|a213| Dritter Abschnitt.
Geschichte und schöne Wissenschaften.

219.

Philosophie , so wie alle menschliche Kenntnisse, gründet sich auf Wahrnehmung dessen, was wirklich ist, und, bey den steten Abwechslungen der Dinge, auf die Beobachtung der verschiednen Ereignisse. Wenn diese Kenntniß uns nutzbar und das Allgemeine abgezogen werden soll, um uns weiser und dadurch glücklicher zu machen: so müssen wir einzle Ereignisse mit andern vergleichen, die zugleich oder vor- oder nachher erfolgten, kurz, sie im Zusammenhang übersehen, um zu entdecken: was war die Ursach und was die Folge eines Ereignisses? und, wenn es Verändrungen waren, die von vernünftigen Wesen bewirkt wurden, was war die Absicht? Jedes Geschehene, wenn es mit den begleitenden und auf einander folgenden Ereignissen erkannt wird, ist eine Geschichte; und eben diesen Namen legt man einer Wissenschaft bey, die uns von den Veränderungen in der Welt im Zusammenhange benachrichtigt.Philosophie , so wie alle menschliche Kenntnisse, gründet sich auf Wahrnehmung dessen, was wirklich ist, und, bey den steten Abwechslungen der Dinge, auf die Beobachtung der verschiednen Ereignisse. Wenn diese Kenntniß uns nutzbar und das Allgemeine abgezogen werden soll, um uns weiser und dadurch glücklicher zu machen: so müssen wir einzle Ereignisse mit andern vergleichen, die zugleich oder vor- oder nachher erfolgten, kurz, sie im Zusammenhang übersehen, um zu entdecken: was war die Ursach und was die Folge eines Ereignisses? und, wenn es Verändrungen waren, die von vernünftigen Wesen bewirkt wurden, was war die Absicht? Jedes Geschehene, wenn es mit den begleitenden und auf einander folgenden Ereignissen erkannt wird, ist eine Geschichte; und eben diesen Namen legt man einer Wissenschaft bey, die uns von den Veränderungen in der Welt im Zusammenhange benachrichtigt.

220.

Aber nicht alles, was geschiehet, ist wissenswürdig, und der ungeheure Umfang der Verän|a214|derungen in der Welt macht ohnehin eine Auswahl des Merkwürdigern nothwendig, welches entweder nach dem bestimmt werden muß, was grössere und weitgreifendere Veränderungen hervorgebracht hat, oder nach dem, was denjenigen, der sich mit Aufsuchung dieser Ereignisse beschäftigt, nach seinen besondern Absichten, wozu er diese Kenntniß brauchen will, am meisten intereßirt. Daher hat man angefangen, die verschiednen Arten der Ereignisse in der Welt von einander abzusondern, und daher entstehen so viele verschiedne Theile der Geschichte. Schränkt sich diese auf Thaten und Veränderungen der Menschen ein, die in das Glück und Unglück der menschlichen Gesellschaft einen Einfluß haben, so heißt sie im eigentlichen Verstande Geschichte oder Historie.Aber nicht alles, was geschiehet, ist wissenswürdig, und der ungeheure Umfang der Verän|a214|derungen in der Welt macht ohnehin eine Auswahl des Merkwürdigern nothwendig, welches entweder nach dem bestimmt werden muß, was grössere und weitgreifendere Veränderungen hervorgebracht hat, oder nach dem, was denjenigen, der sich mit Aufsuchung dieser Ereignisse beschäftigt, nach seinen besondern Absichten, wozu er diese Kenntniß brauchen will, am meisten intereßirt. Daher hat man angefangen, die verschiednen Arten der Ereignisse in der Welt von einander abzusondern, und daher entstehen so viele verschiedne Theile der Geschichte. Schränkt sich diese auf Thaten und Veränderungen der Menschen ein, die in das Glück und Unglück der menschlichen Gesellschaft einen Einfluß haben, so heißt sie im eigentlichen Verstande Geschichte oder Historie.
Hiedurch unterscheidet sie sich von der Naturgeschichte überhaupt, und von der Naturgeschichte des Menschen insbesondere.

221.

Jedermann, wer die Geschichte kennt, muß zugestehen, daß sie eine sehr unterhaltende und höchst nützliche Wissenschaft seyn könne, und sie wird es in dem Grade wirklich seyn, in welchem sie, nebst der deutlichen und treuesten Darstellung der Begebenheiten, dem vorhin angegebnem Zweck entspricht, das heißt, zusammenhängend und auf die Vorstellung des Einflusses derselben auf die menschliche Wohlfahrt und deren Gegentheil ge|a215|richtet ist. Sie vertritt 1) die Stelle der eignen Erfahrung, und erweitert die Kenntniß der Welt und der Menschen ungemein. So fern giebt sie die brauchbarsten Materialien, welche die Philosophie verarbeiten kann; sie macht aufmerksam auf Umstände, die dem spekulativen Kopf, der immer nach dem Allgemeinen hinsieht, gar zu leicht entwischen, und somit die Vollständigkeit der Induction, wie die Sicherheit der Analogie, verhindern; sie beugt dadurch der Unfruchtbarkeit allgemeiner Untersuchung über die Welt und den Menschen, nebst den zu einseitigen Vorstellungen vor; sie ist eine herrliche Uebung im Untersuchen und Vergleichen; ein reiches Magazin für Philosophie der Welt und des Lebens.Jedermann, wer die Geschichte kennt, muß zugestehen, daß sie eine sehr unterhaltende und höchst nützliche Wissenschaft seyn könne, und sie wird es in dem Grade wirklich seyn, in welchem sie, nebst der deutlichen und treuesten Darstellung der Begebenheiten, dem vorhin angegebnem Zweck entspricht, das heißt, zusammenhängend und auf die Vorstellung des Einflusses derselben auf die menschliche Wohlfahrt und deren Gegentheil ge|a215|richtet ist. Sie vertritt 1) die Stelle der eignen Erfahrung, und erweitert die Kenntniß der Welt und der Menschen ungemein. So fern giebt sie die brauchbarsten Materialien, welche die Philosophie verarbeiten kann; sie macht aufmerksam auf Umstände, die dem spekulativen Kopf, der immer nach dem Allgemeinen hinsieht, gar zu leicht entwischen, und somit die Vollständigkeit der Induction, wie die Sicherheit der Analogie, verhindern; sie beugt dadurch der Unfruchtbarkeit allgemeiner Untersuchung über die Welt und den Menschen, nebst den zu einseitigen Vorstellungen vor; sie ist eine herrliche Uebung im Untersuchen und Vergleichen; ein reiches Magazin für Philosophie der Welt und des Lebens.

222.

Doch nicht blosses Magazin – sondern 2) auch Schule – der Weisheit und Klugheit, die nur bey zufälligen oder veränderlichen Dingen statt finden, und immer auf Verbindung geschickter Mittel zu guten Absichten sehen. Die Geschichte lehrt uns, was gewisse Absichten, die sich Menschen vorsetzten, wenn sie sie auch erreichten, für gute und üble Folgen, also was für Einfluß sie auf wahre menschliche Glückseligkeit hatten; sie zeigt, wodurch gewisse Absichten bewirkt worden sind, und wie viel Grund zu diesem glücklichen Ausschlag oder zu dem Gegentheile, entweder in den Umständen oder in dem Benehmen der Menschen dabey, lag. Sie macht uns mit Menschen von sehr verschiedner |a216| Art und unter sehr verschiednen Lagen bekannt, zeigt uns die Triebfedern ihrer Handlungen, und die Mittel Andre am besten zu gewissen Absichten zu lenken. Kurz, sie versieht uns nicht nur mit einem grossen Reichthum nützlicher Kenntnisse, und macht uns die Umstände in der Welt und ihren Einfluß auf einander anschaulich, sie schärft auch den praktischen Verstand, ohne welche drey Stücke keine Weisheit und Klugheit möglich ist. Durch den Fleiß, den man auf die Geschichte wendet, gewöhnet man sich zur Aufmerksamkeit auch auf die kleinste Umstände, und selbst ihren unmerklichern Einfluß, zu einer schnellen Uebersicht derselben und einen festen und sichern Blick auf das, was man jedesmal zu thun habe; man wird mit so vielen sonderbaren Ereignissen bekannt, daß uns weit weniger unerwartete Umstände befremden, und bey vorkommenden Fällen weniger ausser Fassung setzen; und eben hiedurch gewöhnen wir uns, vermittelst der Geschichte, uns wirklich klug zu betragen. Es mag seyn, daß man auch ohne sie, in gewissen Arten von Geschäften, zu welchen man vorzüglich aufgelegt ist, und mit welchen man am meisten, oder beynahe allein, umgeht, Klugheit genug erlangen könne; aber zur Klugheit für jede Art zu handlen, zumal für die Geschäfte, wobey uns schon viel und lange vorgearbeitet ist, kann man schwerlich, ohne Bekanntschaft mit der Geschichte, gelangen, wenigstens wird die Weisheit und Klugheit, die man sich durch das Studium der Geschichte erwirbt, weiter reichen, sichrer seyn, und |a217| mit weit weniger eignen Schaden erworben werden, als ohne Kenntniß der Geschichte.Doch nicht blosses Magazin – sondern 2) auch Schule – der Weisheit und Klugheit, die nur bey zufälligen oder veränderlichen Dingen statt finden, und immer auf Verbindung geschickter Mittel zu guten Absichten sehen. Die Geschichte lehrt uns, was gewisse Absichten, die sich Menschen vorsetzten, wenn sie sie auch erreichten, für gute und üble Folgen, also was für Einfluß sie auf wahre menschliche Glückseligkeit hatten; sie zeigt, wodurch gewisse Absichten bewirkt worden sind, und wie viel Grund zu diesem glücklichen Ausschlag oder zu dem Gegentheile, entweder in den Umständen oder in dem Benehmen der Menschen dabey, lag. Sie macht uns mit Menschen von sehr verschiedner |a216| Art und unter sehr verschiednen Lagen bekannt, zeigt uns die Triebfedern ihrer Handlungen, und die Mittel Andre am besten zu gewissen Absichten zu lenken. Kurz, sie versieht uns nicht nur mit einem grossen Reichthum nützlicher Kenntnisse, und macht uns die Umstände in der Welt und ihren Einfluß auf einander anschaulich, sie schärft auch den praktischen Verstand, ohne welche drey Stücke keine Weisheit und Klugheit möglich ist. Durch den Fleiß, den man auf die Geschichte wendet, gewöhnet man sich zur Aufmerksamkeit auch auf die kleinste Umstände, und selbst ihren unmerklichern Einfluß, zu einer schnellen Uebersicht derselben und einen festen und sichern Blick auf das, was man jedesmal zu thun habe; man wird mit so vielen sonderbaren Ereignissen bekannt, daß uns weit weniger unerwartete Umstände befremden, und bey vorkommenden Fällen weniger ausser Fassung setzen; und eben hiedurch gewöhnen wir uns, vermittelst der Geschichte, uns wirklich klug zu betragen. Es mag seyn, daß man auch ohne sie, in gewissen Arten von Geschäften, zu welchen man vorzüglich aufgelegt ist, und mit welchen man am meisten, oder beynahe allein, umgeht, Klugheit genug erlangen könne; aber zur Klugheit für jede Art zu handlen, zumal für die Geschäfte, wobey uns schon viel und lange vorgearbeitet ist, kann man schwerlich, ohne Bekanntschaft mit der Geschichte, gelangen, wenigstens wird die Weisheit und Klugheit, die man sich durch das Studium der Geschichte erwirbt, weiter reichen, sichrer seyn, und |a217| mit weit weniger eignen Schaden erworben werden, als ohne Kenntniß der Geschichte.

223.

Wie sich aber die Geschichte hauptsächlich mit den Handlungen der Menschen, mit den zu ihrer Ausführung genommnen Maaßregeln und mit deren Erfolge sowohl als mit den Folgen des Betragens der Menschen beschäftigt: so kann sie 3) sehr viel beytragen, Tugend zu befördern, und von Ausschweifungen zurückzuziehen. Denn sie zeigt die unausbleiblichen Folgen von beyden, sie macht unsre Pflichten durch so viele Beyspiele einleuchtender und eindrücklicher, als es alle Regeln und Beweise vermögen, und erhebet dadurch den Menschen zu edlen Empfindungen. Indem sie aber zugleich 4) den Gang der göttlichen Regierung der Welt vor Augen legt, und gleichsam die Jahrbücher derselben eröfnet, indem sie die Eitelkeit der menschlichen Anschläge, den steten Wechsel der Dinge und die wundersame Art zeigt, wie Gott überall seine weisesten Absichten durchgeführt hat, giebt sie nicht nur den Menschen Muth, Gutes zu thun, und selbst bey den grössesten Hindernissen und anscheinenden mißlichen Ausgang, nie müde zu werden, sondern sie macht auch bey dem, der diesen Hang der göttlichen Fürsehung nachspüren will, einen tiefen Eindruck und Ueberzeugung von Gottes höchster Macht, Weisheit und Güte, worin der Grund zur wahren Beruhigung des Gemüths und Zufriedenheit mit allem liegt, was uns |a218| begegnet. Sofern daher alle wahre Glückseligkeit des Menschen theils auf stetem Bestreben nach Tugend, theils auf gegründeter Zufriedenheit des Gemüths beruht, und diese eigentlich von wahrer Weisheit abhängt: ist ihr ganzer Einfluß auf unsre wahre Glückseligkeit unverkennbar.Wie sich aber die Geschichte hauptsächlich mit den Handlungen der Menschen, mit den zu ihrer Ausführung genommnen Maaßregeln und mit deren Erfolge sowohl als mit den Folgen des Betragens der Menschen beschäftigt: so kann sie 3) sehr viel beytragen, Tugend zu befördern, und von Ausschweifungen zurückzuziehen. Denn sie zeigt die unausbleiblichen Folgen von beyden, sie macht unsre Pflichten durch so viele Beyspiele einleuchtender und eindrücklicher, als es alle Regeln und Beweise vermögen, und erhebet dadurch den Menschen zu edlen Empfindungen. Indem sie aber zugleich 4) den Gang der göttlichen Regierung der Welt vor Augen legt, und gleichsam die Jahrbücher derselben eröfnet, indem sie die Eitelkeit der menschlichen Anschläge, den steten Wechsel der Dinge und die wundersame Art zeigt, wie Gott überall seine weisesten Absichten durchgeführt hat, giebt sie nicht nur den Menschen Muth, Gutes zu thun, und selbst bey den grössesten Hindernissen und anscheinenden mißlichen Ausgang, nie müde zu werden, sondern sie macht auch bey dem, der diesen Hang der göttlichen Fürsehung nachspüren will, einen tiefen Eindruck und Ueberzeugung von Gottes höchster Macht, Weisheit und Güte, worin der Grund zur wahren Beruhigung des Gemüths und Zufriedenheit mit allem liegt, was uns |a218| begegnet. Sofern daher alle wahre Glückseligkeit des Menschen theils auf stetem Bestreben nach Tugend, theils auf gegründeter Zufriedenheit des Gemüths beruht, und diese eigentlich von wahrer Weisheit abhängt: ist ihr ganzer Einfluß auf unsre wahre Glückseligkeit unverkennbar.

224.

Ueberhaupt aber ist 5) Kenntniß der Geschichte bey jeder Wissenschaft unentbehrlich, so fern man entweder das benutzen muß was schon vor uns in einer Wissenschaft entdeckt worden ist, oder so fern eine Wissenschaft den zu verarbeitenden Stoff, wenigstens Erläuterungen, aus der Geschichte entlehnen muß. Jenes muß man aus der Geschichte der Wissenschaften schöpfen, und wenn gleich das Studium dieser Geschichte entbehrlich scheinen möchte, weil die Entdeckungen, wovon uns die Geschichte benachrichtigt, nach und nach schon in die Wissenschaften selbst aufgenommen worden sind, und man das Entdeckte benutzen kan, ohne gerade zu wissen, wie alt es sey, oder woher es komme: so kan doch auch die Geschichte der Entdeckungen vieles Licht auf die Entdeckungen selbst werfen, so fern sie uns zeigt, wie man auf die Entdeckungen gekommen sey, unter welchen Einschränkungen man sie gemacht, wie mit andern Lehrsätzen verbunden habe u. d. gl. In einigen Wissenschaften, als der Philologie, zumal bey Lesung alter Schriftsteller, der Theologie, der Rechtsgelahrtheit, Staatswissenschaft u. |a219| s. f. kurz, wo sich der Inhalt, zum Theil wenigstens, nicht nothwendige Dinge, sondern auf menschliche Vorstellungen und willkührliche Anstalten gründet, leuchtet der Nutzen, ja bisweilen die Unentbehrlichkeit von selbst ein; und je mehr überall die Geschichte zu Hülfe genommen wird, je anschaulicher können auch die Lehrsätze gemacht, und je näher kan ihre Verbindung mit dem gemeinen Leben gemacht werden.Ueberhaupt aber ist 5) Kenntniß der Geschichte bey jeder Wissenschaft unentbehrlich, so fern man entweder das benutzen muß was schon vor uns in einer Wissenschaft entdeckt worden ist, oder so fern eine Wissenschaft den zu verarbeitenden Stoff, wenigstens Erläuterungen, aus der Geschichte entlehnen muß. Jenes muß man aus der Geschichte der Wissenschaften schöpfen, und wenn gleich das Studium dieser Geschichte entbehrlich scheinen möchte, weil die Entdeckungen, wovon uns die Geschichte benachrichtigt, nach und nach schon in die Wissenschaften selbst aufgenommen worden sind, und man das Entdeckte benutzen kan, ohne gerade zu wissen, wie alt es sey, oder woher es komme: so kan doch auch die Geschichte der Entdeckungen vieles Licht auf die Entdeckungen selbst werfen, so fern sie uns zeigt, wie man auf die Entdeckungen gekommen sey, unter welchen Einschränkungen man sie gemacht, wie mit andern Lehrsätzen verbunden habe u. d. gl. In einigen Wissenschaften, als der Philologie, zumal bey Lesung alter Schriftsteller, der Theologie, der Rechtsgelahrtheit, Staatswissenschaft u. |a219| s. f. kurz, wo sich der Inhalt, zum Theil wenigstens, nicht nothwendige Dinge, sondern auf menschliche Vorstellungen und willkührliche Anstalten gründet, leuchtet der Nutzen, ja bisweilen die Unentbehrlichkeit von selbst ein; und je mehr überall die Geschichte zu Hülfe genommen wird, je anschaulicher können auch die Lehrsätze gemacht, und je näher kan ihre Verbindung mit dem gemeinen Leben gemacht werden.

225.

Soll die Geschichte wirklich die angezeigten Vortheile verschaffen: so muß sie 1) der strengsten Wahrheit, so weit sich diese entdecken läßt, nachgehen, mithin auf geprüfter Aechtheit und Lauterkeit der Quellen, woraus man schöpft, und auf geprüfter Glaubwürdigkeit der Schriften oder Denkmahle über gewisse Ereignisse, d. i. darauf beruhen, ob ihre Verfasser hinlängliche Fähigkeiten und guten Willen, die gemeldeten Sachen kennen zu lernen, und sie Andern wieder so mitzutheilen, besessen haben; mit einem Wort, sie muß kritisch seyn. Fehlt es an solchen Quellen, oder sind sie bey einzlen Begebenheiten mangelhaft, oder läßt sich ihre Aechtheit, Unverdorbenheit und Glaubwürdigkeit nicht darthun: so hat der Geschichtforscher das Recht, durch Vergleichung der Natur der Sachen oder durch Zusammenhaltung glaubwürdiger historischen Anzeigen, Vermuthungen zu wagen, die, bey gebrauchter Vorsicht, und wenn er nicht weiter geht, als die|a220|se zwey Hülfsmittel ihn leiten, den Zeugnissen am Werth nichts nachgeben, ja öfters auf die Entdeckung des Unglaublichen in ausdrücklichen Nachrichten führen.Soll die Geschichte wirklich die angezeigten Vortheile verschaffen: so muß sie 1) der strengsten Wahrheit, so weit sich diese entdecken läßt, nachgehen, mithin auf geprüfter Aechtheit und Lauterkeit der Quellen, woraus man schöpft, und auf geprüfter Glaubwürdigkeit der Schriften oder Denkmahle über gewisse Ereignisse, d. i. darauf beruhen, ob ihre Verfasser hinlängliche Fähigkeiten und guten Willen, die gemeldeten Sachen kennen zu lernen, und sie Andern wieder so mitzutheilen, besessen haben; mit einem Wort, sie muß kritisch seyn. Fehlt es an solchen Quellen, oder sind sie bey einzlen Begebenheiten mangelhaft, oder läßt sich ihre Aechtheit, Unverdorbenheit und Glaubwürdigkeit nicht darthun: so hat der Geschichtforscher das Recht, durch Vergleichung der Natur der Sachen oder durch Zusammenhaltung glaubwürdiger historischen Anzeigen, Vermuthungen zu wagen, die, bey gebrauchter Vorsicht, und wenn er nicht weiter geht, als die|a220|se zwey Hülfsmittel ihn leiten, den Zeugnissen am Werth nichts nachgeben, ja öfters auf die Entdeckung des Unglaublichen in ausdrücklichen Nachrichten führen.
Je mehr der Geschichtschreiber verräth, daß er zu gefallen und zu unterhalten suche, je weniger er sich Mühe giebt, seine Erzählung zu bewähren, und je rascher er bey Muthmassungen verfährt: je mehr hat er den Verdacht gegen sich, daß er nicht nach Erkenntniß genauer Wahrheit gestrebt, oder sie nicht treu mitgetheilt habe.

226.

Eine 2te Eigenschaft der guten historischen Erzählung würde die Deutlichkeit seyn. Sie wäre aber alsdenn deutlich, wenn die Begebenheiten mit ihren besondern Umständen vorgestellet würden – wenn nichts erwehnet würde wovon der Leser nicht einen klaren Begriff hätte, oder ihn aus der Erzählung selbst bekommen könnte – und wenn selbst durch die Darstellung die Wahrheit des Erzählten begreiflich würde.Eine 2te Eigenschaft der guten historischen Erzählung würde die Deutlichkeit seyn. Sie wäre aber alsdenn deutlich, wenn die Begebenheiten mit ihren besondern Umständen vorgestellet würden – wenn nichts erwehnet würde wovon der Leser nicht einen klaren Begriff hätte, oder ihn aus der Erzählung selbst bekommen könnte – und wenn selbst durch die Darstellung die Wahrheit des Erzählten begreiflich würde.
Das erste Stück, die Umständlichkeit, muß nicht mit Weitschweifigkeit oder mit Mikrologie verwechselt werden, und wäre nur so weit nöthig, als die erwehnten Umstände ein Licht auf das Ganze werfen. – Das zweyte hängt von der Bekanntschaft mit der Zeit, mit dem Ort, wo etwas geschehen, mit dem Charakter der aufgestellten Personen, und mit der Verfassung, Sit|a221|ten und Gebräuchen derer ab, unter welchen etwas vorgegangen ist. Wäre dieses nicht bey dem Leser als bekannt vorauszusetzen, so müßte es ausdrücklich erläutert, oder das Erzählte so eingerichtet werden, daß man es daraus selbst abnehmen könnte. – Wenn alle Umstände so gut zusammenhängen, daß einer den andern ins Licht setzt, und sich, so zu reden, der eine aus dem andern ergiebt: so wird die Wahrheit der Erzählung einleuchtend, und der Geschichtschreiber erspart dem Leser die Ermüdung durch die sonst nöthige Belege, oder gar durch eine umständliche Auseinandersetzung der Gründe, warum er eine Vorstellungsart der Sache für wahrscheinlicher als die andere halte. Nur sind die Umstände selten so genau bekannt, oder so nothwendig in einander gegründet, daß man so erzählen kan, und der Geschichtschreiber muß die Gabe der Darstellung sehr in seiner Gewalt haben, wenn er so erzählen will.

227.

Sehr viel kömmt auch 3) bey der Geschichte darauf an, daß alle Ereignisse und deren Umstände im Zusammenhange, d. i. so vorgestellt werden, daß man die Ursachen und Folgen derselben einsehen kan. Dieses setzt nicht nur den Leser in den Stand, die Sachen besser zu behalten – eine Schwierigkeit, über die so oft bey der Geschichte geklagt wird –; es befördert selbst die Deutlichkeit; die Prüfung des Wahren, Falschen und Verdächtigen; es macht die Geschichte unterhaltend, und zur Nahrung und Uebung des Geistes.Sehr viel kömmt auch 3) bey der Geschichte darauf an, daß alle Ereignisse und deren Umstände im Zusammenhange, d. i. so vorgestellt werden, daß man die Ursachen und Folgen derselben einsehen kan. Dieses setzt nicht nur den Leser in den Stand, die Sachen besser zu behalten – eine Schwierigkeit, über die so oft bey der Geschichte geklagt wird –; es befördert selbst die Deutlichkeit; die Prüfung des Wahren, Falschen und Verdächtigen; es macht die Geschichte unterhaltend, und zur Nahrung und Uebung des Geistes.

|a222| 228.

Hiedurch wird zugleich die 4te Tugend der Geschichte befördert, die in dem Pragmatischen besteht. Pragmatisch ist sie, in so fern sie zur Weisheit und Klugheit bilden kan. Dies kan sie aber, wenn der Geschichtschreiber immer das Interesse der Gesellschaft, deren Geschichte er liefert, d. i. dasjenige, wozu sie sich vereinigt hat, theils vor Augen behält, theils alles in Beziehung auf dasselbe vorträgt, und die Mittel bemerken läßt, wodurch sie der Vollkommenheit, wonach sie streben soll, immer näher, oder davon weiter abgebracht worden . Da sich indeß der Gebrauch dieser Mittel nach der verschiedenen Lage der Gesellschaft und den nicht von ihr abhängenden Veränderungen richten, und eben danach der Werth dieser Mittel beurtheilt werden muß: so müßte sie diese Veränderungen vorzüglich nach allen ihren Umständen darlegen; zeigen, wie man dieselben abzuwenden oder zu befördern, und wie zum Besten oder Schaden der Gesellschaft zu lenken gesucht? wie sich dabey die Gesellschaft durch Gesetze oder andre Anstalten, durch deren strenge oder fehlerhafte Beobachtung oder auch Abänderung genommen? und was sie dabey für Absicht gehabt? wie, wie weit und wodurch sich der Geist und Charakter der Gesellschaft gezeigt? was einzle Personen dabey für nachahmungs- oder vermeidungswürdige Beyspiele gegeben? und was alles dieses und wie weit es auf die Wohlfahrt oder die Verschlimmerung |a223| der Gesellschaft überhaupt oder einzler Theile derselben, gewirkt habe?Hiedurch wird zugleich die 4te Tugend der Geschichte befördert, die in dem Pragmatischen besteht. Pragmatisch ist sie, in so fern sie zur Weisheit und Klugheit bilden kan. Dies kan sie aber, wenn der Geschichtschreiber immer das Interesse der Gesellschaft, deren Geschichte er liefert, d. i. dasjenige, wozu sie sich vereinigt hat, theils vor Augen behält, theils alles in Beziehung auf dasselbe vorträgt, und die Mittel bemerken läßt, wodurch sie der Vollkommenheit, wonach sie streben soll, immer näher, oder davon weiter abgebracht worden . Da sich indeß der Gebrauch dieser Mittel nach der verschiedenen Lage der Gesellschaft und den nicht von ihr abhängenden Veränderungen richten, und eben danach der Werth dieser Mittel beurtheilt werden muß: so müßte sie diese Veränderungen vorzüglich nach allen ihren Umständen darlegen; zeigen, wie man dieselben abzuwenden oder zu befördern, und wie zum Besten oder Schaden der Gesellschaft zu lenken gesucht? wie sich dabey die Gesellschaft durch Gesetze oder andre Anstalten, durch deren strenge oder fehlerhafte Beobachtung oder auch Abänderung genommen? und was sie dabey für Absicht gehabt? wie, wie weit und wodurch sich der Geist und Charakter der Gesellschaft gezeigt? was einzle Personen dabey für nachahmungs- oder vermeidungswürdige Beyspiele gegeben? und was alles dieses und wie weit es auf die Wohlfahrt oder die Verschlimmerung |a223| der Gesellschaft überhaupt oder einzler Theile derselben, gewirkt habe?
Anm. 1. Ich bin in Bestimmung des Pragmatischen dem Begriffe der Alten gefolgt, und habe ihn nur etwas erweitert, um ihn nicht bloß der bürgerlichen Gesellschaft anzupassen, sondern auch auf andre Gesellschaften, auf die Menschheit, auf die Kirche u. s. f. auszudehnen. S. Isaaci Casauboni Commentar. in Polybium Tom. I. p. 742 seq. und 721 sqq. Was hier von der Geschichte der Gesellschaft gesagt ist, gilt auch in seiner Art von der Geschichte der Religion und der Wissenschaften. Uebrigens versteht sichs, daß der Geschichtschreiber nicht Weisheit und Klugheit und damit verbundne übrige Tugend müsse vorerklären wollen, sondern die Begebenheiten so stellen , daß der Leser sie daraus schöpfen lerne. Höchstens darf er durch schicklich angebrachte Sentenzen – die der Würde der Geschichte um so angemessener sind, je weniger sie ins Gemeine fallen – oder durch Winke, welche oft, wie bey dem Tacitus zum Beyspiel, in einzlen Worten liegen können, oder, – wenn die blosse Erzählung der Begebenheiten nicht deutlich genug die Uebersicht des Ganzen befördern, oder zu sehr durch allgemeinere Anwendungen unterbrochen werden würde, – durch besondre ausführliche Abschweifungen (Digreßionen), des Lesers Aufmerksamkeit auf das lenken, was zu dieser Absicht dienet.
Anm. 2. Was einige Neuere Philosophie der Geschichte nennen, scheint im Grunde nichts Anderes als dieses Pragmatische zu seyn; und, was man historische Kunst nennt, ist eben die Geschicklichkeit, die bisher angeführten Tugenden oder Haupteigenschaften, wenigstens die |a224| drey letztern, einer Geschichte zu geben. Die erste Tugend, Wahrheit, ist mehr der Gegenstand der Geschichtsforschung.

229.

Die Geschichte hat einen ungeheuren Umfang. Wollte man nicht auf ihre einzle Theile einen ganz besondern Fleiß wenden: so würde immer ein sehr dürftiges Ganze herauskommen; man könnte vieles nicht deutlich machen, noch das Merkwürdigste ausheben, wo man nicht das Auslesen hätte, und also vieles und vielerley von der Geschichte wüßte; und wenn vollends die Geschichte zusammenhängend und pragmatisch vorgestellt werden soll: so gehört nothwendig eine ausführliche und selbst ins Kleine gehende Erkenntniß dazu. Aber aus den Theilen muß man doch auch ein wohl concentrirtes Ganze bilden können, um sich eine allgemeine Uebersicht der Weltveränderungen zu verschaffen, um die Geschichte der menschlichen Gesellschaft überhaupt zu verstehen, um einen allgemeinen Faden zu haben, daran man die besondere Geschichte knüpft. Dieses alles hat Gelegenheit zu gewissen Abtheilungen der Geschichte gegeben.Die Geschichte hat einen ungeheuren Umfang. Wollte man nicht auf ihre einzle Theile einen ganz besondern Fleiß wenden: so würde immer ein sehr dürftiges Ganze herauskommen; man könnte vieles nicht deutlich machen, noch das Merkwürdigste ausheben, wo man nicht das Auslesen hätte, und also vieles und vielerley von der Geschichte wüßte; und wenn vollends die Geschichte zusammenhängend und pragmatisch vorgestellt werden soll: so gehört nothwendig eine ausführliche und selbst ins Kleine gehende Erkenntniß dazu. Aber aus den Theilen muß man doch auch ein wohl concentrirtes Ganze bilden können, um sich eine allgemeine Uebersicht der Weltveränderungen zu verschaffen, um die Geschichte der menschlichen Gesellschaft überhaupt zu verstehen, um einen allgemeinen Faden zu haben, daran man die besondere Geschichte knüpft. Dieses alles hat Gelegenheit zu gewissen Abtheilungen der Geschichte gegeben.

230.

Man kan diese theils nach den besondern Arten der Veränderungen machen, deren Geschichte man sucht, theils nach dem weitern oder engern Umfang der Geschichte. In jener Rücksicht ist die |a225| Abtheilung in bürgerliche, Religions- und Kirchengeschichte, und in Literärgeschichte entstanden, je nachdem man dabey auf die Veränderungen der bürgerlichen Gesellschaft, oder der Religion und der zur Aufklärung und Uebung derselben zusammengetretenen Gesellschaften, oder der Wissenschaften seine Absicht gerichtet hat. Alle drey lassen sich wieder nach gewissen Hauptperioden, z. B. die uns bekannte Geschichte in die ältere, (bis auf den Anfang des 9ten Jahrhunderts nach Christi Geburt, oder vielleicht besser bis auf die grosse Volkswanderung im 4ten Jahrhundert), in die mitlere (bis auf den Anfang des 16ten Jahrhunderts) und in die neuere, theilen. Nach dem weitern oder engern Umfang aber pflegt man, wenigstens bey der bürgerlichen Geschichte, die allgemeine Weltgeschichte (Universalhistorie) und die besondre zu unterscheiden, welche letztre freylich, nach den verschiedenen Umfang der Zeit oder der Gesellschaft und Wissenschaft, wieder sehr viele Abtheilungen leidet.Man kan diese theils nach den besondern Arten der Veränderungen machen, deren Geschichte man sucht, theils nach dem weitern oder engern Umfang der Geschichte. In jener Rücksicht ist die |a225| Abtheilung in bürgerliche, Religions- und Kirchengeschichte, und in Literärgeschichte entstanden, je nachdem man dabey auf die Veränderungen der bürgerlichen Gesellschaft, oder der Religion und der zur Aufklärung und Uebung derselben zusammengetretenen Gesellschaften, oder der Wissenschaften seine Absicht gerichtet hat. Alle drey lassen sich wieder nach gewissen Hauptperioden, z. B. die uns bekannte Geschichte in die ältere, (bis auf den Anfang des 9ten Jahrhunderts nach Christi Geburt, oder vielleicht besser bis auf die grosse Volkswanderung im 4ten Jahrhundert), in die mitlere (bis auf den Anfang des 16ten Jahrhunderts) und in die neuere, theilen. Nach dem weitern oder engern Umfang aber pflegt man, wenigstens bey der bürgerlichen Geschichte, die allgemeine Weltgeschichte (Universalhistorie) und die besondre zu unterscheiden, welche letztre freylich, nach den verschiedenen Umfang der Zeit oder der Gesellschaft und Wissenschaft, wieder sehr viele Abtheilungen leidet.

231.

Wenn es dem, der Theologie studieren will, andre Beschäftigungen, die seinen Fleiß fordern, nicht erlaubten, sich in das so gar weite Feld der Geschichte zu wagen: so sollte er doch, als cultivirter Mensch, als Christ und Religionslehrer, als Gelehrter und Bürger, in der allgemeinen Weltgeschichte, der Religions- Menschen- und Li|a226|terärhistorie und in der Geschichte seines Vaterlandes, kein Fremdling seyn; zumal wenn, wie billig scheint, jeder, der Anspruch auf Cultur macht, wenigstens überhaupt und in dem Theil der Geschichte, die ihn am nächsten angeht, nicht ganz unwissend seyn darf, und gemeiniglich der Unterricht darin denen anvertrauet wird, die sich dem Studium der Theologie gewidmet haben.Wenn es dem, der Theologie studieren will, andre Beschäftigungen, die seinen Fleiß fordern, nicht erlaubten, sich in das so gar weite Feld der Geschichte zu wagen: so sollte er doch, als cultivirter Mensch, als Christ und Religionslehrer, als Gelehrter und Bürger, in der allgemeinen Weltgeschichte, der Religions- Menschen- und Li|a226|terärhistorie und in der Geschichte seines Vaterlandes, kein Fremdling seyn; zumal wenn, wie billig scheint, jeder, der Anspruch auf Cultur macht, wenigstens überhaupt und in dem Theil der Geschichte, die ihn am nächsten angeht, nicht ganz unwissend seyn darf, und gemeiniglich der Unterricht darin denen anvertrauet wird, die sich dem Studium der Theologie gewidmet haben.
Alle Menschen wollen gern wissen was geschehen, woher das gekommen, was daraus geworden sey? Dieser natürliche Trieb zur Geschichte und zur Philosophie darüber, zeigt sich schon bey Kindern und bey dem gemeinen Mann. Hierin liegt der Grund zu aller Cultur, und so wie diese zunimmt: so wächst auch die Begierde, diese Kenntniß zu erweitern; nur daß freylich jeder nach dem wißbegierig ist, was ihn am meisten intereßirt. Ganz gleichgültig also gegen Geschichte, und auch nicht einmal begierig nach Kenntniß Einer Art der wahren Geschichte seyn, verräth einen Menschen, der entweder sich um nichts als um sich und seine Bedürfnisse, nicht um Andre, um ihr Schicksal und Unternehmungen, die doch selbst auf sein eignes Glück und Unglück einen Einfluß haben können, bekümmert, kurz, der keinen rechten Sinn für das menschliche Leben und die Gesellschaft hat, oder der wirklich überall keiner wahren Cultur fähig ist.

232.

Wie man die Geschichte und deren angegebne Theile am vortheilhaftesten studieren solle? – das heißt entweder, auf welche Eigenschaften der |a227| Geschichte man sehen, zu welchem Zweck man sie studieren müsse? oder wodurch man sich dieses Studium erleichtern könne? – In jenem Fall muß die Absicht nicht bloß auf Befriedigung der Neugier, der Eitelkeit und des Triebes nach Vielwisserey, oder auf angenehme Zeitkürzung und Unterhaltung der Einbildungskraft gehen, sondern auf Erreichung des höhern Nutzens, der §. 221 f. angegeben ist; und alsdenn wird man aus dem, was gesagt worden ist, leicht abnehmen können, aus welchem Gesichtspunct man sie studieren müsse.Wie man die Geschichte und deren angegebne Theile am vortheilhaftesten studieren solle? – das heißt entweder, auf welche Eigenschaften der |a227| Geschichte man sehen, zu welchem Zweck man sie studieren müsse? oder wodurch man sich dieses Studium erleichtern könne? – In jenem Fall muß die Absicht nicht bloß auf Befriedigung der Neugier, der Eitelkeit und des Triebes nach Vielwisserey, oder auf angenehme Zeitkürzung und Unterhaltung der Einbildungskraft gehen, sondern auf Erreichung des höhern Nutzens, der §. 221 f. angegeben ist; und alsdenn wird man aus dem, was gesagt worden ist, leicht abnehmen können, aus welchem Gesichtspunct man sie studieren müsse.
Mit diesen Regeln muß man das Studium guter Geschichtschreiber verbinden. Als Geschichtsforscher (§. 228 Anm. ), in Absicht auf Wahrheit, und selbst Deutlichkeit, möchten deutsche Geschichtschreiber schwerlich übertroffen werden; in Absicht auf historische Kunst sind die Alten, Thukydides, Polybius, Livius, Plutarch, Tacitus, und unter den Neuern Sleidan, de Thou, (Thuanus), Voltaire, Hume, Robertson, Joh. Müller, und wenige Andre, freylich bessere Muster, wenn nur einige unter ihnen eben so sorgfältig nach Wahrheit, der eigentlichen Seele der Geschichte, gestrebt, und sie nicht der angenehmern Unterhaltung so oft aufgeopfert hätten.

233.

Hat aber die Frage den andern Sinn: so betrift sie mehr die Methode und die Hülfsmittel, und dabey möchten folgende Vorschläge nicht undienlich seyn.Hat aber die Frage den andern Sinn: so betrift sie mehr die Methode und die Hülfsmittel, und dabey möchten folgende Vorschläge nicht undienlich seyn.
Anm. 1. Man sieht aber wohl, daß dieses nicht eine Anweisung für Geschichtsforscher , oder für |a228| solche seyn solle, die sich mit vorzüglichem Fleiß dem Studium der Geschichte widmen, und, wie alsdenn nöthig ist, aus den Quellen schöpfen wollen; sondern für die, welche entweder den ersten Grund hierin legen müssen, oder sich mit der Geschichte mehr als einem Nebenwerke, oder nur so weit beschäftigen, als zur bessern Kenntniß der übrigen, namentlich der theologischen Wissenschaften, nöthig ist.
Anm. 2. Die Religions- und Kirchengeschichte wird hier ganz übergangen; weil ihr unten in einem andern Abschnitt ein besonderer Platz bestimmt ist.
Anm. 3. Ueberhaupt muß derjenige, der sich mehr auf die Geschichte einlassen kan und will, zuerst diejenigen Schriftsteller zu Rathe ziehen, welche ein Verzeichniß der dahin gehörigen allgemeinen und besondern Werke und Schriften geliefert haben. Hat er dadurch die besten Geschichtschreiber in den verschiedenen Arten der Geschichte kennen gelernet, so muß er sich, wenn er weiter gehen will, an diejenigen halten, die von diesen als gebrauchte Quellen oder Hülfsmittel sind angegeben worden. Für Geschichte überhaupt, oder eigentlich für bürgerliche Geschichte, ist das vollständigste Werk die Bibliotheca historica, instructa a Burc. Gotthelf Struvio, aucta a Christ. Gottlieb Budero, nunc vero a Jo. Georg. Meuselio - - amplificata, wovon bis jetzt Vol. I. Pars I. Lipsiae 1782. P. II. 1784. u. Vol. II. P. I. 1785. in gr. 8. erschienen ist. Die Budersche Ausgabe des ganzen Werks war Jenae 1740. in 2 Bänden in gr. 8. herausgekommen.

234.

Vor allen Dingen müßte man sich zu orientiren suchen, d. i. sich bekannt machen wo? und |a229| wenn die Veränderungen, welche die Geschichte lehren soll, vorgegangen wären, also zuvörderst den Schauplatz kennen lernen. Ohne vorläufige Kenntniß der Geographie sollte man nie wollen Geschichte studieren. Diese vorläufige Arbeit brauchte nur auf das Allgemeinere zu gehen; weil sonst die Menge der Sachen zerstreuen, oder unnöthig aufhalten, vieles auch nicht einmal verständlich, oder dessen Nutzbarkeit begreiflich seyn würde, was erst durch die Geschichte aufgeklärt werden muß. Vorzüglich müßten unter den wichtigsten Oertern die natürlichen Abtheilungen der Erde durch Meere, Flüsse und Gebürge bemerkt werden, als welche die beständigsten sind, woran sich auch größtentheils die Abtheilungen der Völker und die wichtigsten Städte geschlossen haben, von wo aus selbst die Verbindungen und die Ausbreitung der Völker gegangen sind. Weil die neuere Beschaffenheit der Länder uns näher angeht, und man von ihr mehr wissen kan als von der vorhergehenden: so würde man von der neuern anfangen, und so zur mitlern und ältern fortgehen. Es versteht sich, daß man stets die besten Landcharten, die man bekommen kan, vor sich haben müsse.Vor allen Dingen müßte man sich zu orientiren suchen, d. i. sich bekannt machen wo? und |a229| wenn die Veränderungen, welche die Geschichte lehren soll, vorgegangen wären, also zuvörderst den Schauplatz kennen lernen. Ohne vorläufige Kenntniß der Geographie sollte man nie wollen Geschichte studieren. Diese vorläufige Arbeit brauchte nur auf das Allgemeinere zu gehen; weil sonst die Menge der Sachen zerstreuen, oder unnöthig aufhalten, vieles auch nicht einmal verständlich, oder dessen Nutzbarkeit begreiflich seyn würde, was erst durch die Geschichte aufgeklärt werden muß. Vorzüglich müßten unter den wichtigsten Oertern die natürlichen Abtheilungen der Erde durch Meere, Flüsse und Gebürge bemerkt werden, als welche die beständigsten sind, woran sich auch größtentheils die Abtheilungen der Völker und die wichtigsten Städte geschlossen haben, von wo aus selbst die Verbindungen und die Ausbreitung der Völker gegangen sind. Weil die neuere Beschaffenheit der Länder uns näher angeht, und man von ihr mehr wissen kan als von der vorhergehenden: so würde man von der neuern anfangen, und so zur mitlern und ältern fortgehen. Es versteht sich, daß man stets die besten Landcharten, die man bekommen kan, vor sich haben müsse.
Bey der neuern Geographie könnte man der vollständigern Kürze wegen J. E. Fabri Handbuch der neuesten Geographie, Halle 1784. gr. 8. und zur Erweiterung in Absicht auf Europa und einen Theil von Asien, A. F. Büschings Auszug aus seiner Erdbeschreibung, 5te vermehrte Auflage, Hamburg 1780 in 2 Theilen in 8. und 6ste Aufl. des ersten Theils, 1785. zum Grunde legen. – In der mitlern Geographie haben |a230| wir noch nichts zugleich richtigeres und vollständigeres als d'Anville Handbuch der mitlern Erdbeschreibung - - nebst einer Landcharte von der mitlern Geographie, Nürnberg 1782. in gr. 8. die doch nur einige europäische Staaten betrifft. – In der ältern können für den Anfang das §. 140. erwehnte Handbuch nach Anleitung der d'Anvillischen Landcharten, dienen, wovon der erste Band, über Europa, Nürnberg 1785. in gr. 8. vollendet ist, von dem zweyten aber bis jetzt einige Theile von Asien und Aegypten, erschienen sind. Der vortrefliche Atlas antiquus Danvillanus, welcher, mit Inbegriff der Tabulae medii aevi, 12 Charten in sich faßt, ist daselbst 1784. nachgestochen. – Von dieser vorläufigen geographischen Kenntniß muß freylich vieles erst hinterher durch die Geschichte vollständiger und deutlicher, und der Abgang solcher Landcharten, welche die Länder nach gewissen besondern Zeiten vorstellen, durch die ersetzt werden, die sich bey manchen genauern Abhandlungen über die Geschichte einzler Reiche zu gewissen Zeiten befinden und hier nicht besonders angegeben werden können.

235.

Nach dieser vorläufig erlangten Kenntniß müßte der Anfang von Erlernung der Geschichte selbst mit einer allgemeinen Uebersicht derselben, also mit der allgemeinen Weltgeschichte (§. 230 ) gemacht werden, wenn man einen Unterricht finden kan, der dieses Namens würdig ist. Liegt bey dem Studium der Geschichte keine solche allgemeine Geschichte zum Grunde: so kan man sich in Absicht auf Zeit (§. 234 ), wohin jedes ge|a231|hört, nicht wohl finden, ja selbst oft nicht einmal in Absicht auf die Länder, wo etwas vorgefallen ist, weil diese, nach verschiedenen Veränderungen in der Geschichte, auch andre Namen, einen andern Umfang, andre Cultur u. s. f. bekommen haben. Ueberdies greift jede besondre Geschichte in andre, ohne deren Kenntniß auch jene nicht deutlich ist, zumal wenn man die Ursachen von besondern Veränderungen in Einem Staat wissen will, die Ursachen mögen vorhergehende oder mitwirkende seyn. Denn dazu ist Kenntniß vorhergehender oder gleichzeitiger Staaten nöthig, und, da man die Geschichte dieser einzeln Staaten doch nicht auf einmal lernen kan: so ist keine andre Hülfe als von der allgemeinen Weltgeschichte zu erwarten. Auch muß man sich gleich anfangs an Bemerkung des Zusammenhangs in der Geschichte gewöhnen (§. 227 ), und lernen das Wichtigere von dem Unwichtigern zu unterscheiden , um über dieses nicht jenes zu vernachläßigen; aber eben diesen Zusammenhang lehrt jene allgemeine Geschichte, und sie macht uns auf das Gewicht und den Einfluß eines Staats und dessen Veränderungen auf gleichzeitige und spätere Veränderungen aufmerksam. Selbst der Blick erweitert sich durch dieses eröfnete weite Feld, und macht einen grössern Eindruck von der Wichtigkeit der Geschichte überhaupt, welches die Lust, sie zu studieren, sehr befördert.Nach dieser vorläufig erlangten Kenntniß müßte der Anfang von Erlernung der Geschichte selbst mit einer allgemeinen Uebersicht derselben, also mit der allgemeinen Weltgeschichte (§. 230 ) gemacht werden, wenn man einen Unterricht finden kan, der dieses Namens würdig ist. Liegt bey dem Studium der Geschichte keine solche allgemeine Geschichte zum Grunde: so kan man sich in Absicht auf Zeit (§. 234 ), wohin jedes ge|a231|hört, nicht wohl finden, ja selbst oft nicht einmal in Absicht auf die Länder, wo etwas vorgefallen ist, weil diese, nach verschiedenen Veränderungen in der Geschichte, auch andre Namen, einen andern Umfang, andre Cultur u. s. f. bekommen haben. Ueberdies greift jede besondre Geschichte in andre, ohne deren Kenntniß auch jene nicht deutlich ist, zumal wenn man die Ursachen von besondern Veränderungen in Einem Staat wissen will, die Ursachen mögen vorhergehende oder mitwirkende seyn. Denn dazu ist Kenntniß vorhergehender oder gleichzeitiger Staaten nöthig, und, da man die Geschichte dieser einzeln Staaten doch nicht auf einmal lernen kan: so ist keine andre Hülfe als von der allgemeinen Weltgeschichte zu erwarten. Auch muß man sich gleich anfangs an Bemerkung des Zusammenhangs in der Geschichte gewöhnen (§. 227 ), und lernen das Wichtigere von dem Unwichtigern zu unterscheiden , um über dieses nicht jenes zu vernachläßigen; aber eben diesen Zusammenhang lehrt jene allgemeine Geschichte, und sie macht uns auf das Gewicht und den Einfluß eines Staats und dessen Veränderungen auf gleichzeitige und spätere Veränderungen aufmerksam. Selbst der Blick erweitert sich durch dieses eröfnete weite Feld, und macht einen grössern Eindruck von der Wichtigkeit der Geschichte überhaupt, welches die Lust, sie zu studieren, sehr befördert.
Man kan einen solchen allgemeinen Entwurf entweder vorher zur Einleitung in die noch ganz unbekannte Geschichte, oder nachher, wenn man |a232| schon mehrere einzle Theile derselben sich bekannt gemacht hat, zur deutlichern und zusammenhängendern Uebersicht brauchen. Hier ist er nur in der erstern Absicht angenommen. Freylich muß der, wer einen solchen guten Unterricht über die allgemeine Weltgeschichte geben soll, vorher die Spezialgeschichte kennen gelernet haben; aber das braucht der nicht, der sie, noch vor der Hand, nicht untersuchen, sondern lernen will, um eine allgemeine Geschichtscharte zu besserer Verständniß der Spezialcharten zu haben.

236.

Es müßte aber eine Geschichte, die diese Absichten erfüllen sollte, bey allem Reichthum der Sachen, a) zweckmäßig kurz seyn, d. i. nichts enthalten, was nicht entweder zur Kenntniß eines ganzen Theils, Volks oder Staates und dessen merkwürdigeren Veränderungen, oder zur Kenntniß des Einflusses desselben auf andre ganze Theile, Völker oder Staaten, diente, und b) doch hinlänglich zur allgemeinen Kenntniß dieser zwey Stücke. Sie müßte sich c) leicht im Zusammenhange übersehen, und d) zum zukünftigen beständigen Gebrauch bey der Spezialgeschichte, sowohl als zur Festhaltung des Totaleindrucks, leicht behalten lassen.Es müßte aber eine Geschichte, die diese Absichten erfüllen sollte, bey allem Reichthum der Sachen, a) zweckmäßig kurz seyn, d. i. nichts enthalten, was nicht entweder zur Kenntniß eines ganzen Theils, Volks oder Staates und dessen merkwürdigeren Veränderungen, oder zur Kenntniß des Einflusses desselben auf andre ganze Theile, Völker oder Staaten, diente, und b) doch hinlänglich zur allgemeinen Kenntniß dieser zwey Stücke. Sie müßte sich c) leicht im Zusammenhange übersehen, und d) zum zukünftigen beständigen Gebrauch bey der Spezialgeschichte, sowohl als zur Festhaltung des Totaleindrucks, leicht behalten lassen.

237.

Unmöglich ist es, das Ganze deutlich zu übersehen, ehe man nicht vorher dessen einzle Haupt|a233|theile kennen gelernet hat. Also sind gewisse Gränzen oder Abschnitte nöthig, und diese werden bey der Geschichte entweder durch die Zeit oder durch die Gegenstände, z. B. durch die verschiednen Völker, bestimmt, mit welchen sich die Geschichte beschäftigt. Jenes würde die chronologische, dieses die synthetische Anordnung seyn. Bey der erstern kan man die Weltveränderungen in die Länge oder Breite, d. i. entweder so stellen, wie sie nach einander oder wie sie neben einander erfolgten; im erstern Fall würden sie eigentlich chronologisch, im zweyten synchronistisch geordnet. Bey der andern aber käme es auf das an, was man zum Hauptgegenstand machen will, ob das Schicksal der Cultur und was dazu gehört, oder der Länder, oder der Völker. Alle diese Methoden lassen sich verbinden. In einer allgemeinen Weltgeschichte, wo es am meisten auf leichte Uebersicht und ankommt, ists ohne Zweifel am besten, gewisse Hauptveränderungen in der Welt als Epochen oder Ruhepuncte anzunehmen, und darnach verschiedene Perioden zu machen, (die man nachher, wenn sie zu lang, und zu voll von merkwürdigen Revolutionen sind, wieder, nach eben dem Fuß, abtheilen kan), in jeder aber die wichtigsten Völker (im politischen Verstande oder in Einem Staatskörper vereint) und ihre Geschichte, besonders, und daneben den Fortgang der Cultur überhaupt oder bey jedem insbesondre aufzustellen.Unmöglich ist es, das Ganze deutlich zu übersehen, ehe man nicht vorher dessen einzle Haupt|a233|theile kennen gelernet hat. Also sind gewisse Gränzen oder Abschnitte nöthig, und diese werden bey der Geschichte entweder durch die Zeit oder durch die Gegenstände, z. B. durch die verschiednen Völker, bestimmt, mit welchen sich die Geschichte beschäftigt. Jenes würde die chronologische, dieses die synthetische Anordnung seyn. Bey der erstern kan man die Weltveränderungen in die Länge oder Breite, d. i. entweder so stellen, wie sie nach einander oder wie sie neben einander erfolgten; im erstern Fall würden sie eigentlich chronologisch, im zweyten synchronistisch geordnet. Bey der andern aber käme es auf das an, was man zum Hauptgegenstand machen will, ob das Schicksal der Cultur und was dazu gehört, oder der Länder, oder der Völker. Alle diese Methoden lassen sich verbinden. In einer allgemeinen Weltgeschichte, wo es am meisten auf leichte Uebersicht und ankommt, ists ohne Zweifel am besten, gewisse Hauptveränderungen in der Welt als Epochen oder Ruhepuncte anzunehmen, und darnach verschiedene Perioden zu machen, (die man nachher, wenn sie zu lang, und zu voll von merkwürdigen Revolutionen sind, wieder, nach eben dem Fuß, abtheilen kan), in jeder aber die wichtigsten Völker (im politischen Verstande oder in Einem Staatskörper vereint) und ihre Geschichte, besonders, und daneben den Fortgang der Cultur überhaupt oder bey jedem insbesondre aufzustellen.
  • |a234| Weltgeschichte von A. L. Schlözer, Erster Theil, Göttingen 1785. 8, in der Einleitung, sonderlich S. 79–119.
Anm. Um das Vielerley bey diesem ersten anfänglichen Unterricht zu vermindern, sollte wohl die Geschichte der eigentlichen Cultur, wenigstens die Geschichte der Religion, so fern sie nicht zur äusserlichen Verfassung gehört, der Wissenschaften und der Künste, von der Geschichte der Völker und ihrer Verfassung geschieden, und eine Universalgeschichte der Religion u. s. w. besonders entworfen werden. Indeß hängen freylich auch die Völkerverändrungen von den Verändrungen ihrer Cultur ab, und die Polizirung der Völker läßt sich schwerlich ohne die innere Cultur vorstellen; auch benimmt die Geschichte der Cultur der blossen Völkergeschichte das Trockne, und macht sie lehrreicher. Ohnehin schränken sich die Entwürfe zur allgemeinen Weltgeschichte gemeiniglich nur auf die äussere Cultur ein.

238.

Eine solche bisher erwehnte allgemeine Uebersicht der Geschichte zu erlangen scheint nichts dienlicher als:
  • Die schon genannte Schlözerische Weltgeschichte, oder, da diese noch nicht vollendet ist, Schlözers Vorstellung der Universalhistorie, zwote Aufl. Göttingen 1775 in 8, oder, da beyde Bücher mehr Plan zur allgemeinen W. G. als Vorstellung derselben enthalten, in Verbindung mit derselben,
  • |a235| Joh. Christoph Gatterers kurzer Begriff der Weltgeschichte in ihrem ganzen Umfange, Erster Theil, Göttingen 1785. gr. 8. oder
  • Desselben (größre) Weltgeschichte in ihrem ganzen Umfange. Erster Theil, ebendaselbst 1785. gr. 8, oder, da beyde nur bis auf Kyrus reichen,
  • Desselben Abriß der Universalhistorie in ihrem ganzen Umfange, Göttingen 1773, in 2 Bänden in 8. Da aber auch dieser sich schon mit der Entdeckung von Amerika endigt, könnte man, in Absicht der neuesten Geschichte, den
  • Grundriß einer Geschichte der merkwürdigsten Welthändel neuerer Zeit - - von Joh. Georg Büsch, zweyte und umgearbeitete Ausgabe, Hamburg 1783. 8. zu Hülfe nehmen.
Eine solche bisher erwehnte allgemeine Uebersicht der Geschichte zu erlangen scheint nichts dienlicher als:
  • Die schon genannte Schlözerische Weltgeschichte, oder, da diese noch nicht vollendet ist, Schlözers Vorstellung der Universalhistorie, zwote Aufl. Göttingen 1775 in 8, oder, da beyde Bücher mehr Plan zur allgemeinen W. G. als Vorstellung derselben enthalten, in Verbindung mit derselben,
  • |a235| Joh. Christoph Gatterers kurzer Begriff der Weltgeschichte in ihrem ganzen Umfange, Erster Theil, Göttingen 1785. gr. 8. oder
  • Desselben (größre) Weltgeschichte in ihrem ganzen Umfange. Erster Theil, ebendaselbst 1785. gr. 8, oder, da beyde nur bis auf Kyrus reichen,
  • Desselben Abriß der Universalhistorie in ihrem ganzen Umfange, Göttingen 1773, in 2 Bänden in 8. Da aber auch dieser sich schon mit der Entdeckung von Amerika endigt, könnte man, in Absicht der neuesten Geschichte, den
  • Grundriß einer Geschichte der merkwürdigsten Welthändel neuerer Zeit - - von Joh. Georg Büsch, zweyte und umgearbeitete Ausgabe, Hamburg 1783. 8. zu Hülfe nehmen.

239.

Diese allgemeine Uebersicht kan ungemein erleichtert, anschaulicher gemacht, und der Eindruck so verschiedner Perioden und Völker, nebst ihrem Verhältniß gegen einander, lebhafter und dauerhafter werden, wenn man theils bey jener kurzen allgemeinen Weltgeschichte, theils noch mehr nach Vollendung derselben, sowohl gute chronologische Weltcharten, als auch synchronistische Tabellen zu Hülfe nimmt. Beyderley Arten enthält die Gattererische Synopsis historiae vniuersalis sex tabulis - - comprehensa, der verbesserten Ausgabe, Göttingen 1769. gr. fol. In der letztern Art ist Theodor Bergers synchronistische Universalhistorie der vornehmsten europ. Reiche etc. |a236| nach der 6sten von Wolfg. Jäger verbesserten Ausgabe, Coburg 1781. Fol. vorzüglich nutzbar. Diese allgemeine Uebersicht kan ungemein erleichtert, anschaulicher gemacht, und der Eindruck so verschiedner Perioden und Völker, nebst ihrem Verhältniß gegen einander, lebhafter und dauerhafter werden, wenn man theils bey jener kurzen allgemeinen Weltgeschichte, theils noch mehr nach Vollendung derselben, sowohl gute chronologische Weltcharten, als auch synchronistische Tabellen zu Hülfe nimmt. Beyderley Arten enthält die Gattererische Synopsis historiae vniuersalis sex tabulis - - comprehensa, der verbesserten Ausgabe, Göttingen 1769. gr. fol. In der letztern Art ist Theodor Bergers synchronistische Universalhistorie der vornehmsten europ. Reiche etc. |a236| nach der 6sten von Wolfg. Jäger verbesserten Ausgabe, Coburg 1781. Fol. vorzüglich nutzbar.

240.

Ehe man zur Spezialgeschichte fortschritte, oder ehe man, wenn man wollte, sich um eine ausführliche allgemeine Weltgeschichte bewürbe, oder wenn man sich auch bey der Spezialgeschichte nicht auf die Geschichte mehrerer Staaten einlassen könnte: würde man nicht ohne Vortheil ein Werk zu Rathe ziehen können, das mehr als bloß allgemeine Uebersicht gäbe, und doch nicht zu weitläufig wäre, zumal wenn es zugleich die Geschichte pragmatisch darstellte. Dieses würde jenen allgemeinen Entwurf noch unterhaltender, und die gelernten Sachen durch etwas mehrere Umständlichkeit noch behältlicher machen, zugleich aber Vorbereitung auf die Spezialgeschichte und auf das pragmatische Studium der Geschichte seyn. Bis jetzt hat man schwerlich ein besseres Werk dieser Art als die Elemens d'histoire generale par l'Abbé Millot, welche seit 1772 mehrmals, z. B. zu Bern 1775 in 9 Bänden gr. 12. aufgelegt, und in der deutschen Uebersetzung: Millot Universalhistorie alter, mitler und neuer Zeiten, mit Zusätzen und Berichtigungen von Wilh. Ernst Christiani, wovon bis jetzt Leipzig 1777–85. 8 Theile in gr. 8. erschienen, noch nützlicher worden sind.Ehe man zur Spezialgeschichte fortschritte, oder ehe man, wenn man wollte, sich um eine ausführliche allgemeine Weltgeschichte bewürbe, oder wenn man sich auch bey der Spezialgeschichte nicht auf die Geschichte mehrerer Staaten einlassen könnte: würde man nicht ohne Vortheil ein Werk zu Rathe ziehen können, das mehr als bloß allgemeine Uebersicht gäbe, und doch nicht zu weitläufig wäre, zumal wenn es zugleich die Geschichte pragmatisch darstellte. Dieses würde jenen allgemeinen Entwurf noch unterhaltender, und die gelernten Sachen durch etwas mehrere Umständlichkeit noch behältlicher machen, zugleich aber Vorbereitung auf die Spezialgeschichte und auf das pragmatische Studium der Geschichte seyn. Bis jetzt hat man schwerlich ein besseres Werk dieser Art als die Elemens d'histoire generale par l'Abbé Millot, welche seit 1772 mehrmals, z. B. zu Bern 1775 in 9 Bänden gr. 12. aufgelegt, und in der deutschen Uebersetzung: Millot Universalhistorie alter, mitler und neuer Zeiten, mit Zusätzen und Berichtigungen von Wilh. Ernst Christiani, wovon bis jetzt Leipzig 1777–85. 8 Theile in gr. 8. erschienen, noch nützlicher worden sind.
Der Gebrauch eines solchen Werks wäre auch um so mehr anzurathen, da die §. 238 gedachten |a237| vortreflichen Entwürfe theils meistens zu Vorlesungen bestimmt, und für den ersten Anfänger nicht ganz verständlich sind, theils einzle feine Bemerkungen schon in die Spezialgeschichte schlagen, und nicht für ihn sind, der ihren grossen Werth noch nicht zu schätzen weiß.

241.

Nunmehro wäre es Zeit, zur Spezialgeschichte fortzugehen, und dieses um so mehr, da gerade die für uns wichtigste neuere Geschichte in den besten Entwürfen der allgemeinen Weltgeschichte ganz übergangen, oder mit zu wenig Vollständigkeit, guter Auswahl und Genauigkeit vorgetragen ist. Wer die Geschichte, wie hier vorausgesetzt wird, nur nach Nothdurft studieren muß, wird schwerlich in der allgemeinen Weltgeschichte weiter gehen können, und sich mit einer weitern Kenntniß weniger Theile der Spezialgeschichte begnügen müssen, und wer auch darin weiter gehen will, wie kan der jetzt anders dazu gelangen als durch das Studium der Geschichte einzler Staaten?Nunmehro wäre es Zeit, zur Spezialgeschichte fortzugehen, und dieses um so mehr, da gerade die für uns wichtigste neuere Geschichte in den besten Entwürfen der allgemeinen Weltgeschichte ganz übergangen, oder mit zu wenig Vollständigkeit, guter Auswahl und Genauigkeit vorgetragen ist. Wer die Geschichte, wie hier vorausgesetzt wird, nur nach Nothdurft studieren muß, wird schwerlich in der allgemeinen Weltgeschichte weiter gehen können, und sich mit einer weitern Kenntniß weniger Theile der Spezialgeschichte begnügen müssen, und wer auch darin weiter gehen will, wie kan der jetzt anders dazu gelangen als durch das Studium der Geschichte einzler Staaten?

242.

Unter den Theilen dieser Spezialgeschichte ist ohne Zweifel – wenn nicht besondre Umstände eine Ausnahme erfordern, z. B. die alten Schriftsteller vorerst das Studium der griechischen und römischen Geschichte nothwendig machen – die neuere und besonders die vaterländische Geschichte |a238| die nöthigste. – Sie geht uns am nächsten an, und so fern wir größtentheils die ältere und ausländische Geschichte lernen wollen, um den heutigen Zustand der Welt gründlich aus dem vormaligen zu erkennen, verhält sie sich zu jener wie Zweck zu Mitteln; man kan selbst vieler, vielleicht der meisten Begebenheiten des Alterthums und des Auslandes unkundig seyn, ohne daß uns deswegen die neuere und vaterländische Geschichte undeutlich ist. – Und wenn die Geschichte hauptsächlich Klugheit und unsre Sitten bilden soll, dabey aber Denkart, Charakter, Bedürfnisse, Anstalten und Umstände erfordert werden, die denen am nächsten kommen, welche die Geschichte darstellt; so muß die erwehnte Art der Geschichte nothwendig im Ganzen mehr Einfluß auf unsre Bildung als jene haben. – Selbst, wegen der meist mehrern Gewißheit der Zeitrechnung und der einzeln Begebenheiten, so wie des Reichthums der Nachrichten, hat sie weniger Schwierigkeiten, giebt mehrere Zuverläßigkeit, nöthigt weniger uns bey unbeträchtlichern Sachen aufzuhalten, erlaubt mehrere Wahl der Ereignisse, entdeckt mehr die Ursachen und Folgen derselben, und gewährt einen deutlichern Zusammenhang.Unter den Theilen dieser Spezialgeschichte ist ohne Zweifel – wenn nicht besondre Umstände eine Ausnahme erfordern, z. B. die alten Schriftsteller vorerst das Studium der griechischen und römischen Geschichte nothwendig machen – die neuere und besonders die vaterländische Geschichte |a238| die nöthigste. – Sie geht uns am nächsten an, und so fern wir größtentheils die ältere und ausländische Geschichte lernen wollen, um den heutigen Zustand der Welt gründlich aus dem vormaligen zu erkennen, verhält sie sich zu jener wie Zweck zu Mitteln; man kan selbst vieler, vielleicht der meisten Begebenheiten des Alterthums und des Auslandes unkundig seyn, ohne daß uns deswegen die neuere und vaterländische Geschichte undeutlich ist. – Und wenn die Geschichte hauptsächlich Klugheit und unsre Sitten bilden soll, dabey aber Denkart, Charakter, Bedürfnisse, Anstalten und Umstände erfordert werden, die denen am nächsten kommen, welche die Geschichte darstellt; so muß die erwehnte Art der Geschichte nothwendig im Ganzen mehr Einfluß auf unsre Bildung als jene haben. – Selbst, wegen der meist mehrern Gewißheit der Zeitrechnung und der einzeln Begebenheiten, so wie des Reichthums der Nachrichten, hat sie weniger Schwierigkeiten, giebt mehrere Zuverläßigkeit, nöthigt weniger uns bey unbeträchtlichern Sachen aufzuhalten, erlaubt mehrere Wahl der Ereignisse, entdeckt mehr die Ursachen und Folgen derselben, und gewährt einen deutlichern Zusammenhang.

243.

Man fange also mit der Geschichte des gemeinsamen Vaterlandes, mit der Geschichte Deutschlandes, an. Diese Geschichte ist etwas An|a239|deres als Geschichte der deutschen Regenten und Häuser, oder deutsche Reichsgeschichte, so sehr auch beyderley Geschichte oft in einander fließt. Wie sind die Deutschen das worden, was sie sind? die cultivirte Nation ? Dies zu wissen ist doch noch allgemein nützlicher, als jenes, so unentbehrlich auch jene Geschichte ist die Geschichte der Nation kennen zu lernen. Noch ist
  • Michael Ignaz Schmidts Geschichte der Deutschen, Ulm 1778–85 bisher in 6 Theilen in gr. 8. und der erste Theil verbessert aufgelegt 1785
das einzige Buch dieser Art. Zur Kenntniß der deutschen Reichs- oder vielmehr Kaisergeschichte, könnte man, zu dem hier nöthigen Zweck, dem Anfänger
  • Die Geschichte des teutschen Reichs von C. G. H. (Heinrich), Riga 1778 und 1779 in drey Theilen in gr. 8.
empfehlen, und hernach
  • Die allgemeine Welthistorie - - in einem vollständigen und pragmatischen Auszuge - - verfertigt von Franz Dominicus Häberlin. Neue Historie. Halle 1767–73, in 12 Bänden in gr. 8.
ob diese gleich erst vom 11ten Jahrhundert an beträchtlich wird, und nur bis 1546 geht, da die folgende
  • Neueste teutsche Reichsgeschichte , die bisher in 18 Bänden in gr. 8, Halle 1774–85 erschienen,
|a240| sie nur bis 1594 fortgesetzt, und dem hiesigen Zweck nicht angemessen ist. Man fange also mit der Geschichte des gemeinsamen Vaterlandes, mit der Geschichte Deutschlandes, an. Diese Geschichte ist etwas An|a239|deres als Geschichte der deutschen Regenten und Häuser, oder deutsche Reichsgeschichte, so sehr auch beyderley Geschichte oft in einander fließt. Wie sind die Deutschen das worden, was sie sind? die cultivirte Nation ? Dies zu wissen ist doch noch allgemein nützlicher, als jenes, so unentbehrlich auch jene Geschichte ist die Geschichte der Nation kennen zu lernen. Noch ist
  • Michael Ignaz Schmidts Geschichte der Deutschen, Ulm 1778–85 bisher in 6 Theilen in gr. 8. und der erste Theil verbessert aufgelegt 1785
das einzige Buch dieser Art. Zur Kenntniß der deutschen Reichs- oder vielmehr Kaisergeschichte, könnte man, zu dem hier nöthigen Zweck, dem Anfänger
  • Die Geschichte des teutschen Reichs von C. G. H. (Heinrich), Riga 1778 und 1779 in drey Theilen in gr. 8.
empfehlen, und hernach
  • Die allgemeine Welthistorie - - in einem vollständigen und pragmatischen Auszuge - - verfertigt von Franz Dominicus Häberlin. Neue Historie. Halle 1767–73, in 12 Bänden in gr. 8.
ob diese gleich erst vom 11ten Jahrhundert an beträchtlich wird, und nur bis 1546 geht, da die folgende
  • Neueste teutsche Reichsgeschichte , die bisher in 18 Bänden in gr. 8, Halle 1774–85 erschienen,
|a240| sie nur bis 1594 fortgesetzt, und dem hiesigen Zweck nicht angemessen ist.
Zu einer Ergänzung der in jener Allgem. Welthist. äusserst kurz berührten ältern Geschichte des teutschen Reichs könnten der
  • Versuch einer Geschichte Kaiser Karls des Grossen, Leipz. 1777. 8. Geschichte der fränkischen Monarchie von dem Tode Karls des Gr. bis zu dem Abgange der Karolinger, Hamburg 1779. gr. 8. und Geschichte der Teutschen von Konrad 1. bis zu dem Tode Heinrichs 2, von D. H. Hegewisch, ebendas. 1781, gr. 8.
gebraucht werden, die alle von Einem Verfasser sind. Aber wer giebt uns eine zu dem hiesigen Zweck dienende Geschichte des 16ten, 17ten und 18ten Jahrhunderts?Zu einer Ergänzung der in jener Allgem. Welthist. äusserst kurz berührten ältern Geschichte des teutschen Reichs könnten der
  • Versuch einer Geschichte Kaiser Karls des Grossen, Leipz. 1777. 8. Geschichte der fränkischen Monarchie von dem Tode Karls des Gr. bis zu dem Abgange der Karolinger, Hamburg 1779. gr. 8. und Geschichte der Teutschen von Konrad 1. bis zu dem Tode Heinrichs 2, von D. H. Hegewisch, ebendas. 1781, gr. 8.
gebraucht werden, die alle von Einem Verfasser sind. Aber wer giebt uns eine zu dem hiesigen Zweck dienende Geschichte des 16ten, 17ten und 18ten Jahrhunderts?

244.

Diese deutsche Geschichte recht zu verstehn und zu beurtheilen, müßte man wenigstens einen allgemeinen Begrif von der deutschen Staatsverfassung haben, oder die deutsche Staatskunde (Statistik) kennen. Für die hier angenommenen Leser möchten Joh. Jac. Schmaussens akademische Reden und Vorlesungen über das teutsche Staatsrecht, herausgegeben von Joh. Alb. Herm. Heldmann, Lemgo 1766 in 4. den deutlichsten Unterricht enthalten.Diese deutsche Geschichte recht zu verstehn und zu beurtheilen, müßte man wenigstens einen allgemeinen Begrif von der deutschen Staatsverfassung haben, oder die deutsche Staatskunde (Statistik) kennen. Für die hier angenommenen Leser möchten Joh. Jac. Schmaussens akademische Reden und Vorlesungen über das teutsche Staatsrecht, herausgegeben von Joh. Alb. Herm. Heldmann, Lemgo 1766 in 4. den deutlichsten Unterricht enthalten.

245.

Hierauf würde man sich mit der übrigen europäischen Staatengeschichte, die den nächsten Ein|a241|fluß in die deutsche Geschichte hat, und mit derselben auch sich die Staatsverfassung derselben bekannt machen, wozu, wenigstens die Verfassung der meisten kennen zu lernen, die
  • Staatsverfassung der heutigen vornehmsten europäischen Reiche und Völker im Grundrisse, von Gottfr. Achenwall, 6ste Ausgabe, Erster Theil, Göttingen 1771, Zweyter Theil, 1785. 8. und die Einleitung zur allgemeinen und besondern europäischen Staatskunde, entworfen von M. E. Tozen, 3te Aufl. Bützow 1785. in gr. 8.
die brauchbarsten sind. Zur allgemeinen Uebersicht kan die
  • Anleitung zur Kenntniß der europäischen Staatenhistorie - - von Joh. Georg Meusel, zwote Ausgabe, Leipz. 1782. in gr. 8.
dienen , die zugleich die nöthigsten genealogischen Tabellen enthält, und die besten allgemeinen Schriften und Werke anzeigt, welche über die Geschichte eines jeden Staates insbesondre vorhanden sind, und hier, nach unsrer Absicht, nicht berühret werden können. Hierauf würde man sich mit der übrigen europäischen Staatengeschichte, die den nächsten Ein|a241|fluß in die deutsche Geschichte hat, und mit derselben auch sich die Staatsverfassung derselben bekannt machen, wozu, wenigstens die Verfassung der meisten kennen zu lernen, die
  • Staatsverfassung der heutigen vornehmsten europäischen Reiche und Völker im Grundrisse, von Gottfr. Achenwall, 6ste Ausgabe, Erster Theil, Göttingen 1771, Zweyter Theil, 1785. 8. und die Einleitung zur allgemeinen und besondern europäischen Staatskunde, entworfen von M. E. Tozen, 3te Aufl. Bützow 1785. in gr. 8.
die brauchbarsten sind. Zur allgemeinen Uebersicht kan die
  • Anleitung zur Kenntniß der europäischen Staatenhistorie - - von Joh. Georg Meusel, zwote Ausgabe, Leipz. 1782. in gr. 8.
dienen , die zugleich die nöthigsten genealogischen Tabellen enthält, und die besten allgemeinen Schriften und Werke anzeigt, welche über die Geschichte eines jeden Staates insbesondre vorhanden sind, und hier, nach unsrer Absicht, nicht berühret werden können.

246.

Nun würde es darauf ankommen, welche Theile der übrigen, sonderlich ältern Geschichte, der, welcher sich nicht mit besondern Fleiß auf die Geschichte legen kan, zu seinem Zweck und eigentlichem Studium am nothwendigsten fände. Die ältere Geschichte, wenigstens einzle Theile dersel|a242|ben, können für manchen weit nützlicher und unentbehrlicher, als die meisten Theile der neuern seyn; und sie haben selbst das Glück gehabt, weit pragmatischer bearbeitet zu werden, als manche der neuern, welche, bey allem Nutzen für den bloß Wißbegierigen, den Staatsmann und Rechtsgelehrten, für andre Leser sehr wenig Wissenswürdiges oder Lehrreiches enthalten. Für den, welcher das Studium der Theologie und ihrer einzlen Theile zu seiner Hauptbeschäftigung macht, kan daher die jüdische und die damit in Verbindung stehende Geschichte andrer Völker, nebst der griechischen und römischen, vorzüglichen Fleiß erfordern. In dieser Rücksicht, selbst wegen des guten Vortrags, verdienen die Elementa historiae antiquae, auctore Gottlob Aug. Baumgarten Crusio, Lips. 1775. 8. wovon nur noch die Fortsetzung fehlt, sehr empfohlen zu werden. Einige die griechische und römische Geschichte betreffende Schriften sind schon oben (§. 138 ) erwehnt worden, und wer diese Geschichte, zum bessern Verhältniß alter Schriftsteller, noch ausführlicher zu lernen wünschte, könnte sich dazu der Histoire ancienne - - par Rollin, die Halle 1756. 57. in 4 Voll. und Ebendesselben noch beßre Histoire Romaine, die ebendaselbst 1753–55. in 5 Voll. in gr. 8. nachgedruckt worden ist, und der Histoire des Empereurs, nebst deren Fortsetzung in der Histoire des Empereurs Romains - - jusqu' à Constantin, par J. B. L. Crevier, nachgedruckt Amst. 1750 f. in 12 Bänden gr. 12. bedienen. Will man übrigens aus Einem Werk die Spezialgeschichte aller bekannten und merkwürdigern, äl|a243|tern und neuern, Völker und Staaten genauer kennen lernen, ohne sich in eine sehr ausführliche Untersuchung derselben einzulassen, so möchte, im Ganzen genommen, kein Werk dazu dienlicher seyn als die Allgemeine Weltgeschichte, von der Schöpfung an bis auf gegenwärtige Zeit, von Wilh. Guthrie, Joh. Gray und andern - - übersetzt - berichtigt, und mit Anmerkungen versehen, (in einzeln Theilen auch durchaus um- oder ganz neu ausgearbeitet, Leipz. 1765. flgg.) das sich seiner Vollendung nähert, und bis jetzt aus 33 Bänden in gr. 8. besteht, Th. 1–4. Th. 5 Band 1–4, Th. 6 B. 1 u. 2. Th. 7 B. 1 u. 2. Th. 8 u. 9. Th. 10 B. 1 u. 2. Th. 11 u. 12. Th. 13 B. 1 u. 2. Th. 14, 1–3te Abth. Th. 15, 1–4te Abth. Th. 16, 1–6ste Abth. wovon einige Theile selbst dem Geschichtsforscher wichtig seyn werden.Nun würde es darauf ankommen, welche Theile der übrigen, sonderlich ältern Geschichte, der, welcher sich nicht mit besondern Fleiß auf die Geschichte legen kan, zu seinem Zweck und eigentlichem Studium am nothwendigsten fände. Die ältere Geschichte, wenigstens einzle Theile dersel|a242|ben, können für manchen weit nützlicher und unentbehrlicher, als die meisten Theile der neuern seyn; und sie haben selbst das Glück gehabt, weit pragmatischer bearbeitet zu werden, als manche der neuern, welche, bey allem Nutzen für den bloß Wißbegierigen, den Staatsmann und Rechtsgelehrten, für andre Leser sehr wenig Wissenswürdiges oder Lehrreiches enthalten. Für den, welcher das Studium der Theologie und ihrer einzlen Theile zu seiner Hauptbeschäftigung macht, kan daher die jüdische und die damit in Verbindung stehende Geschichte andrer Völker, nebst der griechischen und römischen, vorzüglichen Fleiß erfordern. In dieser Rücksicht, selbst wegen des guten Vortrags, verdienen die Elementa historiae antiquae, auctore Gottlob Aug. Baumgarten Crusio, Lips. 1775. 8. wovon nur noch die Fortsetzung fehlt, sehr empfohlen zu werden. Einige die griechische und römische Geschichte betreffende Schriften sind schon oben (§. 138 ) erwehnt worden, und wer diese Geschichte, zum bessern Verhältniß alter Schriftsteller, noch ausführlicher zu lernen wünschte, könnte sich dazu der Histoire ancienne - - par Rollin, die Halle 1756. 57. in 4 Voll. und Ebendesselben noch beßre Histoire Romaine, die ebendaselbst 1753–55. in 5 Voll. in gr. 8. nachgedruckt worden ist, und der Histoire des Empereurs, nebst deren Fortsetzung in der Histoire des Empereurs Romains - - jusqu' à Constantin, par J. B. L. Crevier, nachgedruckt Amst. 1750 f. in 12 Bänden gr. 12. bedienen. Will man übrigens aus Einem Werk die Spezialgeschichte aller bekannten und merkwürdigern, äl|a243|tern und neuern, Völker und Staaten genauer kennen lernen, ohne sich in eine sehr ausführliche Untersuchung derselben einzulassen, so möchte, im Ganzen genommen, kein Werk dazu dienlicher seyn als die Allgemeine Weltgeschichte, von der Schöpfung an bis auf gegenwärtige Zeit, von Wilh. Guthrie, Joh. Gray und andern - - übersetzt - berichtigt, und mit Anmerkungen versehen, (in einzeln Theilen auch durchaus um- oder ganz neu ausgearbeitet, Leipz. 1765. flgg.) das sich seiner Vollendung nähert, und bis jetzt aus 33 Bänden in gr. 8. besteht, Th. 1–4. Th. 5 Band 1–4, Th. 6 B. 1 u. 2. Th. 7 B. 1 u. 2. Th. 8 u. 9. Th. 10 B. 1 u. 2. Th. 11 u. 12. Th. 13 B. 1 u. 2. Th. 14, 1–3te Abth. Th. 15, 1–4te Abth. Th. 16, 1–6ste Abth. wovon einige Theile selbst dem Geschichtsforscher wichtig seyn werden.

247.

Ein für den Gelehrten besonders unentbehrlicher Theil der Geschichte ist die gelehrte oder Literargeschichte, welche die Schicksale der Wissenschaften und der dazu dienlichen Hülfsmittel vorstellen soll. Fortschritte in einzeln Wissenschaften, erforderten Fortschritte in der Cultur überhaupt, und in der Art der Cultur insbesondre, welche unter dem Namen der Gelehrsamkeit (§. 3 ) begriffen wird. Diese Fortschritte lassen sich aber nicht deutlich angeben, wenn man nicht diejenigen kennt, welche die meisten oder wichtigsten Fortschritte |a244| darin gethan, und dadurch sie bey andern befördert haben. In so fern daher die Literargeschichte das Schicksal der Wissenschaften darstellen sollte, müßte sie – die Geschichte der Cultur, wenigstens der der Wissenschaften überhaupt, – die Geschichte der einzeln Wissenschaften, – und die Geschichte der merkwürdigern Gelehrten enthalten.Ein für den Gelehrten besonders unentbehrlicher Theil der Geschichte ist die gelehrte oder Literargeschichte, welche die Schicksale der Wissenschaften und der dazu dienlichen Hülfsmittel vorstellen soll. Fortschritte in einzeln Wissenschaften, erforderten Fortschritte in der Cultur überhaupt, und in der Art der Cultur insbesondre, welche unter dem Namen der Gelehrsamkeit (§. 3 ) begriffen wird. Diese Fortschritte lassen sich aber nicht deutlich angeben, wenn man nicht diejenigen kennt, welche die meisten oder wichtigsten Fortschritte |a244| darin gethan, und dadurch sie bey andern befördert haben. In so fern daher die Literargeschichte das Schicksal der Wissenschaften darstellen sollte, müßte sie – die Geschichte der Cultur, wenigstens der der Wissenschaften überhaupt, – die Geschichte der einzeln Wissenschaften, – und die Geschichte der merkwürdigern Gelehrten enthalten.
Anm. 1. Cultur (Ausbildung, Aufklärung) im weitern Verstande, heißt jede Vervollkommnung der Seelenkräfte, sie mag in Erweiterung der Kenntnisse und Neigungen oder in Verbesserung der Seelenkräfte durch Berichtigung und Verdeutlichung der Begriffe sowohl als durch Bestimmung der Neigungen nach deutlicher Erkenntniß, bestehen. Wird diese erlangte Vollkommenheit der Seelenkräfte zur Beförderung der, innerlichen oder äusserlichen, Glückseligkeit angewendet: so entsteht Cultur im engern Verstande, die also nichts anders ist, als Fertigkeit, unsre Seelenkräfte zur menschlichen (innern oder äussern, wahren oder vermeinten,) Glückseligkeit anzuwenden.
Anm. 2. Eine Wissenschaft (obiective genommen) ist ein zusammenhängender Inbegrif deutlicher Kenntnisse von Gegenständen einer gewissen Art – und, will man sie noch von einer Kunst unterscheiden, so möchte es, bey aller Unbestimmtheit dieses Worts, doch wohl dem gewöhnlichsten Sprachgebrauch am gemässesten seyn, diesen Unterschied der Wissenschaften und Künste darnach zu bestimmen, daß diese sich mit Gegenständen beschäftigen, die den Sinnen dargestellt werden können, jene aber mit geistigen , wenigstens solchen Dingen, deren Kenntniß nicht auf blosser Empfindung beruht. – Wissenschaft|a245|liche Cultur ist also eine Art der Cultur in weiterm Verstande, und von Cultur der Sitten sowohl als von Volks- oder gewöhnlicher Cultur noch sehr verschieden, ob sie gleich in beyde einen ungemeinen Einfluß haben kan.

248.

Zu den Hülfsmitteln, welche zur Kenntniß der Wissenschaften, Künste, und überhaupt nützlicher Sachen, sowohl als zur mehrern Ausbreitung derselben dienlich sind, gehören theils alle schriftliche Denkmahle, vorzüglich Bücher, theils alle Anstalten, welche die bessere Entdeckung und Ausbildung nützlicher Kenntnisse oder die Erhaltung desjenigen befördern, was bereits entdeckt und ausgebildet worden ist. Der Theil der Literargeschichte, welcher jene Denkmahle bekannt macht, heißt die Bücherkenntniß. Zu den erwehnten Anstalten aber gehören, Schulen, Universitäten, Akademien, Bibliotheken, gelehrte Journale und dergleichen; man könnte diesen Theil Geschichte der literarischen Anstalten nennen.Zu den Hülfsmitteln, welche zur Kenntniß der Wissenschaften, Künste, und überhaupt nützlicher Sachen, sowohl als zur mehrern Ausbreitung derselben dienlich sind, gehören theils alle schriftliche Denkmahle, vorzüglich Bücher, theils alle Anstalten, welche die bessere Entdeckung und Ausbildung nützlicher Kenntnisse oder die Erhaltung desjenigen befördern, was bereits entdeckt und ausgebildet worden ist. Der Theil der Literargeschichte, welcher jene Denkmahle bekannt macht, heißt die Bücherkenntniß. Zu den erwehnten Anstalten aber gehören, Schulen, Universitäten, Akademien, Bibliotheken, gelehrte Journale und dergleichen; man könnte diesen Theil Geschichte der literarischen Anstalten nennen.

249.

Die Vortheile, welche 1) der Geschichte überhaupt können zugeschrieben werden (§. 221 24 ), kan die Literargeschichte insbesondre in ihrer Art ebenfalls stiften. Sie ist selbst dem Gelehrten, als Gelehrten, weit nützlicher, als die meisten übrigen Theile der Historie, namentlich als die bürgerliche Geschichte; weil sie die Art seiner ei|a246|genthümlichen Beschäftigungen angeht, ihn mit den ihm nöthigsten Kenntnissen und Hülfsmitteln bekannt macht, ihm die nützlichsten Beyspiele darstellt, nach welchen er sich bilden, durch die er ermuntert oder gewarnet werden kan. 2) Es wäre ungereimt für den, der nach immer mehrerer Vollkommenheit strebt, ungerecht gegen Andrer Verdienste, und undankbar gegen die göttliche Fürsehung, wenn man das nicht benutzen wollte, was schon Andre uns vorgearbeitet haben, am ungereimtesten da, wo blosse Beobachtung, Nachdenken oder Genie uns nicht helfen können, d. i. in allem was historisch ist. Dieses Vorgearbeitete ist doch in Büchern enthalten, welche uns die Literargeschichte kennen lehrt, und ohne diese Kenntniß weiß man schlechterdings nicht, woran man sich halten soll, wenn man über eine Wissenschaft oder gewisse Gegenstände derselben unterrichtet seyn will. Mündlichen Unterricht in den Wissenschaften kan man wenigstens nicht immer haben, man kan ihn wenigstens und man kan selbst erlangte Kenntnisse immer mehr aus Büchern vermehren. Literargeschichte, und besonders Bücherkenntniß, ist das Repertorium für die ganze Gelehrsamkeit; ohne sie bleibt man in Kenntnissen unglaublich zurück.Die Vortheile, welche 1) der Geschichte überhaupt können zugeschrieben werden (§. 221 24 ), kan die Literargeschichte insbesondre in ihrer Art ebenfalls stiften. Sie ist selbst dem Gelehrten, als Gelehrten, weit nützlicher, als die meisten übrigen Theile der Historie, namentlich als die bürgerliche Geschichte; weil sie die Art seiner ei|a246|genthümlichen Beschäftigungen angeht, ihn mit den ihm nöthigsten Kenntnissen und Hülfsmitteln bekannt macht, ihm die nützlichsten Beyspiele darstellt, nach welchen er sich bilden, durch die er ermuntert oder gewarnet werden kan. 2) Es wäre ungereimt für den, der nach immer mehrerer Vollkommenheit strebt, ungerecht gegen Andrer Verdienste, und undankbar gegen die göttliche Fürsehung, wenn man das nicht benutzen wollte, was schon Andre uns vorgearbeitet haben, am ungereimtesten da, wo blosse Beobachtung, Nachdenken oder Genie uns nicht helfen können, d. i. in allem was historisch ist. Dieses Vorgearbeitete ist doch in Büchern enthalten, welche uns die Literargeschichte kennen lehrt, und ohne diese Kenntniß weiß man schlechterdings nicht, woran man sich halten soll, wenn man über eine Wissenschaft oder gewisse Gegenstände derselben unterrichtet seyn will. Mündlichen Unterricht in den Wissenschaften kan man wenigstens nicht immer haben, man kan ihn wenigstens und man kan selbst erlangte Kenntnisse immer mehr aus Büchern vermehren. Literargeschichte, und besonders Bücherkenntniß, ist das Repertorium für die ganze Gelehrsamkeit; ohne sie bleibt man in Kenntnissen unglaublich zurück.

250.

Die Bekanntschaft mit ihr lehrt uns auch 3), den ganzen Umfang der Wissenschaften, wovon immer eine der andern die Hand bietet; sie bringt |a247| uns also einen allgemeinen Geschmack und wenigstens Achtung gegen alle Wissenschaften bey, verhindert dadurch nicht nur die so schädliche Pedanterey und Kleinkreisigkeit, sie vermindert auch, indem sie uns mit dem Gehalt und Einfluß der Wissenschaften in einander bekannt macht, die für die Wissenschaften so schädliche Trägheit, welche aus Unwissenheit oder Gleichgültigkeit gegen alles entsteht, was uns nicht unmittelbar nützlich ist, nebst der schändlichen Einschränkung bloß auf die Studien, wovon man seinen Lebensunterhalt zu ziehen hofft. Und wenn denn auch nur 4) die Kenntniß der Literargeschichte das Studieren erleichterte: so wäre dies schon Gewinnst genug. Es ist doch immer schon lehrreich, auf Andrer Fehltritte und Abwege in den Wissenschaften aufmerksam gemacht zu werden, und sich neue oder vergebliche Arbeit zu ersparen, Andern gute Methoden, gebrauchte Hülfsmittel, und Zeit und Mühe verkürzende Handgriffe abzulernen, zu sehen, was in einer Wissenschaft bereits geleistet worden, oder noch zurück ist, Zeit zu gewinnen, die man über das Lesen schlechter oder doch nicht der besten Bücher einer Art und über unnöthige Arbeit verliert, und seine Kräfte auf das zu verwenden, worin von Andern noch nichts oder doch nicht gut genug geleistet worden ist.Die Bekanntschaft mit ihr lehrt uns auch 3), den ganzen Umfang der Wissenschaften, wovon immer eine der andern die Hand bietet; sie bringt |a247| uns also einen allgemeinen Geschmack und wenigstens Achtung gegen alle Wissenschaften bey, verhindert dadurch nicht nur die so schädliche Pedanterey und Kleinkreisigkeit, sie vermindert auch, indem sie uns mit dem Gehalt und Einfluß der Wissenschaften in einander bekannt macht, die für die Wissenschaften so schädliche Trägheit, welche aus Unwissenheit oder Gleichgültigkeit gegen alles entsteht, was uns nicht unmittelbar nützlich ist, nebst der schändlichen Einschränkung bloß auf die Studien, wovon man seinen Lebensunterhalt zu ziehen hofft. Und wenn denn auch nur 4) die Kenntniß der Literargeschichte das Studieren erleichterte: so wäre dies schon Gewinnst genug. Es ist doch immer schon lehrreich, auf Andrer Fehltritte und Abwege in den Wissenschaften aufmerksam gemacht zu werden, und sich neue oder vergebliche Arbeit zu ersparen, Andern gute Methoden, gebrauchte Hülfsmittel, und Zeit und Mühe verkürzende Handgriffe abzulernen, zu sehen, was in einer Wissenschaft bereits geleistet worden, oder noch zurück ist, Zeit zu gewinnen, die man über das Lesen schlechter oder doch nicht der besten Bücher einer Art und über unnöthige Arbeit verliert, und seine Kräfte auf das zu verwenden, worin von Andern noch nichts oder doch nicht gut genug geleistet worden ist.

251.

Wenn überdies 5) einem jeden Gelehrten daran liegen muß, sich nicht selbst verächtlich zu |a248| machen, sondern vielmehr Andrer Vertrauen zu gewinnen und zu erhalten, um mit seinen Kenntnissen desto mehr Nutzen zu stiften: so begreift man leicht, wie sehr es unsrer Achtung bey Andern schade, wenn man oft nicht einmal die bekanntesten Hülfsmittel der Gelehrsamkeit, oder die besten Schriften einer Art, kennt, längst von Andern gemachte Entdeckungen als etwas Neues anstaunt, oder sich ihrer als neuer Erfindungen rühmt, Fehler, die man ohne Kenntniß der Literargeschichte nicht vermeiden kan; wie sehr es hingegen Andrer Vertrauen erwerbe und vermehre, wenn man sich gleich zu helfen, und das, woran es uns noch fehlt, gleich durch Hülfe dessen, was Andre in einer Wissenschaft vorgearbeitet haben, zu ersetzen, oder Rechenschaft zu geben wisse, woran es liegt, und warum es nicht möglich ist, gewisse Lücken in der Erkenntniß auszufüllen. 6) Selbst auf den moralischen Charakter und das Betragen eines Gelehrten ist diese literarische Kenntniß nicht ohne Einfluß. Der allgenugsame Dünkel eingebildeter Selbstdenker und Erfinder, welcher wenigstens mit darauf beruht, daß man den Umfang menschlicher Kenntnisse, die mannichfaltigen Schwierigkeiten und verunglückten Versuche in gewissen Untersuchungen, und die Verdienste Andrer zu wenig kennt; die Verachtung oder Gleichgültigkeit gegen alles, was man nicht selbst versteht; der Partheygeist, der Haß oder Verdacht gegen alle, die von uns verschieden denken, zumal das schädliche Vorurtheil gegen alles, was man für Neuerung hält: alles dieses kan schwerlich bey dem aufkommen oder |a249| sich lange erhalten, der genugsame Kenntnisse der Literargeschichte hat, die hingegen Bescheidenheit und Billigkeit, vernünftige Freyheit im Denken, gesetzten Muth und Zufriedenheit bey unsern verkannten Verdiensten oder guten Absichten und Aufmunterung durch gute Beyspiele und durch die wohlthätigen Leitungen der göttlichen Fürsehung, befördern können.Wenn überdies 5) einem jeden Gelehrten daran liegen muß, sich nicht selbst verächtlich zu |a248| machen, sondern vielmehr Andrer Vertrauen zu gewinnen und zu erhalten, um mit seinen Kenntnissen desto mehr Nutzen zu stiften: so begreift man leicht, wie sehr es unsrer Achtung bey Andern schade, wenn man oft nicht einmal die bekanntesten Hülfsmittel der Gelehrsamkeit, oder die besten Schriften einer Art, kennt, längst von Andern gemachte Entdeckungen als etwas Neues anstaunt, oder sich ihrer als neuer Erfindungen rühmt, Fehler, die man ohne Kenntniß der Literargeschichte nicht vermeiden kan; wie sehr es hingegen Andrer Vertrauen erwerbe und vermehre, wenn man sich gleich zu helfen, und das, woran es uns noch fehlt, gleich durch Hülfe dessen, was Andre in einer Wissenschaft vorgearbeitet haben, zu ersetzen, oder Rechenschaft zu geben wisse, woran es liegt, und warum es nicht möglich ist, gewisse Lücken in der Erkenntniß auszufüllen. 6) Selbst auf den moralischen Charakter und das Betragen eines Gelehrten ist diese literarische Kenntniß nicht ohne Einfluß. Der allgenugsame Dünkel eingebildeter Selbstdenker und Erfinder, welcher wenigstens mit darauf beruht, daß man den Umfang menschlicher Kenntnisse, die mannichfaltigen Schwierigkeiten und verunglückten Versuche in gewissen Untersuchungen, und die Verdienste Andrer zu wenig kennt; die Verachtung oder Gleichgültigkeit gegen alles, was man nicht selbst versteht; der Partheygeist, der Haß oder Verdacht gegen alle, die von uns verschieden denken, zumal das schädliche Vorurtheil gegen alles, was man für Neuerung hält: alles dieses kan schwerlich bey dem aufkommen oder |a249| sich lange erhalten, der genugsame Kenntnisse der Literargeschichte hat, die hingegen Bescheidenheit und Billigkeit, vernünftige Freyheit im Denken, gesetzten Muth und Zufriedenheit bey unsern verkannten Verdiensten oder guten Absichten und Aufmunterung durch gute Beyspiele und durch die wohlthätigen Leitungen der göttlichen Fürsehung, befördern können.

252.

Aber Geschichte der Gelehrsamkeit ist nicht Gelehrsamkeit selbst! – Freylich nicht, und wer weiter nichts als jene kennt, der versteht von dieser nicht mehr, als jemand von einem Buch aus dem blossen Register oder der allgemeinen Anzeige des Inhalts; er kan selbst vieles in jener nicht recht verstehen oder schätzen, wenn er nicht auch diese kennt. Aber durch diese Anzeige lernt er doch, was er in dem Buch suchen darf, und wenn sie lehrreich genug abgefaßt ist, kan selbst die Uebersicht des Plans und Zusammenhangs für dem, der ihn gehörig zu brauchen weiß, sehr unterhaltend und nutzbar werden, zumal wenn er der in dem Buch vorgetragenen Sache schon kundig ist. – Zudem ist die Literargeschichte kein blosses Register; sie kan so gut, wie jede andre Art der Geschichte, philosophisch und pragmatisch behandelt, und zum Rang einer Wissenschaft erhoben werden; auch ist nicht abzusehen, warum es mehr Tadel verdienen sollte, wenn jemand ihr vorzüglich seinen Fleiß widmete, als wenn er sich irgend auf |a250| eine andere Wissenschaft, auf Sprachen, auf Geschichte, auf Metaphysik u. s. f. vornemlich legt, falls er dazu vorzügliche Fähigkeit, Neigung und Hülfsmittel hat.Aber Geschichte der Gelehrsamkeit ist nicht Gelehrsamkeit selbst! – Freylich nicht, und wer weiter nichts als jene kennt, der versteht von dieser nicht mehr, als jemand von einem Buch aus dem blossen Register oder der allgemeinen Anzeige des Inhalts; er kan selbst vieles in jener nicht recht verstehen oder schätzen, wenn er nicht auch diese kennt. Aber durch diese Anzeige lernt er doch, was er in dem Buch suchen darf, und wenn sie lehrreich genug abgefaßt ist, kan selbst die Uebersicht des Plans und Zusammenhangs für dem, der ihn gehörig zu brauchen weiß, sehr unterhaltend und nutzbar werden, zumal wenn er der in dem Buch vorgetragenen Sache schon kundig ist. – Zudem ist die Literargeschichte kein blosses Register; sie kan so gut, wie jede andre Art der Geschichte, philosophisch und pragmatisch behandelt, und zum Rang einer Wissenschaft erhoben werden; auch ist nicht abzusehen, warum es mehr Tadel verdienen sollte, wenn jemand ihr vorzüglich seinen Fleiß widmete, als wenn er sich irgend auf |a250| eine andere Wissenschaft, auf Sprachen, auf Geschichte, auf Metaphysik u. s. f. vornemlich legt, falls er dazu vorzügliche Fähigkeit, Neigung und Hülfsmittel hat.
Man läßt wirklich der Literargeschichte zu wenig Gerechtigkeit wiederfahren, und die Ursachen davon lassen sich wohl entdecken. Warum setzt man fast immer den Fall, daß jemand sich bloß auf diese Art von Kenntnissen lege? ein Fall, der bey jeder andren Wissenschaft eben so wohl angenommen werden, und in jeder Pedanten hervorbringen kan. Warum stellt man sich den Literator bloß als Bücher- oder gelehrten Anekdotenkenner, noch dazu als den vor, der nur eine trockne, wenigbedeutende Kenntniß von dem Aeussern der Bücher habe? Sicherlich liegt doch die Schuld bey den meisten, die sie verachten, in der Unbekanntschaft mit der Literargeschichte, oder der Gewohnheit, das zu verachten, was sie nicht, oder zu wenig, verstehen, oder was sie nicht als gemeinnützig erkennen. Dieser immer aus zu eingeschränkter Einsicht und Geschmack herrührende Hang, alles gering zu schätzen, wovon man keinen unmittelbaren Nutzen sieht; die Liebe zu literarischen Mikrologien, welche am Ende des vorigen, und in der ersten Hälfte des jetzigen Jahrhunderts sehr gewöhnlich und allerdings verächtlich war; und die noch viel zu wenige rechte Bearbeitung der Literargeschichte, die noch selten das Glück gehabt hat, unter so gute Hände, wie manche andere Wissenschaft, zu gerathen, wovon wir selbst bis jetzt mehr Fragmente als etwas nur einigermassen Ganzes haben, hat wohl auch Verständigere zu unbilligen Urtheilen verleitet, die aber eben mit verursachen, daß dieser Zweig der Literatur noch nicht zu der Vollkommenheit gedie|a251|hen ist, der sich andre Theile der Gelehrsamkeit rühmen können.

253.

Ueberhaupt wird dieser Vorwurf immer mehr von seiner Scheinbarkeit verlieren, je mehr man dahin arbeiten wird, auch diesem Theil der Geschichte diejenigen Eigenschaften zu geben, die oben (§. 225 228 ) von einer wahrhaftig nutzbaren Geschichte erfordert wurden. Die Natur der Literargeschichte erlaubt es eben sowohl; einzle gemachte Versuche über besondre Stücke derselben beweisen, wie ausführbar es sey; und, wenn es bey manchen besondern Theilen derselben nicht möglich scheint, so liegt die Ursach gewiß in dem Mangel hinlänglicher Nachrichten, einer Schwierigkeit, welche die andern Arten der Geschichte nicht minder drückt, ohne daß man deswegen an der philosophischen und pragmatischen Behandlung derselben verzweifelt hätte.Ueberhaupt wird dieser Vorwurf immer mehr von seiner Scheinbarkeit verlieren, je mehr man dahin arbeiten wird, auch diesem Theil der Geschichte diejenigen Eigenschaften zu geben, die oben (§. 225 228 ) von einer wahrhaftig nutzbaren Geschichte erfordert wurden. Die Natur der Literargeschichte erlaubt es eben sowohl; einzle gemachte Versuche über besondre Stücke derselben beweisen, wie ausführbar es sey; und, wenn es bey manchen besondern Theilen derselben nicht möglich scheint, so liegt die Ursach gewiß in dem Mangel hinlänglicher Nachrichten, einer Schwierigkeit, welche die andern Arten der Geschichte nicht minder drückt, ohne daß man deswegen an der philosophischen und pragmatischen Behandlung derselben verzweifelt hätte.

254.

Auch die Literargeschichte läßt sich in die allgemeine und besondre eintheilen; beyde können entweder synthetisch oder analytisch und chronologisch abgehandelt, beyde Methoden auch gewissermassen vereinigt werden (§. 230. 237 ). Die Haupttheile der besondern gelehrten Geschichte sind vorhin (§. 247. 248 ) erwehnt worden. Die Geschichte der Gelehrten läßt sich, wenn sie im Allgemeinen vorgestellt werden soll, am besten mit der |a252| Geschichte der besondern Wissenschaften, so wie die Geschichte der gelehrten Anstalten mit der Geschichte der Wissenschaften überhaupt, verbinden. Die Bücherkenntniß könnte zwar auch mit der Geschichte einzler Wissenschaften, wohinein die Bücher schlagen, verbunden werden, so fern es darauf ankommt, die fortschreitende Ausbildung einer Wissenschaft durch gewisse Bücher anzugeben. Da aber bey der nützlichen Bücherkenntniß weniger auf diesen Gesichtspunct als darauf zu sehen ist, welche Schriften, und wie weit sie, uns noch jetzt, zur Erlernung einer Wissenschaft vorzüglich brauchbar sind: so ist es besser, sie besonders, getrennt von der Geschichte der Wissenschaften, zu betrachten und zu erwerben.Auch die Literargeschichte läßt sich in die allgemeine und besondre eintheilen; beyde können entweder synthetisch oder analytisch und chronologisch abgehandelt, beyde Methoden auch gewissermassen vereinigt werden (§. 230. 237 ). Die Haupttheile der besondern gelehrten Geschichte sind vorhin (§. 247. 248 ) erwehnt worden. Die Geschichte der Gelehrten läßt sich, wenn sie im Allgemeinen vorgestellt werden soll, am besten mit der |a252| Geschichte der besondern Wissenschaften, so wie die Geschichte der gelehrten Anstalten mit der Geschichte der Wissenschaften überhaupt, verbinden. Die Bücherkenntniß könnte zwar auch mit der Geschichte einzler Wissenschaften, wohinein die Bücher schlagen, verbunden werden, so fern es darauf ankommt, die fortschreitende Ausbildung einer Wissenschaft durch gewisse Bücher anzugeben. Da aber bey der nützlichen Bücherkenntniß weniger auf diesen Gesichtspunct als darauf zu sehen ist, welche Schriften, und wie weit sie, uns noch jetzt, zur Erlernung einer Wissenschaft vorzüglich brauchbar sind: so ist es besser, sie besonders, getrennt von der Geschichte der Wissenschaften, zu betrachten und zu erwerben.

255.

Weil die Erlernung der Wissenschaften selbst doch noch wichtiger ist als die Erlernung ihrer Geschichte und die Kenntniß der zu jener dienlichen Hülfsmittel; weil man überdies dieser letztren Kenntniß mehr bedarf, um sich selbst in einer Wissenschaft weiter fort zu helfen, sie also weniger unentbehrlich ist, wenn man in der Wissenschaft selbst Unterricht geniessen kan; und weil die Geschichte einer Wissenschaft nicht recht verstanden, der Werth eines Buchs auch nicht gehörig, wenigstens nach unsrer Bedürfniß, geschätzt werden kan, ehe man nicht der Wissenschaft selbst kundig ist: so ist es rathsamer, die Literargeschichte erst alsdenn zu studieren, wenn man sich schon |a253| mit den Wissenschaften bekannt gemacht hat. Sehr gut wär' es zwar, wenn man schon einigen Begriff von den Wissenschaften, den merkwürdigsten Männern, die sich in jeder hervorgethan haben, und den besten allgemeinern Büchern mitbrächte; man wird sonst manches Historische nicht verstehen, was in den Vortrag der Wissenschaft muß eingeflochten werden, und den Nutzen mancher Lehrsätze, oder ihrer Bestimmungen und Erläuterungen, nicht recht einsehen. Aber dieser Unterricht brauchte nur ganz allgemein zu seyn, und mehr das eben genannte als die Geschichte der Gelehrsamkeit und einzler Wissenschaften zu betreffen, ohngefähr so, wie er in der schätzbaren Synopsis vniuersae concinnata a Jo. Henr. Frid. Meineke, Quedlinb. 1783. 8. oder von den philosophischen Wissenschaften in weiterm Verstande in der Gesnerischen Isagoge (§. 54 ) gegeben worden ist.Weil die Erlernung der Wissenschaften selbst doch noch wichtiger ist als die Erlernung ihrer Geschichte und die Kenntniß der zu jener dienlichen Hülfsmittel; weil man überdies dieser letztren Kenntniß mehr bedarf, um sich selbst in einer Wissenschaft weiter fort zu helfen, sie also weniger unentbehrlich ist, wenn man in der Wissenschaft selbst Unterricht geniessen kan; und weil die Geschichte einer Wissenschaft nicht recht verstanden, der Werth eines Buchs auch nicht gehörig, wenigstens nach unsrer Bedürfniß, geschätzt werden kan, ehe man nicht der Wissenschaft selbst kundig ist: so ist es rathsamer, die Literargeschichte erst alsdenn zu studieren, wenn man sich schon |a253| mit den Wissenschaften bekannt gemacht hat. Sehr gut wär' es zwar, wenn man schon einigen Begriff von den Wissenschaften, den merkwürdigsten Männern, die sich in jeder hervorgethan haben, und den besten allgemeinern Büchern mitbrächte; man wird sonst manches Historische nicht verstehen, was in den Vortrag der Wissenschaft muß eingeflochten werden, und den Nutzen mancher Lehrsätze, oder ihrer Bestimmungen und Erläuterungen, nicht recht einsehen. Aber dieser Unterricht brauchte nur ganz allgemein zu seyn, und mehr das eben genannte als die Geschichte der Gelehrsamkeit und einzler Wissenschaften zu betreffen, ohngefähr so, wie er in der schätzbaren Synopsis vniuersae concinnata a Jo. Henr. Frid. Meineke, Quedlinb. 1783. 8. oder von den philosophischen Wissenschaften in weiterm Verstande in der Gesnerischen Isagoge (§. 54 ) gegeben worden ist.

256.

Es ist sehr zu bedauren, daß wir bey einem so wichtigen Theile der Historie, wie die Literargeschichte ist, noch kein einziges allgemeines Werk haben, das man dem, der den ersten Grund zu ihrer Kenntniß legen will, empfehlen könnte; da alles, was man hieher gehöriges hat, entweder fast blosses Skelet ist, oder diese Geschichte nicht in ihrem ganzen Umfang begreift, oder gar nicht zur guten Uebersicht geordnet, oder voll Fehler und unzuverläßig, wenigstens nicht auf genugsame Untersuchung gegründet ist. Bey diesen Um|a254|ständen scheint folgendes noch das räthlichste zu seyn.Es ist sehr zu bedauren, daß wir bey einem so wichtigen Theile der Historie, wie die Literargeschichte ist, noch kein einziges allgemeines Werk haben, das man dem, der den ersten Grund zu ihrer Kenntniß legen will, empfehlen könnte; da alles, was man hieher gehöriges hat, entweder fast blosses Skelet ist, oder diese Geschichte nicht in ihrem ganzen Umfang begreift, oder gar nicht zur guten Uebersicht geordnet, oder voll Fehler und unzuverläßig, wenigstens nicht auf genugsame Untersuchung gegründet ist. Bey diesen Um|a254|ständen scheint folgendes noch das räthlichste zu seyn.

257.

Man lege 1) ein gutes Handbuch der allgemeinen Weltgeschichte zum Grunde, wenn dasselbe zugleich mit die Geschichte der Cultur und der Wissenschaften begreift, in welcher Absicht die oben (§. 238 ) angeführten Gattererschen Schriften unstreitig die besten, oder vielmehr einzig brauchbaren ihrer Art sind. Man kan sich dadurch wenigstens orientiren lernen, und die Sachen besser behalten, wenn man sie an die Weltgeschichte anschließt. Eben so halte man sich 2) vorerst an ein allgemeineres Buch nach der synthetischen Methode, unter welchen der Conspectus reipublicae literariae von Christoph Aug. Heumann, Edit. 6. Hanover. 1753. 8. wegen seiner fruchtbaren Kürze, leichten Uebersicht und Genauigkeit; und der Versuch einer Einleitung in die Geschichte der Kenntnisse, Wissenschaften und schönen Künste, von Sam. Gottlieb Wald, Halle 1784. gr. 8. wegen der mehrern Vollständigkeit und gebrauchten neuern Hülfsmittel, den Vorzug behauptet. Man lege 1) ein gutes Handbuch der allgemeinen Weltgeschichte zum Grunde, wenn dasselbe zugleich mit die Geschichte der Cultur und der Wissenschaften begreift, in welcher Absicht die oben (§. 238 ) angeführten Gattererschen Schriften unstreitig die besten, oder vielmehr einzig brauchbaren ihrer Art sind. Man kan sich dadurch wenigstens orientiren lernen, und die Sachen besser behalten, wenn man sie an die Weltgeschichte anschließt. Eben so halte man sich 2) vorerst an ein allgemeineres Buch nach der synthetischen Methode, unter welchen der Conspectus reipublicae literariae von Christoph Aug. Heumann, Edit. 6. Hanover. 1753. 8. wegen seiner fruchtbaren Kürze, leichten Uebersicht und Genauigkeit; und der Versuch einer Einleitung in die Geschichte der Kenntnisse, Wissenschaften und schönen Künste, von Sam. Gottlieb Wald, Halle 1784. gr. 8. wegen der mehrern Vollständigkeit und gebrauchten neuern Hülfsmittel, den Vorzug behauptet.

258.

Nach diesem gelegten Grunde scheint es 3) rathsamer, die besondern Theile der Literargeschichte etwas ausführlicher und genauer zu studieren, ehe man etwas größre allgemeinere Werke zu Rathe zieht. Denn diese letztern, wie wir sie jetzt |a255| haben , sind zu sehr compilirt, zu wenig genau, und enthalten zu viel Unnützes oder Unausgeführtes, als daß nicht zu besorgen wäre, sie würden auch einen geduldigen und wißbegierigen Leser oft zu sehr ermüden, und ihn hinterher nöthigen, das zu berichtigen, oder mit Mühe wieder zu verlernen, was er daraus geschöpft hat. Man könnte sich also 4) zuvörderst aus dem Versuch einer Geschichte der Cultur des menschlichen Geschlechts, von dem Verfasser des Begrifs menschlicher Fertigkeiten und Kenntnisse (Joh. Christoph Adelung), Leipz. 1783. 8. eine allgemeine Uebersicht des Fortgangs der Cultur, besonders der Wissenschaften, erwerben, und sich zugleich etwas an die pragmatische Behandlung dieses Theils der Geschichte gewöhnen. Hernach sich 5) eine ähnliche Uebersicht der Geschichte einzler Wissenschaften zu verschaffen suchen. Nur ist hier wieder zu bedauren, daß wir – ausser einigen guten Schriften, welche die Geschichte dieser und jener besondern Wissenschaft enthalten, und die nach der hiesigen Absicht nicht angeführt werden können – nichts einigermassen Allgemeines haben, als Gottlieb Stolle's (sehr unvollständige und seichte) Anleitung zur Historie der Gelahrheit - - zum drittenmal verbessert und - - vermehrt, Jena 1727. 4. nebst den ganz neuen Zusätzen, ebendas. 1736. 4., von dem auch eine Anleitung zur Historie der medicinischen, juristischen und theologischen Gelahrheit, letzte Jena 1739. 4., herausgegeben ist, die mehr compilirte Bücherkenntniß als Geschichte der Wissenschaft liefert.Nach diesem gelegten Grunde scheint es 3) rathsamer, die besondern Theile der Literargeschichte etwas ausführlicher und genauer zu studieren, ehe man etwas größre allgemeinere Werke zu Rathe zieht. Denn diese letztern, wie wir sie jetzt |a255| haben , sind zu sehr compilirt, zu wenig genau, und enthalten zu viel Unnützes oder Unausgeführtes, als daß nicht zu besorgen wäre, sie würden auch einen geduldigen und wißbegierigen Leser oft zu sehr ermüden, und ihn hinterher nöthigen, das zu berichtigen, oder mit Mühe wieder zu verlernen, was er daraus geschöpft hat. Man könnte sich also 4) zuvörderst aus dem Versuch einer Geschichte der Cultur des menschlichen Geschlechts, von dem Verfasser des Begrifs menschlicher Fertigkeiten und Kenntnisse (Joh. Christoph Adelung), Leipz. 1783. 8. eine allgemeine Uebersicht des Fortgangs der Cultur, besonders der Wissenschaften, erwerben, und sich zugleich etwas an die pragmatische Behandlung dieses Theils der Geschichte gewöhnen. Hernach sich 5) eine ähnliche Uebersicht der Geschichte einzler Wissenschaften zu verschaffen suchen. Nur ist hier wieder zu bedauren, daß wir – ausser einigen guten Schriften, welche die Geschichte dieser und jener besondern Wissenschaft enthalten, und die nach der hiesigen Absicht nicht angeführt werden können – nichts einigermassen Allgemeines haben, als Gottlieb Stolle's (sehr unvollständige und seichte) Anleitung zur Historie der Gelahrheit - - zum drittenmal verbessert und - - vermehrt, Jena 1727. 4. nebst den ganz neuen Zusätzen, ebendas. 1736. 4., von dem auch eine Anleitung zur Historie der medicinischen, juristischen und theologischen Gelahrheit, letzte Jena 1739. 4., herausgegeben ist, die mehr compilirte Bücherkenntniß als Geschichte der Wissenschaft liefert.

|a256| 259.

Bey den folgenden Theilen der Literargeschichte ist es 6) ziemlich gleichgültig, welchen man eher als den andern sich bekannt machen soll, obgleich die Bücherkenntniß, selbst in Absicht auf die Erlernung der Wissenschaften, der wichtigste ist. Zur Kenntniß des Bücherwesens im Allgemeinen, und dessen Geschichte, haben wir kein anderes Buch, welches in gedrängterer Kürze und mit mehrerer Genauigkeit und Vollständigkeit das dahin gehörige enthielte, als M. Denis Einleitung in die Bücherkunde, Erster Theil, Bibliographie, Wien 1777. gr. 4; ausser dem aber, und zur Kenntniß der gelehrten Anstalten überhaupt, Burc. Gotth. Struvii Introductio in notitiam rei literariae, die unter diesem Titel mit den Zusätzen gelehrter Männer zum sechstenmal cura Jo. Christ. Fischeri, Frft. et Lips. 1754. in 2 Bänden gr. 8. und unter dem Titel Bibliotheca historiae literariae ganz umgearbeitet von Jo. Frid. Jugler, Jenae 1754–1763 in 3 Tomm. gr. 8. herausgekommen ist. Diese letztre Ausgabe ist weit vollständiger, und meistens noch genauer, erstre aber enthält noch verschiednes, was man in dieser vermißt.Bey den folgenden Theilen der Literargeschichte ist es 6) ziemlich gleichgültig, welchen man eher als den andern sich bekannt machen soll, obgleich die Bücherkenntniß, selbst in Absicht auf die Erlernung der Wissenschaften, der wichtigste ist. Zur Kenntniß des Bücherwesens im Allgemeinen, und dessen Geschichte, haben wir kein anderes Buch, welches in gedrängterer Kürze und mit mehrerer Genauigkeit und Vollständigkeit das dahin gehörige enthielte, als M. Denis Einleitung in die Bücherkunde, Erster Theil, Bibliographie, Wien 1777. gr. 4; ausser dem aber, und zur Kenntniß der gelehrten Anstalten überhaupt, Burc. Gotth. Struvii Introductio in notitiam rei literariae, die unter diesem Titel mit den Zusätzen gelehrter Männer zum sechstenmal cura Jo. Christ. Fischeri, Frft. et Lips. 1754. in 2 Bänden gr. 8. und unter dem Titel Bibliotheca historiae literariae ganz umgearbeitet von Jo. Frid. Jugler, Jenae 1754–1763 in 3 Tomm. gr. 8. herausgekommen ist. Diese letztre Ausgabe ist weit vollständiger, und meistens noch genauer, erstre aber enthält noch verschiednes, was man in dieser vermißt.

260.

In diesem Struvischen Werk findet man auch die Werke genannt, aus welchen die Bücherkenntniß geschöpft werden kan. Der zweyte Theil |a257| von Denis Einleitung in die Bücherkunde, Wien 1778. gr. 4. soll zwar aus allen Wissenschaften die besten Bücher angeben, nennt aber fast bloß die Titel, und es fehlt sowohl an Wahl als zweckmäßiger Vollständigkeit; welches bey dem grossentheils daraus genommnen Versuch einer Mappe-Monde litteraire von Christian Friedr. Wilh. Roth, Erfurt 1785 in gr. fol. eben der Fall ist. Ueberhaupt ist wegen des ungeheuren Umfangs der Bücherkenntniß und der Unmöglichkeit, gar zu viele Bücher genau zu kennen, bey Bücherverzeichnisse von mehrern oder allen Theilen der Gelehrsamkeit nicht möglich, daß Ein Schriftsteller reife Wahl beobachten, und zuverläßige Beschreibung geben könne, und ohne dieses beydes können solche Verzeichnisse wenig helfen. Man thut daher besser, sich an eine zu halten, welche sich nur auf einzle Wissenschaften eingeschränkt, und dabey zum wenigsten, nebst zuverläßiger Genauigkeit, eine sorgfältige Wahl des Besten beobachtet haben. – In Absicht auf die theologischen Wissenschaften ist dieses in der Anweisung zur Kenntniß der besten allgemeinern Bücher in allen Theilen der Theologie, zwote Aufl. Leipz[.] 1780. 8. wenigstens meine Absicht gewesen, wo auch in der Einleitung Regeln zur Beurtheilung der Bücher und die Hülfsmittel zur Erweiterung der, zumal theologischen, Bücherkenntniß angegeben sind. Man kan damit die Predigerbibliothek - - von Dav. Gottlieb Niemeyer, Halle 1782–84 in 3 Theilen, gr. 8. sehr nützlich verbinden. In diesem Struvischen Werk findet man auch die Werke genannt, aus welchen die Bücherkenntniß geschöpft werden kan. Der zweyte Theil |a257| von Denis Einleitung in die Bücherkunde, Wien 1778. gr. 4. soll zwar aus allen Wissenschaften die besten Bücher angeben, nennt aber fast bloß die Titel, und es fehlt sowohl an Wahl als zweckmäßiger Vollständigkeit; welches bey dem grossentheils daraus genommnen Versuch einer Mappe-Monde litteraire von Christian Friedr. Wilh. Roth, Erfurt 1785 in gr. fol. eben der Fall ist. Ueberhaupt ist wegen des ungeheuren Umfangs der Bücherkenntniß und der Unmöglichkeit, gar zu viele Bücher genau zu kennen, bey Bücherverzeichnisse von mehrern oder allen Theilen der Gelehrsamkeit nicht möglich, daß Ein Schriftsteller reife Wahl beobachten, und zuverläßige Beschreibung geben könne, und ohne dieses beydes können solche Verzeichnisse wenig helfen. Man thut daher besser, sich an eine zu halten, welche sich nur auf einzle Wissenschaften eingeschränkt, und dabey zum wenigsten, nebst zuverläßiger Genauigkeit, eine sorgfältige Wahl des Besten beobachtet haben. – In Absicht auf die theologischen Wissenschaften ist dieses in der Anweisung zur Kenntniß der besten allgemeinern Bücher in allen Theilen der Theologie, zwote Aufl. Leipz[.] 1780. 8. wenigstens meine Absicht gewesen, wo auch in der Einleitung Regeln zur Beurtheilung der Bücher und die Hülfsmittel zur Erweiterung der, zumal theologischen, Bücherkenntniß angegeben sind. Man kan damit die Predigerbibliothek - - von Dav. Gottlieb Niemeyer, Halle 1782–84 in 3 Theilen, gr. 8. sehr nützlich verbinden.

|a258| 261.

Zur Geschichte der Gelehrten hat ein Anfänger und selbst zum Theil der Gelehrtere zwey oder drey brauchbare Werke an Georg Christoph Hambergers zuverläßigen Nachrichten von den vornehmsten Schriftstellern vom Anfange der Welt bis 1500, Lemgo 1756–64 in 4 Theilen in gr. 8, woraus dessen kurze Nachrichten von den vornehmsten Schriftstellern vor dem 16ten Jahrhundert, ebendas. 1767 in 2 Octavbänden, ein verbesserter und vermehrter Auszug sind, und an Christoph. Saxii Onomasticon literarium, Traj. ad Rhen. 1775–1782 in 4 Partt. gr. 8. welches theils von engern, theils von weitern Umfang als das Hambergersche ist, da es sich zwar mehr, sonderlich auf humanistische Schriftsteller, einschränkt, aber auch mehr in kleinere Bücher-Notitz, und schon bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts geht. Eine trefliche synchronistische Uebersicht giebt in diesem Fache (obgleich jetzt nur bis an das 16te Jahrhundert) die Synopsis historiae literariae, auctore Jerem. Nic. Eyring, Goetting. 1783 und 84 in 3 Tomm. kl. 4. Die Kenntniß andrer in diesen Werken nicht berührten Schriftsteller, kan man aus dem Allgemeinen Gelehrten-Lexicon, herausgegeben von Christian Gottlieb Jöcher, Leipz. 1750 und 51 in 4 Theilen gr. 4. schöpfen, wovon weit bessere Fortsetzungen und Ergänzungen zu diesem Lexicon von Joh. Christoph Adelung, Erster Band, Leipz. 1784 gr. 4, erschienen sind. Zur Geschichte der Gelehrten hat ein Anfänger und selbst zum Theil der Gelehrtere zwey oder drey brauchbare Werke an Georg Christoph Hambergers zuverläßigen Nachrichten von den vornehmsten Schriftstellern vom Anfange der Welt bis 1500, Lemgo 1756–64 in 4 Theilen in gr. 8, woraus dessen kurze Nachrichten von den vornehmsten Schriftstellern vor dem 16ten Jahrhundert, ebendas. 1767 in 2 Octavbänden, ein verbesserter und vermehrter Auszug sind, und an Christoph. Saxii Onomasticon literarium, Traj. ad Rhen. 1775–1782 in 4 Partt. gr. 8. welches theils von engern, theils von weitern Umfang als das Hambergersche ist, da es sich zwar mehr, sonderlich auf humanistische Schriftsteller, einschränkt, aber auch mehr in kleinere Bücher-Notitz, und schon bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts geht. Eine trefliche synchronistische Uebersicht giebt in diesem Fache (obgleich jetzt nur bis an das 16te Jahrhundert) die Synopsis historiae literariae, auctore Jerem. Nic. Eyring, Goetting. 1783 und 84 in 3 Tomm. kl. 4. Die Kenntniß andrer in diesen Werken nicht berührten Schriftsteller, kan man aus dem Allgemeinen Gelehrten-Lexicon, herausgegeben von Christian Gottlieb Jöcher, Leipz. 1750 und 51 in 4 Theilen gr. 4. schöpfen, wovon weit bessere Fortsetzungen und Ergänzungen zu diesem Lexicon von Joh. Christoph Adelung, Erster Band, Leipz. 1784 gr. 4, erschienen sind.

|a259| 262.

Nunmehr könnte man 7) zur Wiederholung, Ergänzung und einigermassen zu mehrerer Zusammenordnung des bisherigen ein etwas grösseres synthetisches Werk über die Literargeschichte benutzen, dergleichen zwar noch gar nicht, so wie man es wünschen möchte, vorhanden ist, aber bey allen grossen Mängeln und Fehlern kan doch hier Dan. Georg. Morhofii Polyhistor, Edit. 4. Lubec. 1747 in 2 Quartbänden, und Joh. Andr. Fabricii Abriß einer allgemeinen Historie der Gelehrsamkeit, Leipz. 751–54 in drey Bänden gr. 8. nothdürftig dienen. Für die älteste Literatur- und Kunstgeschichte bis auf Kyrus, und als ein Muster einer wünschenswürdigen allgemeinen Cultur- und Literaturgeschichte verdienen die Untersuchungen von dem Ursprung der Gesetze, Künste und Wissenschaften - - aus dem Französischen des Anton Yves Goguet übersetzet, Lemgo 1760–62 in 4. studiert zu werden.Nunmehr könnte man 7) zur Wiederholung, Ergänzung und einigermassen zu mehrerer Zusammenordnung des bisherigen ein etwas grösseres synthetisches Werk über die Literargeschichte benutzen, dergleichen zwar noch gar nicht, so wie man es wünschen möchte, vorhanden ist, aber bey allen grossen Mängeln und Fehlern kan doch hier Dan. Georg. Morhofii Polyhistor, Edit. 4. Lubec. 1747 in 2 Quartbänden, und Joh. Andr. Fabricii Abriß einer allgemeinen Historie der Gelehrsamkeit, Leipz. 751–54 in drey Bänden gr. 8. nothdürftig dienen. Für die älteste Literatur- und Kunstgeschichte bis auf Kyrus, und als ein Muster einer wünschenswürdigen allgemeinen Cultur- und Literaturgeschichte verdienen die Untersuchungen von dem Ursprung der Gesetze, Künste und Wissenschaften - - aus dem Französischen des Anton Yves Goguet übersetzet, Lemgo 1760–62 in 4. studiert zu werden.

263.

Die übrigen hieher gehörigen Kenntnisse, besonders den steten Zuwachs, welchen die Literargeschichte und was dahin einschlägt, von Zeit zu Zeit erhalten, muß 8) ein jeder selbst aus einzeln gelehrten Zeit- und andern Schriften, durch fleißigen Besuch und Durchforschung der Büchersäle und Buchläden, und durch den Umgang mit gelehrten Männern zu ergänzen, zu berichtigen und zu |a260| vervollständigen suchen. Diese Mühe würde sehr erleichtert, und die vollständigere Uebersicht befördert werden, wenn man von allen Wissenschaften und über die Schriften aus mehrern Zeiten solche Sammlungen hätte, wie die literarischen Annalen der Gottesgelehrsamkeit - - von J. N. Eyring sind, wovon aber erst der Erste Zeitraum von 1778–80, Nürnberg 1782. in 8. herausgekommen ist.Die übrigen hieher gehörigen Kenntnisse, besonders den steten Zuwachs, welchen die Literargeschichte und was dahin einschlägt, von Zeit zu Zeit erhalten, muß 8) ein jeder selbst aus einzeln gelehrten Zeit- und andern Schriften, durch fleißigen Besuch und Durchforschung der Büchersäle und Buchläden, und durch den Umgang mit gelehrten Männern zu ergänzen, zu berichtigen und zu |a260| vervollständigen suchen. Diese Mühe würde sehr erleichtert, und die vollständigere Uebersicht befördert werden, wenn man von allen Wissenschaften und über die Schriften aus mehrern Zeiten solche Sammlungen hätte, wie die literarischen Annalen der Gottesgelehrsamkeit - - von J. N. Eyring sind, wovon aber erst der Erste Zeitraum von 1778–80, Nürnberg 1782. in 8. herausgekommen ist.

264.

Wir kommen zu den sogenannten schönen Wissenschaften, wohin man Redekunst und Dichtkunst zu rechnen pflegt. – Was haben diese vor andern Wissenschaften und Künsten eignes? – Darin ist man wohl eins, daß der Redner und Dichter nicht bloß vorstellen, bloß lehren oder erzählen, sondern dergestalt vorstellen wolle, daß er für oder wider die Sache einnehme, Gefallen an der dargestellten Sache oder Mißfallen errege. Dieses läßt sich entweder durch die Sachen selbst bewirken, (die schon in so fern gefallen, als sie unsre Thätigkeit beschäftigen und unsre Wißbegierde befriedigen,) oder durch die Art wie man sie vorstellt. Dieses letztre kan wieder entweder durch Verdeutlichung oder durch Versinnlichung geschehen. Jenes ist der Zweck der strengern, *) dieses der schönen Wissenschaften und Künste. Die schönen Wissenschaften gehen darauf hinaus, vermittelst der Rede, also vermittelst willkührlicher, und nur durch den Gebrauch gebilligter |a261| Zeichen, die gedachte Absicht auszuführen; die schönen Künste aber, durch natürliche Zeichen, wodurch eine Vorstellung der Sachen bewirket werden kan.Wir kommen zu den sogenannten schönen Wissenschaften, wohin man Redekunst und Dichtkunst zu rechnen pflegt. – Was haben diese vor andern Wissenschaften und Künsten eignes? – Darin ist man wohl eins, daß der Redner und Dichter nicht bloß vorstellen, bloß lehren oder erzählen, sondern dergestalt vorstellen wolle, daß er für oder wider die Sache einnehme, Gefallen an der dargestellten Sache oder Mißfallen errege. Dieses läßt sich entweder durch die Sachen selbst bewirken, (die schon in so fern gefallen, als sie unsre Thätigkeit beschäftigen und unsre Wißbegierde befriedigen,) oder durch die Art wie man sie vorstellt. Dieses letztre kan wieder entweder durch Verdeutlichung oder durch Versinnlichung geschehen. Jenes ist der Zweck der strengern, *) dieses der schönen Wissenschaften und Künste. Die schönen Wissenschaften gehen darauf hinaus, vermittelst der Rede, also vermittelst willkührlicher, und nur durch den Gebrauch gebilligter |a261| Zeichen, die gedachte Absicht auszuführen; die schönen Künste aber, durch natürliche Zeichen, wodurch eine Vorstellung der Sachen bewirket werden kan.
Anm. 1. Jene werden daher auch die redenden, wie diese die bildenden Künste genannt, und diese Benennung scheint Künste und Wissenschaften zu vermengen. Dies kommt daher, weil Griechen und Römer die Wörter τέχνη und ars von jeder regelmäßigen Fertigkeit und von jedem Inbegrif der Regeln zu gewissen Verrichtungen brauchten, dergleichen Regeln bey den Wissenschaften sowohl als bey den Künsten statt finden; wiewohl man hernach die freyen Künste (artes liberales, ἀβάναυσοι τέχναι) von den mechanischen unterschieden hat, deren Zweck Befriedigung bloß körperlicher, wie jener, zugleich oder allein Befriedigung geistiger Bedürfnisse ist.
Anm. 2. Hienach läßt sich vielleicht der Unterschied zwischen Wissenschaften und Künsten etwas bestimmter angeben, und erklären, woher die so schwankenden Begriffe von dem Unterschied derselben kommen. Alle Kenntnisse dienen zur Befriedigung der Bedürfnisse, entweder der Seele, die sie belehren, überzeugen oder bewegen sollen, oder des Körpers, oder beyder zugleich. Nimmt man nun Wissenschaften und Künste (objectiue) für den zusammenhängenden Inbegrif gewisser einen gemeinsamen Gegenstand betreffenden Kenntnisse: so entstehen im angegebnen ersten Fall Wissenschaften, im zweyten mechanische, im dritten schöne Künste. Diese letzten sind mit den freyen Künsten der Alten einerley, sofern man bey diesen, welches die Alten nicht thaten, Künste noch von eigentlichen Wissenschaften unterscheidet; sie bringen, z. B. |a262| Mahlerey und Tonkunst, zunächst angenehme Bewegungen im Körper oder den äusserlichen Sinnen, zugleich aber auch angenehme Empfindungen des innern Sinnes hervor. Weil nun die schönen Wissenschaften und Künste die Hervorbringung dieser letztern angenehmen Empfindungen mit einander gemein haben; so läßt sich leicht einsehen, wie man habe in Versuchung gerathen können, sie beyderseits unter die freyen Künste zu rechnen.
Anm. 3. *) Strengere Wissenschaften sind hier in diesem §. nicht mit den Wissenschaften im strengsten Verstande zu verwechseln, als welche letztere nur solche Wissenschaften sind, deren Innhalt aus der Natur der Sachen selbst bewiesen werden kan, und die hier, als eine Art (species) mit unter den strengern Wissenschaften im Gegensatz gegen schöne Wissenschaften, begriffen sind. Auch ist Verdeutlichung hier, im Gegensatz gegen Versinnlichung, im weitern Verstande genommen, so daß sie nicht nur die Entwickelung desjenigen, was in einem Begrif liegt, (intensive Verdeutlichung) sondern auch die ausführlichere Vorstellung der Sachen (extensive Verdeutlichung) in sich faßt. Vergl. §. 226 .

265.

Sonach sind die schönen Wissenschaften solche, welche lehren, wie man den Vortrag versinnlichen, und dadurch an die Sachen selbst Gefallen oder Mißfallen erregen soll. Sie beschäftigen sich also 1) nur mit Bildung des Vortrags oder des Ausdrucks der Sachen durch Worte. 2) Ihr Zweck ist, Vergnügen, oder das Gegentheil, an den vorgetragenen Sachen zu |a263| erwecken, welches übrigens die Belehrung nicht ausschließt, nur daß diese nicht der nächste Zweck ist. Diesen Zweck suchen sie 3) durch die Form der Vorstellung oder die Art des Vortrags und die Einkleidung der Sachen zu befördern, indem sie dadurch 4) die Sachen sinnlich darstellen, welcher Vortrag eben durch dieses Sinnliche gefallen, und daher auch Gefallen an den Sachen erwecken soll. Durch das erste Stück unterscheiden sie sich von den schönen Künsten; durch die drey letztern von den strengen Wissenschaften. – Da sie aber, abgesehen von der Rede, die sie als Mittel zu jener Absicht bilden sollen, einerley allgemeine Regeln mit den schönen Künsten enthalten: so läßt sich eine allgemeinere Wissenschaft entwerfen, welche die Regeln für schöne Wissenschaften und Künste zugleich, oder die Regeln der Vollkommenheit sinnlicher Erkenntniß und ihres Ausdrucks in sich faßt. A. G. Baumgarten hat ihr den Namen der Aesthetik gegeben.Sonach sind die schönen Wissenschaften solche, welche lehren, wie man den Vortrag versinnlichen, und dadurch an die Sachen selbst Gefallen oder Mißfallen erregen soll. Sie beschäftigen sich also 1) nur mit Bildung des Vortrags oder des Ausdrucks der Sachen durch Worte. 2) Ihr Zweck ist, Vergnügen, oder das Gegentheil, an den vorgetragenen Sachen zu |a263| erwecken, welches übrigens die Belehrung nicht ausschließt, nur daß diese nicht der nächste Zweck ist. Diesen Zweck suchen sie 3) durch die Form der Vorstellung oder die Art des Vortrags und die Einkleidung der Sachen zu befördern, indem sie dadurch 4) die Sachen sinnlich darstellen, welcher Vortrag eben durch dieses Sinnliche gefallen, und daher auch Gefallen an den Sachen erwecken soll. Durch das erste Stück unterscheiden sie sich von den schönen Künsten; durch die drey letztern von den strengen Wissenschaften. – Da sie aber, abgesehen von der Rede, die sie als Mittel zu jener Absicht bilden sollen, einerley allgemeine Regeln mit den schönen Künsten enthalten: so läßt sich eine allgemeinere Wissenschaft entwerfen, welche die Regeln für schöne Wissenschaften und Künste zugleich, oder die Regeln der Vollkommenheit sinnlicher Erkenntniß und ihres Ausdrucks in sich faßt. A. G. Baumgarten hat ihr den Namen der Aesthetik gegeben.
Anm. 1. Man nennt schön im weitern Verstande alles, was vollkommen ist, so fern diese Vollkommenheit sinnlich erkannt wird, und in einem engern , was, seiner sinnlich erkannten Form nach, vollkommen ist. Schöne Wissenschaften und Künste lehren nicht nur, Sachen, als vollkommen, sinnlich darstellen, sondern auch dieses durch die Art des Ausdrucks, also durch die Form, bewirken; daher haben sie ihren Namen bekommen.
Anm. 2. Da schöne Wissenschaften und Künste zeigen sollen, wie Sachen, die nicht selbst dargestellt werden können, vermittelst des Ausdrucks, |a264| es sey durch Wörter oder natürliche Zeichen, vergegenwärtiget werden müssen: so lehren sie, für die Einbildungskraft arbeiten, die nichts anders ist, als das Vermögen der Seele, sich Dinge, die nicht selbst da sind, durch Vorstellungen zu vergegenwärtigen.
Anm. 3. Wenn bey uns durch Darstellung gewisser Sachen vermittelst gewisser Zeichen Wohlgefallen erweckt wird: so empfinden wir dieses entweder über die Art der Darstellung, oder über die so dargestellten Sachen selbst. Jenes kan zwar wieder ein Mittel werden dieses zu befördern, es kan aber auch allein da seyn ohne dieses. Nur gar zu oft schränkt man den Zweck der schönen Wissenschaften und Künste bloß auf die Hervorbringung jenes Wohlgefallens ein, und erniedrigt dadurch, daß man sie zum blossen Werkzeug der Belustigung macht, ihren Werth und grosse Nutzbarkeit unglaublich. Freylich ist ihre Absicht, durch die Art der Darstellung geradezu Vergnügen zu erwecken, aber was ist dieser Kitzel der Einbildungskraft werth, wenn das Vergnügen darüber nicht wieder eine Quelle des Wohlgefallens an den Sachen selbst wird?

266.

So schwer es ist, die Gränzen bestimmt anzugeben, wo sich Werke der Rede- oder Dichtkunst scheiden: so läßt sich doch der Hauptcharakter von beyderley Werken bey einiger Aufmerksamkeit nicht verkennen. Offenbar nähern sich jene mehr den Werken der strengern Wissenschaften, (§. 264 ) diese, den Werken der schönen Künste. Der Charakter dichterischer Werke ist, alles so gegenwärtig als möglich darzustellen, die Vorstellungen davon |a265| so lebhaft zu machen, als es immer die Natur der Sache und der Rede erlaubt, d. i. viele klare oder solche Merkmale der Sachen, die eine Menge von Nebenvorstellungen erwecken, wodurch die Sachen selbst klärer oder anzüglicher werden, auf einmal zum Uebersehen darzustellen. Sie ziehen also oft selbst dunkle Vorstellungen mit ins Spiel; Werke der Redekunst hingegen suchen die nehmliche Wirkung mehr nach und nach hervorzubringen, legen das, was zur klaren Vorstellung der Sachen gehört, mehr aus einander, nehmen deutliche Vorstellungen so weit zu Hülfe, als es ohne Schwächung der sinnlichen Darstellung geschehen kan. Gleichwohl haben beyderley Werke den Zweck, durch sinnliche Darstellung der Sachen Gefallen an den Sachen selbst zu erregen, und, da dieses anders nicht als durch Vorstellungen geschehen kan, auch zu belehren. Demnach kan wohl der wesentliche Unterschied zwischen den Werken der Rede- und der Dichtkunst am sichersten nach dem Zweck bestimmt werden, der in beyderley Werken am meisten hervorsticht; und dieser ist, bey Werken der Redekunst, Belehrung oder extensive Deutlichkeit (§. 264. Anm. 3.) wozu Lebhaftigkeit der Darstellung nur als Mittel gebraucht wird, bey dichterischen Werken aber, Lebhaftigkeit, und Belehrung nur so weit, als sie Lebhaftigkeit befördern kan.
  • Anfangsgründe einer Theorie der Dichtungsarten (von J. J. Engel), Erster Theil, Berlin 1783. 8. im ersten Hauptstück.
So schwer es ist, die Gränzen bestimmt anzugeben, wo sich Werke der Rede- oder Dichtkunst scheiden: so läßt sich doch der Hauptcharakter von beyderley Werken bey einiger Aufmerksamkeit nicht verkennen. Offenbar nähern sich jene mehr den Werken der strengern Wissenschaften, (§. 264 ) diese, den Werken der schönen Künste. Der Charakter dichterischer Werke ist, alles so gegenwärtig als möglich darzustellen, die Vorstellungen davon |a265| so lebhaft zu machen, als es immer die Natur der Sache und der Rede erlaubt, d. i. viele klare oder solche Merkmale der Sachen, die eine Menge von Nebenvorstellungen erwecken, wodurch die Sachen selbst klärer oder anzüglicher werden, auf einmal zum Uebersehen darzustellen. Sie ziehen also oft selbst dunkle Vorstellungen mit ins Spiel; Werke der Redekunst hingegen suchen die nehmliche Wirkung mehr nach und nach hervorzubringen, legen das, was zur klaren Vorstellung der Sachen gehört, mehr aus einander, nehmen deutliche Vorstellungen so weit zu Hülfe, als es ohne Schwächung der sinnlichen Darstellung geschehen kan. Gleichwohl haben beyderley Werke den Zweck, durch sinnliche Darstellung der Sachen Gefallen an den Sachen selbst zu erregen, und, da dieses anders nicht als durch Vorstellungen geschehen kan, auch zu belehren. Demnach kan wohl der wesentliche Unterschied zwischen den Werken der Rede- und der Dichtkunst am sichersten nach dem Zweck bestimmt werden, der in beyderley Werken am meisten hervorsticht; und dieser ist, bey Werken der Redekunst, Belehrung oder extensive Deutlichkeit (§. 264. Anm. 3.) wozu Lebhaftigkeit der Darstellung nur als Mittel gebraucht wird, bey dichterischen Werken aber, Lebhaftigkeit, und Belehrung nur so weit, als sie Lebhaftigkeit befördern kan.
  • Anfangsgründe einer Theorie der Dichtungsarten (von J. J. Engel), Erster Theil, Berlin 1783. 8. im ersten Hauptstück.
|a266| Anm. 1. Die Schwierigkeiten in genauer Absonderung beyder schönen Wissenschaften, und die Gewohnheit, bald Sylbenmaaß, bald Erdichtung, bald das Ungewöhnlichere des Ausdrucks, als den unterscheidenden Charakter der Poesie anzunehmen, rühren wohl daher: daß, weil dichterische Werke meistens metrisch sind, man Verse und Poesie, ungebundne Rede und Prose, als ganz einerley angenommen hat; daß Poesie nicht zu allen Zeiten und überall gleich vollkommen war, oft Nebenzwecke, z. B. Verse zum Gesang, manchmal nur zum bessern Behalten der Gedanken zu brauchen, den Hauptzweck verdrängt haben; hauptsächlich aber, daß, nach gewissen besondern Arten rednerischer und dichterischer Werke, Redekunst an Poesie z. B. in rührenden Reden, und, wie im Lehrgedichte oder poetischen Erzählungen, Poesie an Redekunst streift.
Anm. 2. Aus dem hervorstechenden Zweck bey poetischen Werken läßt sich erklären, warum einförmiges Sylben- Zeilen- und Strophenmaaß, Erdichtung, und bilderreicher oder überhaupt von dem gewöhnlichen sich entfernender Ausdruck, in dergleichen Werken gebraucht wird; weil nemlich alles dieses die Lebhaftigkeit befördert; daher es auch wegfallen muß, wenn die zweckmäßige Lebhaftigkeit schon ohne dieses erhalten werden kan, oder gar durch diese Dinge gestört werden würde. Es ist hieraus zugleich begreiflich, warum Gedichte mehr Reitz haben als Werke der Prose.
Anm. 3. Man könnte die beschriebene Art der sinnlichen Darstellung, die in dichterischen Werken hervorsticht, sinnlich lebhafte, und die, welche in rednerischen Werken herrscht, die sinnlich deutliche nennen.

|a267| 267.

Hienach würde der den Namen eines Redners (Orator) verdienen, der die Geschicklichkeit besässe, durch einen sinnlich deutlichen, und der den eines Dichters, welcher die Geschicklichkeit hätte, durch einen sinnlich lebhaften Vortrag Sachen annehmlich darzustellen. Die Anweisung zu diesem Vortrag würde die Poetik oder Dichtkunst (als Wissenschaft oder Innbegrif von Vorschriften genommen); die Anweisung aber zu jenen Vortrag, die Redekunst (Rhetorik) im weitern Verstande oder Theorie der Beredsamkeit seyn.Hienach würde der den Namen eines Redners (Orator) verdienen, der die Geschicklichkeit besässe, durch einen sinnlich deutlichen, und der den eines Dichters, welcher die Geschicklichkeit hätte, durch einen sinnlich lebhaften Vortrag Sachen annehmlich darzustellen. Die Anweisung zu diesem Vortrag würde die Poetik oder Dichtkunst (als Wissenschaft oder Innbegrif von Vorschriften genommen); die Anweisung aber zu jenen Vortrag, die Redekunst (Rhetorik) im weitern Verstande oder Theorie der Beredsamkeit seyn.
Anm. Redekunst im weitern Verstande; welche sich also über den ganzen prosaischen Vortrag und Schreibart erstreckte, so fern er mehr als deutlich seyn soll, er möchte in Lehr- oder Geschichtsbüchern, in Briefen oder Gesprächen oder eigentlichsten Reden gebraucht werden. Gemeiniglich, und zumal bey Griechen und Römern, wird Redekunst im engern Verstande genommen für die Anweisung eine eigentliche Rede, oder Ausführung eines Hauptsatzes auf die erwehnte Art, abzufassen und zu halten, und darauf die Beredsamkeit eingeschränkt. (Die Anweisung zum Halten einer Rede oder zum mündlichen Vortrag (Declamatio), gehört doch mehr den schönen Künsten als Wissenschaften zu.) Indessen, da der gute Prosaist sich der Sprache bedienet, und dadurch Vorstellungen erwecken will, welche aufs wirksamste belehren und bewegen sollen: so bedarf er eben sowohl der Grammatik und Logik als der Rhetorik. Der Dichter braucht die Grammatik auch, bedarf aber mehr |a268| des Unterrichts in schönen Künsten, als in den strengen Regeln der Logik.

268.

Schönheit wirkt auf jeden Menschen mit unwiderstehlicher Gewalt, und die schöne Gestalt, unter der eine Sache erscheint, nimmt uns für die Sache selbst ein. Man verweilt gern mit seiner Betrachtung bey solchen Gegenständen, und man kan sicher auf Eindruck bey Andern rechnen, wenn man das, womit man Eindruck machen will, bekleidet mit diesen Reitzen darzustellen weiß. Schon dies könte jeden überzeugen, wie nöthig es sey, das zu studieren, was wirklich schön ist, und wie man einer Sache diese Gestalt geben könne; wäre es auch nur 1) um unsre eigne Aufmerksamkeit zu fesseln, unsre Seele zu einer angenehmen Unterhaltung mit gewissen Sachen zu stimmen, unsren Fleiß zu ihrer Untersuchung zu erregen und zu erhalten; noch mehr um nur vorerst Andre dahin zu bringen, daß sie uns hören, und, wenn sie dahin gebracht sind, eben den Antheil an der Sache nehmen, den wir ihnen einflössen wollen.Schönheit wirkt auf jeden Menschen mit unwiderstehlicher Gewalt, und die schöne Gestalt, unter der eine Sache erscheint, nimmt uns für die Sache selbst ein. Man verweilt gern mit seiner Betrachtung bey solchen Gegenständen, und man kan sicher auf Eindruck bey Andern rechnen, wenn man das, womit man Eindruck machen will, bekleidet mit diesen Reitzen darzustellen weiß. Schon dies könte jeden überzeugen, wie nöthig es sey, das zu studieren, was wirklich schön ist, und wie man einer Sache diese Gestalt geben könne; wäre es auch nur 1) um unsre eigne Aufmerksamkeit zu fesseln, unsre Seele zu einer angenehmen Unterhaltung mit gewissen Sachen zu stimmen, unsren Fleiß zu ihrer Untersuchung zu erregen und zu erhalten; noch mehr um nur vorerst Andre dahin zu bringen, daß sie uns hören, und, wenn sie dahin gebracht sind, eben den Antheil an der Sache nehmen, den wir ihnen einflössen wollen.

269.

Und ist denn 2) unsre sinnliche Erkenntniß weniger wirksam als die deutliche? Bedarf sie der Erweiterung, der Berichtigung, der Leitung, weniger als diese? Wir urtheilen und handeln doch häufiger nach Empfindung als nach Ueberlegung, müssen |a269| selbst oft, wenn es uns an Zeit oder hinlänglichen Gründen der Entscheidung fehlt, dem Ausspruch der Empfindung überlassen. Empfindung spricht gemeiniglich stärker als Vernunft, letztre wenigstens weit stärker für oder wider eine Sache, wenn sie durch das Urtheil der Empfindung unterstützt wird. Sinnliche Vorstellungen sind auch die Grundlage der vernünftigen; wo jene ganz mangeln, fehlt es auch an diesen; wo jene irren, theilt sich der Irrthum auch diesen mit. Jene können oft mißleiten; nur die Vernunft sichert den Menschen dagegen, nur sie kan die Gesetze entwerfen, wonach die Sinnlichkeit eingeschränkt und gelenkt werden muß; diese bedarf also sowohl als der Verstand einer regelmäßigen Bearbeitung, Pflege und Richtung. Und wenn der Mensch zwischen den Thieren und den Engeln in der Mitte steht, nicht bloß gröbern Empfindungen, wie jene, folgen darf, und nicht bloß vernünftigen Vorstellungen folgen kan, wie diese: was ist zu seiner Bildung nöthiger, als die Bildung feinerer Empfindungen, in welchen sinnliche und deutliche Vorstellungen gleichsam in einander schmelzen?Und ist denn 2) unsre sinnliche Erkenntniß weniger wirksam als die deutliche? Bedarf sie der Erweiterung, der Berichtigung, der Leitung, weniger als diese? Wir urtheilen und handeln doch häufiger nach Empfindung als nach Ueberlegung, müssen |a269| selbst oft, wenn es uns an Zeit oder hinlänglichen Gründen der Entscheidung fehlt, dem Ausspruch der Empfindung überlassen. Empfindung spricht gemeiniglich stärker als Vernunft, letztre wenigstens weit stärker für oder wider eine Sache, wenn sie durch das Urtheil der Empfindung unterstützt wird. Sinnliche Vorstellungen sind auch die Grundlage der vernünftigen; wo jene ganz mangeln, fehlt es auch an diesen; wo jene irren, theilt sich der Irrthum auch diesen mit. Jene können oft mißleiten; nur die Vernunft sichert den Menschen dagegen, nur sie kan die Gesetze entwerfen, wonach die Sinnlichkeit eingeschränkt und gelenkt werden muß; diese bedarf also sowohl als der Verstand einer regelmäßigen Bearbeitung, Pflege und Richtung. Und wenn der Mensch zwischen den Thieren und den Engeln in der Mitte steht, nicht bloß gröbern Empfindungen, wie jene, folgen darf, und nicht bloß vernünftigen Vorstellungen folgen kan, wie diese: was ist zu seiner Bildung nöthiger, als die Bildung feinerer Empfindungen, in welchen sinnliche und deutliche Vorstellungen gleichsam in einander schmelzen?

270.

Mag es 3) seyn, daß Genie und Geschmack mehr als alle Regeln der Kunst vermag, daß ohne beydes weder ein schönes Werk hervorgebracht, noch auch einmal geschätzt werden kan: so kan doch jenes ausschweifen, und dieser verdorben werden, oder schon verdorben seyn. Beydes bedarf |a270| wenigstens Uebung und Nahrung. Wenn nun Genie nichts anders ist als vorzügliche Stärke der Seelenkräfte, und wenn dazu eine vorzügliche Aufgelegtheit zu sehr lebhaften oder sehr deutlichen Vorstellungen, sowohl als eine vorzügliche Reitzbarkeit des Geistes zu dergleichen Vorstellungen gehört: so wird ein Mann von Genie weit mehr Bedürfnisse fühlen als ein andrer, er wird nicht mit dem Gemeinen zufrieden seyn, sondern nach den Vollkommnern dürsten, und, ist er zu sehr lebhaften Vorstellungen aufgelegt, so wird er gerade sinnlicher Vorstellungen der Vollkommenheit bedürfen; daher werden eben Werke der schönen Künste das seyn, was dem Genie die meiste Nahrung giebt, weil sie ganz eigentlich dergleichen Vorstellungen gewähren. Weil aber ein lebhafter und reitzbarer Geist auch leichter hingerissen wird: so wird eben darum das fleißige Studium fester Regeln zur Beurtheilung des Schönen, d. i. der sinnlichen Vollkommenheit, ihn gegen Ausschweifungen verwahren, und seinen Geschmack, d. i. seine sinnliche Beurtheilungskraft, bilden.Mag es 3) seyn, daß Genie und Geschmack mehr als alle Regeln der Kunst vermag, daß ohne beydes weder ein schönes Werk hervorgebracht, noch auch einmal geschätzt werden kan: so kan doch jenes ausschweifen, und dieser verdorben werden, oder schon verdorben seyn. Beydes bedarf |a270| wenigstens Uebung und Nahrung. Wenn nun Genie nichts anders ist als vorzügliche Stärke der Seelenkräfte, und wenn dazu eine vorzügliche Aufgelegtheit zu sehr lebhaften oder sehr deutlichen Vorstellungen, sowohl als eine vorzügliche Reitzbarkeit des Geistes zu dergleichen Vorstellungen gehört: so wird ein Mann von Genie weit mehr Bedürfnisse fühlen als ein andrer, er wird nicht mit dem Gemeinen zufrieden seyn, sondern nach den Vollkommnern dürsten, und, ist er zu sehr lebhaften Vorstellungen aufgelegt, so wird er gerade sinnlicher Vorstellungen der Vollkommenheit bedürfen; daher werden eben Werke der schönen Künste das seyn, was dem Genie die meiste Nahrung giebt, weil sie ganz eigentlich dergleichen Vorstellungen gewähren. Weil aber ein lebhafter und reitzbarer Geist auch leichter hingerissen wird: so wird eben darum das fleißige Studium fester Regeln zur Beurtheilung des Schönen, d. i. der sinnlichen Vollkommenheit, ihn gegen Ausschweifungen verwahren, und seinen Geschmack, d. i. seine sinnliche Beurtheilungskraft, bilden.
Anm. Wenn man durch die Gründe, die unten sollen angegeben werden, von dem grossen Einfluß des Geschmacks und der Bildung desselben, auf die Denkungsart, den Charakter und die Handlungen der Menschen, überzeugt seyn wird: so wird sich auch ergeben, daß der Einfluß der schönen Wissenschaften und Künste viel weiter reiche, und beträchtlicher sey, als sich die meisten vorstellen.

|a271| 271.

Von den schönen Wissenschaften und Künsten können auch 4) viele andre Wissenschaften grosse Vortheile ziehen. Sie führen uns, wenn man sie fleißig studieret, auf viele feine Beobachtungen über die Kräfte, Triebfedern und Veränderungen der menschlichen Seele, und erweitern dadurch nicht nur die Kenntniß der Psychologie, sondern leiten uns auch auf Grundsätze, viele, zum Theil widersprechend scheinende, Erscheinungen zu erklären. Hiedurch gewinnt die Aesthetik, die Logik, das feinere Sprachstudium, die Geschichte, sofern sie pragmatisch behandelt wird, die Moral, in Absicht auf neue oder neubestimmte Pflichten, auf neue Bewegungsgründe, auf bessre Art die Ausübung unsrer Pflichten zu befördern, und eben dadurch selbst die Religion. Wie weit anziehender sind selbst alle diese Wissenschaften worden, und haben die Lernbegierde selbst der Ungelehrten erregt, seitdem man ihnen durch Hülfe der schönen Wissenschaften ein gefälligeres Gewand gegeben hat?Von den schönen Wissenschaften und Künsten können auch 4) viele andre Wissenschaften grosse Vortheile ziehen. Sie führen uns, wenn man sie fleißig studieret, auf viele feine Beobachtungen über die Kräfte, Triebfedern und Veränderungen der menschlichen Seele, und erweitern dadurch nicht nur die Kenntniß der Psychologie, sondern leiten uns auch auf Grundsätze, viele, zum Theil widersprechend scheinende, Erscheinungen zu erklären. Hiedurch gewinnt die Aesthetik, die Logik, das feinere Sprachstudium, die Geschichte, sofern sie pragmatisch behandelt wird, die Moral, in Absicht auf neue oder neubestimmte Pflichten, auf neue Bewegungsgründe, auf bessre Art die Ausübung unsrer Pflichten zu befördern, und eben dadurch selbst die Religion. Wie weit anziehender sind selbst alle diese Wissenschaften worden, und haben die Lernbegierde selbst der Ungelehrten erregt, seitdem man ihnen durch Hülfe der schönen Wissenschaften ein gefälligeres Gewand gegeben hat?

272.

Was hilft auch 5) alle Erkenntniß, wenn sie nicht wirksam ist? Dies wird sie aber, je lebhafter, und überhaupt je sinnlicher sie uns die Sachen, die wir begehren oder verabscheuen sollen, darstellt; und diese Klarheit und Lebhaftigkeit den Vorstellungen zu geben, ist ganz eigent|a272|lich der Zweck, worauf die schönen Wissenschaften arbeiten. Ihr Studium benimmt der Denkungsart das Trockne und Einförmige, das so wenig reitzt und unterhält, benimmt dem Charakter das Rauhe und macht ihn geschmeidiger, stimmt die Seele zu sanftern Empfindungen, macht sie theilnehmender an allem, was den Menschen intereßiren kan, veredelt unsre ganze Natur. Wie sehr es daher – 6) auf die Leidenschaften wirke, es sey, sie zu mildern und einzuschränken, oder sie in Bewegung zu setzen, wie sehr – 7) auf die Beförderung aller Tugenden, bedarf keiner Ausführung. Wer fühlt die Macht der wahren Beredsamkeit und Dichtkunst nicht? und was hat von jeher jeden noch so rohen Menschen oder Nation biegsamer und menschlicher gemacht, als Werke der Schönheit ? – Selbst von den höhern Wirkungen abgesehen, die alle dergleichen Werke hervorbringen können, abgesehen also davon, daß sie die Fähigkeiten des Menschen veredeln, seinen thätigen Fleiß in Bewegung setzen und unterhalten, ihn lehren und antreiben, durch Thätigkeit nach der Vollkommenheit zu ringen, – selbst die Glückseligkeit des Menschen auf Genuß und blosses Vergnügen eingeschränkt: veredlen sie doch schon dieses Vergnügen, sie machen es unschädlicher, sie verhindern die zu frühe Sättigung und Uebermaaß, sie befördern mehr den Geschmack an geistigen Vergnügungen, der nie den Menschen so tief sinken läßt als der Geschmack am gröbern Vergnügen, der doch den Geist immer mit beschäftigt, der ihm eher die Rückkehr zum Besin|a273|nen und den Verstand zu Gegenvorstellungen offen erhält.Was hilft auch 5) alle Erkenntniß, wenn sie nicht wirksam ist? Dies wird sie aber, je lebhafter, und überhaupt je sinnlicher sie uns die Sachen, die wir begehren oder verabscheuen sollen, darstellt; und diese Klarheit und Lebhaftigkeit den Vorstellungen zu geben, ist ganz eigent|a272|lich der Zweck, worauf die schönen Wissenschaften arbeiten. Ihr Studium benimmt der Denkungsart das Trockne und Einförmige, das so wenig reitzt und unterhält, benimmt dem Charakter das Rauhe und macht ihn geschmeidiger, stimmt die Seele zu sanftern Empfindungen, macht sie theilnehmender an allem, was den Menschen intereßiren kan, veredelt unsre ganze Natur. Wie sehr es daher – 6) auf die Leidenschaften wirke, es sey, sie zu mildern und einzuschränken, oder sie in Bewegung zu setzen, wie sehr – 7) auf die Beförderung aller Tugenden, bedarf keiner Ausführung. Wer fühlt die Macht der wahren Beredsamkeit und Dichtkunst nicht? und was hat von jeher jeden noch so rohen Menschen oder Nation biegsamer und menschlicher gemacht, als Werke der Schönheit ? – Selbst von den höhern Wirkungen abgesehen, die alle dergleichen Werke hervorbringen können, abgesehen also davon, daß sie die Fähigkeiten des Menschen veredeln, seinen thätigen Fleiß in Bewegung setzen und unterhalten, ihn lehren und antreiben, durch Thätigkeit nach der Vollkommenheit zu ringen, – selbst die Glückseligkeit des Menschen auf Genuß und blosses Vergnügen eingeschränkt: veredlen sie doch schon dieses Vergnügen, sie machen es unschädlicher, sie verhindern die zu frühe Sättigung und Uebermaaß, sie befördern mehr den Geschmack an geistigen Vergnügungen, der nie den Menschen so tief sinken läßt als der Geschmack am gröbern Vergnügen, der doch den Geist immer mit beschäftigt, der ihm eher die Rückkehr zum Besin|a273|nen und den Verstand zu Gegenvorstellungen offen erhält.

273.

Wenn die Werke der schönen Wissenschaften und Künste, oder diese selbst, diese angegebnen Vortheile nicht wirklich gewähren, oder wenn sie gar den Geist, das Herz und die Sitten verderben helfen: so liegt die Schuld nicht an ihnen, sondern an dem Mißbrauch, den man mit ihnen treibt. Eigentlich sollte Schönheit der Kunst, wie Schönheit in der Natur, nur dazu dienen, durch erregtes Vergnügen die Seele zu erheitern, zu stärken, und die Fähigkeiten des Menschen zur Thätigkeit, zum Streben nach größrer Vollkommenheit, zu spannen; seine Aufmerksamkeit und seine Neigungen auf das, was wahr, was nützlich, was sittlich gut ist, zu lenken. Es sollte alle sinnliche Erkenntniß und Neigung des mit höhern Fähigkeiten gezierten, zu höhern Absichten bestimmten Menschen, unter der Regierung seiner Vernunft stehen, diese, nicht nur die Wahl, das Maaß, das Ziel aller sinnlichen Vergnügungen bestimmen, sondern auch, als Begleiterin der Empfindung, allgemeinere Gesetze zur Beurtheilung des Schönen entdecken und festsetzen, das Genie und den Geschmack regelmäßig machen, und den, der schöne Werke studierte, wenn ihm dazu die Talente nicht versagt sind, zur Verfertigung ähnlicher schönen Werke bilden. Fehlt es an diesen zwey Stücken; – begnügt man sich mit dem Vergnügen, das die Werke der schönen Kunst erwecken; – überläßt man sich bloß den |a274| sinnlichen Eindrücken, studiert man diese Werke nicht nach Regeln, zieht daraus nie das Allgemeinere, was uns in ähnlichen Fällen leiten könnte: so wundere man sich nicht, – wenn man bey steter Beschäftigung mit schönen Werken, doch nie durch diese an Verstand, an Geschmack, an Herzen, an Sitten und in guten Vortrag gebildet wird; – wenn man, von dem Geist dieser Werke entwöhnt, bloß an äusserlichen Verzierungen hängen bleibt, in Tändeleyen seine Nahrung sucht, wichtigere Pflichen darüber vergißt, nach und nach den Geschmack an allem Ernsthaften, an aller deutlichen Kenntniß, an allem, was nicht geschmückt ist, oder keinen Schmuck verträgt, verliert; und – wenn man, indem es uns an Genie oder Geschmack zu wahrhaftig schönen Werken fehlt, den Empfindler oder Gecken spielt, oder, hat man jene Talente, selbst den Reitz der Schönheit zu Verstellung der Wahrheit und Empfehlung der Laster, wenigstens feinerer Ausschweifungen, mißbraucht.Wenn die Werke der schönen Wissenschaften und Künste, oder diese selbst, diese angegebnen Vortheile nicht wirklich gewähren, oder wenn sie gar den Geist, das Herz und die Sitten verderben helfen: so liegt die Schuld nicht an ihnen, sondern an dem Mißbrauch, den man mit ihnen treibt. Eigentlich sollte Schönheit der Kunst, wie Schönheit in der Natur, nur dazu dienen, durch erregtes Vergnügen die Seele zu erheitern, zu stärken, und die Fähigkeiten des Menschen zur Thätigkeit, zum Streben nach größrer Vollkommenheit, zu spannen; seine Aufmerksamkeit und seine Neigungen auf das, was wahr, was nützlich, was sittlich gut ist, zu lenken. Es sollte alle sinnliche Erkenntniß und Neigung des mit höhern Fähigkeiten gezierten, zu höhern Absichten bestimmten Menschen, unter der Regierung seiner Vernunft stehen, diese, nicht nur die Wahl, das Maaß, das Ziel aller sinnlichen Vergnügungen bestimmen, sondern auch, als Begleiterin der Empfindung, allgemeinere Gesetze zur Beurtheilung des Schönen entdecken und festsetzen, das Genie und den Geschmack regelmäßig machen, und den, der schöne Werke studierte, wenn ihm dazu die Talente nicht versagt sind, zur Verfertigung ähnlicher schönen Werke bilden. Fehlt es an diesen zwey Stücken; – begnügt man sich mit dem Vergnügen, das die Werke der schönen Kunst erwecken; – überläßt man sich bloß den |a274| sinnlichen Eindrücken, studiert man diese Werke nicht nach Regeln, zieht daraus nie das Allgemeinere, was uns in ähnlichen Fällen leiten könnte: so wundere man sich nicht, – wenn man bey steter Beschäftigung mit schönen Werken, doch nie durch diese an Verstand, an Geschmack, an Herzen, an Sitten und in guten Vortrag gebildet wird; – wenn man, von dem Geist dieser Werke entwöhnt, bloß an äusserlichen Verzierungen hängen bleibt, in Tändeleyen seine Nahrung sucht, wichtigere Pflichen darüber vergißt, nach und nach den Geschmack an allem Ernsthaften, an aller deutlichen Kenntniß, an allem, was nicht geschmückt ist, oder keinen Schmuck verträgt, verliert; und – wenn man, indem es uns an Genie oder Geschmack zu wahrhaftig schönen Werken fehlt, den Empfindler oder Gecken spielt, oder, hat man jene Talente, selbst den Reitz der Schönheit zu Verstellung der Wahrheit und Empfehlung der Laster, wenigstens feinerer Ausschweifungen, mißbraucht.

274.

Schöne Wissenschaften und das Bestreben, sich zum anzüglichen und gefälligen Vortrag zu bilden, sollten keinem Gelehrten, am wenigsten dem gleichgültig seyn, der künftig ein Lehrer der Religion werden will. – Mag es seyn, daß Wahrheit, daß deutliche Einsicht und Ueberzeugung, der Haupt- oder vielmehr der nächste Zweck der Wissenschaften sey, daß die überzeugende und eindringliche Kraft der Wahrheit selbst ihr Beyfall verschaffe, daß es oft genug sey, diesen durch deutliche Darlegung der |a275| Gründe zu befördern: so liegen doch in denen, die man überzeugen will, Hindernisse genug, welche dieser Ueberzeugung und dem Eindruck den Zugang versperren oder die Ueberzeugung nicht zur Entschliessung, die Entschliessung nicht zur That kommen lassen, und der Eindruck, den die Wahrheit macht, kan doch immer durch den Vortrag verstärkt werden. Wenn daher ein Lehrer der Religion alles mögliche thun muß, um ihr und allem Guten Eingang zu verschaffen: so muß er nichts vernachläßigen was seinen Vortrag eindringlich und annehmlich machen kan. Ein trockner oder geschmackloser Vortrag erweckt Widrigkeit gegen Sachen selbst, oder verhindert doch den Antheil, den man daran nehmen sollte. Ein Vortrag, der sich durch seine Annehmlichkeit empfiehlt, erregt die Aufmerksamkeit, und unterhält sie, macht den Zuhörer geneigt, das Vorgetragne zu untersuchen, und das Empfohlne zu versuchen, bricht dadurch die Macht der Gleichgültigkeit, der Vorurtheile und bösen Gewohnheiten, theilt den Antheil, den der Lehrer an den Sachen verräth, auch dem Zuhörer mit, verstärkt wenigstens durch seine Reitze den Eindruck noch mehr, den die Wahrheit und das Gute an sich, und die Gründe dafür in der Seele erregen können. Wenn ein Lehrer keine Fähigkeit, Hülfsmittel oder Musse hätte, sich ausgebreitete und ganz deutliche Erkenntniß zugleich mit der Geschicklichkeit im Vortrag zu erwerben: so wäre es verzeihlicher, sich mit einer guten aber mäßigen Erkenntniß zu begnügen, und desto mehr Fleiß auf den Vortrag zu wenden, als, bey dem eifrigen Bestre|a276|ben nach Weitläufigkeit und Deutlichkeit der Erkenntniß, diesen zu vernachläßigen.Schöne Wissenschaften und das Bestreben, sich zum anzüglichen und gefälligen Vortrag zu bilden, sollten keinem Gelehrten, am wenigsten dem gleichgültig seyn, der künftig ein Lehrer der Religion werden will. – Mag es seyn, daß Wahrheit, daß deutliche Einsicht und Ueberzeugung, der Haupt- oder vielmehr der nächste Zweck der Wissenschaften sey, daß die überzeugende und eindringliche Kraft der Wahrheit selbst ihr Beyfall verschaffe, daß es oft genug sey, diesen durch deutliche Darlegung der |a275| Gründe zu befördern: so liegen doch in denen, die man überzeugen will, Hindernisse genug, welche dieser Ueberzeugung und dem Eindruck den Zugang versperren oder die Ueberzeugung nicht zur Entschliessung, die Entschliessung nicht zur That kommen lassen, und der Eindruck, den die Wahrheit macht, kan doch immer durch den Vortrag verstärkt werden. Wenn daher ein Lehrer der Religion alles mögliche thun muß, um ihr und allem Guten Eingang zu verschaffen: so muß er nichts vernachläßigen was seinen Vortrag eindringlich und annehmlich machen kan. Ein trockner oder geschmackloser Vortrag erweckt Widrigkeit gegen Sachen selbst, oder verhindert doch den Antheil, den man daran nehmen sollte. Ein Vortrag, der sich durch seine Annehmlichkeit empfiehlt, erregt die Aufmerksamkeit, und unterhält sie, macht den Zuhörer geneigt, das Vorgetragne zu untersuchen, und das Empfohlne zu versuchen, bricht dadurch die Macht der Gleichgültigkeit, der Vorurtheile und bösen Gewohnheiten, theilt den Antheil, den der Lehrer an den Sachen verräth, auch dem Zuhörer mit, verstärkt wenigstens durch seine Reitze den Eindruck noch mehr, den die Wahrheit und das Gute an sich, und die Gründe dafür in der Seele erregen können. Wenn ein Lehrer keine Fähigkeit, Hülfsmittel oder Musse hätte, sich ausgebreitete und ganz deutliche Erkenntniß zugleich mit der Geschicklichkeit im Vortrag zu erwerben: so wäre es verzeihlicher, sich mit einer guten aber mäßigen Erkenntniß zu begnügen, und desto mehr Fleiß auf den Vortrag zu wenden, als, bey dem eifrigen Bestre|a276|ben nach Weitläufigkeit und Deutlichkeit der Erkenntniß, diesen zu vernachläßigen.
Je ausgebreiteter das Gefühl für das Schöne und der gute Geschmack unter denenjenigen ist, auf die man wirken will, je mehr Leichtsinn oder Gleichgültigkeit unter ihnen herrscht, und je mehr bey ihnen das Ansehen der Vernunft und Religion gesunken, und das Interesse dagegen gering ist: je nöthiger ist es auf den guten und anziehenden Vortrag bedacht zu seyn.

275.

Und gewiß hat doch auch der Lehrer, der selbst eines gewissen Ansehens und guten Vorurtheils bedarf, um die Religion wirksamer empfehlen zu können, Ursach genug, sich dieses durch feinere Sitten zu erwerben und zu erhalten. Aber der vernünftige Theil der gesitteten Welt schätzt und erwartet diese nach derjenigen Art von Ausbildung, die der Charakter und Beruf eines Gelehrten oder Lehrers mit sich zu bringen scheint, das ist, nicht nur nach ausgebreitetern und gründlichern Kenntnissen, die ihn über Andre erheben, sondern auch nach der Geschicklichkeit, diese aufs wirksamste mitzutheilen. Bemerkt man diese Geschicklichkeit an einem Lehrer, und sieht man, daß er sie geflissentlich zu erwerben und zu benutzen suche: so giebt dieses den Zuhörern die Ueberzeugung, daß es ihm nicht gleichgültig sey, ihnen zu gefallen, sich zu ihnen herabzulassen, ihnen auf dem Wege beyzukommen, wo sie am liebsten mit ihm wandeln; welches nothwendig mehr Zutrauen und Liebe erwecken muß, als wenn man wahrnimmt, daß ihm das Wohlgefallen der Zuhörer an seinem Vortrag gleich|a277|gültig, und ihm alles für diese Zuhörer gut genug scheine.Und gewiß hat doch auch der Lehrer, der selbst eines gewissen Ansehens und guten Vorurtheils bedarf, um die Religion wirksamer empfehlen zu können, Ursach genug, sich dieses durch feinere Sitten zu erwerben und zu erhalten. Aber der vernünftige Theil der gesitteten Welt schätzt und erwartet diese nach derjenigen Art von Ausbildung, die der Charakter und Beruf eines Gelehrten oder Lehrers mit sich zu bringen scheint, das ist, nicht nur nach ausgebreitetern und gründlichern Kenntnissen, die ihn über Andre erheben, sondern auch nach der Geschicklichkeit, diese aufs wirksamste mitzutheilen. Bemerkt man diese Geschicklichkeit an einem Lehrer, und sieht man, daß er sie geflissentlich zu erwerben und zu benutzen suche: so giebt dieses den Zuhörern die Ueberzeugung, daß es ihm nicht gleichgültig sey, ihnen zu gefallen, sich zu ihnen herabzulassen, ihnen auf dem Wege beyzukommen, wo sie am liebsten mit ihm wandeln; welches nothwendig mehr Zutrauen und Liebe erwecken muß, als wenn man wahrnimmt, daß ihm das Wohlgefallen der Zuhörer an seinem Vortrag gleich|a277|gültig, und ihm alles für diese Zuhörer gut genug scheine.

276.

Sogar um sein selbst willen sollte ein Lehrer der Religion in Bildung seines Vortrags nicht nachläßig seyn. Denn wenn das wahr ist, was oben (§. 59 f.) über den Einfluß der Sprache auf die Bildung des Verstandes und Herzens gesagt wurde: so wird seine Erkenntniß weit klärer, lebhafter und lebendiger werden, wenn er sie aufs möglichste zu versinnlichen sucht, so weit es immer ohne Nachtheil der deutlichen Erkenntniß geschehen kan. Dazu dient aber das Studium der schönen Wissenschaften (§. 264. 265. ); und bey praktischen Wissenschaften, wie die Religion ist, die er eigentlich praktisch vortragen muß, sind die angegebnen Eigenschaften der Erkenntniß, wo nicht noch wichtiger, doch wenigstens eben so wichtig, als deutliche und bestimmte Erkenntniß. – Und wenn die immer mehrere Ausbreitung des guten Geschmacks, wie unten erhellen wird, sehr viel zur Aufklärung in der Religion und zur Läuterung der Frömmigkeit beytragen kan: sollte nicht der Lehrer der Religion auch mit dahin arbeiten, daß selbst durch sein Beyspiel, in dem Kreise wenigstens, wo Er wirken kan, auf einer Seite der gute Geschmack allgemeiner und somit der Anhänglichkeit an unfruchtbaren Untersuchungen, der Schwärmerey und dem Geiste der Kleinigkeit oder Sonderlichkeit, den verächtlichen Begriffen von Religion und Frömmigkeit gesteuret, auf der andern aber der Geschmack mehr veredelt würde, mehr Festigkeit und eine bessere Richtung |a278| auf dasjenige bekäme, was wahrhaftig gut und des vernünftigen Menschen würdig ist, wenn er angefangen hat sich auf nichtswürdige Dinge und zur Weichlichkeit oder gar zur Empfehlung der Ausschweifungen zu neigen?Sogar um sein selbst willen sollte ein Lehrer der Religion in Bildung seines Vortrags nicht nachläßig seyn. Denn wenn das wahr ist, was oben (§. 59 f.) über den Einfluß der Sprache auf die Bildung des Verstandes und Herzens gesagt wurde: so wird seine Erkenntniß weit klärer, lebhafter und lebendiger werden, wenn er sie aufs möglichste zu versinnlichen sucht, so weit es immer ohne Nachtheil der deutlichen Erkenntniß geschehen kan. Dazu dient aber das Studium der schönen Wissenschaften (§. 264. 265. ); und bey praktischen Wissenschaften, wie die Religion ist, die er eigentlich praktisch vortragen muß, sind die angegebnen Eigenschaften der Erkenntniß, wo nicht noch wichtiger, doch wenigstens eben so wichtig, als deutliche und bestimmte Erkenntniß. – Und wenn die immer mehrere Ausbreitung des guten Geschmacks, wie unten erhellen wird, sehr viel zur Aufklärung in der Religion und zur Läuterung der Frömmigkeit beytragen kan: sollte nicht der Lehrer der Religion auch mit dahin arbeiten, daß selbst durch sein Beyspiel, in dem Kreise wenigstens, wo Er wirken kan, auf einer Seite der gute Geschmack allgemeiner und somit der Anhänglichkeit an unfruchtbaren Untersuchungen, der Schwärmerey und dem Geiste der Kleinigkeit oder Sonderlichkeit, den verächtlichen Begriffen von Religion und Frömmigkeit gesteuret, auf der andern aber der Geschmack mehr veredelt würde, mehr Festigkeit und eine bessere Richtung |a278| auf dasjenige bekäme, was wahrhaftig gut und des vernünftigen Menschen würdig ist, wenn er angefangen hat sich auf nichtswürdige Dinge und zur Weichlichkeit oder gar zur Empfehlung der Ausschweifungen zu neigen?

277.

Wenn aber die schönen Wissenschaften so leicht dem Mißbrauch unterworfen sind, wenn die Beschäftigung mit ihnen so manchen guten Kopf, so manches gute Herz verdorben, für die Welt unbrauchbar, wenigstens minder brauchbar gemacht hat: wie weit wäre das Studium derselben, wenigstens dem künftigen Lehrer der Religion, wenigstens dem zu empfehlen, der nicht ausserordentliche Anlagen zum Redner oder Dichter hat, der nicht ganz eigentlich dazu geboren zu seyn scheint? – Vorausgesetzt, daß es jemandem nicht ganz an Fähigkeit sich ordentlich auszudrücken, und von dem, was er vortragen will, mit Antheil zu sprechen, fehlte – denn ohne dieses hat er zu einem künftigen Lehrer der Religion gar keinen Beruf: – so sollte man 1) nie eher an die Verschönerung des Vortrags denken, ehe man nicht ordentlich denken, und 2) rein sich auszudrücken gelernt hätte. Wahrheit und Richtigkeit der Gedanken soll doch nur durch Schönheit empfohlen werden; Schönheit ohne Wahrheit ist ein bloß betrügliches Blendwerk; Ordnung ist unentbehrlicher als Zierlichkeit; und es ist gar zu ungereimt, auf Verzierung des Hauses, hernach erst, oder vielleicht gar nicht, auf Festigkeit und Nutzbarkeit Bedacht zu nehmen. |a279| Wer also noch nicht deutlich und ordentlich denken kan, wer sich noch nicht selbst versteht, wer noch nicht einmal rein und den Sachen gemäß lesen, sprechen und schreiben kan, der müßte nicht schon etwas schön ausarbeiten, er müßte nicht einmal schöne Werke, als solche, studieren wollen. Er würde sich sonst zum schönen Unsinn gewöhnen, seinen Geschmack und Verstand verderben, wenigstens sich gewöhnen, nach blossen Vergnügen zu haschen, und der Schönheit die weit wesentlichern Vollkommenheiten des Wahren und Guten, der Verständlichkeit und Ordnung, aufzuopfern.Wenn aber die schönen Wissenschaften so leicht dem Mißbrauch unterworfen sind, wenn die Beschäftigung mit ihnen so manchen guten Kopf, so manches gute Herz verdorben, für die Welt unbrauchbar, wenigstens minder brauchbar gemacht hat: wie weit wäre das Studium derselben, wenigstens dem künftigen Lehrer der Religion, wenigstens dem zu empfehlen, der nicht ausserordentliche Anlagen zum Redner oder Dichter hat, der nicht ganz eigentlich dazu geboren zu seyn scheint? – Vorausgesetzt, daß es jemandem nicht ganz an Fähigkeit sich ordentlich auszudrücken, und von dem, was er vortragen will, mit Antheil zu sprechen, fehlte – denn ohne dieses hat er zu einem künftigen Lehrer der Religion gar keinen Beruf: – so sollte man 1) nie eher an die Verschönerung des Vortrags denken, ehe man nicht ordentlich denken, und 2) rein sich auszudrücken gelernt hätte. Wahrheit und Richtigkeit der Gedanken soll doch nur durch Schönheit empfohlen werden; Schönheit ohne Wahrheit ist ein bloß betrügliches Blendwerk; Ordnung ist unentbehrlicher als Zierlichkeit; und es ist gar zu ungereimt, auf Verzierung des Hauses, hernach erst, oder vielleicht gar nicht, auf Festigkeit und Nutzbarkeit Bedacht zu nehmen. |a279| Wer also noch nicht deutlich und ordentlich denken kan, wer sich noch nicht selbst versteht, wer noch nicht einmal rein und den Sachen gemäß lesen, sprechen und schreiben kan, der müßte nicht schon etwas schön ausarbeiten, er müßte nicht einmal schöne Werke, als solche, studieren wollen. Er würde sich sonst zum schönen Unsinn gewöhnen, seinen Geschmack und Verstand verderben, wenigstens sich gewöhnen, nach blossen Vergnügen zu haschen, und der Schönheit die weit wesentlichern Vollkommenheiten des Wahren und Guten, der Verständlichkeit und Ordnung, aufzuopfern.

278.

Ueberhaupt ist das blosse Vergnügen kein genug edler Zweck für die Würde des Menschen, der immer nach grösserer Vollkommenheit streben soll. Das Vermögen zu angenehmen Empfindungen ist uns nur gegeben unsre Seele zu erheitern, unsre erschlafften Kräfte zur Vollkommenheit wieder zu spannen, und in Thätigkeit zu setzen. Selbst das edlere, geistige Vergnügen, das den Menschen den Vorzug vor den Thieren giebt, läßt sich ohne Wahrnehmen und Gefallen an Wahrheit, Ordnung, Deutlichkeit und aller Vollkommenheit unseres Geistes, die daraus entsteht, nicht denken. Daher kan auch 3) alle Beschäftigung mit schönen Wissenschaften und Werken, die nicht mit auf jene höhere Vollkommenheit geht, oder den Fleiß vermindert, den wir auf das Wachsthum in dieser wenden sollen, nicht anders als verderblich seyn. Sie ist eine Schwelgerey, die uns um |a280| die gesunde Nahrung des Geistes bringt, die Auszehrung der vernünftigen Seele.Ueberhaupt ist das blosse Vergnügen kein genug edler Zweck für die Würde des Menschen, der immer nach grösserer Vollkommenheit streben soll. Das Vermögen zu angenehmen Empfindungen ist uns nur gegeben unsre Seele zu erheitern, unsre erschlafften Kräfte zur Vollkommenheit wieder zu spannen, und in Thätigkeit zu setzen. Selbst das edlere, geistige Vergnügen, das den Menschen den Vorzug vor den Thieren giebt, läßt sich ohne Wahrnehmen und Gefallen an Wahrheit, Ordnung, Deutlichkeit und aller Vollkommenheit unseres Geistes, die daraus entsteht, nicht denken. Daher kan auch 3) alle Beschäftigung mit schönen Wissenschaften und Werken, die nicht mit auf jene höhere Vollkommenheit geht, oder den Fleiß vermindert, den wir auf das Wachsthum in dieser wenden sollen, nicht anders als verderblich seyn. Sie ist eine Schwelgerey, die uns um |a280| die gesunde Nahrung des Geistes bringt, die Auszehrung der vernünftigen Seele.

279.

Auch kan man nicht oft genug sagen, wie nöthig es sey, mit Unterschied und Ueberlegung (Discretion) Schönheiten in schönen Werken aufzusuchen, und in seinen eignen Arbeiten anzubringen. Es ist nicht jedem leicht, das Schickliche wahrzunehmen und auszudrücken. Nicht zu gedenken, daß es auch einen besondern Geschmack giebt, welchen nachzuahmen vielleicht, nur unter ähnlichen Umständen mit einem Meister eines schönen Werks, erlaubt seyn möchte: so hört Schönheit auf, Schönheit zu seyn, wenn sie am unrechten Orte angebracht wird, d. i. bey Sachen, die ihrer Natur nach eigentlich keiner Verschönerung, wenigstens nicht ohne Nachtheil der Deutlichkeit, fähig sind, oder die der Verschönerung nicht bedürfen, oder durch Verschönerung mehr zerstreuen, und von der Hauptsache, die empfohlen werden soll, die Aufmerksamkeit zu sehr abziehen, mit einem Wort, wo sie unnatürlich, zwecklos, oder gar zweckwidrig seyn würde. Auch sollte man nicht alles, was man selbst schön findet, und wirklich schön seyn mag, in seinen eignen Arbeiten Andern wieder mittheilen wollen; man sollte vielmehr durch das Studieren schöner Werke seinen eignen Geschmack so zu bilden suchen, daß man das Gefühl des Schicklichen immer mehr zur Reife brächte, und man lernte, nach den Fähigkeiten und Bedürfnissen derer, vor wel|a281|chen wir zu reden oder zu schreiben haben, die Wahl und den Gebrauch des Schönen zu bestimmen.Auch kan man nicht oft genug sagen, wie nöthig es sey, mit Unterschied und Ueberlegung (Discretion) Schönheiten in schönen Werken aufzusuchen, und in seinen eignen Arbeiten anzubringen. Es ist nicht jedem leicht, das Schickliche wahrzunehmen und auszudrücken. Nicht zu gedenken, daß es auch einen besondern Geschmack giebt, welchen nachzuahmen vielleicht, nur unter ähnlichen Umständen mit einem Meister eines schönen Werks, erlaubt seyn möchte: so hört Schönheit auf, Schönheit zu seyn, wenn sie am unrechten Orte angebracht wird, d. i. bey Sachen, die ihrer Natur nach eigentlich keiner Verschönerung, wenigstens nicht ohne Nachtheil der Deutlichkeit, fähig sind, oder die der Verschönerung nicht bedürfen, oder durch Verschönerung mehr zerstreuen, und von der Hauptsache, die empfohlen werden soll, die Aufmerksamkeit zu sehr abziehen, mit einem Wort, wo sie unnatürlich, zwecklos, oder gar zweckwidrig seyn würde. Auch sollte man nicht alles, was man selbst schön findet, und wirklich schön seyn mag, in seinen eignen Arbeiten Andern wieder mittheilen wollen; man sollte vielmehr durch das Studieren schöner Werke seinen eignen Geschmack so zu bilden suchen, daß man das Gefühl des Schicklichen immer mehr zur Reife brächte, und man lernte, nach den Fähigkeiten und Bedürfnissen derer, vor wel|a281|chen wir zu reden oder zu schreiben haben, die Wahl und den Gebrauch des Schönen zu bestimmen.
In so fern kan gerade das Lesen der schönsten und bewundertsten Schriftsteller, vornemlich Dichter, für dem Prediger, dem es am Verstande und Gefühle des Schicklichen fehlt, am verderblichsten werden. Der Ton der sogenannten guten Gesellschaft und der Schauspiele darf nicht der Ton der Kanzel werden; was dem erlaubt ist, der lauter oder meistens Zuhörer von sehr gebildeten Geschmack hat, ist dem nicht erlaubt, der meistens vor Zuhörer ganz andrer Art redet, und selbst jene, wenn sie wirklich gebildeten Geschmack haben, werden es abgeschmackt finden, da, wo Belehrung und Würde des Ausdrucks erfordert wird, Glanz und Schimmer oder gesuchte Schönheit anzutreffen.

280.

Eben deswegen kommt viel darauf an, wie man die schönen Wissenschaften treibt? – Wie bey dem Studium der Sprachen (§. 68 ), so würde auch hier, Theorie, Lesung guter Schriftsteller und eigne Uebung zu verbinden seyn. – Ich setze 1) immer voraus, daß man nicht eher nach Schönheit des Ausdrucks trachten sollte, ehe man nicht richtig denken, und sich gut ausdrücken gelernt hätte. Die Theorie des vernünftigen Denkens, Uebung in Bemerkung der Wahrheit, der Ordnung und der Deutlichkeit bey einem Schriftsteller, Uebung in der Ausarbeitung wohl durchdachter, zusammenhängender, gut geordneter, verständlich und bestimmt geschriebner Aufsätze, müßte immer vorangehn; und Sprachrichtigkeit in der Sprache, worin man Schrif|a282|ten lesen, oder Aufsätze verfertigen will, müßte man vor allen Dingen in seiner Gewalt haben.Eben deswegen kommt viel darauf an, wie man die schönen Wissenschaften treibt? – Wie bey dem Studium der Sprachen (§. 68 ), so würde auch hier, Theorie, Lesung guter Schriftsteller und eigne Uebung zu verbinden seyn. – Ich setze 1) immer voraus, daß man nicht eher nach Schönheit des Ausdrucks trachten sollte, ehe man nicht richtig denken, und sich gut ausdrücken gelernt hätte. Die Theorie des vernünftigen Denkens, Uebung in Bemerkung der Wahrheit, der Ordnung und der Deutlichkeit bey einem Schriftsteller, Uebung in der Ausarbeitung wohl durchdachter, zusammenhängender, gut geordneter, verständlich und bestimmt geschriebner Aufsätze, müßte immer vorangehn; und Sprachrichtigkeit in der Sprache, worin man Schrif|a282|ten lesen, oder Aufsätze verfertigen will, müßte man vor allen Dingen in seiner Gewalt haben.

281.

Hätte man alsdenn das Glück, unter Anleitung eines Mannes von reifen Geschmack, gute Schriftsteller lesen zu können: so würde 2) dieses Lesen unstreitig vor aller eigentlichen Theorie vorhergehen müssen. Denn es ist anziehender und unterhaltender als trockne Theorie, die, wenn sie deutlich und praktisch werden soll, ohnehin alles durch Beyspiele erläutern muß, welche man immer besser im Zusammenhange beurtheilen und schätzen lernt als in abgerißnen Stücken. Vornemlich befördert dieses Lesen die Aufmerksamkeit und das eigne Gefühl des Schönen, und lehrt uns, ob wir dieses haben, ohne welches man sonst auf schöne Wissenschaften Verzicht thun müßte. – Sollte man aber eine solche Aufsicht und Anleitung eines guten Führers nicht geniessen können: so wäre wohl eher zu rathen, daß man sich die Grundsätze der schönen Wissenschaften und des guten Geschmacks aus guten Schriften bekannt machte, welche in der Absicht geschrieben sind, um durch Beyspiele der Schönheit und darüber gemachte Bemerkungen den Anfänger zu bilden. Für die Dichtkunst würden vorzüglich Engels Anfangsgründe einer Th. der Dichtungsarten (§. 266 ), für die Redekunst ein Buch wie die Principes pour la lecture des Orateurs, à Paris 1754. in drey Bänden in gr. 12. zu empfehlen seyn.Hätte man alsdenn das Glück, unter Anleitung eines Mannes von reifen Geschmack, gute Schriftsteller lesen zu können: so würde 2) dieses Lesen unstreitig vor aller eigentlichen Theorie vorhergehen müssen. Denn es ist anziehender und unterhaltender als trockne Theorie, die, wenn sie deutlich und praktisch werden soll, ohnehin alles durch Beyspiele erläutern muß, welche man immer besser im Zusammenhange beurtheilen und schätzen lernt als in abgerißnen Stücken. Vornemlich befördert dieses Lesen die Aufmerksamkeit und das eigne Gefühl des Schönen, und lehrt uns, ob wir dieses haben, ohne welches man sonst auf schöne Wissenschaften Verzicht thun müßte. – Sollte man aber eine solche Aufsicht und Anleitung eines guten Führers nicht geniessen können: so wäre wohl eher zu rathen, daß man sich die Grundsätze der schönen Wissenschaften und des guten Geschmacks aus guten Schriften bekannt machte, welche in der Absicht geschrieben sind, um durch Beyspiele der Schönheit und darüber gemachte Bemerkungen den Anfänger zu bilden. Für die Dichtkunst würden vorzüglich Engels Anfangsgründe einer Th. der Dichtungsarten (§. 266 ), für die Redekunst ein Buch wie die Principes pour la lecture des Orateurs, à Paris 1754. in drey Bänden in gr. 12. zu empfehlen seyn.

|a283| 282.

Aber nach einer solchen Anweisung müßte man 3) sogleich zum Lesen der besten Schriftsteller fortschreiten, weil auf die anschauliche Erkenntniß des Schönen so viel ankömmt, und Theorie mehr den Geschmack bessert und den guten befestigt, als hervorbringt und ernährt. Wie diese, in Rücksicht auf Schönheit, in ihrem ganzen Umfange zu lesen wären, ist schon oben (§. 84 ) gesagt. Hier möchten noch folgende Räthe nicht am unrechten Orte stehen.Aber nach einer solchen Anweisung müßte man 3) sogleich zum Lesen der besten Schriftsteller fortschreiten, weil auf die anschauliche Erkenntniß des Schönen so viel ankömmt, und Theorie mehr den Geschmack bessert und den guten befestigt, als hervorbringt und ernährt. Wie diese, in Rücksicht auf Schönheit, in ihrem ganzen Umfange zu lesen wären, ist schon oben (§. 84 ) gesagt. Hier möchten noch folgende Räthe nicht am unrechten Orte stehen.

283.

Hat man musterhafte Schriftsteller in seiner eignen Sprache: so verdienten 4) diese – in der Art Schriften, wo sie musterhaft und fremden gleich sind – vornemlich studiert zu werden. Denn in unsrer Muttersprache denken und schreiben wir doch meistens, und sollten uns in ihr gut und schön zu denken und vorzutragen vorzüglich bilden. (§. 92 f.) Selbst verstehen können wir die feinern eigenthümlichen Schönheiten und Anspielungen der Fremden weniger als die unsrigen; und jede Nation hat ihren eignen Geschmack, der, so fern er auch in seiner Art gut ist, doch nur mit Ueberlegung und Vorsicht in den unsrigen überzutragen wäre, und nicht die gute Originalität des unsrigen durch auswärtige erborgte Schönheiten, wenn sie uns zumahl nicht so natürlich sind, zu verdrängen. (S. §. 104. )Hat man musterhafte Schriftsteller in seiner eignen Sprache: so verdienten 4) diese – in der Art Schriften, wo sie musterhaft und fremden gleich sind – vornemlich studiert zu werden. Denn in unsrer Muttersprache denken und schreiben wir doch meistens, und sollten uns in ihr gut und schön zu denken und vorzutragen vorzüglich bilden. (§. 92 f.) Selbst verstehen können wir die feinern eigenthümlichen Schönheiten und Anspielungen der Fremden weniger als die unsrigen; und jede Nation hat ihren eignen Geschmack, der, so fern er auch in seiner Art gut ist, doch nur mit Ueberlegung und Vorsicht in den unsrigen überzutragen wäre, und nicht die gute Originalität des unsrigen durch auswärtige erborgte Schönheiten, wenn sie uns zumahl nicht so natürlich sind, zu verdrängen. (S. §. 104. )

284.

Ob man 5) eher und mehr Dichter oder Prosaisten studieren sollte? ist eine Frage, worüber die |a284| Stimmen sehr getheilt seyn möchten. Wahr ists, Dichter gefallen meistens mehr, weil sie näher auf Vergnügen als Belehrung arbeiten, und weit mehrere Arten der Schönheit vereinigen können als der Prosaist; überdies sind ihre Schönheiten hervorstechender, und also für den Anfänger bemerkbarer. Allein – Belehrung ist doch noch wichtiger als Vergnügen, und führt ihr eignes Vergnügen mit sich, ohne es erst von der Einkleidung erborgen zu müssen. – Eben das hervorstechende Schöne in den Werken der Dichtkunst verwöhnt auch den Geschmack eher, und verursacht, daß hernach das wirklich aber weniger auffallende Schöne der prosaischen Werke nicht genug Reitz für uns hat, und überhaupt der Geschmack an natürlicher Schönheit, über der Liebe zur Schönheit der Kunst und des Ausserordentlichen, geschwächt wird, wo nicht verlohren geht. – Endlich bedürfen wir der Prose häufiger als der Dichtkunst, da wir mehr in jener, seltner aber als Dichter denken, empfinden und reden, und wenn die meisten guten Köpfe gute Prosaisten werden können, so sind doch nur wenige, die Fähigkeiten haben, gute Dichter zu werden.Ob man 5) eher und mehr Dichter oder Prosaisten studieren sollte? ist eine Frage, worüber die |a284| Stimmen sehr getheilt seyn möchten. Wahr ists, Dichter gefallen meistens mehr, weil sie näher auf Vergnügen als Belehrung arbeiten, und weit mehrere Arten der Schönheit vereinigen können als der Prosaist; überdies sind ihre Schönheiten hervorstechender, und also für den Anfänger bemerkbarer. Allein – Belehrung ist doch noch wichtiger als Vergnügen, und führt ihr eignes Vergnügen mit sich, ohne es erst von der Einkleidung erborgen zu müssen. – Eben das hervorstechende Schöne in den Werken der Dichtkunst verwöhnt auch den Geschmack eher, und verursacht, daß hernach das wirklich aber weniger auffallende Schöne der prosaischen Werke nicht genug Reitz für uns hat, und überhaupt der Geschmack an natürlicher Schönheit, über der Liebe zur Schönheit der Kunst und des Ausserordentlichen, geschwächt wird, wo nicht verlohren geht. – Endlich bedürfen wir der Prose häufiger als der Dichtkunst, da wir mehr in jener, seltner aber als Dichter denken, empfinden und reden, und wenn die meisten guten Köpfe gute Prosaisten werden können, so sind doch nur wenige, die Fähigkeiten haben, gute Dichter zu werden.

285.

Vorzüglich sollte man 6) die, auch in Absicht auf den Vortrag, besten Schriftsteller studieren, die in dem Fach gearbeitet haben, dem wir uns eigentlich widmen: denn es verräth doch entweder grossen Unverstand, oder beweiset, daß man schöne Schriften nur zum Vergnügen und nicht zu höhern Absichten lese, wenn einer, der sich zum künftigen Lehrer der Religion bilden soll, sich mit Lesung |a285| der Romanen, der Schauspiele, und überhaupt der Schriften, die ihre größte Schönheit von der Erdichtung haben, weit mehr beschäftigt als mit solchen, welche eigentlich die Religion, Kenntniß der Menschen, zumal derer, mit denen wir zu thun haben, ihre wirkliche Beschaffenheit, Denk- und Handlungsart, und was am meisten auf sie wirkt, betreffen. Mögen diese gleich weniger Reitz und Unterhaltung für die gewähren, welche entweder für alles, was ernsthaft und vernünftig ist, oder die Angelegenheiten der Seele betrift, keinen Sinn, oder ihren Geschmack durch stetes Haschen nach sinnlichen Vergnügen verwöhnt haben: so sind sie doch nicht nur wichtiger zur wahren Vollkommenheit des Menschen als jene, sondern sie sind auch eben sowohl der sinnlichen Darstellung fähig, die das Wesen der Schönheit im Vortrag ausmacht. Aber es giebt verschiedne Arten und Grade der Schönheit, und man kan nicht eben dieselben von dem Prosaisten wie von dem Dichter, von dem geistigen wie von dem sinnlichen Gegenstande, fordern. Ein Vortrag, der sich durch natürliche Schönheit, durch Einfalt, durch klare Bestimmtheit, durch lichtvolle Ordnung, durch anständige Würde empfiehlt, der die Sachen dem schlichten Menschenverstande von annehmlichen Seiten vorstellt, der sanfte Empfindungen erregt, der mehr belehrt als hinreißt, mehr das Herz erwärmt als erhitzt, ist gewiß auch schön. Solche Wirkungen sind, wenn gleich minder lebhaft, doch heilsamer und dauerhafter, und es zeigt von einem weit feinern Gefühl des wahrhaftig Schönen, wenn man |a286| diese verborgnern, als wenn man nur die hervorstechenden Schönheiten empfinden kann. – Und haben wir nicht auch unsre Mosheims, Jerusalems, Spaldings, Tellers, Eberharde, Döderleins, Niemeyers und andre, denen man selbst feinere Schönheiten des Vortrags, mit Discretion, ablernen kann? – der treflichen Schriftsteller, unsrer Gellerts, Leßings, Mendelsohns, Garvens, Engels und andrer nicht zu gedenken, die, wenn gleich nicht alle in Schriften über die Religion, doch in andern eigentlich dogmatischen, den Ruhm der claßischen behaupten.Vorzüglich sollte man 6) die, auch in Absicht auf den Vortrag, besten Schriftsteller studieren, die in dem Fach gearbeitet haben, dem wir uns eigentlich widmen: denn es verräth doch entweder grossen Unverstand, oder beweiset, daß man schöne Schriften nur zum Vergnügen und nicht zu höhern Absichten lese, wenn einer, der sich zum künftigen Lehrer der Religion bilden soll, sich mit Lesung |a285| der Romanen, der Schauspiele, und überhaupt der Schriften, die ihre größte Schönheit von der Erdichtung haben, weit mehr beschäftigt als mit solchen, welche eigentlich die Religion, Kenntniß der Menschen, zumal derer, mit denen wir zu thun haben, ihre wirkliche Beschaffenheit, Denk- und Handlungsart, und was am meisten auf sie wirkt, betreffen. Mögen diese gleich weniger Reitz und Unterhaltung für die gewähren, welche entweder für alles, was ernsthaft und vernünftig ist, oder die Angelegenheiten der Seele betrift, keinen Sinn, oder ihren Geschmack durch stetes Haschen nach sinnlichen Vergnügen verwöhnt haben: so sind sie doch nicht nur wichtiger zur wahren Vollkommenheit des Menschen als jene, sondern sie sind auch eben sowohl der sinnlichen Darstellung fähig, die das Wesen der Schönheit im Vortrag ausmacht. Aber es giebt verschiedne Arten und Grade der Schönheit, und man kan nicht eben dieselben von dem Prosaisten wie von dem Dichter, von dem geistigen wie von dem sinnlichen Gegenstande, fordern. Ein Vortrag, der sich durch natürliche Schönheit, durch Einfalt, durch klare Bestimmtheit, durch lichtvolle Ordnung, durch anständige Würde empfiehlt, der die Sachen dem schlichten Menschenverstande von annehmlichen Seiten vorstellt, der sanfte Empfindungen erregt, der mehr belehrt als hinreißt, mehr das Herz erwärmt als erhitzt, ist gewiß auch schön. Solche Wirkungen sind, wenn gleich minder lebhaft, doch heilsamer und dauerhafter, und es zeigt von einem weit feinern Gefühl des wahrhaftig Schönen, wenn man |a286| diese verborgnern, als wenn man nur die hervorstechenden Schönheiten empfinden kann. – Und haben wir nicht auch unsre Mosheims, Jerusalems, Spaldings, Tellers, Eberharde, Döderleins, Niemeyers und andre, denen man selbst feinere Schönheiten des Vortrags, mit Discretion, ablernen kann? – der treflichen Schriftsteller, unsrer Gellerts, Leßings, Mendelsohns, Garvens, Engels und andrer nicht zu gedenken, die, wenn gleich nicht alle in Schriften über die Religion, doch in andern eigentlich dogmatischen, den Ruhm der claßischen behaupten.

286.

7) Die Aesthetik (§. 265 ), oder der Theil derselben, der sich mit der Schönheit der sinnlichen Erkenntniß beschäftigt, (§. 174 Anm.) d. i. die Theorie der schönen Wissenschaften und Künste, ist freylich nicht ihrem ganzen Umfang nach, und in Absicht auf die Beobachtungen und Regeln feiner Schönheiten, jedem zu wissen nöthig, der sich nicht vorzüglich diesen Wissenschaften widmen will; sie ist auch, weil sie sich mit dem dunklern Theil der Seele, mit den Empfindungen, beschäftigt, und ein sehr feines Studium der Seele erfordert – wenn sie anders den Charakter wahrer Philosophie behaupten und deutlich erklären soll, nicht jedem zugänglich. Die meisten könnten sich daher wohl mit den allgemeinen Grundsätzen der Schönheit, sonderlich der Schönheit der Rede, ohngefehr so wie sie in den alten Griechen und |a287| Römern, vornemlich in den hieher gehörigen Schriften des Aristoteles, Cicero und Quintilian vorgetragen sind, und mit dem fleißigen Studieren schöner Schriften begnügen. Aber Grundsätze und Regeln überhaupt machen doch auf manches unerkannte und unmerkliche Schöne des Vortrags aufmerksam, und so gewiß es ist, daß der fleißige Beobachter des Schönen in schönen Werken sich selbst Regeln des Schönen abziehen kann; so erleichtern doch bewährte Regeln feiner Beobachter diese Beschäftigung gar sehr. Vornemlich aber verbessern dergleichen Regeln den Geschmack, leiten ihn sichrer, und geben ihm mehr Festigkeit.7) Die Aesthetik (§. 265 ), oder der Theil derselben, der sich mit der Schönheit der sinnlichen Erkenntniß beschäftigt, (§. 174 Anm.) d. i. die Theorie der schönen Wissenschaften und Künste, ist freylich nicht ihrem ganzen Umfang nach, und in Absicht auf die Beobachtungen und Regeln feiner Schönheiten, jedem zu wissen nöthig, der sich nicht vorzüglich diesen Wissenschaften widmen will; sie ist auch, weil sie sich mit dem dunklern Theil der Seele, mit den Empfindungen, beschäftigt, und ein sehr feines Studium der Seele erfordert – wenn sie anders den Charakter wahrer Philosophie behaupten und deutlich erklären soll, nicht jedem zugänglich. Die meisten könnten sich daher wohl mit den allgemeinen Grundsätzen der Schönheit, sonderlich der Schönheit der Rede, ohngefehr so wie sie in den alten Griechen und |a287| Römern, vornemlich in den hieher gehörigen Schriften des Aristoteles, Cicero und Quintilian vorgetragen sind, und mit dem fleißigen Studieren schöner Schriften begnügen. Aber Grundsätze und Regeln überhaupt machen doch auf manches unerkannte und unmerkliche Schöne des Vortrags aufmerksam, und so gewiß es ist, daß der fleißige Beobachter des Schönen in schönen Werken sich selbst Regeln des Schönen abziehen kann; so erleichtern doch bewährte Regeln feiner Beobachter diese Beschäftigung gar sehr. Vornemlich aber verbessern dergleichen Regeln den Geschmack, leiten ihn sichrer, und geben ihm mehr Festigkeit.
Vorzügliche Schriften, die dergleichen Theorien über den ganzen Umfang oder über einzle Theile der schönen Wissenschaften enthalten, können, nach dem Zweck dieses Buchs, nicht angeführet werden. Die Theorie der schönen Wissenschaften, von Joh. Aug. Eberhard, zweyte Aufl. Halle 1786. in 8. und der Entwurf einer Theorie und Literatur der schönen Wissenschaften von Joh. Joachim Eschenburg, Berlin 1783. in gr. 8. sind zwar nur zu Vorlesungen bestimmt, also dem Anfänger ohne diese nicht ganz verständlich und brauchbar. Sie verdienen aber vor allen andern hier angeführt zu werden, weil sie sich nicht nur durch den zusammengedrängten Reichthum der Sachen, die Gründung der Regeln auf die feinsten Beobachtungen der besten Köpfe und die Natur des Schönen selbst, und durch sorgfältige Bestimmtheit empfehlen, sondern auch die auserlesenste Literatur und Anzeige der besten zu den schönen Wissenschaften gehörigen Schriften enthalten.

|a288| 287.

Wenn man sich 8) in Abfassung solcher Aufsätze üben will, die sich auch von der Seite des schönen Vortrags empfehlen sollen: so muß man nie vergessen, die strengste Kritik Andrer, die davon wirklich zu urtheilen im Stande sind, zu Rathe zu ziehn, und zu benutzen. Kan man dergleichen Richter nicht finden: so wird uns selbst das unbefangne Urtheil gemeiner Leser oder Zuhörer, für deren Bedürfnisse man einen solchen Aufsatz bestimmt hat, und denen es, auch bey geringem Grade der Ausbildung, nicht an gesundem Menschenverstande und Gefühl des Verständlichen, Schönen, Schicklichen und Eindrücklichen fehlt, von grossen Vortheil seyn. Je mehr man Schriften studiert, die eine genaue und scharfe Kritik schöner Werke enthalten, worin die Briefe die neueste Literatur betreffend, Berlin 1761–65 in 24 Theilen in 8, die Bibliothek der schönen Wissenschaften , Leipz. 1757 flgg. und die neue Bibliothek der schönen Wissenschaften, die noch fortdauert, vorzügliche Muster sind; je mehr wird man selbst zu einer solchen Kritik gebildet werden. Uebrigens bedarf es kaum der Erinnerung, daß bey diesen eignen Uebungen die obigen Anmerkungen §. 280 und 285 nie vergessen werden sollten.Wenn man sich 8) in Abfassung solcher Aufsätze üben will, die sich auch von der Seite des schönen Vortrags empfehlen sollen: so muß man nie vergessen, die strengste Kritik Andrer, die davon wirklich zu urtheilen im Stande sind, zu Rathe zu ziehn, und zu benutzen. Kan man dergleichen Richter nicht finden: so wird uns selbst das unbefangne Urtheil gemeiner Leser oder Zuhörer, für deren Bedürfnisse man einen solchen Aufsatz bestimmt hat, und denen es, auch bey geringem Grade der Ausbildung, nicht an gesundem Menschenverstande und Gefühl des Verständlichen, Schönen, Schicklichen und Eindrücklichen fehlt, von grossen Vortheil seyn. Je mehr man Schriften studiert, die eine genaue und scharfe Kritik schöner Werke enthalten, worin die Briefe die neueste Literatur betreffend, Berlin 1761–65 in 24 Theilen in 8, die Bibliothek der schönen Wissenschaften , Leipz. 1757 flgg. und die neue Bibliothek der schönen Wissenschaften, die noch fortdauert, vorzügliche Muster sind; je mehr wird man selbst zu einer solchen Kritik gebildet werden. Uebrigens bedarf es kaum der Erinnerung, daß bey diesen eignen Uebungen die obigen Anmerkungen §. 280 und 285 nie vergessen werden sollten.