §
34). Griesbachs zweibändige <hi>Symbolae criticae</hi> (1785/1793), die
eine Nachlese des v.a. von Wettstein zusammengetragenen textkritischen
Materials nebst eigenen Vergleichen darstellen, sind zwar nach der
Erstauflage seines <hi>Novum Testamentum Graece</hi> (1775/1777)
erschienen, können jedoch als Vorarbeit zu dieser Ausgabe verstanden
werden.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_35_3">
<label>Clerici ars critica</label>
<p>Die 1697 in zwei Bänden erschienene und 1700 um einen dritten Band
erweiterte <hi>Ars Critica</hi> des aus Genf stammenden und nach seinem
Übertritt zum Arminianismus am Amsterdamer Remonstrantenseminar
lehrenden Jean Le Clerc (Clericus) (1657–1736) war als Standardwerk der
Textkritik bis weit in das 18. Jh. hinein in Gebrauch.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_35_4">
<label>Bauer</label>
<p>Nach dem Studium in Altdorf war Georg Lorenz Bauer (1755–1806) zunächst
zehn Jahre als Frühprediger an der Nürnberger Schloßkapelle tätig. 1786
wurde er ebenda Lehrer und ein Jahr später Konrektor an der Schule bei
St. Sebald, 1789 als Nachfolger seines Altdorfer Lehrers Johann Andreas
Michael Nagel (1710–1788) Professor für Beredsamkeit, morgenländische
Sprachen und Moral, bevor er ein Jahr vor seinem Tod eine Professur für
morgenländische Literatur und biblische Exegese in Heidelberg übernahm.
Bauer gilt innerhalb der Aufklärungstheologie als bedeutender Vertreter
einer streng historisch verfahrenden <hi>theologia biblica</hi>, im
Titel seiner <hi>Einleitung in das Alte Testament</hi> (1794) hat er den
Begriff <hi>historisch-kritisch</hi> erstmals programmatisch verwendet.
Hervorzuheben ist zudem seine Arbeit zu Mythos und Mythologie. An dieser
Stelle ist Bauers <hi>Critica sacra Veteris Testamenti</hi> (1795) im
Blick, die aus der Bearbeitung der <hi>Philologia Sacra</hi> des Salomon
Glaß (vgl. I § 161) hervorgegangen ist.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_35_5">
<label>Wettstein</label>
<p>Der in Basel geborene und nach massiven Auseinandersetzungen in seiner
Heimatstadt (<hi>Wettsteinhandel</hi>) als Nachfolger Le Clercs am
Seminar der Remonstranten in Amsterdam lehrende Johann Jakob Wettstein
(1693–1754) gehört zu den bedeutendsten Textkritikern nicht nur des 18.
Jh.s. Die seiner zweibändigen Ausgabe des Neuen Testaments (s.o.)
beigegebenen <hi>Prolegomena ad Novi Testamenti Graeci editionem
accuratissima</hi> waren anonym bereits 1730 erschienen und können
als bis dahin gründlichste Studie zur neutestamentlichen Textkritik
gelten, der textkritische Apparat seiner Ausgabe übertraf alles bisher
Dagewesene. Dass die <hi>variae lectiones</hi> zu Wettsteins
wissenschaftlichem Lebensthema werden würden, deutete sich bereits mit
der in der <hi>Disputatio</hi> (1713) vertretenen These <hi>integritatem
scripturae per lectionum diversitatem non labefactari</hi> an, mit
der Wettstein sein Studium in Basel abschloss. Wettsteins
<hi>Prolegomena</hi> wurden später von Semler erneut herausgegeben
(s.u.).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_35_6">
<label>Griesbach</label>
<p>Theoretische Äußerungen zur Textkritik finden sich in den Vorreden zu
Griesbachs (vgl. II § 27) Ausgaben des Neuen Testaments (vgl. II §
34).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_35_7">
<label>Semler</label>
<p>Seit seiner Magisterdisputation 1750 hat sich Johann Salomo Semler immer
wieder eingehend mit textkritischen Fragen beschäftigt. Besonders
hervorzuheben ist seine Neuausgabe (1764) der <hi>Prolegomena</hi>
Johann Jakob Wettsteins (s.o.). Ursprünglich finden sich innerhalb der
<hi>Prolegomena</hi> auch die <hi>Animadversiones et cautiones ad
examen variarum lectionum N.T. necessariae</hi>, die in Wettsteins
NT-Edition (s.o.) in den Anhang gewandert sind. In Semlers Ausgabe der
<hi>Prolegomena</hi> finden sich die <hi>Animadversiones</hi> nicht,
stattdessen hat er sie gemeinsam mit dem ebenfalls im Anhang der
NT-Edition abgedruckten Stück <hi>De interpretatione libri
Apocalypseos</hi> unter dem Titel <hi>Libelli ad crisin atque
interpretationem Novi Testamenti</hi> (1766) erneut
herausgegeben.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_35_8">
<label>Bengel</label>
<p>Nach dem Studium an der Universität Tübingen wurde Johann Albrecht Bengel
(1687–1752) zunächst Stiftsrepetent und Vikar und nach einer
Studienreise mit dem Hauptziel Halle im Jahre 1713 Lehrer an der
neugegründeten Klosterschule Denkendorf. In dieser Position prägte
Bengel als große Gestalt des württembergischen Pietismus (vgl. II § 98)
wenigstens zwei Generationen von Schülern und damit nachhaltig die
gesamte Landeskirche. Da die erhoffte universitäre Karriere ausblieb,
wurde er 1741 Prälat von Herbrechtingen, ab 1747 Mitglied des Landtages
und 1749 Abt von Alpirsbach mit Sitz in Stuttgart, ein Jahr vor seinem
Tod verlieh ihm die Tübinger Universität ehrenhalber den theologischen
Doktortitel. Bengel hat ein umfangreiches Werk und eine reichhaltige
Korrespondenz hinterlassen und gehört mit seiner (mit Ausnahme der
Johannesapokalypse) den <hi>textus receptus</hi> bietenden und mit einem
umfangreichen textkritischen Apparat versehenen Ausgabe des Neuen
Testaments (1734) zu den maßgeblichen Wegbereitern der
neutestamentlichen Textkritik. Es fällt auf, dass Bengel in der
Ausgabenabfolge der ersten beiden Auflagen der <hi>Anweisung</hi> fehlt
(vgl. II § 19).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_35_9">
<label>Matthäi</label>
<p>Gemeint ist Christian Friedrich von Matthäi (1744–1811), der sich nach
dem Studium der klassischen Philologie in Leipzig 1770 ebenda
habilitierte. Auf Empfehlung Ernestis wurde Matthäi 1772 zunächst
Gymnasialdirektor in Moskau, wenige Jahre später außerordentlicher und
schließlich ordentlicher Professor der klassischen Philologie an der
dortigen Universität. 1782 wurde er zudem zum Kollegienrat ernannt.
Nachdem ihn seine Gesundheit während eines Heimaturlaubes an der
Rückreise nach Russland gehindert hatte, übernahm Matthäi 1785 das
Rektorat der Meißener Fürstenschule und 1789 eine Professur für
Griechisch in Wittenberg. Neben den Klassikern galt sein Interesse dem
Neuen Testament, das er zuvor in griechisch-lateinischer Ausgabe
(1782–1788) besorgt hatte. In Wittenberg erschien dann u.a. auf
Grundlage Moskauer Handschriften sein heute kaum noch bekanntes
zweibändiges <hi>Novum Testamentum Graece</hi> (1803/1804). Kurz darauf
kehrte Matthäi nach Moskau zurück, wo er, inzwischen zum
Kaiserlich-russischen Hofrat ernannt, starb.</p></note>
</div>
<div n="36" type="section" id="section_2_36">
<head><app>
<lem>36</lem>
<rdg wit="#a" type="v">323</rdg>
</app>.</head>
<p>Unentbehrlicher als die <app>
<lem>Kritik</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Kritik</hi></rdg>
</app> ist <app>
<lem>freylich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">freilich</rdg>
</app> die biblische <index indexName="subjects-index">
<term>Exegetik</term>
</index><hi>Exegetik</hi>, oder der <app>
<lem>Inbegriff</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Inbegrif</rdg>
</app> der zur Ein<pb edRef="#b" n="49"/>sicht in den <hi>Verstand</hi> der
heiligen Schrift nöthigen Kenntnisse, und alles desjenigen, was dazu <pb edRef="#a" n="335"/> dient, eine Fertigkeit in Anwendung dieser
Kenntnisse auf die Erklärung der heiligen Schrift zu <app>
<lem>erlangen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">erlangen.</rdg>
</app> (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_23">23</ref>).</lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_23">310</ref>).</rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_23">23.</ref>)</rdg>
</app> Eine jede Schrift, welche nicht bloß allgemeine Sätze, sondern auch
<index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index>Geschichte enthält, oder welche jene in Rücksicht auf die
Denkungsart, Kenntnisse, Bedürfnisse und besondern Umstände gewisser Leser
vorträgt – und <app>
<lem>dies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dieß</rdg>
</app> ist augenscheinlich der Fall <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> den biblischen <app>
<lem>Büchern –:</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Büchern –,</rdg>
</app> erfordert nicht nur, wenn sie <pb edRef="#c" n="42"/> recht
verstanden werden soll, <hi>Kenntniß der Sprache</hi>, worin sie abgefaßt
ist, sondern auch <hi>historische <index indexName="subjects-index">
<term>Kenntnisse</term>
</index>Kenntnisse</hi>, und, wie jede Beschäftigung, wovon man sich
oder Andern Rechenschaft geben soll, <index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index><hi>Regeln</hi>, wonach man in ihrer Anwendung verfährt, um den Sinn
zu finden, und ihn Andern überzeugend mitzutheilen, so wie <app>
<lem>fleissige</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">fleißige</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Uebung</term>
</index><hi>Uebung</hi>, nach diesen Regeln zu verfahren, um die nöthige
Fertigkeit in der Erklärung zu erlangen.</p>
</div>
<div n="37" type="section" id="section_2_37">
<head><app>
<lem>37</lem>
<rdg wit="#a" type="v">324</rdg>
</app>.</head>
<p>Wie nothwendig es <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, gute <hi>Kenntnisse in <index indexName="subjects-index">
<term>Sprachen</term>
</index>Sprachen</hi> mitzubringen, ehe man zur <index indexName="subjects-index">
<term>Erklärung</term>
</index>Erklärung der heiligen Schrift schreiten will, <app>
<lem>und</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> in welchen <app>
<lem>Sprachen? dies</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Sprachen, dieß</rdg>
</app> ist schon oben gezeigt <app>
<lem>worden</lem>
<rdg wit="#c" type="v">worden.</rdg>
</app> (<app>
<lem><choice>
<abbr>Th.</abbr>
<expan>Theil</expan>
</choice> 1.</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> §. <ref target="#section_1_113">113</ref>–<ref target="#section_1_120">120.</ref> §. <ref target="#section_1_150">150</ref>
<app>
<lem><choice>
<abbr>flgg.</abbr>
<expan>folgende</expan>
</choice>).</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><choice>
<abbr>fgg.</abbr>
<expan>folgende</expan>
</choice>)</rdg>
</app> Wer sie nicht schon, wenigstens <app>
<lem>nothdürftig</lem>
<rdg wit="#a" type="typo-correction"><choice>
<sic>nothdürfig</sic>
<corr type="editorial">nothdürftig</corr>
</choice></rdg>
</app>, <app>
<lem>mitbringt</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besitzt</rdg>
</app>, wenn er sich auch der Anweisung eines Andern in wirklicher Erklärung
der <app>
<lem>heiligen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">heil.</rdg>
</app> Schrift bedient, der wird ihm wohl nachsprechen lernen, wird al<pb edRef="#b" n="50"/>lenfalls die <app>
<lem><choice>
<sic>Günde</sic>
<corr type="editorial">Gründe</corr>
</choice></lem>
<rdg wit="#a #c" type="typo-correction">Gründe</rdg>
</app> fassen, womit jener die Er<pb edRef="#a" n="336"/>klärung
unterstützt; aber selbst <app>
<lem>ein</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> Ausleger wird er nie <app>
<lem>werden, er</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">werden. Er</rdg>
</app> wird <app>
<lem>ohnehin alles</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">vielmehr Alles</rdg>
</app>, wozu nicht <app>
<lem>bloßes</lem>
<rdg wit="#a" type="v">blosses</rdg>
</app> Nachdenken zureicht, bloß auf <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Credit</term>
</index>Credit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Glauben</rdg>
</app> seines Vorgängers annehmen müssen; es <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app> denn, daß er nun noch erst anfange, sich auf die bisher versäumten
Sprachen mit einem <app>
<lem>Fleiß</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Fleiße</rdg>
</app> zu legen, der kaum zu erwarten ist, wenn man so lange dieses
Sprachstudium <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">hat</rdg>
</app> anstehen <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">lassen</rdg>
</app>, und der <index indexName="subjects-index">
<term>Geschmack</term>
</index>Geschmack an andern unterhaltenderen <app>
<lem>Kenntnissen,</lem>
<rdg type="v" wit="#a">Kenntnissen</rdg>
</app> den Geschmack an jenem kaum noch aufkommen läßt. Setzt sein Lehrer
ohnehin billig jene Kenntnisse und einige Fertigkeit in solchen Sprachen
voraus, als etwas, das man schon auf Schulen sollte erworben haben, und hält
sich nur <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Schwerern, sonderlich in Absicht <pb edRef="#c" n="43"/> der in
der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel vorkommenden Sachen, auf: so muß ein solcher versäumter
Zuhörer vollends zurückbleiben, und das Studium der Bibel wird ihm eben
dadurch verleidet werden, weil er, wegen Unwissenheit des Bekannten,
nirgends fortkommen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>. – Worauf übrigens zu sehen <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, wenn man die <choice>
<abbr>heil.</abbr>
<expan>heilig</expan>
</choice> Schrift so fern verstehen lernen will, als sie durch <index indexName="subjects-index">
<term>Sprachkenntniß</term>
</index>Sprachkenntniß <index indexName="subjects-index">
<term>aufklären</term>
</index>aufgeklärt wird, ist auch oben (<app>
<lem>Theil 1.</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> §. <app>
<lem><ref target="#section_1_77">77.</ref>–<ref target="#section_1_81">81</ref></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_1_77">77</ref>–<ref target="#section_1_81">81</ref></rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_1_77">77.</ref>–<ref target="#section_1_81">81.</ref></rdg>
</app>) bemerkt worden; das <app>
<lem>übrige</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Uebrige</rdg>
</app> muß eine gute <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Hermenevtik</term>
</index>Hermenevtik</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Hermeneutik</rdg>
</app> der <choice>
<abbr>heil.</abbr>
<expan>heilig</expan>
</choice> Schrift lehren.</p>
<note place="end"><app>
<lem>Von den Büchern</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> Die Hauptschriften</rdg>
</app> zur eigenthümlichen Kenntniß des <app>
<lem>Sprachgebrauchs <choice>
<abbr>s.</abbr>
<expan>siehe</expan>
</choice>
<hi>die</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Sprachgebrauchs, hat der Verfasser in
seiner</rdg>
</app>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_37_1"/><hi>Anweisung zur
Kenntniß der besten Bücher in der</hi>
<app>
<lem><hi>Theologie</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Theologie</hi>,</rdg>
</app> §. 95–98. 100–107. <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl">angeführt. Für den angehenden Ausleger reichen
die besten Wörterbücher, wie das <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_37_2"/>hebräische von <hi>Gesenius</hi>, das <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_37_3"/>griechische
von <hi>Schleußner</hi>, nebst den besten homiletischen Commentaren
über die einzelnen Schriften, völlig aus.</rdg>
</app></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_37_1">
<label>Anweisung zur Kenntniß der besten Bücher in der Theologie §. 95–98.
100–107</label>
<p>Vgl. I § 43.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_37_2">
<label>hebräische von Gesenius</label>
<p>Der ab 1810 als Professor in Halle wirkende Wilhelm Gesenius (1786–1842)
zählt bis heute zu den bedeutendsten Hebraisten, sein zweibändiges
<hi>Hebräisch-deutsches Handwörterbuch über die Schriften des Alten
Testaments</hi> (1810/1812) ist nach mehreren Überarbeitungen und
einer Vielzahl von Auflagen (zuletzt <hi rend="superscript">18</hi>2013)
noch immer ein bibelwissenschaftliches Standardwerk. In der dritten
Auflage der <hi>Anweisung</hi> sind darüber hinaus weitere hebraistische
Arbeiten Gesenius' berücksichtigt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_37_3">
<label>griechische von Schleußner</label>
<p>Nach dem Studium in seiner Heimatstadt Leipzig wurde Johann Friedrich
Schleusner (1759–1831) Professor in Göttingen und wechselte 1794 nach
Wittenberg. Im Zentrum seiner wissenschaftlichen Arbeit stand das
hellenistische Griechisch, im Blick ist hier sein <hi>Novum lexicon
Graeco-latinum in Novum Testamentum</hi> (1792; <hi rend="superscript">4</hi>1819).</p></note>
</div>
<div n="38" type="section" id="section_2_38">
<head><pb edRef="#a" n="337"/>
<pb edRef="#b" n="51"/>
<app>
<lem>38</lem>
<rdg wit="#a" type="v">325</rdg>
</app>.</head>
<p>Ein <index indexName="subjects-index">
<term>Schriftsteller</term>
</index>Schriftsteller, der, wie die biblischen, zunächst für seine
Zeitgenossen und <app>
<lem/>
<rdg type="pt" wit="#c">seine</rdg>
</app> Nation schreibt, <app>
<lem>kan bey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">kann bei</rdg>
</app> Erzählungen und einem nach <app>
<lem>dieser Leser</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">den</rdg>
</app> Umständen <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">damaliger Leser</rdg>
</app> eingerichteten <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrvortrag</term>
</index>Lehrvortrag, vieles als ihnen bekannt voraussetzen, <app>
<lem>das</lem>
<rdg wit="#a" type="v">daß</rdg>
</app> er bloß zu berühren braucht, oder worauf er anspielt, was sich aber
mit der Zeit ändert, oder vergessen wird, oder <app>
<lem>den</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> Lesern <app>
<lem>späterer</lem>
<rdg type="pp" wit="#c">aus späteren</rdg>
</app> Zeiten und <app>
<lem>Ausländern</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Ländern</rdg>
</app> unbekannt ist. Die heiligen Schriftsteller beziehen sich, wie vorhin
schon gesagt worden ist, sehr oft auf dergleichen zufällige <index indexName="subjects-index">
<term>Umstände</term>
</index>Umstände, und der <index indexName="subjects-index">
<term>Ausleger</term>
</index>Ausleger <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> sie daher gar nicht ganz verstehen, oder sich in diese Umstände
hinein denken, wenn er sich nicht eine möglichst genaue <hi>Kenntniß dieser
historischen Umstände</hi> erworben hat.</p>
<note place="end"><pb edRef="#c" n="44"/>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app> Diese Kenntniß hat <app>
<lem><app>
<lem>ausser</lem>
<rdg wit="#c" type="v">außer</rdg>
</app> dem</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">ausserdem</rdg>
</app>, daß sie den Sinn der heiligen Schrift <index indexName="subjects-index">
<term>aufklären</term>
</index>aufklärt, noch einen andern <index indexName="subjects-index">
<term>Nutzen</term>
</index>Nutzen, <app>
<lem>nemlich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">nämlich,</rdg>
</app> die Ueberzeugung von der <app>
<lem>Aechtheit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Echtheit</rdg>
</app> und Glaubwürdigkeit der biblischen Bücher besser zu bewirken. Denn
diese Ueberzeugung hängt sehr davon ab, daß die Denk- <app>
<lem><choice>
<sic>nnd</sic>
<corr type="editorial">und</corr>
</choice></lem>
<rdg wit="#a #c" type="typo-correction">und</rdg>
</app> Schreibart in diesen Büchern, und die darin vorkommenden Umstände,
dem Charakter der Zeit, des Landes, der nächsten Leser, für die sie bestimmt
waren, der Personen, <app>
<lem>welche</lem>
<rdg wit="#a" type="v">die</rdg>
</app> für die Verfasser gehalten werden, und den übrigen Umständen, gemäß
sind, die darin vorkommen. <app>
<lem>Doch dieser Nutzen betrifft mehr die Kritik der biblischen
Bücher.</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">{<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_38_1"/><index indexName="persons-index">
<term>Hug, Johann Leonhard</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sdwj">Hug</persName></hi> hat
sie in der Einleitung in das Neue <choice>
<abbr>Test.</abbr>
<expan>Testament</expan>
</choice> trefflich benutzt.}</rdg>
</app></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_38_1">
<label>Hug hat sie in der Einleitung in das Neue Test.</label>
<p>Vgl. II § 34 c.</p></note>
</div>
<div n="39" type="section" id="section_2_39">
<head><pb edRef="#b" n="52"/>
<app>
<lem>39</lem>
<rdg wit="#a" type="v">326</rdg>
</app>.</head>
<p>Zu diesen historischen Kenntnissen gehört 1) die Kenntniß der <hi>alten
<index indexName="subjects-index">
<term>Geographie</term>
</index>Geographie</hi>, so weit sie <pb edRef="#a" n="338"/> in der
heiligen Schrift vorkommende Sachen <app>
<lem>betrifft</lem>
<rdg wit="#a" type="v">betrift</rdg>
</app>. Diese <app>
<lem>müßte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">muß</rdg>
</app> sich 1) auf die Lage, die Beschaffenheit, die Abtheilung und das
natürliche oder durch Revolutionen der Völker <app>
<lem>entstandne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">entstandene</rdg>
</app> Verhältniß der Oerter und Länder gegen einander erstrecken, und zwar
nach verschiedenen <index indexName="subjects-index">
<term>Zeiten</term>
</index>Zeiten, <app>
<lem>wohinein</lem>
<rdg wit="#a" type="v">wohin</rdg>
<rdg type="pp" wit="#c">in welche</rdg>
</app> die biblischen Nachrichten gehören, welche Zeiten oft nicht genug <app>
<lem>pflegen</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> unterschieden zu werden <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">pflegen</rdg>
</app>. Sie <app>
<lem>müßte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">muß</rdg>
</app> zugleich auch Kenntniß der natürlichen Producte dieser Oerter, nach
den verschiedenen <app>
<lem>Naturreichen,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Naturreichen</rdg>
</app> und der aus der natürlichen Beschaffenheit dieser <app>
<lem>Oerter</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Länder</rdg>
</app> entstehenden Zufälle, als der Witterung, der Krankheiten <choice>
<abbr>u. d. gl.</abbr>
<expan>und dergleichen</expan>
</choice>
<app>
<lem>seyn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">umfassen</rdg>
</app>. Eine solche Kenntniß <app>
<lem>würde</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wird</rdg>
</app> 2) sehr ins Kleine <app>
<lem>gehn</lem>
<rdg type="v" wit="#c">gehen</rdg>
</app> müssen, und viele feine Bemerkungen erfordern, weil sich die heilige
Schrift auf dergleichen sehr <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besondere</rdg>
</app> und kleine <index indexName="subjects-index">
<term>Umstände</term>
</index>Umstände bezieht. Eben daher ist dieses Studium 3) mit <app>
<lem>großen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grossen</rdg>
</app> Schwierigkeiten verknüpft, weil es sehr ausgebreitete und genaue
Kenntnisse erfordert, weil es sich, wegen Ungewißheit der <index indexName="subjects-index">
<term>Sprache</term>
</index>Sprache, und besonders der bestimmten Bedeutung der Namen und
Wörter, <pb edRef="#c" n="45"/> wegen Entfernung der Zeiten und Oerter und
Mangel der Nachrichten, sonderlich in Absicht auf <index indexName="subjects-index">
<term>Topographie</term>
</index>Topographie, in <app>
<lem>große</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grosse</rdg>
</app> Dunkelheit verliert, und weil man selbst erst durch eine fleißige
Beschäftigung mit der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel lernen muß, was hier einer Untersuchung bedarf oder nicht.</p>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl"><note place="end"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> Die allgemeinen Hauptwerke sind im ersten Theil §. <ref target="#section_1_140">140.</ref> bereits genannt. Ueber
<hi>biblische Geographie</hi> sind die Hauptschriftsteller <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_39_1"/><index indexName="persons-index">
<term>Bochart, Samuel</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgkq">Bochart</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_39_2"/><index indexName="persons-index">
<term>Bachiene, Willem Albert</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgkn">Bachiene</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_39_3"/><index indexName="persons-index">
<term>Hamelsveld, Ijsbrand van</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgkg">Ysbrand von
Hamelsfeld</persName></hi>, und neuerlich <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_39_4"/><index indexName="persons-index">
<term>Rosenmüller, Ernst Friedrich Karl</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:253tj">E. K.
Rosenmüller's</persName></hi> altes und neues Morgenland,
Leipzig 1818.,<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2sgkb"/> bis jetzt 1ster und 2ter Band. Die
nähere Anzeige findet man in des <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_39_5"/>Verfassers Anweisung zur theologischen
Bücherkenntniß, und in der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_39_6"/><index indexName="persons-index">
<term>Niemeyer, David Gottlieb</term>
</index><index indexName="persons-index">
<term>Wagnitz, Heinrich Balthasar</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:250c7">Niemeyer</persName>-<persName ref="textgrid:2548m">Wagnitzischen</persName></hi> Bibliothek für Prediger. 2te
Ausgabe. 1ster und 4ter Theil.<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:271fd"/>
<hi rend="right-aligned"><choice>
<abbr>A. d. H.</abbr>
<expan>Anmerkung des Herausgebers</expan>
</choice></hi></note></rdg>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_39_1">
<label>Bochart</label>
<p>Der reformierte Theologe Samuel Bochart (1599–1667) wurde nach dem
Studium in Frankreich, England und den Niederlanden 1625 zunächst
Pfarrer in Caen. Daneben festigte sich jedoch auch sein Ruf als
versierter Kenner der orientalischen Sprachen, so dass er 1652 zum
Studium arabischer Handschriften von Königin Christina von Schweden
(1626–1689) nach Stockholm eingeladen wurde. Durch das
<hi>Hierozoicon</hi> (1663) ist Bochart im Zusammenhang der
biblischen Tierkunde hervorgetreten, daneben zählt die biblische
Geographie zu seinen Hauptarbeitsgebieten. Seine zweiteilige
<hi>Geographia sacra</hi> (1646) ist mehrfach aufgelegt worden und
hat in Johann David Michaelis' <hi>Spicilegium geographiae Hebraeorum
exterae post Bochartum</hi> (1769/1780) ein
Nachfolgewerk.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_39_2">
<label>Bachiene</label>
<p>Der niederländische Geistliche und Geograph Willem Albert Bachiene
(1712–1783) war nach dem Theologiestudium in Utrecht als Prediger,
zuletzt in Maastricht, tätig. 1764 wurde Bachiene, der die Geographie
seit frühester Jugend in seiner Freizeit betrieben hatte, ebenda
Professor für Astronomie und Geographie am reformierten <hi>Gymnasium
Illustre</hi>, dessen Lehrkörper v.a. aus ansässigen Geistlichen
bestand. Zu Bachienes wichtigsten Werken zählt die <hi>Historische und
Geographische Beschreibung von Palästina, nach seinem ehemaligen und
gegenwärtigen Zustande</hi> (1766–1775). Die Übersetzung des
Originals <hi>Heilige Geographie of aardrykskundige Beschryving van alle
de Landen, enz. in de H. S. voorkommende</hi> (1758–1768) stammt von
dem Gymnasialkonrektor Gottfried Arnold Maas (ca. 1734–1810), mehr als
zehn Jahre nach Bachienes Tod ist unter dem Titel <hi>De Geographie der
Heilige Schrift</hi> (1796) ein weiterer, von Samuel van Emdre
(1746–1816) besorgter Teil erschienen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_39_3">
<label>Ysbrand von Hamelsfeld</label>
<p>Nach dem Studium in seiner Heimatstadt Utrecht übernahm Ijsbrand van
Hamelsveld (1743–1812) zunächst unterschiedliche Predigtstellen,
privatisierte jedoch 1779 aufgrund von Konflikten mit einem Amtskollegen
und wandte sich in Utrecht eigenen Studien zu. Dort wurde er 1784 zum
Professor der Theologie berufen, jedoch wenige Jahre später aus
politischen Gründen des Amtes enthoben. Daraufhin immatrikulierte er
sich 1789 in Leiden. Als ihm nach Gründung der Batavischen Republik
erneut eine Professur in Utrecht angeboten wurde, lehnte van Hamelsveld
ab und war stattdessen als Mitglied der Nationalversammlung politisch
tätig. Im Zuge der Gegenrevolution wurde van Hamelsveld schließlich
gefangengesetzt und zog sich nach seiner Entlassung bis zu seinem Tod
von allen Ämtern zurück. Wissenschaftlich ist van Hamelsveld
insbesondere auf dem Gebiet der Kirchengeschichtsschreibung der
Niederlande hervorgetreten, im europäischen Ausland war er v.a. durch
die von dem Hamburger Pastor Rudolph Jänisch (1750–1826) ins Deutsche
übersetzte dreiteilige <hi>Biblische Geographie</hi> (1793–1796)
bekannt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_39_4">
<label>E. K. Rosenmüller's altes und neues Morgenland, Leipzig 1818., bis
jetzt 1ster und 2ter Band</label>
<p>Ernst Friedrich Karl Rosenmüllers (1768–1835) <hi>Das alte und neue
Morgenland; oder Erläuterungen der heiligen Schrift aus der
natürlichen Beschaffenheit, den Sagen, Sitten und Gebräuchen des
Morgenlandes</hi> ist in insgesamt sechs Bänden (1818–1820)
erschienen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_39_5">
<label>Verfassers Anweisung zur theologischen Bücherkenntniß</label>
<p>Vgl. I § 43.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_39_6">
<label>Niemeyer-Wagnitzischen Bibliothek für Prediger. 2te Ausgabe. 1ster
und 4ter Theil</label>
<p>Vgl. I § 43 c.</p></note>
</div>
<div n="40" type="section" id="section_2_40">
<head><pb edRef="#b" n="53"/>
<app>
<lem>40</lem>
<rdg wit="#a" type="v">327</rdg>
</app>.</head>
<p><app>
<lem>Noch wichtiger wären</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Nicht minder wichtig ist</rdg>
</app> 2) die <app>
<lem>Kenntnisse derjenigen Sachen, die</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Kenntniß alles dessen, was</rdg>
</app> man gemeiniglich unter dem <pb edRef="#a" n="339"/> Namen der <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Alterthümer</term>
</index>Alterthümer</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Alterthümer</hi></rdg>
</app> begreift, wohin man <app>
<lem>alles</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Alles</rdg>
</app> rechnen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, was die <index indexName="subjects-index">
<term>Verfassung</term>
</index>Verfassung der Völker und ihrer <app>
<lem>verschiednen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verschiedenen</rdg>
</app> Stände, nebst dem auf <index indexName="subjects-index">
<term>Convention</term>
</index>Convention beruhendem Verhältniß derselben gegen einander angeht,
als <app>
<lem>Religions-</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Religions-,</rdg>
</app> bürgerliche und militärische Verfassung, häusliches Leben, Handel und
Gewerbe, Abhängigkeit und Bündnisse von und mit einander, und die <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> allem diesen <app>
<lem>eingeführte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eingeführten</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Gewohnheiten</term>
</index>Gewohnheiten. Ein wieder sehr weitläufiges und schweres Studium,
weil es so mannichfaltige in der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel <app>
<lem>erwehnte</lem>
<rdg type="v" wit="#c">erwähnte</rdg>
</app> Völker, aus sehr verschiedenen Zeiten, umfassen muß, deren
Einrichtungen und Gewohnheiten, eben weil sie auf <app>
<lem>Willkühr</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Willkür</rdg>
</app> beruheten, und sich darum auch leicht veränderten, zumal aus den
ältern Zeiten, schwerer zu entdecken sind, als natürliche Einrichtungen, die
in jedem Lande sich weit seltner ändern, und sich meistens bis auf unsre
Zeit erhalten haben. Eben da<pb edRef="#c" n="46"/>durch wird das Eindringen
in den Geist solcher Verfassungen und in die Ursachen derselben, die in dem
<index indexName="subjects-index">
<term>Klima</term>
</index>Klima und den daraus entstehenden Bedürfnissen, in gewissen
politischen Revolutionen, oft auch in der Begierde nachzuahmen, oder gar in
einem <app>
<lem>bloßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">blossen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Zufall</term>
</index>Zufall, liegen können, erschwert, oder gar unmöglich gemacht, wenn
auch derer mehr wären, als sie <app>
<lem>nicht</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wirklich</rdg>
</app> sind, die mit so vielfältiger Gelehrsamkeit und philosophischem Blick
jene Ursachen und Ab<pb edRef="#b" n="54"/>sichten untersuchen, als <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_1"/><index indexName="persons-index">
<term>Spencer, John</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgmm">Spencer</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_2"/><index indexName="persons-index">
<term>Goguet, Antoine-Yyes</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:25dbq">Goguet</persName>,</hi>
<app>
<lem><ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_3"/><index indexName="persons-index">
<term>Michaelis, Johann David</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:251jt">Michaelis</persName></hi>
und <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_4"/><index indexName="persons-index">
<term>Gatterer, Johann Christoph</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:24wfq">Gatterer</persName></hi>,
bey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi><persName>Michaelis</persName>,</hi>
<hi><persName>Gatterer</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_5"/><index indexName="persons-index">
<term>Heeren, Arnold Herrmann Ludwig</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgmv">Heeren</persName></hi>,
bei</rdg>
</app> den Einrichtungen der Israeliten und einiger andern Völker versucht
haben. Und doch hat diese philosophi<pb edRef="#a" n="340"/>sche Behandlung
solcher Verfassungen und Einrichtungen ihren unentbehrlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Nutzen</term>
</index>Nutzen, selbst <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Erklärung der heiligen Schrift. Sie macht diese Einrichtungen
begreiflich, hebt das Befremdliche derselben, und befestigt dadurch die
<index indexName="subjects-index">
<term>Glaubwürdigkeit</term>
</index>Glaubwürdigkeit der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel. Sie zeigt die Weisheit Gottes und seiner <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Vorsehung</term>
</index>Vorsehung</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Fürsehung</rdg>
</app> in Einführung gewisser Anstalten unter seinem Volk, die sich auf jene
Verfassung und Gewohnheiten gründete, oder diese einführte, um dadurch wahre
<index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Religion, nach den Bedürfnissen solcher Menschen, zu befördern. Sie
beschämt dadurch viele Vorwürfe gegen die heilige Schrift, und falsche
Vorstellungen von ihrem Inhalt, die auf Unbekanntschaft mit diesen
Einrichtungen, auf Unkunde ihrer Ursachen und Absichten, und auf einer übel
angebrachten Philosophie, beruhen, welche, unerleuchtet durch das Licht der
<index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index>Geschichte, sich über den Kreis <app>
<lem><hi>unsrer</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>unserer</hi></rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Sitten</term>
</index>Sitten und Verfassungen nicht <app>
<lem>hinausdenken kan</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">hinaus denken kann</rdg>
</app>.</p>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl"><note place="end"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> Die biblischen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_6"/>Alterthümer (Anthologie) haben in neuern
Zeiten besonders <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_7"/><index indexName="persons-index">
<term>Warnekros, Heinrich Ehrenfried</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgmw">Warnekroß</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_8"/><index indexName="persons-index">
<term>Jahn, Johann</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:253t7">Jahn</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_9"/><index indexName="persons-index">
<term>Bauer, Georg Lorenz</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:253tb">Bauer</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_10"/><index indexName="persons-index">
<term>De Wette, Wilhelm Martin Leberecht</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:24kr2">de Wette</persName></hi>
am glücklichsten bearbeitet. <choice>
<abbr>S.</abbr>
<expan>Siehe</expan>
</choice> die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_11"/><index indexName="persons-index">
<term>Nösselt, Johann August</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:24gvc">Nößeltsche</persName>
Bücherkenntniß</hi> und die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_12"/>Bibliothek für Prediger, 1ster <pb edRef="#c" n="47"/> und 4ter Theil. Eine allgemeine Uebersicht
der Realkenntnisse giebt <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_13"/><index indexName="persons-index">
<term>Hezel, Wilhelm Friedrich</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:253t4">Hezel's</persName></hi>
biblisches Reallexicon; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_40_14"/><index indexName="persons-index">
<term>Leun, Johann Georg Friedrich</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2548x">Leun's</persName></hi>
biblische Encyklopädie. <hi rend="right-aligned"><choice>
<abbr>A. d. H.</abbr>
<expan>Anmerkung des Herausgebers</expan>
</choice></hi></note></rdg>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_1">
<label>Spencer</label>
<p>Der englische Theologe John Spencer (1630–1693) erwarb nach dem Studium
am <hi>Corpus Christi College</hi> in Cambridge 1665 den theologischen
Doktorgrad und war zunächst als Universitätsprediger tätig. Nach
weiteren Stellen in Gemeinde und Schule wurde Spencer 1667 zum
<hi>Master</hi> seines Colleges gewählt, im akademischen Jahr
1673/1674 war er Vizekanzler der Universität. 1667 wurde er zum
<hi>Archdeacon</hi> in Sudbury und zehn Jahre später zum
<hi>Dean</hi> an der Kathedrale von Ely bestellt. Bekannt ist
Spencer v.a. für sein bedeutendes Werk <hi>De legibus Hebraeorum
ritualibus et earum rationibus</hi> (1685), das in mehreren Auflagen
u.a. auch in Deutschland erschien. Entgegen der Annahme, das Judentum
sei die älteste Religion der Menschheitsgeschichte, stellt Spencer hier
die Bedeutung des alten Ägypten für die Entwicklung des Judentums heraus
und zählt damit zu den frühen Vertretern eines dezidiert
religionsgeschichtlichen Ansatzes.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_2">
<label>Goguet</label>
<p>Der französische Historiker Antoine-Yves Goguet (1716–1758) war nach dem
Studium der Rechte als Parlamentsrat in seiner Heimatstadt Paris tätig,
sein eigentliches Interesse galt jedoch der Altertumskunde. Goguets
<hi>Untersuchungen von dem Ursprung der Gesezze, Künste und
Wissenschaften</hi> werden in der ersten Auflage der
<hi>Anweisung</hi> noch explizit angeführt (vgl. I § 262 a),
Jahrzehnte später hat der Nürnberger Gymnasialprofessor Johann Paul
Sattler (1747–1804) einen <hi>Auszuge nach dem Französischen des Herrn
Goguet, zum gemeinnüzigen Gebrauch für studierende Jünglinge und
andere Leser</hi> (1796) besorgt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_3">
<label>Michaelis</label>
<p>Angespielt ist auf Johann David Michaelis' berühmtes sechsteiliges
<hi>Mosaisches Recht</hi> (1770–1775; <hi rend="superscript">2</hi>1775–1803), in dem die Gesetze des Pentateuch vor dem Hintergrund
der geschichtlichen Bedingungen ihrer Entstehungszeit und nicht in ihrer
Bedeutung für die christliche Dogmatik interpretiert werden und für das
Carsten Niebuhrs (1733–1815) Arabien-Berichte (vgl. I § 157)
umfangreiches Vergleichsmaterial lieferten, sowie auch auf die zuvor in
zwei Auflagen erschienene <hi>Abhandlung von den Ehe-Gesetzen Mosis</hi>
(1755; <hi rend="superscript">2</hi>1768).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_4">
<label>Gatterer</label>
<p>Der bedeutende Historiker Johann Christoph Gatterer (1727–1799) übernahm
nach dem Studium in Altdorf und Tätigkeiten als Gymnasiallehrer in
Nürnberg und Professor am dortigen <hi>Aegidianum</hi> 1759 einen
Lehrstuhl für Geschichte in Göttingen und prägte die deutsche
Geschichtswissenschaft über die Grenzen seiner Universität hinaus.
Besondere Verdienste erwarb sich Gatterer im Bereich der historischen
Hilfswissenschaften (v.a. der Genealogie und der Diplomatik) sowie der
Universalgeschichte. Darüber hinaus ist die Gründung des
<hi>Königliche[n] Historische[n] Institut[s]</hi> und die in diesem
Zusammenhang entstandene <hi>Allgemeine historische Bibliothek</hi>
(1767–1771) hervorzuheben. An dieser Stelle sind die aus Gatterers
Lehrtätigkeit hervorgegangenen universalhistorischen Werke, v.a. der
erste, bis zum Jahr 500 reichende Band des <hi>Handbuch[s] der
Universal-Historie</hi> (1761; <hi rend="superscript">2</hi>1765),
der <hi>Abriß der Universalhistorie</hi> (vgl. I § 235) sowie die
<hi>Weltgeschichte in ihrem ganzen Umfange</hi> (vgl. I § 235),
gemeint.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_5">
<label>Heeren</label>
<p>Arnold Hermann Ludwig Heeren (1760–1842) wurde nach dem Studium in
Göttingen und anschließender Studienreise 1787 ebenda außerordentlicher,
1794 ordentlicher Professor der Philosophie und 1801 ordentlicher
Professor der Geschichte. Gemeinsam mit Friedrich August Ukert
(1780–1851) gab Heeren die ab 1828 erscheinende Reihe <hi>Geschichte der
europäischen Staaten</hi> heraus und übernahm nach dem Tode
Eichhorns im Jahre 1827 die Redaktion der <hi>Göttingische[n]
Gelehrte[n] Anzeigen</hi>. Gedacht ist hier an Heerens Hauptwerk
<hi>Ideen über Politik, den Verkehr und den Handel der vornehmsten
Völker der Alten Welt</hi> (1793/1796), in dem sich sein Interesse
an den konkreten Lebensbedingungen der Antike dokumentiert, sowie das
<hi>Handbuch der Geschichte der Staaten des Altertums</hi> (1799).
Beide Werke erlebten weitere Auflagen und wurden in mehrere europäische
Sprachen übersetzt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_6">
<label>Alterthümer (Anthologie)</label>
<p>Hier ist nicht <hi>Anthologie</hi>, sondern <hi>Archäologie</hi> gemeint.
Darauf deuten nicht zuletzt auch die Titel der Darstellungen Jahns oder
De Wettes (s.u.) sowie John Potters <hi>Griechische Archäologie oder
Alterthümer Griechenlandes</hi> (vgl. I § 142) hin.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_7">
<label>Warnekroß</label>
<p>Nach dem Studium in Göttingen wurde Heinrich Ehrenfried Warnekros
(1752–1807) 1776 in Greifswald promoviert, war danach als Rektor des
städtischen Gymnasiums tätig, setzte jedoch gleichzeitig seine
Vorlesungstätigkeit an der Universität fort. Neben einer Arbeit zu
Shakespeare ist Warnekros v.a. durch den <hi>Entwurf der hebräischen
Alterthümer</hi> (1782) hervorgetreten, der 1794 in zweiter,
verbesserter und vermehrter Auflage erschien.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_8">
<label>Jahn</label>
<p>Der katholische Theologe Johann Jahn (1750–1816) studierte Philosophie in
Olmütz und Theologie am Prämonstratenserstift Bruck, 1774 folgte das
Ordensgelübde. Nach der Erlangung des theologischen Doktorgrades wurde
Jahn zunächst Professor in Olmütz, ehe er 1789 als Professor für
orientalische Sprachen, biblische Archäologie und Dogmatik nach Wien
berufen wurde. Aufgrund seiner Lehrpositionen kam es hier zu massiven
Auseinandersetzungen mit der kirchlichen Obrigkeit, in
wissenschaftlichem Kontext fand Jahn, dessen philologische Werke auch in
der <hi>Anweisung</hi> mehrfach angeführt werden, dagegen zunehmend
Anerkennung. An dieser Stelle ist seine fünfbändige <hi>Biblische
Archäologie</hi> (1797–1805) zu nennen, die auch in zweiter Auflage
(1807–1815) und in Form der <hi>Archaeologia biblica in compendium
redacta</hi> (1805) erschien.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_9">
<label>Bauer</label>
<p>Gedacht ist an Georg Lorenz Bauers <hi>Kurzes Lehrbuch der hebräischen
Alterthümer des Alten und Neuen Testaments</hi> (1797) sowie die
zweibändige <hi>Beschreibung der gottesdienstlichen Verfassung der alten
Hebräer</hi> (1805/1806), die dem Untertitel nach als
<hi>erläuternder Commentar über den dritten Abschnitt der
hebräischen Archäologie</hi> (d.i. das <hi>Kurze Lehrbuch</hi>)
dienen soll. In Frage kommt auch das <hi>Handbuch der Geschichte der
hebräischen Nation</hi> (1800/1804).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_10">
<label>de Wette</label>
<p>Aus dem umfangreichen Werk Wilhelm Martin Leberecht De Wettes ist an
dieser Stelle auf das <hi>Lehrbuch der Hebräisch-Jüdischen Archäologie
nebst einem Grundriss der Hebräisch-Jüdischen Geschichte</hi> (1814;
<hi rend="superscript">3</hi>1842) angespielt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_11">
<label>Nößeltsche Bücherkenntniß</label>
<p>Vgl. I § 43.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_12">
<label>Bibliothek für Prediger, 1ster und 4ter Theil</label>
<p>Vgl. I § 43 c.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_13">
<label>Hezel's biblisches Reallexicon</label>
<p>Der Theologe und Orientalist Wilhelm Friedrich Hezel (1754–1824), ab 1786
Professor in Gießen, ab 1801 in Dorpat, ist als Verfasser
unterschiedlicher exegetischer und grammatischer Arbeiten
hervorgetreten, auf die auch in der <hi>Anweisung</hi> mehrfach
verwiesen wird. Sein dreibändiges <hi>Biblisches Real-Lexicon</hi>
(1783–1785) ist ab dem zweiten Band fast vollständig von Hermann
Friedrich Köcher (1747–1792) ausgearbeitet worden.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_40_14">
<label>Leun's biblische Encyklopädie</label>
<p>Die vierbändige <hi>Biblische Encyklopädie oder exegetisches
Realwörterbuch über die sämmtlichen Hülfswissenschaften des
Auslegers, nach den Bedürfnissen jetziger Zeit</hi> (1793–1798) geht
laut Titelblatt auf <hi>eine Gesellschaft von Gelehrten</hi> zurück.
Hinter dieser verbirgt sich jedoch der Gießener Theologe Johann Georg
Friedrich Leun (1757–1823). Er stand in freundschaftlichem Verhältnis zu
dem zuvor genannten Wilhelm Friedrich Hezel, der für Leuns <hi>Handbuch
zur kursorischen Lektüre der Bibel A. B.</hi> (vgl. I § 160) eine
Vorrede verfasste.</p></note>
</div>
<div n="41" type="section" id="section_2_41">
<head><app>
<lem>41</lem>
<rdg wit="#a" type="v">328</rdg>
</app>.</head>
<p>Dieses <app>
<lem>Eigene</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Eigne</rdg>
</app> der Völker und Personen, die in der <app>
<lem>heil.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">heiligen</rdg>
</app> Schrift <app>
<lem>erwähnt</lem>
<rdg type="v" wit="#a">erwehnt</rdg>
</app> werden, an welche die biblischen Bücher gerichtet, oder von welchen
sie verfertigt sind, richtete sich ohne Zweifel 3) nach ihrer <index indexName="subjects-index">
<term>Denkungsart</term>
</index><hi>Denkungsart</hi>, <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">ihren</rdg>
</app>
<hi>Kenntnissen</hi> und <hi>Meinungen</hi>, nach ihrem <index indexName="subjects-index">
<term>Charakter</term>
</index><hi>Charakter</hi> und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">ihren</rdg>
</app>
<hi>Sit</hi><pb edRef="#b" n="55"/><hi>ten</hi>, und hatte umgekehrt wieder
in diese einen nothwendigen <app>
<lem>Einfluß. Danach</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">Einfluß; danach</rdg>
</app> bildeten sich auch ihre <index indexName="subjects-index">
<term>Künste</term>
</index><hi>Künste</hi> und <index indexName="subjects-index">
<term>Wissenschaften</term>
</index><hi>Wissenschaften</hi>, die wieder jene bildeten, ihnen ihre
Richtung gaben, Einrichtungen und Gewohnheiten veranlaßten. Ganz <pb edRef="#a" n="341"/> vorzüglich nothwendig ist also auch diese Art von
Kenntnissen, sowohl zu richtiger Erklärung der heiligen Schrift, als zur <app>
<lem>richtigern</lem>
<rdg wit="#a" type="v">richtigen</rdg>
</app> Beurtheilung der darin vorkommenden Sachen, und des Werthes der
<index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel selbst. Zu <app>
<lem>beyden</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beiden</rdg>
</app> Absichten ist es unumgänglich nothwendig, sich in jene Art zu denken,
in jene Meinungen, Sitten <choice>
<abbr>u. d. gl.</abbr>
<expan>und dergleichen</expan>
</choice> zu <app>
<lem>versetzen;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">versetzen,</rdg>
</app> sonst muß man offenbar den rechten <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Gesichtspunct</term>
</index>Gesichtspunct</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Gesichtspunkt</rdg>
</app> verfehlen, so gewiß wie man den Sinn verfehlt, wenn man ihn nach
unserm, nicht nach dem biblischen Gebrauch, bestimmen will. Denn jeder
Schriftsteller schreibt zunächst und eigentlich für seine Zeit, nach den
Bedürfnissen, Fähigkeiten und Meinungen derer, an die er schreibt, nach
seiner Denkungsart, <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">seinen</rdg>
</app> Begriffen und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">nach seinem</rdg>
</app> Charakter; <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>
<app>
<lem>dann auch</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app>, wenn er wahr erzählen will, seine Personen anders nicht aufführen,
als sie wirklich waren.</p>
</div>
<div n="42" type="section" id="section_2_42">
<head><pb edRef="#c" n="48"/>
<app>
<lem>42</lem>
<rdg wit="#a" type="v">329</rdg>
</app>.</head>
<p>Es ist <app>
<lem>fast</lem>
<rdg type="om" wit="#a"/>
</app> unglaublich, was die an sich sehr wahre Vorstellung von der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel, als einer Sammlung <hi>göttlicher</hi> Bücher, durch
Mißverstand und eine höchst verkehrte Anwendung, für Schaden gestiftet hat;
wie sehr man sich dadurch um den Nutzen, den man daraus schöpfen könnte,
gebracht; wie sehr sie <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">sich</rdg>
</app> der Verachtung und <pb edRef="#b" n="56"/>
<app>
<lem>Spöttereyen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Spöttereien</rdg>
</app> ausgesetzt hat. Als göttliche Bücher sollen sie, sagt man, nicht wie
irgend ein vernünftiges menschliches Buch, verstanden und gebraucht werden;
<index indexName="subjects-index">
<term>Gott</term>
</index>Gott soll sie durchaus für alle Zeiten und Menschen, nicht zum Theil
allein für <pb edRef="#a" n="342"/> die ersten Leser, haben aufzeichnen <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app>; sie sollen <app>
<lem>aufhören</lem>
<rdg wit="#c" type="v">aufhören,</rdg>
</app> allgemein nützlich zu seyn, und sollen zu Irrthümern verleiten, wenn
man annähme, daß sich darin Sätze und Wörter befänden, welche auf damalige
Meinungen oder gar Vorurtheile und Irrthümer gingen. – Alle diese
Einbildungen entspringen 1) aus der <app>
<lem>üblen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">übeln</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Gewohnheit</term>
</index>Gewohnheit, nicht Gott aus seinen Werken abzulernen, was gewiß das
Beste gewesen seyn muß, sondern aus einer vorausgesetzten <index indexName="subjects-index">
<term>Idee</term>
</index>Idee, den <index indexName="subjects-index">
<term>Plan</term>
</index>Plan auszuspinnen, den Gott nach unsrer Meinung habe befolgen
müssen, wenn er es hätte recht machen <app>
<lem>wollen;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wollen:</rdg>
</app> eine Thorheit, von der und von deren Schaden uns schon die
Wahrnehmung des wirklich <index indexName="subjects-index">
<term>Böses</term>
</index>Bösen in der Welt überzeugen könnte, das, nach <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app> Voraussetzung, auch nicht in der Welt seyn sollte, und das wir so
schwer mit Gottes allgemeiner Weisheit und Güte zu reimen wissen. 2) Man
spanne denn <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der Bibel den Begriff von einem göttlichen <app>
<lem>Buch</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Buche</rdg>
</app> so hoch als man will – ihn hier zu <app>
<lem>bestimmen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bestimmen,</rdg>
</app> ist der Ort nicht –: so muß er doch nicht den <index indexName="subjects-index">
<term>Augenschein</term>
</index>Augenschein gegen sich <app>
<lem>haben. Denn</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">haben, denn</rdg>
</app> gegen diesen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> keine Theorie <app>
<lem>bestehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bestehen</rdg>
</app>, und man treibt sonst <app>
<lem>Andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andere</rdg>
</app> noth<pb edRef="#c" n="49"/>wendig dahin, daß sie, zu Folge <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app> falschen Begriffe von den Erfordernissen eines göttlichen Werks, der
Bibel diese Ehre absprechen <pb edRef="#b" n="57"/> müssen, wenn sie
gleichwohl darin das wahrnehmen, was man mit einem göttlichen Werke
unverträglich hält. Der Augenschein zeigt es aber, daß <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesus</persName> und die heiligen <app>
<lem>Schriftsteller,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Schriftsteller</rdg>
</app> in unzählichen <app>
<lem>Stellen,</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">Stellen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Redensarten</term>
</index>Redensarten und Sätze brau<pb edRef="#a" n="343"/>chen, die sich auf
menschliche, selbst irrige, Vorstellungen und <index indexName="subjects-index">
<term>Gewohnheiten</term>
</index>Gewohnheiten dererjenigen gründen, mit welchen sie zu thun hatten,
wie <choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Ijob:1:6" to="ff">Hiob 1,
6 <app>
<lem><choice>
<abbr>flgg.</abbr>
<expan>folgende</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><choice>
<abbr>fgg.</abbr>
<expan>folgende</expan>
</choice></rdg>
</app></citedRange></bibl>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Mt:12:43" to="Mt:12:45">Matth. 12, 43–45.</citedRange></bibl>
<choice>
<abbr>vergl.</abbr>
<expan>vergleiche</expan>
<expan>verglichen</expan>
</choice> mit <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Tob:8:3">Tob.
8, 3.</citedRange></bibl>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Gal:4:24" to="f">Gal. 4,
24 <app>
<lem><choice>
<abbr>f.</abbr>
<expan>folgend</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#c" type="v">f.,</rdg>
</app></citedRange></bibl> und die sie selbst in vielen Fällen
brauchen mußten, wenn sie allgemeiner, aber, vor der Hand wenigstens,
unschädlicher <index indexName="subjects-index">
<term>Volksglaube</term>
</index>Volksglaube waren, wollten sie anders verstanden werden, ihre <index indexName="subjects-index">
<term>Glaubwürdigkeit</term>
</index>Glaubwürdigkeit nicht verdächtig machen, ihre Zuhörer oder Leser,
nach deren Fähigkeiten und Bedürfnissen, überzeugen, oder ihnen etwas
anschaulich darstellen. – Mindestens muß da, wo sie erzählen, oder, wie
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:12:27">Matth. 12, <app>
<lem>27.</lem>
<rdg wit="#a" type="v">27</rdg>
</app></citedRange></bibl> und <bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Lk:24:37" to="Lk:24:40">Luc. 24, <app>
<lem>37–40</lem>
<rdg wit="#c" type="v">37–40.</rdg>
</app>,</citedRange></bibl> den Meinungen <app>
<lem>andrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Anderer</rdg>
</app> widersprechen, auch der eingenommenste Leser Anspielungen auf
besondere menschliche Meinungen anerkennen, die denn doch von dem <index indexName="subjects-index">
<term>Ausleger</term>
</index>Ausleger verständlich gemacht werden müssen.</p>
</div>
<div n="43" type="section" id="section_2_43">
<head><app>
<lem>43</lem>
<rdg wit="#a" type="v">330</rdg>
</app>.</head>
<p>Und warum soll denn 3) <app>
<lem>alles</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Alles</rdg>
</app>, was in den biblischen Büchern vorkommt, für <hi>alle</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Leser</term>
</index>Leser geschrieben, warum schlechterdings allgemeinnützlich seyn? <app>
<lem><hi>Kan</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Kann</hi></rdg>
</app> es je ein Buch geben, das diese Eigenschaft hätte, ohne <app>
<lem>alsdann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alsdenn</rdg>
</app> manchen Lesern entbehrlich, oder nicht unterhaltend genug zu <app>
<lem>seyn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">werden</rdg>
</app>? Ists <pb edRef="#b" n="58"/> denn nicht oft wohlthätiger gegen Alle,
<index indexName="subjects-index">
<term>Mannichfaltigkeit</term>
</index>Mannichfaltigkeit hinein zu bringen, und einen Theil des Inhalts für
<pb edRef="#c" n="50"/> Alle oder <app>
<lem>Manche</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">doch Viele</rdg>
</app>, einen andern <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">Theil</rdg>
</app> nur für Einige oder <app>
<lem>Andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andere</rdg>
</app> zu bestimmen, um Allen, nach ihrem Bedürfniß, <app>
<lem>Alles</lem>
<rdg type="v" wit="#a">alles</rdg>
</app> zu wer<pb edRef="#a" n="344"/>den? Ists nicht in den heiligen Büchern
wirklich so? Könnten <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Weissagungen</term>
</index>Weissagungen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Weißagungen</rdg>
</app> wohl für die ersten Leser, die jüdischen <app>
<lem>Geschlechtregister</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">Geschlechtsregister</rdg>
</app> für uns, bestimmt <app>
<lem>seyn,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">seyn? Können</rdg>
</app> die mosaischen Gesetze <app>
<lem>Andre unter den</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">alle</rdg>
</app> Christen, <app>
<lem>als</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">oder vielmehr nur</rdg>
</app> die <app>
<lem>Gelehrten interessiren</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">Gelehrteren intereßiren</rdg>
</app>? Wenn aber 4) in der heiligen Schrift nicht <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_43_1"/>Allen <app>
<lem>Alles</lem>
<rdg type="v" wit="#a">alles</rdg>
</app> gleich <index indexName="subjects-index">
<term>nützlich</term>
</index>nützlich und verständlich seyn <app>
<lem>mußte:</lem>
<rdg wit="#c" type="v">mußte,</rdg>
</app> so war es schon natürlicher, mehr für die ersten, als für die spätern
Leser zu sorgen, sich also nach <app>
<lem>deren</lem>
<rdg wit="#c" type="v">den</rdg>
</app>, auch noch <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">so</rdg>
</app> rohen und selbst <app>
<lem>irrigen,</lem>
<rdg type="v" wit="#c">irrigen</rdg>
</app> Begriffen <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">derselben</rdg>
</app> zu richten. Eben dieses giebt einem <app>
<lem>Buch</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Buche</rdg>
</app> den Charakter <hi>der</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Zeit</term>
</index>Zeit, <app>
<lem>woher</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">aus der</rdg>
</app> es ist, <hi>des</hi> Schriftstellers, der es geschrieben hat,
<hi>der</hi> nächsten <index indexName="subjects-index">
<term>Bestimmung</term>
</index>Bestimmung, wozu es aufgesetzt <app>
<lem>wurde; auf</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">wurde. Auf</rdg>
</app> diesen unverkennbaren <index indexName="subjects-index">
<term>Merkmale</term>
</index>Merkmalen beruht die <index indexName="subjects-index">
<term>Ueberzeugung</term>
</index>Ueberzeugung, daß es <app>
<lem>avthentisch</lem>
<rdg wit="#c" type="v">authentisch</rdg>
</app> und glaubwürdig <app>
<lem>sey;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">sey,</rdg>
<rdg type="v" wit="#c">sei;</rdg>
</app> und auf diese Ueberzeugung gründet sich alles <app>
<lem>andre, die</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Andere. Sie mußte</rdg>
</app> also <app>
<lem>bey Gott</lem>
<rdg type="om" wit="#c"/>
</app> ein wichtigerer Zweck seyn <app>
<lem>mußte</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app>, als die Befriedigung <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app> eigensüchtigen Forderungen.</p>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_43_1">
<label>Allen Alles</label>
<p>Vgl. 1Kor 9,22.</p></note>
</div>
<div n="44" type="section" id="section_2_44">
<head><app>
<lem>44</lem>
<rdg wit="#a" type="v">331</rdg>
</app>.</head>
<p>Mit alle dem können 5) Bücher, die zunächst und hauptsächlich für die ersten
Leser geschrieben sind, <app>
<lem>es <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#a" type="pp">und</rdg>
</app> selbst das, was in denselben auf <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besondere</rdg>
</app> Zeit- und <index indexName="subjects-index">
<term>Volksmeinungen</term>
</index>Volksmeinungen geht, <app>
<lem/>
<rdg wit="#a" type="pt">kan</rdg>
</app> immer auch uns, in <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app> Art, nützlich werden, <app>
<lem>so daß, wegen jenes nächsten eingeschränk<pb edRef="#b" n="59"/>ten
<index indexName="subjects-index">
<term>Zweck</term>
</index>Zwecks,</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">ohne daß deswegen</rdg>
</app> die Bücher selbst oder diese Theile derselben <app>
<lem>keineswegs</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app>
<app>
<lem>unsre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unsere</rdg>
</app> Geringschätzung oder Gleichgültigkeit <app>
<lem>verdienen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">verdienten</rdg>
</app>. Es ist doch wenigstens schätzbarer <app>
<lem>Beytrag</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beitrag</rdg>
</app> zur <index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index>Ge<pb edRef="#a" n="345"/>schichte des menschlichen Geistes und der
<index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Religion. Je mehr wir diese <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besondere</rdg>
</app> Vorstellungen studieren, die zu der Zeit herrschten, <pb edRef="#c" n="51"/> wo die <app>
<lem>biblische</lem>
<rdg wit="#c" type="v">biblischen</rdg>
</app> Bücher geschrieben wurden, oder wo die darin <app>
<lem>enthaltnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">enthaltenen</rdg>
</app> Begebenheiten und Reden vorfielen, und uns auch um anderweitige
<index indexName="subjects-index">
<term>Spuren</term>
</index>Spuren derselben <app>
<lem>bekümmern:</lem>
<rdg wit="#a" type="v">bekümmern,</rdg>
</app>
<app>
<lem>je</lem>
<rdg wit="#c" type="v">desto</rdg>
</app> mehr wächst die Ueberzeugung von ihrem Alter, <app>
<lem>Aechtheit</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">ihrer Echtheit</rdg>
</app> und Glaubwürdigkeit. Man lernt <app>
<lem>alsdann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alsdenn</rdg>
</app> auch tiefer in die weisen Anstalten Gottes zur <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_44_1"/><index indexName="subjects-index">
<term>Erziehung</term>
</index>Erziehung des menschlichen <app>
<lem>Geschlechtes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Geschlechts</rdg>
</app> eindringen; <app>
<lem>öfnet</lem>
<rdg wit="#c" type="v">öffnet</rdg>
</app> sich neue Quellen der <index indexName="subjects-index">
<term>Zufriedenheit</term>
</index>Zufriedenheit mit den Wegen Gottes, der für jeden nach seinen
Bedürfnissen sorgt, das <app>
<lem>Unvollkommne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Unvollkommene</rdg>
</app> allmählich reifen läßt, und auch das Schlechtere zu seinen guten
Absichten zu <app>
<lem>wenden</lem>
<rdg wit="#a" type="v">kehren</rdg>
</app> weiß; man lernt das <index indexName="subjects-index">
<term>Glück</term>
</index>Glück mehr schätzen, in <index indexName="subjects-index">
<term>aufgeklärter</term>
</index>aufgeklärtern Zeiten zu leben, und weitere, nähere Aufschlüsse zu
haben, die ehemaligen Zeiten versagt, oder durch <app>
<lem>Vorurtheile und</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> Irrthümer erschwert waren. Und liegt denn, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> allem <app>
<lem>Eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Eigenen</rdg>
</app> gewisser <app>
<lem>Beyspiele</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beispielen</rdg>
</app> in der heiligen Schrift, in <app>
<lem>allen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">allen</rdg>
</app> nach den Umständen jener Zeiten und <app>
<lem>Völker,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Völker</rdg>
</app> eingekleideten <app>
<lem>Lehren,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Lehren</rdg>
</app> nichts allgemein Lehrreiches für uns, das nur <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> jenen Menschen durch ihre Umstände eine nähere Bestimmung für sie
bekam? das der Verständigere wie <index indexName="subjects-index">
<term>Gold</term>
</index>Gold aus den Schlacken zu schmelzen weiß? woraus er, wie aus allen
Beobachtungen in der Welt, das Allgemeine herausziehen, <pb edRef="#b" n="60"/> und sich für seine <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besonderen</rdg>
</app> Umstände <index indexName="subjects-index">
<term>nutzbar</term>
</index>nutzbar machen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>? <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_44_2"/>Es <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>
<index indexName="persons-index">
<term>Paulus</term>
</index><persName ref="textgrid:251kf">Paulus</persName>, oder <index indexName="persons-index">
<term>Petrus</term>
</index><persName ref="textgrid:2z6t8">Kephas</persName>, oder <index indexName="persons-index">
<term>Apollos</term>
</index><persName ref="textgrid:3c0g5">Apollos</persName>, oder die Welt – <app>
<lem><hi>alles</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Alles</hi></rdg>
</app> ist unser! <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:3:22">1 Kor. 3, 22</citedRange></bibl>. – Aber 6) scheiden müssen wir es
lernen, <pb edRef="#a" n="346"/> und eben darum das näher kennen lernen, was
zu jenen Ort- und <index indexName="subjects-index">
<term>Zeitkenntnisse</term>
</index>Zeitkenntnissen gehört, was Hülle und nicht Wesen ist, was Gott in
der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel nach <app>
<lem>bloßer <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Herablaßung</term>
</index>Herablaßung</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Herablassung</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#a" type="pp">blosser Herablassung</rdg>
</app>, und was er nach strengster <index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheit</term>
</index>Wahrheit hat sagen <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app>. Dafür muß es sowohl <index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index>Regeln geben als für das <app>
<lem>Aechte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Echte</rdg>
</app> oder <app>
<lem>Unächte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Unechte</rdg>
</app> in Lesearten, für den wahren oder falschen Sinn der heiligen Schrift;
und <app>
<lem>alsdann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alsdenn</rdg>
</app> wird <pb edRef="#c" n="52"/> auch die Besorgniß wegfallen, daß man
durch solche eingemischte Vorstellungen <app>
<lem>nothwendig</lem>
<rdg wit="#c" type="v">{nothwendig</rdg>
</app> müßte auf Irrthümer geleitet <app>
<lem>werden.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">werden.}</rdg>
</app></p>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_44_1">
<label>Erziehung des menschlichen Geschlechtes</label>
<p>Hier greift Nösselt den Titel von Lessings <hi>Erziehung des
Menschengeschlechts</hi> (1777/80) auf.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_44_2">
<label>Es sey Paulus, oder Kephas, oder Apollos, oder die Welt – alles ist
unser! 1 Kor. 3, 22</label>
<p>Hier handelt es sich um eine freie und verkürzte Wiedergabe von 1Kor
3,22, die Reihenfolge der Namen lautet eigentlich Paulus, Apollos,
Kephas (vgl. 1Kor 1,12). Apollos ist ein im Neuen Testament erwähnter
Mitstreiter des Paulus (vgl. Apg 18,24–19,1; 1Kor 3,4–22; 16,12); Kephas
ist der Apostel Petrus, dessen aus dem Griechischen stammender Name
(vgl. Mk 3,16) wie der aus dem Aramäischen stammende Name Kephas
<hi>Stein</hi> bzw. <hi>Fels</hi> (vgl. Mt 16,18)
bedeutet.</p></note>
</div>
<div n="45" type="section" id="section_2_45">
<head><app>
<lem>45</lem>
<rdg wit="#a" type="v">332</rdg>
</app>.</head>
<p>Wenn man diese aus <app>
<lem>bloßem</lem>
<rdg wit="#a" type="v">blossem</rdg>
</app> Mißverstande herrührende Vorurtheile von dem <index indexName="subjects-index">
<term>Nutzen</term>
</index>Nutzen der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel, der vermindert werden, und von dem Schaden, der ihrem
richtigen Verstand und Anwendung drohen würde, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Seite setzt: so wird man sich bald überzeugen können, wie
unumgänglich nothwendig es <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, sich, so viel man immer <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, ganz in die Lage <app>
<lem>hinein zu denken</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">hineinzudenken</rdg>
</app>, welche die Bibel <app>
<lem><choice>
<sic>vorausetzt</sic>
<corr type="editorial">voraussetzt</corr>
</choice></lem>
<rdg wit="#a #c" type="typo-correction">voraussetzt</rdg>
</app>, und sich dazu die §. <app>
<lem><ref target="#section_2_41">41.</ref> erwähnten</lem>
<rdg wit="#a" type="pp"><ref target="#section_2_41">328</ref>
erwehnten</rdg>
</app> Kenntnisse mit möglichstem <app>
<lem>Fleisse</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Fleiße</rdg>
</app> zu erwerben. Nur dadurch werden wir verhüten, – daß wir nicht nach
dem <index indexName="subjects-index">
<term>Maaßstab</term>
</index>Maaßstab <hi>unsrer</hi>, oder überhaupt späterer, Kenntnisse und <app>
<lem>Meinungen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Meinungen</rdg>
</app> die in der heiligen Schrift <app>
<lem>liegenden,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">liegenden</rdg>
</app> abmessen, und dadurch <pb edRef="#b" n="61"/> uns den <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Gesichtspunct</term>
</index>Gesichtspunct</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Gesichtspunkt</rdg>
</app> verrücken, wonach wir <app>
<lem>alles</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Alles</rdg>
</app> nehmen müssen, wenn wir von ihr <hi>lernen</hi>
<app>
<lem>wollen –</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">wollen,</rdg>
</app> nicht die darin liegenden Begriffe, wider die Wahrheit, ausdehnen
oder einschrän<pb edRef="#a" n="347"/>ken, <app>
<lem>–</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> nicht Dinge darin suchen und finden, an welche die heiligen
Schriftsteller oder die darin aufgeführten Personen nie haben denken <app>
<lem>können –</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">können,</rdg>
</app> nicht ihre Beweise falsch <app>
<lem>beurtheilen –</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">beurtheilen,</rdg>
</app> oder eine <index indexName="subjects-index">
<term>Ordnung</term>
</index>Ordnung, oder einen Zusammenhang, oder Künste erdichten, wonach sie
sollten verfahren <app>
<lem>haben,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">haben</rdg>
</app>
<app>
<lem>–</lem>
<rdg type="om" wit="#c"/>
</app> kurz, nicht den <hi>wahren <index indexName="subjects-index">
<term>Sinn</term>
</index>Sinn derselben</hi> verfehlen.</p>
</div>
<div n="46" type="section" id="section_2_46">
<head><app>
<lem>46</lem>
<rdg wit="#a" type="v">333</rdg>
</app>.</head>
<p>Nur dadurch <app>
<lem>würde</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wird</rdg>
</app> zugleich der falschen <index indexName="subjects-index">
<term>Beurtheilung</term>
</index><hi>Beurtheilung</hi> und <index indexName="subjects-index">
<term>Anwendung</term>
</index><hi>Anwendung</hi> der heiligen Schrift vorgebeugt, oder <app>
<lem>beydes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beides</rdg>
</app> berichtigt werden. Denn nur durch die Kenntniß desjenigen, was in ihr
jeder <app>
<lem>erwähnten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">erwehnten</rdg>
</app> Zeit, jedem Ort <pb edRef="#c" n="53"/> und <app>
<lem>jedes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Jedes</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Umstände</term>
</index>Umständen gemäß ist, ergiebt sich die hohe Glaubwürdigkeit, das
<index indexName="subjects-index">
<term>Alterthum</term>
</index>Alterthum und die <app>
<lem>Aechtheit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Echtheit</rdg>
</app> ihrer Bücher. – Nur dadurch entsteht wahre Ueberzeugung von der
göttlichen Weisheit des darin gebrauchten Vortrags und der gemachten
Anstalten, wenn <app>
<lem>beydes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beides</rdg>
</app> gerade den jedesmaligen Umständen angemessen ist. Nur dann wird man
den <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Character</term>
</index>Character</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">Charakter</rdg>
</app> und die Handlungen der darin aufgestellten Personen richtig würdigen,
ungegründete Kritiken darüber ablehnen, und unrichtige Nachahmung derselben
verhindern können, wenn man sie nach der Lage kennt und nimmt, worin sie <app>
<lem>handelten,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">handelten</rdg>
</app> und verfahren <app>
<lem>konnten. <app>
<lem>Alsdann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Alsdenn</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">konnten; alsdann</rdg>
</app> auch <pb edRef="#b" n="62"/> nur im Stande seyn, das, was von der
Zeit und Lage herrührte, mit <app>
<lem>einem</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Einem</rdg>
</app> Wort, das <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Zufälliges</term>
</index>Zufällige,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Zufällige</rdg>
</app> von dem Wesentlichen, und <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Vortrage <pb edRef="#a" n="348"/> der <app>
<lem>Bibel,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Bibel</rdg>
</app> die den <index indexName="subjects-index">
<term>Zeitumstände</term>
</index>Zeitumständen und Bedürfnissen entsprechende Einkleidung von den
Lehren selbst, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> den aufgeführten <app>
<lem>Beyspielen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beispielen</rdg>
</app> das ihnen Eigenthümliche von dem auch <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">für</rdg>
</app> uns <app>
<lem>Lehrreichen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Lehrreichen</rdg>
</app> abzusondern, und sie <hi>so</hi> wirklich <hi>unsern</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Bedürfnisse</term>
</index>Bedürfnissen gemäß zu <app>
<lem>brauchen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gebrauchen</rdg>
</app>.</p>
</div>
<div n="47" type="section" id="section_2_47">
<head><app>
<lem>47</lem>
<rdg wit="#a" type="v">334</rdg>
</app>.</head>
<p>Da die <app>
<lem>verschiednen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verschiedenen</rdg>
</app> Veränderungen der in der heiligen Schrift <app>
<lem>erwähnten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">erwehnten</rdg>
</app> Völker, oder vorzüglich merkwürdiger Personen unter ihnen, sehr viele <app>
<lem>Veränderungen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Veränderungen,</rdg>
</app> nicht nur der Länder selbst, sondern noch mehr der Denkungsart, der
Sitten, der Verfassung und Einrichtungen unter ihnen und <app>
<lem>andern</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andern,</rdg>
</app> nach sich gezogen haben: so ist schon deswegen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_47_1"/>4) die Kenntniß ihrer
<index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index><hi>Geschichte</hi> nothwendig, um diese <app>
<lem>letztre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">letzteren</rdg>
</app> Veränderungen, nebst ihren Ursachen und Absichten, einzusehen. Sie
würde es schon an sich seyn, <app>
<lem>in so fern</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">insofern</rdg>
</app> ein <app>
<lem>großer</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grosser</rdg>
</app> Theil der Bibel theils diese wirkliche Geschichte, theils
Anspielungen darauf, theils <app>
<lem>Weissagungen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Weißagungen</rdg>
</app> enthält, <pb edRef="#c" n="54"/> die sonst schlechterdings das
nöthige Licht nicht bekommen können. Für den <index indexName="subjects-index">
<term>Ausleger</term>
</index>Ausleger der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel gehört <app>
<lem>freylich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">freilich</rdg>
</app> nur diese Kenntniß so weit, als sie zur Erklärung der Bibel nöthig <app>
<lem>ist,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">ist;</rdg>
</app> aber eben dazu wird auch eine sehr oft in kleine und dunkle <index indexName="subjects-index">
<term>Umstände</term>
</index>Umstände eindringende Kenntniß erfordert.</p>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl"><note place="end"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> {Die Hauptwerke sind <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_47_2"/><index indexName="persons-index">
<term>Shuckford, Samuel</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgrw">Shuckford</persName>,</hi>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_47_3"/><index indexName="persons-index">
<term>Prideaux, Humphrey</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgrx">Prideaux</persName></hi>
und <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_47_4"/><index indexName="persons-index">
<term>Hess, Johann Jakob</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgpb">Heß</persName></hi>
Geschichte der Israeliten bis auf die Zeit <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Christi</persName>. Man sehe <choice>
<abbr>d.</abbr>
<expan>die</expan>
</choice>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_47_5"/>Bücherkenntniß, und der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_47_6"/>Predigerbibliothek 1sten und 4ten
Theil.<supplied>}</supplied></note></rdg>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_47_1">
<label>4)</label>
<p>Hier schließt Nösselt an II § 41 an.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_47_2">
<label>Shuckford</label>
<p>Der akademisch am <hi>Gonville and Caius College</hi> (Cambridge)
beheimatete Geistliche Samuel Shuckford (1693–1754) erwarb 1720 den
Magister-, später auch den Doktorgrad (Lambeth) und hatte danach
verschiedene kirchliche Ämter inne. Ab 1732 diente er wohl als
persönlicher <hi>Chaplain</hi> Georges II., sein Grab befindet sich in
der <hi>Canterbury Cathedral</hi>. Wissenschaftlich ist Shuckford auf
dem Gebiet der Altertumskunde hervorgetreten, sein Hauptwerk ist die
zweibändige <hi>Sacred and Profane History of the World Connected. From
the Creation of the World to the Dissolution of the Assyrian Empire
at the Death of Sardanapalus, And to the Declension of the Kingdom
of Judah and Israel Under the Reigns of Ahaz and Pekah</hi> (1728),
die mehrfach neu aufgelegt und 1731 auch ins Deutsche übersetzt
wurde.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_47_3">
<label>Prideaux</label>
<p>Nach dem Studium in <hi>Christ Church</hi> (Oxford) hatte Humphrey
Prideaux (1648–1724) eine Vielzahl von kirchlichen Ämtern inne, wurde
1679 Hebräischprofessor in <hi>Christ Church</hi> und erhielt 1686 den
theologischen Doktorgrad. Nach dem Tode Edwards Pocockes war er als
dessen Nachfolger vorgesehen, lehnte jedoch ab. In den letzten beiden
Jahrzehnten seines Lebens zunehmend gesundheitlich angegriffen, starb
Prideaux als <hi>Dean</hi> von Norwich und wurde in der dortigen
Kathedrale beigesetzt. Hier ist an das mehrfach aufgelegte und auch ins
Französische übersetzte Werk <hi>The Old and New Testament Connected in
the History of the Jews and Neighbouring Nations</hi> (1715–1718) zu
denken. Mit <hi>A Connection of Sacred and Profane History. From the
Death of Joshua to the Decline of the Kingdoms of Israel and
Judah</hi> (1827) legte Michael Russell (1781–1848), der spätere
erste Bischof von Glasgow und Galloway, ein Werk vor, das dem Untertitel
nach die Darstellungen Shuckfords und Prideauxs vervollständigen
sollte.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_47_4">
<label>Heß Geschichte der Israeliten bis auf die Zeit Christi</label>
<p>Die <hi>Geschichte der Israeliten vor den Zeiten Jesu</hi> (1776–1788)
des Schweizer Theologen Johann Jakob Hess (1741–1828) ist in insgesamt
zwölf Bänden erschienen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_47_5">
<label>Bücherkenntniß</label>
<p>Vgl. I § 43.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_47_6">
<label>Predigerbibliothek 1sten und 4ten Theil</label>
<p>Vgl. I § 43 c.</p></note>
</div>
<div n="48" type="section" id="section_2_48">
<head><pb edRef="#a" n="349"/>
<pb edRef="#b" n="63"/>
<app>
<lem>48</lem>
<rdg wit="#a" type="v">335</rdg>
</app>.</head>
<p>Viel trägt dazu 5) die Kenntniß der <hi>biblischen <index indexName="subjects-index">
<term>Zeitrechnung</term>
</index>Zeitrechnung</hi>
<app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app>, die doch auch wieder das unentbehrliche <index indexName="subjects-index">
<term>Licht</term>
</index>Licht aus der Geschichte erhält. Sie hat hier nicht nur den <index indexName="subjects-index">
<term>Nutzen</term>
</index>Nutzen, wie in der <index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index>Geschichte überhaupt, daß sie ihr Ordnung mittheilt, ihre Wahrheit
befestigt, und den Geschichtsforscher auf den Zusammenhang der
Begebenheiten, also zur kritischen und pragmatischen Behandlung der
Geschichte, führt. Sie ist auch unentbehrlich, um den scheinbaren
Widerspruch mancher Stellen der heiligen Schrift gegen einander und gegen
die Zeitrechnung der auswärtigen Geschichte zu heben, der so oft zu
Vorwürfen gegen sie gedient hat; um auf wahre oder vorgebliche Fehler in
einigen Stellen des biblischen Textes und deren richtige Beurtheilung zu
leiten; und selbst, um falsche Erklärungen zu <app>
<lem>verhüten,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verhüten</rdg>
</app> oder zu entdecken, die sich auf eine unrichtig angenommene
Zeitrechnung gründen, und durch Hülfe einer richtiger bestimmten <index indexName="subjects-index">
<term>Chronologie</term>
</index>Chronologie neues Licht über manche Schriftstellen auszubreiten.</p>
<note place="end"><app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app> Man <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> sich von diesem zuletzt <app>
<lem>angegebnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">angegebenen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Nutzen</term>
</index>Nutzen aus der Bemerkung überzeugen, daß man sehr oft den
Erzählungen <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> den Evangelisten, auch manchen <app>
<lem>Weissagungen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Weißagungen</rdg>
</app>, eine falsche Deutung gegeben hat, weil man nicht bedachte oder <pb edRef="#c" n="55"/>
<app>
<lem>einsahe</lem>
<rdg wit="#c" type="v">einsah</rdg>
</app>, daß die heiligen Schriftsteller in ihrer Stellung nicht immer eine
genaue Zeitordnung beobachtet haben, und daß <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Sammlung solcher Bücher, die aus <app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzeln</rdg>
</app>
<app>
<lem>Weissa<pb edRef="#a" n="350"/>gungen bestehn</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Weißagungen bestehen</rdg>
</app>, im Jeremias <choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice>, <pb edRef="#b" n="64"/>
<app>
<lem>unleugbar</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unläugbar</rdg>
</app>, wenigstens in <app>
<lem>verschiednen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verschiedenen</rdg>
</app> Abschriften, Versetzungen derselben vorgegangen sind. Es ist eben so
gewiß, daß eine falsche Bestimmung der Zeit, wo gewisse biblische Bücher,
als Hiob, die Psalmen, die Briefe des neuen <app>
<lem>Testaments, <choice>
<abbr>u. a.</abbr>
<expan>und andere</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Testaments u. a.,</rdg>
</app> geschrieben seyn sollen, zu falschen Erklärungen verleitet hat, und <app>
<lem>manches</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Manches</rdg>
</app> heller wird, wenn man ihnen ihren rechten Platz in der Geschichte
anweisen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>. <choice>
<abbr>S.</abbr>
<expan>Siehe</expan>
</choice>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_48_1"/>meine <app>
<lem>beyden</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beiden</rdg>
</app> Versuche über den Brief an die <app>
<lem>Hebräer</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Ebräer</rdg>
</app> und den Brief Jacobi in den <app>
<lem>Opusculis</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Opusculis,</rdg>
</app> Fasc. I. und II.</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_48_1">
<label>meine beyden Versuche über den Brief an die Hebräer und den Brief
Jacobi in den Opusculis Fasc. I. und II</label>
<p>Nösselts Abhandlung <hi>De tempore quo scripta fuerit Epistola Paulli ad
Ebraeos deque Ebraeis quibus scripserit</hi> nebst
<hi>corollarium</hi> findet sich in <hi>Opusculorum ad
interpretationem Sacrarum Scripturarum fasciculus I</hi> (<hi rend="superscript">2</hi>1785), 269–328 (X.), die <hi>Coniecturae ad
historiam catholicae Iacobi Epistolae</hi> sind in <hi>Opusculorum
ad interpretationem Sacrarum Scripturarum fasciculus II</hi> (1787),
297–332 (XII.) abgedruckt.</p></note>
</div>
<div n="49" type="section" id="section_2_49">
<head><app>
<lem>49</lem>
<rdg wit="#a" type="v">336</rdg>
</app>.</head>
<p>Zur Erwerbung aller bisher <app>
<lem>erwähnten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">erwehnten</rdg>
</app> historischen Kenntnisse <app>
<lem>gehörte freylich</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">würde freilich</rdg>
</app>, wenn sie <app>
<lem>von <app>
<lem>eignem</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenem</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#a" type="pp">vom eignen</rdg>
</app> Fleiß abhängen sollte, ein sehr sorgfältiges <index indexName="subjects-index">
<term>Studium</term>
</index>Studium sowohl der heiligen Schrift selbst, wo oft gering scheinende
und kaum bemerkte <index indexName="subjects-index">
<term>Spuren</term>
</index>Spuren zu wichtigen Entdeckungen führen können, als auch anderer <app>
<lem>alten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alter</rdg>
</app> Schriftsteller und <index indexName="subjects-index">
<term>Denkmahle</term>
</index>Denkmahle, die uns irgend etwas davon aufbehalten <app>
<lem>haben. Und weil</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">haben, erforderlich seyn. Da</rdg>
</app> auch in spätern <index indexName="subjects-index">
<term>morgenländisch</term>
</index>morgenländischen Schriftstellern viele Ueberbleibsel dieser Art
übrig sind, überhaupt aber sich alte Meinungen und Sitten, selbst aus den
ältesten Zeiten, nirgends so lange und unverändert, als in den
Morgenländern, erhalten haben: so ist das Nachforschen in solchen
morgenländischen Schriftstellern und in genauen und von wirklichen Kennern
herrührenden <index indexName="subjects-index">
<term>Reisebeschreibungen</term>
</index>Reisebeschreibungen in jene Gegenden, von ungemeinem Nutzen. Viel
ist auch bereits hierin von einigen <pb edRef="#b" n="65"/> gelehrten
Männern, theils in besondern <pb edRef="#a" n="351"/> Werken über gewisse
Arten dieser historischen Kenntnisse, theils <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Erklärung der heiligen Schrift, geleistet worden, woran man sich, <pb edRef="#c" n="56"/> in <app>
<lem>Ermanglung</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Ermangelung</rdg>
</app> der nöthigen <index indexName="subjects-index">
<term>Hülfsmittel</term>
</index>Hülfsmittel und Fähigkeiten, halten muß, von ihnen wenigstens schon
vieles Vorgearbeitete, die <app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app> brauchbaren <index indexName="subjects-index">
<term>Quellen</term>
</index>Quellen, und die rechte <app>
<lem>Art</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Art,</rdg>
</app> sie zu benutzen, ablernen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>.</p>
<note place="end"><app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app> Von den hier gemeinten <app>
<lem>Schriften</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Schriften, alten und neuen, insonderheit den
Reisen und Beobachtungen des Orients,</rdg>
</app>
<choice>
<abbr>s.</abbr>
<expan>siehe</expan>
</choice> die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_49_1"/><hi>Anweisung zur</hi>
<app>
<lem><hi>Kenntniß der Bücher</hi>
<choice>
<abbr><hi>etc.</hi></abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>Bücherkenntniß</hi>,</rdg>
</app> §. <app>
<lem>66–92.</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">66–92., und <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_49_2"/><hi>Predigerbibliothek</hi>, 1ster und
4ter Theil.</rdg>
</app></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_49_1">
<label>Anweisung zur Kenntniß der Bücher etc. §. 66–92</label>
<p>Vgl. I § 43.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_49_2">
<label>Predigerbibliothek, 1ster und 4ter Theil</label>
<p>Vgl. I § 43 c.</p></note>
</div>
<div n="50" type="section" id="section_2_50">
<head><app>
<lem>50</lem>
<rdg wit="#a" type="v">337</rdg>
</app>.</head>
<p><app>
<lem>Aber,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Aber</rdg>
</app> wenn man sich nicht bloß auf die Benutzung des Vorgearbeiteten
einschränken, höchstens, in Absicht der Quellen, bloß an Reisebeschreibungen
halten will, deren Werth, zumal <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app>
<app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzlen</rdg>
</app> Nachrichten, nicht einmal gründlich beurtheilt, vielweniger
vorsichtig und reichlich genug benutzt werden <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, ohne gründliche Kenntniß alter <index indexName="subjects-index">
<term>Sprachen</term>
</index>Sprachen und mehrerer Theile der alten und morgenländischen <index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index>Geschichte: so hat dieses eigne Studium so viele Schwierigkeiten,
und erfordert so viele zum Theil seltne Hülfsmittel, Kenntnisse, Geduld,
Scharfsichtigkeit und Gabe, sich in fremde Lagen recht <app>
<lem>hinein zu denken</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">hineinzudenken</rdg>
</app>, und aus einer Menge von Kleinigkeiten ein Ganzes <app>
<lem>zusammen zu setzen</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">zusammenzusetzen</rdg>
</app>, daß nur <app>
<lem>wenige</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Wenige</rdg>
</app> etwas Beträchtliches in diesem Fache leisten können. Ein Anfänger
zumal muß sich mit den <index indexName="subjects-index">
<term>Vorarbeiten</term>
</index>Vorarbeiten <app>
<lem>Andrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Anderer</rdg>
</app> begnügen; <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, aus Mangel der Zeit und der Hülfsmittel, auch <app>
<lem>dies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dieß</rdg>
</app> nicht einmal; <pb edRef="#a" n="352"/>
<pb edRef="#b" n="66"/> würde sich wenigstens glücklich zu schätzen haben,
wenn er auch nur das Nothwendigste in ein <index indexName="subjects-index">
<term>Handbuch</term>
</index>Handbuch zusammengetragen fände, was ihm zu einem allgemeinen
Wegweiser <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Erlangung dieser Kenntnisse vorläufig dienen könnte.</p>
</div>
<div n="51" type="section" id="section_2_51">
<head><pb edRef="#c" n="57"/>
<app>
<lem>51</lem>
<rdg wit="#a" type="v">338</rdg>
</app>.</head>
<p>Ohne Zweifel ist dieses <app>
<lem>einigermaßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einigermassen</rdg>
</app> die Absicht <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> solchen Büchern oder Vorlesungen gewesen, die <app>
<lem>man</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wir</rdg>
</app> unter dem Namen der <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Einleitung</term>
</index><hi>Einleitung</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Einleitungen</hi></rdg>
</app>
<hi>in das alte und neue Testament</hi> und der sogenannten
<hi>Kirchengeschichte des alten Testaments</hi>, oder (der ältern)
<hi>jüdischen Geschichte</hi>
<app>
<lem>hat, wenn</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">besitzen. Möchten</rdg>
</app> sie <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">nur</rdg>
</app> allezeit und genugsam dieser Absicht <app>
<lem>entsprächen.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">entsprechen!</rdg>
</app> Allein bis jetzt schränken sich jene <hi>Einleitungen</hi> fast bloß
auf die Geschichte der biblischen Bücher selbst und ihres Textes ein, und
fügen allenfalls Einiges über die Verfassung einiger in der <app>
<lem>heiligen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">heil.</rdg>
</app> Schrift <app>
<lem>erwähnten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">erwehnten</rdg>
</app> Völker hinzu; <app>
<lem>wonach</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">in welchem Fall</rdg>
</app> solche Bücher, wenn sie nicht durch <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> neue Entdeckungen, und dieses doch mehr für den <app>
<lem>Gelehrten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Gelehrten,</rdg>
</app> als für den Anfänger, wichtig werden, mehr nicht leisten, als was
<index indexName="subjects-index">
<term>Ausleger</term>
</index>Ausleger ohnehin zur Einleitung <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Erklärung <app>
<lem>einzelner</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzler</rdg>
</app> biblischen Bücher, oder <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andere</rdg>
</app> schon in Anweisungen zur Erklärung der <app>
<lem>heiligen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">heil.</rdg>
</app> Schrift, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_51_1"/><index indexName="persons-index">
<term>Ernesti, Johann August</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:24h06">Ernesti</persName></hi>
<choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice> in der Institut. interpretis N. T., oder die Verfasser der
sogenannten hebräischen und christlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Alterthümer</term>
</index>Alterthümer, oder der Bücher über die biblische <index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik, gethan haben. <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_51_2"/>Noch <app>
<lem>haben wir kein in seiner Art vollständiges</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">immer fehlt es an einem</rdg>
</app>
<pb edRef="#b" n="67"/> Handbuch, <pb edRef="#a" n="353"/> wodurch man eine
kurze, aber in ihrer Art <app>
<lem>zweckmäßig-vollständige, Uebersicht zugleich</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">zweckmäßig-vollständige Uebersicht, theils</rdg>
</app> von der biblischen <index indexName="subjects-index">
<term>Geographie</term>
</index>Geographie und <index indexName="subjects-index">
<term>Chronologie</term>
</index>Chronologie, der <app>
<lem>im Zusammenhang</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> mit der auswärtigen <app>
<lem>gebrachten</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> Geschichte in <app>
<lem>der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Zusammenhang gebrachten
<hi>biblischen</hi></rdg>
</app>, und vornehmlich von der Denkungsart, den Kenntnissen, Meinungen,
Sitten und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">der</rdg>
</app> Verfassung der Völker oder Gesellschaften, die in der <app>
<lem>heil.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">heiligen</rdg>
</app> Schrift <app>
<lem>vorkommen,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vorkommen</rdg>
</app> oder zum Grunde liegen, auch des ganzen Tons bekäme, der in der <app>
<lem>heil.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">heiligen</rdg>
</app> Schrift herrscht; <app>
<lem>gesetzt</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gesetzt,</rdg>
</app> daß man auch nur das bisher darüber Entdeckte zusammentrüge, gut
auswählte, <pb edRef="#c" n="58"/> und in eine gute <index indexName="subjects-index">
<term>Ordnung</term>
</index>Ordnung brächte. <app>
<lem><ref type="note" target="#noe_2_2_51_note1">*)</ref></lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> So lange dieses nicht geschieht, muß sich der Anfänger an den
Ausleger halten, dem er sich anvertraut, oder an diejenigen Hauptbücher,
welche am besten <app>
<lem>einzelne</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzle</rdg>
</app> hier in Anschlag kommende Stücke aufgeklärt <app>
<lem>haben. <choice>
<abbr>S.</abbr>
<expan>Siehe</expan>
</choice> §. <app>
<lem><ref target="#section_2_49">49</ref></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_49">49.</ref></rdg>
</app> in der Anmerkung.</lem>
<rdg wit="#a" type="ppl">haben, <choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice> in Absicht auf Kenntniß der biblischen Poesie an <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_51_3"/><index indexName="persons-index">
<term>Lowth, Robert</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:3c0g6">Lowth</persName></hi>
Praelectt. de sacra poesi Hebr. mit <index indexName="persons-index">
<term>Michaelis, Johann David</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:251jt">Michaelis</persName></hi>
Zusätzen, und an <index indexName="persons-index">
<term>Herder, Johann Gottfried von</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:24kqz">Herders</persName></hi>
noch treflicheres, aber nicht ganz geendigtes Werk vom Geist der
ebräischen Poesie, Dessau 1782 und 83.<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2sgt6"/> in 2
Theilen in <choice>
<abbr>gr.</abbr>
<expan>groß</expan>
</choice> 8.</rdg>
</app></p>
<app>
<lem><note n="1" id="noe_2_2_51_note1" place="end"><app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app> *) Einen Anfang eines solchen Handbuchs haben wir an dem <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_51_4"/><hi>Handbuch
der biblischen Literatur</hi>, von <index indexName="persons-index">
<term>Bellermann, Johann Joachim</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgsr">Joh. Joach.
Bellermann</persName></hi>, das, einst vollendet, für den
Anfänger eine gute Encyclopädie dieser Art von Kenntnissen seyn
wird. Bis jetzt sind erst <app>
<lem>zwey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vier</rdg>
</app> Theile, Erfurt <app>
<lem>1787 und 90<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2sgst"/> in</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">1787–1790.</rdg>
</app> 8. erschienen. <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">Man sehe auch die oben bei §. <ref target="#section_2_40">40.</ref> angeführten
Schriften.</rdg>
</app></note></lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_51_1">
<label>Ernesti z. B. in der Institut. interpretis N. T.</label>
<p>Johann August Ernesti kann als <hi>spiritus rector</hi> neologischer
Exegese und Hermeneutik angesprochen werden, seine mehrfach aufgelegte
<hi>Institutio interpretis Novi Testamenti</hi> (1761) (vgl. BdN
II), in der ein ausschließlich grammatisch-historisches Verständnis des
Neuen Testaments vertreten wird, als das epochemachende Werk
neutestamentlicher Hermeneutik (vgl. II § 56).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_51_2">
<label>Noch haben wir kein in seiner Art vollständiges Handbuch […] gut
auswählte, und in eine gute Ordnung brächte</label>
<p><hi>In nuce</hi> leistet dies der Annotationenapparat der von Johann
Jakob Wettstein besorgten Ausgabe des Neuen Testaments. Allerdings wird
Wettstein in der zweiten Hälfte des 18. Jh.s ausschließlich im
Zusammenhang der Textkritik wahrgenommen (vgl. II § 35); Rezensionen
zeigen, dass die im Annotationenapparat geleistete Arbeit als Ausdruck
barocker Polymathie (vgl. I § 4) verstanden und eher negativ aufgenommen
wurde.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_51_3">
<label>Lowth Praelectt. de sacra poesi Hebr. mit Michaelis Zusätzen</label>
<p>In den mehrfach aufgelegten und 1787 ins Englische übersetzten
<hi>Praelectiones de sacra Poesi Hebraeorum</hi> (1753) des
anglikanischen Bischofs, Philologen und Exegeten Robert Lowth
(1710–1787) wird die Betrachtung alttestamentlicher Texte als Poesie
grundgelegt. Johann David Michaelis, während eines Aufenthaltes in
Oxford von Lowth beeindruckt, hat diesem Werk <hi>notas et epimetra</hi>
beigegeben (Göttingen 1758/1761; Oxford 1763; Göttingen <hi rend="superscript">2</hi>1770).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_51_4">
<label>Handbuch der biblischen Literatur, von Joh. Joach. Bellermann […] Bis
jetzt sind erst zwey Theile, Erfurt 1787 und 90 in 8. erschienen</label>
<p>Von Johann Joachim Bellermanns (1754–1842) <hi>Handbuch</hi> sind
lediglich vier Bände (1787–1799) erschienen. Diese umfassen mit der
biblischen Archäologie und Geographie nur zwei der insgesamt zehn
angedachten Abteilungen, hinzukommen sollten Chronologie, Genealogie,
Geschichte, Naturlehre und Naturgeschichte, Mythologie und
Götzengeschichte, Altertümer, Kunstgeschichte sowie Nachrichten von den
biblischen Schriftstellern. In der dritten Auflage der
<hi>Anweisung</hi> wird noch mit weiteren Bänden gerechnet, das
Erscheinungsjahr des vierten Bandes ist fehlerhaft angegeben.</p></note>
</div>
<div n="52" type="section" id="section_2_52">
<head><app>
<lem>52</lem>
<rdg wit="#a" type="v">339</rdg>
</app>.</head>
<p>Die sogenannte <index indexName="subjects-index">
<term>Kirchengeschichte</term>
</index><hi>Kirchengeschichte des alten Testaments</hi>, die mit einer
kritischen Geschichte der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel selbst nicht verwechselt werden muß, ist gewöhnlich die in
einigen Zusammenhang gebrachte, und zum Theil mit der benach<pb edRef="#b" n="68"/>barten <index indexName="subjects-index">
<term>Völkergeschichte</term>
</index>Völkergeschichte verbundene Geschichte der <pb edRef="#a" n="354"/>
Juden und ihrer Vorfahren, bis auf <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Christi</persName> Geburt, und
verdient mehr den Namen eines erläuterten Auszugs aus der Geschichte des
alten <app>
<lem>Testamentes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Testaments</rdg>
</app>, ist mehr Sammlung von Erläuterungen schwerer <app>
<lem>historischen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">historischer</rdg>
</app> Stellen des <app>
<lem>A. T.</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">alten Testaments,</rdg>
</app> die sich nur zu oft auf unnütze und in eine Volksgeschichte gar nicht
gehörige Untersuchungen (über die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_52_1"/>redende Schlange in dem <app>
<lem>Paradies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Paradiese</rdg>
</app>, über Dudaim und Kikajon, das Begräbniß <index indexName="persons-index">
<term>Mose</term>
</index><persName ref="textgrid:2z6t7">Mose</persName>
<app>
<lem><choice>
<abbr>u. d. gl.</abbr>
<expan>und dergleichen</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><choice>
<abbr>u. dergl.</abbr>
<expan>und dergleichen</expan>
</choice></rdg>
</app>) erstrecken, als eine Handleitung zu dieser Geschichte selbst,
wodurch diese, mit den <app>
<lem>Weissagungen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Weißagungen</rdg>
</app> auch auswärtige Völker betreffend, <index indexName="subjects-index">
<term>aufklären</term>
</index>aufgeklärt, pragmatisch gemacht, und das andern Stellen der Bibel
oder der <index indexName="subjects-index">
<term>Profangeschichte</term>
</index>Profangeschichte Widersprechende gehoben werden könnte. In der That
verdiente sie eine solche Be<pb edRef="#c" n="59"/>arbeitung, und würde sehr
nützlich erweitert werden können, wenn sie zugleich als Geschichte der
stufenweise erfolgten nähern göttlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Offenbarung</term>
</index>Offenbarung und des Volks Gottes, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice> derjenigen Menschen, eingerichtet würde, welchen sie, bis zu ihrer
letzten Vollendung, <app>
<lem>mitgetheilet</lem>
<rdg wit="#c" type="v">mitgetheilt</rdg>
</app> worden ist. Auf diese Art könnte sie die ganze biblische Geschichte <app>
<lem>A.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">alten</rdg>
</app> und <app>
<lem>N. T.</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">neuen Testaments</rdg>
</app> in sich fassen, und eine nützliche Vorbereitung auf die Lesung der
heiligen Schrift selbst werden.</p>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl"><note place="end"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> Weit mehr als in den frühern Werken, welche unter dem
unbequemen Titel der Kirchengeschichte des alten Testaments
erschienen, ist dieß von den neuern Bearbeitern der jüdischen
Geschichte, namentlich den bei §. <ref target="#section_2_47">47.</ref> angeführten geschehen. Auch die bessern Commentatoren
der Geschichtsbücher des alten Testaments haben viele Beiträge
hierzu geliefert. <hi rend="right-aligned"><choice>
<abbr>A. d. H.</abbr>
<expan>Anmerkung des Herausgebers</expan>
</choice></hi></note></rdg>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_52_1">
<label>redende Schlange in dem Paradies, über Dudaim und Kikajon, das
Begräbniß Mose u. d. gl.</label>
<p>Zur Schlange im Paradies vgl. Gen 3,1ff.; die in Gen 30,14–16 (vgl. Hld
7,14) erwähnten <hi>Dudaim</hi> (<foreign lang="hbo">דודאים</foreign>) sind die Früchte der Alraune, denen in
alttestamentlicher Zeit aphrodisierende Wirkung zugeschrieben wurde
(<hi>Liebesäpfel</hi>), bei dem von Luther mit <hi>Kürbis</hi>
übersetzten Gewächs <hi>Kikajon</hi> (<foreign lang="hbo">קיקיון</foreign>) (vgl. Jona 4,6) dürfte es sich eher um die
Rizinusstaude handeln; zu Tod und Begräbnis des Mose vgl. Gen
34.</p></note>
</div>
<div n="53" type="section" id="section_2_53">
<head><app>
<lem>53</lem>
<rdg wit="#a" type="v">340</rdg>
</app>.</head>
<p>Um die bisher <app>
<lem>erwähnten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">erwehnten</rdg>
</app> philologischen und historischen Kenntnisse <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Erklärung der heiligen <pb edRef="#b" n="69"/> Schrift recht zu
brauchen, sind <app>
<lem>sowohl</lem>
<rdg wit="#c" type="v">theils</rdg>
</app> gewisse <pb edRef="#a" n="355"/>
<app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index><hi>Regeln</hi>,</lem>
<rdg wit="#a" type="v"><hi>Regeln</hi></rdg>
</app>
<app>
<lem>als</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">theils fast</rdg>
</app> eine <index indexName="subjects-index">
<term>Uebung</term>
</index><hi>Uebung</hi> nöthig, um nach diesen Regeln jene Kenntnisse zur
Entdeckung und <app>
<lem>Mittheilung</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Aufklärung</rdg>
</app> des Sinnes der heiligen Schrift wohl <app>
<lem>anzuwenden</lem>
<rdg wit="#c" type="v">anzuwenden.</rdg>
</app> (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_36">36</ref>).</lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_36">323</ref>).</rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_36">36.</ref>)</rdg>
</app> Der zusammenhängende Inbegriff jener Regeln, oder die Wissenschaft,
welche eine Anweisung zur gründlichen Einsicht und Darstellung dieses Sinnes <app>
<lem>giebet</lem>
<rdg wit="#c" type="v">giebt</rdg>
</app>, ist die <hi>biblische</hi>
<app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Hermenevtik</term>
</index><hi>Hermenevtik</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Hermeneutik</hi></rdg>
</app>.</p>
</div>
<div n="54" type="section" id="section_2_54">
<head><app>
<lem>54</lem>
<rdg wit="#a" type="v">341</rdg>
</app>.</head>
<p>In Würdigung dieser Wissenschaft muß man sich <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">eben so sehr</rdg>
</app> hüten, ihren Werth <app>
<lem>so wenig <hi>herunter zu setzen</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">zu <hi>niedrig</hi></rdg>
</app> als zu <app>
<lem><hi>übertreiben</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>hoch</hi> anzuschlagen</rdg>
</app>. <index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index>Regeln muß man einmal haben, wenn man <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der <app>
<lem>heil.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">heiligen</rdg>
</app> Schrift mit <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenen</rdg>
</app> Augen sehen, nicht <pb edRef="#c" n="60"/> willkürlich handeln, und
sich in ähnlichen Fällen gleich bleiben will. Auch wenn man von dem besten
Ausleger geleitet wird, der seine Erklärungen durch <index indexName="subjects-index">
<term>Gründe</term>
</index>Gründe unterstützt, <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> man nicht einmal beurtheilen, mit welchem Recht er nach solchen
Gründen <app>
<lem>verfahre</lem>
<rdg wit="#a" type="v">verfährt</rdg>
</app>, wenn man nicht vorher feste Regeln kennt, wonach man sein Verfahren
beurtheilt; und wer sich <app>
<lem>sogleich</lem>
<rdg wit="#a" type="v">gleich</rdg>
</app> einen Wegweiser, den Sinn der heiligen Schrift zu finden, wählt,
findet gemeiniglich diese Vorarbeit so bequem, daß er sich um das <app>
<lem>eigne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigene</rdg>
</app> Aufsuchen und die dazu nöthigen Regeln wenig bekümmert. Indessen
könnte <app>
<lem/>
<rdg wit="#a" type="pt">sich</rdg>
</app> ein guter Kopf, dem es so wenig an obigen Kenntnissen als an <index indexName="subjects-index">
<term>Beobachtungsgeist</term>
</index>Beobachtungsgeist fehlte, sich durch <app>
<lem>fleissiges</lem>
<rdg wit="#c" type="v">fleißiges</rdg>
</app> Studium der heiligen <app>
<lem>Schrift,</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">Schrift</rdg>
</app> selbst diese <pb edRef="#b" n="70"/> Regeln <app>
<lem>abziehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">abziehen</rdg>
</app>, und, wenn er sich an Philosophie <pb edRef="#a" n="356"/> gewöhnt
hätte, selbst seine Beobachtungen verdeutlichen, und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">sie</rdg>
</app> in allgemeine, bestimmte, und mit andern Grundsätzen zusammenhängende
Sätze verwandeln. Auch versteht sichs <app>
<lem>von selbst</lem>
<rdg type="om" wit="#a"/>
</app>, daß Regeln allein, ohne <index indexName="subjects-index">
<term>Genie</term>
</index>Genie, Sprach- und historische Kenntnisse und Uebung, keinen
Ausleger bilden. Aber dieses alles <app>
<lem>mit vorausgesetzt</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">mitvorausgesetzt</rdg>
</app>, ist es, zumal für den Anfänger, sehr nützlich, einen
wissenschaftlichen Unterricht über richtige Grundsätze zur <index indexName="subjects-index">
<term>Auslegung</term>
</index>Auslegung der heiligen Schrift zu erhalten.</p>
</div>
<div n="55" type="section" id="section_2_55">
<head><app>
<lem>55</lem>
<rdg wit="#a" type="v">342</rdg>
</app>.</head>
<p>Denn 1) jene <app>
<lem>vorausgesetzte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vorausgesetzten</rdg>
</app> Eigenschaften <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> man <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> den <app>
<lem>wenigsten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Wenigsten</rdg>
</app> annehmen, die den Sinn der heiligen Schrift selbst finden <app>
<lem>wollen. Man</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">wollen; man</rdg>
</app> müßte schon vorher <app>
<lem>eine</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> sehr gute Anweisung und Uebung in recht genauer Erklärung alter
Schriftsteller gehabt haben, die allerdings die <app>
<lem>treflichste</lem>
<rdg wit="#c" type="v">trefflichste</rdg>
</app> Vorbereitung zur <index indexName="subjects-index">
<term>Auslegung</term>
</index>Auslegung der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel <app>
<lem/>
<rdg wit="#a" type="pt">ist</rdg>
</app>, aber <app>
<lem>doch <pb edRef="#c" n="61"/> allein nicht <app>
<lem>zureichend,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zureichend</rdg>
</app> ist, weil <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Eigenthümlichen des Ausdrucks und der Denkart, die in
diesen ganz morgenländischen Schriften der Bibel herrscht,</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> noch <app>
<lem>zugleich <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#a" type="pp">immer wieder neue</rdg>
</app> Grundsätze erfordert <app>
<lem>werden</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app>, welche aus der Natur des <hi>biblischen</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Sprachgebrauch</term>
</index>Sprachgebrauchs und der <hi>eigenthümlichen</hi> Art ihres Vortrages <app>
<lem>müssen</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> abgezogen werden <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">müssen</rdg>
</app>. 2) Auch <app>
<lem>alsdann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alsdenn</rdg>
</app>, wenn sich jemand mit jenen Eigenschaften dem Studium der heiligen
Schrift näherte, würde <app>
<lem>vieles</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Vieles</rdg>
</app> von den Grundsätzen oder Vorurtheilen abhän<pb edRef="#b" n="71"/>gen, die er mitbrächte. Sind diese falsch, so werden alle seine
Beobachtungen eine falsche Richtung nehmen, eher zur Bestärkung seiner
Irrthümer, als zu ihrer Berichtigung angewendet werden; sind sie aber auch
wahr, nur nicht auf <pb edRef="#a" n="357"/> deutliche Gründe gebauet, so
ist die ganze Art, wie er <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der Auslegung verfährt, sehr <app>
<lem>unzuverläßig</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unzuverlässig</rdg>
</app>. Um <app>
<lem>beydes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beides</rdg>
</app> zu verhüten, müßte er doch schon vorher, ehe er sich <app>
<lem>sichre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sichere</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index>Regeln abziehen <app>
<lem>wollte</lem>
<rdg wit="#a" type="v">will</rdg>
</app>, feste Grundsätze haben, die ihn <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> diesem Geschäfte leiteten. Eben diese soll die <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Hermenevtik</term>
</index>Hermenevtik</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Hermeneutik</hi></rdg>
</app> geben und klar machen, die uns schon dadurch <app>
<lem>große</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grosse</rdg>
</app> Dienste leisten <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, <app>
<lem>daß</lem>
<rdg wit="#a" type="v">wenn</rdg>
</app> sie uns <app>
<lem>für</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vor</rdg>
</app> schädlichen Vorurtheilen <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der Auslegung bewahrt, oder sie ausrottet, ehe sie zu feste Wurzeln
schlagen. <app>
<lem>3)</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> Und wenn nun vollends <app>
<lem>Andre</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">3) Andere</rdg>
</app> uns <app>
<lem>unsre Regeln oder deren</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">die</rdg>
</app> Gültigkeit <app>
<lem>ableugnen:</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">der von uns befolgten Regeln abläugnen,</rdg>
</app> so bleibt doch kein <app>
<lem>andrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">anderer</rdg>
</app> Weg übrig, sie zu überzeugen, als der, wo man die <app>
<lem>bestrittnen Regeln und</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">bestrittenen</rdg>
</app> Grundsätze auf solche zurückführt, die auch der Gegner nicht <app>
<lem>ableugnen kan</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">abläugnen kann</rdg>
</app>, die sich also auf deutliche Begriffe von der Natur der Auslegung,
der Sprachen überhaupt, und <app>
<lem>derjenigen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">der</rdg>
</app> Sprachen <app>
<lem>insbesondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">insbesondere</rdg>
</app>, gründen, in welchen die heilige Schrift abgefaßt <app>
<lem>ist.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">ist,</rdg>
</app> (<choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice> ob und <app>
<lem>wiefern</lem>
<rdg wit="#a" type="v">wie fern</rdg>
</app> man die eigentliche Bedeutung der Wörter verlassen dürfe? ob und
wiefern die hebräische <pb edRef="#c" n="62"/> Bedeutung der gutgriechischen
vorzuziehen <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app>? wie die <hi>bestimmte</hi> Bedeutung derselben zu finden <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>?) 4) Auf Manches wird man gar nicht einmal aufmerksam werden, um sich
daraus Regeln zu ziehen, wenn man nicht vorher durch guten <pb edRef="#b" n="72"/> Unterricht <app>
<lem>daran</lem>
<rdg wit="#c" type="v">darin</rdg>
</app> erinnert worden ist, oft <choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice> nicht einmal an die Möglichkeit einer Erklärung denken, die gerade
die richtigste seyn <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, oft an der Bedeutung der Wörter hängen bleiben, und sich daraus
einen <index indexName="subjects-index">
<term>Sinn</term>
</index>Sinn zusammensetzen, aber dar<pb edRef="#a" n="358"/>über den wahren
Sinn ganzer Sätze verlieren. Ueberhaupt aber <app>
<lem>5) ist</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">ist 5)</rdg>
</app> das <app>
<lem>eigne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigene</rdg>
</app> Auffinden richtiger und fester <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index>Regeln</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Grundsätze</rdg>
</app> eine so mühsame Beschäftigung, und die dazu nöthigen Eigenschaften
(§. <app>
<lem><ref target="#section_2_54">54</ref></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_54">341</ref></rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_54">54.</ref></rdg>
</app>) sind so selten <app>
<lem>beysammen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beisammen</rdg>
</app>, und erfordern so viele Kenntnisse, Scharfsinn und Fleiß in unendlich
kleinen Dingen, daß der gewiß Dank und Aufmerksamkeit verdient, <app>
<lem>wer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">der</rdg>
</app> uns diese Beschäftigung durch Mittheilung erprobter Regeln
erleichtert, und uns <app>
<lem>für Ab-</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">vor Abwegen</rdg>
</app> und <app>
<lem>Nebenwege</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Verirrungen</rdg>
</app> bewahrt, <app>
<lem>wobey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wobei</rdg>
</app> wir spät oder gar nicht zum Ziel kommen würden.</p>
</div>
<div n="56" type="section" id="section_2_56">
<head><app>
<lem>56</lem>
<rdg wit="#a" type="v">343</rdg>
</app>.</head>
<p>Wie schwer es überhaupt, und wie unmöglich es für den Anfänger <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, ohne diese Anweisung <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der Bibel sicher fortzukommen, <app>
<lem>lehret</lem>
<rdg wit="#c" type="v">lehrt</rdg>
</app> schon die <app>
<lem>Erwegung</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Erwägung</rdg>
</app> der Kenntnisse, die <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">allen</rdg>
</app> sichern <index indexName="subjects-index">
<term>Grundsätze</term>
</index>Grundsätzen und <index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index>Regeln zum Grunde liegen müssen. Denn die biblischen Bücher sind <app>
<lem>–</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> vernünftige Schriften, und in einer verständlichen Sprache abgefaßt –
welche aber, wie jede Sprache, ihr <app>
<lem>Eignes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Eigenes</rdg>
</app> hat – und die heiligen Schriftsteller hatten eben so ihre
eigenthümliche <index indexName="subjects-index">
<term>Denkart</term>
</index>Denkart, Begriffe, und Art sich auszudrucken, wie sie sich in allen
diesen auch nach ihren Lesern <pb edRef="#b" n="73"/> richten mußten. Daher
beruhen die <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">hermeneutischen</rdg>
</app> Grundsätze und <pb edRef="#c" n="63"/> Regeln <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Erklärung der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel 1) auf der Natur des vernünftigen Denkens und der Sprache
überhaupt, worüber die <index indexName="subjects-index">
<term>Logik</term>
</index>Logik Aufschluß geben muß <app>
<lem/>
<rdg wit="#a" type="pt">(§. <ref target="#section_a_1_174">174</ref>
<choice>
<abbr>Anm.</abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice>)</rdg>
</app>, und in so fern ist die bibli<pb edRef="#a" n="359"/>sche <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Hermenevtik</term>
</index>Hermenevtik</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Hermeneutik</rdg>
</app> von der allgemeinen nicht verschieden; 2) auf der Natur der in der
heiligen Schrift gebrauchten <app>
<lem>Grundsprachen;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Grundsprachen,</rdg>
</app> und 3) auf der Kenntniß desjenigen, was die heiligen Schriftsteller
und die Leser, für die sie zunächst schrieben, <app>
<lem>Eignes</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Eigenes</rdg>
</app> hatten. Wenn auch das Erste leicht sollte zu erkennen seyn: so
erfordert doch das <app>
<lem>Zweyte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Zweite</rdg>
</app> und Dritte, wie bisher gezeigt worden, sehr ausgebreitete und feine
Kenntnisse, die um so <app>
<lem><choice>
<sic>schw rer</sic>
<corr type="editorial">schwerer</corr>
</choice></lem>
<rdg type="typo-correction" wit="#a #c">schwerer</rdg>
</app> zu erwerben, um so schwerer mit Ueberzeugung zu fassen sind, je <app>
<lem>größre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">größere</rdg>
</app> Vorurtheile von der ganz <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenen</rdg>
</app> Art <app>
<lem>göttlicher</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">eine besondere Behandlung <hi>heiliger</hi> aus
Eingebung geflossener</rdg>
</app> Bücher sich hier in den Weg <app>
<lem>legen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">legen.</rdg>
</app> (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_42">42</ref>–<ref target="#section_2_44">44.</ref>).</lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_42">329</ref>–<ref target="#section_2_44">331.</ref>)</rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_42">42</ref>–<ref target="#section_2_44">44.</ref>)</rdg>
</app></p>
<note n="1" place="end"><app>
<lem><choice>
<abbr>Anm.</abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><choice>
<abbr><hi>Anmerk.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Anm.</hi></rdg>
</app> 1. Man sieht hieraus 1) daß die Kenntniß der <app>
<lem>allgemeinen Hermenevtik</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>allgemeinen Hermeneutik</hi></rdg>
</app>, allenfalls durch <app>
<lem>Beyspiele</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beispiele</rdg>
</app> von Schriftstellen erläutert, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> weitem nicht allein zureichend <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, da sie nur den kleinsten und leichtesten Theil der Regeln für die
Erklärung der <app>
<lem>heil.</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">heiligen</rdg>
</app> Schrift <app>
<lem>enthält;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">enthält.</rdg>
</app> 2) <app>
<lem>daß</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Daß</rdg>
</app> sich <app>
<lem>schon deswegen</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> die biblische <app>
<lem>Hermenevtik</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Hermeneutik</rdg>
</app> nicht, wie manche Wissenschaften, aus Einem allgemein brauchbaren
Grundsatz herleiten <app>
<lem>laße</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lasse</rdg>
</app>, weil sie auf so vielem beruht, das der Bibel eigen ist; und 3) daß,
weil die Bücher des neuen Testaments in einer ganz andern Zeit und Sprache,
von ganz andern Schriftstellern, nach ganz <app>
<lem>verschiednen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verschiedenen</rdg>
</app> Absichten, und an <pb edRef="#b" n="74"/> ganz <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> Leser geschrieben sind, als die Bücher des alten, es weit besser <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, für jedes eine <app>
<lem>besondre Hermenevtik</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">besondere Hermeneutik</rdg>
</app> abzufassen, als für <app>
<lem>beyde</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beide</rdg>
</app> eine gemeinschaftliche. <app>
<lem>(Für das neue Testament insbesondre</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Für das <hi>alte Testament</hi></rdg>
</app> haben wir <app>
<lem>nur Ein vortrefliches <app>
<lem>Buch</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Buch,</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">in der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_56_1"/>neuen Bearbeitung von <index indexName="persons-index">
<term>Glaß, Salomon</term>
</index><persName ref="textgrid:254cc">Glassii</persName> Philol.
sacra von <index indexName="persons-index">
<term>Bauer, Georg Lorenz</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:253tb">Bauer</persName></hi>,
eine Hermeneutica V. T., desgleichen von <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_56_2"/><index indexName="persons-index">
<term>Meyer, Gottlob Wilhelm</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:3c0g7">Meyers</persName></hi>
eine Hermeneutik des A. T., für das <choice>
<abbr>N. T.</abbr>
<expan>Neues Testament</expan>
</choice> noch <pb edRef="#c" n="64"/> immer ein vortreffliches Buch
an</rdg>
</app>
<index indexName="persons-index">
<term>Ernesti, Johann August</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:24h06">Jo. Aug. Ernesti</persName></hi>
Institutio interpretis N. T. (<choice>
<abbr>Edit.</abbr>
<expan>Editio</expan>
</choice> 3. Lips. 1775.<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2sgtp"/> 8.); <app>
<lem>für das alte aber noch gar keines.)</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">verglichen mit <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_56_3"/><index indexName="persons-index">
<term>Morus, Samuel Friedrich Nathanael</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:24h4j">Mori</persName></hi>
acroasibus super hermeneut. N. T. nach <index indexName="persons-index">
<term>Eichstaedt, Heinrich Carl Abraham</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgv8">Eichstädt's</persName></hi> Ausgabe, und <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_56_4"/><index indexName="persons-index">
<term>Keil, Karl August Gottlieb</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:3c0g8">Keil's</persName></hi>
Lehrbuch der reinen Hermeneutik des N. T.</rdg>
</app> Die allgemeinern <pb edRef="#a" n="360"/>
<app>
<lem>hermenevtischen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hermeneutischen</rdg>
</app> Anweisungen <app>
<lem>und</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">oder doch</rdg>
</app>
<app>
<lem>schätzbaren</lem>
<rdg wit="#a" type="v">schätzbare</rdg>
</app>
<app>
<lem>Beyträge</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beiträge</rdg>
</app> dazu <choice>
<abbr>s.</abbr>
<expan>siehe</expan>
</choice> in <app>
<lem>der</lem>
<rdg wit="#c" type="v">meiner</rdg>
</app>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_56_5"/><hi>Anweisung zur
Kenntniß der</hi>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><hi>besten</hi></rdg>
</app>
<hi>Bücher in der Theol.</hi> angeführt <app>
<lem>§. 94–108.</lem>
<rdg wit="#a" type="pp"><supplied>(</supplied>§. 94–108.)</rdg>
</app></note>
<note n="2" place="end"><app>
<lem><choice>
<abbr>Anm.</abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><choice>
<abbr><hi>Anmerk.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
<rdg type="v" wit="#c"><hi>Anm.</hi></rdg>
</app> 2. Aus andern, als den <app>
<lem>angegebnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">angegebenen</rdg>
</app> Quellen, können keine Grundsätze und Regeln für die Erklärung
hergeleitet werden. Man muß also die biblischen Bücher wie <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> menschliche Bücher erklären, und <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> sie anders nicht verstehen <app>
<lem>lernen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">lernen,</rdg>
</app> als durch rechtmäßigen Gebrauch der <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>hermenevtisch</term>
</index>hermenevtischen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hermeneutischen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Hülfsmittel</term>
</index>Hülfsmittel. Denn <app>
<lem>ob</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">verehren wir</rdg>
</app> sie gleich <app>
<lem>göttliche, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">als</rdg>
</app> durch Gottes Veranstaltung <app>
<lem/>
<rdg wit="#a" type="pt">oder Eingebung</rdg>
</app>
<app>
<lem>geschriebne Bücher sind:</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">geschriebene Bücher,</rdg>
</app> so ändert doch dieses in der Natur der Bücher <app>
<lem>nichts;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">nichts,</rdg>
</app> weil Gott darin die heiligen Schriftsteller <app>
<lem>hat</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> als Menschen mit Menschen und in verständlichen menschlichen Sprachen <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">hat</rdg>
</app> reden <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app>. – Die durchgängige Weisheit, <app>
<lem>Wahrheit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Glaubwürdigkeit</rdg>
</app> und <app>
<lem>Untrüglichkeit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Wahrheit</rdg>
</app>, welche in diesen Büchern herrscht, <app>
<lem>betrift</lem>
<rdg wit="#c" type="v">betrifft</rdg>
</app> nur die <app>
<lem>sichre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sichere</rdg>
</app> Anwendung des entdeckten <index indexName="subjects-index">
<term>Sinn</term>
</index>Sinnes, hat aber in die Entdeckung <app>
<lem>des</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dieses</rdg>
</app> Sinnes selbst keinen Einfluß. Selbst die Folge daraus, daß kein Sinn
einer Stelle, welcher <app>
<lem>unleugbaren</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unläugbaren</rdg>
</app> Sätzen widerspricht, der wahre seyn könne, <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> nur dienen, manche falsche Erklärungen zu verwerfen, aber <pb edRef="#b" n="75"/> nicht die wahren zu treffen. – Und so wahr es ist,
daß die <app>
<lem>frömmre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">frömmere</rdg>
</app> Gesinnung, mit der man den Sinn der <app>
<lem>heil.</lem>
<rdg wit="#a" type="v">heiligen</rdg>
</app> Schrift nachforscht, allerdings auch Einfluß in die Auffindung des
richtigen Sinnes haben <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>: so ists doch nur in so fern wahr, als sie zu <app>
<lem>gewissenhaftern</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gewissenhafterm</rdg>
</app> Gebrauch der natürlichen Hülfsmittel zur Erklärung der Bibel
antreibt. – Irgend einen unmittelbaren Einfluß Gottes <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Entdeckung des gedachten Sinnes annehmen, <app>
<lem>hieße</lem>
<rdg wit="#a" type="v">hiesse</rdg>
</app> ja Gott beschuldigen, daß er durch unnütze Umwege dem Menschen
entdecke, was er ihm <pb edRef="#a" n="361"/> geradezu entdecken könnte,
ohne daß er erst die Bibel brauchte verstehen <pb edRef="#c" n="65"/> zu
lernen. Es ist dieses auch eine eitle Einbildung, die eben so zur Verachtung
und Gleichgültigkeit gegen jene einzigen Hülfsmittel verführt, wie falsche
Begriffe von dem <hi>Göttlichen</hi> der Bibel zu den Einbildungen vom <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_56_6"/>vielfachen Sinn einer
Schriftstelle, vom natürlichen und übernatürlichen Verstand der <app>
<lem>heil.</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">heiligen</rdg>
</app> Schrift <app>
<lem><choice>
<abbr>u. dgl.</abbr>
<expan>und dergleichen</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#a" type="pp"><choice>
<abbr>u. d. gl.</abbr>
<expan>und dergleichen</expan>
</choice></rdg>
</app> verführt haben.</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_56_1">
<label>neuen Bearbeitung von Glassii Philol. sacra von Bauer, eine
Hermeneutica V. T.</label>
<p>Gemeint ist Georg Lorenz Bauers aus der Bearbeitung der <hi>Philologia
Sacra</hi> des Salomon Glaß (vgl. I § 161) hervorgegangene
<hi>Hermeneutica sacra Veteris Testamenti</hi> (1797). Zu nennen
wäre auch Bauers <hi>Entwurf einer Hermeneutik des Alten und Neuen
Testaments</hi> (1799).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_56_2">
<label>Meyers eine Hermeneutik des A. T.</label>
<p>Hier handelt es sich um den zweibändigen <hi>Versuch einer Hermeneutik
des Alten Testaments</hi> (1799/1800) von Gottlob Wilhelm Meyer
(1768–1816), anführen ließe sich auch dessen <hi>Grundriß einer
Hermeneutik des Alten und Neuen Testamentes</hi> (1801).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_56_3">
<label>Mori acroasibus super hermeneut. N. T. nach Eichstädt's
Ausgabe</label>
<p>Besorgt wurden Samuel Friedrich Nathanael Morus' zweibändige, die
<hi>Institutio</hi> seines Lehrers Ernesti (vgl. II § 51)
kommentierende <hi>Super hermeneutica Novi Testamenti acroases
academicae</hi> (1797/1802) von Heinrich Carl Abraham Eichstaedt
(1772–1848), einem Schüler Morus' und bedeutenden Philologen. Gewidmet
ist dieses Werk u.a. Nösselt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_56_4">
<label>Keil's Lehrbuch der reinen Hermeneutik des N. T.</label>
<p>Karl August Gottlieb Keil (1754–1818), ein Schüler Morus', ist mit seinem
<hi>Lehrbuch der Hermeneutik des neuen Testamentes nach Grundsätzen
der grammatisch-historischen Interpretation</hi> (1810), 1811 unter
dem Titel <hi>Elementa hermeneutices Novi Testamenti</hi> auch auf
Latein erschienen, ebenfalls im Zusammenhang der neutestamentlichen
Hermeneutik hervorgetreten.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_56_5">
<label>Anweisung zur Kenntniß der Bücher in der Theol. angeführt §.
94–108</label>
<p>Vgl. I § 43.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_56_6">
<label>vielfachen Sinn einer Schriftstelle</label>
<p>Im Hintergrund steht die im Kern auf Origenes zurückgehende
Lehre vom vierfachen Schriftsinn (Literal- oder historischer Sinn,
allegorischer Sinn, tropologischer Sinn, anagogischer Sinn), wie sie
bündig in dem berühmten mittelalterlichen Merkvers <hi>Littera gesta
docet, quid credas allegoria, moralis quid agas, quo tendas
anagogia</hi> (Der Buchstabe lehrt, was geschehen ist; die
Allegorie, was zu glauben ist; der moralische Sinn, was zu tun ist; der
anagogische Sinn, was zu hoffen ist) zusammengefasst ist. Luther und
nach ihm die grammatisch-historische Auslegung der Aufklärungstheologie
erhebt dagegen den Literalsinn (<hi>sensus litteralis</hi> bzw.
<hi>historicus</hi>) als einfachen oder wörtlichen Sinn zum
Grundsinn der Schrift.</p></note>
</div>
<div n="57" type="section" id="section_2_57">
<head><app>
<lem>57</lem>
<rdg wit="#a" type="v">344</rdg>
</app>.</head>
<p>Zu der Bekanntschaft mit den Grundsätzen und Regeln der Auslegung heiliger <app>
<lem>Schrift</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Schrift,</rdg>
</app> muß nothwendig noch <index indexName="subjects-index">
<term>Uebung</term>
</index><hi>Uebung</hi> in dieser Erklärung selbst <app>
<lem>kommen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kommen.</rdg>
</app> (§. <app>
<lem><app>
<lem><ref target="#section_2_36">36</ref></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_36">36.</ref></rdg>
</app> und <app>
<lem><ref target="#section_2_53">53</ref>).</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_53">53.</ref>)</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#a" type="pp"><ref target="#section_2_36">323</ref>).</rdg>
</app> Denn 1) ohne diese sind die <index indexName="subjects-index">
<term>Regeln</term>
</index>Regeln bald <app>
<lem>vergessen;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">vergessen,</rdg>
</app> durch sie wird erst ihr Nutzen mehr klar, und die Ueberzeugung von
ihrer Wahrheit <app>
<lem>anschaulich;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">anschaulich,</rdg>
</app> oder, wenn uns falsche oder unnütze Regeln sollten <app>
<lem>beygebracht</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beigebracht</rdg>
</app> seyn, so <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> uns die versuchte Anwendung der<pb edRef="#b" n="76"/>selben <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> der Erklärung selbst, bald belehren, ob jene unbrauchbar oder
unrichtig, oder einer Einschränkung, und welcher? sie bedürftig sind. 2) <app>
<lem>Bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Bei</rdg>
</app> dieser Uebung können wir immer mehrere Regeln entdecken, entweder so,
daß wir selbst durch <app>
<lem>fleissiges</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">fleißiges</rdg>
</app> Studieren der Bibel darauf <app>
<lem>stoßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">stossen</rdg>
</app>, oder daß wir sie guten Auslegern, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Wahrnehmung der Art, wie sie verfahren, ablernen, und dadurch den <app>
<lem>hermenevtischen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hermeneutischen</rdg>
</app> Unterricht vervollständigen. 3) Nur erst durch die Uebung machen wir
uns diese Grundsätze zu eigen, lernen <hi>selbst</hi>, aus <app>
<lem>eigner</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigener</rdg>
</app> Ueberzeugung, <pb edRef="#a" n="362"/> die heilige Schrift verstehen,
und gewöhnen uns zum exegetischen <index indexName="subjects-index">
<term>Gefühl</term>
</index>Gefühl, das einem <index indexName="subjects-index">
<term>Ausleger</term>
</index>Ausleger so nöthig ist. Es <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> auch alsdann 4) <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> anhaltendem Fleiß nicht fehlen, daß wir nicht, indem wir die Schrift
mit sich selbst und allen unsern anderweitigen Sprach- und historischen
Kenntnissen vergleichen, Manches in derselben sollten besser, oder <pb edRef="#c" n="66"/> doch überzeugender verstehen lernen, was der Fleiß <app>
<lem>Andrer <app>
<lem>zurückgelaßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">zurückgelassen</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Anderer zurückgelassen</rdg>
</app> oder <app>
<lem>verfehlet</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verfehlt</rdg>
</app> hat.</p>
</div>
<div n="58" type="section" id="section_2_58">
<head><app>
<lem>58</lem>
<rdg wit="#a" type="v">345</rdg>
</app>.</head>
<p>Zu diesen <index indexName="subjects-index">
<term>Uebungen</term>
</index>Uebungen <app>
<lem>gehören: –</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">gehören: 1)</rdg>
</app> der Gebrauch guter Vorlesungen über die <app>
<lem>heil.</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">heilige</rdg>
</app> Schrift, wenn man Gelegenheit dazu <app>
<lem>hat –</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">hat; 2)</rdg>
</app> guter Ausleger, die sie in Schriften erklärt <app>
<lem>haben –</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">haben;</rdg>
</app> und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">3)</rdg>
</app> eigene Versuche. Man thut wohl, wenn es seyn <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, sich erst richtige Grundsätze und Regeln der Auslegung bekannt zu
machen (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_55">55</ref></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_55">342</ref></rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_55">55.</ref></rdg>
</app>), und <app>
<lem>alsdann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alsdenn</rdg>
</app> sogleich zu den Uebungen fortzuschreiten, <pb edRef="#b" n="77"/>
oder letztere gleich mit dem Unterricht in der <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Hermenevtik</term>
</index>Hermenevtik</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Hermeneutik</rdg>
</app> zu <app>
<lem>verbinden</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verbinden.</rdg>
</app> (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_57">57</ref>).</lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_57">344</ref>).</rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_57">57.</ref>)</rdg>
</app> Es ist auch rathsam, die gedachten Uebungen in der angegebenen
Ordnung vorzunehmen.</p>
</div>
<div n="59" type="section" id="section_2_59">
<head><app>
<lem>59</lem>
<rdg wit="#a" type="v">346</rdg>
</app>.</head>
<p><app>
<lem>Denn,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Denn</rdg>
</app> eben <app>
<lem>so,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">so</rdg>
</app> wie die <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Hermenevtik</term>
</index>Hermenevtik</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Hermeneutik</rdg>
</app> eine sehr nützliche Vorbereitung zum Studium der heiligen Schrift
ist, so ist es viel besser, erst <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> gute <index indexName="subjects-index">
<term>Ausleger</term>
</index>Ausleger zu hören oder zu lesen, als <app>
<lem>schon</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sogleich</rdg>
</app> selbst Versuche in der Auslegung anstellen zu wol<pb edRef="#a" n="363"/>len. Jenes ist unstreitig leichter. – <app>
<lem>Bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Bei</rdg>
</app> andern guten Auslegern <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> man eher mehr Bekanntschaft mit den Hülfsmitteln der Auslegung und
den Entdeckungen <app>
<lem>Andrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Anderer</rdg>
</app>, so wie mehr Uebung und Fertigkeit voraussetzen, als <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Anfänger. – Dieser übersieht zu viel, ist entweder auf Manches
nicht aufmerksam, oder bildet sich ein, Manches zu <app>
<lem>verstehen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">verstehn</rdg>
</app>, was er wirklich nicht versteht; durch Vergleichung der Ausleger
lernt er erst, daß Manches ganz anders erklärt werden <app>
<lem>könne</lem>
<rdg wit="#a" type="v">kan</rdg>
</app>, Manches nicht so sicher <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#a" type="v">ist</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, als er glaubte, und daß er auf Vieles Acht geben <app>
<lem>müsse</lem>
<rdg wit="#a" type="v">muß</rdg>
</app>, woran er nicht dachte.</p>
<note place="end"><pb edRef="#c" n="67"/>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app> Selbst denken soll <app>
<lem>freylich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">freilich</rdg>
</app> ein jeder, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice>
<app>
<lem>alles</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Alles</rdg>
</app> prüfen, und selbst aufsuchen. Aber er <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> es doch nicht eher, als bis er die nöthigen Kenntnisse dazu <app>
<lem>hat;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">hat,</rdg>
</app>
<app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> auch allein so weit nicht sehen, als wenn er <app>
<lem>Andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andere</rdg>
</app> mit zu Hülfe nimmt. Schon von der <index indexName="subjects-index">
<term>Kindheit</term>
</index>Kindheit an müssen wir erst von Andern geleitet <app>
<lem>werden,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">werden</rdg>
</app> und lernen, ehe wir selbst gehen oder entdecken <pb edRef="#b" n="78"/> können. <app>
<lem>Dies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Dieß</rdg>
</app> ist <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> solchen Kenntnissen, wie zur Auslegung der Bibel gehören,
unumgänglich nöthig, <app>
<lem>die</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">indem sie</rdg>
</app>
<app>
<lem>sich</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> nicht <app>
<lem>aus bloßem</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">durch blosses</rdg>
</app> Nachdenken <app>
<lem>schöpfen lassen</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">zu entdecken sind</rdg>
</app>, und <app>
<lem>wo</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">bei denen</rdg>
</app> selbst die Beobachtung nicht auf natürliche, sondern, wie Sprachen
und Geschichte, auf <app>
<lem>willkührliche</lem>
<rdg wit="#c" type="v">willkürliche</rdg>
</app> oder zufällige Dinge geht.</note>
</div>
<div n="60" type="section" id="section_2_60">
<head><app>
<lem>60</lem>
<rdg wit="#a" type="v">347</rdg>
</app>.</head>
<p>Eben so ist es besser, wenn <app>
<lem>man es haben kan, <index indexName="subjects-index">
<term>Vorlesungen</term>
</index>Vorlesungen</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Gelegenheit finden, <hi>Vorlesungen</hi></rdg>
</app> guter Ausleger zu benutzen, als gleich anfangs sich an <app>
<lem>Schriften</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Schriften</hi></rdg>
</app> der Ausleger, zumal an mehrere zugleich, zu halten. <app>
<lem>Denn, <pb edRef="#a" n="364"/>
<app>
<lem>ausser dem</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">ausserdem</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Denn außer dem,</rdg>
</app> daß der größte Theil der sogenannten <index indexName="subjects-index">
<term>Commentarien</term>
</index>Commentarien schlecht, oder unsern jetzigen Bedürfnissen <app>
<lem>und den</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">wenigstens denen</rdg>
</app> eines Anfängers nicht angemessen ist, <app>
<lem>und</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> dieser <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">auch</rdg>
</app> nicht immer die Ausleger kennt, welche für ihn die besten sind, oder
sie nicht immer haben <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>: so befördert schon der mündliche Vortrag mehr die Aufmerksamkeit;
man <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> eher <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Docenten weitern Unterricht über das <app>
<lem>einziehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">einziehen</rdg>
</app>, was man nicht verstanden, oder was uns nicht überzeugt hat; man
erspart sich mehr Zeit und Mühe, und wird durch die Abweichungen der
Ausleger von einander weniger <app>
<lem>verwirrt; der</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">verwirrt. Der</rdg>
</app> mündliche Lehrer <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> seinen Vortrag mehr für das <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besondere</rdg>
</app> Bedürfniß der <index indexName="subjects-index">
<term>Zuhörer</term>
</index>Zuhörer einrichten, die er vor sich hat; und, wenn der Docent
Geschicklichkeit, Fleiß und Untersuchungsgeist genug <app>
<lem>hat, kan</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">besitzt, kann</rdg>
</app> man von ihm eher erwarten, daß er das Beste, und selbst das Neueste,
was über die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel geleistet wor<pb edRef="#c" n="68"/>den, benutzt, und <pb edRef="#b" n="79"/> selbst maches Gute entdeckt haben werde, was man in
den Commentarien nicht <app>
<lem>antrift</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">antrifft</rdg>
</app>.</p>
</div>
<div n="61" type="section" id="section_2_61">
<head><app>
<lem>61</lem>
<rdg wit="#a" type="v">348</rdg>
</app>.</head>
<p>Vorlesungen und schriftliche Arbeiten über die heilige <app>
<lem>Schrift</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Schrift,</rdg>
</app> sind <hi>entweder</hi> kürzer, und halten sich bloß <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Vorstellung des <index indexName="subjects-index">
<term>Wortverstand</term>
</index>Wortverstandes auf, <hi>oder</hi> sie sind weitläufiger, und zeigen
entweder durch die Erklärung näher die Art, wie man die Bibel auslegen
müsse, oder sie <app>
<lem>weisen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zeigen</rdg>
</app> die Anwendung des gefundenen Verstandes zur Bestimmung desjenigen,
was wir nach der heili<pb edRef="#a" n="365"/>gen Schrift zu glauben, oder
zu thun, oder zu vermeiden haben. Die <hi>erstern</hi> nennt man
<hi>cursorische Vorlesungen</hi>, oder <index indexName="subjects-index">
<term>Scholien</term>
</index><hi>Scholien</hi>; die <hi>letztern exegetische Vorlesungen</hi>,
oder <index indexName="subjects-index">
<term>Commentarien</term>
</index><hi>Commentarien</hi>.</p>
</div>
<div n="62" type="section" id="section_2_62">
<head><app>
<lem>62</lem>
<rdg wit="#a" type="v">349</rdg>
</app>.</head>
<p>In <hi>jenen</hi>
<app>
<lem>müßte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">muß</rdg>
</app> der Verstand der heiligen Schrift deutlich dargestellt, durch eine
möglichst genaue und treue Uebersetzung, und, wo diese nicht möglich, oder
nicht zureichend ist, durch dergleichen Umschreibung <app>
<lem>ausgedruckt</lem>
<rdg wit="#a" type="v">ausgedrückt</rdg>
</app>; derselbe aus dem <index indexName="subjects-index">
<term>Sprachgebrauch</term>
</index>Sprachgebrauch der Bibel, und, wo mehrere Erklärungen möglich sind,
aus andern Gründen zugleich einleuchtend <app>
<lem>gemacht;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">gemacht:</rdg>
</app> es <app>
<lem>müßten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">müssen</rdg>
</app> die historischen <app>
<lem><choice>
<sic>Erläuterungeu</sic>
<corr type="editorial">Erläuterungen</corr>
</choice></lem>
<rdg wit="#a #c" type="typo-correction">Erläuterungen</rdg>
</app>, wo sie nöthig sind, <app>
<lem>beygebracht</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beigebracht</rdg>
</app>, die <app>
<lem>anscheinende</lem>
<rdg wit="#c" type="v">anscheinenden</rdg>
</app> Widersprüche oder <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> Schwierigkeiten des Verstandes gehoben; merkwürdigere <index indexName="subjects-index">
<term>Lesearten</term>
</index>Lesearten, zumal wo sie den <pb edRef="#b" n="80"/> Sinn ändern, <app>
<lem>erwähnt</lem>
<rdg type="v" wit="#a">erwehnt</rdg>
</app>, geprüft, und die gewählte kurz gerechtfertigt; und, wo die Wahl
unter mehrern Auslegungen schwerer ist, oder gewisse falsche Erklärungen
sehr herrschend sind, und diese nicht schon durch richtige Vor<pb edRef="#c" n="69"/>legung des Sprachgebrauchs wegfallen, sie gegen einander <app>
<lem>gehalten,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gehalten</rdg>
</app> und abgezogen werden, um den Vorzug des wahrscheinlichsten Sinnes zu
zeigen. Auch <app>
<lem>könnten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">können</rdg>
</app> noch einige Winke über die Anwendung wichtiger <app>
<lem>Stellen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Stellen,</rdg>
</app> und über den <app>
<lem>großen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grossen</rdg>
</app> Werth der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel und ihrer Belehrungen hinzukommen. – <hi>So</hi> eingerichtet
sind solche Erläuterun<pb edRef="#a" n="366"/>gen sehr nützlich, und haben –
nach ihrem Zweck, den Sinn der heiligen Schrift <index indexName="subjects-index">
<term>aufklären</term>
</index>aufzuklären – einen weit <app>
<lem>größern</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grössern</rdg>
</app> Nutzen, als weitläufigere Commentarien. Man erspart sich dadurch mehr
Zeit, <app>
<lem>meist</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">so wie</rdg>
</app> unnütze Weitläufigkeit und Zerstreuung, der man in den letztern so
sehr ausgesetzt <app>
<lem>ist. Man</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">ist; man</rdg>
</app> wird, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem langsamen Eilen, mehr mit dem Ton, Inhalt und Geist der heiligen
Schrift <app>
<lem>bekannt. Man</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">bekannt; man</rdg>
</app> bekommt eine schnellere und mehr <app>
<lem>dem Geiste</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> gegenwärtige bessere <index indexName="subjects-index">
<term>Uebersicht</term>
</index>Uebersicht des Ganzen, zumal wenn man die ganze Bibel so durchgehen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>; dadurch zugleich eine <app>
<lem>trefliche</lem>
<rdg wit="#c" type="v">treffliche</rdg>
</app> Grundlage der ganzen Theologie; und hat, weil die meisten und besten
Ausleger der Bibel in <app>
<lem>dieser Art der Erklärung</lem>
<rdg type="pp" wit="#a">diesem Stil</rdg>
</app> gearbeitet haben, den Kern des Besten <app>
<lem>beysammen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beisammen</rdg>
</app>, was zur Erläuterung derselben gesagt worden ist.</p>
<note place="end"><app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app> Wenn man gute Vorlesungen dieser Art zu hören keine Gelegenheit <app>
<lem>hätte:</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">haben sollte,</rdg>
</app> so könnten unter den <pb edRef="#b" n="81"/> in der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_1"/><hi>Anweisung</hi>
<choice>
<abbr>etc.</abbr>
<expan>et cetera</expan>
</choice> §. <app>
<lem>110 <choice>
<abbr>flgg.</abbr>
<expan>folgende</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">110. <choice>
<abbr>fgg.</abbr>
<expan>folgende</expan>
</choice></rdg>
</app>
<app>
<lem>erwähnten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">erwehnten</rdg>
</app> Büchern, in Absicht auf das <hi>neue Testament</hi>, für den
Anfänger, die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_2"/><index indexName="persons-index">
<term>Rosenmüller, Johann Georg</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgvt">Rosenmüllerschen</persName></hi>
Scholia in <app>
<lem>N. T. <app>
<lem>(3te</lem>
<rdg wit="#a" type="v">(2te</rdg>
</app> Auflage, Nürnberg <app>
<lem>1788–90<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2sgvz"/> in 5 Bänden</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">1785 <choice>
<abbr>f.</abbr>
<expan>folgend</expan>
</choice><ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2sgwj"/></rdg>
</app> in <choice>
<abbr>gr.</abbr>
<expan>groß</expan>
</choice> 8.)</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">N. T.,</rdg>
</app> hernach aber vorzüglich <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_3"/><index indexName="persons-index">
<term>Beza, Theodor</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgw0">Bezä</persName></hi> und noch
vielmehr <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_4"/><index indexName="persons-index">
<term>Grotius, Hugo</term>
</index><app>
<lem><hi><persName ref="textgrid:25k75">Grotii</persName></hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><persName>Grotii</persName></rdg>
</app> Annott. in N. T. oder das <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_5"/>neue <app>
<lem><choice>
<abbr>Testam.</abbr>
<expan>Testament</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#c" type="v">Testam<supplied>.</supplied></rdg>
</app> mit <app>
<lem>den <index indexName="persons-index">
<term>Koppe, Johann Benjamin</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:253qz">Koppischen</persName></hi> Anmerkungen, wenn sie dereinst <app>
<lem>von irgend einen eben so geschickten Ausleger möchten</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> vollendet <app>
<lem>worden seyn</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">sind</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">dem von <hi><persName>Koppe</persName></hi>
angefangenen, von <index indexName="persons-index">
<term>Heinrichs, Johann Heinrich</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgw6">Heinrich</persName></hi>
und <index indexName="persons-index">
<term>Pott, David Julius</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2sgw5">Pott</persName></hi>
fortgesetzten Commentario perpetuo</rdg>
</app>, in Verbindung mit <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_6"/><index indexName="persons-index">
<term>Erasmus, Desiderius</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:24h47">Erasmi</persName></hi>
Paraphrasibus, dienen; so wie <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem <hi>alten Testament</hi>, nebst <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_7"/><index indexName="persons-index">
<term>Vatablus, Franciscus</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:254bt">Franc. Vatabli</persName></hi>
Anmerkungen, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_8"/><index indexName="persons-index">
<term>Schulz, Johann Christoph Friedrich</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:25496">Jo. Christ. Frid.
Schulzii</persName></hi>
<app>
<lem>und <app>
<lem><index indexName="persons-index">
<term>Bauer, Georg Lorenz</term>
</index><hi>Ge.</hi></lem>
<rdg type="v" wit="#c"><hi>Ge</hi><supplied><hi>.</hi></supplied></rdg>
</app>
<hi>Laur. <persName ref="textgrid:253tb">Baueri</persName></hi></lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> Scholia in V. T. <app>
<lem>(Norimb. <app>
<lem>1783–91,<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:254cj"/> bis jezt in 5 Bänden in <choice>
<abbr>gr.</abbr>
<expan>groß</expan>
</choice> 8.),</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">1783 <choice>
<abbr>f.</abbr>
<expan>folgend</expan>
</choice> in 8.)</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app>
<app>
<lem>oder <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_9"/><index indexName="persons-index">
<term>Rosenmüller, Ernst Friedrich Karl</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:253tj">Ern. Frid. Car.
Rosenmülleri</persName></hi> Scholia in V. T., <app>
<lem>wovon erst 2 Tomi, Lips. 1788 und 90 herausgekommen
sind,</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app></lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> verbun<pb edRef="#c" n="70"/>den mit der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_10"/><index indexName="persons-index">
<term>Dathe, Johann August</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:253bp">Dathischen</persName></hi>
<app>
<lem>lateinischen</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> Uebersetzung und <app>
<lem>Anmerkungen über alle Bücher des <choice>
<abbr>A. T.</abbr>
<expan>Altes Testament</expan>
</choice> in 6 <app>
<lem>Bänden in <choice>
<abbr>gr.</abbr>
<expan>groß</expan>
</choice> 8.</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Bänden,</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#a" type="pp">Anmerkungen,</rdg>
</app> und weiterhin <app>
<lem>der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_11"/><app>
<lem><index indexName="persons-index">
<term>Michaelis, Johann David</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:251jt">Michaelischen</persName></hi></lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> deutschen</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">die <hi><persName>Michaelische</persName></hi>
deutsche</rdg>
</app> Uebersetzung und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">den</rdg>
</app> Anmerkungen zum <choice>
<abbr>A. T.</abbr>
<expan>Altes Testament</expan>
</choice>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">von <index indexName="persons-index">
<term>Michaelis, Johann David</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:251jt">Michaelis</persName></hi>.</rdg>
</app> Was über <app>
<lem><hi>einzelne</hi></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><hi>einzle</hi></rdg>
</app> Bücher noch dienlicher <pb edRef="#a" n="367"/> zu der hier gemeinten
Absicht ist, <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> hier nicht angegeben, sondern muß einer nähern Anweisung zur
theologischen Bücherkenntniß <app>
<lem>überlaßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">überlassen</rdg>
</app> werden. <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt"><choice>
<abbr>M. s.</abbr>
<expan>Man siehe</expan>
</choice> auch hier die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_62_12"/>Bibliothek für Prediger, 1ster und 4ter <choice>
<abbr>Th.</abbr>
<expan>Theil</expan>
</choice></rdg>
</app></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_1">
<label>Anweisung etc. §. 110 flgg. erwähnten Büchern</label>
<p>Vgl. I § 43.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_2">
<label>Rosenmüllerschen Scholia in N. T. (3te Auflage, Nürnberg 1788–90 in 5
Bänden</label>
<p>Hier sind Johann Georg Rosenmüllers (1736–1815) <hi>Scholia in Novum
Testamentum</hi> gemeint (vgl. I § 161 c), die in der ersten Auflage
der <hi>Anweisung</hi> angeführte zweite Auflage ist zwischen 1785 und
1788 erschienen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_3">
<label>Bezä</label>
<p>Nach seinem 1548 im Zuge einer persönlichen Krise erfolgten Übertritt zur
reformierten Kirche und der damit verbundenen Ausweisung aus Frankreich
war Theodor Beza (de Bèze) (1519–1605) zunächst als Griechischlehrer an
der Akademie in Lausanne tätig und avancierte in dieser Zeit zu einem
bedeutenden Mitstreiter Calvins. Nach Auseinandersetzungen mit dem
Berner Magistrat siedelte er 1558 nach Genf über und wurde für
Jahrzehnte eine der prägenden Gestalten der Stadt. Neben fünf kleineren
Ausgaben mit kurzen <hi>annotationes minores</hi> dogmatischen Inhalts
hat Beza zwischen 1557 und 1598 fünf Folioausgaben des Neuen Testaments
publiziert, denen umfangreiche, immer wieder überarbeitete
exegetisch-philologische <hi>annotationes maiores</hi> beigegeben waren.
Diese wurden als <hi>Annotationes maiores in Novum Dn. Nostri Iesu
Christi Testamentum</hi> (1594) auch separat gedruckt und zur
Grundlage der reformierten Dogmatik des 17. Jh.s.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_4">
<label>Grotii Annott. in N. T.</label>
<p>Vgl. I § 207 c.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_5">
<label>neue Testam. mit den Koppischen Anmerkungen</label>
<p>Das grammatisch-historisch ausgerichtete <hi>Novum Testamentum graecum
perpetua annotatione illustratum</hi> ist zwischen 1778 und 1821 in
insgesamt zehn Bänden erschienen. Der Göttinger Professor,
Universitätsprediger und Direktor des Predigerseminars (vgl. III § 31
[c]) Johann Benjamin Koppe (1750–1791), später als Generalsuperintendent
u.a. von Hoya-Diepholz und erster Hofprediger in Hannover im kirchlichen
Dienst, hat mit der Kommentierung des <hi>Corpus Paulinum</hi> begonnen,
nach seinem Tod wurde sein Hauptwerk, wie in der dritten Auflage der
<hi>Anweisung</hi> bemerkt, u.a. von Johann Heinrich Heinrichs
(1765–1850) und David Julius Pott (1760–1838) vollendet.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_6">
<label>Erasmi Paraphrasibus</label>
<p>Bei Erasmus von Rotterdams sich durch eine komplizierte
Publikationsgeschichte auszeichnenden <hi>Paraphrases</hi> (1517–1524)
handelt es sich um philologisch und erbaulich kommentierende
Nacherzählungen des Neuen Testaments mit Ausnahme der
Johannesapokalypse. Zu der von Johann Friedrich Sigismund Augustin
(1739–1818) besorgten dreibändigen Ausgabe der <hi>Paraphrasen</hi>
(1777–1780) hat Nösselt als Vorrede eine <hi>Historia Paraphraseon</hi>
beigesteuert (vgl. aaO III, III–XLIV). Augustin hatte zuvor unter
Nösselts Vorsitz <hi>De Catenis Patrum Graecorum in novum Testamentum
observationes</hi> (1762) verteidigt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_7">
<label>Franc. Vatabli Anmerkungen</label>
<p>Vgl. I § 161.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_8">
<label>Jo. Christ. Frid. Schulzii und Ge. Laur. Baueri Scholia in V. T.
(Norimb. 1783–91, bis jezt in 5 Bänden in gr. 8.)</label>
<p>Vgl. I § 161.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_9">
<label>Ern. Frid. Car. Rosenmülleri Scholia in V. T., wovon erst 2 Tomi,
Lips. 1788 und 90 herausgekommen sind</label>
<p>Vgl. I § 161 c.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_10">
<label>Dathischen lateinischen Uebersetzung und Anmerkungen über alle Bücher
des A. T. in 6 Bänden</label>
<p>Johann August Dathe (1731–1791), 1762 außerordentlicher, dann
ordentlicher Professor der morgenländischen Sprachen in Leipzig, ist
nicht nur als Bearbeiter der <hi>Philologia Sacra</hi> des Salomon Glaß
(vgl. I § 161), sondern auch durch seine sechsbändige lateinische
Übersetzung des Alten Testaments einschließlich
philologisch-historischer Anmerkungen bekannt. Es erschienen der
<hi>Pentateuchus ex recensione textus hebraici et versionum
antiquarum latine versus notisque philologicis et criticis
illustratus</hi> (1781), die <hi>Libri historici</hi> (1784),
<hi>Jobus, Proverbia Salomonis Ecclesiastes et Canticum
Canticorum</hi> (1789), die <hi>Psalmi</hi> (1787), die
<hi>Prophetae maiores</hi> (1779) und die <hi>Prophetae minores</hi>
(1773). Einige Teile wurden erneut aufgelegt.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_11">
<label>Michaelischen deutschen Uebersetzung und Anmerkungen zum A.
T.</label>
<p>Gemeint ist Johann David Michaelis' <hi>[D]eutsche Uebersetzung des Alten
Testaments, mit Anmerkungen für Ungelehrte</hi> (1769–1783). Bemerkt
sei, dass 1778 zudem auch eine Übersetzung des ersten Makkabäerbuchs
erschien und dass Michaelis ein vergleichbares Werk zum Neuen Testament
(1790–1792) folgen ließ.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_62_12">
<label>Bibliothek für Prediger, 1ster und 4ter Th.</label>
<p>Vgl. I § 43 c.</p></note>
</div>
</div>
<div type="section-group" id="section_2_63-77">
<div n="63" type="section" id="section_2_63">
<head><app>
<lem>63</lem>
<rdg wit="#a" type="v">350</rdg>
</app>.</head>
<p><app>
<lem>Wenn bey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Ist aber dagegen bei</rdg>
</app> den <app>
<lem>gemeiniglich sogenannten <index indexName="subjects-index">
<term>exegetisch</term>
</index><hi>exegetischen</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>biblisch-exegetischen</hi></rdg>
</app> Vorlesungen und weitläufigern <hi>Commentarien</hi> (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_61">61</ref></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_61">348</ref></rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_61">61.</ref></rdg>
</app>) die <app>
<lem>Absicht wäre</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Hauptabsicht</rdg>
</app>, die rechte Anwendung der <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>hermenevtisch</term>
</index>hermenevtischen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hermeneutischen</rdg>
</app> Grundsätze und Regeln zu <app>
<lem>zeigen;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zeigen:</rdg>
</app> so <app>
<lem>müßte</lem>
<rdg wit="#a" type="v">müßten</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">muß</rdg>
</app> diese deutlich genug gemacht werden, besonders durch Prüfung und <pb edRef="#b" n="82"/>
<index indexName="subjects-index">
<term>Gegeneinanderhaltung</term>
</index>Gegeneinanderhaltung <app>
<lem>verschiedner</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verschiedener</rdg>
</app> Erklärungen. Nützlich genug würde dieses, zumal für den seyn, der
sich nicht selbst zu helfen wüßte; aber doch sehr <app>
<lem>aufhalten,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">aufhalten</rdg>
</app> und bald ermüden; man könnte sich daher <app>
<lem>mit</lem>
<rdg wit="#a" type="v">an</rdg>
</app> Proben <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> einigen kürzern Büchern oder schwerern Stellen <app>
<lem>verschiedner</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verschiedener</rdg>
</app> Arten begnügen. – <app>
<lem>Wollte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Will</rdg>
</app> man aber, ohne doch die Untersuchung des Wortverstandes zu <app>
<lem>vernachläßigen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vernachlässigen</rdg>
</app>, zum rechten <index indexName="subjects-index">
<term>Gebrauch</term>
</index><hi>Gebrauch</hi> der heiligen Schrift Anweisung <app>
<lem>geben;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">geben:</rdg>
</app> so <app>
<lem>müßte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">muß</rdg>
</app> gezeigt werden, <app>
<lem>wie</lem>
<rdg wit="#a" type="v">was</rdg>
</app> die <index indexName="subjects-index">
<term>Beweise</term>
</index>Beweise für Grundsätze des Glaubens und Lebens ungezwungen aus der <app>
<lem>vorgetragnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vorgetragenen</rdg>
</app> Erklärung <app>
<lem>flössen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">folgten</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">fließen</rdg>
</app>, und diese <app>
<lem>müßten</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
<rdg wit="#c" type="v">müssen</rdg>
</app> mit andern klaren biblischen Lehren verglichen werden, um den Grund
zu einer wahrhaftig biblischen Theologie zu legen. Es <app>
<lem>könnten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">können</rdg>
</app> auch die in der heiligen Schrift entdeckten Sachen angewendet werden,
falsche Vorstellungen zu beurtheilen, <app>
<lem>wenn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sofern</rdg>
</app> sie in das <index indexName="subjects-index">
<term>Praktisches</term>
</index>Praktische einen Einfluß <app>
<lem>hätten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">haben</rdg>
</app>, oder herrschend, und dadurch verführerisch <app>
<lem>wä<pb edRef="#a" n="368"/>ren</lem>
<rdg wit="#c" type="v">werden</rdg>
</app>. Vornehmlich <app>
<lem>müßte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">muß</rdg>
</app>
<app>
<lem>man</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> an <pb edRef="#c" n="71"/>
<app>
<lem>Beyspielen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beispielen</rdg>
</app>
<app>
<lem>zeigen</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">gezeigt werden</rdg>
</app>, wie man die aus der Bibel geschöpften Kenntnisse recht praktisch,
und zur eigentlichen Erbauung für <hi>uns</hi>
<app>
<lem>anwendbar,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">anwendbar</rdg>
</app> zu machen <app>
<lem>hätte</lem>
<rdg wit="#c" type="v">habe</rdg>
</app>; und <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">darthun,</rdg>
</app> wie fruchtbar und lehrreich sowohl die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_63_1"/>historischen als die
Lehrbücher der heiligen Schrift sind, um, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem rechten Nachdenken darüber und <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> sorgfältiger <index indexName="subjects-index">
<term>Zusammenhaltung</term>
</index>Zusammenhaltung der biblischen Belehrungen <hi>mit unsern <index indexName="subjects-index">
<term>Bedürfnisse</term>
</index>Bedürfnissen</hi>, uns hinlänglich zur <index indexName="subjects-index">
<term>Gottseligkeit</term>
</index>Gottseligkeit zu unterrichten. <app>
<lem>Dies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Dieß</rdg>
</app> könnte zugleich eine recht gute Anweisung zu <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_63_2"/>analytischen Predigten
werden.</p>
<note place="end"><pb edRef="#b" n="83"/>
<app>
<lem>Bey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> Bei</rdg>
</app> einer andern Einrichtung sind solche weitläufige Erklärungen der
Bibel unnütz, und dienen mehr zur Zerstreuung und Befestigung in
hergebrachten Vorurtheilen. – Uebrigens gehören dergleichen Erläuterungen
der Bibel nicht eigentlich zur <app>
<lem>exegetischen</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>exegetischen</hi></rdg>
</app> Theologie, die nur Aufsuchung und Darstellung des Sinnes der heiligen
Schrift zur Absicht hat, sondern mehr zur Bildung des künftigen Lehrers <app>
<lem><hi>nach</hi></lem>
<rdg wit="#a" type="v">nach</rdg>
</app> der heiligen Schrift. <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl">{Gewiß aber würden solche Vorlesungen mehr als
die bloße Theorie der Hermeneutik nützen, wenigstens den Namen einer
praktischen <index indexName="subjects-index">
<term>Homiletik</term>
</index>Homiletik verdienen. Die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_63_3"/>Collegia biblica, welche die <index indexName="persons-index">
<term>Spener, Philipp Jakob</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2shbv">Spenersche</persName></hi> Schule stiftete und empfahl, hatten
diese Bestimmung; und mag auch dabei in manchen Stücken gefehlt
seyn, so bleibt die Idee doch vortrefflich. <hi rend="right-aligned"><choice>
<abbr>A. d. H.</abbr>
<expan>Anmerkung des Herausgebers</expan>
</choice><supplied>}</supplied></hi></rdg>
</app></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_63_1">
<label>historischen als die Lehrbücher der heiligen Schrift</label>
<p>Der Kanon des Alten und Neuen Testaments wird gemeinhin in drei Teile
untergliedert: Als <hi>historische Bücher</hi> werden im Alten Testament
die fünf Bücher Mose (Tora) sowie die Bücher von Josua bis Ester und im
Neuen Testament die Evangelien und die Apostelgeschichte bezeichnet, als
<hi>Lehrbücher</hi> werden im Alten Testament die Bücher von Hiob
bis zum Hohelied Salomos und im Neuen Testament sämtliche Briefe
angesprochen, und als <hi>prophetische Bücher</hi> gelten im Alten
Testament die Bücher von Jesaja bis Maleachi und im Neuen Testament die
Offenbarung des Johannes. Die alttestamentlichen Apokryphen (vgl. I §
163) lassen sich diesen drei Teilen zuordnen. Die fünf Bücher Mose
können jedoch auch gesondert als <hi>Gesetzesbücher</hi> zusammengefasst
werden, für die alttestamentlichen Lehrbücher findet sich auch die
Bezeichnung <hi>poetische Bücher</hi>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_63_2">
<label>analytischen Predigten</label>
<p>Vgl. III § 54.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_63_3">
<label>Collegia biblica, welche die Spenersche Schule stiftete</label>
<p>Der lutherische Theologe Philipp Jakob Spener (1635–1705) erwarb nach dem
Studium in Straßburg 1653 den Magistergrad und wurde nach Stellungen am
Straßburger Münster, in Frankfurt am Main und in Dresden 1691 Propst und
Konsistorialrat an St. Nikolai zu Berlin. Kurz darauf wirkte er an der
Gründung der Universität Halle mit. Durch sein Hauptwerk <hi>Pia
desideria</hi> (1675) gilt Spener als Gründungsfigur des
lutherischen Pietismus (vgl. II § 98), zu seinen wichtigsten Schülern
und Mitstreitern zählt August Hermann Niemeyers Urgroßvater August
Hermann Francke (1663–1727). Zu den Besonderheiten der von Spener
initiierten Frömmigkeitspraxis zählen die als <hi>collegia pietatis</hi>
bezeichneten Konventikel oder Hauskreise, die als Erbauungsversammlung
neben dem Gottesdienst erstmals 1670 abgehalten wurden und sich, wenn
auch nicht unter diesem Namen, auch in dem in den <hi>Pia desideria</hi>
grundgelegten Kirchenreformprogramm wiederfinden. Im Mittelpunkt stand
in gut reformatorischer Tradition die vertiefte Auseinandersetzung mit
der Heiligen Schrift. Daneben sollte auf akademischer Ebene in sog.
<hi>collegia biblica</hi> die urtextliche Exegese gefördert werden.
In diesen Zusammenhang gehören das 1686 von Francke und Paul Anton
(1661–1730) in Leipzig gegründete <hi>collegium philobiblicum</hi> sowie
die exegetisch-erbaulichen Kollegs eines Johann Kaspar Schade
(1666–1698). Nach der ersten persönlichen Begegnung mit Spener und
seinem Erweckungserlebnis hielt Francke ab 1689 in Leipzig mit großem
Erfolg <hi>collegia biblica</hi> in deutscher Sprache ab, an denen auch
Laien teilnahmen. Diese Kollegien sorgten jedoch bald für Unwillen und
wurden bereits kurz darauf wieder verboten.</p></note>
</div>
<div n="64" type="section" id="section_2_64">
<head><app>
<lem>64</lem>
<rdg wit="#a" type="v">351</rdg>
</app>.</head>
<p>Nach den bisher angegebenen Eigenschaften biblischer Vorlesungen und <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Erläuterungsschriften</term>
</index>Erläuterungsschriften kan</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Erläuterungsschriften, kann</rdg>
</app> man beurtheilen, ob und wie weit man sich einem solchen Führer
anvertrauen könne. Je mehr er sich zur eigentlichen Untersuchung des <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Verstand</term>
</index><hi>Verstandes</hi></lem>
<rdg wit="#a" type="v">Verstandes</rdg>
</app> hält, ohne sich <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem aufzuhalten, was keiner Erklärung bedarf, den Sinn nichts angeht,
und zu dessen <index indexName="subjects-index">
<term>Aufklärung</term>
</index>Aufklärung nichts thut; – je mehr <pb edRef="#a" n="369"/>
<pb edRef="#c" n="72"/> er sich des <app>
<lem>biblischen Sprachgebrauchs</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>biblischen Sprachgebrauchs</hi></rdg>
</app> kundig zeigt, und diesen, durch Hülfe genauer Kenntnisse der
Grundsprachen und des feinern <index indexName="subjects-index">
<term>Parallelismus</term>
</index>Parallelismus der <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel, deutlich zu machen, und ihn bestimmt anzugeben weiß; – je
mehr er sich, mit Hülfe wirklich <app>
<lem>historischer Kenntnisse</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>historischer Kenntnisse</hi></rdg>
</app>, in die wahre Lage derer hinein zu denken versteht, mit und von
welchen die heiligen Schriftsteller reden; – je mehr er <app>
<lem>selbst denkt</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>selbst denkt</hi></rdg>
</app> und untersucht – und nichts zurückläßt, um seinen Lesern oder
Zuhörern klare <index indexName="subjects-index">
<term>Begriffe</term>
</index>Begriffe von dem Verstande der Bibel, sonderlich <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Erklärung uneigentlicher und der heili<pb edRef="#b" n="84"/>gen
Schrift eigenthümlicher <app>
<lem>Ausdrücke,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Ausdrücke</rdg>
</app> zu geben; – je <app>
<lem>bescheidner</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bescheidener</rdg>
</app> er sich zeigt, <app>
<lem>vornemlich</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">vornehmlich</rdg>
</app> in Rücksicht auf den <app>
<lem>verschiednen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verschiedenen</rdg>
</app> Grad der <index indexName="subjects-index">
<term>Gewißheit</term>
</index>Gewißheit des Sinnes: desto <app>
<lem>sichrer kan</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">sicherer kann</rdg>
</app> man ihn, obgleich mit steter Prüfung der von ihm <app>
<lem>angegebnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">angegebenen</rdg>
</app> Gründe, so weit sie uns möglich ist, folgen. – Und alles dieses Gute,
die rechte <hi>Art</hi> der Schrifterklärung, ihm abzulernen, <app>
<lem>dies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dieß</rdg>
</app> muß eigentlich und weit mehr unser Bestreben seyn, als den
jedesmaligen Sinn der <app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzlen</rdg>
</app> Stellen zu <app>
<lem>lernen;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">lernen,</rdg>
</app> weil wir uns ohne dieses Ablernen nie selbst zu guten Auslegern
bilden.</p>
</div>
<div n="65" type="section" id="section_2_65">
<head><app>
<lem>65</lem>
<rdg wit="#a" type="v">352</rdg>
</app>.</head>
<p>Wenn man durch <app>
<lem>Hören</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>Hören</hi></rdg>
</app> oder <app>
<lem>Lesen guter <index indexName="subjects-index">
<term>Ausleger</term>
</index>Ausleger</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>Lesen guter Ausleger</hi></rdg>
</app> so weit gekommen ist, daß man theils die heilige Schrift, und deren
Sprachgebrauch sowohl, als die nöthigsten historischen Kenntnisse zur
Einsicht ihres Sinnes, überhaupt versteht, <pb edRef="#a" n="703[!]"/>
theils solchen Auslegern die rechte <app>
<lem>Art</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Art,</rdg>
</app> sie zu erklären, abgelernt hat: so schreite man zur <app>
<lem><hi>eignen</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>eigenen</hi></rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Uebung</term>
</index>Uebung fort, um sich selbst zur Entdeckung oder Anwendung des <index indexName="subjects-index">
<term>Sinn</term>
</index>Sinnes der Bibel zu gewöhnen. Man <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> diese <pb edRef="#c" n="73"/> Uebungen <app>
<lem>vor</lem>
<rdg wit="#c" type="v">für</rdg>
</app> sich allein, oder, wenn man es haben <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, in Gesellschaft mit <app>
<lem>andern,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andern</rdg>
</app> vornehmen. Letzteres ist sehr zu rathen, – weil es zum anhaltenden
Fleiß und <app>
<lem>Wetteiferung</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">zum Wetteifer</rdg>
</app> ermuntert – weil man durch <app>
<lem>andrer</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">die Ansichten Anderer, ihre</rdg>
</app> Erinnerungen und <app>
<lem>Beyspiele</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beispiele</rdg>
</app> mehr von der Einbildung, etwas zu <app>
<lem>verstehen</lem>
<rdg type="v" wit="#a">verstehn</rdg>
</app>, was man nicht versteht, von Uebereilungen, seichten und
ungegründeten Erklärungen und andern <app>
<lem>Fehlern,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Fehlern</rdg>
</app> zurückgebracht <pb edRef="#b" n="85"/> wird – und weil Andere uns auf
Manches, den Sinn und dessen Bestätigung betreffend, helfen, woran wir nicht
gedacht hatten. Am sichersten und nützlichsten wird man es unter Aufsicht
eines guten Auslegers thun, der <index indexName="subjects-index">
<term>Abschweifungen</term>
</index>Abschweifungen von dem Zweck dieser Uebungen, und <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> diese Absicht zerstörende oder verhindernde <app>
<lem>Vorfälle,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Vorfälle</rdg>
</app> verhüten, uns auf Vieles aufmerksam machen, auch Manches noch
gelegentlich mittheilen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>.</p>
</div>
<div n="66" type="section" id="section_2_66">
<head><app>
<lem>66</lem>
<rdg wit="#a" type="v">353</rdg>
</app>.</head>
<p>Studiert man die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel, um immer mehr ihren wahren <index indexName="subjects-index">
<term>Verstand</term>
</index><hi>Verstand</hi> zu entdecken: so ist 1) vor allen Dingen nöthig,
mit <hi>dem</hi> Schriftsteller recht vertraut zu werden, dessen Schrift man
erklären will, und man thut daher sehr wohl, ehe man sich auf eine nähere
Untersuchung des <index indexName="subjects-index">
<term>Sinn</term>
</index>Sinnes eines Buchs einläßt, dieses hinter einan<pb edRef="#a" n="371"/>der durchzulesen, so ununterbrochen als man <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, und ohne sich mit <app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzlen</rdg>
</app> schweren Stellen oder Ausdrücken aufzuhalten, die man fürs Künftige
anzeichnen mag; damit uns die ganze Absicht, der ganze Ton des Buchs, und
die dem <app>
<lem>Schriftsteller</lem>
<rdg type="typo-correction" wit="#a"><choice>
<sic>Schriftstller</sic>
<corr type="editorial">Schriftsteller</corr>
</choice></rdg>
</app>
<app>
<lem>eigne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigene</rdg>
</app> Art des Ausdrucks, geläufig werde, und aus frischer <app>
<lem>Lectüre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Lektüre</rdg>
</app> recht gegenwärtig bleibe. Aus dem, was man darüber ehedem mit
Aufmerksamkeit gehört oder gelesen hat, wird man schon so viel behalten
haben, daß uns das, was <pb edRef="#c" n="74"/> zur allgemeinern Einsicht
des Verstandes nothwendig ist, schwerlich entgehen wird. 2) Man zeichne sich <app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app> gleich <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> jeder Stelle <app>
<lem>die Stel<pb edRef="#b" n="86"/>len</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> (etwa am Rande seines Exemplars) <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">die Stellen</rdg>
</app> an, die, in Gedanken oder Worten, jener ähnlich sind. 3) Wenn man <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Lesen, wenigstens der eigentlich zusammenhängenden Bücher, wie
die Briefe des neuen Testamentes sind, gefunden hat, was zusammen zu Einem
<index indexName="subjects-index">
<term>Hauptgedanke</term>
</index>Hauptgedanken gehört: so mache man sich einen kurzen Entwurf der
<index indexName="subjects-index">
<term>Haupttheile</term>
</index>Haupttheile des ganzen Buchs, um das Ganze hernach besser übersehen,
und <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Erklärungen <app>
<lem>einzelner</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzler</rdg>
</app> Stellen wissen zu können, wohin sie gehören, und nach welcher Absicht
man sie erklären müsse.</p>
<note n="1" place="end"><app>
<lem><choice>
<abbr>Anm.</abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#a #c" type="v"><hi>Anm.</hi></rdg>
</app> 1. Diese <app>
<lem>gefundenen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">gefundene</rdg>
</app> Haupttheile <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app> sich hernach leicht wieder abtheilen, wenn man zu diesen besondern
Theilen kommt. Die Abtheilung derselben bis auf <app>
<lem>einzelne</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzle</rdg>
</app> Sätze, oder gar Worte, ist, schwere oder verwickelte Stellen
ausgenommen, ganz unnütz, und das ins Kleine gehende Zerstückeln hindert,
den ganzen Ge<pb edRef="#a" n="372"/>danken deutlich aufzufassen, und das
Ganze eines Buchs recht vor Augen zu behalten.</note>
<note n="2" place="end"><app>
<lem><choice>
<abbr>Anm.</abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#a #c" type="v"><hi>Anm.</hi></rdg>
</app> 2. <app>
<lem>Freylich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Freilich</rdg>
</app> muß man vom Leichtern zum Schwerern schreiten, und deswegen scheint
es zuträglicher, mit <app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzlen</rdg>
</app> Stellen anzufangen, <app>
<lem>alsdann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alsdenn</rdg>
</app> zu ganzen Abschnitten und so zu ganzen Büchern <app>
<lem>fortzugehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">fortzugehen</rdg>
</app>. Dieses thut man auch <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem ersten allgemeinern Durchlesen eines Buchs. Aber <app>
<lem>näher</lem>
<rdg wit="#c" type="v">um</rdg>
</app>
<app>
<lem>einzelne</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzle</rdg>
</app> Stellen recht <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">sicher</rdg>
</app> zu <app>
<lem>verstehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verstehen</rdg>
</app>, muß man sie doch im Zusammenhang mit ihrem Abschnitt, und diesen im
Zusammenhange mit dem ganzen Buch ansehen. – Eben so könnte <pb edRef="#b" n="87"/> es rathsamer scheinen, leichter <app>
<lem>geschriebne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">geschriebene</rdg>
</app> Bücher eher als schwerere, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_66_1"/>historische <choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice> eher als Lehrbücher, zu lesen. Aber <app>
<lem>erstre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">erstere</rdg>
</app> geben auch dem eignen Fleiß weniger Beschäftigung und Uebung; sie
bekommen ihr Licht mehr durch nach und nach gemachte Entdeckungen
erläuternder Umstände, als durch fleißiges Betrachten des Buchs <pb edRef="#c" n="75"/> selbst; Lehrbücher hingegen werden durch ihren
Zusammenhang und Theile deutlicher, sind also zur Uebung im Auslegen
vortheilhafter.</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_66_1">
<label>historische z. B. eher als Lehrbücher</label>
<p>Vgl. II § 63.</p></note>
</div>
<div n="67" type="section" id="section_2_67">
<head><app>
<lem>67</lem>
<rdg wit="#a" type="v">354</rdg>
</app>.</head>
<p>Kommt <app>
<lem>man</lem>
<rdg type="v" wit="#a">man,</rdg>
</app> nach allgemeiner <index indexName="subjects-index">
<term>Durchlesung</term>
</index>Durchlesung eines biblischen <app>
<lem>Buchs,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Buchs</rdg>
</app> 4) auf <app>
<lem>einzelne</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzle</rdg>
</app>
<app>
<lem>Stellen:</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Stellen,</rdg>
</app> so suche man sich ja vornehmlich zu überzeugen, ob man wirklich die
Stelle <index indexName="subjects-index">
<term>verstehen</term>
</index><hi>verstehe</hi>? <app>
<lem>Denn</lem>
<rdg wit="#a" type="v">denn</rdg>
</app>
<app>
<lem>dies</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dieß</rdg>
</app> bildet man sich gar zu leicht ein, – wenn man einen Ausdruck, oft
bloß nach der Etymologie, eine Redensart nach ihren <app>
<lem>einzelnen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">einzlen</rdg>
</app> Wörtern, <index indexName="subjects-index">
<term>übersetzen</term>
</index><hi>übersetzen</hi>
<app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, – wenn uns gewisse <hi>Wörter</hi> und <hi>Formeln</hi> sonst
geläufig sind; <pb edRef="#a" n="373"/>
<app>
<lem>– oder</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">oder –</rdg>
</app> wenn ein aufgefaßter Sinn <hi>möglich</hi> und denkbar scheint, und
man nicht weiß, daß und was für <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> Bedeutungen eben derselbe Ausdruck <app>
<lem>hat,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">hat.</rdg>
</app> – oder wenn man den <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Sprachgebrauch</term>
</index>Sprachgebrauch eines Schriftstellers nicht genau kennt.</p>
<note place="end"><app>
<lem>Beyspiele</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> Beispiele</rdg>
</app>
<app>
<lem>sind</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> vom ersten <app>
<lem>Fall: <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Phil:2:12">Phil. 2, <app>
<lem>12</lem>
<rdg type="v" wit="#c">12.</rdg>
</app></citedRange></bibl></lem>
<rdg wit="#a" type="pp">Fall sind:</rdg>
</app>
<foreign lang="grc">μετὰ φόβου</foreign>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_67_1"/><foreign lang="grc">κ. τρόμου</foreign>
<app>
<lem><foreign lang="grc">τὴν ἑαυτῶν σωτηρίαν κατεργάζεσθε</foreign>, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice> nicht: schaffet <hi>eure</hi> Seligkeit <hi>mit Furcht und
Zittern</hi>, sondern: „arbeitet an <hi>Andrer</hi> Wohl, doch
mit <hi>Be</hi><pb edRef="#b" n="88"/><hi>scheidenheit</hi> (ohne
euch über sie zu erheben);“ wo auch <foreign lang="grc">ἑαυτῶν</foreign> statt <foreign lang="grc">ἀλλήλων</foreign>
steht;</lem>
<rdg wit="#a" type="pp"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Phil:2:12">Phil. 2, 12.</citedRange></bibl></rdg>
</app>
<choice>
<abbr>vergl.</abbr>
<expan>vergleiche</expan>
<expan>verglichen</expan>
</choice> mit <app>
<lem><choice>
<abbr>v.</abbr>
<expan>Vers</expan>
</choice>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Phil:2:3 Phil:2:4 Phil:2:13 Phil:2:14">3. 4. 13.
14.</citedRange></bibl></lem>
<rdg wit="#a" type="ppl"><choice>
<abbr>V.</abbr>
<expan>Vers</expan>
</choice>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Phil:2:3 Phil:2:4">3.
4.</citedRange></bibl> und <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Phil:2:14">14</citedRange></bibl>;
desgleichen die Redensart <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:21:19">Luc. 21, 19.</citedRange></bibl>
die gewiß nichts anders heißt, als: <hi>rettet oder erhaltet euch
durch Standhaftigkeit</hi>, <choice>
<abbr>vergl.</abbr>
<expan>vergleiche</expan>
<expan>verglichen</expan>
</choice> mit <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Phil:2:19"><choice>
<abbr>V.</abbr>
<expan>Vers</expan>
</choice> 19.</citedRange></bibl> und dem vorhergehenden
Zusammenhang, auch <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:10:22">Matth. 10, 22.</citedRange></bibl> und, der
Sprache nach, mit <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:10:39">Matth. 10, 39.</citedRange></bibl> und <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Thess:4:4">1 Thess. 4,
4.</citedRange></bibl></rdg>
<rdg wit="#c" type="pp"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Phil:2:3 Phil:2:4 Phil:2:13 Phil:2:14"><choice>
<abbr>V.</abbr>
<expan>Vers</expan>
</choice> 3, 4, 13, 14.</citedRange></bibl>;</rdg>
</app> – vom <app>
<lem>zweyten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zweiten</rdg>
</app> Fall, der Ausdruck <foreign lang="grc">ὑιοὶ τοῦ Θεοῦ</foreign>,
der ganz anders <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Joh:5:1">1
Joh. 5, 1.</citedRange></bibl> und <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Phlm:10">Philem. 10</citedRange></bibl>, als <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:5:45">Matth. 5,
45.</citedRange></bibl> und als <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Joh:3:2">1 Joh. 3, 2.</citedRange></bibl> steht,
aus welchen <app>
<lem>mit einander verglichenen</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> Stellen sich der allgemeine Sinn leicht abziehen <app>
<lem>läßt,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">läßt</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">läßt;</rdg>
</app> – vom dritten Fall, <foreign lang="grc">σταυρὸς τοῦ
Χριστοῦ</foreign>, ganz anders <app>
<lem>(von <app>
<lem>Bedruckungen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Bedrückungen</rdg>
</app>)</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Gal:5:11">Gal. 5,
11.</citedRange></bibl>
<choice>
<abbr>vergl.</abbr>
<expan>vergleiche</expan>
<expan>verglichen</expan>
</choice> mit <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Gal:6:12"><choice>
<abbr>Kap.</abbr>
<expan>Kapitel</expan>
</choice> 6, <app>
<lem>12,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">12.</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">12.,</rdg>
</app></citedRange></bibl> als <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:1:17"><app>
<lem><choice>
<sic>1,</sic>
<corr type="editorial">1</corr>
</choice></lem>
<rdg wit="#a #c" type="typo-correction">1</rdg>
</app> Kor. 1, <app>
<lem>17</lem>
<rdg wit="#c" type="v">17.</rdg>
</app></citedRange></bibl> und <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:1:18"><app>
<lem>18.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">18.;</rdg>
</app></citedRange></bibl> – vom vierten, das so mißverstandne
<foreign lang="grc">ἁμαρτίαν</foreign>
<app>
<lem><foreign lang="grc">οὐ</foreign></lem>
<rdg wit="#c" type="v">οῦ</rdg>
</app>
<foreign lang="grc">ποιεῖν</foreign>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Joh:3:9">1 Joh. 3,
9.</citedRange></bibl>
<hi>sich</hi>
<app>
<lem><hi>für</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>vor</hi></rdg>
</app>
<hi>Sünden zu hüten suchen</hi>, nach <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_67_2"/>Johannis eigner Erklärung <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Joh:5:18"><choice>
<abbr>Kap.</abbr>
<expan>Kapitel</expan>
</choice> 5, 18.</citedRange></bibl></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_67_1">
<label><foreign lang="grc">κ.</foreign></label>
<p>Phil 2,12 liest <foreign lang="grc">καὶ</foreign> (vgl. II §
152).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_67_2">
<label>Johannis eigner Erklärung Kap. 5, 18</label>
<p>Gemeint ist wohl Joh 5,19.</p></note>
</div>
<div n="68" type="section" id="section_2_68">
<head><pb edRef="#c" n="76"/>
<app>
<lem>68</lem>
<rdg wit="#a" type="v">355</rdg>
</app>.</head>
<p>Um zu <app>
<lem>verhüten</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verhüten,</rdg>
</app> daß uns diese so schädliche falsche Einbildung nicht, ohne daß wir es
selbst denken, verführe, muß man sich immer fragen: <hi>erstlich</hi>, <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> ich etwas <app>
<lem>deutlicheres</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Deutlichers</rdg>
<rdg wit="#c" type="v">Deutlicheres</rdg>
</app>, es <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app> durch Uebersetzung, oder Paraphrase, oder Beschreibung, an dessen
Stelle setzen? <app>
<lem>Kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Kann</rdg>
</app> ich dieses nicht, so <index indexName="subjects-index">
<term>verstehen</term>
</index>verstehe ich es gewiß nicht: <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> ich es <pb edRef="#a" n="374"/> aber, so folgt noch nicht, daß ich es
verstehe; ich <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> wenigstens nicht gewiß <app>
<lem>seyn,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">seyn</rdg>
</app> daß ich den Sinn getroffen habe; weil Mancher viel <hi>über</hi> eine
Sache sagen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, was gar <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">nicht</rdg>
</app>
<hi>zur</hi> Sache <app>
<lem>nicht</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app>
<app>
<lem>gehört;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">gehört,</rdg>
</app> weil es höchstens beweiset, daß jemand etwas <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> einem Ausdruck <hi>denkt</hi>, ohne daß er <hi>das</hi>
<app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app> denkt, was der Schriftsteller damit sagen wollte; und weil ich den
<index indexName="subjects-index">
<term>Sinn</term>
</index>Sinn <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>
<hi>errathen</hi> haben, ohne daß ich ihn mir oder Andern begreiflich machen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>. Ich muß also <hi>hernach</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Grund</term>
</index>Grund angeben können, <hi>warum</hi> ich es so verste<pb edRef="#b" n="89"/>hen müsse, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice> zeigen, es schicke sich kein <app>
<lem>andrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">anderer</rdg>
</app> Sinn, oder doch keiner besser <app>
<lem>hieher</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hierher</rdg>
</app>, als der, den ich <app>
<lem>annehme,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">annehme;</rdg>
</app> und diesen muß ich zugleich schlechterdings aus der <index indexName="subjects-index">
<term>Sprache</term>
</index>Sprache rechtfertigen können. Denn ein Sinn <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> zwar schicklich, aber nach der Sprache unmöglich, also gewiß nicht
der seyn, den der Schriftsteller <app>
<lem>ausdrucken</lem>
<rdg wit="#a" type="v">ausdrücken</rdg>
</app> wollte; auch wird der Sinn weit gewisser, wenn er die Sprache vor
sich hat, <app>
<lem><ref type="note" target="#noe_2_2_68_note1">†)</ref></lem>
<rdg type="varying-target" wit="#a"><ref type="note" target="#noe_2_2_68_note1_a">†)</ref></rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref type="note" target="#noe_2_2_68_note1"><hi rend="superscript">1</hi>)</ref></rdg>
</app> bleibt hingegen immer etwas zweifelhaft, wenn er nach der Sprache
unbegreiflich <app>
<lem>ist <app>
<lem><ref type="note" target="#noe_2_2_68_note2">††)</ref></lem>
<rdg type="varying-target" wit="#a"><ref type="note" target="#noe_2_2_68_note1_a">††)</ref></rdg>
</app>. Nicht</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">ist; <ref type="note" target="#noe_2_2_68_note2"><hi rend="superscript">2</hi>)</ref> nicht</rdg>
</app> zu gedenken, daß eine solche Aufklärung aus der Sprache noch den
Vortheil gewährt, daß dadurch zugleich <app>
<lem>ähnliche dunkle</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">unschickliche</rdg>
</app> Ausdrücke aufgeklärt werden <app>
<lem>können <app>
<lem><ref type="note" target="#noe_2_2_68_note3">†††)</ref>.</lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref type="note" target="#noe_2_2_68_note1_a">†††)</ref><supplied>.</supplied></rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">können. <ref type="note" target="#noe_2_2_68_note3_c"><hi rend="superscript">3</hi>)</ref></rdg>
</app></p>
<app type="structural-variance">
<lem><note n="1" id="noe_2_2_68_note1" place="end"><seg id="var_2_68_a_note1_1"><app>
<lem><app>
<lem><choice>
<abbr>Anm.</abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></lem>
<rdg type="v" wit="#a"><hi>Anm.</hi></rdg>
</app> †)</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><hi>Anm.</hi> 1.</rdg>
</app> So sehe ich zwar, daß <foreign lang="grc">ἐκένωσε</foreign>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Phil:2:7">Phil.
2, 7.</citedRange></bibl> durch <foreign lang="grc">ἐταπείνωσε</foreign>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Phil:2:8"><choice>
<abbr>V.</abbr>
<expan>Vers</expan>
</choice> 8.</citedRange></bibl> erklärt wird, und daß
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_68_1"/><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Gal:4:13 Gal:4:3">Gal. 4, <app>
<lem>13.</lem>
<rdg wit="#a" type="v">3.</rdg>
</app></citedRange></bibl> die <foreign lang="grc">στοιχεῖα τοῦ</foreign>
<app>
<lem><foreign lang="grc">Κόσμου</foreign></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><foreign lang="grc">κόσμου</foreign></rdg>
</app> das Judenthum oder das <index indexName="persons-index">
<term>Mose</term>
</index><persName ref="textgrid:2z6t7">mosaische</persName>
Gesetz seyn müssen, <choice>
<abbr>vergl.</abbr>
<expan>vergleiche</expan>
<expan>verglichen</expan>
</choice>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Gal:4:9"><choice>
<abbr>V.</abbr>
<expan>Vers</expan>
</choice> 9.</citedRange></bibl> mit <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Hebr:9:9">Ebr. 9,
9</citedRange></bibl>. Aber <pb edRef="#c" n="77"/> nun
muß ich noch jenes aus der Sprache rechtfertigen, in<pb edRef="#a" n="375"/>dem die Ebräer <app>
<lem>leer</lem>
<rdg type="v" wit="#a"><hi>leer</hi></rdg>
</app> (<foreign lang="grc">κενὸν</foreign>) statt
<hi>arm</hi> setzen, <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:1:53">Luc. 1, 53.</citedRange></bibl>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Ri:11:3">Richt.
11, <app>
<lem>3;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">3.</rdg>
</app></citedRange></bibl> und dieses <foreign lang="grc">στοιχεῖα</foreign> eben so, <app>
<lem>daß</lem>
<rdg wit="#c" type="v">indem</rdg>
</app> ich klar mache, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_68_2"/><foreign lang="grc">στοιχ.</foreign> bedeute Bilder, und <app>
<lem><foreign lang="grc">Κόσμος</foreign> sey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><foreign lang="grc">κόσμος</foreign> sei</rdg>
</app> Gegensatz gegen das Christenthum, <choice>
<abbr>vergl.</abbr>
<expan>vergleiche</expan>
<expan>verglichen</expan>
</choice>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Kol:2:20"><app>
<lem>K.</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Kol.</rdg>
</app> 2, 20</citedRange></bibl>. So sollte man auch
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:1:18">1
Kor. 1, 18.</citedRange></bibl>
<foreign lang="grc">σωζομένους</foreign> von Christen und
<foreign lang="grc">ἀπολλυμένους</foreign> von
Ungläubigen verstehen, weil jene <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:1:21"><choice>
<abbr>V.</abbr>
<expan>Vers</expan>
</choice> 21.</citedRange></bibl>
<foreign lang="grc">πιστεύοντες</foreign>
<app>
<lem>heissen</lem>
<rdg type="v" wit="#c">heißen</rdg>
</app>; aber man müßte auch <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_68_3"/><foreign lang="grc">σωζ.</foreign>
als das consequens pro antecedente aus <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Jes:10:21 Jes:10:22">Jes. 10, 21.
22.</citedRange></bibl> erläutern, wo <app>
<lem><foreign lang="grc">σώζεσθαι</foreign></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><foreign lang="grc">σωζεσθαι</foreign></rdg>
</app>, <foreign lang="grc">ἀναστρέφειν</foreign> und
<foreign lang="grc">πεποιθέναι ἐπὶ τὸν Θεὸν</foreign> für <app>
<lem>einerley</lem>
<rdg wit="#c" type="v">einerlei</rdg>
</app> gebraucht <app>
<lem>werden;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">wird,</rdg>
</app> und <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_68_4"/><foreign lang="grc">ἀπολλ.</foreign> daraus, daß es
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="2Kor:4:3">2
Kor. 4, 3.</citedRange></bibl> mit <foreign lang="grc">ἀπίστοις</foreign>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="2Kor:4:4"><choice>
<abbr>V.</abbr>
<expan>Vers</expan>
</choice> 4.</citedRange></bibl> vertauscht wird, und
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:8:11">1
Kor. 8, 11.</citedRange></bibl> jeden bedeutet, der ohne
Gewissen handelt.</seg></note>
<note n="2" id="noe_2_2_68_note2" place="end"><pb edRef="#b" n="90"/><milestone unit="no-p" edRef="#a" type="structure"/><seg id="var_2_68_a_note1_2"><app>
<lem>††)</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> 2.</rdg>
</app> So <foreign lang="grc">δυνάμεις τοῦ μέλλοντος
αἰώνος</foreign>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_68_5"/><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Hebr:6:6 Hebr:6:5">Ebr. 6, <app>
<lem>6.</lem>
<rdg type="v" wit="#a">5.</rdg>
</app></citedRange></bibl> man verstehe <app>
<lem>es</lem>
<rdg wit="#c" type="v">es,</rdg>
</app> wie man wolle. Sollte es nicht die christlichen Lehren
bedeuten, und mit dem <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_68_6"/><foreign lang="grc">καλ. τοῦ
Θεοῦ</foreign>
<app>
<lem><foreign lang="grc">ῥήματι</foreign></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><foreign lang="grc">ῥῆματι</foreign></rdg>
</app>, vielleicht auch mit der <app>
<lem><foreign lang="grc">δωρεᾷ</foreign></lem>
<rdg wit="#a #c" type="v"><foreign lang="grc">δωρεᾶ</foreign></rdg>
</app>
<foreign lang="grc">ἐπουρανίῳ</foreign> und dem <foreign lang="grc">πνεύματι ἁγίῳ</foreign>
<app>
<lem>einerley</lem>
<rdg wit="#c" type="v">einerlei</rdg>
</app> seyn? <app>
<lem>in sofern</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">insofern</rdg>
</app>
<foreign lang="grc">αἰὼν ὁ μέλλων</foreign>, nach <app>
<lem>jüdischen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">jüdischem</rdg>
</app> Sprachgebrauch, das Christenthum <app>
<lem>ist,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">ist</rdg>
</app> (<choice>
<abbr>vergl.</abbr>
<expan>vergleiche</expan>
<expan>verglichen</expan>
</choice>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">bei</rdg>
</app>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Hebr:2:5"><choice>
<abbr>Kap.</abbr>
<expan>Kapitel</expan>
</choice> 2, 5.</citedRange></bibl>
<app>
<lem>und da</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> die Ausleger) und <foreign lang="grc">δύναμις</foreign> wie <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Röm:1:16">Röm. 1,
16.</citedRange></bibl> eine kräftige Lehre <app>
<lem>heissen kan</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">heißen kann</rdg>
</app>.</seg></note>
<app type="structural-variance">
<lem><note n="3" id="noe_2_2_68_note3" place="end"><milestone unit="no-p" edRef="#a" type="structure"/><seg id="var_2_68_a_note1_3_1"><app>
<lem>†††)</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> 3.</rdg>
</app> So werde ich, wenn ich <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Kol:3:5">Kol. 3, 5.</citedRange></bibl>
<foreign lang="grc">τὰ μέλη</foreign>, nach <index indexName="persons-index">
<term>Paulus</term>
</index><persName ref="textgrid:251kf">Pauli</persName>
eigner Erklärung, von sinnlichen Neigungen verstehe, und
es aus dem jüdischen Sprachgebrauch <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:5:29 Mt:5:30">Matth. 5, 29.
30.</citedRange></bibl> aufkläre, <app>
<lem>alsdann</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alsdenn</rdg>
</app> auch das <foreign lang="grc">σῶμα</foreign>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_68_7"/><foreign lang="grc">τ.</foreign>
<app>
<lem><foreign lang="grc">ἁμαρτίας</foreign></lem>
<rdg type="typo-correction" wit="#c"><choice>
<sic><foreign lang="grc">ἀμαρτίας</foreign></sic>
<corr type="editorial"><foreign lang="grc">ἁμαρτίας</foreign></corr>
</choice></rdg>
</app>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Röm:6:6">Röm. 6, 6.</citedRange></bibl> und das <foreign lang="grc">θνητὸν σῶμα</foreign>
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Röm:6:12"><choice>
<abbr>V.</abbr>
<expan>Vers</expan>
</choice> 12.</citedRange></bibl> daselbst oder
<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Röm:8:11"><choice>
<abbr>Kap.</abbr>
<expan>Kapitel</expan>
</choice> 8, 11.</citedRange></bibl> nicht von dem
<hi>Leibe</hi>, sondern von sinnlichen <app>
<lem><choice>
<sic>Neiguugen</sic>
<corr type="editorial">Neigungen</corr>
</choice></lem>
<rdg type="typo-correction" wit="#a #c">Neigungen</rdg>
</app>
<app>
<lem>verstehn</lem>
<rdg wit="#c" type="v">verstehen</rdg>
</app>, die uns ins Verderben (<foreign lang="grc">θάνατον</foreign>) stürzen.</seg>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl"><milestone unit="p" type="structure" edRef="#c"/><seg id="var_2_68_a_note1_3_2">{Ich lasse die
Beispiele des Verfassers unverändert, wiewohl mich
die Erklärung nicht überall überzeugt
hat.}</seg></rdg>
</app></note></lem>
<rdg type="varying-structure" wit="#c"><note place="end" id="noe_2_2_68_note3_c">
<p copyOf="#var_2_68_a_note1_3_1"/>
<p copyOf="#var_2_68_a_note1_3_2"/>
</note></rdg>
</app></lem>
<rdg type="varying-structure" wit="#a"><note place="end" id="noe_2_2_68_note1_a"><join scope="branches" target="#var_2_68_a_note1_1 #var_2_68_a_note1_2 #var_2_68_a_note1_3_1"/>
</note></rdg>
</app>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_68_1">
<label>Gal. 4, 13</label>
<p>Gemeint ist Gal 4,3 (vgl. die erste Auflage der <hi>Anweisung</hi>).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_68_2">
<label><foreign lang="grc">στοιχ.</foreign></label>
<p>D.i. erneut <foreign lang="grc">στοιχεῖα</foreign>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_68_3">
<label><foreign lang="grc">σωζ.</foreign></label>
<p>Wie kurz zuvor ist der Akkusativ <foreign lang="grc">σωζομένους</foreign> zu lesen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_68_4">
<label><foreign lang="grc">ἀπολλ.</foreign></label>
<p>Wie kurz zuvor ist der Akkusativ <foreign lang="grc">ἀπολλυμένους</foreign> zu lesen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_68_5">
<label>Ebr. 6, 6</label>
<p>Gemeint ist Hebr 6,5 (vgl. die erste Auflage der <hi>Anweisung</hi>).</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_68_6">
<label><foreign lang="grc">καλ.</foreign></label>
<p>Mit Hebr 6,5 (s.o.) und hier im Dativ ist <foreign lang="grc">καλῷ</foreign> zu lesen.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_68_7">
<label><foreign lang="grc">τ.</foreign></label>
<p>Röm 6,6 liest <foreign lang="grc">τῆς</foreign>.</p></note>
</div>
<div n="69" type="section" id="section_2_69">
<head><app>
<lem>69</lem>
<rdg wit="#a" type="v">356</rdg>
</app>.</head>
<p><app>
<lem>Hiedurch kan</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Hierdurch kann</rdg>
</app> man sich sehr deutlich von der Nichtigkeit mancher <app>
<lem>allgemeinen sehr scheinbaren</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">nicht sorgfältig genug zu vermeidenden</rdg>
</app> Vorur<pb edRef="#c" n="78"/>theile überzeugen, <app>
<lem>für die man nicht <pb edRef="#a" n="376"/> genug warnen kan, und
wogegen sich</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">vor welchen besonders</rdg>
</app> 5) der angehende Ausleger der heiligen Schrift <app>
<lem>gleich <app>
<lem>Anfangs</lem>
<rdg wit="#a" type="v">anfangs</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">sich</rdg>
</app> wohl verwahren muß. Es ist <hi>erstlich</hi> ein sehr thörichter
Wahn, daß man die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel ohne alle <index indexName="subjects-index">
<term>Gelehrsamkeit</term>
</index>Gelehrsamkeit verstehen, und ihren Sinn gleichsam aus ihr selbst
entziffern <app>
<lem>könne <ref type="note" target="#noe_2_2_69_note1">†)</ref>.</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">könne. <ref type="note" target="#noe_2_2_69_note1">*)</ref></rdg>
</app> Legt man <app>
<lem>dabey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dabei</rdg>
</app> nicht einmal den <index indexName="subjects-index">
<term>Grundtext</term>
</index>Grundtext, sondern eine <app>
<lem>bloße</lem>
<rdg wit="#a" type="v">blosse</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Uebersetzung</term>
</index>Uebersetzung, zum Grunde: so ist <app>
<lem>vor</lem>
<rdg wit="#c" type="v">für</rdg>
</app> sich klar, wie ungegründet diese Hoffnung <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>, weil ja in der Uebersetzung der Sinn verfehlt seyn <pb edRef="#b" n="91"/>
<app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>; oder in ihr Ausdrücke vorkommen können, die <app>
<lem>zweydeutig</lem>
<rdg wit="#c" type="v">zweideutig</rdg>
</app> sind, und zu falschen <index indexName="subjects-index">
<term>Nebenbegriffe</term>
</index>Nebenbegriffen verführen, welche im Original nicht liegen; <app>
<lem>manches</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Manches</rdg>
</app> sich auch in einer <app>
<lem>bloßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">blossen</rdg>
</app> Uebersetzung gar nicht <app>
<lem>ausdrucken</lem>
<rdg wit="#a" type="v">ausdrücken</rdg>
</app> läßt; und alle Dunkelheit des Originals, die nicht bloß in den <index indexName="subjects-index">
<term>Idiotismen</term>
</index>Idiotismen der Grundsprachen liegt, (als welche <app>
<lem>freylich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">freilich</rdg>
</app> manchmal durch eine <app>
<lem>freye</lem>
<rdg wit="#c" type="v">freie</rdg>
</app> Uebersetzung <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> gehoben <app>
<lem>werden,)</lem>
<rdg wit="#c" type="v">werden),</rdg>
</app> mit in die Uebersetzung übergeht. Hält man sich aber, wie billig, an
den Grundtext: so ists ja eben so unmöglich, diesen in fremden und
ausgestorbenen Sprachen aufgesetzten Text ohne gelehrte <index indexName="subjects-index">
<term>Hülfsmittel</term>
</index>Hülfsmittel zu verstehen, als ohne diese die historischen Kenntnisse
zu erlangen, die, wie oben gesagt <app>
<lem>ist</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app>, überall darin zum Grunde liegen; zumal, da diese Sprachen, selbst
die griechische des neuen Testaments, so wie die Sprache fast eines jeden
biblischen Schriftstellers, wieder ihr Eigenes haben, <app>
<lem>und sich</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">ja</rdg>
</app> die ganze <app>
<lem>Sprache</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Sprachweise</rdg>
</app> der Bibel <app>
<lem/>
<rdg type="pt" wit="#c">sich</rdg>
</app> so sehr auf morgenländische und jüdische Begriffe, selbst auf
Begriffe sehr roher Völker, bezieht, die nothwen<pb edRef="#a" n="377"/>dig
von unsern ungleich <app>
<lem>weiter</lem>
<rdg wit="#c" type="v">mehr</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>aufgeklärt</term>
</index>aufgeklärten Begriffen sehr verschieden seyn müssen, und daher ein
sehr sorgfältiges, sehr ins Kleine <app>
<lem>gehende</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gehendes</rdg>
</app> Studium der <index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index>Geschichte erfordern.</p>
<note n="1" id="noe_2_2_69_note1" place="end"><app>
<lem>†)</lem>
<rdg wit="#c" type="v"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice></rdg>
</app>
<app>
<lem>Nach dieser höchstens nur halb wahren Meinung sind die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_69_1"/><app>
<lem>Philosophischen</lem>
<rdg type="v" wit="#c">philosophischen</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#a" type="pp">Philosophische</rdg>
</app> Vorlesungen über das sogenannte neue <pb edRef="#c" n="79"/>
<app>
<lem>Testament - -</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Testament,</rdg>
</app> von K. K. <app>
<lem>S.</lem>
<rdg wit="#c" type="v">S.,</rdg>
</app> Leipzig 1785<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2shjs"/>
<app>
<lem><choice>
<abbr>f.</abbr>
<expan>folgend</expan>
</choice></lem>
<rdg wit="#c" type="v">f.,</rdg>
</app>
<app>
<lem>eingerichtet</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">bisher 3 Bände in groß Octav</rdg>
</app>. <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl">{Natürlich ist von einer <hi>gelehrten</hi>
Erklärung der heiligen Schrift, nicht von einer <index indexName="subjects-index">
<term>populär</term>
</index><hi>populären</hi> die Rede. Denn sehr vieles kann
allerdings der bloße gesunde <index indexName="subjects-index">
<term>Menschenverstand</term>
</index>Menschenverstand fassen; ja er hat gewiß den Sinn der
biblischen Schriftsteller oft besser gefaßt, als Manche, die ihn vor
lauter Gelehrsamkeit nicht finden konnten, und lieber das
Unnatürlichste wählten, um ihre Sprachkenntniß geltend zu
machen.}</rdg>
</app></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_69_1">
<label>Philosophischen Vorlesungen über das sogenannte neue Testament - -
von K. K. S. Leipzig 1785 f.</label>
<p>Die <hi>Philosophische[n] Vorlesungen</hi> sind in insgesamt sechs Bänden
(1785–1789) erschienen, zugeschrieben wird dieses Werk dem reformierten
Theologen Johann Konrad Pfenninger (1747–1792), einem Vertrauten Johann
Caspar Lavaters (1741–1801).</p></note>
</div>
<div n="70" type="section" id="section_2_70">
<head><pb edRef="#b" n="92"/>
<app>
<lem>70</lem>
<rdg wit="#a" type="v">357</rdg>
</app>.</head>
<p>Eben so falsch und unbestimmt ist daher <app>
<lem><hi>zweytens</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>zweitens</hi></rdg>
</app> die Einbildung: man brauche sich nur immer an den Buchstaben zu
halten, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_70_1"/>weil der
leichteste Sinn, der sich gleich <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> dem Lesen darstellt, sicherlich der beste <app>
<lem>sey <ref type="note" target="#noe_2_2_70_note1">†)</ref>.</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">sei. <ref type="note" target="#noe_2_2_70_note1">*)</ref></rdg>
</app> Man gesteht doch <app>
<lem>a)</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> selbst zu, daß sehr oft der sich zuerst darstellende <index indexName="subjects-index">
<term>Sinn</term>
</index>Sinn ungereimt <app>
<lem>sey,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app> (wie <choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice> in den Stellen, die Gott scheinen zur Ursach des <index indexName="subjects-index">
<term>Böses</term>
</index>Bösen zu <app>
<lem>machen,) man</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">machen). Man</rdg>
</app> bekennt <app>
<lem>dadurch</lem>
<rdg wit="#a" type="v">also</rdg>
</app>, daß die <index indexName="subjects-index">
<term>Regel</term>
</index>Regel trüglich <app>
<lem>sey;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei:</rdg>
</app> ist <app>
<lem>also</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> nicht die Gefahr, durch diese Regel verführt zu werden, noch
leichter, wenn der Sinn nicht ungereimt, aber <app>
<lem>doch</lem>
<rdg wit="#c" type="v">dennoch</rdg>
</app> falsch, von den heiligen Schriftstellern erweislich nicht gemeint
ist? Man <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>
<app>
<lem>b)</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> nicht <app>
<lem>leugnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">läugnen</rdg>
</app>, daß die heiligen Schriftsteller, für uns wenigstens, sich hätten
deutlicher <app>
<lem>ausdrucken</lem>
<rdg wit="#a" type="v">ausdrücken</rdg>
</app> können; also ist die Einfalt und Leichtigkeit des <app>
<lem>gefundnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gefundenen</rdg>
</app> Sinnes kein Kennzeichen, daß er der wahre <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app>. Und wenn <app>
<lem>c)</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> in jeder Sprache etwas <index indexName="subjects-index">
<term>Charakteristisches</term>
</index>Charakteristisches liegt, weil jedes Volk seine Sprache nach seinen
besondern Begriffen formt: so <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app> unmöglich der wahre bestimmte Begriff, der mit solchen Aus<pb edRef="#a" n="378"/>drücken verknüpft ist, uns, die wir in <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app> Sprache an <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">andere</rdg>
</app> Begriffe gewöhnt sind, der leichteste oder gleich zuerst zu treffende <app>
<lem>seyn</lem>
<rdg wit="#a" type="typo-correction"><choice>
<sic>sey</sic>
<corr type="editorial">seyn</corr>
</choice></rdg>
</app>. Er muß also erst durch Kunst, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice> durch den regelmäßigen Gebrauch <pb edRef="#c" n="80"/> mancher
erst zu <app>
<lem>erwerbenden</lem>
<rdg wit="#c" type="v">erwerbender</rdg>
</app> Hülfsmittel, gefunden werden, daher er, weil diese Einsicht <index indexName="subjects-index">
<term>kunstmäßig</term>
</index><hi>kunstmäßig</hi> erworben ist, von Unwissenden für <app>
<lem><hi>gekünstelt</hi></lem>
<rdg wit="#a #c" type="v"><hi>gekünstelt</hi>,</rdg>
</app> gezwungen, oder weit hergeholt <pb edRef="#b" n="93"/> gehalten, und
deswegen verworfen wird, ohne zu bemerken, daß, je ungelehrter und
unbekannter jemand mit dem <app>
<lem>Eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Eigenen</rdg>
</app> der Sprachen, der fremden Sitten, Denkungsart <choice>
<abbr>u. d. gl.</abbr>
<expan>und dergleichen</expan>
</choice> ist, <app>
<lem>je</lem>
<rdg wit="#c" type="v">desto</rdg>
</app> ungewöhnlicher ihm auch der richtigste Sinn scheinen müsse.</p>
<note n="1" id="noe_2_2_70_note1" place="end"><app>
<lem>†)</lem>
<rdg wit="#c" type="pp"><choice>
<abbr><hi>Anm.</hi></abbr>
<expan>Anmerkung</expan>
</choice> *) <choice>
<abbr>M. s.</abbr>
<expan>Man siehe</expan>
</choice> in den</rdg>
</app>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_70_2"/>Abhandlungen über
wichtige Gegenstände der Religion, von <index indexName="persons-index">
<term>Jacobi, Johann Friedrich</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:25097">Joh. Friedr.
Jacobi</persName></hi>, Zelle <app>
<lem><app>
<lem>1772<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:2shjx"/> in</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">1773,</rdg>
</app> Octav, dritte Abhandlung</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">1772. die <hi>dritte</hi></rdg>
</app>.</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_70_1">
<label>weil der leichteste Sinn, der sich gleich bei dem Lesen darstellt,
sicherlich der beste sey</label>
<p>Vgl. II § 21; II § 143.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_70_2">
<label>Abhandlungen über wichtige Gegenstände der Religion, von Joh. Friedr.
Jacobi, Zelle 1772 in Octav, dritte Abhandlung</label>
<p>Die <hi>Abhandlungen</hi> bestehen aus insgesamt vier Teilen (1773–1778).
Wie in der ersten Auflage der <hi>Anweisung</hi> korrekt
bibliographiert, stammt der erste Teil aus dem Jahr 1773, eine zweite
Auflage ist 1776 erschienen.</p></note>
</div>
<div n="71" type="section" id="section_2_71">
<head><app>
<lem>71</lem>
<rdg wit="#a" type="v">358</rdg>
</app>.</head>
<p>Eben dieses Eigene, das den Ungelehrten so sehr befremdet, recht kennen zu
lernen, ist 6) – <app>
<lem>ausser</lem>
<rdg wit="#c" type="v">außer</rdg>
</app> dem, was schon oben gesagt worden ist (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_36">36</ref></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_36">323</ref></rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_36">36.</ref></rdg>
</app>) – nichts unentbehrlicher, als die <index indexName="subjects-index">
<term>Bibel</term>
</index>Bibel mit sich selbst zu vergleichen, um zu sehen, ob und wie die
heiligen Schriftsteller sich selbst, entweder ausdrücklich, oder so
erklären, daß man aus fleißiger <index indexName="subjects-index">
<term>Vergleichung</term>
</index>Vergleichung einer Stelle mit andern, ihren Sinn abnehmen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>. Wo dieses ist, da geht man <app>
<lem>freylich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">freilich</rdg>
</app> am sichersten, nur daß man nicht die philologischen und historischen
Hülfsmittel <app>
<lem>vernachläßige</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vernachlässige.</rdg>
</app> (§. <app>
<lem><ref target="#section_2_67">67</ref>–<ref target="#section_2_70">70</ref>).</lem>
<rdg wit="#a" type="v"><ref target="#section_2_67">354</ref>–<ref target="#section_2_70">57</ref>).</rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_67">67</ref>–<ref target="#section_2_70">70.</ref>)</rdg>
</app> Ei<pb edRef="#a" n="379"/>nige Erinnerungen hierüber und <app>
<lem>Beyspiele</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beispiele</rdg>
</app> sind schon oben <app>
<lem>Theil 1.</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> §. <app>
<lem><ref target="#section_1_77">77</ref>–<ref target="#section_1_80">80</ref></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_1_77">77.</ref>–<ref target="#section_1_80">80.</ref></rdg>
</app> gegeben worden, und die <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Hermenevtik</term>
</index>Hermenevtik</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Hermeneutik</rdg>
</app> muß <app>
<lem>das Mehrere</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">ein Mehreres darüber</rdg>
</app> lehren.</p>
</div>
<div n="72" type="section" id="section_2_72">
<head><app>
<lem>72</lem>
<rdg wit="#a" type="v">359</rdg>
</app>.</head>
<p>Weil aber die christliche <index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Religion, wie sie <index indexName="persons-index">
<term>Christus, s. Jesus Christus</term>
<term>Jesus Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesus</persName> und seine Apostel
vorgetragen haben, auf die jüdische gegründet, <app>
<lem>und</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> den damaligen Be<pb edRef="#b" n="94"/>griffen <app>
<lem>meist jüdischer oder aus dem <pb edRef="#c" n="81"/> Judenthum
kommenden Leser, auch</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> angeschmiegt ist, <app>
<lem/>
<rdg type="pt" wit="#a">selbst</rdg>
</app> die Ausdrücke aus dem alten Testamente entlehnt sind, und dadurch der
Vortrag <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_72_1"/><app>
<lem>hebräisch-griechisch</lem>
<rdg type="v" wit="#a">ebräisch-griechisch</rdg>
</app>
<app>
<lem>worden</lem>
<rdg type="v" wit="#c">geworden</rdg>
</app> ist: so ist 7) nöthig, auch das alte Testament, dessen <index indexName="subjects-index">
<term>Uebersetzungen</term>
</index>Uebersetzungen, besonders die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_72_2"/><app>
<lem>alexandrinische</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Alexandrinische</rdg>
</app>, fleißig zu studieren, und sich sowohl das <app>
<lem>Eigne</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Eigene</rdg>
</app> des Ausdrucks, als die Begriffe bekannt zu machen, die in dem alten <app>
<lem>Testament</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Testamente</rdg>
</app> liegen, und ins neue übergegangen, nachgeahmt, oder nach der Lehre
des Christenthums umgekleidet worden sind. <choice>
<abbr>S.</abbr>
<expan>Siehe</expan>
</choice>
<app>
<lem>Theil 1.</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> §. <app>
<lem>
<choice>
<sic>162–,64.</sic>
<corr type="editorial"><ref target="#section_1_162">162</ref>–<ref target="#section_1_164">64.</ref></corr>
</choice></lem>
<rdg wit="#a" type="typo-correction"><ref target="#section_1_162">162</ref>–<ref target="#section_1_164">64.</ref></rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_1_162">162.</ref>–<ref target="#section_1_164">64.</ref></rdg>
</app></p>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_72_1">
<label>hebräisch-griechisch</label>
<p>Vgl. I § 162.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_72_2">
<label>alexandrinische</label>
<p>Vgl. I § 163.</p></note>
</div>
<div n="73" type="section" id="section_2_73">
<head><app>
<lem>73</lem>
<rdg wit="#a" type="v">360</rdg>
</app>.</head>
<p>Ueberhaupt aber – <app>
<lem>um,</lem>
<rdg type="v" wit="#c">um</rdg>
</app> auf <app>
<lem>einer Seite,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">der einen Seite</rdg>
</app> sich <app>
<lem>für</lem>
<rdg wit="#c" type="v">vor</rdg>
</app> allem Gekünstelten zu hüten, <app>
<lem>und,</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">und doch</rdg>
</app> auf der andern, die in der Bibel wirklich da liegenden Ideen, in
<hi>der</hi> mehrern oder mindern Bestimmtheit zu finden, die ihnen die
heiligen Schriftsteller gegeben haben, – lese man sie 8) mit dem
einfältigen, <app>
<lem>unbefangnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unbefangenen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Kindersinn</term>
</index>Kindersinn, der nur <hi>lernen</hi> will, was sich uns <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> aller angewendeten Aufmerksamkeit darstellen wird. Man <pb edRef="#a" n="380"/> gewöhne sich immer <app>
<lem>mehr –</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">mehr,</rdg>
</app>
<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_73_1"/>alle unzeitig
angebrachte Gelehrsamkeit, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice> die nicht <app>
<lem>zur <index indexName="subjects-index">
<term>Aufklärung</term>
</index>Aufklärung der</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">die</rdg>
</app> Dunkelheit des Textes und <app>
<lem>zur nothwendigen</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">die nothwendige</rdg>
</app> Ueberzeugung von ihrem wahren Sinn <app>
<lem>erfordert wird</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">heischt</rdg>
</app>, – alles Hinschielen auf theologische <index indexName="subjects-index">
<term>Theorie</term>
</index>Theorie, auf geheimnißvolle <index indexName="subjects-index">
<term>Mystik</term>
</index>Mystik, auf philosophische Hypothesen, – alle Verschönerung der
Bibel nach alter und neuer Aesthetik und <app>
<lem><choice>
<sic>Dialetik</sic>
<corr type="editorial">Dialektik</corr>
</choice></lem>
<rdg wit="#a" type="typo-correction">Dialektik</rdg>
<rdg wit="#c" type="v"><choice>
<sic>Dialetik</sic>
<corr type="editorial">Dialektik</corr>
</choice>,</rdg>
</app> – alle <pb edRef="#b" n="95"/> Sichtung und romanhafte Umkleidung der
wirklich <app>
<lem>da</lem>
<rdg wit="#c" type="v">darin</rdg>
</app> erzählten Geschichte, zu entfernen. Man nehme <app>
<lem>alles</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Alles</rdg>
</app> für das, was es ist, und lese es als Briefe, als planlose, einfältige <app>
<lem>Erzählungen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Erzählung</rdg>
</app>, als Fragmente von <app>
<lem>übriggebliebnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">übriggebliebenen</rdg>
</app> gelegentlichen Reden der göttlichen Gesandten, als fromme Ausbrüche
des von <index indexName="subjects-index">
<term>Gotteswahrheit</term>
</index>Gotteswahrheit vollen Her<pb edRef="#c" n="82"/>zens, und reinige
diese <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Antiquen</term>
</index>Antiquen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Antiken</rdg>
</app> nicht von dem Rost, der sie eben zu so ehrwürdigen <app>
<lem>Antiquen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Antiken</rdg>
</app> macht, glätte nicht das Rauhe, das sie als <app>
<lem>Denkmale</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Denkmahle</rdg>
</app> ihrer Zeit und ihres Volks tragen, oder vernichte nicht die
natürliche Schönheit und die edle Einfalt, die dem <app>
<lem>unverdorbnen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unverdorbenen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Gefühl</term>
</index>Gefühl so sehr gefällt. Wer für alles Wahre, Gute und Schöne offen
ist, es <app>
<lem>sey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sei</rdg>
</app> von welcher Art es wolle, wird es gern annehmen, wo und wie er es
findet.</p>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_73_1">
<label>alle unzeitig angebrachte Gelehrsamkeit […] alles Hinschielen auf
theologische Theorie, auf geheimnißvolle Mystik, auf philosophische
Hypothesen</label>
<p>Die besonders auf Jean-Alphonse Turretini (1671–1737) zurückgehende, mit
den Begriffen <hi>leerer Kopf, tabula rasa</hi> und <hi>vacuum
pectus</hi> zum Ausdruck gebrachte methodische Forderung einer von
theologischen und philosophischen Vorannahmen befreiten Bibellektüre, die
die neutestamentliche Überlieferung einzig vor dem Hintergrund ihrer
Entstehungszeit verstanden wissen will, ist in der nachfolgenden
Generation von Johann Jakob Wettstein aufgegriffen worden. Großen Anteil
an der Durchsetzung dieser hermeneutischen Grundannahme hatten als
Wettstein-Herausgeber (vgl. II § 35 c) Johann Salomo Semler sowie
Wilhelm Abraham Teller mit seinem <hi>Joh. Alph. Turretini de Sacrae
Scripturae interpretatione tractatus bipartitus</hi> (1776), einer
Neuausgabe von Turretinis Methodenbuch aus dem Jahr 1728.</p></note>
</div>
<div n="74" type="section" id="section_2_74">
<head><app>
<lem>74</lem>
<rdg wit="#a" type="v">361</rdg>
</app>.</head>
<p>Mit eben diesem Vorsatz, nur zu <hi>suchen</hi>, was man finden wird, und das <app>
<lem>Gefundne</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Gefundene</rdg>
</app> so <hi>anzunehmen</hi>, wie man es gefunden hat, müßten auch die <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">eigenen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Uebungen</term>
</index><hi>Uebungen</hi>
<app>
<lem>(§. <app>
<lem><ref target="#section_2_58">58</ref></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_58">58.</ref></rdg>
</app>)</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> unternommen werden, wodurch man eine Fertigkeit erlangen will, <pb edRef="#a" n="381"/> die heilige Schrift <hi>zur <index indexName="subjects-index">
<term>Erbauung</term>
</index>Erbauung</hi> anzuwenden, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice> ihren Inhalt sich und Andern recht <index indexName="subjects-index">
<term>nützlich</term>
</index>nützlich zu machen. Besondere Regeln darüber zu <app>
<lem>geben</lem>
<rdg type="v" wit="#c">geben,</rdg>
</app> ist hier der Ort so wenig, als zu besondern Regeln der Auslegung, die
der <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Hermenevtik</term>
</index>Hermenevtik müssen <app>
<lem>überlaßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">überlassen</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Hermeneutik überlassen</rdg>
</app> werden <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">müssen</rdg>
</app>. Vielleicht <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app> sich darüber gar nicht einmal bestimmte Regeln geben, weil <app>
<lem>hiebey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">hierbei</rdg>
</app> so vieles auf das <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besondere</rdg>
</app> Be<pb edRef="#b" n="96"/>dürfniß eines jeden ankommt, nach dem die
<index indexName="subjects-index">
<term>Anwendung</term>
</index>Anwendung sehr verschieden ausfallen muß; wenigstens sind der guten
Muster dieser Anwendung, nach wirklich festen und wohlüberdachten <app>
<lem>Grundsätzen,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Grundsätzen</rdg>
</app> noch so wenig vorhanden, und eine eigentliche Theorie dieser
Anwendung noch gar nicht, so höchst nutzbar sie auch zur Bildung eines
christlichen Religionslehrers seyn würde. Hier also nur einige allgemeinere
Erinnerungen über <app>
<lem>diese Sache</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">diesen Gegenstand</rdg>
</app>.</p>
</div>
<div n="75" type="section" id="section_2_75">
<head><pb edRef="#c" n="83"/>
<app>
<lem>75</lem>
<rdg wit="#a" type="v">362</rdg>
</app>.</head>
<p>Wer sich <app>
<lem/>
<rdg type="pt" wit="#c">also</rdg>
</app> in <app>
<lem>dieser rechten</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">rechter</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Anwendung</term>
</index>Anwendung <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">der <choice>
<abbr>heil.</abbr>
<expan>heilig</expan>
</choice> Schrift</rdg>
</app> üben wollte – und dieses wird auch hier am vortheilhaftesten auf die
§. <app>
<lem><app>
<lem><ref target="#section_2_65">65</ref></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><ref target="#section_2_65">65.</ref></rdg>
</app> erwähnte</lem>
<rdg wit="#a" type="pp"><ref target="#section_2_65">352</ref>
erwehnte</rdg>
</app> Art geschehen können – der müßte 1) sich schlechterdings nicht <app>
<lem>hiebey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">hierbei bloß</rdg>
</app> durch seinen <app>
<lem><app>
<lem>bloßen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">blossen</rdg>
</app> guten Willen, Willkühr</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">frommen Sinn, seine Willkür</rdg>
</app> und Phantasie leiten <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app>, sondern stets auf eine richtige <index indexName="subjects-index">
<term>Auslegung</term>
</index>Auslegung der heiligen Schrift bauen, und daher auf die Grundsätze,
die oben berührt worden sind; sonst <hi>lernt</hi> er nicht <app>
<lem>würklich</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wirklich</rdg>
</app> aus der heiligen Schrift, und ist in Gefahr, Gedanken, die durch
Lesen der Bibel allenfalls <hi>veranlaßt</hi> worden sind, mit <pb edRef="#a" n="382"/> den <hi>Belehrungen aus der Bibel selbst</hi>, zu
verwechseln. 2) Er müßte daher nicht über seine <app>
<lem><hi>besondre</hi></lem>
<rdg wit="#c" type="v"><hi>besonderen</hi></rdg>
</app> Angelegenheiten die Bibel gleichsam als ein <index indexName="subjects-index">
<term>Orakel</term>
</index>Orakel befragen, und <hi>finden</hi> wollen was er <app>
<lem>wünschte;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">wünschte; –</rdg>
</app> denn, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_75_1"/>was das
Herz wünscht, glaubt der Verstand leicht auch gefunden zu haben, glaubt
Manches zu sehen, woran die heiligen Schriftsteller nicht gedacht <app>
<lem>haben;</lem>
<rdg wit="#c" type="v">haben; –</rdg>
</app> sondern er müßte, in Rücksicht auf sein <pb edRef="#b" n="97"/>
Bedürfniß überhaupt, <choice>
<abbr>d. i.</abbr>
<expan>das ist</expan>
</choice> auf Belehrung zu seinem <index indexName="subjects-index">
<term>Trost</term>
</index>Trost und zu seiner <index indexName="subjects-index">
<term>Besserung</term>
</index>Besserung, die heilige Schrift und deren Theile studieren, in festem
Vetrauen auf Gott, er werde ihm, <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> wahrer <app>
<lem>Begierde,</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Begierde</rdg>
</app> sich belehren zu <app>
<lem>laßen</lem>
<rdg wit="#a #c" type="v">lassen</rdg>
</app>, und <app>
<lem>bey angewendeten</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">bei stets angewendetem</rdg>
</app> gewissenhaften Gebrauch der rechten Hülfsmittel, gewiß das, und so
viel <app>
<lem>aufstoßen laßen</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">auftossen lassen</rdg>
<rdg wit="#c" type="pp">wahrnehmen lassen</rdg>
</app>, was und wie er es zu seinem <index indexName="subjects-index">
<term>Bedürfniß</term>
</index>Bedürfniß <app>
<lem>jedesmal</lem>
<rdg wit="#a" type="v">dermalen</rdg>
</app>
<app>
<lem>braucht</lem>
<rdg wit="#c" type="v">gebraucht</rdg>
</app> und tragen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>. Eben dieses gefühlte Bedürfniß macht gerade <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Lesung eines Buchs auf das am aufmerksamsten, was man <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">gerade</rdg>
</app> am meisten <app>
<lem>braucht</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">nöthig hat</rdg>
</app>.</p>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_75_1">
<label>was das Herz wünscht, glaubt der Verstand leicht auch gefunden zu
haben</label>
<p>Georg Friedrich Meier (1718–1777), einer der akademischen Lehrer Nösselts
in Halle, formuliert in den <hi>Beyträge[n] zu der Lehre von den
Vorurtheilen des menschlichen Geschlechts</hi> (1766), 54: „Was das
Herz wünscht, glaubt der Verstand, aber aus Uebereilung“ (vgl. ders.,
<hi>Philosophische Sittenlehre</hi> IV [1758], 382). In der antiken
Literatur findet sich mit <hi>quae volumus et credimus libenter</hi>
(Caes. civ. II 27,2) eine vergleichbare Formel.</p></note>
</div>
<div n="76" type="section" id="section_2_76">
<head><app>
<lem>76</lem>
<rdg wit="#a" type="v">363</rdg>
</app>.</head>
<p>Eben deswegen müßte er 3) sich, wenn er <hi>diese</hi> Absicht hat, weder <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> den Stellen aufhalten, die er nicht ver<pb edRef="#c" n="84"/>steht,
noch <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> irgend einer Sache, die nicht zu der eben genannten allgemeinern
<index indexName="subjects-index">
<term>Erbauung</term>
</index>Erbauung dient, sondern bloß Neugier oder vielmehr Vorwitz
befriedigt; <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">müßte</rdg>
</app> 4) stets den <app>
<lem>großen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">grossen</rdg>
</app> Unterschied vor Augen behalten, zwischen seinen oder den <index indexName="subjects-index">
<term>Umstände</term>
</index>Umständen derer, die er aus der heiligen Schrift erbauen will, und
zwi<pb edRef="#a" n="383"/>schen den Umständen dererjenigen, an welche,
oder für deren <app>
<lem>Bedürfniß,</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Bedürfniß</rdg>
</app> zunächst die biblischen Bücher geschrieben sind, oder die in der
heiligen Schrift als redend oder handelnd aufgeführt <app>
<lem>werden;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">werden,</rdg>
</app> so wie den Unterschied der so sehr <app>
<lem>stufenweise</lem>
<rdg wit="#a" type="v">stuffenweise</rdg>
</app> in der Bibel bekannt gemachten <index indexName="subjects-index">
<term>Offenbarung</term>
</index>Offenbarung <app>
<lem><app>
<lem>Gottes;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Gottes,</rdg>
</app> und hienach müßte er</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Gottes, um danach</rdg>
</app> die Anwendung mit <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Discretion</term>
</index>Discretion</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">Vorsicht und Weisheit zu</rdg>
</app> machen; auch deswegen 5) <hi>die</hi> Bücher der heiligen Schrift und
<hi>die</hi> Theile derselben am <pb edRef="#b" n="98"/> meisten
studieren, welche das Allgemeine, für jedermann <index indexName="subjects-index">
<term>Nutzbares</term>
</index>Nutzbare, enthalten, oder für ihn und <app>
<lem>Andre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Andere</rdg>
</app>, die er aus der Bibel belehren will, die deutlichsten, lehrreichsten
und eindrücklichsten sind, ohne deswegen die andern ganz <app>
<lem>bey</lem>
<rdg wit="#c" type="v">bei</rdg>
</app> Seite zu legen, aus welchen man, wie <choice>
<abbr>z. B.</abbr>
<expan>zum Beispiel</expan>
</choice> aus den historischen oder nach der Denkungsart damaliger Leser
eingerichteten Stellen, nach der <index indexName="subjects-index">
<term>Analogie</term>
</index>Analogie Lehrreiches genug herausziehen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>, oder worin der Gelehrtere Manches noch Lehrreichere für sich zu
finden weiß, als in andern allgemeiner erbauenden Büchern <app>
<lem>und deren Stellen</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app>. Aus eben dieser Ursach müßte er sich 6) nicht an jedes Wort, Bild
oder <app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="pt">jeden</rdg>
</app> Gedanken in der Bibel halten – den Fall ausgenommen, wo dergleichen
keine <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besondere</rdg>
</app> Beziehung auf damalige Leser und deren <app>
<lem>besondre</lem>
<rdg wit="#c" type="v">besondere</rdg>
</app> Umstände verräth, und wo es etwas für uns besonders Lehrreiches und
Eindrückliches enthält – noch weniger <app>
<lem>ganze</lem>
<rdg wit="#c" type="om"/>
</app> allgemeine Lehrsätze oder <app>
<lem>Theorie</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">ganze Theorieen</rdg>
</app> darauf bauen; sondern mehr auf die <index indexName="subjects-index">
<term>Hauptvorstellung</term>
</index>Hauptvorstellung, welche in einer Stelle liegt, und auf das
Verhältniß, in welchem dieses <pb edRef="#c" n="85"/>
<app>
<lem>Einzelne</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Einzle</rdg>
</app> mit <pb edRef="#a" n="384"/> dem ganzen göttlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Unterricht</term>
</index>Unterricht in der Bibel steht; und 7) nach dem, worauf ihn der
Unterricht der Bibel aufmerksam gemacht hat, sich und alle Veränderungen,
die er in der Welt wahrnimmt, fleißig beobachten, um einen Schatz von <index indexName="subjects-index">
<term>Erfahrungen</term>
</index>Erfahrungen zu <app>
<lem>sammlen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">sammeln</rdg>
</app>, wodurch die Ueberzeugung von der <index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheit</term>
</index>Wahrheit und <index indexName="subjects-index">
<term>Nutzbarkeit</term>
</index>Nutzbarkeit der biblischen Belehrungen befestigt, und dieser
biblische Unterricht immer mehr <app>
<lem>erweitert,</lem>
<rdg type="v" wit="#c">erweitert</rdg>
</app> und fühlbarer gemacht werden <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#c" type="v">kann</rdg>
</app>.</p>
</div>
<div n="77" type="section" id="section_2_77">
<head><pb edRef="#b" n="99"/>
<app>
<lem>77</lem>
<rdg wit="#a" type="v">364</rdg>
</app>.</head>
<p>In Absicht auf die Herleitung des <hi>christlichen</hi>
<app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Lehrbegriff</term>
</index><hi>Lehrbegriffs</hi></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><hi>Lehrbegrifs</hi></rdg>
</app> aus der heiligen <app>
<lem>Schrift</lem>
<rdg type="v" wit="#c">Schrift,</rdg>
</app> müßte man nicht nur auf das sehen, was zur Erweiterung <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app> Kenntnisse davon, und zu mehrerer Berichtigung, Bestätigung und
näherer Bestimmung <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app> Begriffe von demselben dienlich ist, sondern auch stets darüber
nachdenken, wie fern er zu <app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app> wahren <app>
<lem>Beruhigung,</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Beruhigung</rdg>
</app> sowohl als zur Ueberzeugung von unsern Pflichten, und der rechten
Art, sie auszuüben, auch zur kräftigsten Ermunterung dazu, irgend etwas <app>
<lem>beytragen kan. – Bey</lem>
<rdg wit="#c" type="pp">beitragen kann. – Bei</rdg>
</app> allen Uebungen aber, sie mögen die Entdeckung des Sinnes der heiligen
Schrift oder ihre Anwendung betreffen, müssen wir stets <app>
<lem>gegen</lem>
<rdg wit="#c" type="v">für</rdg>
</app> immer weitere und bessere Belehrung offen, und sie anzunehmen willig
bleiben, und daher auch <app>
<lem>Andrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Anderer</rdg>
</app> Bemühungen zu <app>
<lem>beyderley</lem>
<rdg wit="#c" type="v">beiderlei</rdg>
</app> Zweck <app>
<lem>aufs möglichste und <app>
<lem>unparteyischte</lem>
<rdg wit="#a" type="v">unpartheyischte</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c" type="pp">möglichst unparteiisch</rdg>
</app> zu benutzen suchen.</p>
</div>
<app>
<lem/>
<rdg wit="#c" type="ptl"><div type="section" id="section_2_77_zusatz">
<head><pb n="86" edRef="#c"/> Zusatz des Herausgebers.</head>
<p>Vielleicht erwarteten manche Leser, in diesem Abschnitt über die
rechte <hi>Art</hi> und <hi>Weise</hi> der <index indexName="subjects-index">
<term>Schriftauslegung</term>
</index>Schriftauslegung, um so mehr Einiges über die durch <index indexName="persons-index">
<term>Kant, Immanuel</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2505p">Kant</persName></hi>
vorgeschlagene, und von Vielen allzuschnell ergriffene, ja selbst
häufig mißverstandene <index indexName="subjects-index">
<term>moralisch</term>
</index><hi>moralische Interpretation</hi>, da der selige <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_77_zusatz_1"/><index indexName="persons-index">
<term>Nösselt, Johann August</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:24gvc">Nösselt</persName></hi>
sich selbt in einem eignen Programm bestimmt gegen sie erklärt
hatte. Da er sie gleichwohl hier unberührt gelassen hat, so dürften
folgende kurze Bemerkungen darüber nicht überflüssig seyn.</p>
<p><index indexName="persons-index">
<term>Kant, Immanuel</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2505p">Kant</persName></hi> –
überall bemüht, sein System mit dem von ihm hochgeachteten
christlichen System nicht nur der Moral, sondern auch der Dogmatik,
in Harmonie zu bringen – versuchte in seiner <hi>„Religion innerhalb
der Gränzen der bloßen Vernunft“</hi> unter andern auch, manche
Aussprüche der heiligen Schrift auf eine solche Art zu deuten, daß
dadurch eine wenigstens scheinbare Harmonie mit seinen
philosophischen Begriffen und Lehren entstünde. Da es auch scheinen
könnte, als ob Manches in der Bibel den Aussprüchen der Vernunft,
und selbst einer strengern Moral widerspräche, so stellte er den
Satz auf, <hi>über</hi> dem grammatischen Interpreten stehe der
moralische Schriftausleger bei jedem Buch, das für eine göttliche
Offenbarung gelten solle. Es lasse sich a priori annehmen, daß eine
Offenbarung nichts enthalten könne, was der <hi>Vernunft</hi> oder
der <hi>Moral</hi> zuwider sei. Dieß sei ein unumstößliches
Postulat. Wenn also auch der Philologe in einer Schriftstelle einen
Sinn, den dieser Vorwurf treffe, finden sollte, so <hi>könne</hi>
dieß in einer heiligen Schrift nicht der <hi>wahre Sinn</hi> seyn,
und unter zwei möglichen Erklärungen müsse stets die, welche am <pb edRef="#c" n="87"/> meisten moralisch sei, vorgezogen werden.
(<bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Röm:12:20">Röm.
12, 20.</citedRange></bibl> würden also die Worte: „so wirst
du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln“ schon darum richtiger von
der Beschämung des großmüthig Behandelten, oder von der Wärme der
Liebe, als „von dem Herabziehen der göttlichen Strafen“ erklärt
werden, weil jenes ein reineres Motiv und eine edlere Handlungsweise
bezeichne.)</p>
<p>Man that <index indexName="persons-index">
<term>Kant, Immanuel</term>
</index><hi><persName ref="textgrid:2505p">Kanten</persName></hi>
Unrecht, wenn man ihn hiernach als einen Verächter der gelehrten
Schriftauslegung betrachtete. Er drückte sich nur, nach seiner
Weise, etwas paradox aus. Auch wollte er ja nur da so verfahren
wissen, wo man die Bibel zu praktisch-religiösen Zwecken benutzte.
Darin that er nichts anders, als was so viele Kirchenväter, und
besonders alle allegorischen Schriftausleger gethan hatten. Wo ihnen
der buchstäbliche Sinn nicht fruchtbar, wohl gar anstößig erschien,
da legten sie einen andern Sinn den Worten unter, vergeistigten
gleichsam das zu Sinnliche, und ahmten hierin die ältern Weltweisen
nach, die auch die alten Dichter auf diesem Wege praktisch zu
benutzen, und verständlich zu machen suchten. (<choice>
<abbr>M. s.</abbr>
<expan>Man siehe</expan>
</choice> viele Beispiele bei <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_77_zusatz_2"/><index indexName="classics-index">
<term><persName>Plutarch</persName></term>
</index><persName ref="textgrid:24h08">Plutarch</persName> de
audiendis poetis.)</p>
<p>Gleichwohl hat man eine solche moralische Schriftinterpretation
eigentlich nicht nöthig. Sie führt doch nur zur Verwirrung, und kann
nie ein festes Princip haben. Sie trägt in die Schriftstellen eigne
Gedanken hinein. Sie ist höchstens <hi>erbauliche Anwendung</hi>,
nicht <hi>Interpretation</hi>. Diese beruht allein auf Sprache,
Logik und dem <hi>Historischen</hi>, sofern es den Sinn eines Autors
erläutern kann.</p>
<p><ptr type="editorial-commentary" target="#erl_2_77_zusatz_3"/>Was man
neuerlich auch von einer hievon noch verschiedenen
<hi>religiösen</hi> Auslegung geäußert hat, scheint nichts <pb edRef="#c" n="88"/> anders, als den unbestrittenen Satz
auszudrücken, daß, je mehr der Ausleger Geistesverwandter seines
Schriftstellers sei, desto besser werde er ihn auch verstehen und
fassen. – Wie eine <hi>dichterische</hi> Natur einen
<hi>Dichter</hi>, so verstehe ein <hi>religiöses</hi> Gemüth
einen <hi>religiösen</hi> Autor am besten. Soll etwas anders damit
gesagt werden, so öffnet es aller Schwärmerei die Thür, und jeder
Fanatiker kann sich dann – wie sie pflegen – anmaßen, am tiefsten in
die Geheimnisse einer heiligen Schrift einzudringen, deren Sinn den
Gelehrten verborgen sei. Vor einem solchen Princip wird uns der
bessere Geist der Zeit bewahren, wie sehr auch das Zeitalter sich
hier und da zur Geringschätzung der Vernunft hinneigen mag.</p>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_77_zusatz_1">
<label>Nösselt sich selbst in einem eignen Programm bestimmt gegen
sie erklärt hatte</label>
<p>Gemeint sind die in Nösselts <hi>Exercitationes ad Sacrarum
Scripturarum interpretationem</hi> (1803), 275–320 (X.)
abgedruckten <hi>Animadversiones in sensum Librorum Sacrorum
moralem</hi>.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_77_zusatz_2">
<label>Plutarch de audiendis poetis</label>
<p>Dem griechischen Titel nach handelt es sich bei <hi>De audiendis
poetis</hi> um eine Anweisung, wie ein junger Mensch
Dichtung lesen soll. Dichtung ist für Plutarch unvollkommene
Philosophie, die zwar leicht zu lesen, jedoch mit Fabelhaftem
vermischt sei. Bei richtiger Herangehensweise könne man jedoch
trotzdem einen philosophischen Gewinn aus den Dichtern ziehen
(vgl. Plut. mor. 2,15F). Konkret geht es v.a. um das Problem,
dass die göttlichen oder menschlichen Akteure oftmals nicht als
moralische Vorbilder dargestellt würden, ihre Handlungen mithin
zur Nachahmung ungeeignet seien. Mittels moralischer Allegorese
könne das Anstößige jedoch zum Ausgleich gebracht
werden.</p></note>
<note type="editorial-commentary" place="end" id="erl_2_77_zusatz_3">
<label>Was man neuerlich auch von einer hievon noch verschiedenen
religiösen Auslegung geäußert hat […] so verstehe ein religiöses
Gemüth einen religiösen Autor am besten</label>
<p>Die für die Schriftauslegung geforderte Geistesverwandtschaft
(Kongenialität) mit den biblischen Autoren wurde gegen den
aufkommenden Primat der historisch-grammatischen Auslegung in
Anschlag gebracht und erinnert an die <hi>theologia
regenitorum</hi> früherer Jahrzehnte. Auch die Hermeneutik
Schleiermachers rechnet mit der Kongenialität des Auslegers
(divinatorische Methode).</p></note>
</div></rdg>
</app>
</div>
</div>