Ich habe es schon gesagt, daß dieses ganz gewis gar oft als Historie, Statt gefunden haben mag, und wol häufig noch jetzt so ist; da ja
viele Christen ihre Lehrsäze so wenig selbst bejahen und hochschäzen, als die Naturalisten es thun. Es kan jemand ein
äusserlicher Christ seyn, und Theil nemen an allen Merkmalen, woran die christliche äusserliche Gesellschaft sich immer kent, und einander äusserliche Rechte gesellschaftlich gewäret; er ist aber hiemit noch nicht innerlich oder
|f116| mit Einstimmung seines eigenen Verstandes und Willens in innerer Uebung einer christlichen Verehrung Gottes beschäftiget. Diese eigene innere freie Verehrung Gottes
war der neue Grund und Inhalt dieser christlichen neuen Religion, der einen neuen Begriff, neuen historischen Sachinhalt aufstellete, welcher
neue Sachinhalt sich weder im Judentum noch Heidentum bisher befand. Dieser neue Sachinhalt verringerte theils den vorigen Inhalt der jüdischen Religion, theils bestimmte er den Vorzug dieser neuen viel gemeinern oder über die jüdische Nation hinausgehenden Religion, durch Erweiterung des Begrifs einer periodischen besondern moralischen Offenbarung oder Belehrung Gottes, welche die Juden
nur ihrer Nation beigebracht hatten; die aber nun als
fortgehend vorausgesezt wird, zur fortgehenden
freien Erkentnis und Verehrung Gottes, statt der Einschränkung, so nach Mosis
Geseze bisher durch Priester und Leviten statt fand. Die christliche Religion, oder Verehrung Gottes, wie sie von Christen fortgesezt wird,
sezt also stets diese vorige jüdische Religion als die unvollkomnere voraus, und entstehet wirklich
durch neue grös|f117|sere Begriffe von Gott, und durch ihre freie innere Anwendung. Die Juden sagen, Gott hat sich unsern Vätern und Vorfahren so geoffenbaret, daß wir eben hiemit eine bessere Verehrung Gottes leisten, wenn wir Mosis
Geseze immer beobachten; als wenn andre Völker, (ohne unsre Schriften,) Gott mit andern Gebräuchen, in Wiederholung einer ganz andern Historie ihrer Vorfaren, oder in Betrachtung des Reichs der Natur, in eigener innerer Bewegung ihres Gemüts, zu verehren meinen. Die Christen sagen, die jüdische Religion
ist noch nicht die allerbeste Verehrung Gottes, der ja aller Menschen Gott so gut ist, als ihr ihn zum Gott einer Nation durch eine besondere Nationalsprache machen wolt. Er hat sich auch nicht blos unter euren Vorfaren, sondern in den Herzen und Gemütern aller Menschen geoffenbaret, aber nicht auf einerley Weise, in einer unveränderlichen Stufe;
so wenig er alle Menschen in einerley oder gar unveränderlichen Zustand und Verhältnis ihres Menschenlebens gesezt hat, welches schon die physische Beschaffenheit und stete Veränderlichkeit des Erdbodens unmöglich macht,
auf dem Menschen sich nach Gottes Ordnung und Wil
|f118|len, immer mehr ausbreiten sollen, ohne allein in Palästina wahre und glückliche Menschen zu seyn. Wenn nun gleich die immer verschiednen Menschen so vielerley Nationen ausmachen, und diese von Gott sehr ungleiche Vorstellungen haben: so ist es doch nicht wahr, was ihr zeither so eigenliebig denket, daß andere Völker unter dem Gebiet mancher Engel und böser Geister stünden; und von Gott ganz und gar abgerissen und entfernet wären. Eure eigenen alten Bücher enthalten so gar den Samen und Stoff zur offenbaren Bestätigung unserer neuen bessern Verehrung Gottes, wenn es anders euch um diese immer bessere Verehrung Gottes zu thun ist. Ihr hoffet auf
eine neue Periode, auf einen Messias, aus diesen und jenen Stellen eurer alten Bücher. Sehr gut; vergesset nur nicht, daß Gott aller Menschen Gott gleich gut in einerley moralischen Verhältnis ist; berechnet nicht eure bürgerliche Wohlfahrt nach Träumen müssiger eigennüziger Rabbinen, die jene alte Historie misbrauchen. Wo solte ein Grund herkommen, daß Juden die Oberherrn und Beherrscher aller Völker würden, darunter wol manche besser als ihr Juden bisher, sind. Eure frommen wei
|f119|sen alten Lehrer waren nicht so kindisch; ihr müßt
einen grössern erhabnern Sinn jener Stellen von moralischer Wohlfart der Menschen, zu einer moralischen Ehre und Herrlichkeit Gottes, verstehen lernen! Warum denkt ihr einen so fabelhaften Messias?
Aus der Unterwerfung an Römer und an andre heidnische Oberherrn, die so gut Menschen sind, als ihr, wird euch ein Sohn Gottes gewis nicht erlösen; der kan ja über die Menschen
keine andern Grundsäze haben, als
sein Vater, den ihr den Hochgelobten immer nent; aber auch in Absicht aller Menschen, so verschieden sie von Juden sind, mus er der Hochgelobte eben so gut heissen, als in Rücksicht auf eure Nation. Diese Ausbreitung der Erkentnis der Ehre und Herrlichkeit Gottes ist schon in euren alten Schriften, aber freilich noch nicht so helle und deutlich
versprochen, versichert, enthalten, als ihr nun durch die neuere Geschichte eurer Zeit es immer mehr einsehen könt. Wie viel
gelerte Juden haben nicht schon zeither aus griechischen, wie ihr sagt, heidnischen Schriftstellern, ganz gern ihre moralische Erkentnis erweitert?
Wenn ihr auch gar sagt, die Heiden haben es aber aus unsern
|f120| Büchern ehedem entwendet: so sehet ihr doch, daß Gott die moralische Erkentnis nicht euch zum Eigentum machen wil. Leset die Klagen und Bestrafungen in euren alten Büchern, über die blos
äusserlichen Religionsgeschäfte; es ist ja klar, daß es noch eine bessere Verehrung Gottes gibt für alle einzelne Menschen, als ihr blos durch Priester und Leviten einmal wie allemal besorgen lasset. Da ihr nun so gerne in patriotischen Stolze glaubt, daß Gott euch durch
Abraham , Mosen und Propheten ehedem belehret habe: warum wollt ihr es uns wehren,
daß wir glauben, eben derselbe Gott habe diesen Jesus
zum rechten Christus und allgemeinen moralischen Herrn unter uns aufgestellet,
der keinesweges ein König und Monarch der Juden auf Erden seyn solte; darum ist er von den Todten auferweckt und gen Himmel erhoben worden,
wo der Sohn Gottes ja ohnehin schon immer gewesen ist, in dem unendlichen Schooße des Vaters. Ihr müßt also einen viel höhern Begriff vom Sohne Gottes annemen; wonach er auch über alle Engel und Geister erhaben ist; und wir können so kein Gebiet der Engel über die Heiden ferner glauben; es kan kein
Reich der
|f121| Finsternis
oder des Teufels ferner so geben, als eure Rabbinen, spät genug es erdacht haben, um euch desto mehr von allen andern Völkern abzusondern und unter ihrer schlechten
Religionsbotmäßigkeit zu erhalten. Es gibt auch
andre Sünden, als wider Mosis
Gesez; wider
ein ungeschriebenes, in dem Gewissen der Menschen bekantes Gesez; dieses hat Gott durch seinen Sohn weit über jene kleine Gesezgebung Mosis erheben lassen, aber durch eben den Christus
ist uns auch die
neue Erkenntnis der Gnade und Vollkommenheit Gottes so geoffenbaret worden, daß wir keine so geringen
Opfer mehr nötig haben, als ihr bisher bestellen lasset. An diesem Christus haben wir Opfer,
Hohenpriester in dem allerhöchsten Verstande; ohne diese
Mikrologie zu behalten, die bisher unter Menschen mit diesen Namen ausgedrückt worden. So kennen wir auch
eine
ganz andre Beschneidung, wozu wir eure Religionsdiener nicht weiter brauchen; Gott reiniget selbst unsre Herzen durch unsern eignen Glauben, worin wir immer mehr wachsen und zunemen, also auch ganz andre Früchte dieser neuen Einsicht zur rechten Ehre Gottes bringen. Ihr habt auch jene alte
|f122| Macht und bürgerliche Gewalt nicht mehr, daß ihr die jüdische Religion uns aufzwingen köntet; einer daseienden bessern Erkentnis aber müssen wir,
eben zur Ehre Gottes, folgen. So entstehen also unsere christlichen Gesellschaften, worin eure Beschneidung und
Osterlam, eure Sabbate gewis nicht fortgesezt werden können, weil euer alter historischer Zusammenhang nur eine jüdische
partikuläre Religion mit sich bringt, die wir durchaus nicht für die bessere Verehrung Gottes halten können
etc.
Ich habe hiemit nur zeigen wollen, daß die christliche neue Religion vom Anfange an die historische jüdische Religion voraussezt, und
in einem steten Verhältnis der
Ausbesserung oder
Berichtigung dagegen stehet; also nicht in der gemeinen Bedeutung die
natürliche Religion heissen kann, welche die Naturalisten jezt vorziehen wollen. Jene ersten Lehrer der neuen bessern Religion brauchen also in ihren
neuen Urkunden, (auf denen ihre neue freie sehr ungleiche Religionsform beruhet, weil nicht alle diese Schriften auf einmal da, und nicht schon in aller Lehrer Händen waren) allerley
damalige griechische Schriften, die schon mehreren Juden gemein waren, zu einer
|f123| noch bessern Belehrung eben dieser Juden.
Sie erweitern also den Grundsaz von Offenbarung Gottes an einzelne Menschen, der vorher meist auf Prophezeiung äusserlicher bürgerlicher Begebenheiten unter Juden und benachbarten Völkern ging;
daß er nun auf moralische Belehrung jeziger Zeitgenossen gehet, und sie verweisen ihre Schüler
auf diese nun bekanten Wirkungen des Geistes Gottes in ihnen selbst.
Der Geist Gottes wird
zeugen, wie es Luther übersezt; oder
euch immer mehr
lehren, unterweisen, versicherte Christus
selbst. Diesen Grundsaz einer
erweiterten Offenbarung und
Wirkung Gottes, leugnen aber alle Naturalisten, und denken nicht einmal daran,
daß die
natürlichen Seelenkräfte der Menschen schon von vorneher, oder von ihrer
localen Anwendung eine so ungleiche Stimmung haben: daß durchaus ihr eigen Nachdenken über das Verhältnis Gottes einen ungleichen Gang behalten mus; wie die Entschliessung zu dem und jenen Grad ihrer äusserlichen Beschäftigung, zu der oder jener Profession, Unternemung und Lebensart, ganz ausgemacht immer ungleich ist und bleibt; wenn sie gleich
eine und dieselbe Natur |f124| als Menschen hatten. Und dis wirklich zum grössern Besten andrer Menschen neben und nach ihnen, wie zu ihrer eigenen grössern Zufriedenheit. Nie werden also Naturalisten
den Begriff von Gottes Verhältnis und Wirkung auf die Seelenkräfte mancher Menschen, ganz und gar abschaffen oder aufheben, ausrotten können; am wenigsten aber die wirkliche moralische Historie dieser ungleichen ersten Christen, zu einem bloßen
Naturalismus machen können. Es bleibt allen andern Zeitgenossen frey über jene moralische Geschichte der Christen ganz anders, eben zur Ehre Gottes, zu denken; wie es ihnen auch ferner frey und unbenommen bleibt,
eben jezt in sich selbst Gottes moralische Einwirkung ernstlich zu erwarten und zu finden. Mögen Naturalisten immer dieses eine
fanatische Verirrung nennen; mögen sogar spotten über diese guten Menschen, die Gott so ernstlich verehren, und sich gern spotten lassen! Genug, immer gab es auch
diese besondere Classe Menschen, und sie kann nie unter den Menschen felen.
Im
N. T.
wird sie wirklich als eine fortgehende
moralische Familie, von den andern Menschen unterschieden, die im
|f125|mer
Κοσμος heissen, weil diese vornemlich sich nur mit der
sinnlichen, sichtbaren Welt beschäftigen; der
Geist Gottes wirket nicht in diesen Menschen, oder die übrige Menschenwelt hat diesen Geist Gottes noch nicht, durch welche Gott manche Menschen nun belehret von ihrem grössern moralischen Vortheil. Dieses ist damalige und jezige Historie; die
Naturalisten können diese Historie durch alle ihre ganz andere moralische Historie nicht umwerfen. Auf diesem Grundsaze
von steten Wirkungen des Geistes Gottes in manchen Menschen,
beruhet die neue christliche Religion. Diesen Geist Gottes hatten die Apostel und damaligen Lehrer der neuen, ganz gewis viel bessern, würdigern, eigenen, freien
Verehrung Gottes; sie ist also
ihrer Natur nach immer in dem Gebrauche der Seelenkräfte der Christen, wie je die Naturalisten ihre Seelenkräfte gebrauchen; und wenn sie in den Christen felet, so haben die Christen nun blos eine
äusserliche neue Religionsform, wodurch sie unter einander zu einer neuen Religionsgesellschaft verbunden sind. In dieser Ungleichheit der Theilnemung an dieser Wirkung des Geistes Gottes, oder in der Ungleich
|f126|heit der Beschreibung und der Anwendung dieses neuen Grundsazes, ist alle jene Verschiedenheit der alten und neuen christlichen Religionsparteien ferner gegründet, und es bleibet doch bey dieser Ungleichheit, bey allen Parteien eine wirkliche christliche Verehrung Gottes, welche einen besondern Charakter hievon behält, den die jüdische und alle heidnische und natürliche Religionsform niemalen hat, und nicht haben kann. Die Juden gehen durchaus nicht über die äusserliche Historie ihrer Vorfaren oder Nachkommen hinaus; sie erwarteten vielmehr eine noch herrlichere politische
Wiederholung; daher kann die jüdische und christliche Religionsform durchaus nicht vereiniget werden; die Juden warten auf
Revolution und sinnliche Freuden. Wenn aus Juden Christen wurden,
so verliessen sie den vorigen jüdischen Grundsaz, daß die jüdische väterliche Religion überhaupt die beste und Gott anständigste sey; sie namen
den neuen Grundsaz an, von nicht blos ehemaliger historischer, sondern
fortgehender moralischen Offenbarung und Belehrung Gottes durch seinen Geist. Die neuen Christen behielten und behalten alle diesen Grundsaz, wenn sie gleich weder einer
|f127|ley oder gleichviel neue christliche Urkunden hatten, noch auch in der Auslegung und Anwendung derselben übereinkamen. Eben jener neue Grundsaz brachte diese
fortgehende Verschiedenheit der immer mehreren Parteien mit sich; weil der Umfang des vorausgehenden Grundsazes (fortgehende von Menschen nicht eingeschränkte Belehrung Gottes durch seinen Geist in manchen Menschen) ganz frey und unabhängig von den christlichen Lehrern und Zuhörern angewendet werden konte. Man konte nun allen mündlichen und geschriebenen Unterricht der Apostel und ihrer Schüler eben so wohl
ganz buchstäblich in sein Gemüt aufnemen, welches meist der Fall war, worinn unfähigere Lehrer, Schüler und Theilnemer sich befanden; als man die unmittelbare Einkleidung und
damalige locale, modificirte Beschreibung von
der eigenen jezigen Erkentnis der Sachen und Wahrheiten, in allem Ernst, in würdiger Verehrung Gottes, unterscheiden konte. Beide behielten den neuen Grundsaz, Gott belehret uns in moralischer Absicht durch seinen Geist besser als wir von den
Rabbinen, oder durch uns selbst im Gebrauche jüdischer Grundsäze belehret wurden;
|f128| dieser bessern Erkentnis müssen wir folgen. Diese neue eigene Uebung brachte unfelbar eine neue fortgehende moralische ganz gewisse Erfarung. Wenn auch die grössere Kirche nach und nach den heiligen Geist nur ihren Bischöfen, und den von diesen geweiheten Religionsdienern beilegte, und allen so genannten Kezern den heiligen Geist gar absprach,
woher eben ehedem viele so gar die von Kezern ertheilte Taufe nicht für gültig hielten: so behielten doch alle verständige Christen es ganz frey, diese Wirkung des uneingeschränkten Geistes Gottes
für allgemein, also auch
ihnen nicht entstehend, anzusehen; und so erweiterte sich die gleich große eigene Ueberzeugung
von der Wahrheit aller besondern Stufen und Classen der christlichen Religion in allen immer neuen Parteien, gleichsam von selbst, wirklich in aller Unschuld und Ehrlichkeit, wenn auch listige Absicht und politischer Vorsaz nicht dazu gekommen wäre, die freilich schon im ersten Anfange nicht felete und in der Menschenwelt nie felen wird. Wenn nun auch Naturalisten auf ihrer ganz andern Meinung bleiben, (welches ihnen gewis frey stehet,
und andern Christen wenigstens an ihrer eigenen christlichen
|f129| Verehrung Gottes
gar nicht hinderlich ist,)
und sagen, daß dieses nur ein
orientalischer Sprachgebrauch sei, oder ein Ueberbleibsel aus der Kindheit der moralischen Welt; es sei nicht wirklich in den Christen ein besonderer neuer Grund, oder eine Wirkung Gottes da: so gestehen sie ja hiemit den
ganz gewissen Unterschied einer solchen Religion, die auf dem Grundsaze beruhet, (es gibt eine fortgehende Wirkung Gottes zur grössern moralischen Wohlfart der Menschen); oder den Unterschied dieser christlichen Religion, von derjenigen Religion, die man die
natürliche nent. Nicht einmal den christlichen Sprachgebrauch behält der Naturalist, weil er alle jene christlichen Begriffe nicht annimt, welche so vielerley christliche Parteien durch verschiedene öffentliche Religionsformen und besondern biblischen Sprachgebrauch theilen. Er ziehet daher eine
natürliche Religion vor, als wenn die christliche Religion auf einem Grundsaze beruhete,
der wider die allgemeine Natur der Menschen ansties, dieweil sie Gott als den Oberherrn der so genannten Natur in ein grösseres fortwärendes Verhältnis gegen einige Menschen sezte, als diese Naturalisten selbst beja
|f130|hen. Dis ist doch eine stete
petitio principii, welche verständige Christen nicht für einen besondern Grund, der ihre eigene moralische Ordnung schon völlig widerlege, ansehen können. Die
moralische Welt ist ganz gewis nicht weniger in sehr
ungleiche Climata, oder unabänderliche Einflüsse schon getheilt, als die Lage der Erdkugel, durch welche die Arten der
physischen Produkte immerfort verschieden sind. Es konnte also an Naturalisten so wenig felen, als an einer ihnen immer entgegen stehenden Partey; und
da der Ertrag der moralischen Welt eben so unendlich ungleich seyn kann, ohne Schaden der einzelnen Subjekte, wie wir es in der körperlichen Welt, bey aller immer großen Unwissenheit einsehen: so kann kein Grund angegeben werden, warum es nicht eben so wol unter den Menschen ernstliche Liebhaber einer fortgehenden moralischen Wirkung Gottes ferner geben möge, die ihre Verehrung Gottes und die Erfarung ihrer grössern moralischen Wohlfart immer weiter selbst darauf bauen: als es
Naturalisten immer gibt und geben wird, welche den Grundsaz von Gottes moralischer steten Wirkung im Menschen zur besondern Regierung ihrer Seelenkräfte, für sich nie bejahen.
|f131| Eigensinn, Anmassung, Stolz, Ueberhebung mus es durchaus heissen, wenn der eine Theil von diesen 2 Parteien den andern
neben sich nicht dulten, und menschlicher Rechte und Pflichterweisungen nicht wehrt oder fähig halten wil. Es ist ausgemacht unwahr, daß die Ehre und Grösse Gottes durch
die Einheit eines Grundsazes unter den Menschen viel mehr befördert werde, zum Besten der so ungleichen Menschen, als durch
Ungleichheit, die wir dafür erkennen, ohne ihre Folgen zu wissen. Es ist unerträglich, wann das
Proselytenmachen und Annötigen zu einer einzigen Religionsform, als eine große Wohlthat für die moralisch von einander unabhängigen Menschen, und als die allerhöchste, reinste Stufe der Verehrung Gottes, anempfolen werden sol: mögen Christen oder Naturalisten diesem Irtum anhängen.