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|a[375]||b353||c367| Evangelium am 3. Advents-Sontage
Matthäi 11, 2–19. vergl. Lucä 7, 18–35.
und am 4. Advents-Sontage
Johannis 1, 19–37.
{Johannis 1, 15–18} Schon hatte Johannes , der Täufer genant, weil er die Juden zur Religion des kommenden Messias (Welt-Heilandes) durch die Taufe mit Wasser aufnahm, gleich nach der Taufe Jesu ihn in dieser Würde vorgestellet. Bald darnach {vers 19. c} sandten die Juden von Jerusalem (der hohe Rath zu Jerusalem, das höchste Gericht der Nation) Priester und Leviten (Diener des Tempels) an ihn ab, mit der Frage, Wer bist du?
{vers 20} Da nun bekandte Johannes gerade heraus, ohne Rückhalt und Zweideutigkeit, Ich bin nicht Christus . (Sein Ansehen unter den Juden, war so groß daß man glaubte, er sey der Messias.)
{vers 21} Und sie fragten ihn, Was denn? Bist du Elias ? Er sprach, ich bins nicht. Bist du ein Prophet? (der Prophet) Er antwortete, Nein. Die Juden standen in dem Aberglauben, daß vor der Zukunft des Messias, die grossen Propheten des A. T. Jesaias , Jeremias , insbesondre Elias , von den Todten auferstehen, und unter den Juden predigen würden.
|a376| |b354| |c368| {vers 22. 23} Da sprachen sie zu ihm, Was bist du denn? daß wir denen die uns gesandt eine Antwort bringen. Was sagest du von dir selbst? Er antwortete, Ich bin die Stimme welche auf dem Felde ruft, Bereitet dem Herrn den Weg, wie Jesaias gesagt hat. (Jesaiä 40, 3 „Ich bin der von Jesaia geweissagte Herold des Messias.“)
{vers 24. 25} Die Abgesandten aber waren Pharisäer, und fragten ihn, Warum taufest du denn, wenn du weder der Messias bist, noch Elias , noch einer der Propheten? Die Pharisäer, die vornehmste Secte unter den Juden, waren zwar gewohnt, Heiden durch die Taufe zur jüdischen Religion aufzunehmen. Juden aber zu taufen, wie Johannes that vers 31 vergl. Matth. 3, 5–7, das sahen sie als einen Vorzug des Messias selbst, oder des Elias und der übrigen Propheten an, die seine Zukunft der Welt ankündigen solten.
{vers 26–28} Johannes antwortete, Ich taufe mit Wasser, denn Er ist schon unter euch, den ihr nicht kennet. Der nämlich der nach mir kommen soll, aber vor mir gewesen ist; dessen Schuriemen aufzulösen ich nicht werth bin. (dessen geringer Bedienter ich nur bin) – – Der Sinn dieser Antwort ist mit andern Worten „Ich taufe, weil ich der Herold des Messias bin.“ – Dies geschahe zu Bethabara, jenseit des Jordan, wo Johannes taufte.
{vers 29} Am folgenden Tage sahe Johannes Jesum zu sich kommen, und sprach, Siehe das ist Gottes Lamm, (das Gott zum Opfer ge|a377||b355||c369|weihete Lamm) welches der Welt Sünde trägt. (genauer übersezt, welches die Strafen für die Sünden der Welt leidet. Denn die Redensart, die Sünde tragen, heißt in der Bibel, für die Sünde gestraft werden. 3 Buch Mose 20, 17. 19. 20. u. a.) – Uebrigens ist dieser Ausdruck aus der heiligen Sprache der Juden entlehnt. Gott hatte durch Mosen unter andern befohlen, Schaafe, Rinder, und Ziegen zum Brand- und Sünde-Opfer zu schlachten. Diese blutigen Opfer, solten die Juden an die Strafbahrkeit ihrer Sünden und die Vorsehung Gottes lebhaft erinnern welche sie bemerkt und straft: {Hebräer 9 und 10} vornehmlich aber ihnen, das grosse Opfer für die Sünden der Welt gleichsam vor die Augen stellenDieser ist das Gott geweihete Lamm, das heißt also, „Er ist zum Versöner, zum Mitler der gefallenen Welt bestimt!“ Das gleich folgende beweiset diese Erklärung, Er wird die Strafen für die Sünden der Welt dulden.{vers 30. 31} Dieser ists, färt er fort, von dem ich sagte, Nach mir komt Einer, der vor mir gewesen ist. Ja! er ist mein Herr (Siehe vers 27) Ich selbst kante ihn nicht. Jezt aber taufe ich, um ihn dem Volk Israel anzukündigen. {vers 32} Auch bezeugete Johannes , Ich sahe, sprach er, den Geist, gleich einer Taube vom Himmel kommen, und auf Ihm ruhen. Damahls kante ich ihn nicht. Aber der mich zum Taufen mit Wasser gesandt, sprach zu mir, auf welchem du siehest den herabkommenden Geist ruhen, der ist es, welcher mit dem heiligen Geist taufen wird. (die Men|a378||b356||c370|schen mit den Wunder-Kräften des heil. Geistes ausrüsten wird) Dies habe ich gesehen. Und darum bezeuge ich, daß Dieser der Sohn Gottes (der Messias) ist.
{vers 35–37} Den Morgen darauf stand Johannes bei zweien seiner Schüler, als Jesus abermahls vorbeigieng, da sprach er, – Siehe da dasGott geweihete Lamm! Die zwei Schüler von ihm höreten es, und wurden Nachfolger Jesu . Der eine war Andreas , S. vers 41, und der zweite vermuthlich, Johannes der Apostel, der dieses selbst erzälet.
{vers 19–21} Nicht zufrieden, Johannem als einen grossen Propheten und glänzendes Tugend-Muster zu verehren, machte man ihn zum Elias ; ja gar zum Messias. Denn die natürliche Neigung der Menschen zum Ausserordentlichen, lässet sie selten in den Gränzen der Wahrheit. Ist ein Mensch einmahl verhaßt, so wird jeder Fehler an ihm, so gar jede Tugend, Verbrechen: ist er einmahl geliebt, so wird auch das Alltägliche vergöttert. Der grosse Haufe der Menschen siehet fast nie mit blossen Augen, sondern immer durch das Vergrösserungs Glaß, welches die Fliege zum Elephanten macht, alle kleine Dinge vergrössert, und die Grossen nicht faßt.
Was würden wir in diesem Fall gethan haben? Uns dieses günstigen Umstandes bedienen, die fälschlich beigelegte Würde annehmen und mit einer Grösse glänzen die man uns gleichsam auf|a379||b357||c371|dringet: das wäre zu offenbahrer und schändlicher Betrug. Aber die übertriebene Meinung anderer von uns, geradezu weder billigen noch widerlegen, uns hinter eine Zweideutigkeit, eine halbe Antwort oder ein geheimnisvolles Stillschweigen verstecken? Dies würde freilich die dem menschlichen Herzen so gewönliche Eitelkeit gerathen haben. – Aber Wahrheit und Tugend will, daß wir auf keine Weise das zu seyn scheinen sollen, was wir nicht sind. Und so handelte Johannes . Er sagte gerade heraus, ohne Rückhalt, ohne Schminke, ich bins nicht. vers 20–22.
{vers 26. 27} Mit gleicher Aufrichtigkeit stellete er Jesum , ihnen als diese erhabene Person dar. „Ich bins nicht. Der aber ist es der unter euch lebt. Gegen ihn bin ich nur etwas sehr Geringes!“ So sprechen, da wo es Wahrheit fordert, unsern Nebenmenschen den gebürenden Ruhm geben, wenn gleich der unsrige dadurch sehr verdunkelt wird: das ist ächte, christliche Bescheidenheit, und Demuth. – Philipper 2, 3. 4. „Demuth mache euch geneigt, andre auch höher zu achten als euch selbst, und nicht bloß auf Euren Nuzen zu sehen sondern auch auf den Nuzen Andrer!“
Aber eben diese Aufrichtigkeit ließ ihn auch, seine eigene wahre Würde nicht verleugnen. {vers 23}Ich bin, sprach er, der, von dem Jesaias geweissaget. Der Herold des Messias!“ So fordert denn die christliche Demuth keinesweges, daß wir unsre eigenen wahren Vorzüge nicht sehen; c nicht mit Wohlgefallen fülen; nicht da bekandtmachen, wo wir dazu aufgefordert werden. {Römer 12, 3} Der |a380||b324[!]| |c372| Christ soll nicht mehr, aber auch nicht weniger von sich halten als es sich gebüret. {1 Corinther 15, 10 2 Corinther 1, 12} Er soll seine wahren Vorzüge mit Freude und Dank gegen Gott fülen. Er soll – Ehrfurcht gegen sich selbst haben. 1 Corinther 3, 22.
Johannes sprach selbst, von seiner Würde. Aber nur da, {vers 19. und 22.} als er dazu aufgefordert ward. Dies ist Ehrfurcht gegen sich selbst. Aber die Gelegenheit aufsuchen um von seinen, wenn gleich wahren Vorzügen zu reden; zur Zeit und zur Unzeit von sich selbst sprechen, das Ich immer im Munde füren: das ist unanständige, entehrende Eitelkeit. Schon die feinere Lebensart verbannet das Ich aus der Gesellschaft, obgleich nicht darum weil es die Eitelkeit des Redners verrät, sondern weil es die Eitelkeit der Zuhörer verlezet. Der Christ thut eben dasselbe: aber aus edlerem Grunde. Nicht, seine Vorzüge rümen, sondern, sie gemeinnüzig brauchen: das ist das Augenmerk seiner Ehre.
{vers 26. 27. 29. 30–34} Johannes kante, fülete und bekante seine Würde nicht bloß; er brauchte sie auch zum Wohl der Welt; um die Menschen zu Jesu , und seiner Religion, oder ihrem Glück zu füren. Dies ist das Haupt-Kenzeichen christlicher Demuth. Sie siehet alle ihre Vorzüge als unverdiente Geschenke Gottes an und braucht sie zum Wohl Seiner Menschen. Römer 12, 3–9. Philipper 2, 1–8.
In der That ist auch diese Rede Johannis , einer der allerkläresten Beweise des Verdienstlichen in dem Leben, Leiden und Sterben Jesu {vers 29 } Siehe das, Gott zum Opfer geweihete|a381| |b359| |c373| Lamm! Er trägt die Strafe für die Sünden der Welt. Also, sein Leben, Leiden und Sterben ist nicht bloß, Siegel seiner Lehre, und Muster der Tugend; sondern auch das Opfer für die Sünden der Menschen. Er ist gekommen, den Pardon, die Begnadigung bei Gott, nicht bloß zu publiciren, sondern auch zu verdienen. Er ist nicht bloß der Lehrer, sondern auch der Heiland der Welt. – Wahr ist es, wenn es Gott gefallen hätte, uns bei redlicher Besserung, unsre Sünden zu vergeben, ohne sie in einem Mitler zu strafen: so würde unsre Begnadigung eben so c sicher und unsre Ueberzeugung davon eben so gewis seyn. Es hat ihm aber nicht also gefallen. {vers 29} Denn Jesus litte die Strafen für die Sünde der Welt, denn {Römer 3, 24. 25.} Gott vergiebt uns durch den Glauben an Jesu Todt u. s. f. Nun schickt es sich doch besser für uns zu sagen, Gott hat es gesagt: darum ist es Weise: als zu sagen, Dies ist Weise: darum hat es Gott gethan, oder gesagt. – Und warum wolten wir eine andere Heils-Ordnung machen? Ist etwa diese Lehre von der vertretenden, verdienstlichen Genugthuung Jesu , der Gerechtigkeit Gottes zuwider? Aber Jesus übernahm sie ja, {Johannis 10, 18} ganz freiwillig. Oder streitet sie etwa mit der Güte Gottes? Aber Güte, die Sünden ungestraft läßt, ist Härte, ist Grausamkeit. Oder schwächet, und zernichtet diese Lehre den Fleiß in der Tugend-Uebung? Aber sie stellet uns ja, an der einen Seite das fürchterlichste Straf-Exempel, und an der andern, die Erstaunlichste Liebes-Probe dar, welche der |a382| |b360| |c374| Schöpfer, uns nur immer geben konte. Nichts kan kräftiger seyn, uns von der Sünde abzuschrecken; unsern Gehorsam gegen Gottes Geseze allgemeiner und williger zu machen; und der Menschenliebe eine grössere Stärke und Dauer zu geben.
So lehrete Johannes ! Und das Ende seiner Laufbahn krönete ein heldenmütiger Todt für Wahrheit und Tugend. Herodes der Fürst von Galiläa ließ ihn ins Gefängniß sezen, und opferte ihn bald hernach, der Rachsucht seiner ehebrecherischen Gemahlin auf. Matthäi 14, 1–13.
{Matthäi 11, 2. 3} Hier in diesem Gefängniß hörete er die Wunder-Thaten Jesu , insbesondre {Lucä 7, 18 vergl[.] vers 11–17} die Auferwekkung des Jünglinges zu Nain. Dies veranlaste ihn, zwei seiner Schüler an Jesum zu senden, um ihn zu befragen, Bist du der da kommen soll? (die Erwartung der Welt. Der Welt-Heiland) Oder sollen wir einen andern erwarten? Es ist klar die Absicht dieser Gesandschaft konte nicht, die Belehrung Johannis seyn. Er der, wie wir eben vernommen, so ofte, so nachdrüklich, so feierlich, Jesum für den Messias erkläret, konte hierüber nicht mehr in Zweifel seyn. Aber seine Schüler hatten sich durch die Pharisäer, gegen Jesum einnehmen lassen. (Matthäi 9, 14) Darum sandte er sie zu Jesum , um durch ihn selbst, desto stärker überzeugt zu werden.
{vers 4–6} Jesus antwortete: Saget Johanni , was ihr gehöret; (kurz vorher hatte Jesus zu |a383| |b361| |c375| Nain, den Jüngling vom Tode auferwecket.) und sehet. (Er that vor ihren Augen viele Wunder. Siehe bei Luca vers 21) Blinde sehen. Und Lahme gehen. Aussäzige werden geheilet. Und Taube hören. Todte stehen auf. Und Niedrigen wird der gekommene Weltheiland verkündiget. (Niedrigen; anzudeuten, daß der Messias kein irrdischer König sey.) Glücklich aber ist, wem ich nicht zur Falle werde! Das Bild ist hergenommen vom Eckstein, womit Jesus ofte verglichen wird. Lucä 2, 34. Dem Einen wird er ein Anstoß zum Fallen, dem Andern aber ein Fundament des Gebäudes. Uebelgesinte verwerfen seine Religion, und damit ihr Glück; Redliche aber nehmen sie an.
{vers 7–11.} Als sie weggegangen waren, redete Jesus zu dem Volk, von Johanne folgendermassen. (Er hielte diese Lobrede auf ihn, nicht in Gegenwart der Jünger Johannis , um auch den Schein der Schmeichelei zu meiden) Was seyd ihr hinausgegangen aufs Feld, zu sehen? (Johannes lehrete auf freiem Felde, in einer unbewohnten Gegend. Matthäi 3, 1–12) Etwa ein Rohr das vom Winde geschüttelt wird? „Glaubt ihr etwa, daß der Johannes , zu dem ihr so zahlreich hinausgienget, und von dem ihr jene rümliche Zeugnisse für mich höretet, sich geändert, gleich einem vom Winde geschüttelten Rohr, bald hin bald her in seinen Meinungen wancke?“{Siehe bei Luca vers 25} Oder seyd ihr hinausgegangen, einen Menschen in seidenen, prächtigen Kleidern zu sehen? Die mit seidenen Kleidern sind in den Pallästen der Könige. „Glaubt ihr, er sey |a384| |b362| |c376| ein Höfling, der sich nach der Hof Luft drehet? seine Reden und Thaten nach den Lüsten andrer stimmet?“ – Oder seyd ihr hinausgegangen einen Propheten zu sehen? Ich versichere euch, er ist mehr als ein Prophet. Denn Er ist es von dem geschrieben stehet, (Malachiä 3, 1) Ich sende meinen Bothen vor dir her, dir den Weg zu bereiten. „Er ist mehr, als irgend ein Prophet vor ihm. Der Herold des kommenden Messias!“ – Seyd versichert, unter den Menschen Kindern ist niemand aufgestanden, der Grösser sey als Johannes der Täufer. Aber der unterste in dem Himmelreich (der niedrigste unter den Anhängern meiner Religion) ist grösser als Er. (weiß mehr als Er, und alle vor Ihm wusten) – – Denn in der That, Kinder unter den Christen wissen mehr von Gott, Seiner Vorsehung, dem Leben nach dem Tode, und den wichtigsten Wahrheiten, als irgend ein Weltweiser des Alterthums, irgend ein Prophet des A. T., als selbst Johannes der Täufer wuste.
{vers 12–15} Seit Johannis des Täufers Ankunft aber dringet das Himmelreich mit Macht herein.Seit Johanne ist nun auch der Welt Heiland da!“ Und die Gewaltigen ziehen es an sich.Die es sich einen rechten Ernst darum seyn lassen, werden auch Seines Segens wirklich theilhaftig.“ Bis auf Johannem haben alle Propheten und Lehrer des A. T. geweissagt.Bis dahin haben sie den Messias, nur als künftig Geweissagt. Johannes aber zeiget ihn euch gegenwärtig.“ Denn, wenn ihr es recht |a385| |b363| |c377| überlegen wollt, Er ist der Elias der kommen soll. Wer Ohren hat zu hören, der höre!Er ist der andre Elias an Muth und Kraft, welcher nach Malachiä 4, 5. 6 unmittelbahr vor dem Messias auftreten soll.“
{vers 16–19.} Wem aber soll ich diese Art Menschen vergleichen? Wie wenn die Kinder, die am Markte sizen ihren Gespielen zurufen, (was diese dort ihren Gesellen zurufen, das gilt auch von diesen Menschen) Wir haben euch gespielet und ihr woltet nicht tanzen. Wir stimmten euch Trauer Klagen an, aber ihr woltet nicht weinen.Diese meine Zeitgenossen sind gleich den Eigensinnigen Kindern, welche lachen wollen wenn andre weinen; und wenn diese um ihnen zu gefallen lachen, alsbald wiederum weinen wollen.“ – Johannes (dies ist die Anwendung jenes Gleichnisses) fürete ein strenges Leben: (Siehe Matthäi 3, 4. 9, 14) da sprachen sie, Er ist ein Unsinniger. (ein Schwärmer Johannis 7, 20) Ich, des Menschen Sohn füre ein geselliges Leben. (denn Jesus gieng ofte zu Gaste, und nahm an allen Freuden des geselligen Lebens Theil) Nun sprechen sie, der Mensch ist ein Schwelger und Säufer: ein Freund der Zöllner und Bösewichter.
{vers 19} Jedoch! die Weisheit wird von ihren Kindern gerechtfertiget!Verständige lassen uns beiden, Gerechtigkeit wiederfahren, und nehmen unsre Lehren an.“
Ein neues Exempel für die uralte Wahrheit, daß der Verstand gemeiniglich der Thor des Herzens ist, oder, daß unordentliche, sündliche |a386| |b364| |c378| Leidenschaften nicht allein das Herz, sondern auch den Verstand verschlimmern; nicht allein in Sünden, sondern auch in Irrtümer stürzen. {vers 17–19} Die Zeitgenossen Jesu waren voll von Begierden grosses Glanzes und prächtiger Siege durch den Messias. Nun konten sie weder Johannis noch Jesu Vorzüge sehen. Johannes war ihnen ein Unsinniger, und Jesus ein Schwelger. – Und in diesem Fall befinden wir uns alle. Das Herz, die jedesmahl bei uns herrschenden Begierden und Leidenschaften, regieren in neun Fällen unter zehn, unsern Verstand. Machet einen Menschen, euch durch angenehme Sitten, oder durch jede andre noch so kleine Sache geneigt: und er wird euch glauben so schlecht auch eure Gründe, und so unrichtig eure Sache seyn mag. Machet ihn euch bis zu einem gewissen Grad abgeneigt; und eure stärksten einleuchtendsten Gründe werden über ihn nichts vermögen. Der Geiz, der Neid, die Eitelkeit, jede unordentliche Leidenschaft erreget in der Seele einen Nebel, welcher uns alle Sachen ganz anders zeiget als sie sind; einen Tumult, bei dem wir die Stimme der Wahrheit nie recht hören können.
Von dieser Sclaverei können wir uns nicht anders, als durch gehörige Aufklärung des Verstandes befreien. Johannis 8, 31–36. Wahre Tugend muß auf festgestellte, eingewurzelte gute Grundsäze gebauet werden. {vers 7–11} Johannes wäre nie der würdige Mann gewesen, wenn er in seinen Meinungen, gleich einem Rohr, hin und her gewanket. – Festgestellt, Eingewurzelt müssen aber die guten Grundsäze seyn; |a387| |b365| |c379| das heißt, wir müssen die richtigen Vorstellungen von den Lehren, Gesezen, Bewegungsgründen, Verheissungen der Religion, ofte, ruhig, und ernstlich betrachten; sie gleichsam auf alle Seiten drehen, mit ihnen täglich umgehen; sie uns so geläufig und vertraut machen daß sie uns bei jedem Anlaß einfallen; sie wenn ich so sagen soll in Blut und Saft verwandeln. Ist der Stamm nicht gesund und stark, worauf ihr einen Baum pfropfet: so gedeihet der Baum nicht. Gleicherweise kan auch die Tugend nicht gedeihen, woferne sie nicht auf den gesunden starken Stamm, festgestellter richtiger Grundsäze gepfropfet worden. Wie aber können wir diese erlangen, woferne wir nicht täglich mit Gott, der Bibel, und uns selbst, in der geheimen Andacht umgehen? Versäumet ihr diese tägliche Haus-Andacht: so könnet ihr zu keinen festgestellten Grundsäzen kommen. Ihr werdet folglich nie nach Grundsäzen, sondern nach Einfällen und Träumen handeln. Folglich nie Menschen von entschiedenem Character, von wahrer Tugend seyn.
{vers 7} Bei jedem Gange in die Welt, trift man ein Rohr an, das vom Winde hin und her geschüttelt wird. Nichts ist seltener als Menschen, die festgestellte Grundsäze haben. Darum ist auch nichts gewöhnlicher als Menschen, die ganz und gar keinen Character haben. Allenthalben findet man Menschen, die Nachmittag nicht mehr dieselben sind, die sie des Morgens waren. Ihre Gesinnung und Betragen hängt von tausend Einfällen, Empfindungen, Träumen ab: wie bei jenen Kin|a388|dern welche weinen wolten wenn andre lachen, und |b366| |c380| wiederum lachen wenn diese weinen. Was sie zu Abend gegessen, wie sie geschlafen, ob der Himmel klar oder umwölkt ist, und jeder andre kleine Vorfall von innen oder aussen, ist im Stande sie aus den Gefälligsten Menschen in die Verdrüslichsten, aus den Freigebigsten in die Kärgesten, aus den Gütigsten in die Härtesten zu verwandeln.
Johannes war der Gröste unter allen Lehrern die Gott bis dahin an die Welt gesendet. Seine Kentnisse der Religion waren so ausgebreitet als sie bis dahin nie gewesen. {vers 11} Aber der kleinste im Himmelreich ist grösser als Er. Der geringste, schwächste Christ weiß mehr von den allerwichtigsten Wahrheiten, den Wahrheiten der Religion, als er. Der Unterricht des N. T. von den Eigenschaften, insbesondre der Liebe Gottes, von seiner allergenauesten Vorsehung, von der Natur und Absichten unsrer Leiden, von dem Leben nach dem Tode u. s. f. – O wie weit könten wir es in der Tugend und Glück bringen, wenn wir diese Wahrheiten der Seele so recht einverleibten!
Wir sehen hier in Johanne einen der besten, und in Jesu den allererhabensten, edelsten Character, den je Welt und Nachwelt sehen kan. Dennoch hielten ihre Zeitgenossen, {vers 17–19} jenen für einen Schwärmer, und diesen für einen Schwelger. Dies lehre uns Vorsicht und Liebe in Beurtheilung des sittlichen Characters, des Gnaden-Standes unsrer Nebenmenschen. – Vorsicht, nie bloß nach dem äussern, nach |a389| dieser und jener Handlung, nach dem was wir sind, oder empfinden, andre zu beurtheilen. Und Lie|b367||c381|be, jeden unsrer Nebenmenschen so lange für Fromm zu halten, bis uns wichtige Gründe zwingen das Gegentheil zu glauben. – 1) Auch der Ruchloseste kan sich jeden Augenblick bessern und Gottes Freund werden. 2) Was bei dem Einen Menschen Todt-Sünde ist, das kan bei dem Andern, nur Unwissenheits- oder Schwachheits-Sünde; ja vielleicht gar keine Sünde seyn. 3) Ein Christ muß jeden Menschen so lange für Fromm halten, bis sichere Gründe ihn zwingen das Gegentheil zu glauben. – Das sind die Grundsäze welche uns Christen, bei dem Urtheil über den Gnaden Stand andrer leiten sollen. Lucä 15. Lucä 12, 48 1 Corinther 10, 7.
Reichthum, Ansehen, und Ueberfluß an irrdischen Gütern ist kein sicheres Kenzeichen des Beifalls Gottes. Hingegen Armuth und Leiden aller Art, eben so wenig ein sicheres Zeichen seines Misfallens. Denn, – hier sehen wir Johannem im Gefängniß. vers 2 vergl. vers 7–11.
Ferne sey es von uns, irgendjemanden, wegen eines aufgeräumten Wesens, wegen einer unsrer Meinung nach ausschweifenden Lustigkeit zu verdammen. – Unser Nebenmensch besucht viele Gesellschaften, liebt grosse Versamlungen; jede Art von Ergözung genießt er, er scherzt bei jeder Gelegenheit, nie aber mit Worten der Bibel, nie unehrerbietig gegen die Religion |a390| oder beleidigend gegen andre. Was sollen wir Christen da nun thun? Uns hinsezen und mürrisch über seine Lustigkeit schelten? Und alles nach unserm kalten finstern Temperament formen wol|b368||c382|len? Oder gar, ihn für einen Ungebesserten Menschen erklären? – Das hiesse, nicht christlich, sondern auf gut jüdisch handeln. Die Juden urtheileten so von unserm Heilande. Sie nannten ihn einen Schwelger, einen Wollüstling, weil er ein geselliges Leben fürete! Vers 19.
Wie schlecht kennen wir doch, indem wir so handeln das Christenthum? Ein Christ ist eigentlich nichts anders als ein stets froher Mensch; das Christenthum nichts anders als die Kunst stets froh zu seyn. Sey ein Christ: dankbahre Liebe gegen Gott, entsprungen aus dem Glauben an Jesu Verdienst , und geleitet durch die Lehren der Bibel, regiere alle deine Gesinnungen, Reden und Thaten. Und du wirst alsbald, Frieden im Gewissen fülen. Das Gefül eines gnädigen Gottes der für alle deine Schicksahle wachet und die Hofnung eines ewigen Glücks im Himmel das dich erwartet, wird jeden Schritt deines Lebens erheitern. Und nun sind die irrdischen Freuden, die Beweise der Vaterliebe Gottes und ein Unterpfand ein geringer Vorschmack jener unaussprechlichen Freude im Himmel. – So lehret uns das Christenthum, selbst die Freuden der Gesellschaft, der Mahlzeit, und jede andre Ergözung zwiefach schmecken. Lehret uns, Allenthalben und Allezeit froh seyn. 1 Timotheum 4, 1–5 Kapitel 6, 17. Philipper 4, 4–6. 1 Thessalonicher 5, 16.
bc: Advents-Sontage.
bc: Advents-Sontage.
bc: Joh.
bc: 15–18.
c: (der
c: Messias, Welt-Heilandes,
c: aufnahm,)
c: v.
b: 19
c: vergl. Apost. Gesch. 13,
c: v. 20.
c: v. 21.
b: Elias ,
bc: insbesondere
bc: 23.
c: Da
c: [(]Jesaiä
bc: 3.
bc: 25.
c: Sekte
c: that,
bc: 26–28.
c: („das Gott
c: Lamm“)
b: Rinder
c: Gottes
c: straft;
bc: u. 10.
c: vielleicht auch, ihnen
bc: stellen.
bc: Er
bc: 30 31.
c: kommt
bc: ruhen,
b: bezeige
bc: 35–37.
b: da
c: da das
bc: 19–21.
b: glänzenden
b: ihm
bc: Vergrösserungs-Glaß
bc: geheimnißvolles
bc: 27.
b: Andrer![“]
c: sie
c: bekandt machen
bc: 3.
c: Korinther
bc: 10.
c: Korinther
bc: 12.
c: Gott
c: ø
c: Korinther
c: Würde; doch
bc: 19
bc: 22
c: daß
c: dies
bc: 26
bc: 30–34.
c: fülete,
c: Gottes
c: Leiden,
c: Gott
c: Gott
b: bey
c: wohl
c: ebenfalls
bc: Joh.
bc: 18.
c: Gottes
c: 11
bc: 3.
c: 18.
c: vergl.
bc: 11–17.
c: nachdrücklich
bc: 14.
c: Jesu
bc: 4–6.
c: Luka
bc: wanke?[“]
c: Luka
bc: 25.
bc: Hof-Luft
c: Menschen-Kindern
bc: ihm
b: seiner
c: Gott, Seiner
bc: 12–15.
c: Welt-Heiland
bc: Er
c: andere
c: 6.
c: Trauer-Klagen
c: 14.
c: der
c: v. 19.
bc: in
bc: 17–19.
bc: sind,
c: Sklaverei
bc: befreien
bc: 7–11.
c: Gott
c: Einfällen, Trieben,
b: verschiedenem
c: Charakter und
c: 7.
c: Charakter
c: Kenntnisse
bc: insbesondere
c: Gottes
c: Seiner
c: Charakter
bc: 17–19.
bc: Liebe
c: Charakters
b: Einem
c: Gnaden-Stand
c: 48.
c: Korinther
bc: irgend jemanden
b: kaltem
bc: so
c: dir
c: Gottes
bc: allezeit
c: 1–5.
z: ø