{vers 1} N a c h den
am Mitwoch, im Tempel zu
Jerusalem gehaltenen Reden (
Kapit.
21,
23 f[.]
) gieng
Jesus weg aus dem Tempel. Da traten zu ihm seine Apostel, (einer davon fürete das
Wort Siehe beim
Marcus vers 1.)
und zeigten ihm die Pracht der Tempel-Gebäude. {vergl.
Marci V.
1–15 Lucä v.
v.
5} In der That war auch der damahlige Tempel zu
Jerusalem mit allen dazu gehörigen Gebäuden,
eins der prächtigsten Werke in der Welt. König
Herodes der Grosse hatte den nach der Gefangenschaft erbaueten Tempel, ganz umgebauet; und nach sechs und vierzig Jahren war man noch nicht damit fertig. Die Zugänge, die Hallen, die Thore, das
Aeussere und weit mehr noch das Innere des Tempels, alles verrieth den Pracht liebenden und Geschmackvollen
Herodes . Der Marmor woraus diese
Tempel Gebäude gebauet worden, war so weiß daß man von weiten, ein
Schnee Gebirge zu sehen glaubte.
|b308| |c322| {vers 3} A l s er nun auf dem Oelberge saß, (von da konte man den Tempel ganz übersehen)
kamen seine Apostel zu ihm da er alleine war, und sprachen: Sage uns, wennehr wird das geschehen? Und welches ist das Zeichen deiner Zukunft und des Endes der Welt? – – Z w e i Fragen also legten sie
Jesu vor: 1)
|a331| W e n n diese gänzliche Zerstörung des so prächtigen Tempels geschehen? und 2)
W e n n e h r die Zukunft des Messias und das Ende der Welt seyn werde? Warum sie diese Frage mit jener verbinden, läßt sich nicht bestimmen. Sie waren damahls noch, voll von allerlei jüdischen Vorurtheilen und
Irtümern. Vielleicht glaubten sie, der Tempel, dieses Kleinod der Nation, dieses Wunder der Welt werde bis ans Ende der Welt dauren. Unser Erlöser beantwortet indessen beide Fragen: die
Erste, von seiner
Zukunft zum Gericht über Jerusalem und die Nation der Juden, in diesem Kapitel, vom 4
vers bis zum
Ende des Kap.
Und die
Zweite, von seiner Zukunft
zum Gericht über die Welt, im 25ten Kapitel.
D a s Neue Testament nämlich, redet
c√ von einer bevorstehenden Zwiefachen Zukunft
Jesu . Die
erste solle geschehen zum
Gericht über die
Nation der Juden. So nennet
Daniel schon, das schreckliche Ende des Staats und Gottesdienstes der Juden.
Kapitel 9, 26. Diese muß man immer verstehen, wenn
Jesus oder die
Apostel von einer Zukunft reden, die noch zu ihrer Zeit zu erwarten sey.
Lucä 18, 8.
Hebräer 10, 37.
Jacobi 5, 8. 1
Petri|c323| 4, 7. – Die
zweite, zum Gericht über das gan
|b309|ze
Menschen Geschlecht und dem Ende der Welt, haben die Apostel nie in ihren Tagen erwartet.
Petrus sagt vielmehr, sie könne noch wohl
Jahrtausende ausgesezt bleiben. 2
Petri 3,
8 verglichen
vers 3. 4. Siehe auch 2
Thessalonicher 2.
D i e W e i s s a g u n g
s e l b s t.
{vers 4. 5} S e h e t euch vor, so fängt er die Weissagung von dem Untergange Jerusalem an, daß euch|a332| niemand verfüre. Denn viele werden sich meine Würde anmaassen, und von sich sagen – Ich bin der Messias! (werden sich für den Messias ausgeben) Und viele werden sich von ihnen verfüren lassen.
{vers 6–8} I h r werdet von Kriegen, und kriegerischen Gerüchten hören. Erschrecket nicht. Denn das alles muß geschehen, bevor das Ende (des Tempels und Staats) kömt. Ein Volk wird sich gegen das andre, ein Reich gegen das andre auflehnen. (die Juden werden sich gegen die Römer empören) Und hin und wieder wird sich Hungersnoth, und Pestilenz, und Erdbeben einstellen. Alles das aber ist nur der Anfang des Jammers.
{vers 9–13} A l s d e n n wird man euch den Gerichten übergeben, um euch zu peinigen und zu tödten. Und ihr werdet von allen Völkern um meinet willen gehasset werden. Auch werden zu dieser Zeit, viele von meiner Religion abfallen, und ihre Glaubens Brüder angeben und hassen. Denn es werden viele|b310| |c324| falsche Lehrer aufstehen, und viele verfüren. Und durch die Ueberhand nehmende Bosheit wird die Liebe unter den Menschen erstarren. Wer aber unverrükt meiner Lehre treu bleibt, der wird sein Leben retten. (Kein Christ kam in der Belagerung Jerusalems um. Sie alle flohen der Erinnerung Jesu zu folge, und retteten solchergestalt ihr Leben.)
{vers 14} G l e i c h w o h l wird dies Evangelium von dem Reiche (des Messias) in dem ganzen römischen Gebieth, zur Belehrung allerlei|a333| Völker geprediget werden. Und alsdenn wird das Ende (des Staats und Gottesdienstes der Juden) erfolgen.
{vers 15–22} W e n n ihr denn, den schrecklichen Verwüster, von welchem Daniel der Prophet redet, (Kapitel 9, 27.
)
zu Jerusalem
sehen werdet, – oder nach
Luca 21, 20, „wenn die römische Armee Jerusalem wird eingeschlossen
haben“ – (
Wer dies lieset, der merke es wohl!)
alsdenn fliehe jeder der sich im Lande Judäa befindet, auf die Berge. (Palästina, das Land der Juden, ist grossentheils bergig; voll von Felsen-Gebirgen, worin Hölen sind, in denen sich viele hundert Menschen verbergen können.)
{Siehe oben Seite 258. 259 } Wer auf dem Hausdache ist, der steige nicht erst in das Haus herunter. Und wer auf dem Felde ist, der kehre nicht erst in die Stadt zurück seine Kleider zu holen. („So bald
Jerusalem von einem Heere eingeschlossen ist,
da schmeichelt euch ja nicht mit Hof
|b311||c325|nungen. Fliehet, und zwar ohne einen Augenblick zu
verliehren. Denn alsdenn ist der Untergang der Stadt unausbleiblich.“)
Bejammernswürdig sind die Schwangeren und Säugenden dieser Zeit! Betet auch, daß eure Flucht nicht in den Winter, oder auf einen Sabbat falle. (denn die Juden hatten das Vorurtheil, am
Sabbat dürfe man nicht weiter, als
etwa eine Stundeweges gehen.)
Denn dieser Jammer wird so groß seyn, dergleichen nie gewesen noch seyn wird. Und wenn jene Zeit (die Belagerung
Jerusalem, vers 15
f[.]
)
nicht abgekürzet würde; so würde kein einiger|a334| Mensch (von den Belagerten)
am Leben bleiben. Aber um meiner Anhänger willen wird sie abgekürzet werden. (Entweder, damit die Christen die etwa in der Stadt waren, nicht umkämen. Oder, um derer unter den belagerten Juden willen, die dereinst Christen werden würden.)
{vers 23–28} W e n n alsdenn jemand zu euch sagen wird, Siehe hier, oder dort, ist der Messias: so glaubt es nicht. Denn es werden viele falsche Messiasse, und Lügen Propheten aufstehen, und so wundervolle Dinge versprechen, daß auch wohl gar, selbst meine Anhänger dadurch verleitet werden. Ich sage es euch vorher! Wenn man zu euch sprechen wird, der Messias ist auf dem Felde! so gehet nicht hinaus. Oder, er ist im Zimmer! Glaubet es nicht. Denn alsdenn wird die Zukunft des Menschen Soh|b312|nes (Siehe oben
Seite 274 ; nämlich zur Zerstörung Jerusalem)
plözlich gleich einem Blize erfolgen, welcher im Morgen sich entzündet, und augenblicklich schon im Abend gesehen wird. – Wo ein Aas ist, da versamlen sich die Adler! (
Wo ein Aas ist. Kein Bild kan abscheulich genug seyn, die Bosheit und Gottlosigkeit der in Jerusalem belagerten Juden zu bezeichnen. Da
versamlen sich die Adler. Die
Römer füreten Adler in ihren Fahnen.)
S o g l e i c h nach jenem Jammer (nämlich der Belagerung Jerusalem)
wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond seinen Schein verliehren, und
die Sterne vom|a335| Himmel fallen, und die Himmels-Körper erschüttert werden. (In den Sprachen der Bibel, so wie in andern Sprachen, auch in der unsrigen ist es gewönlich, von einem
Staats-Himmel zu reden. Man vergleichet den Staat mit dem Himmel, und die mächtigsten Personen oder Städte desselben, mit
Sonne, Mond und
Sternen. Siehe
z[.] E.
Jesaiä 13, 9. 10. 34, 3. 4.
Ezechiel 32, 7–12. Der Sinn dieser bildlichen Redensarten ist also „der ganze Staat der Juden wird zu Grunde gehen.“)
Sodenn werden die Juden (wie wohl ganz anders als sie hoften. Sie hoften nämlich, der Messias werde mit vielem Pomp vom Himmel herabkommen, sich an die Spize ihrer Nation stellen, sie von der Herrschaft der Römer befreien und zu Gebiethern der Welt machen.)
die majestätische Zukunft des Menschen Sohnes vom Himmel sehen; und alle|b313| |c327| Stämme des jüdischen Landes werden wehklagen; wenn sie des Menschen Sohn in den Wolken des Himmels mit grosser Macht und Majestät werden kommen sehen. (die Zerstörung des Staats der Juden, wegen des verworfenen und gekreuzigten Messias, wird unter dem Bilde vorgestellt, als wenn der Messias, vom Himmel
herabkömt und Gericht über die Nation hält.)
E r aber (der Messias)
wird seine Bothen (Dies ist die eigentliche Bedeutung des griechischen Worts. Die
Engel werden auch mit diesem Nahmen belegt,
Bothen, oder
Engel genant, weil
Gott sie ofte als Abgesandte an die Menschen brauchte)
mit helltönender Posaune aussenden, daß sie ihm aus allen vier Himmels|a336| Gegenden, und den äussersten Enden der Erde, Anhänger zusammensamlen. (
vergl.
vers 14. Dies ist unstreitig von der Predigt des Evangelii durch die
Apostel, das heißt, die
Bothen Jesu , zu verstehen. Wirklich pflanzten sie, in allen damahls bekandten
drey Welttheilen, ansehnliche
Christen Gemeinden.)
{vers 32. 33.} D e r Feigenbaum sey euch das Gleichniß. Wenn seine Zweige geschmeidig werden, und die Blätter hervorgrünen; da seyd ihr versichert daß der Sommer nahe ist. Eben also, wenn alle jene Begebenheiten
(vers 4
f[.]
)
sich ereignen, da seyd versichert, daß nun der Untergang des Staats, schon da ist.
|b314| {vers 34. 35} I c h gebe euch mein Wort; das jezt lebende Menschengeschlecht wird nicht sterben|c328| bevor das alles geschehen. Eher können Himmel und Erde zerfallen, als daß meine Reden (nämlich von dem Schicksahl Jerusalem und der Nation) vereitelt würden!
{vers 36–41} W a s aber Tag und Stunde betrift, wennehr das alles geschehen wird, dies weis niemand; auch nicht die Engel im Himmel: nur allein der Vater. Sondern wie die Zeit Noah war, so wird auch seyn die Zukunft des Menschen-Sohns. (der Untergang wird den Juden so unerwartet kommen, als die Ueberschwemmung, den Zeit Genossen Noah . Bis in den lezten Augenblick schmeichelten sich diese Unglückliche mit allerlei Träumen von Sieg.) Wie nämlich die Menschen damahls vor der Ueberschwemmung, bis an den Tag da Noah in das Schiffgieng, schwelgeten|a337| und trunken, heiratheten und ausstatteten, und nichts beachteten, bis daß die Ueberschwemmung kam und sie alle tödtete: so wird es auch bei der Zukunft des Menschen Sohnes gehen. Von Zweien die sich alsdenn auf dem Felde befinden, wird der Eine gefangen genommen werden und der Andre entfliehen. Von Zweien die mahlen, wird die Eine gefangen genommen werden und die Andre entfliehen. (Ganz Unerwartet, c√unversehen wird jenes Unglück einbrechen)
c√
{vers 42–Ende} W a c h e t demnach, denn ihr wisset nicht zu welcher Stunde euer Herr komt. Be|b315||c329|denket, wenn der Hausherr wüste in welcher Nachtwache der Dieb komt, sicherlich würde er wachen, und sein Haus nicht erbrechen lassen. So seyd denn auch ihr stets bereit; denn des Menschen Sohn komt wenn ihr es nicht erwartet. – Oder stellet euch einen treuen und klugen Knecht vor, den sein Herr über sein Hausgesinde bestellet ihnen die Nahrung zur rechten Zeit zu geben. Glüklich ist derselbe Knecht, wenn ihn der Herr also befindet! Sicherlich wird er ihn über sein ganzes Vermögen sezen. Wenn hingegen der böse Knecht in seinem Herzen spricht, Mein Herr wird noch lange nicht kommen; und nun seine Mitknechte schläget, und mit den Schwelgern schwelget: so wird der Herr dieses Knechtes kommen, an einem Tage wo er es nicht erwartet, und zu einer Stunde wo er es nicht denkt; und wird ihn wegthun, und mit ihm verfahren, wie es Knech|a338|ten gebüret die mehr Gut Scheinen, als Seyn wollen. Wehklagen und Zäneknirschen wird sein Ende seyn.
c√
N i e m a n d der diesen Vortrag mit einiger Aufmerksamkeit lieset, kan zweifeln daß hier, nicht von dem Ende der Welt, sondern
von dem Ende des jüdischen Staats die Rede sey.
Jesus spricht ausdrücklich von
Judäa, Jerusalem, der Zerstörung
des Tempels, den
falschen Messiassen,
u. s. f.
vers 2. 4. 5. 15. 16. Siehe auch
vers 9. 14.
31. 32–34.
|b316| |c330| S e h r merkwürdig ist es, daß ein damahliger Jude, einer ihrer vornehmsten, ein Priester, ein grosser Gelehrter und Mann von Geschmack, Josephus , die Geschichte dieses Unterganges des jüdischen Staats so genau und pünktlich beschrieben, und sein Werk sich für die Nachwelt erhalten c√. Wenn man dieses mit der Weissagung Jesu vergleicht, so kan man nicht umhin, über die so genaue, so pünktliche Erfüllung auch des kleinsten Umstandes zu erstaunen. Dieser Jude, ein Feind des Christenthums, oder doch wenigstens gleichgültig dagegen, hat also ohne sein Wissen, gleichsam eine Auslegung dieser Rede Jesu , einen Beweis für das Göttliche Ansehen Jesu geschrieben. – Wo wollen wir die Spuhren der unsichtbahren Hand die Alles lenkt, sehen, wenn wir sie hier verkennen wolten!
V o r dem Ende – dies sind die Haupt-Umstände der Weissagung
Jesu – 1)
vor dem Ende des jüdischen Staats, werde die christliche Religion schon im ganzen römischen Reiche geprediget seyn. vers 14. Noch stand
Jerusalem und der Tempel, als schon zu
Rom,
|a339| Corinth, Alexandrien, Antiochien, kurz in allen damahls bekandten dreien Welttheilen, ansehnliche
Christen Gemeinden waren. 2)
K u r z vor diesem traurigen Ende, werden falsche Messiasse aufstehen, und die verblendete Nation in dieses Unglück stürzen. vers 4. 5. 23–27. Bis auf die Zeit da
Jesus dieses sprach war es
unerhört, daß sich jemand für den
Messias angegeben.
Jesus war der
Erste. Und auf diesen wahren, aber von der Nation verworfenen
Mes|b317||c331|sias, folgte eine Fluth von Betrügern die sich diese Würde anmaaßten, und von der Nation begierig angenommen wurden, und diese Elenden mit Staat und Tempel in den Abgrund versenkten. Leser! Wie viel Stoff, wichtigster Stoff dein Nachdenken zu beschäfftigen! – 3)
D i e s e r Untergang werde auf die allertraurigste Art erfolgen, mit einem Jammer desgleichen die Welt noch nie gesehen. vers 21. „Keine
Stadt[“,] dies sind die eigenen Worte des vorhin
genanten Geschichtschreibers der
Nation, „hat je ein solches Unglück betroffen. Und seit dem Anbegin der Welt ist auch kein einziges
Menschen Alter so fruchtbahr an Bosheit gewesen.“ – 4)
V o m Tempel werde kein Stein auf dem andern bleiben vers 1.
Titus der römische Feldherr wolte den Tempel schonen. Aber alles umsonst! Die Wuth der Belagerten machte es ihm unmöglich. Hierauf gab er Befehl, die ganze Stadt und Tempel, alles dem Erdboden gleich zu machen. 5)
D i e s alles werde noch bei Lebzeiten des damahligen Menschen Geschlechts geschehen. vers 34. Vierzig Jahre nachher war Stadt und
|a340| Tempel nicht mehr. 6)
U n a u s b l e i b l i c h gewiß, und unverzüglich, werde dieser traurigste Untergang alsdenn erfolgen, wenn sie Jerusalem von einem Heere förmlich belagert sehen würden. vers 15–18.
Titus war der erste, der die Stadt förmlich belagerte. Und nun war keine Rettung mehr. Die Belagerung endigte sich mit jenem allermitleidenswürdigsten Untergange des Staats, des Gottesdienstes, und einer ungeheuren Menge von
Juden. –
|b318| |c332| – Ja! Sicherlich, sicherlich ist
Jesus derjenige, für den er sich angab, – Ein Gesandter
der Gottheit! Der Beglücker der Welt! Der eingebohrne Sohn
Gottes!
T i e f s t e Ehrfurcht und Gehorsam gegen Jesum und seine Religion muß uns also diese Betrachtung einflössen. Aber auch
zärtliches Mitleiden gegen diese unsre unglückliche Brüder. Wenn
wir hier, alle Gewitter des Jammers über ihren Häuptern zusammen treffen und auf sie losbrechen sehen; wenn wir sie seitdem, so viele Jahrhunderte hindurch in aller Welt, als Verlohrne herumirren, unter dem schimpflichsten und schmerzlichsten Joch kläglich seufzen; ganze Schaaren zu Tausenden von den Händen solcher Scheusale des Erdbodens die sich
Christen nanten, ermorden; ihre hülflose Waisen in den Armen der abgehärmten Mütter –
{Lucä 19, 41.} Ach welches christliche Herz zerfliesset hier nicht wie sein Heiland, in Thränen!
J a wisset es ihr Barbaren, die ihr noch immer die Henker dieser Unglücklichen seyd! Die ihr so handelt als wäre ein Jude und das verächtlichste Insect einerlei! Wisset es, ihr schändet das Chri|a341|stenthum, den Jesum , wonach ihr euch nennet! Ihr seyd nicht Christen, Schüler des Jesu der über das Unglück dieser Nation weinete, und für sie seine Mörder betete! {Römer 11, 22} Sehet hier, die Güte und den Ernst Gottes, den Ernst an diesen Mitleidenswürdigen. Die Güte an euch – woferne ihr dieser Güte folget. Sonst – c√ werdet auch ihr ausgerottet werden.
|b319| |c333| S o l c h e Empfindungen erreget natürlich diese Rede
Jesu ! Auch zu den wichtigsten
Betrachtungen giebt sie Anlaß. –
Religion, das Christenthum, ist das sicherste Fundament der Wohlfarth der Staaten. Die Juden verwarfen sie;
{vers 12} und mit ihr alle die göttlich-kräftigen und göttlich-weisen Lehren und Lebens-Regeln. Nun brach der Strohm des Lasters allenthalben durch, und ersäufte endlich den ganzen Staat. –
D a s Verderben der Sitten, einer Nation ist der untrügliche Vorbothe ihres Unterganges. vers 12.
{vers 12} Steigen Unzucht, Neid, Ungerechtigkeit, Proceßsucht
u. s. f.
bis zu einem gewissen Grad: der Untergang ist da! –
U e b e r h a u p t aber, der Glanz eines Staats wie jede menschliche Einrichtung, ist der Anfang seiner Abnahme. Wenn der Baum in der prächtigsten Blüthe steht, so fängt er nun an, zu verblühen.
Menschen! Auch ihr
königliche Menschen! Lasset uns nie vergessen, wir sind Menschen. Wenn unser Ansehen, unser Ruhm, unser Reichthum, unsre Familie
blühet, da sey es uns recht gegenwärtig daß
c√ das
Verblühen nahe ist. –
{Jacobi 1, 10. 11} W i e die Blüthe des Grases vergehet der Reiche. Die Blüthe fällt ab, die schöne Ge|a342|stalt verschwindet. So wird auch der Reiche mit aller seiner Pracht verwelken. – {Jacobi 4, 14} W a s ist unser Leben? Ein Dampf ist es der auf eine kurze Zeit gesehen wird und alsbald verschwindet. – 1 Petri 1,
24 A l l e Menschen sind wie Graß, und alle Pracht der Menschen wie die Blüthe des Grases. Das Graß verwelket und seine Blüthe fällt ab.
|b320| |c334| U n d wenn wir nun, nicht allein
Könige und
Kaiser, sondern auch alle
Staaten und Reiche der Welt sterben sehen; wenn alle jene ungeheuren Monarchien welche die Welt zittern gemacht, sich uns nach einander darstellen, und gleichsam eine über die andre stürzen; wenn hingegen die Religion, bei allen diesen Abwechselungen menschlicher Dinge sich unverrückt durch ihre Kraft erhält: – – so lehre uns jener schreckliche Umsturz der Städte und Staaten, daß
Unbeständigkeit und
Wechselung, das Loos aller menschlichen Dinge ist; – so zeige uns diese unveränderliche Dauer der Religion, was wahre Größe sey? und worauf ein Weiser seine Hofnung bauen müsse?
{1 Petri 1, 24. 25} Alle Menschen sind wie Graß, und alle Pracht der Menschen wie die Blüthe des Grases. Das Graß verwelket, und seine Blüthe fällt ab. Aber – die Religion bleibet in Ewigkeit.
Abkürzungsauflösung von "folg.": folgend