|a[95]| |b96| |c96| Evangelium am 7 Sontage nach Trinitatis.
Marci 8, bc√ 1–9.
Sehet da den
Wohlthäter der Menschen abermahls geschäftig, Freude und Glück um sich her zu verbreiten! – Kurz vor dem
{Johannis 7.} Lauberhütten Fest fand sich
abermahls – denn, nicht lange vorher hatte er bei einer änlichen Gelegenheit,
{Johannis 6.} fünf tausend bc√, ohne Frauen und
Kinder mit fünf Brodten und
zwey Fischen
gespeiset[.] – Abermahls befand sich eine Menge von mehrern tausend Menschen, die vermuthlich auf jenes Fest reiseten, bei
Jesu .
Drey Tage waren sie schon bei ihm gewesen, seinen Unterricht zu hören, und seine Wunderkraft zu benuzen; nun gieng ihr Vorrath an Lebens-Mitteln zu Ende.
{vers 1–3} Da rief Jesus seine Jünger zu sich und sprach: mich jammert des Volks, denn sie haben nun 3 Tage bei mir verharret, und haben nichts zu essen. Und wenn ich sie ungessen von mir heim liesse gehen so würden sie auf dem Wege verschmachten. (damahls, nämlich, hatte man alle
die Bequemlichkeiten zum
Reisen noch nicht: nicht allein keine Posten,
und gebahnte Wege,
sondern auch keine Gasthäuser
c√) –
denn etliche sind von Ferne kommen.
|b97| |c97| Man kan nicht vermuthen, daß alle diese vier tausend Menschen aus rümlichen Absichten zu
Jesu gekommen. Einige, wie es unter Menschen zu gehen pflegt, hatte die Neugierde dahin getrieben.
{Johannis 6, 2. 26.} Andre suchten die Heilung ihrer
Krankheiten,|a96| oder sonst etwas für ihren Eigennuz bei ihm. Ein dritter Haufe gieng bloß darum hin, weil andere vorangiengen:
wie denn überhaupt die Menschen, gleich den Schaafen, leichter haufenweise, als
einzeln zu leiten sind. Vielleicht, schlichen gar manche aus Bosheit und Tücke dahin. Unstreitig aber waren doch verschiedene, oder die meisten aus der edlen Absicht gekommen, den Unterricht
Jesu zu hören; und
für ihre Seele zu sorgen. Dies hatten sie gethan; und nun sorgte die Vorsicht
Jesu , ohne ihr Wissen, auch für ihre
leiblichen Bedürfnisse. – Ja ihr Freunde
Gottes und der Tugend! Ueberlasset euch ganz ruhig euren edelsten, und besten
Sorgen; für euren unsterblichen Geist zu arbeiten; immer in der Kentniß und Ausübung des göttlichen Willens zu wachsen; jede Pflicht auf dem
Posten wohin euch der
Ewige gestellet, mit aller Treue zu erfüllen; aufmerksam auf jeden Wink
Seiner Vorsehung jedes Mittel recht zu brauchen, das
Er euch anweiset, durch Vermehrung eurer
Reichthümer, Ansehens und Würden, eurer Christen-Tugend ein weiteres Feld zu eröfnen! Bei einem solchen Sinn und Leben
dürft ihr nicht ängstlich sorgen, nicht mit Kummer und Graam euer Brodt essen, nicht Nächte durch arbeiten, oder schlafloß hinbringen. Ruhig und heiter könnt ihr eure Nahrung und den sanften
|b98| |c98| Schlaf geniessen; zuversichtlich und getrost könnt ihr den Fort- und Ausgang eurer Geschäfte, eurem
Freunde im Himmel überlassen. Nie
wird, und
kan es euch bei einem
solchen Sinn und
Leben, an dem
fehlen was ihr im Irrdischen bedürfet. Und wenn auch die ganze List und Macht der Welt sich
|a97| vereinigte: so
wird, so
muß euch Nothdurft, Ueberfluß, und alles
das was euch von irrdischen Gütern heilsam ist, zu Theil werden: euch
zufallen ohne alle ängstliche Wünsche und
rastlose Bestrebungen zu Theil werden. Denn, eine
Unendliche Weisheit und Macht wachet, sorget für euch. In der Gunst
Gottes, ist
{1 Corinth. 3, 21. 22.} Alles Euer: Leben und Todt, das Gegenwärtige und die Zukunft, die ganze Welt ist Euer. – –
{Matth. 6, 33.} Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit: (strebet vor allen Dingen nach der
Tugend welche die Religion
Jesu lehret)
so wird alles andre, alles was von Geld, irrdischem
Ansehen, und
Macht euch nötig und heilsam ist,
euch zufallen. – –
{Psalm 127, 1–3.} Wenn Gott das Haus nicht bauet, so arbeiten die Bauleute vergebens. Vergebens wachet der Wächter, wenn Gott nicht die Stadt bewachet. Vergebens ist es, daß ihr frühe aufstehet und späte zu Bette gehet, daß ihr Kummer-Brodt esset! Seinen Freunden giebt Er, Schlaf.
{vers 1–3} So hatte
Jesus seine Apostel, welche damahls
noch, als Kinder gegängelt werden musten, auf den Beweis seiner göttlichen Sendung, den
|b99| |c99| er nun vor ihren Augen geben wolte, aufmerksam gemacht. Die
Unmöglichkeit, für eine so grosse Menge von mehrern Tausend, Nahrung zu schaffen, war
handgreiflich.
Die Jünger antworteten, woher nehmen wir Brodt hier in der Wüste, sie zu sättigen?
|a98| „
In diesem Fall, wirst du Leser denken, befinden sich auch nicht selten die Redlich-Tugendhaften. Nicht immer
fällt ihnen, bei ihrem Trachten nach dem
Reich Gottes, das Irrdische zu. So mancher Fromme lebt kümmerlich und in der tiefsten Niedrigkeit; wärender Zeit dem Lasterhaften alles gleichsam zuströmet. Und
jene Geisseln der Menschheit, der
Miswachs und die
Hungers-Noth, wie ofte verwandeln sie, auch für den Freund der Tugend, alles um ihn herum, in eine
Wüste; sezen ihn in die Nothwendigkeit zu darben, ja auf die schmerzlichste Art, für Hunger zu sterben? Wie ist denn das mit
Gottes Güte; wie mit
Seiner Gerechtigkeit, wie mit Seiner Treue in den Zusagen zu reimen?“ –
Gott hat dem Frommen
versprochen alles das vom Zeitlichen zu geben, was ihm
Nötig und
Heilsam ist. Aber nicht, für ihn
Wunder zu thun: alle Lasterhafte um ihn her auszurotten; jeden
Bösen der ihm schaden
will auf der Stelle zu
tödten, und ihn zu guten Thaten mit Seiner Allmacht zu zwingen. Thäte er dies: so müste er alle Freiheit der Menschen aufheben; so würde dieses Leben nicht mehr Prüfung, und jenes Leben nicht mehr, Vergeltung
seyn. Nicht Kargheit
der Natur, bloß die Fehler und Laster der
Menschen sind die Ursache
|b100| |c100| jener
Hungers Noth die ganze Städte und Länder verschlinget. Der Vorrath ist da, auf
Gottes Erde. Aber eure
gewissenlose Nachlässigkeit und Unvorsichtigkeit, und eure
Schwelgerei, ihr Regenten! euer satanischer Neid und niederträchtige
Habsucht, ihr
Wucherer die ihr mit räuberischen Händen die Nahrungs-Mittel euren
Brüdern
|a99| entreißt! Diese, nicht aber Mangel der Vorsorge und Freigebigkeit
des
Vaters der Natur, ist die Ursache jener Theurung und Hungers-Noth, welche den
Tugendhaften so wie den
Sünder dahinreißt. – Doch wir dürfen nicht so weit gehen, um diese dunkeln Gänge der Vorsehung ins Licht zu sezen.
Der Fromme leidet? Diese Leiden sind bitter,
aber auch eben so heilsam, als Arzenei-Mittel. Sie sind die
Mittel seine Tugend zu sichern, und zu erhöhen: und seinen Gnaden-Lohn in jener Welt zu vermehren.
Er stirbt? Was ist das anders,
als; er wird unzälichen
Versuchungen die ihn vielleicht um seinen Schaz, die Tugend, gebracht, entrissen, unzälichen Gefahren und Leiden entnommen. Er wird früher zu seiner Vollendung, zu
Gott in
Seinen Himmel eingefüret?
Unterdessen sind diese traurigen Auftritte nur selten. Und überhaupt ist selbst in dieser Welt, dem
Stande der Uebung, wo die Guten mit den Bösen vermischt leben müssen, wo wir nur auf der untersten Stuffe unsrer Volkommenheit stehen, wo manche Mängel und Leiden im Einzeln müssen zugelassen
werden um das Wohl des Ganzen zu sichern; selbst in diesem un
|b101||c101|serm
Stande der Zucht und Vorbereitung, ist
die
Summe der Freuden grösser als die Summe der Leiden. Wir Menschen sind gemeiniglich so geartet,
daß ein einziges Leiden uns gegen hundert Freuden
füllos macht. Unsre Umstände verbessern sich über unsre Erwartung: es wird uns mehr Ueberfluß und Ansehen zu
Theil als wir selbst, im Anfange unsrer Laufbahn zu wünschen wagten.
|a100| Aber Einer unserer, vielleicht eitelen
Anschläge wird vereitelt; oder ein
Mitwerber stehet auf und theilet mit uns unsern Ruhm; oder der sieche Zustand des Leibes verursachet uns einige Beschwerden. Und nun wenden wir unsre Augen von allen jenen hundertfachen Freuden ab, und heften sie auf diese
Eine Wiederwärtigkeit. So nimmt denn
Traurigkeit unsre ganze Seele ein. Die Traurigkeit verwandelt sich bald, in
Verdruß. Und dieser in jene öde
Schwermuth; welche Alles um uns her verdunkelt, jede Blume beschattet, jedes Grüne
schwärzet, und über den ganzen prächtigen Schauplaz der Natur einen Trauer-Flor hänget.
Für
Heiden schickte es sich, über die Gebohrnen zu
weinen und über die Sterbenden sich zu freuen. Bei
ihnen die keine Alles-regierende
Gottheit kanten, war der Spruch nicht
unerwartet;
Das Leben sey ein Jammerthal. Wir Christen aber, die wir
Den kennen, der alle Haare auf unserm Haupte gezälet! – O lasset uns nur bemerken,
das viele Gute das wir schon in unserm vorigen Leben genossen: –
das tausendfache Vergnügen welches immer fort, aus dem Gebrauch unsrer Augen, Ohren und andrer Sinne, unsrer
|b102| |c102| Vernunft und Seelen-Kräfte, aus dem täglichen Genuß der Speisen und Getränke, dem Umgange mit unsern Bekandten und Freunden,
täglich auf uns zuströmet. –
Die vielen ausserordentlichen Freuden, bei dem guten Fortgange unsrer Arbeiten, so manchem unerwarteten Gewinn, so mancher
sichtbaren Abwendung grosser und naher
Gefahren: –
Die mannigfaltigen
Erleichterun|a101|gen und Versüssungen unsrer Leiden;
– die unzälichen Freuden unsrer Neben-Menschen. Berechnet dieses! Oder berechnet nur die Freuden
bey Einem Spazier-Gange, wo der Anblick so vieler tausend mannigfaltigen Schönheiten, unser Auge ergözet; der Gesang der Nachtigall
c√ unser Ohr
entzücket; die Empfindung der frischen Luft eine sanfte Wärme in alle unsre Glieder giesset; die balsamischen Düfte der Pflanzen und Gewächse uns
erquicken und Blut und Lebens-Geister
erfrischen. Und
denn legt die Hand auf eure Brust, und bekennet zum Preise der
unendlichen Liebe: daß auch dieses Land unsrer irrdischen Wallfarth, kein
Thränen- und Jammer-Thal, keine
wilde rauhe dornigte mit Schlingen und Gefahren besäete Wüste; sondern – – eine
fruchtbare Gegend sey, wo zwar Unkraut und Dornen, aber
noch mehr Blumen und Rosen sind! Daß schon dieses Leben, seine eigene, überwiegende Freuden hat, und für den
redlichen Christen, durch seine
Hofnung, ein Vorschmack
himmlischer Freuden ist!
Für
den redlichen Christen! Der Freund des Lasters und
Sclave der
Welt hat freilich ein
|b103| |c103| trauriges, verdrüsliches,
rastloses, peinliches Leben. Je mehr er dem
Glück nachläuft, desto weiter fliehet es von ihm:
gleich den Wagen-Rädern, die immer, sie mögen auch noch so geschwinde eilen, gleich weit von einander entfernet bleiben.
{Jacob 4, 1–3.} Er begehret, und besizet nie. Er beneidet und erlanget nie. Er kämpfet und krieget, ohne etwas zu erringen. Er betet, und wird|a102| nicht erhöret, weil er übel betet, nur um seine Lüste zu nären. Wie bei jedem Schritt
c√ eine Anhöhe
hinan, sich die Aussicht erweitert: so erweitern sich auch bei jedem Schritt auf die Höhe des irrdischen
Glücks, seine Bedürfnisse und quälende Begierden. Hundert ängstliche Wünsche,
rastlose Bestrebungen, Regungen des Neides, Stolzes und andrer
strafbarer Neigungen, machen seine Seele zu einem Kampfplaz, wo Schmerz, Angst und
Geschrei jeder Freude den Zugang verschliesset. Unseliges Leben! Trauriger Beweiß, daß die ganze
Welt, und noch weniger die
Sünde, daß Nichts
ohne Gott uns wahre, daurende Freude zu geben vermag!
{Psalm 73, 25–28.} Aber Herr, wenn ich DICH habe: so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Mein Leib und meine Seele schmachtet vor Sehnsucht nach dir, o Gott, Ewiger, der du der Felß meiner Seele, und mein Erbtheil (mein ganzer Reichthum)
bist. Die von dir Entfernete (die in etwas anders als
dir, ihr Glück suchen)
gehen gewiß zu Grunde. Du vertilgest jeden der von dir weichet. Mir aber, ist die Freundschaft Gottes, mein Glück, (mein einziges und höch
|b104||c104|stes Gut)
. Auf dich, den Herren, (der alleine, über alle die Güter gebiethet, die uns hier Freude geben können)
seze ich alles mein Vertrauen. So werde ich am Ende, gewiß deine Werke preisen. (so
muß es mir stets wohl
gehen.) |a103| ⌇ Unmöglich war es also, für diese viele Menschen Nahrungs-Mittel anzuschaffen. Um die Apostel davon noch mehr zu überzeugen, fragt sie Jesus , {vers 5. 6} Wie viel habt ihr Brodte? Sie sprachen: Sieben. Da geboth er dem Volk daß es sich auf die Erde lagerte. Nun nahm er die sieben Brodte, und – dankete, betete zu Gott. Denn,
Was kan Vernünftiger, Gerechter und Edler seyn, als die
Gewohnheit unsre Nahrung, mit Gebet zu Gott zu uns zu nehmen? Wer hat sie uns gegeben? Wer verschaffet uns täglich, durch so viele Wunder der Natur und so viele tausend Menschen-Hände, die für uns arbeiten, unsre Nothdurft? Wer giebt uns so viele Abwechselung in wohlschmeckenden,
erquickenden und stärkenden Speisen und Getränken? Wer besezt und schmückt eure Tafel, ihr Reiche und
Vornehme, mit den ausgesuchtesten Leckerbissen und den schönsten Zierathen, aus allen Theilen der Welt, und Reichen der Natur? Wer macht es, daß dieses, wie alle übrige, unentbehrliche Lebens-Geschäfte mit so viel Vergnügen für uns
|b105| |c105| verbunden? Mit einem Worte: Wem haben wir alle die grossen und vielen Wohlthaten zu danken, die wir bei jeder Mahlzeit vor uns sehen? Wem anders, als
{Apostelgeschicht 14, 15–17.} dem Gott, der uns Regen und fruchtbare Zeiten giebet, und uns mit Speise und Freude anfüllet! – –
Und, vom Wem hänget das Gedeien unsrer Nahrung ab? Wer hindert alle die
|a104| tausend und aber tausend Zufälle, welche die heilsamsten Speisen und Getränke, uns in Gift verwandeln können? Wer macht es, daß unser Essen und Trinken uns nicht allein wohl schmeckt, sondern auch wohl bekömt? Wer thut bei jeder Mahlzeit dieses
Erstaunliche, aller menschlichen Weisheit Unerklärliche
Wunder: daß Fleisch, Brodt, Gewächse, Wasser, Wein, sich in unserm Leibe, in Blut, Haut, Knochen, Fleisch
verwandelt? – – Bekennet
denn, daß das Gesez unsrer Religion höchst gerecht,
vernünftig und heilsam ist, welches uns befiehlet, um
{Matth. 6, 11.} unser tägliches Brodt zu beten; unsre Nahrung
{1 Timoth. 4, 4. 5.} mit Dankbarkeit gegen Gott zu geniessen, und –
durch Gebet zu heiligen. Bekennt, daß es der Menschheit zur grossen Schande gereichet, daß es jedem Freunde der Tugend und Menschen sehr schmerzhaft seyn muß: wenn, besonders Reiche und Vornehme, sich schämen, vor und nach der Mahlzeit zu beten; wenn diese edle und heilsame Gewohnheit so sehr abgekommen, daß man ofte gar, –
durchs Beten Anstoß zu geben fürchten
muß?
Jesus betete vor dieser Mahlzeit.
Er dankete (betete)
und brach die Brodte, (die|b106| |c106| wie unsre Kuchen, dünne waren)
und gab sie seinen Jüngern, daß sie dieselben vorlegten. Diese nun legten sie dem Volk vor.
{vers 7.} Noch hatten sie ein wenig kleiner Fische. Und Jesus betete und hieß auch diese vorlegen. – So arbeitet die
wohltätige Hand
Jesu , nur um
auszutheilen! –
Sie assen alle, und wurden satt, und huben die übrigen Brocken auf,|a105| Sieben Körbe. Es waren aber bei viertausend, die gegessen hatten. Da ließ sie Jesus von sich.
Sieben kleine Brodte, oder vielmehr Kuchen, nebst wenigen kleinen Fischen, reichen kaum hin, von
vier tausend Menschen jedem nur einen Brocken zu geben. Aber – sie alle
werden gesättiget. Und,
es bleibt mehr übrig, als vorher da gewesen. Hier bewieß sich also abermahls die Wunder-Kraft
Jesu ! – – Und wer kan dies unwahrscheinlich finden; der nur seine Augen aufthut und siehet, was
An ihm und
Um ihn her, täglich
geschiehet? Täglich sättiget
Gott, nicht allein vier tausend,
sondern wenigstens
Tausend Millionen Menschen.
Täglich schaffet und vervielfältiget
er die Nahrungs-Mittel:
lässet aus Einem
Saatkorn, mehrere hundert dergleichen hervorwachsen. Täglich sättiget
er nicht allein viele Millionen Menschen, sondern auch über das, so viele
unzälbare Millionen anderer lebendiger Geschöpfe auf unsrer Erde. – Täglich hält
Gott offene Tafel, an welcher der gröste Kaiser, bis zum kleinsten Wurm im Staube, gespeiset wird.
|b107| |c107| {Psalm 145, 15. 16.} Die Augen aller warten auf dich, Herr, denn du giebest ihnen ihre Speise zur rechten Zeit. Du eröfnest deine Hand, und sättigest Alles was lebet, mit Vergnügen.
Bemerket hier, endlich, das vorsichtige, kluge Betragen Jesu . Er lässet das Volk sich lagern. So konte kein Zweifel übrig bleiben, daß ein jeder Speise empfangen, und nicht der ge|a106|ringste Betrug vorgegangen. Er nimmt den kleinen Vorrath in seine Hände. Nun sahen alle Gegenwärtige, daß nichts mehr vorhanden war. Er giebt ihn den Jüngern, und läßt ihn durch ihre Hände austheilen. So werden beides sie und das Volk unwidersprechlicher überfürt. Er läßt, endlich, die Brocken aufsamlen. Hiedurch ward das Wunder noch Einleuchtender und Grösser. Denn es blieb mehr übrig, als vorher da gewesen. – Sehet hier, christliche Leser, unser Muster! So müssen auch wir unsern ganzen Wandel durch Vorsicht und Klugheit ordnen: nicht allein das Böse, sondern auch {1 Thessalonicher 5, 22.} allen Schein des Bösen meiden.