Oben.Von oben herab, Joh. 19, 11. muß man wegen des Zusammenhangs entweder mit Hrn.D.Semler von der jüdischen Obrigkeit, die Jesum den Pilatus überantwortet hatte, oder von dem Kayser selbst verstehen, der diesen zum Statthalter verordnet hatte. Sollte der Sinn seyn: du hättest keine Gewalt über mich, wenn sie dir nicht von Gott gegeben wäre – was ists für eine Folge? darum haben die größere Verschuldung auf sich, welche mich dir überliefert haben.
Obrigkeit. Das Wort, welches Luther gemeiniglich so übersetzt, ist von allgemeiner Bedeutung. Nur dann, wann die Wörter Herrschaft (1 Cor. 15, 24.), Fürstenthümer oder Fürsten, |f371| (Col. 1, 16.Tit. 3, 1.) vorhergehen, sind Unterobrigkeiten, zu verstehen.
Obrigkeit, die Gewalt hat; sollte richtiger übersetzt seyn Röm. 13, 1. die vorgesetzte, rechtmäßigeObrigkeit; so wie das im Grundtext ähnliche alle Obrigkeit1 Tim. 2, 2.alleVorgesetzte; welche Stelle zum Beweis dienet, daß das griechische Wort, welches ich Vorgesetzte übersetze, nicht allezeit die höchste Obrigkeit bedeutet, und daher sagt der Apostel auch nachher schlechtweg Obrigkeit.
Oberster.1 Petr. 2, 13. sollte es dafür in der Uebersetzung heißen: dem Könige, als dem Obersten. In den Evangelisten und der Apostelgeschichte werden allezeit, nach unserer Art zu reden, jüdische
Rathsherren, und wenn es überhaupt
unsere, eure Obersten,Oberstendes Volks heißt, der ganze jüdische Senat darunter verstanden. Es sollte also z. E.Luc. 24, 20. genauer übersetzt werden, wie ihn unsereHohenpriester und Obrigkeit (nemlich die übrigen Rathsglieder) überantwortet haben. Wenn
Aelteste und
Schriftgelehrte davon unterschieden werden, wie Apostelg. 4, 5. 8. so können ganz wohl unter jenen vorzugsweise die gleich folgenden verstanden werden: s.
Aelteste .
Oberste derSchule,Marc. 5, 22. 35. 36. 38.Luc. 8, 41. 49.13, 14.Apostelg. 13, 15.18, 8. 17.
waren auch Mitglieder des hohen Raths, die, nach unserer Art zu reden, die Schulaufsicht hatten: s.
Schule .
OberstederWelt 1Cor. 2, 6.vergl.8. die jüdische Obrigkeit; welchesauch die älteste Er|f372|klärung ist; wie desClemensvon Alexandrien im 5. B. der vermischten WerkeS. 659.
Offenbar. Offenbar seyn wollen, in öffentlichen Ansehen leben wollen; Joh. 7, 4.
Offenbaren. In dem griechischen Text sind es verschiedene Wörter von verschiedener Bedeutung, für die Lutherdies einzige Wort braucht; und man muß daher hin und wieder es mit andern vertauschen.
Am rechten Orte steht es Marc. 16, 14.Joh. 21, 1. 14.und so wird es auch, wie ich denke, von Gott, in der Persönlichkeit des Vaters genommen (wenn anders die Leseart richtig ist), 1 Tim. 3, 16. –
Gott hat sich geoffenbaret durch
Christum, will der Apostel sagen, und nennt dafür das
Fleisch, um die wahre Menschheit Jesu anzuzeigen – das
in muß hier
durch übersetzt werden, wie gleich nachher
imGeist, nemlich durchs Evangelium (s.
Geist ,rechtfertigen ), und Gal. 1, 16.
inmir
, durch mich. Der Sache nach erklärt es
Johannes1, 18. und
JesusMatth. 11, 27.Joh. 12, 45.17, 6. Es hindert auch nichts, das letzte,
aufgenommen in die Herrlichkeit eben sowohl vom Vater zu erklären; da es auch sehr gut den Sinn haben kann,
er ist weit und breitverherrlichet worden, und ohnehin die Worte nicht so bequem von der Himmelfahrt Jesu verstanden werden können, da das – er ist verkündiget worden den Heyden – noch vorhergeht.
Joh. 14,21. ist es so viel, als, sich einem andernnäherzu erkennen geben, und 2 Buch Mos. 33, 12.der Grundtext mit der griechi|f373|schen Uebersetzung dabey zu vergleichen. Das Ganze enthält die Versicherung, daß Jesus seinen aufrichtigen Freunden auch immer größereReligionseinsichten verleihen wolle.
Matth. 10, 26.11, 25. 27.16, 17.Luc. 10, 21. 22.Joh. 12, 38.17, 6.1 Cor. 2, 10.Gal. 1, 16.3, 23.Eph. 3, 5.Phil. 3, 15. bedeutet es
lehren, bekanntmachen;Luc. 2, 35.2 Thess. 2, 3. 6. 8.
entdecken;Röm. 8, 18.
1 Petr. 5, 1.
sichtbarwerden[.] Von1 Cor. 14, 25.s.
Prophet .
Offenbarung. Die Stellen, in welchen Paulus von der ihm geschehenen Offenbarung, oder er und die übrigen Apostel von der Offenbarung Jesu Christi reden, sind eben keiner Schwierigkeit in der Erklärung unterworfen; aber um so streitiger ist der Sinn des Worts 1 Cor. 14, 6. 26. 30. Es kann nun nicht einerley mit
Weissagung seyn, da der Apostel beydes ausdrücklich unterscheidet, und es ist mir daher in Vergleichung mit Eph. 1, 17. und Luc. 2, 32. nach dem Grundtexte (wo das Wort Offenbarung von dem gu
ten Religionsbekenntniß überhaupt gebraucht wird) sehr wahrscheinlich, daß damit ein jeder
beyfällige guteGedanke, eine Einsicht in die Religion, die sich dem Gemüth ohne Vorbereitung in voller Klarheit darstellt, gemeynt sey. So ist mir wenigstens alles verständlich. Der Apostel wird hiernach im 6. V. sagen wollen: „Was kann es euch helfen, wenn ich
zu euch käme, und noch so viel und so langein einer euch unverständlichen Sprache redete? wenn ich nicht wirklich
zu euch rede, d. i. euch verständlich; es sey nun entweder ein mir
|f374| gleich beyfallender guter
Gedanke, oder eine höhere Religionseinsicht, oder eine rührende Vorstellung (s.
Weissagung ), oder sonst ein gemeiner nützlicher Unterricht.“ – So auch V. 26.„Wenn ihr zusammenkommt, und nun ein jeder etwas vorzutragen hat, der eine einen Psalm – noch ein anderer irgend einen guten Gedanken, – so müsse das alles zum Nutzen der ganzen Gemeine geschehen etc.“ In so fern nun diese plötzliche Erleuchtung auch von einem stärkern Antrieb zur Mittheilung derselben an andere begleitet wurde, und derjenige, der diesen Antrieb bey sich fühlte, dem, der schon redete, oft ins Wort fiel, so verbindet der Apostel
Offenbarung mit
Weissagung im 30. V. und nimmt daher Anlaß, diesen Uebelstand zu verweisen.
Ohne.Ohne Gottin der Welt leben, Eph. 2, 12. könnte allerdingsheißen, ein Abgötter, Ungläubigerseyn. Da indeß der Apostel hier nicht von der Verschuldung der Heyden, sondern ihren ehemaligen äußerlichen Unterscheidungen von den Juden redet, und also ihnennicht sowohl Vorwürfe machen, als vielmehr sie an ihren weiten Abstand von jenen erinnern will: so wäre ich geneigt, es von der soscheinenden ZurücksetzungandererVölker in dem Wohlgefallen Gottes zu verstehen. Sothut er keinemVolk, sagte der Jude, nochlässetsiewissenseineRechte,Ps. 147, 20.Wohl demVolk,deß derHerrein Gott ist!144, 15.undPaulus, du rühmest dich Gottes, Röm. 2, 17.vergl.Joh. 8, 54.Ist Gott allein der Juden Gott?3, 29.
So ist gleich vorher,ohneChristoseyn, wie es mir scheint, so viel, als, kein Nachkomme |f375|Abrahamsseyn, aus dessenGeschecht der Messias herkommen sollte. Es wäre also die Steigerung: Kein NachkommeAbrahamsseyn (ohne Christo) kein israelitischer Bürger; keine unter göttlicher Autorität verordnete gottesdienstliche Gebräuche haben (fremd seyn von den mit besondern Verheißungenverbundenen Bündnissen); keine Hoffnung (des Messias) haben; von Gott ganz verworfen seyn.
Opfer,opfern. Weil die ganze Absicht der Lehre Jesu darauf gieng, eine herzliche und aufs Gute gerichtete Verehrung Gottes mit Aufhebung aller Opfer einzuführen: so wird besonders den Juden, denen ihr Opferdienst so sehr am Herzen lag, zu ihrer Beruhigung der Tod Jesu, als ein Opfer, das er auf einmal und für alle vollendet habeEph. 5, 2.vergl. Geruch Hebr.7, 27.9, 26. (11. ff.) 28.10, 12. 26. und zu ihrerSelbstbesserung, das beständige gottgefällige Verhalten, als das Opfer vorgestellt, welches sie alle Tage, aller Orten, und in allen Umständen Gott darbringen sollten, Röm. 12, 1.Hebr. 13, 15. 16.Matth. 9, 13.12, 7.
Man wird hieraus Einmal am besten beurtheilen können, warum Jesus selbst seinen Tod nie ein Opfergenannt hat. Ich denke nemlich, er habe dazu keine Veranlassung gehabt, da er in seinem Unterricht offenbar noch nicht so weit gekommen war, den Juden noch keine allgemeine und klare Eröffnung von Abschaffung des Opferdienstes gethan und also auch nicht nöthig hatte, sie mit dem Ersatz zu trösten.
Zweytens läßt sich daraus begreifen, warum sein Tod nicht nur mit jenen Sündopfern, son|f376|dern auch mit der Schlachtung des Osterlammes und allen andern trocknen Gaben und Darbringungen verglichen wird, Eph. 5, 2. (Gabe und Opfer) 1 Cor. 5, 7. Denn da der ganze äußerliche Gottesdienst der Juden abgeschafft werden sollte, so gehörte es zu ihrer vollständigen Beruhigung, zu wissen: das das alles sey durch den Einen Jesumeinmal für allemal für sie geschehen .
Endlich ist es eben so wenig schwer einzusehen, wie doch der Apostel Hebr.10, 5. 8.
ihn selbst so schlechtweg redend einführen können,
Opfer und Gaben – gefallen dir nicht? und warum er in der Anwendung der Worte –
denLeib hast du mir zubereitet, nur das,
Leib, V. 10. aber nicht das
zubereiten, zu derselben gezogen.
AngenehmesOpferPhil. 4, 18. ist das freywillige Geschenk, welches die Philipper Paulo überschickt hatten, V. 10. 17.
Das Evangelium opfern, es verkündigen; Röm. 15, 16.
Geopfert werden, 2 Tim. 4, 6.Phil. 2, 17. Das griechische Wort ist hergenommen von den Trankopfern und besonders in der letzten Stelle eine fortgesetzte Vergleichung. Die Heyden waren gleichsam das Schlachtopfer, welches Gott dargebracht wurde; indem nun Paulus darüber seine Kräfte zusetzte, vergleicht er sich mit dem Wein, welcher auf das Schlachtopfergegossenwurde4B.Mos. 15. Man müßte also, um diese Vergleichung in der Uebersetzung merklich zu machen, etwa sagen: obich gleich über dem Opfer eures Glaubens zum Trankopfer werde; und das heißt denn |f377| ohne Bild: ob ich gleich über eure Zubereitung zum Christenthum meine Kräfte verzehre.
Ort,unterste Oerter der Erde;s.
Erde .