|a[13]| |b13| |c13| Evangelium am 2 Sontage nach Trinitatis.
Lucä 14, 16−23.
verglichen mit
v.
1−15.
Wie ein gütiger Vater den nötigen Ernst immer mit Freundlichkeit mildert; oder, wie ein weiser Arzt die herben Arzeneien mit wohlschmeckenden Sachen
mischet um sie dem weichlichen Kranken ohne Widerwillen beizubringen: so hüllet hier
Jesus die bittere Wahrheit von dem Unglauben, und dem
daraus fliessenden Unglück der Juden, in diese
Gleichniß-Rede ein. An der Tafel eines vornehmen Juden, von der
Secte der heuchlerischen und stolzen Pharisäer, sprach er diese Warnung
für dem Unglauben, der Verachtung seiner von Gott gekommenen
Religion aus, indem er
{S.
vers 1.} die künftigen Schicksahle derselben bei den Juden, unter dem Bilde eines Gastmahls erzälet.
Kaum verdienten diese schändliche Menschen, die
Pharisäer, eine solche Schonung! Wer kan es ohne Widerwillen sehen, wenn sie sogar das Heiligthum der Freundschaft zu einem Fallstrick der Unschuld
machen. Sie laden Jesum
zu Gaste, bloß
weil sie auf ihn hielten, ihm ein Wort, eine That abzulocken
suchten welches sie zu sei
|a14|nem Schaden brauchen könten! Wenn sie so im
dunkeln schleichen, listige Entwürfe wider ihren Freund machen;
{vers 2. vergl.
v.
1} einen Wassersüchtigen heimlich bestellen,
|b14| |c14| um ihn zu berücken! Wenn sie gar die guten Eigenschaften ihres Freundes brauchen, um ihn in Fallen zu locken: denn sie kanten das gütige, menschenfreundliche Herz Jesu
, welches nie einen Elenden ohne Hülfe ließ, welches jeden Augenblick für verlohren hielt, wo nicht ein Mensch erfreuet worden! Wenn sie niederträchtig dem Volk schmeicheln, um Jesum
zu stürzen! Sie wälen gerade einen Sabbath: denn die Juden, und besonders der grosse Haufe hielte, wie sie noch jezt thun, auf die Sabbaths-Feier bis zum Aberglauben. Wenn sie, nach Art aller Heuchler,
Mücken durchseigen und Kameele verschlucken; in Kleinigkeiten
pünctlich, und in grossen Dingen desto gelinder sind; am Sabbath nicht
arbeiteten, aber desto ruhiger
die Häuser der Wittwen und Waisen
frassen!
{V.
3.} Wenn sie auf die Frage des Redlichen und Gütigen, der keine Verstellung
kent, und niemand gern beleidigen will, so heimtückisch schweigen! Und wenn diese Männer, die als Muster der Tugend, als Heilige angebetet seyn wollen,
{vers 7.} so kindisch nach Rang und Vorsiz streben! – So erniedriget, so schändet
der Neid|a15| den Menschen. Keine That ist so niederträchtig, so schwarz, so
schändlich zu der wir nicht aufgelegt sind, so bald wir uns dieser niedrigen, unseeligen Neigung überlassen!
Und dieses Gastmahl war noch dazu, bei ihnen ein Stück des Gottesdienstes. Sie, reich an Zusäzen zu Gottes Gebothen, pflegten am Sabbath immer ein Gastmahl auszurichten; und prächtiger als sonst an den gemeinen Tagen, zu essen und zu trinken. Dies nanten sie, den Sab|b15|bath ehren. Und für solche Gastmahle hoften sie so gar, Lohn von Gott. – So ungereimte, schändliche Verdreher der Geseze Gottes waren diese Heuchler!
Diese ungereimte Meinung widerleget
Jesus vers 12−14. Er tadelt es nicht, Gastmahle anzustellen; auch am Sabbath:
{vers 1} er selbst war ja bei einem solchen Sabbaths-Mahle zugegen. Er tadelt es nicht, seine
Bekandte Freunde, Verwandte, und die Reichen einzuladen. Nur erinnert er, daß dies alles keine Tugend, keine That sey, die Ruhm und Lohn verdiene; keine That worüber man Ursache habe von sich gut zu denken, und von
Gott Lohn zu erwarten.
Wohltätigkeit, uneigennüzige Wohltätigkeit, dies sey das Mittel sich
Gott gefällig zu machen, und
seines|a16| Gnaden Lohns im Himmel zu versichern.
{vers 12} Wenn du ein Mittags- oder Abendmahl machest, so lade nicht deine Freunde, noch deine Brüder, noch deine Gefreundten, noch deine Nachbarn, die da reich sind; auf daß sie dich nicht etwa wieder laden, und dir vergolten werde. Alle Vergeltung, die du vernünftiger weise hievon erwarten kanst, ist daß deine Gäste dich wieder zu Gaste
bitten. {v.
13[.] 14.} Sondern wenn du ein Mahl machest, so lade die Armen, die Krüppel, die Lahmen, die Blinden. So bist du selig: denn sie haben dir nicht zu vergelten; es wird dir aber vergolten
werden in der Auferstehung der Gerechten.
Aber ohne Eigennuz, ohne Hinsicht auf sich selbst wohlthun; das ist es was uns
Gottes Beifall und Belohnung
sichert.
|b16| |c16| Hier nun, da Jesus
von dem Sabbaths-Gastmahl
redete, brach einer seiner Mitgäste in die Ausrufung aus:
{vers 15} Seelig ist der das Brod isset im Reiche Gottes! (der ein Gast ist an der Tafel im
Himmel!) – Solte
man nicht glauben, dieser Pharisäer sey lauter Heiligkeit, sey immer voll von dem grossen Gedanken, von
Gott und der Ewigkeit? Wie sezet er alles mit der Religion in Verbindung! Wie fromm ist seine Spra
|a17|che! Allein die Pharisäer waren Meister in der Heuchelei. Sie verstanden die Kunst aus dem Grunde, mit andächtelnder, fromm-scheinender Sprache sich in die Gemüter und Häuser der Menschen einzuschleichen, und über ihre Gewissen zu herrschen. Der Ausruf paßte sich zwar auf das, wovon geredet ward (
v.
12−14) ganz und gar nicht. Aber er war doch fromm-scheinend. Und dies war
es was der Pharisäer suchte. – Wenn denn ein
Mensch Gott und den Heiland stets im Munde füret; immer, zur Zeit und zur Unzeit davon spricht; und die Religion in den Umgang mit andern, mit Gewalt herbei ziehet: den fliehe! Er ist ein Heuchler!
Die Antwort auf jenen andächtig-scheinenden Spruch des Pharisäers giebt Jesus in der Gleichniß Rede von einem Gastmahl. Er zeigt, wie überflüßig, und unglücklich-gewält er sey. Ueberflüßig; da es in jedes Menschen Gewalt stehe im Himmel ein Gast zu seyn. (zur ewigen Seligkeit zu kommen) Unglücklich-gewält; da er nirgends unschicklicher sey als im Munde der Juden, welche so recht vorsäzlich diese Seligkeit von sich stiessen.
|b17| |c17| Seine Religion, dies ist der Inhalt
der Gleichniß-Rede,
dieser Weg zur Seeligkeit|a18| bei Gott, werde zwar zuerst den Juden geprediget; von ihnen aber gering geachtet, und unter allerlei nichtigen Vorwänden verworfen werden. vers 16−20. –
Jesus sprach zu ihm; Es war ein Mensch der machte ein groß Abendmahl und lud viel dazu. Er ließ sie also schon einige Zeit vorher dazu einladen.
Und sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, (genauer, hierauf sandte er seinen Knecht, zur Zeit, am Tage des Gastmahls)
zu sagen den Geladenen: Kommet, denn es ist alles bereit. Und sie fiengen an alle nach einander sich zu entschuldigen. (richtiger, aber sie
alle verbaten es
einmütig) der eine sprach ich habe einen Acker gekauft, (genauer, ich kaufe einen Acker, ich stehe
jezo im Handel wegen eines
Ackers) und muß hinaus gehen, und ihn c√ besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. Der andere sprach: Ich habe fünf
Joch Ochsen gekauft, (ich kaufe, stehe
jezo im
Handel) Und der dritte sprach ich habe ein Weib genommen, (ich will jezo mich
verehelichen) darum kan ich nicht kommen. – Wie nichtig war das alles! Sie wusten es vorher, sie waren schon einmahl eingeladen und konten ihre Geschäfte darnach einrichten. Sie kamen
|a19| also nicht, weil sie nicht kommen wolten, weil sie den
Herren und sein Gastmahl
geringschäzeten oder verachteten.
|b18| Jedoch, färt unser Heiland fort,
dieser Unglaube der Juden werde die Welt seiner|c18| wohltätigen Religion nicht berauben. Sondern nunmehro solle sie den
Samaritern und Heiden, allen Völkern der Erde ohne Unterschied geprediget werden. Und werde auch bei ihnen eine günstigere Aufnahme finden. v.
21−23. – –
Und der Knecht kam, und sagte das seinem Herrn wieder. Da ward der Hausherr zornig, und sprach zu seinem Knechte: Gehe aus bald auf die Strassen und Gassen der Stadt; und führe die Armen, und Krüppel, und Lahmen, und Blinden herein. Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast es ist aber noch Raum da. Und der Herr sprach zu dem Knechte: Gehe aus auf die Landstrassen, und an die Zäune; und nöthige sie herein zu kommen, (das gewönliche Wort bei Einladungen zum Gastmahl,
zu denen man die Gäste
bittet, nicht aber mit Gewalt
zwinget) auf daß mein Haus voll werde. – – Wir,
Leser, sind auch unter diesen. Noch immer
|a20| würden wir, wie unsre
heidnische Vorfahren,
Holz und Steine anbeten,
durch Betrug der Pfaffen geäffet, von allerlei Lastern geschändet, und von hundert Schrecken gepeiniget werden,
wenn nicht die unendliche Erbarmung
Gottes den Befehl gegeben:
Gehe aus auf die Strassen und Wege, und nötige sie alle herein zu kommen, damit mein Haus voll werde.
|b19| Hingegen, so schließt die
Gleichnis-Rede, jene Verächter würden nun auch aller Vortheile seiner Religion verlustig gehen. – –
{v.
24.} Ich sage euch aber, daß der Männer keiner, die geladen sind, mein Abendmahl schmecken (geniessen,)
wird. – – Nichts kan gerechter seyn! Diese Verächter kanten die Religion Jesu
. Sie ward ihnen mit so einleuchtenden Beweisen dargethan, daß sie nichts dagegen zu sagen vermogten. Bloß durch Laster-Liebe verschlossen sie ihr den Eingang in die Seele.
Alles traf pünktlich ein, was
Jesus hier
vorhergesagt. Die Apostel predigten zu allererst den
Juden das Evangelium. Diese aber, aus Neid gegen die Heiden, denen die Religion auch geprediget ward, verwarfen sie, wolten sie nicht einmahl hören, und wurden gar die grausamsten Feinde und Verfolger der Apostel und ersten Christen.
|a21| Apostel Gesch. 13, 45. 46.
Kap.
22, 21. 22.
Röm. 11, 28. 1
Thessal. 2, 14−16.
Plözlich brachen nun die fürchterlichen Strafen
Gottes ein, die schon
{5 Buch Mos. 29 und 30.} Moses ihnen, im Fall des Ungehorsams angekündiget. Ihre Hauptstadt, und ihr ganzer Staat ward aufs schrecklichste zerstöret, und das Volk durch alle Länder der Erde, gleichsam als Gefangene zertreuet.
Noch immer gehen diese Unglückliche
unter uns herum, als Denkmahle der Gerechtigkeit
Gottes an der einen Seite, und der fast zur Grausamkeit steigenden Härte der Christen, an der andern. Es ist wahr, die Straf-Gerichte des
|b20| |c20| Allmächtigen drucken sie schwer. Aber berechtiget uns das –
uns, Christen, Schüler des
Jesu der auch für seine Mörder so gar betete, Vater vergieb ihnen,
denn sie wissen nicht was sie thun. – Berechtiget uns das, sie zu verachten, zu hassen, auf alle Weise zu drücken? Bedauren solten wir
sie, ihre Verblendung und Elend
beweinen, sie als unsre Brüder mit Liebe zu gewinnen
suchen, an ihrem Beispiele Gehorsam
lernen, und mit
Inbrunst um Beschleunigung der frohen Zeit beten, wo das ganze Israel durch Annehmung des Christenthums,
glücklich werden soll. Dies solten wir thun, wenn wir anders
Christen seyn wollen!
Römer XI.
|a22| ⌇ Diese Gleichnis-Rede Jesu ist folglich eine Weissagung von den Schicksahlen seiner Religion unter den damahligen Juden und Heiden. So wohl der ganze Inhalt, als auch die Geschichte sezen das ausser Zweifel. Mehr als dieses wolte Jesus damit nicht lehren. Und es ist ganz unnüz zu fragen, was der Acker, die fünf Joch Ochsen, das Weib bedeuten? Dies alles sind nur Zierathen der Rede, um der Erzälung Wahrscheinlichkeit, Anmuth, und Leben zu geben.
Auch für uns ist diese Geschichte lehrreich genug. Sie muß uns innige Dankbahrkeit gegen
Gott einflössen, welcher uns
Heiden, zu seinem Gastmahl eingeladen, uns die Bibel in die Hände gegeben, und dadurch zur
Erkentniß der Religion
Jesu Christi gebracht. – Sie
|b21| |c21| muß uns fleißiger in Erlernung, folgsamer in Annehmung, und treuer in Ausübung dieser seeligsten Religion
machen; damit nicht die Gerechtigkeit
Gottes auch uns in Unwissenheit, Aberglauben und Laster fallen lasse. – Sie muß uns zur demütigen Lobpreisung der unermeslichen Güte
Gottes füren, welcher alles gethan um uns zu beglücken. Gehen wir nun verlohren: so haben wir niemand als uns selbst
anzuklagen. u. s. f.
|a23| So viel Gutes können wir aus dieser Rede
Jesu lernen, wenn wir auch bloß bei ihrem
nächsten Inhalt stehen bleiben. Doch dürfen wir allerdings, sie durch Betrachtungen darüber, und Verbindung mit andern Stellen der Bibel uns noch fruchtbahrer machen. – Welch eine
Unschuld, welche
Klugheit und Vorsicht, was
für eine durchgängige Reinigkeit sehen wir hier in dem Wandel unsers Heilandes? Selbst seine
geschworne Feinde, die Pharisäer; sie die so scharfsichtig waren, denen hundert Hände und Augen zu Gebothe stunden, welche durch ihr Ansehen das Volk beherrscheten
, und bis zum Unsinn gegen Jesum
erbittert waren; selbst diese wissen weiter nichts gegen ihn aufzubringen, als daß er
am Sabbath heile: wissen keine andere
Versuchung für
Jesum , als die; –
wohlzuthun. vers 1. 2. – Und dieser
Jesus , ist unser Heiland, unser Herr und Muster! So müssen auch wir, selbst den Schein des Bösen meiden. 1
Thessalon. 5, 23. So muß auch uns, Eifer in edlen gemeinnüzigen Thaten,
|b22| |c22| unter unsern Nebenmenschen
auszeichnen.
Titum 2, 14.
Und diese seine ärgsten Feinde behandelt Jesus , mit so viel Schonung. Um ihnen die unangenehme Wahrheit von der Verwerfung und |a24| Bestrafung ihrer Nation zu mildern, kleidet er sie in ein Gleichniß ein. – Wo solte diese Tugend gemeiner seyn, als unter Christen, welche, wofern sie anders dies in der That sind, nie zu beleidigen sondern immer zu bessern und zu beglücken suchen; denen Eine {Jacobi 5, 19. 20} Seele vom Tode retten und Sünden verhindern, über alles gehet; bei denen – Vergnügen und Wohlthun der Zweck aller Gesinnungen und Handlungen ist?
Was war es, das diese zuerst eingeladene des Gastmahls beraubte und dem Zorn des Hausherrn aussezte? – Verwickelung in die Güter der Welt! – Diese Güter der Welt, Reichthum, Ansehen, Macht
u. s. w.
sind allerdings schäzbahr. Sie sind
Gottes Geschöpfe, und Geschenke. Sie sind Mittel,
mehrere und edlere Tugendthaten zu verrichten. Sie
froh, dankbahr gegen
Gott, und wohltätig gegen seine Neben-Menschen brauchen; das ist
Recht, und Pflicht. 1
Timoth. 4, 1−5. – Aber sie sind auch
flüchtig, tausend Zufällen unterworfen; und überhaupt unzulänglich unsern unsterblichen Geist zu sättigen; auch nicht selten uns in der That schädlich, indem sie uns in Sünde und (welches einerlei ist)
c√ Unglück stürzen. So müssen wir uns denn, in diese Güter der Erde nie verwickeln;
|b23| |c23| sie nie so nahe mit unserm Her
|a25|zen verbinden daß ihr Verlust unser Herz verwunde; sie immer in einiger Entfernung von uns halten; kurz, alle
Güter der Erde, nicht als
Sclaven, sondern
als Herren derselben besizen und gebrauchen.
{1 Cor. 7, 30. 31} „Diejenigen die Ehefrauen
haben müssen seyn, als hätten sie sie nicht; die da weinen, als weineten sie
nicht und die sich
freuen als freueten sie sich nicht; die da kaufen, als besässen sie es nicht; und die die Welt
gebrauchen, als gebrauchten sie sie nicht.“ Das heißt: Alle
Güter dieser Welt, besizen und brauchen, mit dem lebhaften Gefül ihrer Nichtigkeit, und mit der beständigen Entschlossenheit sie so bald es Gott gefällt aufzuopfern: dies ist Weisheit! oder Christenthum!
Aber das Christenthum ist gar nicht den Geschäften der Welt entgegen. Die zuerst
geladene hätten ja immer das Landgut kaufen, in den Ehestand treten, und dennoch dem Gastmahle beiwohnen können. Die Welt ist kein Werk des
Teufels sondern
Gottes. Die Stände, die Aemter, die Geschäfte darin sind
Seine Anordnung.
Welt und
Gott;
weltlich und
geistlich sind also nicht widersprechende Dinge: wenn die Bibel sie einander entgegenstellet, so spricht sie immer von der
damahligen lasterhaften Welt.
Ja|a26|cob. 4, 4.
vergl.
Ephes. 4, 17−24. 1
Petri 4, 2−4. Das Christenthum und weltliche Geschäfte können gar wohl beisammen stehen. Doch was sage ich, beisammen stehen? – Die treue und fromme Ausrichtung unserer Berufs-
|b24| |c24| und Standes-Geschäfte ist ein Hauptstück des Christenthums. Und das Christenthum bestehet in nichts anders, als daß es alle unsere weltliche Handlungen, unsere Geschäfte, Ergözungen, Mahlzeiten, Gesellschaften,
unser ganzes Leben zu einem Gottesdienst macht. „In dem Berufsfleiß seyd nicht träge; sondern brünstigen Geistes; und thut eure Geschäfte als einen Dienst
Gottes![“]
Röm. 12[,] 11 – „Ein jeglicher bleibe in dem Beruf und Stande worein ihn
Gott gesezt. Bist du ein Knecht berufen, sorge dir nicht: doch kanst du frey werden, so brauch des viel lieber. Denn wer
c√ ein Knecht
berufen ist
in dem Herrn, der ist ein Gefreyter des Herrn: desselbigen gleichen wer ein
freyer berufen ist, der ist ein Knecht Christi
. Ihr seyd theuer erkauft, werdet nicht der Menschen
Knechte. Ein jeglicher, lieben Brüder, worinnen er berufen
ist, darinnen bleibe er
bey Gott.[“] 1
Cor. 7, 20–24. „Ihr esset oder trinkt, oder was ihr thut: so thut
es alles zur Ehre
Gottes.[“] 1
Cor. 10, 31.
|a27| Wie aber können wir,
unser ganzes Leben zu einem
Gottesdienst machen, wenn wir nicht richtig lernen was
Gott bei jeder Handlung von uns fordert; wenn wir nicht die Mittel und Kräfte brauchen die uns die Religion darreichet? Insbesondere erinnert uns das Betragen der Menschen in dem Texte,
an die Geringeschäzung und Verachtung des grossen, reichen Gastmahles
Gottes welches
Er jedem von uns anbiethet, –
des heiligen Abendmahls. Man kan sich keine stärkere Versicherung von unserm Antheil an
Gott bei einem tugendreichen Glauben, keine kräftigere Stärkung
|b25| |c25| aller
Tugenden, und insbesondere einer allgemeinen, herzlichen und grosmütigen Menschen-Liebe
denken. – Das
heilige Abendmahl ist ein dankbahres,
feierliches, und frohes Bekentniß des Kreuzestodes
Jesu ; eine
sinliche Versicherung des würdigen
Communicanten von seinem Antheil an diesem Tode und Verdienste
Jesu ; ein sehr kräftiges Mittel uns die Sünde abscheulich zu machen und zur Liebe aller Tugenden zu leiten; eine sehr grosse Stärkung, und Uebung unserer Menschen-Liebe. Was kan einem wahren Freunde
Gottes, der
Tugend, und der Menschen wichtiger seyn?
|a28| {Römer 3, 29 Ephes. 4, 6} Gott ist nicht allein der Juden Gott, sondern auch der Heiden Gott. Der Gott und Vater aller Menschen. Er sendet auch auf die Landstrassen, um alles zu seinem Mahle einzuladen, damit – Sein Hauß voll werde. Nicht bloß die Protestanten; nicht bloß die Christen; sondern alle Menschen sind also, das Reich Gottes, die Familie Gottes. Bloß unsre Glaubens Brüder, bloß die Christen lieben, das ist also nicht Menschen- sondern Partheien-Liebe. Wahre Menschen-Liebe erstrecket sich auf alles was Mensch ist – Und eine solche {Gal. 5. bc√ 6. 1 Cor. 13.} allgemeine, herzliche, grosmütige und unwandelbahre Menschen-Liebe, ist das sicherste Kenzeichen unsers wahren Glaubens; der Gott gefälligste Dank für seine Wohlthaten; die edelste Zierde und Beschäftigung der Seeligen im Himmel; und das Siegel einer seeligen Ewigkeit. Nur solche Menschen-Freunde werden dereinst Gäste an der Tafel Gottes im Himmel seyn!