|c[3]| Herr Doktor
Semler in Halle, hat auf mein
Glaubensbekenntniß
, welches weder eine
Frage noch eine
Widerlegung war, eine
Antwort
geschrieben. In dieser Antwort hat er in Absicht auf politische Duldung solche Grundsätze geäusert, die destomehr befremden müssen,
jemehr er bisher selbst einer viel weitern Duldung zu bedürfen geschienen hat. Denn er ist in Ansehung vieler Punkte nur in so weit von mir unterschieden, daß er, außer der abweichenden Meinung, auch die orthodoxe Meinung entweder selbst oder in ei
|c4|nem andern Sinne vorträgt, der nicht der Sinn der Abfasser der öffentlichen Glaubensbekenntnisse ist.
Ich erkläre hiermit, daß ich, um nicht das Publikum zu ärgern, gegen diese Antwort nicht schreiben werde. Ich mache also, blos um einige darinnen gegen mich enthaltene Beschuldigungen zu zernichten, folgendes bekannt.
1.
Herr Doktor Semler
entschuldigt das so befremdende Unternehmen gegen mein Glaubensbekenntniß zu schreiben damit: daß ich gesagt:
Tausende sind meiner Meinung etc.
Antwort. a. Da ich ihn unter den Tausenden nicht genannt habe, so konnte er noch zu den mehrern Tausenden gehören, die der Meinung nicht sind, welche ich als die meinige bekannt habe.
b.
In der Einleitung sagt er selbst, daß er mir schon in einem Briefe, ehe mein Glaubensbekenntniß erschienen war, gedrohet habe gegen dasselbe zu schreiben: also, ehe er noch wuste
|c5| daß ich darinnen von jenen Tausenden reden würde. Offenbarer Widerspruch! Und in einer solchen Sache!
2.
H.
D.
S.
beschuldigt mich, ich hätte eine
neue Universalreligion der Welt
aufdringen und die Staatsgesetze
abändern wollen.
Antwort. Ich erkläre hiermit, und der Augenschein lehrt es in meinem gedruckten Bekenntnisse, daß ich solches keinem Menschen habe
aufdringen wollen – der Gesetzgebenden Macht, oder einem Theile derselben, Vorstellungen gegen ein Gesetz thun, heist nicht:
Staatsgesetze abändern. –
In England sind häufige Bittschriften über die Abschaffung der Subscription an die Gesetzgebende Macht ergangen, und nie hat man den Bittenden daraus ein Verbrechen gemacht, noch weniger Schuld gegeben, sie hätten die Staatsgesetze abändern wollen.
3.
H.
D.
S.
macht mir ein Verbrechen daraus, daß ich einige Sätze der symbolischen Bücher für falsch und schädlich erklärt und diese Bücher, (in ihrer jetzigen
|c6| Ausdehnung) für unnütz und die Gewissen belastend erkannt habe.
Antwort. 1. Es ist erlaubt,
menschliche Meinungen, irrig oder der Moralität nachtheilig zu nennen.
Blackburne , Archidiakonus von York nennt in seinem Confessional, einige Sätze der 39 Artikel
unmoralisch und
absurd (welches ich nicht gethan habe.) Man hat ihn zu widerlegen gesucht, aber niemand hat es ihm zu einem
Verbrechen gemacht.
2. Dadurch, daß ich mich so über einige Sätze der Bekenntnißbücher erklärt habe, habe ich mich nicht einmal von der
Lutherischen Kirche losgesagt.
Blackburne ist Archidiakonus von York geblieben, ohngeachtet er sich weit stärker erklärt hatte, als ich. Man muß abwarten, daß ich ausdrücklich selbst erkläre, ich wolle kein lutherischer Doktor der Theologie mehr seyn, so wie es
Lindsey in England in Ansehung seiner Rektorschip in Carterick gethan hat. Bis dahin muß man voraussetzen, daß ich mein Gewissen wieder beruhigt habe, und meiner innern Ueberzeugung ohngeachtet, die Lehren der Glaubensbücher öffentlich vortragen und erklären kann, welches
|c7| nach
der von
H.
D.
S.
so empfolnen
doppelten Lehrart gar leicht geschehen kann.
4.
H.
D.
S.
versichert, ich hätte alle Lehrer der Kirche
Heuchler gescholten, die nicht eben solche Bekenntnisse ablegen wollten.
Antwort. Ich habe, wie der Augenschein lehret, das nicht gesagt.
Ich habe blos behauptet:
ich –
würde ein Heuchler seyn, wenn ich, so aufgefodert, die erkannte Warheit verschweigen wollte.
Ich überlasse es übrigens einem denkenden und empfindenden Publikum zu beurtheilen, mit was für einem Herzen man die feindseligen Ausstreuungen gegen einen Wehrlosen und Unglücklichen, sammlen und drucken lassen kann. Wenn Leute von gemeiner Denkungsart, bey solchen Umständen, wie die meinigen sind, auf einen Gedruckten und Waffenlosen losschlagen, ihn schänden, und Lügen oder verunstaltete Warheiten wider ihn aus
|c8|breiten, weil sie es
eben jetzt ungestraft thun können, dann wundert man sich nicht. Aber wenn selbst ein Mann von Talent und Verdiensten sich mit unter diesen Haufen mischt, dann gehört das unter die Dinge,
von denen
Saurin einmal sagt: „
Lasset uns einen Vorhang vorziehen!“