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  <titlePage xml:id="bs_b_tp">
    <pb xml:id="bs_b_page_I" edRef="#b" type="sp" n="I"/>
    <docAuthor><choice>
        <abbr>D.</abbr>
        <expan>Doctor</expan>
      </choice>
      <index indexName="persons-index">
        <term>Semler, Johann Salomo</term>
      </index><persName ref="textgrid:250ds">Joh. Sal. Semlers</persName></docAuthor>
    <docTitle>
      <lb/>
      <titlePart type="main"><choice>
          <orig>Antwort <lb/>auf das <lb/>Bahrdische
                                <lb/>Glaubensbekentnis.</orig>
          <supplied reason="toc-title">b) D. Joh. Sal. Semlers Antwort auf das
                                Bahrdische Glaubensbekentnis</supplied>
          <supplied reason="column-title">Semler, Antwort auf das Bahrdische
                                Glaubensbekentnis, 1779</supplied>
        </choice></titlePart>
    </docTitle>
    <lb/>
    <docImprint>Halle, <lb/>im Verlag der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_tp_1"/><persName ref="textgrid:3r6d2">Hemmerdeschen</persName> Buchhandlung, <docDate>1779.<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:3rnn5"/></docDate></docImprint>
  </titlePage>
  <pb xml:id="bs_b_page_II" edRef="#b" type="sp" n="II"/>
  <div type="preface" xml:id="bs_b_pf_1">
    <head><pb xml:id="bs_b_page_III" edRef="#b" type="sp" n="III"/>
      <choice>
        <orig>Vorrede.</orig>
        <supplied reason="toc-title">Vorrede</supplied>
      </choice></head>
    <p>Es ist wol nicht nötig, mich weitläuftig und künstlich erst zu rechtfertigen, daß
                    ich auf das <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_1"/><hi><persName ref="textgrid:2541p">bahrdische</persName></hi> Glaubensbekentnis<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:3rnj8"/> eine öffentliche
                    Antwort ertheile. Ich wil also auch nicht umständlich anfüren, daß ich von
                    mehrern dazu ersucht worden bin; die nicht sowol erst erfaren wolten, ob ich
                    auch unter den <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_2"/>angeblichen
                    Tausenden seie, welche eben diese Lehrsätze vorziehen, und sogar eine neue
                    algemeine <index indexName="subjects-index">
        <term>Religionsform</term>
      </index>Religionsform zu wünschen für wichtig halten; als vielmehr hoffeten, daß
                    ich zu einer ehrlichen Untersuchung und eben so freien <pb xml:id="bs_b_page_IV" n="IV" edRef="#b" type="sp"/> Beurtheilung ganz gewis bereit und willig seyn
                    würde; wonach allerdings kein unansehnlicher <index indexName="subjects-index">
        <term>Nutzen</term>
      </index>Nutzen für unsre Zeitgenossen in mehr als einer Absicht, zu erwarten
                    seyn könte. Eben so freie Beurtheilung des Bekäntnisses, ohne Zurückhaltung, muß
                    doch wenigstens eben sowol auf unserer Seite rechtmäßig heissen: als der <choice>
        <abbr>Hr.</abbr>
        <expan>Herr</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> sich eine in der That sehr grosse
                    Freiheit erlaubet hat. Alle billigen und noch <index indexName="subjects-index">
        <term>unparteiisch</term>
      </index>unparteiischen Leser werden es also nicht übel deuten, daß gerade ich,
                    hier, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_3"/>an eben dem Orte,
                    meine Beurtheilung öffentlich bekant mache, wo sich der <choice>
        <abbr>Hr.</abbr>
        <expan>Herr</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> für jetzt aufhält; es konte dis in mehr
                    als einer Rücksicht wirklich vortheilhaft oder nötig heissen, da ohnehin manche
                    seltsame Gerüchte sich ausgebreitet haben, denen man sogar eine furchtbare
                    Stellung oder einen solchen Zusammenhang geben wolte, der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_4"/>unserer
                        <hi>Universität</hi> nachtheilig heissen solte. Je gewisser es ist, daß eine
                    rechtmäßige wünschenswerthe <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_5"/><index indexName="subjects-index">
        <term>Toleranz</term>
      </index><hi>Toleranz</hi> bey uns, und besonders, <pb xml:id="bs_b_page_V" n="V" edRef="#b" type="sp"/> was unsere <hi>theologische</hi> Lehrart betrift,
                    sich schon lange ausgezeichnet hat, vor vielen andern <hi>teutschen</hi>
                    Universitäten, wenn auch ich insbesondre schon eben so lange von manchen
                    Eiferern übel und unfreundlich darüber beurtheilet worden bin: desto
                    ausgemachter ist es wol auch, daß niemand unter uns den <choice>
        <abbr>Hrn.</abbr>
        <expan>Herrn</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> um dieses Uebertrits willen zur <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_6"/><index indexName="subjects-index">
        <term>sozinianisch</term>
      </index><hi>socinianischen</hi> Partey, zu drücken und zu verfolgen gesonnen
                    seie; wir behalten alle <index indexName="subjects-index">
        <term>Menschenliebe</term>
      </index>Menschenliebe und Achtung, die wir in änlichem Falle uns je wünschen
                    mögen. Indessen wird auch dis <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_7"/>kein Beweis einer <index indexName="subjects-index">
        <term>Verfolgung</term>
      </index>Verfolgung heissen können, wenn man geradehin und öffentlich dieses
                    Bekentnis historisch unrichtig, unzuverläßig, und in Absicht des geäusserten
                    Widerspruchs wider <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_8"/>die
                        <hi>augspurgische Confeßion</hi>, und wider alle feierliche Grundsätze der
                        <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_9"/>drey <index indexName="subjects-index">
        <term>Religionsparteien</term>
      </index>Religionsparteien im römischen Reiche, ungegründet nent; auch die
                    Wünsche für eine <hi>ganz andre Vereinigung</hi> dieser drey Parteien, durch
                    eine <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_10"/>vierte
                    Religionsform, als <pb xml:id="bs_b_page_VI" n="VI" edRef="#b" type="sp"/>
                    unthunliche, und unnötige, übereilte ansiehet. Gerade diese <index indexName="subjects-index">
        <term>Freiheit</term>
      </index>Freiheit, solchen öffentlichen Aufsätzen, eben so öffentlich zu
                    widersprechen, gehört noch mehr zu den Rechten dieser Kirchen, als zu der
                    Pflicht, die man der Untersuchung des <index indexName="subjects-index">
        <term>Wahre, das</term>
      </index>Wahren, oder vorzüglich Wahren schuldig ist. Wenn also sonst es unsern
                    höchsten Obern nicht zuwider ist, und sie es der öffentlichen Geselschaft nicht
                    nachtheilig erachten: wird es mir und andern öffentlichen Lehrern gar nicht
                    entgegen seyn, daß der <choice>
        <abbr>Hr.</abbr>
        <expan>Herr</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> nun mit mehrern sich über seine
                    übereilte Sätze und Aufgaben, oder Behauptungen, gelegentlich erklärt; damit
                    auch andre Zeitgenossen Gelegenheit haben, <index indexName="subjects-index">
        <term>Gründe</term>
      </index>Gründe von beiden Seiten zu lesen und zu beurtheilen; so wenig auch, auf
                    Seiten des <choice>
        <abbr>Hrn.</abbr>
        <expan>Herrn</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfassers</rs> irgend etwas neues vorgebracht worden
                    ist oder werden kan.</p>
    <p>Ich wil mich hier nicht insbesondre darüber heraus lassen, daß ich alle Entwürfe
                        ei<pb xml:id="bs_b_page_VII" n="VII" edRef="#b" type="sp"/>nes algemeinen
                    Systems, oder Lehrbegrifs für alle Christen, ganz und gar für ungegründet halte;
                    es ist meine Beurtheilung, der ich mich nicht schäme; indem solche Entwürfe
                    stets <index indexName="subjects-index">
        <term>Entwürfe, lokale</term>
      </index><hi>local</hi> sind und bleiben; aller gute <index indexName="subjects-index">
        <term>Unterricht</term>
      </index>Unterricht aber darauf mitgehet, den fähigen Zeitgenossen in Absicht
                    eigener Einsichten und Urtheile beförderlich zu seyn; folglich ihre <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissensfreiheit</term>
      </index>Gewissensfreiheit in immer grössere Uebung zu setzen; und nun werden
                    diese wol aus ihrer eigenen <index indexName="subjects-index">
        <term>Erfahrung</term>
      </index>Erfarung wissen, wie es mit eigenen Erkentnissen zugehet, und werden
                    niemanden, der mitdenken kan, ihre <index indexName="subjects-index">
        <term>Geschichte, moralische</term>
      </index>moralische Geschichte oder ihre Einsicht aufdringen. Mit vieler
                    Aufmerksamkeit habe ich daher stets Studiosos Theologiä davon zu überzeugen
                    gesucht, daß sie die Mannichfaltigkeit und Ausdenung der <index indexName="subjects-index">
        <term>Welt, moralische</term>
      </index><hi>moralischen</hi> Welt, nach Ost und West, Süden und Norden, nach
                    allen Strichen und Climatibus, und die Mannichfaltigkeit aller ihrer
                    Veränderungen hinlänglich überdenken, und danach ihr Lehramt gewissenhaft und
                    mit <pb xml:id="bs_b_page_VIII" n="VIII" edRef="#b" type="sp"/> Zuversicht einst
                    füren möchten. Alles, was zur eigentlichen <index indexName="subjects-index">
        <term>Theologie</term>
      </index>Theologie gehört, seie Vorbereitung zu ihrer besondern Geschicklichkeit
                    und Gewissenhaftigkeit; beides müsse sie, als Lehrer, von den andern
                    Zeitgenossen gar sehr unterscheiden. Alle geschickte und gewissenhafte Lehrer
                    aller drey grossen <index indexName="subjects-index">
        <term>Kirchenparteien</term>
      </index>Kirchenparteien kämen darin überein, daß die eigentlichen unmittelbaren
                        <index indexName="subjects-index">
        <term>Grundartikel</term>
      </index>Grundartikel des christlichen Glaubens, oder der christlichen Religion,
                    wie sie eine christliche Fertigkeit und Glückseligkeit gewähret, allen Parteien
                    wirklich gemein seien und bleiben, obgleich in sehr verschiedenen
                    Gesichtspuncten; und darauf gründe sich theils eine wahre Verträglichkeit und
                    redliche geselschaftliche Verbindung, theils auch die feierlichen öffentlichen
                    Religionsrechte, nachdem man der <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_11"/><hi><index indexName="subjects-index">
          <term>Unionsarbeiten</term>
        </index>Unionsarbeiten</hi> müde geworden. Die <hi>besondern</hi>
                    Bestimmungen, in sogenanten <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_12"/><index indexName="subjects-index">
        <term>symbolische Bücher</term>
      </index><hi>symbolischen</hi> Büchern seit dem 16ten Jahrhundert, beschrieben
                    die jetzige wirkliche Verschiedenheit aller dieser Christen, <pb xml:id="bs_b_page_IX" n="IX" edRef="#b" type="sp"/> in Absicht der bey
                    ihnen, wirklich eingefürten, <index indexName="subjects-index">
        <term>Denkungsart, lokale</term>
      </index><hi>localen</hi> Denkungsart und <index indexName="subjects-index">
        <term>Lehrart, lokale</term>
      </index>Lehrart; mit ausdrücklicher neuen äusserlichen Verbindung einer jeden
                    solchen besondern Religionspartey. Diese äusserliche Verbindung beruhe auf den
                    obrigkeitlichen Rechten, und könne in Absicht des einheimischen Gebrauchs und
                    Verhältnisses so und so von der Obrigkeit und <index indexName="subjects-index">
        <term>Kirchengesellschaft</term>
      </index>Kirchengeselschaft streng fortgesetzt, oder aber etwas abgeändert
                    werden; wenn sie gleich in dem ersten Verhältnis, gegen Juden und Heiden, und
                    gegen gewesene Kirchengewalt der Päbste, ein für allemal unveränderlich bleibe.
                    Unter dieser Anleitung bleibe das noch so verschiedene <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissen</term>
      </index>Gewissen der Christen ungekränket und unbeeinträchtiget; die
                    Abwechselung der historischen Erkentnis frey und vor GOtt unsündlich;
                    entstehende Zweifel würden leicht gehoben, oder so weit zurück gesetzt, daß sie
                    den Christen nicht in <index indexName="subjects-index">
        <term>Gefahr, moralische</term>
      </index>moralische Gefar und Unordnung füren könten. Ein Lehrer könne also, ohne
                    geradehin gleichgültig oder gottlos zu denken, gar <pb xml:id="bs_b_page_X" n="X" edRef="#b" type="sp"/> wohl einsehen, daß <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_13"/>auch <hi><index indexName="subjects-index">
          <term>Sozinianer</term>
        </index>Socinianer, <index indexName="subjects-index">
          <term>Arianer</term>
        </index>Arianer, <index indexName="subjects-index">
          <term>Sabellianer</term>
        </index>Sabellianer</hi> wirklich zu Christen gehörten, und keinen Haß oder
                    Abscheu um der Religion willen bey andern Christen verdienten; ob sie gleich in
                    der öffentlichen Geselschaft der im Staate grössern oder schon aufgenommenen
                    Partey, eben so wenig mit diesen Christen einerley äusserliche Rechte hätten und
                    haben könten, die ihnen auch Gewissens wegen gar nicht nötig seien, als
                            <hi><index indexName="subjects-index">
          <term>Juden</term>
        </index>Juden</hi> und <hi><index indexName="subjects-index">
          <term>Muhammedaner</term>
        </index>Muhammedaner</hi>, und <index indexName="subjects-index">
        <term>Völker, heidnische</term>
      </index>heidnische Völker, die auch christliche Unterthanen seyn könten. Diese
                    meine Lehrart ist so wenig der <index indexName="subjects-index">
        <term>Intoleranz</term>
      </index><hi>Intoleranz</hi> bisher beschuldiget worden, daß ich vielmehr häufig
                    nachtheilige und widrige Urtheile mir damit zugezogen habe. Ich fürchte also
                    nicht, daß meine Antwort an sich selbst als ein Beweis der <hi>Intoleranz</hi>
                    mit einigem Schein möge angesehen werden; da es zu den im römischen Reich
                    ausgemachten Rechten aller drey <index indexName="subjects-index">
        <term>Parteien</term>
      </index>Parteien, also auch der <hi>lutherischen</hi> Kirche gehört, über ihre
                        <index indexName="subjects-index">
        <term>symbolische Bücher</term>
      </index>symbolischen Bücher und Lehrschriften von Zeit zu Zeit schriftliche
                        Er<pb xml:id="bs_b_page_XI" n="XI" edRef="#b" type="sp"/>läuterungen,
                    Bestätigungen und Vertheidigungen öffentlich drucken zu lassen; wodurch Lehrer
                    und Mitglieder gewis sind, daß sie noch zu derselben äusserlichen
                    Kirchengeselschaft gehören, und ihre feierlichen Rechte behaupten. Desto
                    besondrer ist mein Schicksal, daß mich manche so leicht zu ihrer <index indexName="subjects-index">
        <term>Parteien</term>
      </index>Partey rechnen; zu einer Partey, die von vielen für eine neue, gleichsam
                    aufwachsende bessere Geselschaft angesehen wird, weil sie die <hi>augspurgische
                        Confeßion</hi> nicht behalten, sie für ein Hindernis einer <index indexName="subjects-index">
        <term>Universalreligion</term>
      </index>Universalreligion, und die Wünsche und Beförderungen für diese
                    Universalreligion, als ein grosses Verdienst um die ganze Menschenwelt, ansehen
                    und anrechnen. So setzte mich erst vor kurzem <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_14"/><choice>
        <abbr>Hr.</abbr>
        <expan>Herr</expan>
      </choice>
      <index indexName="persons-index">
        <term>Lavater, Johann Caspar</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:271sx">Lavater</persName></hi>, in grossem
                    heftigen Eifer, auf der letzten <hi>Zürchischen Synode</hi> in eine Klasse mit <choice>
        <abbr>Hrn.</abbr>
        <expan>Herrn</expan>
      </choice>
      <index indexName="persons-index">
        <term>Steinbart, Gotthilf Samuel</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:32dvz">Steinbart</persName></hi>; und
                    beschrieb mich vornemlich, als einen arglistigen höchst gefärlichen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_15"/><hi><index indexName="subjects-index">
          <term>Naturalisten</term>
        </index>Naturalisten</hi>. Andere aber glaubten schon lange, ich wäre doch
                    wol ein <index indexName="subjects-index">
        <term>Sozinianer</term>
      </index><hi>Socinianer</hi>, oder <pb xml:id="bs_b_page_XII" n="XII" edRef="#b" type="sp"/>
      <index indexName="subjects-index">
        <term>Arianer</term>
      </index><hi>Arianer</hi>, (manche denken noch dazu, es seie, beides beisammen,
                    desto ärger; um mich desto gräulicher zu beschreiben.) Ich bin aber weder ein
                        <index indexName="subjects-index">
        <term>Naturalisten</term>
      </index><hi>Naturalist</hi>, was es auch für grosse Ansprüche auf Einsicht
                    begreifen mag; noch ein <index indexName="subjects-index">
        <term>Sozinianer</term>
      </index><hi>Socinianer</hi> oder <index indexName="subjects-index">
        <term>Arianer</term>
      </index><hi>Arianer</hi>; ich bin ein ehrlicher treuer <hi>lutherischer</hi>
                    Professor, der seinen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_16"/><index indexName="subjects-index">
        <term>Eid</term>
      </index>Eid zu bereuen oder zu brechen gar keine Ursache hat; es mag manchem
                    lieb seyn oder nicht. Ich lehre und schreibe mit und in gutem Gewissen, und
                    bestrebe mich, daß mein Leben und Wandel auch selbst gut christlich seie und
                    andern nützlich werde. Ich denke, wenn unter allen Parteien alle Lehrer und
                    Mitglieder ebenfals ein gut christlich <index indexName="subjects-index">
        <term>gemeinnützig</term>
      </index>gemeinnütziges Leben beweisen: so wäre dis für sie alles, und für andre
                    so viel, daß niemand Ursache hätte, die Unarten und wissentlichen Laster der
                    Menschen, in der Religionslehre zu suchen; worin der <choice>
        <abbr>Hr.</abbr>
        <expan>Herr</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> dieses Bekentnisses ganz gewis sich
                    völlig irret; und wie ich hoffe, den grossen Irtum geständig seyn wird.</p>
    <p><pb xml:id="bs_b_page_XIII" n="XIII" edRef="#b" type="sp"/> Ich kan aber diese
                    Vorrede nicht schliessen, ohne <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_17"/>unsre und alle Studiosos Theologiä öffentlich mit
                    aller Aufrichtigkeit und Herzensöfnung zu ermahnen, wie ich es so herzlich
                    gerne, und ohne Affectation, bey aller Gelegenheit in Vorlesungen thue: daß sie
                    des <index indexName="subjects-index">
        <term>Beruf</term>
      </index>Berufs ja wohl wahr nehmen mögen, in den sie einwilligen, wenn sie sich
                    zum öffentlichen <index indexName="subjects-index">
        <term>Lehramt, öffentliches</term>
      </index>Lehramt für unsre Zeitgenossen zubereiten lassen wollen. Schon <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_18"/><index indexName="classics-index">
        <term>Epiktet</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:24gxc">Epictetus</persName></hi> sahe das
                    Lehramt eines <hi>Philosophen</hi> für so wichtig an, daß er forderte: ein
                    solcher muß eine so grosse Sache ja nicht ohne GOtt sich vorsetzen; er muß sich
                    durchaus immer mehr übertreffen; er ist ein Bote GOttes, der den Menschen bekant
                    machen sol, in was für grossen Irtümern sie stecken – er muß alles durch sein
                    gutes Beispiel klar machen; sein Gemüt muß reiner seyn als die Sonne – Wie groß!
                    wie stark gesagt! <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_19"/>Mag
                        <index indexName="classics-index">
        <term>Epiktet</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:24gxc">Epictet</persName></hi>, wie manche
                    glauben, dis aus der christlichen Forderung und Belehrung entlehnet oder
                    gelernet und selbst aufrichtig gebil<pb xml:id="bs_b_page_XIV" n="XIV" edRef="#b" type="sp"/>liget haben; unter Christen muß die Anforderung an
                    einen, der ein christlicher öffentlicher Lehrer werden wil, wahrlich doch nicht
                    geringer seyn. Der gewisse Einflus GOttes, der die christliche <index indexName="subjects-index">
        <term>Religion</term>
      </index>Religion in der Welt zu einem besondern Mittel grosser Absichten
                    gebrauchet, lebendige starke Vorstellung davon, muß den Jüngling bewahren für
                    aller sinlichen <index indexName="subjects-index">
        <term>Unordnung, sinnliche</term>
      </index>Unordnung und Zerrüttung, für schändlicher <index indexName="subjects-index">
        <term>Wollust</term>
      </index>Wollust und Frechheit, für aller Verunreinigung des Gewissens in Werken
                    der Finsternis! Wo wil sonst der Mann entstehen und gebildet werden, den der
                    Lehrer an sich untadelhaft zeigen muß, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_20"/>wie <index indexName="persons-index">
        <term>Paulus</term>
      </index><persName ref="textgrid:251kf">Paulus</persName> forderte, er muß
                        <foreign xml:lang="grc">ἀνεπιληπτος</foreign> seyn. <foreign xml:lang="grc">ἀνεπιληπτος</foreign> fordert alle Zeitgenossen, alle Bekanten, alle
                    Freunde auf, die unserm Leben auf der Universität und in der Geselschaft
                    zugesehen haben. Wie klug, wie bedächtig muß alle Zeit eingetheilet werden, um
                    den ganzen Grund einer solchen Gelehrsamkeit und <index indexName="subjects-index">
        <term>Ordnung, moralische</term>
      </index>moralischen Ordnung so gewis zu legen, als zur Festigkeit des Charakters
                    und des würdigen Ver<pb xml:id="bs_b_page_XV" n="XV" edRef="#b" type="sp"/>haltens nötig ist! Wie selbst bekant muß man seyn mit den wirklichen
                        <hi>moralischen</hi> Folgen der gesunden Ueberlegung und treuen <choice>
        <sic>Betrachtrachtung</sic>
        <corr type="editorial">Betrachtung</corr>
      </choice> der christlichen Wahrheiten, um diese grosse so nötige Erfarung nicht
                    selbst zu entberen, und nicht auf Mittel einst zu fallen, sich fortzuhelfen,
                    welche weder <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_21"/><index indexName="classics-index">
        <term>Sokrates</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:2528d">Socrates</persName></hi> noch <index indexName="classics-index">
        <term>Epiktet</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:24gxc">Epictet</persName></hi> sich
                    verstattet oder zu gute gehalten hätten; um nicht sich wiegen und wägen zu
                    lassen von allerley Wind der Lehre. Wer die <index indexName="subjects-index">
        <term>Universitätszeit</term>
      </index><hi>Universitäts</hi>zeit nicht volkommen zweckmäßig anwendet, und für
                    Kopf und Herz so sorget, als es einst die redlichen Zeitgenossen voraussetzen:
                    wird zu spät seinen Trost oder Beystand aus Büchern oder Zufällen suchen.</p>
    <p>Und nun wünsche ich, daß Studiosi Theologiä, da sie jenes neue Glaubensbekentnis
                    gelesen haben, auch mit eignen Nachdenken meine Antwort lesen; ihre
                    gewissenhafte Beurtheilung üben, ohne sich zu übereilen, um mit reinem guten
                    Gewissen einst treue fruchtreiche <pb xml:id="bs_b_page_XVI" n="XVI" edRef="#b" type="sp"/>
      <index indexName="subjects-index">
        <term>Lehrer, protestantische</term>
      </index>Lehrer der protestantischen Kirche zu seyn und zu bleiben; selbst <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_21a"/><index indexName="subjects-index">
        <term>himmelfest</term>
      </index>himmelfest gewis davon, daß sie nicht <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_22"/><quote corresp="#quote_bs_a9_3">Heuchler sind, die ums
                        Brots willen ihrem Regenten lügen, und mit <index indexName="subjects-index">
          <term>Gewissens, Verletzung des</term>
        </index>Verletzung des Gewissens Menschengunst zu erschleichen
                        suchen</quote>; wie in diesem Bekäntnis sehr unbilliger und unglimpflicher
                    Weise andere Lehrer beschrieben werden, die nicht so ungewis und wankend in
                    ihrer gelehrten Einsicht zu seyn Ursache haben, als dessen <choice>
        <abbr>Hr.</abbr>
        <expan>Herr</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> haben muste. In dem Falle, worin ich
                    bin, und ein jeder treuer Lehrer ist, der seiner <index indexName="subjects-index">
        <term>Religionsgesellschaft</term>
      </index>Religionsgeselschaft nicht lügen wil, ist an Menschengunst nicht zu
                    denken; da gilt kein <index indexName="subjects-index">
        <term>schleichen</term>
      </index>schleichen oder erschleichen; wir wollen nicht schleichen und heucheln,
                        <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_v_23"/><foreign xml:lang="grc">οὐκ ἐσμεν ὑποστολης</foreign>. Halle den 17ten Aug. 1779.</p>
    <signed><choice>
        <abbr>D.</abbr>
        <expan>Doctor</expan>
      </choice>
      <persName ref="textgrid:250ds">Joh. Sal. Semler.</persName></signed>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_tp_1"><label>Hemmerdeschen Buchhandlung</label>
      <p>Carl Hermann Hemmerde (1708–1782) übernahm 1737 die Verlagsbuchhandlung
                        seines Schwiegervaters Johann Georg Klemm (1666–1737). Hemmerde verlegte
                        neben Semler auch andere wichtige Theologen der Halleschen Fakultät. Ab 1788
                        wurde Carl August Schwetschke (1756–1839) Mitbesitzer der
                        Verlagsbuchhandlung, die bis ins frühe 19. Jh. unter dem Namen „Hemmerde
                        & Schwetschke“ existierte.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_1"><label>bahrdische
                        Glaubensbekentnis</label>
      <p>Gemeint ist <ref target="#bs_a">Text a</ref>.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_2"><label>angeblichen
                        Tausenden</label>
      <p>Anspielung auf <ref target="#bs_a_page_23">a23</ref>.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_3"><label>an eben dem
                        Orte</label>
      <p>Gemeint ist Halle (Saale), vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_a_1_15"/>.
                        Bahrdt war nach seiner Flucht am 27. Mai 1779 in Halle eingetroffen, wo
                        Semler seit 1753 lehrte.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_4"><label>unserer
                        Universität</label>
      <p>Die Friedrichs-Universität zu Halle war nach einigen früheren Anläufen
                        offiziell 1694 vom brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. (1657–1713)
                        gegründet worden. Während des 18. Jh.s entwickelte sie sich schnell zu einer
                        der führenden und fortschrittlichen Universitäten des Reichs, die sowohl
                        durch Vertreter des Pietismus (Hermann August Francke) als auch der
                        Aufklärung (Christian Wolff) geprägt war. Neben Semler lehrten auch andere
                        wichtige Neologen wie etwa Johann August Nösselt (1734–1807) in
                    Halle.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_5"><label>Toleranz</label>
      <p>Religiöse Toleranz und ihre etwaigen Grenzen waren ein wichtiges Thema der
                        Zeit. Einen Meilenstein bildete John Lockes <hi>A Letter Concerning
                            Toleration</hi> (1689, dt. 1710), dessen zentrales Argument sich auch
                        bei Semler wiederfindet (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_f_1_17"/>).
                        Im Unterschied zu Pierre Bayle (<hi>Pensées diverses sur la Comète</hi>,
                        1682; 1741 von Gottsched übersetzt) nahm Locke Atheisten und Katholiken von
                        Toleranz aus. Auch Semler deutet hier durch Hinzusetzung der Adjektive
                        „rechtmäßig“ und „wünschenswerth“ eine deutliche Reserve an (vgl. <ref target="#bs_b_page_54">b54</ref>). Einen Vorbehalt ganz anderer Art
                        äußert Kant in „Was ist Aufklärung?“ (1784): Ein Fürst sei gerade dann
                        „aufgeklärt“, wenn er „den hochmüthigen Namen der <hi>Toleranz</hi> von sich
                        ablehnt“ und es stattdessen „für <hi>Pflicht</hi> halte, in Religionsdingen
                        den Menschen nichts vorzuschreiben, sondern ihnen darin volle Freiheit zu
                        lassen“ (AA 8, 40); vgl. auch <ptr type="page-ref" target="#erl_a_1_47"/>.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_6"><label>socinianischen Partey</label>
      <p>Benannt nach dem italienischen Reformator Lelio (1525–1562) und seinem Neffen
                        Fausto (1539–1604) Sozzini, der vor allem Einfluss auf die unitarischen
                        „Polnischen Brüder“ hatte. Im 18. Jh. bezeichnete „Sozinianismus“ häufig
                        pauschal eine Infragestellung der Trinitätslehre, besonders der
                        altkirchlichen Wesensgleichheit von Gottvater und Sohn sowie der
                        Personhaftigkeit des Heiligen Geistes. Das Reichshofratsconclusum vom 27.
                        März 1779 hatte Bahrdt ein „deutliches Bekenntniß von der wahren Gottheit
                            <persName ref="textgrid:255cd">Christi</persName> sowohl, als von der
                        Heiligen Dreyeinigkeit, auch dass er solche in Zweifel zu ziehen, niemals
                        gemeynet gewesen“ aufgetragen.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_7"><label>kein Beweis
                        einer Verfolgung</label>
      <p>Anspielung auf <ref target="#bs_a_page_15">a15</ref>.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_8"><label>die
                        augspurgische Confeßion</label>
      <p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_a_1_21"/>.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_9"><label>drey
                        Religionsparteien im römischen Reiche</label>
      <p>Gemeint sind Katholiken, Lutheraner und Reformierte. Im Augsburger
                        Religionsfrieden (1555) waren erstmals Protestanten im Reich geduldet
                        worden. Im Westfälischen Frieden (1648) wurden dann offiziell nicht nur
                        Lutheraner als Anhänger des <hi>Augsburger Bekenntnisses</hi> (1530),
                        sondern auch die durch die oberdeutsche Reformation (Zwingli, Calvin)
                        geprägten Reformierten reichsrechtlich gleichgestellt. Alle übrigen
                        christlichen Gruppen, wie etwa Täufer, besaßen keinerlei Rechte und mussten
                        auch noch gegen Ende des 18. Jh.s häufig mit Verfolgung rechnen.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_10"><label>vierte
                        Religionsform</label>
      <p>Semler unterstellt hier, Bahrdt wolle eine neue, vierte Konfession gründen,
                        was reichsrechtlich verboten war. Vgl. dazu auch das kaiserliche
                        Kommissionsdekret vom 6. Dezember 1779 gegen Bahrdts „eigenmächtig
                        verbreiten wollende neue Religions-Secte“. Bahrdt nimmt zu diesem Vorwurf
                        wiederholt Stellung, vgl. <ref target="#bs_c_page_5">c5</ref> und <ref target="#bs_e_page_5">e5</ref>.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_11"><label>Unionsarbeiten</label>
      <p>Seit der Reformation gab es immer wieder Versuche, die konfessionellen
                        Differenzen zugunsten einer irenischen Wiedervereinigung zu entschärfen.
                        Gegen Ende des 17. Jh.s führte etwa der spanische Adlige und katholische
                        Priester Christoph de Royas y Spinola (1626–1695) im Auftrag des Kaisers
                        Unionsgespräche mit protestantischen Fürsten und Theologen im Reich, u.a. am
                        Hannoverschen Hof mit dem lutherischen Loccumer Abt Gerhard Wolter Molanus
                        (1633–1722) und dem Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716). Um
                        1700 versuchte der Berliner Hofprediger Daniel Ernst Jablonski (1660–1741)
                        eine Union zwischen Lutheranern und Reformierten herzustellen und
                        korrespondierte darüber ebenfalls mit Leibniz. All diese Versuche der um
                        konfessionellen Frieden bemühten Ireniker führten jedoch zu keinen
                        langfristigen theologischen oder politischen Lösungen.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_12"><label>symbolischen Büchern seit dem 16ten Jahrhundert</label>
      <p>Gemeint sind die konfessionellen Bekenntnisschriften (lat. <hi>symbola</hi>),
                        wie etwa das lutherische <hi>Augsburger Bekenntnis</hi> (1530) und das
                            <hi>Konkordienbuch</hi> (1580), die im Zuge der nachreformatorischen
                        Konfessionsbildung entstanden und dann im Augsburger Religionsfrieden (1555)
                        und vor allem im Westfälischen Frieden (1648) die Grundlage der
                        reichsrechtlichen Lösung einer gegenseitigen Duldung der drei großen
                        Konfessionskirchen bildeten.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_13"><label>auch
                        Socinianer, Arianer, Sabellianer [...] als Juden und Muhammedaner</label>
      <p>Anspielung auf unterschiedliche christliche Gruppen sowohl der frühen Kirche
                        (Arius, Sabellius, s. <ptr type="page-ref" target="#erl_a_1_36"/>) als auch
                        der Reformationszeit (Sozzini, s. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_v_6"/>), die wie Juden und Muslime die christliche Trinitätslehre infrage
                        stellen.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_14"><label>Hr. Lavater
                        [...] auf der letzten Zürchischen Synode in eine Klasse mit Hrn.
                        Steinbart</label>
      <p>Johann Caspar Lavater (1741–1801), reformierter Theologe und Dichter, Diakon
                        (später Pfarrer) in Zürich, war eine wichtige Figur des damaligen
                        Geisteslebens. Er stand mit vielen Größen der Zeit in Kontakt (Goethe,
                        Mendelssohn, Hamann, Spalding u.v.w.m.) und trat auch als Wiederbegründer
                        der Physiognomik in Erscheinung, was ihm u.a. den Spott Lichtenbergs
                        eintrug. Auf der Zürcher Frühlingssynode 1779 wetterte Lavater gegen den
                        Einfluss tatsächlich oder vermeintlich deistischer Lehren aus Deutschland.
                        Hauptangriffsziele waren der Verfasser (Hermann Samuel Reimarus) der von
                        Lessing herausgegebenen <hi>Fragmente eines Ungenannten</hi> (1774–1778),
                        Steinbart und seine <hi> Glückseligkeitslehre</hi> (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_a_1_30"/>), ferner Wilhelm Abraham Tellers <hi>Wörterbuch
                            des Neuen Testaments zur Erklärung der christlichen Lehre</hi> (1772;
                            <hi rend="superscript">6</hi>1805, BdN IX) sowie Semler. Etwa zeitgleich
                        veröffentlichte Lavater eine wütende Rezension von Steinbarts Buch im
                            <hi>Christliche[n] Magazin</hi> 1 (1779), 2. St., 63–80. Semler dürfte
                        von der Synodalrede, die erst nach Lavaters Tod in Auszügen publiziert
                        wurde, über seinen in Zürich beheimateten Schüler Hans Heinrich Corrodi
                        (1752–1793) erfahren haben. Corrodi verfasste auch eine anonyme
                        Verteidigungsschrift <hi>Hrn. Caspar Lavaters und eines Ungenanten Urtheile
                            über Hrn. C.R. Steinbarts System des reinen Christentums</hi> (1780), zu
                        der Semler „Zusätze“ beisteuerte. Steinbart selbst bemerkte in der zweiten
                        Auflage seiner Schrift trocken, Lavater habe ihn, „nach seiner Art, mit mehr
                        Inbrunst eines gutherzigen Enthusiasmus, als mit kaltblütiger
                        Scharfsinnigkeit“ angegriffen, das Buch sei jedoch für Leute geschrieben
                        worden, „die nicht nach Gefühlen, sondern nach Weisheit fragen“ (<hi rend="superscript">2</hi>1780, XLIVf.).</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_15"><label>Naturalisten</label>
      <p>Im Sprachgebrauch des späten 18. Jh.s bezeichnet der Ausdruck die Verfechter
                        natürlicher Religion, d.h. einer Religion, deren Praxis und vernünftige
                        Rechtfertigung unabhängig ist von göttlicher Offenbarung, der Autorität
                        heiliger Schriften oder den kontingenten Traditionen positiver Religionen
                        wie dem Christentum. Der Ausdruck „Naturalist“ wurde oft synonym mit „Deist“
                        (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_f_v_13"/>) verwendet.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_16"><label>Eid</label>
      <p>In der Regel leisteten protestantische kirchliche Amtsträger zur Absicherung
                        ihrer konfessionellen Loyalität (ähnlich wie katholische Geistliche die
                            <hi>Professio fidei tridentinae</hi> abzulegen hatten) einen Eid
                        gegenüber dem Landesherrn. Auch bei der Promotion war der Doktoreid zu
                        leisten, meist auf die <hi>Confessio Augustana</hi>. Bahrdt leistete
                        mehrfach einen solchen Eid und äußerte sich vielfach kritisch zum
                            <hi>Juramentum religionis</hi>. In Preußen, wohin Bahrdt geflohen war,
                        gab es hingegen ab 1713 keine eidliche Symbolverpflichtung mehr.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_17"><label>unsre und
                        alle Studiosos Theologiä</label>
      <p>An dieser Stelle lässt Semler besonders deutlich erkennen, dass die
                        Halleschen Theologiestudenten sein anvisiertes Publikum sind. Bahrdt hielt
                        dort zu diesem Zeitpunkt bereits erste Vorlesungen an der philosophischen
                        Fakultät.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_18"><label>Epictetus
                        [...] Sonne</label>
      <p>Epiktet (ca. 55–135) war ein der Stoa (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_f_31_2"/>) zuzurechnender Philosoph. Erhalten sind von
                        seinem Schüler Arrian (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_0_86"/>)
                        zusammengestellte <hi>Lehrgespräche</hi> (Diatribai), auch als
                            <hi>Unterredungen</hi> bekannt, sowie ein ebenfalls von Arrian besorgter
                        Auszug, das <hi>Handbüchlein</hi> (Encheiridion). Insbesondere das letztere
                        Werk erwies sich nach seiner Wiederentdeckung in der Renaissance als äußerst
                        wirkmächtig (Lipsius, Pascal, Goethe u.v.w.m.). Rezipiert wurde vor allem
                        die Ethik Epiktets. Der Schlüssel zu einem guten Leben besteht für ihn in
                        der Unterscheidung von Sachverhalten, die in unserer Macht stehen (v.a.
                        Tugend), und solchen, die außerhalb unserer Kontrolle liegen (z.B. Reichtum,
                        Gesundheit). Wahres Glück lässt sich erlangen, indem man aufhört, sein Herz
                        an Dinge zu hängen, die sich nicht beeinflussen lassen. Die Zitate, die
                        Semler hier in bearbeiteter Form anführt, entstammen dem 22. Kapitel des
                        dritten Buchs der <hi>Lehrgespräche</hi>.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_19"><label>Mag
                        Epictet, wie manche glauben dis aus der christlichen Forderung und Belehrung
                        entlehnet oder gelernet und selbst aufrichtig gebilliget haben</label>
      <p>Die augenscheinlichen Parallelen zwischen der Ethik Epiktets und christlichen
                        Vorstellungen sowie die prominente Rolle, die Gott in seinem Denken spielt,
                        haben manche Autoren des 16. und 17. Jh.s bewogen, in Epiktet einen
                        heimlichen Christen zu sehen, oder sie wenigstens annehmen lassen, er habe
                        unter starkem christlichen Einfluss gestanden. Heute wird eine solche
                        Abhängigkeitsthese einhellig abgelehnt.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_20"><label>wie Paulus
                        forderte</label>
      <p>Anspielung auf 1Tim 3,2.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_21"><label>Socrates</label>
      <p>Athenischer Philosoph (469–399 v. Chr.), der selbst zwar kein Werk
                        hinterlassen hat, dessen Denken jedoch in den Schriften seiner Schüler
                        Xenophon und vor allem Platon überliefert ist. Sokrates war eine der
                        wichtigsten Identifikationsfiguren der Aufklärung. Man sah in ihm ein Muster
                        intellektueller Bescheidenheit, einen Bloßsteller sophistischer
                        Wortklaubereien, vorbildlichen Bürger und aufrechten Märtyrer des Geistes,
                        der lieber den Tod wählte als gegenüber der korrupten Priesterschaft seiner
                        Heimatstadt klein beizugeben. In noch stärkerem Maße als Epiktet oder
                        Spinoza galt Sokrates der Zeit als das Sinnbild eines tugendhaften
                        Nicht-Christen; vgl. z.B. das Werk des von Bahrdt hoch geschätzten
                        Semler-Schülers Johann August Eberhard, <hi>Neue Apologie des Sokrates, oder
                            Untersuchung der Lehre von der Seligkeit der Heiden</hi> (I, 1772, <hi rend="superscript">2</hi>1776; II, 1778).</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_21a"><label>himmelfest</label>
      <p>Im heutigen Sprachgebrauch von der synonymen Bezeichnung „felsenfest“
                        verdrängter Ausdruck, in dem sich noch die überkommene Vorstellung spiegelt,
                        der Himmel bestehe aus einem massiven Material, an das die Himmelskörper
                        befestigt seien (vgl. „Himmelsgewölbe“, „Himmelsfeste“,
                    „Firmament“).</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_22"><label>Heuchler
                        sind, [...] erschleichen suchen</label>
      <p>Leicht bearbeitetes Zitat a9.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_v_23"><label><foreign xml:lang="grc">οὐκ ἐσμεν ὑποστολης</foreign></label>
      <p>Hebr 10,39: „Wir sind nicht von denen, die da weichen“.</p></note>
  </div>
  <div type="preface" xml:id="bs_b_pf_2">
    <head><pb xml:id="bs_b_page_1" edRef="#b" type="sp" n="1"/>
      <choice>
        <orig>Nachricht an den Leser.</orig>
        <supplied reason="toc-title">Nachricht an den Leser</supplied>
      </choice></head>
    <p>Ohnerachtet es keinen sonderlichen Zusammenhang und Einflus haben kann, auf den
                    richtigen Verstand und die billige Aufname dieser kleinen Schrift, unter was für
                    Umständen und Gründen ich mich entschlossen haben möchte, sie drucken zu lassen:
                    so halte ich doch dafür, es werde den meisten Lesern sogar lieb seyn, wenn ich
                    auch hiervon einige Nachricht mittheile. Ueberhaupt ist gar nicht die
                        <hi>bahrdische</hi> Schrift selbst, in Absicht meiner, von einigem wichtigen
                    Zusammenhange, der mich dazu gleichsam bringen könte; wenn ich gleich mich gar
                    wohl erinnere, in der letzten Zeit, als der <choice>
        <abbr>Hr.</abbr>
        <expan>Herr</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> noch in <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_1"/><index indexName="subjects-index">
        <term>Heidesheim (Philanthropinum)</term>
      </index><hi>Heidesheim</hi> war, unvermutet ein kurzes Schreiben von ihm
                    erhalten zu haben, worin die so unangenehme Lage angezeigt war, welche nach dem
                    kaiserlichen Reichshofrathsconcluso entstehe, und eine baldige <pb xml:id="bs_b_page_2" n="2" edRef="#b"/> Entfernung mit sich bringe. Zugleich
                    wurde darin angezeiget, daß der <choice>
        <abbr>Hr.</abbr>
        <expan>Herr</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> sein Glaubensbekentnis werde drucken
                    lassen, worin solche Aeusserungen vorkämen – <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_2"/>Ich habe sogleich wieder geantwortet, und meine grosse
                    Befremdung geäussert, über eine so unerwartete Entschliessung; und dawider
                    kürzlich vorgestellet, daß ja die ganze ehemalige Uneinigkeit der christlichen
                        <index indexName="subjects-index">
        <term>Parteien</term>
      </index>Parteien über die Vorstellung von <index indexName="persons-index">
        <term>Jesus Christus</term>
        <term type="alternative">Christus</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:255cd">Christo</persName></hi> damalen und
                    nur daher entstanden seie, als die wirklichen christlichen Urkunden oder die
                    Schriften der Apostel noch nicht <hi>beisammen gewesen</hi>, die wir nun alle
                    haben; wonach eben, nach allen diesen Schriften, die <index indexName="subjects-index">
        <term>Lehrsätze</term>
      </index>Lehrsätze der katholischen Kirchen, in Absicht ihrer Lehrer und Diener,
                    wider andre Parteien abgefasset und fortgesetzet worden – daß manche vorige
                    Schriften dem <choice>
        <abbr>Hrn.</abbr>
        <expan>Herrn</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> die Gestalt der Heucheley, und dieser
                    öffentliche Schritt, die vorher nicht erwiesene Anklage und Beschuldigung ganz
                    klärlich wahr machen würde. Ich würde unter den ersten seyn, welche Gegner einer
                    solchen Schrift abgäben, und beiläufig habe geäussert, daß es eine ganz andre
                    Frage wäre, ob der kaiserliche Reichshofrath Recht habe, in solchen
                        <hi>protestantischen</hi>
      <index indexName="subjects-index">
        <term>Kirchensachen</term>
      </index>Kirchensachen sich auf diese Art einzumischen; welches ich stets leugnen
                    würde, wie dergleichen Benehmen oder Betragen schon lange unter
                    Religionsgravamina gebracht und stets von <index indexName="subjects-index">
        <term>Protestanten</term>
      </index>Protestanten mit Recht widersprochen worden <ref target="#bs_b_preface_note1" type="note">*)</ref>. Bald nachher erschien
                        <hi>dieses Be</hi><pb xml:id="bs_b_page_3" n="3" edRef="#b"/><hi>kentnis</hi> im Druck; der <choice>
        <abbr>Hr.</abbr>
        <expan>Herr</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> traf hier in <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_6"/><index indexName="subjects-index">
        <term>Halle (Bahrdt in)</term>
      </index><hi>Halle</hi> ein, ohne daß wir, ich wenigstens, davon etwas gewust
                    haben. Er besuchte mich; ich bedaurete die Veranlassung dieser Erscheinung, und
                    wünschte, daß sich im Königreiche Preussen, oder in andern Staaten, die mit dem
                        <hi>teutschen</hi> Reiche in nähern Zusammenhange nicht stün<pb xml:id="bs_b_page_4" n="4" edRef="#b"/>den, ein Platz finden möchte, für
                    seine sonstigen Talente – Ich gab zu erkennen, daß es hier, (wo eine
                        <hi>lutherische</hi> der augspurgischen Confeßion zugethane Universität
                    ist,) grosse Schwierigkeiten eines steten und erleichterten Aufenthalts geben
                    würde, auch was das vorhabende Lesen betrift. Indes schlug ich einige nützliche
                    Arbeiten nochmals vor; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_8"/>eine eigene gute <index indexName="subjects-index">
        <term>Lebensbeschreibung</term>
      </index>Lebensbeschreibung; <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_9"/>Uebersetzung aus dem <index indexName="classics-index">
        <term>Philo von Alexandrien</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:3r6d5">Philo</persName>,<ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_10"/></hi>
      <index indexName="classics-index">
        <term>Eusebius von Cäsarea</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:3r68h">Eusebii</persName></hi> Vorbereitung <choice>
        <abbr>etc.</abbr>
        <expan>et cetera</expan>
      </choice> Nach einiger Zeit habe ich diesen Zuspruch noch einmal gehabt; und
                    einige Hefte von dem Anfang einer Lebensbeschreibung gesehen, die mir allerdings
                    fruchtbar und gemeinnützig vorkamen; nur an zwey Orten etwa habe ich einige
                        <hi>lateinische</hi> Anmerkungen geschrieben. Bey der übrigen Unterredung,
                    wo ich darauf bestand, der <index indexName="subjects-index">
        <term>historisch</term>
      </index><hi>historische Verstand</hi> solcher Stellen, von <index indexName="persons-index">
        <term>Jesus Christus</term>
        <term type="alternative">Christus</term>
      </index><persName ref="textgrid:255cd">Christo</persName>, könne der
                    gleichzeitigen vielen Zeugnisse wegen, nicht geleugnet werden, nach aller meiner
                    Einsicht; ein anders seie, ob ein <index indexName="subjects-index">
        <term>Sozinianer</term>
      </index><hi>Socinianer</hi> ihn für sich, bejahe und selbst auch annehme; ein
                    anders aber, ob es dort der historisch erweisliche <foreign xml:lang="lat">sensus</foreign> seie, wurde der Zweifel vorgebracht, ob auch wol der <pb xml:id="bs_b_page_5" n="5" edRef="#b"/>
      <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_11"/>erste Anfang des 1sten
                    Kapitel <hi>Johannis</hi> ächt seie? da antwortete ich: es seie für mich gar
                    kein Zweifel da; aus der ganzen alten <index indexName="subjects-index">
        <term>Kirchengeschichte</term>
      </index>Kirchengeschichte wüste ich gar keinen Wink davon aufzufinden; und wenn
                    ich selbst <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_12"/>die sogenanten
                            <hi><index indexName="subjects-index">
          <term>Aloger</term>
        </index>Aloger</hi> als eine Partey wolte gelten lassen: so seie doch ihre
                    Behauptung <hi>geradehin aufs ganze Buch</hi>, und nicht auf einige Verse des
                    ersten Kapitels gegangen – Indessen wurde in der Stadt unter Studiosis immer
                    mehr geredet, von öffentlichen <foreign xml:lang="lat">Lectionibus</foreign>,
                    die der <choice>
        <abbr>Hr.</abbr>
        <expan>Herr</expan>
      </choice>
      <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> des Bekäntnisses bald anfangen werde,
                    wozu er auch ein Auditorium schon suche; wogegen ich ohne Zurückhalten bey aller
                    Gelegenheit äusserte, daß ich nicht glaubte, daß dazu würde die <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_13"/>nötige Erlaubnis ertheilet
                    werden. Ich wurde darauf vom 12ten <choice>
        <abbr>Jul.</abbr>
        <expan>Juli</expan>
      </choice> an <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_14"/><hi>Decanus</hi>, und da wurde mir <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_15"/>von einem hiesigen Buchdrucker ein geschriebenes
                    Avertissement vorgezeiget, zur <index indexName="subjects-index">
        <term>Zensur</term>
      </index>Censur; worin auf ein grösseres Werk, zur Bestätigung dieses
                    Bekäntnisses <hi><index indexName="subjects-index">
          <term>Pränumeration</term>
        </index>Pränumeration</hi> gesucht, und 4000 Exemplarien im Druck zu liefern
                    versprochen wurde. Ich schrieb, nach <hi>Communication</hi> mit der
                        <hi>Facultät</hi>, mit eigner Hand darauf, daß dieses und dergleichen
                    Avertissement, und noch mehr ein solches Werk, hier nicht mit unserer <index indexName="subjects-index">
        <term>Zensur</term>
      </index>Censur gedruckt werden möge.</p>
    <note xml:id="bs_b_preface_note1" place="bottom"><p>*) Ich wil dieses einigermassen
                        erläutern, weil manche Leser es sonst unrecht verstehen und misdeuten
                        könten. Statt vieler andern klaren Beispiele, wil ich nur aus der
                            <hi>volständigen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_3"/>Samlung</hi> aller Conclusorum, Schreiben und anderer übrigen
                        Verhandlungen des hochpreislichen <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_4"/>Corporis Euangelicorum (<index indexName="persons-index">
          <term>Schauroth, Eberhard Christian Wilhelm von</term>
        </index><persName ref="textgrid:3r6d3"><hi>Eberhard Christian Wilhelm</hi>
                            von <hi>Schauroth</hi></persName>) 1sten tomus<ptr type="bibliographic-object" target="textgrid:3rnnb"/>, <choice>
          <abbr>S.</abbr>
          <expan>Seiten</expan>
        </choice> 706 <choice>
          <abbr>f.</abbr>
          <expan>folgende</expan>
        </choice>
        <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_5"/><persName ref="textgrid:3r6d4"><hi>Gläsnerische</hi></persName> Processache <choice>
          <abbr>etc.</abbr>
          <expan>et cetera</expan>
        </choice> so viel mittheilen. 1. Schreiben an Ihro römisch-kaiserliche
                        Majestät vom <foreign xml:lang="lat">Corpore Euangelicorum sub
                            dato</foreign> den 4ten April 1750. <foreign xml:lang="lat">dictatum</foreign> Regenspurg den 13ten May. <choice>
          <abbr>Ew.</abbr>
          <expan>Euer</expan>
          <expan>Eure</expan>
        </choice> Kaiserliche <milestone n="3*" edRef="#b" unit="fn-break"/>
                        Majestät geruhen allergnädigst aus der Anfüge zu ersehen – „Nachdem nun die
                        in ermeldetem (<choice>
          <abbr>königl.</abbr>
          <expan>königlich</expan>
        </choice> preußischen und <choice>
          <abbr>königl.</abbr>
          <expan>königlich</expan>
        </choice> grosbritannischen) <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_7"/><foreign xml:lang="lat">pro memoria</foreign>
                        angegebene, auf die Religionsfriedensschlüsse selbst, auch Reichsverfassung
                        sich gründende <foreign xml:lang="lat">argumenta</foreign> und <foreign xml:lang="lat">principia</foreign>, die nemlichen sind, <hi>welche das
                            gesamte</hi>
        <foreign xml:lang="lat">Corpus Euangelicorum</foreign>
        <hi>von seinem ersten Anfange bis hieher</hi> unverändert fort, <hi>gegen
                            alle anmasliche</hi> Iurisdiction <hi>derer höchsten Reichsgerichte</hi>
                        in Evangelischen Kirchen- und geistlichen Sachen, <hi>behauptet und
                            geheget</hi> hat; wie solches die bey diesem <foreign xml:lang="lat">Corpore</foreign> so vielfältig ausgefallene <foreign xml:lang="lat">conclusa</foreign>, und allerehrerbietigste Vorstellungsschreiben an <choice>
          <abbr>Ew.</abbr>
          <expan>Euer</expan>
          <expan>Eure</expan>
        </choice>
        <choice>
          <abbr>Kaiserl.</abbr>
          <expan>Kaiserliche</expan>
        </choice> Majestät glorreicheste Vorfaren am kaiserlichen Thron, hinlänglich
                        bewäret; solchemnach aber sämtliche höchste und hohe Evangelische
                        Churfürsten, Fürsten und Stände, die von dem kaiserlichen Reichshofrath in
                        sothaner <persName ref="textgrid:3r6d4"><hi>Gläsenerischen</hi></persName>
                        unstreitigen Kirchen- und Consistorialangelegenheit <hi>sich angemassete
                            Gerichtsbarkeit um so minder gleichgültig ansehen mögen</hi>, da
                        hiedurch einem der edelsten Rechte evangelischer <foreign xml:lang="lat">statuum</foreign> in Ansehung der <foreign xml:lang="lat">Iurisdictionis ecclesiasticae</foreign>, welche dieselben, nach den
                        obhandenen <foreign xml:lang="lat">pactis publicis,
                            <hi>priuatiue</hi></foreign> exerciren, offenbar <hi>zu nahe
                            getreten</hi> worden – als ergehet an <choice>
          <abbr>Ew.</abbr>
          <expan>Eure</expan>
          <expan>Euer</expan>
        </choice>
        <choice>
          <abbr>Kaiserl.</abbr>
          <expan>Kaiserliche</expan>
        </choice> Majestät, im Namen und auf Befel unserer höchsten und hohen
                        Principalen, auch Obern und Committenten, das geziemende und respective
                        allerunterthänigste Ersuchen, und devoteste Bitten, bey mehrermeldeten Dero
                        Reichshofrath unter ernstlicher Verweisung des in gegenwärtiger
                        Angelegenheit angemaßten Erkentnisses, die allergerechteste Verfügung dahin
                        ergehen zu lassen, <hi>daß derselbe fernerhin aller</hi> cognition in
                        disseitiger geistlichen und Kirchensachen, <hi>ohne Ausnahme und
                            schlechterdings sich zu enthalten habe</hi>. Da übrigens zu
                        sorgfältigster Verwahrung derer hierunter unsern höchsten und hohen Herren
                        Principalen, Obern und Committenten zustehenden Befugnisse, wir noch diese
                        Declaration hier allerehrer<milestone n="4*" edRef="#b" unit="fn-break"/>bietigst beifügen sollen, wie man evangelischer Seits, des kaiserlichen
                        Reichshofraths Iurisdiction <foreign xml:lang="lat">in
                            ecclesiasticis</foreign>
        <hi>nimmermehr erkennen, weniger</hi> die Execution derer in solcherley
                        Fällen incompetenter ergangenen <foreign xml:lang="lat">Iudicatorum</foreign>, <hi>geschehen lassen</hi> könne noch werde;
                        vielmehr alle von daher erfolgende derley Erkentnisse, als mit der
                        Reichsverfassung incompatible, mithin von keinen Kräften zu seyn <hi>und für
                            nicht ertheilet zu halten</hi>, anzusehen sich gemüßiget
                            finde.<supplied></supplied></p>
      <p>Da nun in diesem Falle, worin sich der <choice>
          <abbr>Hr.</abbr>
          <expan>Herr</expan>
        </choice>
        <rs ref="textgrid:2541p">Verfasser</rs> dieses Bekäntnisses befindet, noch
                        dazu nicht einmal Appellationen von ihm an den kaiserlichen Reichshofrath
                        gebracht worden, wie doch damalen <index indexName="persons-index">
          <term>Gläsener, Justus Martin</term>
        </index><persName ref="textgrid:3r6d4"><choice>
            <abbr>D.</abbr>
            <expan>Doctor</expan>
          </choice>
          <hi>Gläsener</hi></persName> gethan: so hatte er noch weniger Ursache
                        einem solchen Befel zu Folge dergleichen Bekentnis von sich zu geben, und
                        konte seiner <index indexName="subjects-index">
          <term>Obrigkeit</term>
        </index>Obrigkeit, und den <hi>protestantischen</hi> höchsten und hohen
                        Reichsständen es ruhig überlassen; wenn er nicht selbst etwa diese
                        Gelegenheit, zu einer lang gehegten Absicht, sogleich gebrauchen
                    wollen.</p></note>
    <p>In allen diesen Umständen würde ich noch nicht für nötig geachtet haben, mich
                    öffentlich über dis Bekenntnis, dessen Inhalt ohnehin sehr mangelhaft und
                    unbedeutend ist, herauszulassen; wenn nicht mehrere Briefe von Auswärtigen, und
                    manche von sehr erheblichen Inhalte, mich gleichsam mit Augen sehen liessen, wie
                    nachtheilig dieser von Auswärtigen so ungleich erzälte und beschriebene
                    Aufenthalt nun beurtheilt würde, wie man so gar mich selbst mit unter diejenigen
                    zälen wolle, von denen Seite <ref target="#bs_a_page_23">23.</ref> stehet: <hi rend="margin-horizontal"><ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_16"/><quote corresp="#quote_bs_a23_1"><hi>Tausend und
                                aber Tausend denken so wie ich; nur daß sie keine Gelegenheit oder
                                Verbindlichkeit, oder</hi>
          <pb xml:id="bs_b_page_6" n="6" edRef="#b"/>
          <hi>auch nicht genug Freimütigkeit haben mögen, es laut zu
                            sagen</hi>.</quote></hi></p>
    <p>Nun muste ich auf einmal mich entschließen, dieser Vermutung, welche man wirklich
                    gar zu gerne ausbreiten möchte, öffentlich zu widersprechen, und zu zeigen, daß
                    ich allerdings Freymütigkeit und Verbindlichkeit ganz gerne vereinige, damit die
                        <index indexName="subjects-index">
        <term>Kirche</term>
      </index>Kirche, zu deren <hi>academischen</hi> Lehrern ich so viele Jahre
                    gehöre, wenigstens mich nicht unter diese angeblich vielen Tausende zälen möge,
                    die so leicht den ganzen <index indexName="subjects-index">
        <term>untreu (Bahrdt)</term>
      </index>untreuen Inhalt dieses nicht <hi>augspurgischen</hi> Bekenntnisses, und
                    so gar den seltsamen Wunsch billigen und genemhalten sollen, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_16a"/><quote corresp="#quote_bs_a24_3">daß <choice>
          <abbr>kaiserl.</abbr>
          <expan>kaiserliche</expan>
        </choice>
        <rs ref="textgrid:3r6fp">Majestät</rs> mit Zuziehung der Stände des Reichs
                        ein Mittel ausfindig machen möchten, wodurch die beiden Stützen der
                        öffentlichen Glückseligkeit, Gewissensfreyheit und Kirchenfriede – vereinigt
                        und in ewiger Verbindung erhalten werden könnten.</quote></p>
    <p>Ich gestehe es gerne, ich habe mich nicht so viel gewundert über den so sehr
                    unrichtigen und schlechten Inhalt des Bekenntnisses selbst, indem es der
                        <hi>augspurgischen Confession</hi> und allen öffentlichen Religionsurkunden
                    widersprechen soll; als über diese Aeusserung, die ich, bey allem Gutmeinen,
                    doch für ganz und gar ungegründeten Einfal halten muß, ich mag auf innere oder
                    äussere Gründe eines so sonderbaren und unerwarteten Wunsches sehen. Ich glaube,
                    und erkenne es mit recht vielen meiner Zeitgenossen mit lebhaftester dankvollen
                    Empfindung, daß wir weder an <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissensfreiheit</term>
      </index><hi>Gewissensfreiheit</hi> noch an <index indexName="subjects-index">
        <term>Kirchenfriede</term>
      </index><hi>Kirchenfrieden</hi> Mangel haben; nachdem die geheiligten
                    Grundgesetze über den öffentlichen <index indexName="subjects-index">
        <term>Religionsfriede</term>
      </index>Religionsfrieden schon so viele lange Zeit, und zumal jetzt, in den
                    gerechtesten Händen so unvergleichlicher höchsten Regenten, öffentlichen Friede
                    und Sicherheit und gegenseitige Rechte so aufrichtig gewären, daß auch <index indexName="subjects-index">
        <term>Religionsfreiheit</term>
      </index>Religionsfreiheit und <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissensfreiheit</term>
      </index>Gewissensfreiheit überall so glücklich genossen und genützt werden kann.
                    Ich verstehe <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissensfreiheit</term>
      </index><hi>Gewissensfreiheit</hi> als ein heiliges Recht eines einzel<pb xml:id="bs_b_page_7" n="7" edRef="#b"/>nen Menschen, der über die <index indexName="subjects-index">
        <term>Urkunden, christliche</term>
      </index>Urkunden der christlichen Religion oder die heilige Schrift, und die
                    daraus gemachten Bekenntnisse, selbst nachdenken wil, um seinem Gewissen zu
                    folgen; der sich also aus den daseienden so vielen Lehrbüchern selbst den Stof
                    und Inhalt seiner eigenen christlichen Erkenntnis zusammen setzen, und mit
                    ganzem Herzen sie nun ausüben will, weil er kann. Ich brauche nicht zu erzälen,
                    daß er in allen drey öffentlichen Religionen, sich zu der besondern <index indexName="subjects-index">
        <term>Parteien</term>
      </index>Partey darin wenden kann, welche ihm am meisten mit der Lehre <index indexName="persons-index">
        <term>Jesus Christus</term>
        <term type="alternative">Christus</term>
      </index><persName ref="textgrid:255cd">Jesu</persName>, und mit gewisserer
                    eigner <index indexName="subjects-index">
        <term>Vollkommenheit</term>
      </index>Vollkommenheit und <index indexName="subjects-index">
        <term>Erbauung</term>
      </index>Erbauung, einzustimmen scheinet; er kann <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_17"/><hi><index indexName="subjects-index">
          <term>Jansenisten</term>
        </index>Jansenist</hi> seyn und ein strenger Schüler <index indexName="classics-index">
        <term>Augustinus von Hippo</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:2r5hd">Augustini</persName></hi>; er kann
                    zur Gegenpartey gehören; er kann die <hi>practische</hi>
      <index indexName="subjects-index">
        <term>Religion, praktische</term>
      </index>Religion aus <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_18"/><index indexName="persons-index">
        <term>Spener, Philipp Jakob</term>
      </index><hi><persName ref="textgrid:2shbv">Speners</persName></hi> oder andern
                    Schriften, gar aus <hi><ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_19"/><index indexName="persons-index">
          <term>Böhme, Jacob</term>
        </index><persName ref="textgrid:3r6d7">Böhmen</persName>, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_20"/><index indexName="persons-index">
          <term>Dippel, Johann Conrad</term>
        </index><persName ref="textgrid:3r6d6">Dippel</persName>, <ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_21"/><index indexName="subjects-index">
          <term>Herrnhut</term>
        </index>Herrnhut</hi>
      <choice>
        <abbr>etc.</abbr>
        <expan>et cetera</expan>
      </choice> für sich annemen; er kann ein <hi>Arianer, Socinianer</hi>, – seyn; ja
                    gar, wenn er sich dazu verbunden achtet, ein Jude werden; nur muß er in den
                    letzten genannten Parteien diese seine <hi>eigenen</hi>
      <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissensrechte</term>
      </index>Gewissensrechte nicht weiter ausdehnen, und nicht in <index indexName="subjects-index">
        <term>Rechte, öffentliche</term>
      </index><hi>öffentliche</hi>, die der ganzen besondern Gesellschaft gehören,
                    verwandeln. Er kann sich von der herrschenden <index indexName="subjects-index">
        <term>Landesreligion</term>
      </index>Landesreligion gar lossagen; er mus aber ihre Rechte nun sich nicht
                    zueignen, indem er alsdenn sichtbar die <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissensfreiheit</term>
      </index><hi>Gewissensfreiheit</hi> mit der <index indexName="subjects-index">
        <term>Freiheit, äußerliche</term>
      </index><hi>äußerlichen Freiheit</hi>, die zu dem Staat und zur Gesellschaft
                    gehört, verwechselte. Noch weniger muß er sich anmaßen, das kirchliche
                    eingefürte Staatsrecht abzuändern, und in die gesetzgebende höchste Gewalt, in
                    Ansehung der öffentlichen Kirch- und Lehrverfassung, mit seinen Forderungen
                    eingreifen. Wer dis thut, muß nicht sagen, daß er es aus <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissensfreiheit</term>
      </index>Gewissensfreiheit zu thun recht hätte; denn dis sind Gegenstände, die
                    sein Gewissen und sein Verhältniß gegen GOtt, gar nicht anrüren können; so wenig
                    als ein Unterthan seine ihm so gewis versicherte Freyheit über seinen
                    rechtmäßigen Kreis ausdehnen darf. Ich kann also nicht einsehen, mit was für
                    historischen oder sonst wahren Grun<pb xml:id="bs_b_page_8" n="8" edRef="#b"/>de, der Herr Urheber des Bekenntnisses, öffentlich versichern und vorgeben
                    möge: <hi rend="margin-horizontal"><hi><ptr type="editorial-commentary" target="#erl_b_n_22"/><quote corresp="#quote_bs_a24_1">Tausend und
                                aber tausend flehen mit mir um die Rechte der Menschheit und des
                                    <index indexName="subjects-index">
              <term>Gewissensrechte</term>
              <term type="alternative">Rechte des Gewissens</term>
            </index>Gewissens –</quote></hi></hi></p>
    <p>Ich gestehe es nochmals, ich kann nicht den geringsten wahren Grund hievon
                    einsehen. <index indexName="subjects-index">
        <term>Menschenrechte</term>
        <term type="alternative">Rechte der Menschheit</term>
      </index><hi>Rechte der Menschheit</hi> felen uns im <hi>teutschen</hi> Reiche!
                    welche übertriebene <index indexName="subjects-index">
        <term>Sprachart</term>
      </index>Sprachart! Hat die Menschheit alsdenn Anspruch auf die christliche
                    Religion, wenn ein einzelnes gewesenes Glied einer bürgerlichen und kirchlichen
                    Gesellschaft sich öffentlich aufstellet, und wider diese öffentliche
                    Gesellschaft, zu ihrer abermaligen Beunruhigung, jene alten, längst dem eigenen
                    Gewissen freistehenden, Begriffe und Lehrsätze so beschreiben will, daß es
                    selbst eine Lehrformel einer algemeinen Verbrüderung <hi>aller</hi>
      <index indexName="subjects-index">
        <term>Religionsparteien</term>
      </index>
      <hi>Religionsparteien</hi> öffentlich zu empfelen sich herausnimmt? Sind Wünsche
                    für eine solche <index indexName="subjects-index">
        <term>Reform</term>
      </index><hi>Reforme</hi>, aus dem <index indexName="subjects-index">
        <term>Menschenrechte</term>
        <term type="alternative">Rechte der Menschheit</term>
      </index>Rechte der Menschheit zu rechtfertigen? Kann das <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissen</term>
      </index><hi>Gewissen</hi> wol mit Recht sich anmassen über andere <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissen</term>
      </index>Gewissen, und über die öffentliche Regierung der christlichen Staaten,
                    eine Vorschrift zu entwerfen? Ich habe noch nie dergleichen Behauptung gesehen,
                    und von ihrem Grunde kann ich nichts finden. Wenn wir die <index indexName="subjects-index">
        <term>Historie</term>
      </index>Historie fragen: so belehret sie uns schon lange über solche
                        <hi>Projecte</hi>; daß gar nicht zu erwarten ist, es werde irgend ein Staat
                    seine guten Unterthanen in solche ganz <hi>unmögliche</hi> Aufgaben einleiten
                    lassen. Alle Religionsparteien sind schon so weit verbrüdert, als es mit dem
                    Staat bestehen kann, als es die Menschheit erfordert; es beruhet aber diese
                    Beschreibung, daß <hi>eine algemeine <index indexName="subjects-index">
          <term>Religionsverbrüderung</term>
        </index>Religionsverbrüderung, so gar in kurzem, gestiftet werden könne und
                        solle</hi>, auf einem sehr großen Vorzuge von Einsichten und Urteilen, die
                    manche Liebhaber von neuen Vorschlägen sich sehr leicht anmassen, aber
                    keinesweges aus den <index indexName="subjects-index">
        <term>Menschenrechte</term>
        <term type="alternative">Rechte der Menschheit</term>
      </index>Rechten der Menschheit und des <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissensrechte</term>
        <term type="alternative">Rechte des Gewissens</term>
      </index>Gewissens rechtfertigen oder empfehlen können. Wenn jeder Christ und
                    Unterthan gewissenhaft seinem <index indexName="subjects-index">
        <term>Beruf</term>
      </index>Berufe folget: so hat er so <pb xml:id="bs_b_page_9" n="9" edRef="#b"/>
                    viel zu thun, daß er sich um <hi>eine algemeine <index indexName="subjects-index">
          <term>Religionsverbrüderung</term>
        </index>Religionsverbrüderung</hi> schwerlich eher bekümmern, oder die Zeit
                    darauf verwenden wird, bis es ihm von den Schutzherrn der Religionsparteien
                    aufgetragen wird. Es ist gar wohl glaublich, daß es manche gutmeinende
                    Zeitgenossen giebt, die eine <hi>äußerliche</hi> Vereinigung <hi>aller</hi>
      <index indexName="subjects-index">
        <term>Parteien, Vereinigung aller</term>
      </index>Parteien sich vorstellen, sie wünschen und für thunlich halten; aber ob
                    ihnen wirklich die Menschheit und Gewissen einen Beruf dazu gebe, müssen sie
                    nicht eigenliebig allein entscheiden wollen. Lange genug hat man in und seit dem
                    16ten Jahrhundert an dieser <hi>äußerlichen Vereinigung</hi>, und zwar nur der 3
                    größern Religionsparteien in <hi>Teutschland</hi> oder <hi>Europa</hi>
                    gearbeitet; aber die weisesten erfarensten Männer haben endlich eingestanden,
                    daß es an innerer und äußerer Obliegenheit wirklich ermangele; daß Frieden und
                    feierliche gegenseitige Versprechung der Regenten, Schlüsse über die äußerlichen
                        <index indexName="subjects-index">
        <term>Religionsrechte</term>
      </index>Religionsrechte, alles und das einzige seien, was mehrere Staaten
                    einander deshalb gewären können. Ich gestehe es, daß diese Zeitgenossen, welche
                    so liebreiche Projecte machen, für sich ihre Gedanken frey haben; sie können
                    sich vergnügen, über den eingebildeten Erfolg und über größern Segen oder
                    Wohlfart der Menschen; aber wer mehr sich anmaßet, mus nun nicht sein Gewissen
                    oder <index indexName="subjects-index">
        <term>Menschenrechte</term>
        <term type="alternative">Rechte der Menschheit</term>
      </index>Rechte der Menschheit vorschützen; er tadelt die höchsten Regierungen,
                    und schmälert das Zutrauen ihrer Unterthanen, und darum bleiben solche Schriften
                    landesherrlicher Hoheit und allen Obern unterworfen, welche den äusserlichen
                    Religionszustand ihrer Unterthanen, nach ihren Einsichten, besorgen. Wir werden
                    es aus dem Erfolge, aus der Aufnahme sehen: ob Landesherren solche Schriften bey
                    einer vorgeschlagenen ganz neuen <index indexName="subjects-index">
        <term>Kircheneinrichtung</term>
      </index>Kircheneinrichtung so oder so weit zum Grunde legen. Wenn sie es nicht
                    thun: sollen sie alsdenn solchen Bitten die <index indexName="subjects-index">
        <term>Menschenrechte</term>
        <term type="alternative">Rechte der Menschheit</term>
      </index>Rechte der Menschheit und des <index indexName="subjects-index">
        <term>Gewissensrechte</term>
        <term type="alternative">Rechte des Gewissens</term>
      </index>Gewissens versaget haben? Dieser ganze Vortrag ist höchstens mit einem
                        <index indexName="subjects-index">
        <term>Affekt</term>
      </index><hi>Affect</hi> und einer Aufwallung zu entschuldigen.</p>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_1"><label>Heidesheim</label>
      <p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_a_1_14"/>.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_2"><label>Ich habe
                        sogleich wieder geantwortet</label>
      <p>Der Brief hat sich nicht erhalten. Bahrdt erwähnt ihn in der <hi>Geschichte
                            seines Lebens</hi> III (1791), 397.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_3"><label>Samlung
                        aller Conclusorum [...] von Schauroth </label>
      <p> Eberhard Christian Wilhelm von Schauroth, <hi>Vollständige Sammlung aller
                            Conclusorum, Schreiben und anderer übrigen Verhandlungen des
                            hochpreißlichen Corporis Evangelicorum</hi>, 3 Bde.,
                    1751–1752.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_4"><label>Corporis
                        Euangelicorum</label>
      <p>Das Corpus Evangelicorum war der Zusammenschluss aller protestantischen
                        Reichsstände im Alten Reich, um ihre Interessen gegenüber dem Kaiser und der
                        katholischen Reichstagsmehrheit besser durchsetzen zu können. Wie im
                        Westfälischen Frieden (1648) festgelegt, sollten auf dem Reichstag fortan
                        Religionsfragen konfessionell getrennt beraten und abgestimmt werden („de
                        corpore ad corpus“; „itio in partes“).</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_5"><label>Gläsnerische
                        Processache</label>
      <p>Semler spielt hier auf einen viel diskutierten Fall an: Der lutherische
                        Pastor Justus Martin Gläsener (1696–1750) war nach Auseinandersetzungen mit
                        dem Magistrat der Stadt Hildesheim 1746 vom Pfarramt suspendiert und 1749
                        endgültig entlassen worden. Gläsener hatte sich in dieser Angelegenheit an
                        den Reichshofrat gewandt. Im Nachgang entspann sich eine grundsätzliche
                        Diskussion darüber, ob es dem Reichshofrat erlaubt sei, in geistlichen
                        Angelegenheiten gegen Protestanten zu entscheiden, oder ob dies
                        ausschließlich Sache des Corpus Evangelicorum (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_n_4"/>) sein solle.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_6"><label>Halle</label>
      <p>Bahrdt war nach seiner Flucht am 27. Mai 1779 in Halle (Saale) eingetroffen;
                        vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_a_1_15"/>.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_7"><label>pro
                        memoria</label>
      <p><hi>Pro memoria</hi> (dt. „zur Erinnerung“) sind formale Stellungnahmen einer
                        Streitpartei, wie sie vor dem Corpus Evangelicorum oder den Reichsgerichten
                        vorgebracht wurden.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_8"><label>eine eigene
                        gute Lebensbeschreibung</label>
      <p>Bahrdt veröffentlichte seine vierbändige Autobiographie zwar erst über ein
                        Jahrzehnt später (<hi>Geschichte seines Lebens, seiner Meinungen und
                            Schicksale</hi>, 4 Bde., 1790/1791), doch sei er, so teilt er der
                        Leserschaft zu Beginn mit, bereits seit geraumer Zeit zu ihrer Abfassung
                        „aufgemuntert, und zum Theil auch recht dringend darum gebeten worden. [...]
                        Schon seit zehn Jahren bin ich damit umgegangen, meine eigne Geschichte zu
                        beschreiben“ (<hi>Geschichte seines Lebens</hi> I, 1790, 1f.).</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_9"><label>Uebersetzung
                        aus dem Philo</label>
      <p>Philo(n) von Alexandrien (zwischen 20 und 10 v. Chr.–nach 41 n. Chr.) war ein
                        jüdischer Theologe und Philosoph. Er ist der wichtigste Vertreter des
                        antiken griechischsprachigen Diasporajudentums. Sein umfangreiches Werk ist
                        gekennzeichnet durch eine Vermählung von jüdischen und hellenistischen
                        Traditionen und Ideen, die auch für das frühe Christentum charakteristisch
                        werden sollte. Die ersten Lehrer der Kirche (u.a. Clemens von Alexandrien,
                        Origenes, Gregor von Nyssa) rezipierten Philo in erheblichem Maße, u.a. die
                        von ihm mustergültig praktizierte allegorische Schriftauslegung. Eine
                        deutsche Übersetzung von Philos Werken lag Ende des 18. Jh.s nicht
                    vor.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_10"><label>Eusebii
                        Vorbereitung</label>
      <p>Eusebius von Caeserea (zwischen 260 und 264–339/40) war ein spätantiker
                        Historiker, Theologe und Bischof, der oft als „Vater der Kirchengeschichte“
                        bezeichnet wird. Er verfasste auch geographische, exegetische sowie
                        polemisch-apologetische Schriften. Die Verlässlichkeit des in die
                        (kirchen-)politischen Kämpfe seiner Zeit verstrickten Historikers Eusebius
                        wird heute als eher gering eingeschätzt. Die Hauptwerke –
                            <hi>Kirchengeschichte</hi> (10 Bücher) und <hi>Leben Konstantins</hi> –
                        waren 1777 von Friedrich Andre(a)s Stroth (1750–1785) in neuer deutscher
                        Übersetzung herausgegeben worden. Mit der „Vorbereitung“ meint Semler hier
                        die apologetische Schrift <hi>Praeparatio evangelica</hi> (gr. <foreign xml:lang="grc">Εὐαγγελικὴ προπαρασκευή</foreign>), deren Abfassung
                        Eusebius vermutlich im Jahre 313 begann. – Bahrdt scheint Semlers Rat, an
                        der Übersetzung eines Klassikers zu arbeiten, übrigens beherzigt zu haben,
                        entschied sich aber gegen Philo und Eusebius für die Herausgabe einer
                        zweibändigen deutschen Ausgabe des Tacitus (1781).</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_11"><label>erste
                        Anfang des 1sten Kapitel Johannis ächt</label>
      <p>Bahrdts Unbehagen am Prolog des Johannesevangeliums und seinen
                        trinitätstheologischen Implikationen wird auch in beiden Auflagen der
                            <hi>[N]eusten Offenbarungen</hi> (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_a_1_3"/>) deutlich. In der ersten (1773) übersetzt er Joh
                        1,1: „Der Logus war schon bey dem Entstehen dieser Welt. Er war bey Gott:
                        [...] denn es war nur Gott und der Logus.“ Bahrdt erläutert den letzten Satz
                        mit: „Ich lese für <foreign xml:lang="grc">ο λογος, και λογος</foreign>“. In
                        der zweiten Auflage (1777) ändert er den Schluss des Verses zu dem
                        üblicheren „<hi>und Gott war der Logus</hi>“, fügt aber den Kommentar hinzu:
                        „Ich bin fest überzeugt: daß die Leseart falsch ist: und daß es heissen
                        müsse: ‚Denn es war nur <hi>Gott</hi> und der <hi>Logus</hi>‘ – Logus aber
                        ist so viel als Gesandter, <hi>Sprecher</hi> Gottes, der im Namen Gottes mit
                        den Menschen redet.“</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_12"><label>die
                        sogenannten Aloger</label>
      <p>Christliche Gruppierung um das Jahr 200, insbesondere in Kleinasien
                        vertreten, von der wir nur durch ihre Gegner, vor allem Epiphanius von
                        Salamis (zwischen 310 und 320–403), wissen. Laut Epiphanius verwarfen die
                        Aloger das Johannesevangelium und die Offenbarung des Johannes, die sie
                        beide dem Gnostiker Cerinthus (um 100) zuschrieben. Sie lehnten die sog.
                        „Gaben des Heiligen Geistes“ ab und betrachteten Jesus Christus als einen
                        zwar sittlich vollkommenen, jedoch natürlich gezeugten Menschen. Der Name
                        „Aloger“ geht auf ein Wortspiel des Epiphanius zurück, das sowohl die
                        Opposition gegen die johanneische Logos-Vorstellung als auch die angeblich
                        unvernünftige Denkweise der Vertreter dieser Richtung ausdrücken sollte. Es
                        ist allerdings zweifelhaft, ob die Aloger von ihren Zeitgenossen überhaupt
                        als einheitliche heterodoxe Gruppe angesehen wurden, d.h., ob sie überhaupt
                        als „Partey“ gelten sollten (Semler).</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_13"><label>nötige
                        Erlaubnis</label>
      <p>Auswärtige Zeitungen berichteten bereits über Vorlesungen oder gar eine
                        Professur an der Universität Halle; vgl. die harsche Antwort darauf in den
                            <hi>Hallische[n] Neue[n] Gelehrte[n] Zeitungen</hi>, 60. St.
                        (29.7.1779), 480. Der zuständige preußische Minister v. Zedlitz (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_18"/>) hatte jedoch deutlich darauf
                        gedrungen, dass Bahrdt keine theologischen Vorlesungen halten dürfe. Er
                        erteilte nur eine Weisung, dass er an der philosophischen Fakultät lesen
                        dürfe (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_17"/>).</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_14"><label>Decanus</label>
      <p>Die turnusmäßig vergebene Stellung des Dekans ist nicht zu verwechseln mit
                        der Position des Direktors des Theologischen Seminars, die Semler seit 1757
                        ununterbrochen innehatte. Infolge seiner Querelen mit Bahrdt und Ernst
                        Christian Trapp wurde Semler im Dezember 1779 des Direktorpostens enthoben;
                        s. <ptr type="page-ref" target="#erl_d_1_11"/>. Der Dekan der theologischen
                        Fakultät war auch mit der Zensur theologischer Werke betraut.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_15"><label>von einem
                        hiesigen Buchdrucker [...] Pränumeration</label>
      <p> „Pränumeration“ meint ein im späten 18. Jh. gängiges Finanzierungskonzept
                        von Druckwerken, die schon vor Drucklegung bezahlt wurden (vergleichbar mit
                        der noch heute üblichen verbindlichen Vorbestellung bei einer Subskription).
                        Teils wurden Pränumeranten dann namentlich im Titelbogen des Werks
                        aufgeführt. Semler äußert sich zum gleichen Sachverhalt nochmals in seinen
                            <hi>Theologische[n] Briefe[n]</hi> I (1781), 37: „Herr <hi>Bahrdt</hi>
                        wolte ein Avertissement bey dem Buchdrucker H. hier drukken lassen, worinn
                        eine weitläufftige <hi>Bestätigung seines Glaubensbekentnisses versprochen
                            wurde</hi>; 5000 mal sollte es gedruckt werden. Es ist doch wohl
                        natürlich, daß eine <hi>lutherische theologische Facultät</hi> die
                            <hi>Censur</hi> zu einer solchen abermaligen bedächtig fortgesetzten
                        Beschimpfung der 3 öffentlichen Religionspartheyen nicht geben konnte; ich
                        gab es also zurück, mit der schriftlichen Anzeige, daß hier in Halle
                        dergleichen nicht gedruckt werden könnte.“ Eine ähnliche Absage an Texte,
                        die Bahrdt unterstützen, findet sich in den <hi>Hallische[n] Neue[n]
                            Gelehrte[n] Zeitungen</hi>, 60. St. (29.7.1779), 480. Das Avertissement
                        selbst konnte nicht ermittelt werden, doch belegen verschiedene Briefe aus
                        der Zeit, dass Bahrdt die Veröffentlichung eines ausführlichen Kommentars
                        zum <hi>Glaubensbekenntniß</hi> plante. Basedow erwähnt in einem Schreiben
                        an Bahrdt vom 15. Juli 1779 die von der Hallischen Universität verwehrte
                        „Ankündigung des Commentars“ (Pott, <hi>Briefe</hi> II, 62).</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_16"><label>„Tausend
                        und aber Tausend [...] es laut zu sagen.“</label>
      <p>Zitat a23.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_16a"><label>daß
                        kaiserl. Majestät mit Zuziehung der Stände des Reichs […] erhalten werden
                        könnten</label>
      <p>Zitat a24.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_17"><label>Jansenist
                        seyn und ein strenger Schüler Augustini</label>
      <p>„Jansenist“ meint einen Anhänger des katholischen Theologen Cornelius Jansen
                        (1585–1638), der seit 1636 Bischof von Ypern war. Jansen legte eine strenge
                        Interpretation des spätantiken Kirchenvaters Augustinus vor: <hi>Augustinus,
                            sive doctrina Sti. Augustini de humanae naturae sanitate, aegritudine,
                            medicina adversus pelagianos et massilienses</hi>, 3 Bde., Löwen 1640.
                        Hauptgegner waren die Jesuiten (vgl. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_10_25"/>), die wiederholt eine römische Verurteilung von
                        Jansens Thesen und seinen Anhängern erzielen konnten. Im Gegenzug konnten
                        Jansenisten 1773 die zeitweilige Aufhebung des Jesuitenordens erwirken. Der
                        Jansenismus gilt als wichtigste innerkatholische Oppositions- und
                        Frömmigkeitsbewegung nach dem Tridentinum, die den älteren innerkirchlichen
                        Gnadenstreit fortsetzte und weit über das 18. Jh. fortwirkte. Der
                        Jansenismus hatte großen Einfluss auf die katholische Aufklärung und ist
                        strukturell betrachtet gleichsam das Pendant zur Neologie auf katholischer
                        Seite.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_18"><label>Speners</label>
      <p>Der lutherische Theologe Philipp Jakob Spener (1635–1705) war ab 1666 in
                        Frankfurt und später ab 1686 in Dresden tätig. Spener förderte seit 1670 die
                        Stärkung häuslicher Frömmigkeit in den sog. <hi>collegia pietatis</hi>. 1675
                        erschien sein Hauptwerk <hi>Pia desideria oder Herzliches Verlangen nach
                            gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen Kirche</hi>, in dem er
                        ein weitreichendes Reformprogramm seiner Kirche entwirft. Spener gilt daher
                        als wichtigster deutscher Vertreter, wenn nicht gar als Gründer der
                        religiösen Erneuerungsbewegung des Pietismus.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_19"><label>Böhmen</label>
      <p>Gemeint ist der Görlitzer Schuster und mystische Autor Jacob Böhme
                        (1575–1624). Zwar erschien zu seinen Lebzeiten nur eine einzige Schrift im
                        Druck. Gleichwohl verbreiteten sich Abschriften seiner Werke und erregten
                        Widerstand in Person des Görlitzer Hauptpastors Gregor Richter (1560–1624),
                        der gegen Böhme vorging. Einflussreiche Patrone sammelten jedoch seine
                        Schriften und publizierten sie postum. Seine Leserschaft wuchs seitdem an
                        und Böhme avancierte weit über Deutschland hinaus zur Symbolfigur und zum
                        Referenzpunkt einer christlichen Theosophie, die ältere Traditionen des
                        mystischen Spiritualismus und der Naturphilosophie eines Paracelsus
                        (1493/94–1541) vereint.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_20"><label>Dippel</label>
      <p>Johann Konrad Dippel (1673–1734) radikalisierte sich während seines
                        Theologiestudiums in Gießen und Straßburg unter dem pietistischen Einfluss
                        von Spener (s. <ptr type="page-ref" target="#erl_b_n_18"/>) und Gottfried
                        Arnold (1666–1714). Dippel publizierte fortan gegen die lutherische
                        Orthodoxie und interessierte sich zunehmend für Medizin und Alchemie. 1704
                        flüchtete er aus Berlin in die Niederlande, wo er 1711 in Leiden in Medizin
                        promoviert wurde. Nach einigen Jahren im toleranten dänischen Altona, wo er
                        gleichwohl politisch aneckte und inhaftiert wurde, lebte er später zeitweise
                        in Schweden. Seine letzten Lebensjahre brachte er ab 1729 im
                        Wittgensteinischen Berleburg zu, das ein Zufluchtsort vieler Radikaler war.
                        Dippel publizierte viele seiner Schriften unter dem Pseudonym „Christianus
                        Democritus“ .</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_21"><label>Herrnhut</label>
      <p>Der Ortsname „Herrnhut“ (Oberlausitz) steht stellvertretend für die sich seit
                        1722 formierende Brüdergemeine auf dem Gut von Nikolaus Ludwig Graf von
                        Zinzendorf (1700–1760), der Impulse des Halleschen Pietismus weiter
                        radikalisierte. Die Herrnhuter Brüdergemeine stand zudem in der Tradition
                        der Mährischen/Böhmischen Brüder, die Anhänger des Jan Hus (1370–1415)
                        waren.</p></note>
    <note type="editorial-commentary" place="end" xml:id="erl_b_n_22"><label>Tausend und
                        aber tausend [...] und des Gewissens –</label>
      <p>Zitat a24.</p></note>
  </div>
</front>