|a[205]| |b195| |c210| Evangelium am 15 Sontage nach Trinitatis.
Matthäi 6, c√ 19–Ende.
Gottes Gnade und die Tugend für sein einziges Glück
achten. Vor allen Dingen mit der
Wahrheit des
Christenthums seinen Verstand, und mit der
Tugend desselben sein Herz
zieren. Und sodenn alles Irrdische, mit ganz uneingeschränkter Zuversicht dem
Allmächtigen überlassen: belehret durch das Christenthum und versichert durch die Früchte des Glaubens, daß
Gott ein
Vater, ein Allwissender, Allmächtiger und
Unendlich Gütiger Vater jedes Tugendhaften
ist. – Dies ist das einzige Mittel, uns von allen den
sclavischen Sorgen für das Zeitliche, die uns so sehr beschimpfen und quälen, zu befreien. Das Mittel,
alle Unruhe und Schwermuth zu verbannen, und an deren Stelle, Ruhe, Heiterkeit, Freude in die Seele zu leiten. Dies ist wahre Philosophie! Die ächte Kunst stets froh zu seyn!
Was ist das
höchste Gut, das einzige wahre Glück des Menschen? Eine Frage, von der das ganze Glück unsers Lebens abhängt, welche die sich selbst überlassene Vernunft verwirret und noch im
|a206|merfort das menschliche Leben vergället: wie einleuchtend, richtig und kräftig beantwortet sie unser
Heiland in wenigen
Zeilen? –
{vers 19} Ihr sollt euch nicht Schäze sammlen auf Erden;
genauer „Samlet nicht eure Schäze, auf der Erde.“
|b196| |c211| Haltet nicht die Güter der Erde für euer höchstes Gut, euren Schaz, euer
Kleinod. Samlen kan und mag der Christ auch irrdische Schäze. Aber nur keinen derselben, auch die Schäze der ganzen Welt nicht, für
seinen Schaz, sein Glück achten. Denn, – sie alle sind
nichtig, vergänglich. –
wo die Motten und der Rost sie fressen, und die Diebe einbrechen und sie stehlen. –
Unsterbliche Seelen! Welch ein dürftiges, jämmerliches Glück für euch, was niemahls, keinen einzigen Augenblick
, in eurer Gewalt stehet! Was tausend und aber tausend Zufälle euch wider euren Willen rauben können! –
Menschen,
Herren der Welt! Welch ein
schimpfliches Glück für euch, was euch zu
Sclaven der Sterblichen, der
Würmer, und des Staubes macht! Ein Glück, das euch die Würmer zernagen, der Rost zerfressen, und die Diebe stehlen können!
{vers 20.} Samlet aber eure Schäze im Himmel, Schäze die im Himmel aufbewahret
werden; –|a207| Thaten ächter Tugend; und
c√ damit
verbundener Beifall Gottes vers 33. 1
Timoth. 6, 17–19. –
Wo sie weder Motten noch Rost verzehren, und wo die Diebe nicht einbrechen und sie stehlen. Schäze, die keiner endlichen Macht unterworfen sind; die euch kein Feuer verbrennen, kein Ocean wegschwemmen, kein Erdbeben verschlingen, kein
Orcan entreissen, kein Wetterstrahl zerschmettern, keine Zeit zernichten, kein König und
Kaiser, und alle Monarchen zusammen, und alle Kräfte
der Erde; die euch die ganze vereinigte Macht und List der Welt nicht neh
|b197||c212|men kan! Schäze, die unter
Gottes Schuz immer in eurer Gewalt bleiben! Die euch selbst der Todt nicht raubet! Die euch in die Ewigkeit folgen, und durch alle Ewigkeiten begleiten und
beglücken! –
Mensch, Herr der Welt! Unsterblicher Geist! Siehe da die einzigen Schäze die deiner werth sind! Die Lehre, o grabe sie
mit Flammen-Schrift in die Seele, wovon es abhängt, ob du – ein Weiser oder ein Thor, Glücklich oder Elend bist! –
Denn,
{vers 21–23.} Wo euer Schaz ist, da ist auch euer Herz. „
Was ihr für
euren Schaz, euer Glück achtet, dahin werden auch eure vornehmsten Wünsche und
|a208| Bestrebungen gehen.“ Was das
Auge für den
Leib ist, das sind die
Urtheile über unser Glück, für die
Seele.
Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn nun dein Auge einfältig, (richtiger übersezt, Gesund)
ist, so wird dein ganzer Leib helle seyn. Ist aber dein Auge ein Schalk, (krank)
so wird dein ganzer Leib finster seyn. Wenn demnach das Licht in dir, (deine Vernunft)
Finsterniß ist; (mit Unwissenheit und Irrtümern angefüllt ist)
wie groß wird denn deine Finsterniß seyn? (so werden alle deine Urtheile und Handlungen, verkehrt und verderblich
seyn.) Welch ein schreckliches Elend, – blind
seyn. Aber noch weit, weit schrecklicher ist das Elend, Unwissend oder Irrend in Absicht des höchsten Guts seyn!
Also, nicht die Irrdischen Güter, sondern lediglich die Himmlischen,
Gottes Gnade und|b198| |c213| Seeligkeit im Himmel, und den an allen Tugenden reichen Glauben welcher uns dazu füret, für unser
höchstes Gut, unser ganzes und allerhöchstes Glück achten; hierauf unsre
vornehmsten Wünsche und
eifrigsten Bestrebungen richten: dies ist der
{Colosser 3, 1–2.} himmlische Sinn des Christen: Die Güter der Erde für
ganz und gar nichts achten, sie schüchtern wegwerfen, sie als Sünde fliehen: das ist nicht himmlischer-, sondern
Mönchs-Sinn! Sie für
Alles, für
unentbehrlich zu seinem Glück, für sein
wahres Glück, sein höchstes Gut achten: das ist
Sclaven-Sinn!
{vers 19. 20} Die
Irrdischen Güter bleiben uns keinen Augenblick sicher: die
himmlischen dagegen kan uns
|a209| keine Zeit, kein Zufall und Gewalt, kan uns
Erde und Hölle nicht rauben.
{vers 21–23} Die Anhänglichkeit an den Irrdischen Gütern stürzet uns in viele schimpfliche und
allerunseeligste Irrtümer und Sünden; denn es ist keine einzige Sünde die nicht aus jener unvernünftigen Sinnlichkeit fliesset. Aber der
ächte himmlische Sinn leitet zu lauter – Grossen, Edlen, ewig-ersprieslichen Gesinnungen und Handlungen.
Auch die Irrdischen Güter haben ihren Werth.
{1 Timoth. 4, 1–6} Sie sind Geschöpfe, und Geschenke
Gottes.
{Lucä 16, 9.} Sie sind
Mittel uns die Freundschaft
Gottes und
seine Seeligkeit zu verschaffen. Man
kan; man
soll daher auch diese begehren, suchen, besizen, geniessen.
{1 Timoth. 6, 17–19.} Sie aber als
Unentbehrlich zu unserm Glück, oder gar als unser Glück selbst suchen, das kan mit dem Dienste
Gottes nicht bestehen.
{vers 24} Niemand kan zweien Herren
dienen, eigentlich,
|b199| |c214| als Leibeigener, aus allen Kräften
dienen. Denn die Leibeigenen gehören ihren Herren
ganz, mit allem was sie sind und haben.
Immer wird er den einen weniger, und den andern mehr lieben; dem einen anhängen und den andern vernachlässigen. Ihr könnet nicht Gott, und auch dem Reichthum, aus allen Kräften dienen. Eines Herren Dienst muß schlechterdings aufgegeben werden. Wollet ihr dem Reichthum, als
Leibeigene, aus allen euren Kräften dienen, so müsset ihr den Dienst
Gottes fahren lassen. –
Darum ermahne ich euch, entsaget jener
sclavischen Anhänglichkeit an die Güter der Erde.
{vers 25.} Darum,
|a210| ermahne ich euch, Sorget nicht, eigentlich, sorget nicht ängstlich, für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet: auch nicht für euren Leib, womit ihr euch bekleiden werdet. Ist nicht das Leben mehr, als die Speise? Und der Leib mehr, als die Kleidung? Der Gott, welcher uns diesen Leib und dieses Leben, ungleich wichtigere Güter als Essen, Trinken und Kleidung, geschenket, der müste ja nicht Weise; er müste auch nicht Gütig seyn, sondern uns Leib und Leben zur Plage gegeben haben; wenn er uns bei treuem Gebrauch der Mittel, bei treuer Vollziehung aller unsrer Pflichten, die Mittel zu ihrer Erhaltung versagen wolte.
{vers 26} Sehet dort
die Vögel, die in der Luft
umherfliegen! Sie säen nicht, sie ernten nicht und samlen nicht in Scheuren. Gleich|b200||c215|wohl ernäret sie euer Allmächtiger Vater. Seyd ihr denn nicht weit besser als sie? Näret Gott die
unvernünftigen Thiere, deren
Schöpfer er nur ist: wie vielmehr wird
er uns, Menschen, deren
{Hebräer 12, 9.} Vater er auch ist und zwar ein
Allmächtiger Vater, bei redlicher Ausübung aller unsrer Pflichten alles
geben was von irrdischen Gütern uns nötig
ist?
{vers 27} Und wer unter euch kan durch alle seine ängstliche Sorgen seinem Lebens-Alter nur eine Elle hinzusezen? „Kein Mensch kan durch alle Sorgen, sein Leben auch nur um das Geringste verlängern.
Gott hat die Zahl unsrer
Lebens Tage bestimt, die wir zwar auf vielerlei Art
ver|a211|kürzen aber auf keine Weise verlängern können. Und eben dieser Rathschluß seiner ewigen Macht und Weisheit hat auch schon die zulängliche Nahrung für jeden Tag bestimt den wir in der Welt leben sollen.“
{vers 28–30.} Und warum sorget ihr ängstlich für die Kleidung? Betrachtet dort die Blumen im Felde, wie sie wachsen! Sie arbeiten nicht, und spinnen nicht. Und
ich versichere euch; Selbst Salomo , (unter seiner Regierung blühete das Israelitische Reich am stärksten; und die Juden, zu denen hier
Jesus redet, kanten keinen
glänzendern Hoff-Staat.)
selbst Salomo
in aller seiner Pracht war nicht bekleidet, wie eine einzige derselben. „Der
glänzendste Hoff-Staat ist nicht so prächtig als ein Blumenbette.“ Keine Kunst kan die Schönheit der Natur errei
|b201||c216|chen.
Ein Weiser des Alterthums hatte den reichsten Monarchen in allem seinem Glanz auf dem Thron gesehen. Die Hofleute fragten
ihn, ob er je etwas
Schöneres gesehen? „Ja! antwortete er, die Häne, Pfauen, und Fasanen!“ –
Da nun Gott das Graß auf dem Felde, welches heute stehet und morgen schon in den Ofen geworfen
wird, so prächtig bekleidet, wie vielmehr euch, ihr Kleingläubige?
{vers 31} Nie sorget demnach ängstlich, was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns
bekleiden? Denn so ängstlich sorgen die Heiden.
Diese kennen kein
Leben nach dem Tode. Kein Wunder
|a212| also, wenn sie ihr ganzes Glück im Ueberfluß der Speisen, Getränke und andrer irrdischen Güter suchen. Sie wissen nichts von der
Vorsehung. Es ist also natürlich, daß jede Noth und Bedrängniß im Zeitlichen, sie in
ängstliche Sorgen,
Verzweifelung und
sclavische Schrecken stürzet. Für die irrdischen Güter so
ängstlich sorgen, nach ihnen mit allen seinen Wünschen und Kräften Rastlos streben, das ist –
heidnisch.
{vers 32–33.} Denn, euer Allmächtiger Vater weiß, daß ihr das alles bedürfet.
Trachtet aber vor allen Dingen nach der Tugend die euch das Christenthum lehret. (Die christliche Religion heisset in der Bibel,
das Reich Gottes, die Herrschaft
Gottes über die Seelen der Menschen durch Wahrheit und Tugend
Johannis 18, 36–38. Das Wort, welches hier durch
Ge|b202||c217|rechtigkeit übersezt worden, bedeutet auch den Gehorsam gegen alle Gebothe
Gottes, die
Tugend,
Kapitel 5, 20.)
So wird das alles, was vom Irrdischen zu eurem Wohl nötig
ist,
euch zufallen, als eine Zugabe ertheilet werden. –
Gott ist nach Belehrung des Christenthums,
der Vater der Menschen. Nicht bloß
Schöpfer und Erhalter wie bei den Thieren. Sondern auch
Vater, indem
er uns mit einem unsterblichen, und durch
seinen Sohn zu einer seeligen Ewigkeit erlöseten Geiste begabet. Ein
Allmächtiger Vater, der alles beherrschet. Ein
Allwissender Vater, der sogar
{Matth. 10, 30} jedes Haar auf unserm Haupte gezälet. Ein
Liebreicher Vater, der uns bei einem durch Tugend wirksamen Glau
|a213|ben alles Irrdische das uns wirklich heilsam ist, als eine
Zugabe schenket. „Trachtet vor allen Dingen nach
der Tugend die euch das Christenthum lehret.“
Glaube an Jesum und
Tugend sind so
unzertrenlich verbunden,
{S.
z. E.
Johannis 3, 16 verglichen mit Römer 2, 7.} daß die Bibel beides als Einerlei ansiehet, und Glaube an statt Tugend, so wie Tugend an statt Glaube sezet. – „
Sodenn wird euch das Irrdische, als eine Zugabe von
Gott geschenket werden!“
{vers 34} So sorget denn, nie ängstlich für den morgenden Tag. Denn der morgende Tag wird schon für sich selbst sorgen. (wird euch, ihr redlichen Freunde christlicher Tugend, das mitbringen was euch nötig ist) Ein jeder Tag hat Beschwerde genug. Warum wollet ihr sie noch durch ängstliche Sorgen vermehren?
|b203| |c218| Alles irrdische das zu eurem Glück gehöret wird euch als eine Zugabe, von Gott geschenket werden. Der morgende Tag wird euch mitbringen was ihr bedürft. Diese Zusagen gehören
bloß für die
redlich tugendhaften, für die welche vor allen Dingen nach der Tugend streben die uns
das Christenthum vorschreibt.
vers 33. Nur diejenigen welche
{Römer 8, 12–15} ein göttlicher Geist treibet, welche nicht nach den sündlichen Begierden leben sondern nach den Vorschriften der Religion, nur diese
sind Gottes Kinder, haben Theil an
Seinen Zusagen,
Seiner Vaterliebe. Kein
ungebesserter, kein sicherer Sünder kan, und darf also Gott vertrauen. Was
kan elender, entsezlicher seyn!
|a214| Von seinem
Schöpfer darf er kein Glück hoffen! Geräth er in Verlegenheit; er darf keinen Rath von seinem
Schöpfer erwarten. Wird ihm Ueberfluß irrdischer Güter zu Theil; er darf sie nicht als Beweise der Gunst seines
Schöpfers ansehen. Ueberfällt ihn ein Leiden; kein Trost, keine Hülfe für ihn
bei seinem
Schöpfer! Und der Todt – O daß er keinen von uns in solchem unseeligen Zustande treffe!
Ihr Freunde der Tugend aber, sehet hier das
Fundament eurer Ruhe und Freude.
{vers 25} Gott, euer Freund und Vater ist es, der euch täglich an jedem Morgen euren Leib und Leben giebt. Güter die weit wichtiger, als
Nahrung und Kleidung; die für euch das Unterpfand sind daß er euch, auch diese weit geringere geben wird! –
{vers 26} Er näret und beglücket so gar die unvernünftigen Thiere. –
|b204| |c219| {vers 27} Er hat jeden Tag, jeden Augenblick
eures Lebens berechnet. Schon von Ewigkeit her hat
er das Ziel eures Lebens bestimt; und eben dadurch auch die Mittel es zu erhalten verordnet. –
{vers 28–30.} Selbst die leblosen Dinge kleidet
er mit mehr als königlicher Pracht. Wozu anders; als für euch die ihr diese Pracht bemerken, und darin
Ihn den Schöpfer anbeten könnet? –
{vers 31–33} Er, der Schöpfer und Regent unsrer Welt, und der Millionen, Millionen
andern Welten, Er ist euer
Vater. Ein
Allmächtiger! Ein
Allweiser und Allwissender! Ein
Allgütiger Vater. – – Auf dieses
Fundament lässet sich ein
Vertrauen, eine Ruhe, Zufriedenheit, vernünftige Sicherheit, und Heiterkeit bauen, welche nichts, die ganze Welt
|a215| nicht, erschüttern kan.
{Psalm 46, 2–4} Gott ist unsre Zuflucht. Darum fürchten wir uns nicht, wenn gleich – die Erde bebet, und der Ocean brauset, und die Berge ins Meer stürzen, und die Welt zertrümmert.
So sey denn euer Vertrauen auf Gott, unwandelbar, unbeweglich feste. Aber es sey auch ein
ächtes, ein wirklich tugendhaftes, christliches
Vertrauen. 1)
Erleuchtet muß das Vertrauen eines Christen seyn. Gebauet auf jenes Fundament; die vernünftige Kentniß und Ueberzeugung von
Gottes Eigenschaften und Vorsehung. Sonst ist es Fül- und Gedankenlosigkeit. 2) Ein
Wohlgeordnetes Vertrauen. Nichts mehr von
Gott erwarten als
er uns versprochen; und dieses nur unter der von
Ihm gesezten Bedingung erwarten. Sonst ist es Hofnung des Thoren,
|b205| |c220| nicht aber Vertrauen des Christen. 3) Ein
Geschäftiges Vertrauen. Geschäftig in Ausrichtung
jeder Pflicht, und im Gebrauch
jedes natürlichen oder geistlichen Mittels unser Unglück zu hindern und unser Glück zu befördern. Denn diese Mittel kommen auch von
Gott. Alle unsre Sorgen auf Gott legen; aber dabei auch vorsichtig seyn und wachsam. 1
Petri 5, 7. 8.
Vorsichtig handeln, als die Weisen, sich in die Zeit schicken,
Epheser 5, 15. 16; dies unterscheidet das ächte christliche Vertrauen, von der Unbesonnenheit, Tollkünheit, und Versuchung Gottes. Gleich
Paulo .
{Apostelgeschichte 23, 11–17.} Als er zu
Jerusalem gefangen sas, brachte man ihm die Nachricht
daß die Juden eine Verschwörung gegen sein Leben ge
|a216|macht. Selbst durch eine Offenbarung hatte ihm
Gott versprochen, sein Leben zu
schüzen. Gleichwohl wartet er nicht
träge auf diese Hülfe; sondern braucht die Mittel der Klugheit welche ihm
Gott anweiset. Er läßt dem römischen Chiliarchen jene Nachricht sagen. Und nun wird er der Gefahr entrissen, die ihm sonst wahrscheinlich das Leben gekostet hätte. –
{Apostelgesch. 27, 21–Ende} Auf seiner gefärlichen See-Reise nach
Rom erhielt er gleichfals eine Offenbarung
Gottes, daß er mit allen die auf dem Schiff
waren solte erhalten werden. Dennoch ermahnet er seine Gefärten, Speise zu sich zu nehmen; und dringet darauf daß sie alle auf dem Schiffe bleiben und
arbeiten musten. Ohne Zweifel war es
Gott eben so leicht, sie auch ohne Speise, und ohne Arbeit zu erhalten. Aber
Seine Macht wird nie, wie die Macht der Sterblichen, von Einfällen, Herrschsucht, Unverstand, oder Kurzsich
|c221|tigkeit
, sondern von der höchsten Weisheit geleitet. 4) Ein
Demütiges Vertrauen.
Gott nicht
Zeit und
Art vorschreiben,
wenn? und wie?
er unser Glück befördern soll. In jeder frohen Begebenheit die
wohltätige Hand
Gottes erkennen und anbeten; stets eingedenk daß
{Jacobi 1, 16. 17.} Er der Vater
alles Glücks, der Geber
jedes Guten ist. Und selbst die dunkelsten und bittersten Fürungen als
gut und
heilsam
verehren. Wie
{Hebräer 11, 8} Abraham , so bald
Gott winkt, Eltern und Kinder und Ehegatten und Freunde verlassen, und ausgehen, ohne zu wissen wohin? Versichert daß alle Weisheit der Menschen und erhabensten Geister gegen
Gottes Weisheit, nur Thorheit ist. 1
Corinther 3, 19. 20. 5) Ein
Unwandelbar-Festes Vertrauen. Kei
|a217|ne Gefahr, keine anscheinende Unwahrscheinlichkeit oder Unmöglichkeit, keinen noch so langen Verzug der Hülfe uns schrecken lassen. Ihm vertrauen,
als Gott: folglich auch bei dem allerschmerzlichsten Leiden, da wo wir nichts als Finsterniß und Abgründe vor uns sehen, dennoch feste versichert bleiben daß Er alles mit uns wohl mache. So war das Vertrauen
Abrahams beschaffen, und dies, merkt es wohl
Christen! zu einer Zeit wo die Kentnisse von
Gott und Religion, nur Kinderkentnisse gegen die unsrigen waren. In welche schreckliche Verwirrung stürzte ihn
der Befehl
Gottes seinen Sohn, den geliebtesten, den einzigen zu
opfern, mit eigener Hand zu opfern! Dies war ja gerade der Sohn durch welchen ihm
Gott
eine zahlreiche Nachkommenschaft versprochen! Muste ihn nicht Welt und Nachwelt für einen Barbaren halten! Die Vorwürfe seines sterbenden Sohnes,
|b207| |c222| wie musten sie nicht sein Vater-Herz zerreissen? Und der Todeskummer seiner Freundin! Und das Beben, das Bluten seines Vater-Herzens! War es möglich, daß ein Sterblicher auch hier nicht wankte, auch hier vertrauete
? Ja!
{Hebräer 11, 17–19 vergl.
1 Buch Mose 22} du siegtest
Vater der Gläubigen! O wir Männer in der Kentniß, wie sind wir gegen dich, Kinder im Heldenmuth
! im Vertrauen!
Wären wir stärker in dieser Tugend:
wie würden da, alle jene Aengstliche, Rastlose,
Sclavische Sorgen für das Irrdische von uns weichen? Diese Sorgen die unsern
Character so sehr verschlimmern; und unser Herz so sehr peinigen!
Welche Ruhe und Heiterkeit würde da, aus dieser
|a218| Tugend in unsre Seele, und hieraus in unser ganzes Leben fliessen?
Wie würden wir da,
Herren der Zukunft, der Welt, und der Ewigkeit seyn? Mit
Paulo stets sagen können,
{1 Corinther 3, 22.} Alles ist mein. Leben und Todt. Das Gegenwärtige und die Zukunft, alles ist Mein. Wie Groß, wie Glücklich ist die Seele, die so denkt und handelt! Sehet hier die
Früchte des christlichen Vertrauens auf
Gott!
Bemerkt endlich,
hier und im
zehnten Kapitel Matthäi, die
Allerhabenste Lehre Jesu von der Vorsehung Gottes! Auch für das Essen, Trinken, und
c√ Kleidung jedes Menschen sorget
Gott. Auch für die Nahrung der Vögel. Auch für den Flor der Blumen. Auch für jedes gemeinste Gräschen. Kein Sperling fällt ohne
Seinen Willen todt zur Erde nieder. Jedes Haar
|b208| |c223| auf der Menschen Haupt ist von
Ihm gezälet. – Wie groß,
Unendlich muß der
Verstand seyn, der das Kleinste so wie das Gröste mit
Einem Blick übersiehet, bei dem so wenig etwas Ueber, als Unter seiner Kentniß ist! Wie
Unermeslich die
Güte, aus welcher so viele Millionen, Millionen Ströhme von Freude und Glück jeden Augenblick fliessen! – Welch ein
Herr, der mit gleichem Auge alle Sonnen und die Haare auf der Menschen Häuptern zälet, den Held sterben und den Sperling fallen,
eine Blase des spielenden Kindes bersten und eine Welt zertrümmern siehet! O einziger würdiger Gegenstand unsrer Anbetung!
Ewiger hilf uns Schwachen,
dir so zu gehorchen als es
deine Majestät verdienet!