<div xml:id="st_chapter_0" type="chapter">
<div type="section-group" xml:id="st_introduction">
<div type="section">
<head xml:id="st_introduction_head">
<choice>
<orig><pb edRef="#a" n="1" type="sp"/>
<pb edRef="#b" n="1" type="sp"/>
<pb edRef="#c" n="1" type="sp"/>
<pb edRef="#d" n="1" type="sp"/> Einleitung.</orig>
<supplied reason="toc-title">Einleitung</supplied>
<supplied reason="column-title">Einleitung</supplied>
</choice>
</head>
<p>Keine Frage <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#a #c #d" type="v">kann</rdg>
</app> für einen vernünftigen Menschen wichtiger seyn, als diese: Was <app>
<lem>habe</lem>
<rdg wit="#a" type="v">hab</rdg>
</app> ich zu erkennen und zu thun, um meines gesamten Daseyns möglichst
froh zu werden, und bey allen <app>
<lem>äusseren</lem>
<rdg wit="#a" type="v">äußern</rdg>
<rdg wit="#d" type="v">äußeren</rdg>
</app> Veränderungen, <app>
<lem>die</lem>
<rdg wit="#d" type="v">welche</rdg>
</app> nicht von mir abhängen, eine beständige <index indexName="subjects-index">
<term>Zufriedenheit</term>
</index>Zufriedenheit und die größte mir mögliche Summe der Freuden zu <app>
<lem>geniessen</lem>
<rdg wit="#d" type="v">genießen</rdg>
</app>? Mit dieser Untersuchung beschäftigten sich <app>
<lem>die <app>
<lem>vorzüglichste</lem>
<rdg wit="#c #d" type="v">vorzüglichsten</rdg>
</app> Gelehrten</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">alle Gelehrte</rdg>
</app> unter den <index indexName="subjects-index">
<term>aufgeklärt</term>
</index>aufgeklärten <index indexName="subjects-index">
<term>Nationen</term>
</index>Nationen des Alterthums, welche man Weise und <index indexName="subjects-index">
<term>Philosophen</term>
</index>Philosophen <app>
<lem>nante</lem>
<rdg wit="#a" type="v">nannte</rdg>
</app>, weil wahre <index indexName="subjects-index">
<term>Weisheit</term>
</index>Weisheit nichts anders ist, als die <index indexName="subjects-index">
<term>Wissenschaft</term>
</index>Wissenschaft und Fertigkeit sein Leben aufs beste zu <app>
<lem>benutzen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">nutzen</rdg>
</app>. Was ist aber Glückseligkeit, was ist das größte Gut des Menschen,
das höchste <index indexName="subjects-index">
<term>Ziel</term>
</index>Ziel unsrer Wünsche, dem alle übrige kleinere Güter allenfals
aufgeopfert, und alle übrige Zwecke <pb n="2" edRef="#b"/>
<pb edRef="#c" n="2"/> untergeordnet werden müssen? Diese <pb edRef="#a" n="2"/> Frage muß vorher entschieden seyn, ehe man es unternehmen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#a" type="v">kann</rdg>
</app>, eine Glückseligkeitslehre mit Sicherheit zu entwerfen; man muß das
<index indexName="subjects-index">
<term>Ziel</term>
</index>Ziel nothwendig erst festsetzen, ehe man die <app>
<lem>geradesten</lem>
<rdg wit="#c #d" type="v">gradesten</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Wege</term>
</index>Wege zu demselben bestimmen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#a" type="v">kann</rdg>
</app>. <ptr type="editorial-commentary" target="#st_comm_a2"/><app>
<lem>Dis</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Dies</rdg>
</app> sahen die Weltweisen unter den Griechen und Römern wohl ein, und
daher finden wir in ihren Schriften so viele genaue Untersuchungen über <app>
<lem>das <index indexName="subjects-index">
<term>höchstes Gut</term>
</index>höchste Gut des Menschen oder</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app> die <foreign xml:lang="lat">fines bonorum</foreign>.</p>
<p>Nachdem <app>
<lem>nun</lem>
<rdg wit="#a" type="v">aber</rdg>
</app> die <index indexName="subjects-index">
<term>Lehre Jesu</term>
</index>Lehre <index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName> sich unter den
gesitteten <index indexName="subjects-index">
<term>Nationen</term>
</index>Nationen ausbreitete, und für eine göttliche <index indexName="subjects-index">
<term>Offenbarung</term>
</index>Offenbarung über den Weg zur Glückseligkeit <index indexName="subjects-index">
<term>anerkennen</term>
</index><app>
<lem>anerkant</lem>
<rdg wit="#a" type="v">anerkannt</rdg>
</app> ward, <app>
<lem/>
<rdg wit="#a" type="pt">so</rdg>
</app>
<app>
<lem>hörten</lem>
<rdg wit="#d" type="v">höreten</rdg>
</app> nach und nach alle weitere Untersuchungen <index indexName="subjects-index">
<term>a priori</term>
</index><foreign xml:lang="lat">a priori</foreign>, oder <pb edRef="#d" n="2"/> aus der Natur des Menschen und der sich auf uns beziehenden
Dinge über diese Fragen <app>
<lem>auf. Anstatt aber, daß</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">auf; und</rdg>
</app> die <app>
<lem>christliche</lem>
<rdg wit="#a #d" type="v">christlichen</rdg>
</app> Gelehrten <app>
<lem>es nun hätten deutlich machen sollen, wie die Befolgung der</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">vereinigten nun ihre Bemühungen dahin, den
populären und jederman verständlichen</rdg>
</app> Anweisungen <app>
<lem><index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName> im Menschen
Glückseligkeit hervorbringe, beschäftigten sie sich <app>
<lem>gröstentheils</lem>
<rdg wit="#d" type="v">größtentheils</rdg>
</app> mit der Lebensgeschichte desselben und mit Spekulationen über
seine Person. Hierdurch suchten sie, nach dem <app>
<lem>Geschmack</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Geschmacke</rdg>
</app> der Philosophie <app>
<lem>des</lem>
<rdg wit="#c #d" type="v">ihres</rdg>
</app> Zeitalters <app>
<lem>und der Gegenden</lem>
<rdg wit="#c #d" type="om"/>
</app>, dem <app>
<lem>Christenthum</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Christenthume</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#a" type="pp">des Christenthums,</rdg>
</app> das Ansehen einer tiefsinnigen Gelehrsamkeit in den Augen derer, die
nach <app>
<lem>Geheimnissen forschten</lem>
<rdg wit="#a" type="pp"><index indexName="subjects-index">
<term>Weisheit</term>
</index>Weisheit frugen</rdg>
</app>, zu geben. Aber hierdurch geschahe es, <ptr type="editorial-commentary" target="#st_comm_b2"/>daß die mit der
erhabensten <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Simplicität</term>
</index>Simplicität</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Einfalt</rdg>
</app> vorgetragene <index indexName="subjects-index">
<term>Lehre Jesu</term>
</index>Lehre <index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName> in eine <index indexName="subjects-index">
<term>transcendent</term>
</index><app>
<lem>transcendente</lem>
<rdg wit="#d" type="v">tiefsinnige</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Wissenschaft</term>
</index>Wissenschaft verwandelt und mit übel verstandenen philosophischen
Theorien aller Gegenden, <app>
<lem>worin</lem>
<rdg wit="#d" type="v">in welcher</rdg>
</app> sich das Christenthum ausbreitete, von Jahrhundert zu Jahrhundert
immer mehr vermischt ward. Keiner unter den <index indexName="subjects-index">
<term>Theologen</term>
</index>Theologen dachte darauf den Begrif der Glückseligkeit festzustellen,
und in Beziehung auf denselben es <app>
<lem>darzuthun</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">deutlich zu entwickeln</rdg>
</app>, wie das Christenthum seine Verehrer seliger mache. Man vergaß es <app>
<lem>allmählig</lem>
<rdg wit="#a" type="v">allmälig</rdg>
</app>
<pb edRef="#b" n="3"/>
<pb edRef="#c" n="3"/> ganz, worauf die <index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Religion abziele, und gegen die <index indexName="subjects-index">
<term>Zeiten der Reformation</term>
</index>Zeiten der <index indexName="subjects-index">
<term>Reformation</term>
</index>Reformation war die <ptr type="editorial-commentary" target="#st_comm_b3_2"/><index indexName="subjects-index">
<term>Gesundheitslehre</term>
</index>Gesundheitslehre <index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd"><app>
<lem>Jesu</lem>
<rdg wit="#a" type="v">JEsu</rdg>
</app></persName> so vergiftet, der kirchliche <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrbegrif</term>
</index>Lehrbegrif so durchaus verderbt, daß man sich von den <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrer</term>
</index>Lehrern <index indexName="subjects-index">
<term>moralische Glückseligkeit</term>
</index>moralischer Glückseligkeit für Bosheiten, <app>
<lem>die</lem>
<rdg wit="#d" type="v">welche</rdg>
</app> man noch erst erdenken und ausüben wollte, göttliche <index indexName="subjects-index">
<term>Vergebung</term>
</index>Vergebung im voraus erkaufen <app>
<lem>konte</lem>
<rdg wit="#a" type="v">konnte</rdg>
</app>. So weit können gelehrte <app>
<lem>Spekulationen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Speculationen</rdg>
</app> uns in die Irre führen, wenn wir nicht das <index indexName="subjects-index">
<term>Ziel</term>
</index>Ziel und den eigentlichen Endzweck der <index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Religion vorher <pb edRef="#a" n="3"/> feststellen, und bey allen
theologischen Untersuchungen vor Augen behalten. <milestone type="structure" edRef="#a" unit="no-p"/><app type="structural-variance">
<lem/>
<rdg wit="#a" type="varying-structure"><seg copyOf="#st_intro_1"/></rdg>
</app></p>
<p><app type="structural-variance">
<lem xml:id="st_intro_1">Nun traten die <index indexName="subjects-index">
<term>Kirchenverbesserer</term>
</index>Kirchenverbesserer auf, und wagten den ersten Versuch, das
Christenthum von den beygemischten willkührlichen Lehrmeinungen zu
reinigen.</lem>
<rdg wit="#a" type="missing-structure"/>
</app>
<milestone type="structure" edRef="#a" unit="p"/> Ewig gesegnet sey das
Andenken dieser <app>
<lem>grossen</lem>
<rdg wit="#d" type="v">großen</rdg>
</app> Männer, daß sie den wahren Grundsatz einer völligen <app>
<lem>Berichtung</lem>
<rdg wit="#c #d" type="v">Berichtigung</rdg>
</app> des christlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrbegrif</term>
</index>Lehrbegrifs festgesetzet und behauptet haben: daß nur die <index indexName="subjects-index">
<term>heilige Schrift</term>
</index>heilige Schrift durch sich selbst <app>
<lem>erkläret,</lem>
<rdg wit="#c #d" type="v">erkläret</rdg>
</app> die einzige <app>
<lem>Erkentnißquelle</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Erkenntnißquelle</rdg>
</app> und Schiedsrichterin für die <index indexName="subjects-index">
<term>geoffenbarte Religion</term>
</index>geoffenbarte <index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Re<pb edRef="#d" n="3"/>ligion seyn müsse. Allein so viel auch immer
diese würdigen <index indexName="subjects-index">
<term>Reformatoren</term>
</index>Reformatoren arbeiteten, so <app>
<lem>konten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">konnten</rdg>
</app> sie sich doch mit ihren Untersuchungen nicht zugleich auf alles
verbreiten, und es war ihnen daher unmöglich in den wenigen unruhvollen
Jahren ihres Lebens die <index indexName="subjects-index">
<term>Verbesserung</term>
</index>Verbesserung des <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrbegrif</term>
</index>Lehrbegrifs zu vollenden. <app>
<lem>Ueberdis</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Ueberdies</rdg>
</app> fehlete es ihnen an einer <app>
<lem>genugsamen</lem>
<rdg wit="#d" type="v">genungsamen</rdg>
</app> Kentniß der <index indexName="subjects-index">
<term>Kirchengeschichte</term>
</index>Kirchengeschichte und an <index indexName="subjects-index">
<term>exegetische Hülfsmittel</term>
</index>exegetischen <app>
<lem>Hülfsmitteln;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Hülfsmitteln,</rdg>
</app> da man sich bis zu ihren Zeiten um die <index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index><index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte der Lehrmeinungen</term>
</index>Geschichte der <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrmeinungen</term>
</index><app>
<lem>Lehrmeinungen,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Lehrmeinungen</rdg>
</app>
<app>
<lem>um</lem>
<rdg wit="#a" type="typo-correction"><choice corresp="#st_a_corr_1">
<sic>und</sic>
<corr type="authorial">um</corr>
</choice></rdg>
</app> Philologie und <app>
<lem><index indexName="subjects-index">
<term>Kritik</term>
</index>Kritik</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Critik</rdg>
</app>, ja überhaupt um die ganze <index indexName="subjects-index">
<term>heilige Schrift</term>
</index>heilige Schrift wenig bekümmert hatte. <ptr type="editorial-commentary" target="#st_comm_b3_3"/>Die <index indexName="subjects-index">
<term>Reformatoren</term>
</index>Reformatoren gingen daher in ihren Prüfungen der kirchlichen Lehren
nur bis auf die Zeiten des entstandenen <index indexName="subjects-index">
<term>Pabstthum</term>
</index>Pabstthums zurück, und liessen dagegen <app>
<lem>die meisten</lem>
<rdg wit="#a" type="v">alle</rdg>
</app> Lehrbestimmungen, <app>
<lem>die</lem>
<rdg wit="#d" type="v">welche</rdg>
</app> in den ersten fünf <pb edRef="#c" n="4"/> bis sechs Jahrhunderten von
der herrschend gebliebenen <pb n="4" edRef="#b"/>
<index indexName="subjects-index">
<term>Parthey</term>
</index>Parthey angenommen waren, ohne <app>
<lem>Untersuchung</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Untersuchungen</rdg>
</app>
<app>
<lem>auf das <app>
<lem>Ansehen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Ansehn</rdg>
</app> der ältern <app>
<lem>Koncilien,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Concilien</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#c #d" type="om"/>
</app> noch als ächtes Christenthum stehen.</p>
<p>Nach ihrem Tode wurde alle fernere Berichtigung des <index indexName="subjects-index">
<term>Kirchensystem</term>
</index>Kirchensystems unterbrochen. Man schränkte aus Furcht vor etwannigen
Schwärmereyen, wodurch <app>
<lem><choice>
<sic>Bauerkriege</sic>
<corr type="editorial">Bauernkriege</corr>
</choice></lem>
<rdg wit="#d" type="typo-correction">Bauernkriege</rdg>
</app> aufs neue <app>
<lem>erregt</lem>
<rdg wit="#d" type="v">erreget</rdg>
</app> werden <app>
<lem>könten</lem>
<rdg wit="#a #c #d" type="v">könnten</rdg>
</app>, die <index indexName="subjects-index">
<term>protestantische Lehrer</term>
</index>protestantischen <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrer</term>
</index>Lehrer auf den von den <index indexName="subjects-index">
<term>Reformatoren</term>
</index>Reformatoren vor der Hand <app>
<lem>genugsam</lem>
<rdg wit="#a #d" type="v">genungsam</rdg>
</app> verbesserten <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrbegrif</term>
</index>Lehrbegrif ein, und versymbolisirte alle weitere <index indexName="subjects-index">
<term>Aufklärung</term>
</index>Aufklärung noch zuletzt durch das <index indexName="subjects-index">
<term>Konkordienbuch</term>
</index><app>
<lem>Konkordienbuch</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Concordi<pb edRef="#a" n="4"/>enbuch</rdg>
</app>. <ptr type="editorial-commentary" target="#st_comm_a4"/>Wir <app>
<lem>finden</lem>
<rdg wit="#a" type="v">haben</rdg>
</app> daher noch in <app>
<lem>vielen gelehrten Systemen mancherley</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">dem herrschenden <index indexName="subjects-index">
<term>Kirchensystem</term>
</index>Kirchensysteme den ganzen</rdg>
</app> Wust menschlicher <index indexName="subjects-index">
<term>Hypothesen</term>
</index>Hypothesen, welche schon in den ersten sechs Jahrhunderten, zum
Theil aber auch noch später, aus mißverstandenen Theorien der Egyptischen,
<index indexName="subjects-index">
<term>chaldäisch</term>
</index>Chaldäischen, Jüdischen, <index indexName="subjects-index">
<term>platonisch</term>
</index>Platonischen, <index indexName="subjects-index">
<term>gnostisch</term>
</index>Gnostischen, <index indexName="subjects-index">
<term>manichäisch</term>
</index>Manichäischen und <index indexName="subjects-index">
<term>aristotelisch</term>
</index>Aristotelischen Philosophie mit dem <app>
<lem>Christenthum</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Christenthume</rdg>
</app> vermischt worden sind.</p>
<p>Da nun viele <index indexName="subjects-index">
<term>protestantisch</term>
</index>protestantische <index indexName="subjects-index">
<term>Gottesgelehrte</term>
</index>Gottesgelehrte <app>
<lem>diese <index indexName="subjects-index">
<term>spekulative Träumereyen</term>
</index>spekulative</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">dieses Mischmasch von speculativen</rdg>
</app> Träumereyen, in <app>
<lem>welchem</lem>
<rdg wit="#c #d" type="v">welchen</rdg>
</app> wenig oder gar keine ersichtliche Abzweckung auf Glückseligkeit
anzutreffen ist, noch immer für <app>
<lem>nothwendige Theile der reinen beseligenden</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">die reine beseligende</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Lehre Jesu</term>
</index>Lehre <index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName> ausgeben, so ist es
kein Wunder, daß mit jeder <app>
<lem>mehrern</lem>
<rdg wit="#d" type="v">mehreren</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Aufklärung</term>
</index>Aufklärung der <index indexName="subjects-index">
<term>Nation</term>
</index><app>
<lem>Nation</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Nation,</rdg>
</app> auch der <index indexName="subjects-index">
<term>Zweifel</term>
</index>Zweifel gegen die <pb edRef="#d" n="4"/> Göttlichkeit des
Christenthums immer mehrere werden, und alle <index indexName="subjects-index">
<term>selbstdenkend</term>
</index>selbstdenkende Köpfe und <index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheitsforscher</term>
</index>Wahrheitsforscher nach und nach unsre <index indexName="subjects-index">
<term>Kirchen</term>
</index>Kirchen verlassen.</p>
<p>Wer nun unter meinen theologischen Lesern von dem <index indexName="subjects-index">
<term>Geist der ersten Reformatoren</term>
</index><app>
<lem>Geist</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Geiste</rdg>
</app> der ersten <index indexName="subjects-index">
<term>Reformatoren</term>
</index>Reformatoren beseelt, Muth <app>
<lem>genug</lem>
<rdg wit="#a #d" type="v">genung</rdg>
</app> hat, sich von den <app>
<lem>sklavischen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">sclavischen</rdg>
</app> Fesseln menschlicher <index indexName="subjects-index">
<term>Autoritäten</term>
</index>Autoritäten und verjährter <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrformeln</term>
</index>Lehrformeln frey zu machen, doch aber noch in Verlegenheit ist, wie
er sich aus dem <pb n="5" edRef="#b"/>
<pb edRef="#c" n="5"/>
<index indexName="subjects-index">
<term>Labyrinth</term>
</index><app>
<lem>Labyrinth</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Labyrinthe</rdg>
</app> der willkührlichen in einander laufenden <index indexName="subjects-index">
<term>Hypothesen</term>
</index>Hypothesen hinaus retten soll, dem biete ich durch diese Schrift
einen Leitfaden an, vermittelst dessen er aus allen Irrgängen des <index indexName="subjects-index">
<term>Kirchensystem</term>
</index>Kirchensystems sich heraus finden, und auf den geraden von <index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Christo</persName> gebahnten Weg
gelangen <app>
<lem>könne</lem>
<rdg wit="#c #d" type="v">wird</rdg>
</app>, auf welchem <ptr type="editorial-commentary" target="#st_comm_b5"/>das <index indexName="subjects-index">
<term>Ziel</term>
</index>Ziel <app>
<lem><app>
<lem>unsrer</lem>
<rdg wit="#c" type="v">unserer</rdg>
</app>
<app>
<lem>grossen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">großen</rdg>
</app></lem>
<rdg wit="#d" type="pp">unserer großen</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Bestimmung</term>
</index>Bestimmung mit solcher Klarheit uns entgegen leuchtet, daß auch der
ungelehrte Christ an der Hand seines <index indexName="subjects-index">
<term>Lehrer</term>
</index>Lehrers, ohne erst nach Arabiens Wüsten zu reisen und Hor und Sinai
zu beklettern, zu immer <index indexName="subjects-index">
<term>höhere Glückseligkeit</term>
</index>höherer Glückseligkeit mit gesicherten Schritten hinansteigen <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#a" type="v">kann</rdg>
</app>.</p>
<app type="structural-variance">
<lem><p xml:id="st_intro_2a">Zuvörderst müssen wir das <index indexName="subjects-index">
<term>Ziel</term>
</index>Ziel unserer Bestrebungen ins <index indexName="subjects-index">
<term>Licht</term>
</index>Licht setzen: wir müssen deutlich einsehen, was <index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index><app>
<lem>Seligkeit</lem>
<rdg wit="#c #d" type="v">Seeligkeit</rdg>
</app> überhaupt und insonderheit menschliche <app>
<lem>Glückse<pb edRef="#a" n="5"/>ligkeit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Glückseeligkeit</rdg>
</app>
<app>
<lem>ist</lem>
<rdg wit="#d" type="v">sey</rdg>
</app>, ehe wir beurtheilen können, ob eine angebliche Anleitung zu
derselben uns wirklich zum <app>
<lem>Zweck führet</lem>
<rdg wit="#d" type="pp">Zwecke führe</rdg>
</app> oder davon weiter <app>
<lem>entfernt</lem>
<rdg wit="#d" type="v">entferne</rdg>
</app>. Es gehöret wol gewiß unter die allergrößten Sonderbarkeiten
in der <index indexName="subjects-index">
<term>Geschichte</term>
</index>Geschichte des menschlichen <index indexName="subjects-index">
<term>Verstand</term>
</index>Verstandes, daß man Jahrhunderte hindurch mit <app>
<lem>ungemeinem</lem>
<rdg wit="#a" type="v">größtem</rdg>
</app>
<app>
<lem>Scharfsinn</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Scharfsinne</rdg>
</app> theologische Systeme bearbeitet hat, in welchen der Weg zur
<index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index>Seligkeit wissenschaftlich vorgezeichnet und demonstrirt
werden soll, und daß dem ohnerachtet es keinem der <index indexName="subjects-index">
<term>dogmatisch</term>
</index>dogmatischen <index indexName="subjects-index">
<term>Wegweiser</term>
</index>Wegweiser in den <index indexName="subjects-index">
<term>Sinn</term>
</index>Sinn gekommen ist, das <index indexName="subjects-index">
<term>Ziel</term>
</index>Ziel der <app>
<lem>Glückseligkeit,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Glückseligkeit</rdg>
</app> zu welchem die Menschen geführet werden <app>
<lem>sollen,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">sollen</rdg>
</app> gehörig zu bestimmen und <index indexName="subjects-index">
<term>aufklären</term>
</index>aufzuklären. Vergeblich habe ich alle ältere und neuere mir <app>
<lem>bekante <index indexName="subjects-index">
<term>dogmatisch</term>
</index>dogmatische</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">bekannte theologische</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Lehrbücher</term>
</index>Lehrbücher <app>
<lem>durchblättert,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">durchblättert</rdg>
</app> um eine ausführliche <index indexName="subjects-index">
<term>Entwickelung</term>
</index><app>
<lem>Entwickelung,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Entwickelung</rdg>
</app> und <app>
<lem>bestimte</lem>
<rdg wit="#a" type="v">bestimmte</rdg>
</app> Erklärung davon, was eigentlich Glückseligkeit sey,
aufzufinden; aber alles, was ich darüber mit der Mine des Tiefsinns
kunstmäßig <app>
<lem><app>
<lem>genug</lem>
<rdg wit="#d" type="v">ge<pb edRef="#d" n="5"/>nung</rdg>
</app> gesagt</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">genung gesagt,</rdg>
</app> angetroffen habe, ist entweder <index indexName="subjects-index">
<term>mystisch</term>
</index>mystisches <app>
<lem>Wortgepränge</lem>
<rdg wit="#c #d" type="v">Wortgepränge,</rdg>
</app> oder eine Verweisung auf ein <index indexName="subjects-index">
<term>metaphysisch</term>
</index>metaphysisches <app>
<lem>Kompendium</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Compendium</rdg>
</app> gewesen, wo ich beym <pb n="6" edRef="#b"/>
<pb edRef="#c" n="6"/> Nachschlagen <app>
<lem>fand,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">fand;</rdg>
</app> die <index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index>Seligkeit sey der Inbegrif alles einem <app>
<lem>Geiste</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Geist</rdg>
</app> zukommenden Guten. Aber was ist denn das Gute, was einem <app>
<lem>Geiste zukomt? Welche Güter können einem <index indexName="subjects-index">
<term>endlicher Geist</term>
</index><hi>endlichen</hi>, welche einem
<hi>menschlichen</hi> Geiste zukommen? Was fasset der
Inbegrif von Gutem, welcher <index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index>Seligkeit <app>
<lem>heissen</lem>
<rdg wit="#d" type="v">heißen</rdg>
</app> soll, in sich? Welche Güter können allenfals fehlen?
Wie viele derselben sind hier zusammenzubringen möglich? –
Diese und hundert <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#d" type="v">andere</rdg>
</app> Fragen beantwortet kein <index indexName="subjects-index">
<term>Dogmatiker</term>
</index>Dogmatiker. Und wenn</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">Geist zukommt? – Da <choice corresp="#st_a_corr_2">
<sic>werd</sic>
<corr type="authorial">ward</corr>
</choice> ich</rdg>
</app> in einem <app>
<lem><app>
<lem>Lehrbuch</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Lehrbuche</rdg>
</app> der christlichen Moral ein guter Begrif von
menschlicher Glückseligkeit sich noch finden <app>
<lem>läßt</lem>
<rdg wit="#d" type="v">lässet</rdg>
</app>, so wird doch in der <index indexName="subjects-index">
<term>Glaubenslehre</term>
</index>Glaubenslehre keine Rücksicht weiter darauf
genommen; gerade, als ob die <index indexName="subjects-index">
<term>moralische Glückseligkeit</term>
</index>moralische Glückseligkeit eine ganz <app>
<lem>andre</lem>
<rdg wit="#d" type="v">andere</rdg>
</app> wäre, als die, welche der <index indexName="subjects-index">
<term>Glaube</term>
</index>Glaube bewirken soll.</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">Kreislauf von Worterklärungen
herumgetrieben, der mich ermüdete, ohne mich klüger zu
machen. –</rdg>
</app><milestone type="structure" edRef="#a" unit="no-p"/></p>
<p xml:id="st_intro_2b">Ob ich nun gleich zugestehe, daß Prediger ohne
selbst <app>
<lem>auseinandergesetzte</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">aus einander gesetzte</rdg>
</app> und <app>
<lem>bestimte</lem>
<rdg wit="#a" type="v">bestimmte</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Begriffe</term>
</index>Begriffe von der Beschaffenheit und den <index indexName="subjects-index">
<term>Grade</term>
</index>Graden der uns Menschen zu erlangen möglichen <index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index>Seligkeit zu haben, dennoch vieles erbauliche und die
Glückseligkeit ihrer Zuhörer befördernde vortragen <app>
<lem>können,</lem>
<rdg wit="#a" type="v">können;</rdg>
</app> wie solches denn auch wirklich alle Tage geschieht; so ist
doch auch unläugbar, daß Mängel und Fehler in dem <index indexName="subjects-index">
<term>Begriff</term>
</index><app>
<lem>Begrif</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Begriffe</rdg>
</app>, was <index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index>Seligkeit ist, auch nothwendig Mängel und Fehler in den
Anweisungen dazu nach sich ziehen müssen, und daß schlechterdings
kein <index indexName="subjects-index">
<term>wissenschaftliches Erkentniß</term>
</index>wissenschaftliches Erkentniß von den <index indexName="subjects-index">
<term>Wege</term>
</index>Wegen zur Glückse<pb edRef="#a" n="6"/>ligkeit statt haben
könne, so lange man nicht aufs deutlichste und <app>
<lem>bestimteste</lem>
<rdg wit="#a" type="v">bestimmteste</rdg>
</app> einsieht, wohin unsre Bestrebungen eigentlich <app>
<lem>abzwecken</lem>
<rdg wit="#a" type="v">abzielen</rdg>
</app> müssen, und was das letzte <index indexName="subjects-index">
<term>Ziel</term>
</index>Ziel unsrer Wünsche sey. Verschiedene gelehrte Prediger, <app>
<lem>die</lem>
<rdg wit="#d" type="v">welche</rdg>
</app> in <app>
<lem>ihrem vieljährigen</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">ihren vieljährigem</rdg>
</app> Amte sich um die <index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index>Seligkeit ihrer Zuhörer in der That nicht wenig verdient
gemacht hatten, sind, als ich sie ehedem zu meiner <app>
<lem>eignen</lem>
<rdg wit="#d" type="v">eigenen</rdg>
</app> Belehrung um eine <index indexName="subjects-index">
<term>Entwickelung</term>
</index>Entwickelung des ei<pb n="7" edRef="#b"/><pb edRef="#c" n="7"/>gentlichen Begrifs der <index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index>Seligkeit ersuchte, wie aus dem Traume erwacht, und haben
mir mit Erstaunen über sich selbst gestanden, daß sie <pb edRef="#d" n="6"/> sich bey allen ihren theologischen gelehrten Uebungen, <app>
<lem>nie veranlaßt</lem>
<rdg wit="#d" type="pp">niemals veranlasset</rdg>
</app> befunden hätten, etwas <app>
<lem>bestimtes</lem>
<rdg wit="#a #d" type="v">bestimmtes</rdg>
</app> darüber bey sich festzusetzen. – Zu dieser Untersuchung,
<hi>was eigentlich</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index><hi>Seligkeit eines</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>endlicher Geist</term>
</index><hi>endlichen Geistes sey,</hi> werde ich in dem
<hi>ersten</hi>
<app>
<lem><hi>Abschnitt</hi></lem>
<rdg wit="#d" type="v"><hi>Abschnitte</hi></rdg>
</app> dieser Schrift näher <app>
<lem>vorbereiten</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">vorbereiten, und meine Leser, so weit
ich selbst darin bis jetzt gekommen bin führen</rdg>
</app>.</p></lem>
<rdg wit="#a" type="varying-structure"><join scope="branches" target="#st_intro_2a #st_intro_2b" result="p"/></rdg>
</app>
<p>Zweytens müssen wir die Kräfte, Fähigkeiten und Empfänglichkeiten des
Menschen, oder alle in unsrer Natur und Verhältnissen <app>
<lem>vorhandne</lem>
<rdg wit="#d" type="v">vorhandene</rdg>
</app>
<hi>Anlagen zu</hi>
<app>
<lem><hi>höherer</hi></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><hi>höhrer</hi></rdg>
</app>
<hi>Glückseligkeit</hi>
<app>
<lem>genauer kennen lernen:</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">uns bekannt machen,</rdg>
</app> weil nur hieraus deutlich eingesehen werden <app>
<lem>kan</lem>
<rdg wit="#a" type="v">kann</rdg>
</app>, was für <index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index>Seligkeit und welche <index indexName="subjects-index">
<term>Grade</term>
</index>Grade derselben uns zu erreichen möglich sind. <app>
<lem>Dis</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Dies</rdg>
</app> wird den Inhalt des <hi>zweyten</hi>
<app>
<lem><hi>Abschnitts</hi></lem>
<rdg wit="#d" type="v"><hi>Abschnittes</hi></rdg>
</app> dieser Abhandlung ausmachen.</p>
<p>Im <hi>dritten</hi>
<app>
<lem><hi>Abschnitt</hi></lem>
<rdg wit="#c #d" type="v"><hi>Abschnitte</hi></rdg>
</app> werde ich <hi>die Schranken der menschlichen Kräfte</hi> und die <app>
<lem>mannigfaltige</lem>
<rdg wit="#d" type="v">mannigfaltigen</rdg>
</app> Hindernisse, welche den <index indexName="subjects-index">
<term>Fortgang</term>
</index>Fortgang unsrer <app>
<lem>Bestrebungen</lem>
<rdg wit="#a" type="v">Bestrebung</rdg>
</app> nach Glückseligkeit hemmen, ins Licht <app>
<lem>setzen:</lem>
<rdg wit="#a #d" type="v">setzen,</rdg>
</app> weil eben hieraus so wol die Nothwendigkeit, als auch die zweckmäßige
Beschaffenheit der Hülfe, <app>
<lem>die</lem>
<rdg wit="#d" type="v">welche</rdg>
</app> wir von der <index indexName="subjects-index">
<term>Religion</term>
</index>Religion zur <index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index><app>
<lem>Seligkeit</lem>
<rdg wit="#c" type="v">Seeligkeit</rdg>
</app> bedürfen, deutlich und <app>
<lem>bestimt erkant</lem>
<rdg wit="#a" type="pp">bestimmt erkannt</rdg>
</app> werden muß.</p>
<p><app>
<lem>Alsdenn</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Alsdann</rdg>
</app> wird es uns im <hi>vierten</hi>
<app>
<lem><hi>Abschnitt</hi></lem>
<rdg wit="#d" type="v"><hi>Abschnitte</hi></rdg>
</app> leicht werden, augenscheinlich darzuthun, wie <hi>die</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Lehre Jesu</term>
</index><hi>Lehre</hi>
<index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>
<pb edRef="#a" n="7"/> in Beziehung auf unsre Anlagen zur Glückseligkeit und
auf unser natürliches <index indexName="subjects-index">
<term>Unvermögen</term>
</index>Unvermögen, uns von selbst zu <index indexName="subjects-index">
<term>höhere Grade</term>
</index><app>
<lem>höhern</lem>
<rdg wit="#d" type="v">höheren</rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Grade</term>
</index>Graden derselben zu erheben, <hi>die allerangemessenste Hülfe und
Unterstützung</hi>
<app>
<lem><hi>gewährt</hi></lem>
<rdg wit="#d" type="v"><hi>gewähre</hi></rdg>
</app>, bey deren rechten Gebrauch wir unfehlbar immer seliger werden
müssen.</p>
<p><pb n="8" edRef="#b"/>
<pb edRef="#c" n="8"/> Im <hi>fünften</hi>
<app>
<lem><hi>Abschnitt</hi></lem>
<rdg wit="#d" type="v"><hi>Abschnitte</hi></rdg>
</app> will ich auf <hi>die</hi>
<app>
<lem><hi>menschliche ungegründete</hi></lem>
<rdg wit="#d" type="pp"><hi>menschlichen ungegründeten</hi></rdg>
</app>
<index indexName="subjects-index">
<term>Hypothesen</term>
</index><hi>Hypothesen</hi>, wodurch die Wirksamkeit der
Glückseligkeitslehre <index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName> zeitig geschwächt
worden <app>
<lem>ist</lem>
<rdg wit="#a" type="om"/>
</app>, aufmerksam machen und die <index indexName="subjects-index">
<term>Autorität</term>
</index>Autorität ihrer <app>
<lem>Erfinder</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Erfinder,</rdg>
</app> nebst dem <app>
<lem>Blendwerk</lem>
<rdg wit="#d" type="v">Blendwerke</rdg>
</app> der scheinbaren Beweise für <app>
<lem>dieselben</lem>
<rdg wit="#d" type="v">dieselbe</rdg>
</app>
<app>
<lem>schwächen;</lem>
<rdg wit="#a" type="v">schwächen,</rdg>
</app> ohne mich jedoch auf blos <index indexName="subjects-index">
<term>spekulative Träumereyen</term>
</index><app>
<lem>spekulative</lem>
<rdg wit="#a" type="v">speculative</rdg>
</app> Träumereyen, die keinen praktischen Ein<pb edRef="#d" n="7"/>fluß auf
unsre <index indexName="subjects-index">
<term>Zufriedenheit</term>
</index>Zufriedenheit und <index indexName="subjects-index">
<term>Hofnungen</term>
</index>Hofnungen haben, dabey einzulassen.</p>
<p>Im <hi>sechsten</hi>
<app>
<lem><hi>Abschnitt</hi></lem>
<rdg wit="#d" type="v"><hi>Abschnitte</hi></rdg>
</app> wird <app>
<lem>alsdenn</lem>
<rdg wit="#d" type="v">alsdann</rdg>
</app> das unvermischte <hi>reine</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>System</term>
</index><hi>System der</hi>
<app>
<lem><hi>Anweisungen</hi></lem>
<rdg wit="#a" type="v"><hi>Anweisung</hi></rdg>
</app>
<index indexName="persons-index">
<term>Jesus Christus</term>
<term type="alternative">Christus</term>
</index><persName ref="textgrid:255cd"><hi>Christi</hi></persName>
<hi>zur</hi>
<index indexName="subjects-index">
<term>Seligkeit</term>
</index><hi>Seligkeit</hi> ohne Schwierigkeit dargestellet werden können,
welches jedem <index indexName="subjects-index">
<term>Wahrheitsforscher</term>
</index>Wahrheitsforscher durch seine <app>
<lem>innre</lem>
<rdg wit="#d" type="v">innere</rdg>
</app> Uebereinstimmung und durch die genaue Angemessenheit zu <app>
<lem>unsern</lem>
<rdg wit="#d" type="v">unsren</rdg>
</app> Bedürfnissen und Wünschen ohne <app>
<lem>tiefsinnige</lem>
<rdg wit="#a" type="v"><index indexName="subjects-index">
<term>transcendent</term>
</index>transcendente</rdg>
</app> Beweise durchaus <app>
<lem>als</lem>
<rdg wit="#d" type="v">alle</rdg>
</app> göttliche Wahrheit einleuchten wird.</p>
</div>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="st_comm_a2">
<label>Dis sahen die Weltweisen unter den Griechen und Römern wohl ein, und
daher finden wir in ihren Schriften so viele genaue Untersuchungen über das
höchste Gut des Menschen oder die fines bonorum</label>
<p>Steinbart stellt seine Glückseligkeitslehre in die Tradition der antiken
eudämonistischen Ethik: Der Begriff „Glückseligkeit“ (von altgr. <foreign xml:lang="grc">εὐδαιμονία</foreign>) begegnet etwa schon bei Aristoteles
(384–322 v. Chr.), der im glückseligen Leben das höchste Gut des
menschlichen Lebens erblickte und daraus Handlungsnormen für das politische
Gemeinwesen abzuleiten suchte (vgl. Aristoteles, <hi>Ethica Nicomachea</hi>,
ca. 335–323 v. Chr.). Angespielt wird außerdem auf den römischen Redner,
Politiker und Philosophen Marcus Tullius Cicero (106–43 v. Chr.), der sich
in seinem Werk <hi>De finibus bonorum et malorum</hi> (5 Bde., 45 v. Chr.)
kritisch mit dem epikureischen Hedonismus sowie der stoischen Auffassung des
sittlich Guten auseinandersetzt und am Ende gegenüber der Vorstellung eines
glücklichen Lebens, das sowohl Tugend als auch äußerliche Güter beinhaltet,
skeptisch bleibt. – Nachdem die Popularphilosophie der Aufklärung in ihren
unterschiedlichen Spielarten die Glückseligkeit als Motiv des sittlichen
Handelns wiederentdeckt und (bisweilen utilitaristisch überspitzt) in die
Bestimmung des Menschen eingezeichnet hatte, kritisierte Kant eine einseitig
auf Hedonismus reduzierte Ethik, welche die „Pflicht“ als Beweggrund
unterbestimmt lasse. Dass die Glückseligkeit aber als Folge des guten
Handelns eintreten müsse, stand auch für ihn nicht in Frage (vgl. Kant,
<hi>Kritik der praktischen Vernunft</hi>, 1788, AA V, 113–119).</p>
</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="st_comm_b2">
<label>daß die mit der erhabensten Simplicität vorgetragene Lehre Jesu in eine
transcendente Wissenschaft verwandelt und mit übel verstandenen
philosophischen Theorien aller Gegenden, worin sich das Christenthum
ausbreitete, von Jahrhundert zu Jahrhundert immer mehr vermischt
ward</label>
<p>Für nähere Hinweise zu den Akkommodationen der Alten Kirche und des
Mittelalters sei auf den dogmengeschichtlichen fünften Abschnitt der
Glückseligkeitslehre verwiesen (vgl. §§ 41–66). In der Debatte um Steinbarts
Schrift wird neben der augustinischen Erbsündenlehre und ihren manichäischen
Einflüssen auch die scholastische Konzeption einer kosmologischen
Rangordnung auf dem Weg zur Schau Gottes thematisiert, die der
ursprünglichen Religion Jesu ein philosophisches Gewand gegeben habe und nun
von ihren metaphysischen Überzeichnungen konsequent abgelöst werden sollte:
So argumentiert beispielsweise Semler auf der Basis der Unterscheidung von
Theologie und Religion, die scholastische Theologie sei „nie für den
Unterricht der Nation [...] geschehen; sondern für den Lehrstand“ (Semler,
<hi>Zusätze</hi> [über Steinbarts System], 138; Hervorhebungen
gelöscht).</p>
</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="st_comm_b3_2">
<label>Gesundheitslehre</label>
<p>Lavater hat den Begriff aufgenommen, um auf der Basis seines konsequent
antirationalistischen Individualitätsgedankens mithilfe einer Allegorie
gegen Steinbart zu argumentieren: „Wenn einer eine Gesundheitslehre schreibt
und auf den Titel setzt – Tissotische Gesundheitslehre – So ist [...] die
Frage, wozu dieser Titel schlechterdings berechtigt“ (Lavater, <hi>Etwas
über Herrn Consistorialrath Steinbarts System</hi>, in: Semler, Lavaters
Urtheile, 18; Hervorhebungen gelöscht). Damit wird angespielt auf die von
dem Schweizer Arzt Samuel Auguste André David Tissot (1728–1797) verfasste
Abhandlung <hi>Von der Gesundheit der Gelehrten</hi>, aus dem Französischen
übersetzt von Johann Rudolf Füssli (1709–1793), 1768. „[I]st das“, so
Lavater weiter, „was das eigenthümliche, characteristische, individuelle der
Tissotischen Gesundheitslehre ausmacht, ist das getreulich und vollständig
drinn enthalten?“ So wie die Lehre Tissots unter allen Gesundheitslehren ein
Individuum sei, dürfe insbesondere das Christentum als Individuum unter den
Religionen „weder idealisirt, noch karrikaturirt, weder übergliedert, noch
verstummelt werden“ (Lavater aaO; Hervorhebungen gelöscht). – Semler hält
diesen Vergleich für unzutreffend: „Kein Leser des Tissot, kein Urheber
einer danach gemachten Theorie, oder eines neuen Auszugs, kan in dem Falle
seyn, worin viele Urheber eines christlichen Lehrbuchs, und viele
aufrichtige Leser des N. T. und des Steinbartischen Systems jezt seyn
können. [...] Hr. Lavater aber hängt alles Christentum, sein Wesen, sein
Daseyn, ganz an Vorstellungen von der so bestimten Person Christi. Dis ist
aber schon eine einzele Anname der christlichen Lehre“ (Semler,
<hi>Zusätze</hi> [über Steinbarts System], 113f.; Hervorhebungen
gelöscht). Anders als Lavaters Rezension vermuten lässt, begegnet der
Begriff bei Steinbart nur an zwei Stellen (vgl. b3 und b25).</p>
</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="st_comm_b3_3">
<label>Die Reformatoren gingen daher in ihren Prüfungen der kirchlichen Lehren
nur bis auf die Zeiten des entstandenen Pabstthums zurück, und liessen
dagegen die meisten Lehrbestimmungen, die in den ersten fünf bis sechs
Jahrhunderten von der herrschend gebliebenen Parthey angenommen waren, ohne
Untersuchung auf das Ansehen der ältern Koncilien, noch als ächtes
Christenthum stehen</label>
<p>Hinsichtlich der reformatorischen Beurteilung der Alten Kirche dürfte
Steinbart zunächst an Luther denken, von dessen grundsätzlicher
Infragestellung der Kirchenväter als menschliche Autoritäten die
christologischen und trinitarischen Dogmen der Alten Kirche verschont
geblieben waren, da seiner Ansicht nach die Konzilien hier den Inhalt der
heiligen Schrift angemessen zur Sprache gebracht hätten und die Herrschaft
des Antichrist in der Kirche erst um ca. 600 begonnen habe (vgl.
insbesondere Luther, <hi>Von den Konziliis und Kirchen</hi>, 1539). Diese
weitgehende Anerkennung der altkirchlichen Lehre bei gleichzeitiger
Verurteilung der scholastischen Theologie sollte sich in der
protestantischen Kirchengeschichtsschreibung fortsetzen, auch wenn sie im
konfessionellen Zeitalter zunehmend für identitätspolitische
Selbstbehauptungsansprüche funktionalisiert wurde (vgl. etwa die von
Matthias Flacius [1520–1575] initiierten „Magdeburger Centurien“, die auf
breiter Quellenbasis die geschichtliche Notwendigkeit der Reformation
aufzuzeigen suchten: <hi>Ecclesiastica Historia</hi> [...], 13 Bde.,
1559–1574. Steinbart zitiert sie an anderer Stelle [vgl. b143]).</p>
</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="st_comm_a4">
<label>Wir haben daher noch in dem herrschenden Kirchensysteme den ganzen Wust
menschlicher Hypothesen</label>
<p>Diese Wendung der ersten Auflage von 1778 findet sich ein Jahr später in
ähnlicher Form bei Carl Friedrich Bahrdt. Dieser spricht von einem
„unübersehligen Wust der Systemsreligion“ (Bahrdt, Glaubensbekenntniß
[1779], in: Carl Friedrich Bahrdt/Johann Salomo Semler,
<hi>Glaubensbekenntnisse</hi> [1779–1792], hg. von Andreas
Pietsch / Christian Weidemann [BdN I], 2020, 1–9, 6). – Semler kritisiert
diese bei Steinbart „gemäßigt“ und bei Bahrdt „ausgedehnt“ vorkommenden
Bemerkungen als „unvorsichtig“, weil sie seiner Meinung nach das öffentliche
Bekenntnis gefährden. Im Rahmen der theologischen Wissenschaft dürften die
dogmatischen Lehrsätze schon lange hinterfragt werden und pluralistisch
nebeneinanderstehen – für die Sicherstellung kirchlicher Identität jedoch
sei an der pfarramtlichen Bekenntnisverpflichtung festzuhalten. Vgl. Semler,
<hi>Zusätze</hi> [über Steinbarts System], 138–142 sowie Anm. 104 in der
<hi>Einleitung</hi> dieser Edition.</p>
</note>
<note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="st_comm_b5">
<label>das Ziel unsrer grossen Bestimmung</label>
<p>Diese Grundidee der deutschen Aufklärung hat bekanntlich bei Johann Joachim
Spalding ihren prominenten literarischen Ausdruck gefunden (vgl. Spalding,
<hi>Die Bestimmung des Menschen</hi> [<hi rend="superscript">1</hi>1748–<hi rend="superscript">11</hi>1794], hg. von Albrecht Beutel
/ Daniela Kirschkowski / Dennis Prause [SpKA I/1], 2006), zur
anthropologischen Wende des 18. Jahrhunderts maßgeblich beigetragen und auch
in Steinbarts literarischem Schaffen ihre Wirkung entfaltet. Spalding
skizziert in Anknüpfung an Anthony Ashley Cooper, 3. Earl of Shaftesbury
(1671–1713) den Prozess einer vernünftigen Lebenssinndeutung in der Form
eines inneren Dialogs und kommt dabei zu einer religiösen Vertiefung des
Moralitätsgedankens, bei der Gott und Unsterblichkeit (auf Kant
vorausweisend) als regulative Ideen für die Bestimmung des Menschen –
„rechtschaffen und in der Rechtschaffenheit glückselig zu seyn“ (aaO 25) –
aufgefasst werden. Auch wenn der Name Spalding im Gegensatz zu anderen
Neologen wie Sack (vgl. bXII und bXXIV), Semler (vgl. bXXIX, bXLVf. und
b105) oder Teller (vgl. bXV) im <hi>System</hi> an keiner Stelle erwähnt
wird und Steinbart darüber hinaus mit seiner Verknüpfung von Moralität,
Glückseligkeit und Religion v.a. auf den theologischen Wolffianismus
rekurriert, hat er sich Idee und Begriff einer individuellen und allgemeinen
Bestimmung des Menschen sichtbar angeeignet (vgl. insbesondere §§
96–98).</p>
</note>
</div>
</div>