<div type="section-group" id="less_23_SonTr">
  <app>
    <lem><div type="section" id="less_section_23">
        <head type="main"><pb edRef="#a" type="sp" n="303"/>
          <pb edRef="#b" n="284"/>
          <pb edRef="#c" n="298"/>
          <choice>
            <orig>Evangelium am 23 Sontage nach Trinitatis.</orig>
            <supplied reason="toc-title">23. Sonntag nach Trinitatis (Mt
                                        22,15–22)</supplied>
            <supplied reason="column-title">23. Sonntag nach Trinitatis (Mt
                                        22,15–22)</supplied>
          </choice></head>
        <head type="sub"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Mt:22:15" to="Mt:22:22"><hi>Matthäi</hi> 22,
                                        15–22.</citedRange></bibl></head>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Mit</hi></hi> grosmütiger Aufopferung
                                seiner selbst und von der zärtlichsten <index indexName="subjects-index">
            <term>Menschenliebe</term>
          </index>Menschenliebe beseelt hatte <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>, am <app>
            <lem>Mittwoch</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Mittwoch</hi></rdg>
          </app>, zwei Tage vor seinem <index indexName="subjects-index">
            <term>Tod für die Welt</term>
          </index>Tode für die Welt, den <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Mt:21:23" to="Mt:22:14"><app>
                  <lem>Matthäi 21<supplied>,</supplied></lem>
                  <rdg wit="#c" type="pp">Math. 21,</rdg>
                </app> 23 – 22, <app>
                  <lem>14</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">14.</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>Pharisäer</term>
          </index><hi>Pharisäern</hi>, diesen scheinheiligen Betrügern und
                                Tyrannen des Volks, die <index indexName="subjects-index">
            <term>Larve</term>
          </index>Larve abgezogen; ihre <index indexName="subjects-index">
            <term>schwarze Bosheit</term>
          </index>schwarze Bosheit dem Abscheu des Publici blos gestellt; und
                                ihnen mit dem Ernste eines göttlichen Gesandten, die Strafen
                                angekündiget welche sie und ihres gleichen erwarteten. Und dies war
                                die Veranlassung zu der Geschichte in unserm Text.</p>
        <p><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:22:15"><app>
                  <lem>vers 15</lem>
                  <rdg wit="#c" type="pp">v. 15.</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Da</hi></hi>, nach jener Rede <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>,
                                    <hi>berathschlageten sich die Pharisäer, ihn durch seine eigene
                                    Reden zu</hi>
          <app>
            <lem><hi>Fangen</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>fangen</hi></rdg>
          </app><hi>.</hi></p>
        <p><pb n="304" edRef="#a"/>
          <hi><hi rend="spaced-out">Es</hi></hi> war nämlich, damahls <ptr target="#sontr23_erl_1" type="editorial-commentary"/>unter den
                                Juden eine ansehnliche Parthei, welche behauptete, „für die Juden,
                                dies Volk <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gottes</hi></rdg>
          </app>, sey es unanständig und sündlich, irgend jemanden ausser <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> unterthan zu seyn. Den <index indexName="subjects-index">
            <term>Römer</term>
          </index><hi>Römern</hi> gehorchen, ihnen die Abgaben entrichten, sey
                                    <hi>schimpfliche</hi>
          <app>
            <lem><hi>Sclaverei</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Sklaverei</hi></rdg>
          </app>! Ein grösseres Unglück als der <index indexName="subjects-index">
            <term>Tod</term>
          </index>Todt! Ein ächter Jude müsse lieber <index indexName="subjects-index">
            <term>sterben</term>
          </index>sterben, als seine Freiheit hingeben.“ – <hi>Freiheit</hi>,
                                ist nun für uns Menschen, ein so wichtiges, <app>
            <lem>Begeisterndes</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">begeisterndes</rdg>
          </app>
          <pb edRef="#b" n="285"/>
          <pb edRef="#c" n="299"/> Wort, daß man sich über den reissenden
                                Beifall den diese Meinung fand, gar nicht <index indexName="subjects-index">
            <term>wundern</term>
          </index>wundern darf. Die Vertheidiger einer übel <app>
            <lem>verstandenen Freiheit</lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#c"><choice>
                <sic>verstandeneu Feiheit</sic>
                <corr type="editorial">verstandenen Freiheit</corr>
              </choice></rdg>
          </app>, einer wahren <app>
            <lem>Sclaverei</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Sklaverey</rdg>
          </app> unter dem ehrwürdigen Nahmen der Freiheit, machten sich also
                                einen grossen Anhang; näreten den Geist des Aufrurs bei der Nation;
                                verursachten die förmliche Empörung gegen die <hi>Römer</hi> ihre
                                damahlige Oberherren; und richteten auf diese Art den ganzen Staat
                                zu Grunde.</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Seltsahm</hi></hi> scheinet dies, wenn man
                                die jezigen Juden betrachtet, welche nur zu schimpflicher
                                Unterwerfung und Dulden scheinen gemacht zu seyn. Aber nach diesen
                                muß man die Nation in ihrem Flor nicht beurtheilen. Noch hatten sie
                                damahls ein <pb n="305" edRef="#a" id="less_305"/>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>Vaterland</term>
          </index>Vaterland, einen Gottesdienst, einen Tempel der ihr Stolz
                                war, zu vertheidigen. Und <app>
            <lem>man</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">mann</rdg>
          </app> sahe sie mit einem <index indexName="subjects-index">
            <term>Löwenmut</term>
          </index><app>
            <lem>Löwen Muth</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">Löwen-Muth</rdg>
          </app> fechten, und für Vaterland und Freiheit zu Tausenden das
                                Leben aufopfern. – So viel vermag die <hi>Ehrbegierde</hi> über
                                menschliche Seelen! Man seze diese Triebfeder in Wirkung, so ist
                                Alles <hi>Leben</hi>. Man nehme sie weg, so ist alles
                                <hi>Todt</hi>!</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Dem</hi></hi> Kaiser zu Rom nicht
                                unterthan seyn, ihm keine Abgaben entrichten, oder wie sie es
                                nanten, <hi>Freiheit</hi>;“ dies war also damahls der <index indexName="subjects-index">
            <term>Lieblingsgedanke</term>
          </index><app>
            <lem>Lieblings Gedanke</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">Lieblings-Gedanke</rdg>
          </app> der Nation. Deswegen wäleten die Feinde <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName>, um ihm eine
                                Falle zu legen, gerade die Frage, <hi>ob es erlaubt sey an den
                                    Kaiser zu Rom Abgaben zu entrichten; und überall, ihm zu
                                    gehorchen</hi>?</p>
        <p><pb edRef="#b" n="286"/>
          <pb edRef="#c" n="300"/>
          <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:22:16"><app>
                  <lem>vers 16</lem>
                  <rdg wit="#c" type="pp">v. 16.</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Sie</hi> sandten zu ihm ihre Schüler
                                    samt</hi>
          <index indexName="persons-index">
            <term>Herodes Antipas</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:3rpn7"><hi>Herodis</hi></persName>
          <hi>Dienern.</hi> Dies waren vermuthlich, Hof- oder Kriegs-Bediente
                                des damahligen Fürsten von Galiläa, <index indexName="persons-index">
            <term>Herodes Antipas</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:3rpn7"><hi>Herodes</hi></persName>, welche
                                auch die Parthei der so genanten Freiheit nahmen. <hi>Und sprachen,
                                    – Wir wissen es, Lehrer! daß du Aufrichtig bist;</hi>
          <app>
            <lem>(ohne</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">(„ohne</rdg>
          </app> Verstellung und <index indexName="subjects-index">
            <term>Menschenfurcht</term>
          </index>Menschen Furcht deine Meinung <app>
            <lem>sagest)</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">sagest“)</rdg>
          </app>
          <hi>und den Weg</hi>
          <pb n="306" edRef="#a" id="less_306"/>
          <hi>Gottes</hi> (genauer, die <index indexName="subjects-index">
            <term>Religion</term>
          </index><hi>Religion</hi>) <hi>aufrichtig</hi>
          <app>
            <lem><hi>Lehrest</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>lehrest</hi></rdg>
          </app><hi>; und Niemand scheuest, weil Ansehen der Person bei dir
                                    nichts gilt.</hi> – Eine Feine Aufmunterung, sich wider den
                                Oberherren, für die Parthei der Misvergnügten zu erklären! Die <ptr target="#sontr23_erl_12" type="editorial-commentary"/><index indexName="subjects-index">
            <term>Hofkunst</term>
          </index><hi>Hofkunst</hi>, andern Lobsprüche, wovon man nichts
                                    <index indexName="subjects-index">
            <term>glauben</term>
          </index>glaubt, ja gar in ihrer Abwesenheit das Gegentheil
                                behauptet, unverschämt ins Gesicht <app>
            <lem>zu</lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#b">
              <choice>
                <sic>zn</sic>
                <corr type="editorial">zu</corr>
              </choice></rdg>
          </app> sagen; dies, was einige <app>
            <lem>gar,</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">gar</rdg>
          </app>
          <index indexName="subjects-index">
            <term>feine Lebensart</term>
          </index><hi>feine Lebensart</hi> nennen wollen, ist also schon eine
                                alte Kunst. Die <hi>Pharisäer</hi> waren, wie wir hier sehen,
                                Meister darin. Gleich als wenn <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>, so wie
                                sie, am Lobe ein kindisches Gefallen hätte, sagen sie ihm grosse
                                Lobsprüche ins Gesicht. Sie rümen seine Weisheit, seine
                                Aufrichtigkeit, seine Unerschrockenheit, seine <app>
            <lem>Seelen Grösse</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">Seelen-Grösse</rdg>
          </app>. Und jeder dieser Lobsprüche war <ptr target="#sontr23_erl_13" type="editorial-commentary"/>ein Seil
                                womit sie ihn, in das heimlich gelegte Nez zu ziehen suchten.</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Lasset</hi></hi> uns hieraus lernen,
                                    <hi>gegen jedes Lob das man uns <hi rend="spaced-out">Ins
                                        Gesicht</hi> sagt, mistrauisch zu seyn</hi>. Es kan zwar
                                allerdings Fälle geben, wo man, um einen Furchtsamen zu grösserem
                                Selbstvertrauen zu bringen; oder um jemanden zu einer löblichen
                                Handlung aufzumuntern, oder aus änlichen guten, wichtigen Absichten,
                                    sei<pb n="307" edRef="#a"/><pb edRef="#b" n="287"/><pb edRef="#c" n="301"/>ne <app>
            <lem>rümliche</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">rümlichen</rdg>
          </app> Eigenschaften und Handlungen, ihm ins Gesicht sagen muß. Aber
                                diese Fälle sind nicht so häufig, auch sehr leicht kentlich.
                                Hingegen, gemeiniglich haben solche Lobsprüche ins Gesicht, nicht
                                wahre Achtung gegen uns sondern ganz andre Dinge zur Ursache. Man
                                bedarf unser Geld, unsere Macht, unser Ansehen. Man sucht wohl gar
                                sündliche Gefälligkeiten von uns. Oder die <index indexName="subjects-index">
            <term>Fallstrick</term>
          </index>Fallstricke sind schon, wie in der Geschichte unsers Textes,
                                heimlich und künstlich gelegt, und man will uns nun hineinlocken. Zu
                                dem Ende wendet man sich an die <hi>Eitelkeit</hi> die <app>
            <lem>man</lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#c"><choice>
                <sic>mau</sic>
                <corr type="editorial">man</corr>
              </choice></rdg>
          </app> bei uns vermuthet, und sucht uns durch Lobsprüche zu
                                berauschen. – Und wir? Wir wolten uns durch <hi>solche</hi>
                                Lobsprüche betäuben, aufblähen, zu sündlichen <app>
            <lem>Gefälligkeiten</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Gefälligkeiten,</rdg>
          </app> oder unbedachtsamen Handlungen hinreissen lassen? Durch
                                Lobsprüche womit man uns in der That beschimpfet? Uns für Eitele
                                Menschen, für Menschen die sich gerne loben hören und durch
                                Lobsprüche zu allem bethören lassen, auf die unverschämteste Art, <app>
            <lem>gerade zu</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">geradezu</rdg>
          </app> ins Gesicht erklärt?</p>
        <p><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:22:17"><app>
                  <lem>vers</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">v.</rdg>
                </app> 17.</citedRange></bibl></seg>
          <hi><hi rend="spaced-out">Nun</hi></hi> folgt die Frage, <hi>So sage
                                    uns denn, was dünket dich? Ists recht daß man dem Kaiser die
                                    Auflagen gebe? Oder nicht?</hi>
          <ptr target="#sontr23_erl_14" type="editorial-commentary"/>Das Wort,
                                was hier durch <index indexName="subjects-index">
            <term>Zins</term>
          </index><hi>Zins</hi> übersezet worden, ist <pb n="308" edRef="#a" id="less_308"/> ein <index indexName="subjects-index">
            <term>lateinisches Wort</term>
          </index>Lateinisches, und bedeutet <hi>eigentlich</hi>, die
                                Aufzeichnung der Personen und Schäzung ihres Vermögens; und sodenn,
                                    <hi>jede Auflage</hi>, denn diese ward nach Beschaffenheit des
                                bei der Schäzung (dem <hi>Census</hi>) angegebenen Vermögens
                                gemacht. <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Lk:20:22"><app>
                <lem><hi>Lucas</hi></lem>
                <rdg wit="#c" type="v"><hi>Lukas</hi>
                </rdg>
              </app> 20, 22</citedRange></bibl> braucht das allgemeine
                                Wort, welches jede Auflage bedeutet. Der Sinn <pb edRef="#b" n="288"/>
          <pb edRef="#c" n="302"/> der Frage war also „Ists recht dem Kaiser
                                    <hi>unterthan zu seyn</hi>? Oder nicht?“ Nichts interessirte
                                damahls die Nation mehr als dieses. Die hin und wieder <ptr target="#sontr23_erl_17" type="editorial-commentary"/>aufgestekten <index indexName="subjects-index">
            <term>Adler, römische</term>
          </index><app>
            <lem>römischen</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>römischen</hi></rdg>
          </app> Adler; der geplünderte Tempel-Schaz; <ptr target="#sontr23_erl_2" type="editorial-commentary"/>die mit <app>
            <lem>Römern</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Römern</hi></rdg>
          </app> besezte <index indexName="subjects-index">
            <term>Antonia, s. Burg Antonia</term>
            <term>Burg Antonia</term>
          </index>Burg <app>
            <lem>Antonia</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Antonia</hi></rdg>
          </app> welche den Tempel, das Kleinod der Nation, <app>
            <lem>commandirte</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">kommandirte</rdg>
          </app>; die Verkaufung der höchsten Würde im Staat, der <app>
            <lem>hohepriesterlichen</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">hohenpriesterlichen</rdg>
          </app>, und die <app>
            <lem>willkürliche</lem>
            <rdg wit="#b" type="v">willkührliche</rdg>
          </app> Ab- und Einsezung der <app>
            <lem>Hohepriester</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Hohenpriester</rdg>
          </app> hatte sie schon lange gegen die <app>
            <lem>Römer</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Römer</hi></rdg>
          </app> erbittert, und ängstlich begierig gemacht dieses so drükende
                                als schimpfliche Joch abzuwerfen.</p>
        <p><index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi><hi rend="spaced-out">Jesus</hi></hi></persName> durchschauete alsbald dieses
                                Gewebe von List und Bosheit. <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:22:18"><app>
                  <lem>vers 18</lem>
                  <rdg wit="#c" type="pp">v. 18.</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>
          <hi>aber, der ihre Bosheit sahe,</hi>
          <app>
            <lem><hi>sprach zu</hi></lem>
            <rdg type="typo-correction" wit="#b"><choice>
                <sic><hi>sprach er zu</hi></sic>
                <corr type="editorial"><hi>sprach zu</hi></corr>
              </choice></rdg>
          </app>
          <hi>ihnen, ihr Heuchler! was stellet ihr mich auf die Probe?</hi> In
                                der That war die Frage sehr verfänglich für <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesum</hi></persName>; er mochte
                                nun schweigen, oder die Frage <pb n="309" edRef="#a" id="less_309"/> bejahen, oder sie verneinen. <hi>Schwieg
                                    er</hi>, so beschuldigte man ihn der Menschenfurcht.
                                    <hi>Antwortete er, Ja, man müsse dem Kaiser unterthan seyn</hi>,
                                so machte man ihn als einen <app>
            <lem>sclavisch</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">sklavisch</rdg>
          </app> denkenden Menschen, bei der grossen Parthei der so genanten
                                Freiheit verächtlich und verhaßt. <hi>Sagte er hingegen, Nein</hi>,
                                so überlieferte man ihn dem <index indexName="subjects-index">
            <term>römischer Landpfleger</term>
          </index>römischen <app>
            <lem>Landpfleger</lem>
            <rdg wit="#b" type="typo-correction"><choice>
                <sic>Laudpfleger</sic>
                <corr type="editorial">Landpfleger</corr>
              </choice></rdg>
          </app> als einen Aufrürer.</p>
        <p><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:22:19"><app>
                  <lem>vers</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">v.</rdg>
                </app>
                <choice>
                  <sic>20–22.</sic>
                  <corr type="editorial">19.</corr>
                </choice></citedRange></bibl></seg>
          <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi><hi rend="spaced-out">Jesus</hi></hi></persName> antwortete, <hi>weiset mir die
                                        <index indexName="subjects-index">
              <term>Zinsmünze</term>
            </index>Zins-Münze. Und sie brachten ihm einen Groschen</hi>
                                (einen Denarium, eine <index indexName="subjects-index">
            <term>römische Münze</term>
          </index>römische Münze) – Bei uns zwar, <ptr target="#sontr23_erl_11" type="editorial-commentary"/>in unsern
                                Zeiten wo Gewerbe und Handlung zu Lande und zu Wasser, sich so sehr
                                    <pb edRef="#b" n="289"/>
          <pb edRef="#c" n="303"/> weit ausgebreitet, und fast alle Länder mit
                                einander verbunden, <ptr target="#sontr23_erl_8" type="editorial-commentary"/>da gelten allerlei, auch fremde
                                Münzen im Lande. Damahls aber, als die Handlung noch sehr
                                eingeschränkt war; auch die <app>
            <lem>Römer</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Römer</hi></rdg>
          </app> fast den ganzen Erdboden beherrschten: damahls war der <index indexName="subjects-index">
            <term>Schluß</term>
          </index>Schluß gemeiniglich, etwa einige seltene Fälle ausgenommen,
                                sicher; „daß wo <app>
            <lem>römische</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>römische</hi></rdg>
          </app> Münze galt; oder besonders, wo in römischer Münze die
                                öffentlichen Abgaben entrichtet wurden, daß da auch, die Römer
                                Herren des Landes seyn.“ Dieser Schluß war auch damahls sehr
                                gewönlich. Und dessen bedienete sich <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> hier. <pb n="310" edRef="#a"/><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Mt:22:20" to="Mt:22:22"><app>
                  <lem>vers</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">v.</rdg>
                </app> 20–22.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>Wessen</hi>, sprach er, <hi>ist das Bildniß und die <ptr target="#sontr23_erl_9" type="editorial-commentary"/><index indexName="subjects-index">
              <term>Umschrift</term>
            </index>Umschrift? Sie antworteten, des Kaisers. – Da sprach er
                                    zu ihnen, So gebet dem Kaiser, was dem Kaiser zugehört. Und Gott
                                    was Gott zugehört. Als sie das höreten, <index indexName="subjects-index">
              <term>verwundern</term>
            </index>verwunderten sie sich, liessen ihn und giengen
                                    davon.</hi></p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Sie</hi> verwunderten sich</hi>; <ptr target="#sontr23_erl_10" type="editorial-commentary"/>und
                                    <hi>verstummeten</hi>, wie <index indexName="persons-index">
            <term>Lukas</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:2z6t4"><app>
              <lem><hi>Lucas</hi></lem>
              <rdg wit="#c" type="v"><hi>Lukas</hi></rdg>
            </app></persName> hinzusezet. Denn diese Antwort war zu gleicher
                                Zeit, so Einleuchtend und Reichhaltig, ohne <app>
            <lem>dennoch</lem>
            <rdg wit="#b" type="v">denoch</rdg>
          </app> die Frage geradezu zu entscheiden. <hi>Einleuchtend!</hi> Dem
                                Kaiser geben was ihm zugehört, ist eine Sache, deren Gerechtigkeit
                                der <index indexName="subjects-index">
            <term>gesunder Menschenverstand</term>
          </index>gesunde <app>
            <lem>Menschen Verstand</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">Menschen-Verstand</rdg>
          </app> auch den Einfältigsten und Boshaftesten <index indexName="subjects-index">
            <term>fühlen</term>
          </index>fülen macht. <hi>Reichhaltig!</hi> In den wenigen Worten
                                lehret hier <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName>
          <ptr target="#sontr23_erl_15" type="editorial-commentary"/>die ganze
                                Pflicht eines guten Unterthanen. <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> und seinem <app>
            <lem>Landesherren</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Landesherrn</rdg>
          </app>, jedem geben was ihm gebüret. Gleichwohl <hi>entscheidet</hi>
                                diese Antwort die ihm vorgelegte Frage, <hi>nicht</hi>
          <app>
            <lem><hi>gerade zu</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi>geradezu</hi></rdg>
          </app>. Dies war eben die Falle die ihm seine Fein<pb edRef="#b" n="290"/><pb edRef="#c" n="304"/>de bereitet hatten. <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesus</hi></persName> saget daher
                                nicht mit dürren Worten, wie sie es wünschten, Ja! Sondern mit so
                                grosser Weisheit als Kunst löset er die Frage, in den Jedermann
                                einleuchtenden Saz auf, <pb n="311" edRef="#a" id="less_311"/>
          <hi>Gieb einem jeden das Seine.</hi> Und solchergestalt war nun die
                                Sache, <hi>vor den <index indexName="subjects-index">
              <term>Richterstuhl des eigenen Gewissens</term>
            </index>Richterstuhl ihres eigenen Gewissens</hi> gebracht, <ptr target="#sontr23_erl_16" type="editorial-commentary"/>welches
                                nicht anders, als für den Gehorsam gegen den <index indexName="subjects-index">
            <term>römischer Kaiser</term>
          </index>römischen Kaiser, ihre damahlige <app>
            <lem>Obrigkeit,</lem>
            <rdg wit="#b #c" type="v">Obrigkeit</rdg>
          </app> entscheiden konte.</p>
        <p>1) <hi><hi rend="spaced-out">Gebet</hi> dem Kaiser</hi> (eurem
                                    <hi>Landesherren</hi>, er heisse Kaiser, König, oder Edle oder
                                Volk <choice>
            <abbr>u. s. f.</abbr>
            <expan>und so ferner</expan>
          </choice>) <hi>was ihm zugehöret.</hi> So müssen denn,
                                    <hi>christliche Unterthanen alle von der</hi>
          <app>
            <lem><hi>Landes Obrigkeit</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi>Landes-Obrigkeit</hi></rdg>
          </app><hi>, nach</hi>
          <app>
            <lem><hi>Landes Rechten</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi>Landes-Rechten</hi></rdg>
          </app>
          <hi>und Gewohnheit befohlene Abgaben, treulich entrichten</hi>. –
                                Ruhe, Ordnung, Gerechtigkeit kan nicht seyn ohne <app>
            <lem>Civil Bediente</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">Civil-Bediente</rdg>
          </app>
          <ptr target="#sontr23_erl_3" type="editorial-commentary"/>und
                                Soldaten. Diese fordern Besoldung. Und Besoldung kan die <app>
            <lem>Landes Obrigkeit</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">Landes-Obrigkeit</rdg>
          </app> nicht geben ohne Auflagen. Nach <app>
            <lem>den Rechten und Gewohnheiten des Landes gemachte</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi>den Rechten und Gewohnheiten des
                                            Landes gemachte</hi></rdg>
          </app> Auflagen, sind also unstreitig ein Eigenthum des <app>
            <lem>Landesherren</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Landesherrn</rdg>
          </app>. Sie müssen ihm <app>
            <lem>also</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">folglich</rdg>
          </app>
          <hi>gegeben</hi> werden; und zwar <hi>alle</hi>, ohne die geringste
                                Ausnahme, und aufs <hi>pünktlichste</hi> gegeben werden. Sie ihm
                                nicht geben, ihm auch nur einige Groschen ohne sein Wissen und
                                Willen entziehen ist folglich 1) <hi>Diebstahl</hi>: eben so wohl,
                                und eben so schändlich und strafbahr, als wenn ein Bedienter seinem <app>
            <lem>Herren</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Herrn</rdg>
          </app> die Schrän<pb n="312" edRef="#a"/>ke öfnet und das Geld <app>
            <lem>stiehlt</lem>
            <rdg wit="#b #c" type="v">stiehlt.</rdg>
          </app> – – Ja! 2) Noch ein <hi>gröberer, ein vorzüglich Grober</hi>
                                Diebstahl: man bestiehlt <hi>seinen Wohltäter</hi>, den Landesherrn
                                dem wir alle Ruhe, Si<pb edRef="#b" n="291"/><pb edRef="#c" n="305"/>cherheit unsers Eigenthums, und zeitliche Wohlfart zu danken
                                haben. – 3) Und noch über das alles, ein <hi><hi rend="spaced-out">vervielfältigter</hi> Diebstahl</hi>. Man bestiehlt dadurch
                                nicht allein den Landesherren; sondern auch <hi>einen jeden seiner
                                    Mitbürger</hi>. Denn jene Auflagen werden zu gewissen
                                Bedürfnissen gemacht. <app>
            <lem>Komt</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Kommt</rdg>
          </app> nun die Summe nicht ein, die einkommen solte, und einkommen
                                würde wenn jeder Unterthan die Abgabe redlich bezahlte; so
                                    <hi>muß</hi> der Landesherr <hi>neue</hi> Auflagen machen. Die
                                Mitbürger jener Betrüger, müssen also die Auflage <app>
            <lem>zwei-</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">zwei-,</rdg>
          </app> vielleicht drei- und <app>
            <lem>mehrmahl</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">mehrmal</rdg>
          </app> bezahlen; sie müssen das bezahlen was jene <ptr target="#sontr23_erl_4" type="editorial-commentary"/>Defraudanten dem <app>
            <lem>Landesherrn</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Landesherren</rdg>
          </app> entwendet. Der Defraudant kan also nie aus seinem Hause gehen
                                ohne Vorwürfe seines Diebstahls zu hören. An jedem seiner Mitbürger
                                den er auf der Strasse, in der <index indexName="subjects-index">
            <term>Kirche</term>
          </index>Kirche, und sonst wo siehet, ist er zum Diebe geworden. –
                                Nach diesem was schon der gesunde Menschen-Verstand lehret, wie ist
                                es möglich, daß Menschen, die noch nicht alle Schaam verlohren <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">haben</rdg>
          </app>, und bis zur alleräussersten<!-- Trennung Fahne! -->
                                Niederträchtigkeit und <pb n="313" edRef="#a" id="less_313"/>
                                Unverschämtheit herabgesunken <app>
            <lem/>
            <rdg wit="#c" type="pt">sind</rdg>
          </app>, auch nur einen Groschen, ihrem <app>
            <lem>Landesherrn</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Landesherren</rdg>
          </app> wissentlich und vorsäzlich entziehen?</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Aber</hi>!</hi> muß man auch die
                                    <hi>Ungerechten</hi> Abgaben so pünktlich bezahlen? auch
                                alsdenn, wenn man schlechterdings nicht dabei bestehen, und mit
                                seiner Familie leben kan?“ – – <hi>Ohne</hi>
          <app>
            <lem><hi>allen</hi></lem>
            <rdg wit="#b" type="v"><hi>allem</hi></rdg>
          </app>
          <hi>Zweifel!</hi> Denn <hi>zuerst</hi>, was nennt ihr
                                    <hi>Ungerechte, Unterdrückende</hi> Abgaben? Selten wird eine
                                Auflage gemacht, die nicht dieser oder jener ungerecht,
                                unterdrückend nennen solte. Ist <pb edRef="#b" n="292"/>
          <pb edRef="#c" n="306"/> es nun erlaubt eine Abgabe darum zu
                                unterschlagen weil <hi>wir</hi> sie für unterdrückend halten: so
                                wird beinahe keine einzige dürfen bezahlt werden. – Doch! angenommen
                                sie sey es <app>
            <lem>wirklich</lem>
            <rdg wit="#b #c" type="v">würklich</rdg>
          </app>: so müßt ihr dagegen gebürende Vorstellungen thun. Eher
                                köntet ihr mit Gewalt und offenbahr die Bezahlung verweigern. Aber
                                sie <hi>heimlich unterschlagen</hi>, <app>
            <lem>dürft</lem>
            <rdg type="v" wit="#c"><choice>
                <sic>dürfte</sic>
                <corr type="editorial">dürfet</corr>
              </choice></rdg>
          </app> ihr <hi>nie</hi>; das ist und bleibt grober, vervielfältigter
                                Diebstahl. Denn eine jede Auflage, die den Rechten und Gebräuchen
                                des Landes gemäß gemacht worden, ist und bleibt ein
                                    <hi>Eigenthum</hi> des Landesherrn. Und darüber haben wir das
                                klare Gesez Gottes, <seg type="margin"><choice>
              <abbr>vergl.</abbr>
              <expan>vergleiche</expan>
              <expan>verglichen</expan>
            </choice>
            <bibl type="biblical-reference"><citedRange from="Röm:13:1" to="Röm:13:7">Römer 13, <app>
                  <lem>1–7</lem>
                  <rdg wit="#b" type="v">1–7.</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg>
          <hi>Gebet dem Landesherren was ihm zugehöret</hi>.</p>
        <p><pb edRef="#a" n="314" id="less_314"/>
          <ptr target="#sontr23_erl_5" type="editorial-commentary"/>2) <hi><hi rend="spaced-out">Eben</hi></hi> so einleuchtend ist die
                                andre Pflicht; <app>
            <lem>die</lem>
            <rdg wit="#b #c" type="v">Die</rdg>
          </app>
          <hi>dem</hi>
          <app>
            <lem><hi>Landesherren untergeschlagene</hi></lem>
            <rdg wit="#b #c" type="pp"><hi>Landesherrn
                                        unterschlagene</hi></rdg>
          </app>
          <hi>Abgaben, zu Hellern und Pfennigen zu ersezen</hi>. Sie sind sein
                                Eigenthum; und können es darum nicht aufhören zu seyn weil sie ihm
                                heimlich entwendet worden. Wäre dieses, so könte auch euer Bediente
                                das euch heimlich entwendete mit gutem Gewissen behalten. Jede
                                Abgabe also, sie <app>
            <lem>sey</lem>
            <rdg wit="#b #c" type="v">sey,</rdg>
          </app> welche sie wolle, jeder Thaler und Groschen den ihr dem <app>
            <lem>Landesherrn</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Landesherren</rdg>
          </app> untergeschlagen, ist und bleibt sein Eigenthum. Ihr müsset es
                                ihm folglich wiedergeben. Und thut ihr es mit Wissen und Willen
                                nicht; so begehet ihr täglich, <app>
            <lem>einen</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>einen</hi></rdg>
          </app> groben Diebstahl; <app>
            <lem>einen</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi>ja einen</hi></rdg>
          </app> vorzüglich schändlichen Diebstahl; <app>
            <lem>einen</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">und noch dazu <hi>einen</hi></rdg>
          </app> vervielfältigten Diebstahl: ihr bestehlt, ihr plündert euren
                                Landesherrn und alle eure Mitbürger! – <hi>Kein Dieb und Räuber</hi>
                                aber, <hi>kan je ins Reich Gottes kommen</hi>
          <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:6:9 1Kor:6:10">1 <app>
                <lem><hi>Corinther</hi></lem>
                <rdg wit="#c" type="v"><hi>Korinther</hi></rdg>
              </app> 6, 9. 10.</citedRange></bibl></p>
        <p><pb n="293" edRef="#b"/>
          <pb n="307" edRef="#c"/><hi><hi rend="spaced-out">Wenn</hi></hi>
                                ich nun aber so viel untergeschlagen, daß ich es selbst nicht genau
                                bestimmen kan?“ – – So must du lieber <hi>zu viel</hi>, als <hi>zu
                                    wenig</hi> wiederersezen.</p>
        <p><app>
            <lem><hi><hi rend="spaced-out">Wie</hi></hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><supplied></supplied><hi><hi rend="spaced-out">Wie</hi></hi></rdg>
          </app> aber, wenn ich nun darüber, selbst nichts <pb n="315" edRef="#a"/> behalte?“ – – Um etwas zu haben, darfst du nicht
                                stehlen. Und wenn du, nach herausgegebenem <app>
            <lem>gestohlnen</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">gestohlenen</rdg>
          </app> Gut, <hi>nichts übrig behältst</hi>; so hast du ja gerade so
                                viel als du hattest, ehe du den Landesherrn betrogen. Kontest du
                                damahls leben, so kanst du es auch jezo – Aber alle Ausflüchte bei
                                Seite! <app>
            <lem>hundert</lem>
            <rdg wit="#c" type="v">Hundert</rdg>
          </app> deiner <index indexName="subjects-index">
            <term>Nebenmensch</term>
          </index>Neben-Menschen verdienen sich ihren nötigen Unterhalt, sie
                                haben nichts von Vermögen. Wenn nun diese, um Vermögen zu haben, dir
                                das Deinige mit Gewalt oder List nehmen wolten, würdest du das Recht
                                finden? <hi>Was du</hi>
          <app>
            <lem><hi>denn,</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>nun</hi></rdg>
          </app>
          <hi>nicht wilst daß andre thun sollen, das thue ihnen auch
                                    nicht.</hi>
          <bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:7:12"><hi>Matthäi</hi> 7, 12.</citedRange></bibl></p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Muß</hi></hi> ich denn, die
                                Wiedererstattung <hi>Oeffentlich</hi> thun?“ – Dies ist auf keine
                                Art nötig. Nichts ist hier nötig, als daß der Landesherr das Seinige
                                erhalte. Ob er es von dir selbst, oder durch die dritte, vierte Hand
                                erhält, das <hi>kan</hi>, und <hi>wird</hi> ihm auch, gleich
                                seyn.</p>
        <p>3) <hi><hi rend="spaced-out">Was</hi></hi> bisher von der
                                Landes-Obrigkeit gesagt worden, das gilt aus eben dem Grunde, auch
                                von jedem unsrer <app>
            <lem>Neben Menschen</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp">Neben-Menschen</rdg>
          </app>. – <hi><hi rend="spaced-out">Einem</hi></hi> jeden Menschen
                                müssen wir geben was Sein ist. <pb n="316" edRef="#a" id="less_316"/> Ihm nicht das allergeringste, ohne sein
                                Wissen oder Willen, es sey nun auf eine grobe oder die
                                allersubstilste Art nehmen. – <hi><hi rend="spaced-out">Ihm</hi></hi> alles ungerechter weise genommene bis zum lezten
                                Heller heraus<pb n="294" edRef="#b"/><pb n="308" edRef="#c"/>geben.
                                – Ihm allen Schaden den wir ihm, an seiner Seele, oder seinem Leibe,
                                oder seiner Ehre, oder seinen Gütern, <hi>unrechtmässig</hi>
                                zugefügt, nach allem unserm Vermögen aufs genaueste ersezen. – Dies
                                alles ist für uns, so klare so unveränderliche Pflicht, als,
                                    <hi>Jedem das Seine zu geben</hi>. – Und thun wir es, mit Wissen
                                und Willen nicht: so sind wir <hi>vorsäzliche</hi> Sünder. Folglich
                                keine Bekehrte. Und haben folglich <seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="1Kor:6:9 1Kor:6:10">1 <app>
                  <lem>Corinth.</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">Kor.</rdg>
                </app> 6, 9. <app>
                  <lem>10.</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">10</rdg>
                </app></citedRange></bibl></seg> auch kein Antheil an
                                    <index indexName="persons-index">
            <term>Christus, s. Jesus Christus</term>
            <term>Jesus Christus</term>
          </index>
          <persName ref="textgrid:255cd"><hi>Jesu</hi></persName> Verdienst;
                                und der Gnade <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gottes</hi></rdg>
          </app>. Vielmehr werden uns die Strafen des <app>
            <lem>Gottes</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gottes</hi></rdg>
          </app> der über Recht und Gerechtigkeit wachet, unausbleiblich
                                treffen. Und <hi>müssen</hi> uns treffen; so wahr als <app>
            <lem>Gott</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Gott</hi></rdg>
          </app> kein Freund des Betruges, so wahr als – <hi>Er Gott
                                ist!</hi></p>
        <p>4) <hi>Gebet aber auch Gott, was Gott</hi>
          <app>
            <lem><hi>zu gehöret</hi></lem>
            <rdg wit="#b #c" type="pp"><hi>zugehöret</hi></rdg>
          </app>. – Das allererste und geringste davon ist, daß wir Ihm, im
                                Umgange mit unsern Neben-Menschen, <hi>die höchste Ehrfurcht
                                    bezeugen</hi>: in der Kirche, in Gesellschaften und sonst im
                                Umgange mit andern, <ptr target="#sontr23_erl_6" type="editorial-commentary"/>nie anders, als mit ehrfurchts<pb n="317" edRef="#a"/>vollem Gesicht, Worten und Geberden, von
                                        <hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi> und der <index indexName="subjects-index">
            <term>Bibel</term>
          </index><hi>Bibel</hi>, und überhaupt <hi>Göttlichen Dingen</hi>
                                sprechen. Den Nahmen <hi><hi rend="spaced-out">Gott</hi></hi>, vor
                                dem Millionen Welten zittern, den Millionen <app>
            <lem>Allererhabenster</lem>
            <rdg wit="#b" type="v">Allererhabensten</rdg>
          </app> Geister anbeten, in Gegenwart anderer leichtsinnig nennen;
                                von <hi><hi rend="spaced-out">Ihm</hi></hi> mit einer
                                Vertraulichkeit als von unsers gleichen reden; mit diesem
                                Allerehrwürdigsten Nahmen, oder mit <index indexName="subjects-index">
            <term>biblische Aussprüche</term>
          </index>biblischen Aussprüchen unsre auch noch so erlaubte Scherze
                                oder vermeinte <index indexName="subjects-index">
            <term>witzige Einfälle</term>
          </index>wizige Einfälle vorbringen; dies und was dem änlich, ist,
                                alles andre nicht anzufüren, – die <hi>alleräusserste</hi>,
                                    <hi>eine</hi>
          <pb n="295" edRef="#b"/>
          <pb n="309" edRef="#c"/>
          <hi>mehr</hi> als <index indexName="subjects-index">
            <term>pöbelhafte Grobheit</term>
          </index><hi>pöbelhafte Grobheit</hi>. Dessen solte sich, ich will
                                nicht sagen jeder <hi>Christ</hi>, dessen solte sich jeder Mensch
                                schämen, der sich nicht selbst für einen Menschen ohne alle
                                Lebensart, für einen von den unverschämtesten gröbesten <index indexName="subjects-index">
            <term>Pöbel</term>
          </index>Pöbel erklären will. Dafür würde doch sicherlich ein jeder,
                                den halten, der einem Könige Grobheiten, <hi>ins Gesicht</hi> sagte.
                                Und alle Könige und Kaiser, alle <index indexName="subjects-index">
            <term>Engel und Erzengel</term>
          </index>Engel und Erzengel sind nur Knechte dieses – <hi>Ewigen
                                    Königes</hi>, dem <hi>ins Gesicht</hi> man alle jene
                                Ungezogenheiten und Grobheiten saget <app>
            <lem>und</lem>
            <rdg wit="#c" type="typo-correction"><choice>
                <sic>uud</sic>
                <corr type="editorial">und</corr>
              </choice></rdg>
          </app> thut!</p>
        <p><hi><hi rend="spaced-out">Doch</hi>!</hi> Ihr <app>
            <lem>edlere Seelen</lem>
            <rdg wit="#c" type="pp"><hi>edleren Seelen</hi></rdg>
          </app>! Lasset uns die Augen von diesen Greueln, von diesen <index indexName="subjects-index">
            <term>Schandfleck</term>
          </index>Schandflecken <pb n="318" edRef="#a"/> der Menschheit
                                wegwenden! Auch euch gilt das, <hi>Gebet Gott was Gott gehöret</hi>,
                                aber in einem viel edleren Verstande. Ihm gehöret alles was wir sind
                                und <app>
            <lem>haben</lem>
            <rdg wit="#c" type="typo-correction"><choice>
                <sic>baben</sic>
                <corr type="editorial">haben</corr>
              </choice></rdg>
          </app>. Ihm geben was ihm gehöret, das heißt also, <ptr target="#sontr23_erl_7" type="editorial-commentary"/><seg type="margin"><bibl type="biblical-reference"><citedRange n="Mt:22:37"><app>
                  <lem>Matthäi</lem>
                  <rdg wit="#c" type="v">Math.</rdg>
                </app> 22, 37.</citedRange></bibl></seg>
          <hi>Ihn lieben, von ganzem</hi>
          <app>
            <lem><hi>Herzen</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Herzen,</hi></rdg>
          </app>
          <hi>und von ganzer</hi>
          <app>
            <lem><hi>Seele</hi></lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Seele,</hi></rdg>
          </app>
          <hi>und aus allen unsern Kräften</hi>. Und was kan <app>
            <lem>gerechter</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>gerechter</hi></rdg>
          </app>, was <app>
            <lem>rümlicher</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>rümlicher</hi></rdg>
          </app>, was – <app>
            <lem>Süsser</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Süsser</hi></rdg>
          </app> und <app>
            <lem>Entzükender</lem>
            <rdg wit="#c" type="v"><hi>Entzükender</hi></rdg>
          </app> seyn, als <hi><hi rend="spaced-out">Den</hi></hi> lieben,
                                dessen Liebe auszudrücken, Menschen, und Engel, und die erhabensten
                                Seinem Throne allernächsten Geister keinen Nahmen finden können! <choice>
            <abbr>u. s. f.</abbr>
            <expan>und so ferner</expan>
          </choice></p>
      </div></lem>
    <rdg type="om" wit="#z"/>
  </app>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_1"><label>unter
                        den Juden eine ansehnliche Parthei</label>
    <p>Leß beschreibt hier die sog. Zeloten („Eiferer“) (vgl. <hi>Zedler</hi>, z.
                        St. sowie das gegenwärtige Standardwerk M. Hengel, Die Zeloten, 1961 [<hi rend="superscript">3</hi>2011]), eine anfangs eher unbedeutende Bewegung
                        innerhalb des antiken Judentums, die in radikaler Weise den Freiheitskampf
                        gegen die römische Oberherrschaft aufnahm, v.a. die verarmte Bevölkerung
                        hinter sich bringen konnte und in dem von Leß als „Siebenjähriger Krieg“
                        bezeichneten <hi>Jüdischen Krieg</hi> (66–70) (vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:259rs.5#sontr10_erl_1"/>) als Gipfel ihrer Umtriebe ein
                        Ende fand. Als theologische Grundlage ihrer Bestrebungen ist insbesondere
                        die Naherwartung einer jedwede Fremdherrschaft ausschließenden
                        Alleinherrschaft Gottes zu nennen, die im aktiven Kampf herbeigeführt werden
                        sollte und die sich häufig mit einer ausgeprägten Martyriumsbereitschaft
                        verband. Im weiteren Verlauf spricht Leß auch von der „Parthei der so
                        genannten Freiheit“ (<ref target="#less_305">a305</ref>. <ref target="#less_309">a309</ref>).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_2"><label>die mit
                        Römern besezte Burg Antonia</label>
    <p>Im Zuge des ab 21 v. Chr. begonnenen herodianischen Tempelbaus wurde auch die
                        in unmittelbarer Nähe gelegene Schutzfestung ausgebaut und nach Marcus
                        Antonius (ca. 86–30 v. Chr.), einem Vertrauten des römischen Klientelkönigs
                        Herodes d. Gr. (73–4 v. Chr.), benannt. Zeitweise diente die Burg Antonia
                        Herodes als Residenz, nach seinem Tod wurden dort römische Soldaten der
                        Legio X Fretensis stationiert. Im Zuge des von Leß als „Siebenjähriger
                        Krieg“ bezeichneten <hi>Jüdischen Krieges</hi> (66–70) (vgl. <ptr type="page-ref" target=" textgrid:259rs.5#sontr10_erl_1"/>) wurde die
                        Burg zunächst von Zeloten (vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:259sh.5#sontr23_erl_1"/>) in Brand gesteckt und
                        schließlich nach der Eroberung Jerusalems im Jahre 70 von den Römern mitsamt
                        dem Tempel zerstört.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_3"><label>und
                        Soldaten [...] Besoldung kan die Landes Obrigkeit nicht geben ohne
                        Auflagen</label>
    <p>Das Beispiel der Soldaten dürfte Leß nicht zufällig gewählt haben: Göttingen
                        wurde nach dem <hi>Dreißigjährigen Krieg</hi> (1618–1648) als Garnisons- und
                        Festungsstadt ausgebaut (vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:259s7.5#sontr16_erl_3"/>) (zu den gesellschaftlichen
                        Folgen vgl. R. Pröve, Stehendes Heer und städtische Gesellschaft im 18.
                        Jahrhundert. Göttingen und seine Militärbevölkerung 1713–1756 [Beiträge zur
                        Militärgeschichte 47], 1995) und beherbergte zu Leß’ Zeiten eine im
                        Verhältnis zur Zivilbevölkerung nicht unbeträchtliche Zahl von
                        kurhannoverschen Soldaten, die ab 1774 unter dem Kommando des 1776 zum
                        Generalleutnant beförderten Georg von Walthausen (vgl. J. S. Pütter, Versuch
                        einer academischen Gelehrten-Geschichte von der Georg-Augustus-Universität
                        zu Göttingen II, 1788, 21f. [= § 9]) standen. Berichtet wird, dass dieser
                        der Universität zwei in der Schlacht erbeutete Pauken schenkte (vgl. L. v.
                        Sichart, Geschichte der Königlich-Hannoverschen Armee II, 1870, 269f.), die
                        „bey academischen Feierlichkeiten in der Universitätskirche“ (Pütter, aaO
                        22) verwendet wurden. Konkret dürfte an dieser Stelle jedoch die finanzielle
                        Belastung der Göttinger in Gestalt von militärbezogenen Abgaben im
                        Hintergrund stehen. Dass im Folgeabsatz (vgl. <ref target="#less_313">a313</ref>) die Frage traktiert wird, ob man auch ungerechte Abgaben zu
                        leisten habe (vgl. dazu auch u. <ptr type="page-ref" target="#sontr23_erl_5"/>), lässt auf die Lage in Göttingen schließen.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_4"><label>Defraudanten</label>
    <p>D.i. eine Person, die sich des Steuerbetrugs schuldig macht (vgl.
                            <hi>Campe</hi> [Verdeutschung], „Defraudant“).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_5"><label> 2)
                        [...] die andre Pflicht; die dem Landesherren untergeschlagene Abgaben, zu
                        Hellern und Pfennigen zu ersezen</label>
    <p>Was Leß im Folgenden unter „2)“ und „3)“ ausführt (vgl. <ref target="#less_314">a314–316</ref>), belegt er andernorts mit dem Begriff
                        „Restitution“ (vgl. G. Leß, Christliche Moral, 1777, 82–100 [= § 68–72]). Zu
                        den wichtigsten Anwendungsfällen seiner Restitutionslehre zählt auch der in
                        der Predigt zuvor (vgl. <ref target="#less_313">a313</ref>) traktierte Fall
                        der ungerechten Auflagen (vgl. aaO 98–100 [= IV.]). Dass ein Christ kein
                        „ungerechtes Gut“ besitzen darf, hat Leß schon früher erklärt (vgl. ders.,
                        Die christliche Lehre vom inneren Gottes-Dienst in zehn Predigten. Nebst
                        einem Anhange, 1772, 385–417 [= 13. Predigt]).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_6"><label>nie
                        anders, als mit ehrfurchtsvollem Gesicht, Worten und Geberden, von Gott und
                        der Bibel, und überhaupt Göttlichen Dingen sprechen</label>
    <p>Vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:259s9.5#sontr18_erl_11"/>.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_7"><label>
                        {Matthäi 22, 37.} Ihn lieben, von ganzem Herzen und ganzer Seele und aus
                        allen unsern Kräften.</label>
    <p>Zum sog. Doppelgebot der Liebe vgl. insbesondere die Predigt am 18. Sonntag
                        n. Tr. (<ref target="textgrid:259s9.5#less_241">a241–252</ref>).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_8"><label>da
                        gelten allerlei, auch fremde Münzen im Lande. Damahls aber [...] Dieser
                        Schluß war auch damahls sehr gewönlich.</label>
    <p>Wie z.B. H. E. G. Paulus, Philologisch-kritischer und historischer Kommentar
                        über das neue Testament III, 1802, 242–242 zeigt, handelt es sich bei diesen
                        Ausführungen um exegetisches Handbuchwissen: Abgesehen von den
                        unterschiedlichen europäischen Währungen galten in dem im 18. Jh. in
                        zahlreiche Kleinstaaten zerfallenen Alten Reich trotz immer wieder
                        unternommener Vereinheitlichungsversuche auch unterschiedliche Münzfüße (zur
                        zunehmend problematischen Situation in Göttingen vgl. H.-J. Gerhard,
                        Grundzüge der Verfassung, Verwaltung und Wirtschaft der Stadt Göttingen
                        1650–1866, in: Göttingen. Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 2: Vom
                        Dreißigjährigen Krieg bis zum Anschluss an Preußen – Der Wiederaufstieg als
                        Universitätsstadt [1648–1866], hg. von E. Böhme u. R. Vierhaus, 2002,
                        255–339, 306–309) (vgl. auch <ptr type="page-ref" target="textgrid:25dfq.5#sonep2_erl_4"/> zum Oxhovt). Paulus merkt in
                        diesem Zusammenhang an, dass man diese Verhältnisse, „nach welchen sich
                        mehrere Staaten einander wechselseitig als souverän anerkennen und daher
                        auch ihre Münzen im Verkehr und Umtausch gelten lassen“ (aaO 243), jedoch
                        nicht auf die Antike übertragen könne. Vielmehr sei die Verbreitung der
                        römischen Münze ausdrücklich Teil der römischen Machtpolitik gewesen, d.h.,
                        „wo damals röm[ische] Münze cursierte, da bestund auch der ganze Handel, die
                        Sicherheit des Eigentums überhaupt, kurz alles, was einen Staat zum
                        Bedürfniss macht, nur durch Einfluss und Schuz der Römer“ (aaO 244).
                    </p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_9"><label>Umschrift</label>
    <p>Für Mt 22,20 <foreign lang="grc">ἡ ἐπιγραφή</foreign> wird offenbar ein
                        numismatischer Fachbegriff verwendet. Im Unterschied zu allgemeineren
                        Begriffen wie In- oder Aufschrift (Legende) – Luther verwendet „Überschrift“
                        (vgl. <hi>Luther</hi> [1545], z. St.) – oder der den Münzrand umlaufenden
                        Randschrift handelt es sich bei einer Umschrift um eine um den Münzrand
                        herumlaufende Beschriftung des Münzfeldes. Aufgrund der Fortschritte der
                        Numismatik im 17. und 18. Jh. mitsamt den damit zusammenhängenden Katalogen
                        und Kabinetten (zur Münzsammlung der Universität Göttingen vgl. J. S.
                        Pütter, Versuch einer academischen Gelehrten-Geschichte von der
                        Georg-Augustus-Universität zu Göttingen II, 1788, 232f. [= § 167]) können
                        für den exegetisch versierten Leß entsprechende numismatische Kenntnisse
                        durchaus vorausgesetzt werden.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_10"><label>und
                        verstummeten, wie Lucas hinzusezet</label>
    <p>Vgl. Lk 20,26 <foreign lang="grc">ἐσίγησαν</foreign>.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_11"><label>in
                        unsern Zeiten wo Gewerbe und Handlung [...] und fast alle Länder mit
                        einander verbunden</label>
    <p>Auch im Rahmen der physikotheologischen Ausführungen (vgl. <ptr type="page-ref" target="textgrid:259rv.5#z1_erl_6"/>) findet sich die
                        Idee, dass der Handel „die Verbindung der Menschen befördert“ (<ref target="textgrid:259rv.5#less_176_c">c176</ref>).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_12"><label>Hofkunst, andern Lobsprüche, wovon man nichts glaubt, [...]
                        unverschämt ins Gesicht zu sagen</label>
    <p>Hier und <ref target="#less_306">a306</ref> im Sinne von „Schmeichelei und
                        Verstellung“ (<hi>Campe</hi>, „Hofkunst“) oder auch „List“ und „Intrige“
                        (vgl. <hi>Grimm</hi>, ebd.). Wie ein berühmtes Schiller-Drama zeigt, ist
                        gegen Ende des 18. Jh.s auch das franz. Lehnwort „Kabale“ in Gebrauch (vgl.
                        dazu <hi>Campe</hi> [Verdeutschung], „Cabale“). Für Leß lobt ein Christ nie
                        aus niederen Absichten oder zum Schaden anderer (vgl. G. Leß, Christliche
                        Moral, 1777, 272 [= § 179] [dort mit Verweis auf dieses
                        Sonntagsevangelium]). Vielmehr müsse man „durch rümliche Urtheile [...]
                        Menschen erfreuen“ (<ref target="textgrid:259sj.5#less_323">a323</ref>).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_13"><label>ein
                        Seil womit sie ihn, in das heimlich gelegte Nez zu ziehen suchten</label>
    <p>D.i. wohl eine Anspielung auf das seltene Verb Mt 22,15 <foreign lang="grc">παγιδεύω</foreign> in der Bedeutung „eine Schlinge
                        legen“, „mit einer Schlinge fangen“ (vgl. Koh 9,12 [LXX]; dazu 1 Sam 28,9
                        [LXX]) (vgl. dazu auch die Wendung „<hi>Gewebe</hi> von List und Bosheit“
                            [<ref target="#less_308">a308</ref>; Hervorh. BL]).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_14"><label>Das
                        Wort, was hier durch Zins übersezet worden [...] Lucas 20, 22 braucht das
                        allgemeine Wort, welches jede Auflage bedeutet.</label>
    <p>Mt 22,17 liest <foreign lang="grc">κῆνσος</foreign> (lat. <foreign lang="lat"><hi>census</hi></foreign>), die lukanische Parallele Lk
                        20,22 bietet dagegen <foreign lang="grc">φόρος</foreign>.</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_15"><label>die
                        ganze Pflicht eines guten Unterthanen</label>
    <p>Zu diesen Pflichten gehört es, alle Abgaben zuverlässig und pünktlich zu
                        entrichten (vgl. dazu G. Leß, Christliche Moral, 1777, 344f. [= § 227]).
                    </p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_16"><label>welches
                        nicht anders, als für den Gehorsam gegen den römischen Kaiser [...]
                        entscheiden konte</label>
    <p>Zu der von Gott eingesetzten Obrigkeit und der daraus resultierenden
                        Gehorsamspflicht nach Röm 13,1–8 vgl. G. Leß, Christliche Moral, 1777,
                        341–344 (= § 226).</p></note>
  <note type="editorial-commentary" place="end" id="sontr23_erl_17"><label>aufgestekten römischen Adler</label>
    <p>Gemeint sind die auch als „Legionsadler“ (<foreign lang="lat"><hi>aquilae</hi></foreign>) bezeichneten römischen Feldzeichen
                        (vgl. auch <ref target="textgrid:259sk.5#less_334">a334</ref>).</p></note>
</div>